Fastfood meets Feinkost

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Fastfood meets Feinkost
Fotos: Nordsee
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TOP DEAL
Fastfood meets Feinkost
Heiner Kamps forciert sein neues Projekt
S
Heiner Kamps will einen europäischen Lebensmittelkonzern
aufbauen. Nach dem Erwerb
der Restaurantkette Nordsee
im Herbst 2005 hat er nun
die Homann Feinkost GmbH
gekauft. Damit ist er seinem
Ziel ein Stück näher gekommen. Mögliche Synergien lassen sich erkennen, die beiden
Bereiche haben Zukunft – dennoch wird die Strategie hinter
dem Zusammenschluss nicht
klar. Was hat Kamps vor?
Von Verena Viehweger
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Heiner Kamps setzt auf „gesundes“ Fastfood.
o verführt man“ trifft „Fisch verliebt“. In den Werbeslogans der
beiden Traditionsunternehmen
Homann und Kamps stecken große
Gefühle. Anfang Juni hat die NordseeMutter IFR Capital Homann zu 100
Prozent übernommen und Nordsee
und Homann zusammengeführt. Verkäufer war der Finanzinvestor Henderson European Partners. IFR ist das in
London gelistete Investmentvehikel des
Unternehmers Heiner Kamps, der sein
Bäckereiimperium vor fünf Jahren an
den italienischen Nudelhersteller Barilla verkauft hatte. Homann ist nach dem
Erwerb von Nordsee und der Bastian’s
GmbH – einer kleinen Bäckereikette
in Düsseldorf – die dritte Akquisition
von IFR. Der Kaufpreis von 200 Millionen Euro erscheint moderat. Mit einem Umsatzmultiple von 0,66 wird
Homann nur am unteren Ende des für
Juli/August | 2007
FINANCE
Frischer Fisch
Kamps hofft auf Synergien, hält sich
mit genaueren Angaben aber zurück.
Im Produktportfolio gibt es wenig Überschneidungen. Nordsee verkauft Fisch,
während Homann zwar ebenfalls Fisch,
vor allem aber Salate und Brotaufstriche
produziert. Die Beschaffung von Fisch
könnte jedoch zusammengelegt werden. Synergiepotential könnte auch die
Vertriebslogistik bieten. Da Homann
mit seiner Feinkost genauso wie Nordsee auf eine ununterbrochene Kühlkette
angewiesen ist, könnten hier Einsparungen erfolgen. Kamps könnte auch
versucht sein, Homanns Vertriebswege
zu nutzen, um Nordsee-Fisch in die
großen Einzelhandelsketten zu tragen.
Das könnte aber nach hinten losgehen.
Frischen Fisch als Selbstbedienungsware? Hoch riskant. Eine Ausweitung
in den Bereich Tiefkühlkost? Teuer.
Tiefkühlware erfordert andere Temperaturen. Die logistische Infrastruktur dafür müsste erst aufgebaut werden.
Homann verfügt außerdem über
großes Know-how im Bereich Verpackung. Da die Verpackung die Kaufentscheidung signifikant beeinflusst, ist
sie ein nicht zu unterschätzender Faktor. Nordsee hat gerade Sushi ins Sortiment aufgenommen. Ansprechend
verpackt, könnte Sushi womöglich auch
im Sortiment der Einzelhandelsketten
platziert werden. Homann könnte sich
außerdem Nordsees Bedarf an Beilagen
zunutze machen und zum Hauptlieferanten für Salate aufsteigen.
Snackkultur
Wenngleich die Synergien recht vage
erscheinen, der Deal könnte das Wachstumsprofil von Kamps’ neuem Foodkonzern dennoch positiv beeinflussen.
Sowohl Homann als auch Kamps verfügen über solide Wachstumsaussichten in jeweils unterschiedlichen Bereichen des Lebensmittelmarkts.
Die Produkte von Homann lassen
sich der Kategorie „Chilled Food“ zuFINANCE
Juli/August | 2007
ordnen. Der Markt für gekühlte Fertigkost gilt als zukunftsträchtig. Flexibilisierung der Arbeitswelt, gewachsene
Mobilitätsanforderungen und immer
mehr Singles bescheren schnellen Takeaway-Produkten, wie sie auch Nordsee
anbietet, solides Wachstum. „Unser
Konsumverhalten wird immer angelsächsischer, wir snacken mehr. Das kostet Geld, aber in den Großstädten, wo
die Menschen entsprechend verdienen,
sind sie auch bereit, mehr dafür auszugeben“, sagt Oliver Wolter, Head of
Corporate Finance in der Frankfurt
Branch der Rabobank International.
Davon profitiert auch Nordsee, die
mit einem Umsatz von 370 Millionen
Euro drittgrößte Restaurantkette in
Deutschland nach McDonald’s und
Burger King. Doch die zentrale Säule in
Kamps’ Buy-and-Build-Strategie konnte
zuletzt nicht glänzen. Während die
Heiner Kamps plant schon die nächste Akquisition.
anderswo wächst die Nachfrage nach
Fisch, vor allem in Russland, China und
einigen Schwellenländern. Das dürfte
auch Nordsee zu spüren bekommen:
„Der globale Wettbewerb um den Bezug
des Eiweißlieferanten Fisch treibt die
Preise nach oben“, warnt Gabriel von
Pilar von der Lebensmittel-Zeitung.
Altes Brot
Es ist so gut wie sicher, dass Homann
nicht Kamps’ letzte Akquisition war. Auf
dem Weg zu seinem Ziel, einen europäischen Lebensmittelkonzern mit 1,5
Milliarden Euro Umsatz zu formen, hat
Kamps gerade erste die Hälfte zurückgelegt. Es bleibt das ungute Gefühl, dass
die Homann-Akquisition nicht aus
einer klaren strategischen Logik heraus
entstanden ist. Vor einem halben Jahr
erst hatte der berüchtigte Dealmaker für
die drei Backfilialisten Ankerbrot, Müller-Brot und Löwenbäcker geboten und
war mit seinem Angebot gescheitert.
Was hätten diese Bäckerei-Ketten mit
Nordsee gemeinsam gehabt? Ohne
dieses Intermezzo wäre die Bereitschaft, anzunehmen, Kamps habe aus
seinen Fehlern gelernt, größer. Barilla
leidet noch heute unter der chaotischen
Aufstellung und der nie zu Ende geführten Integration des von Kamps in
den Neunzigern zusammengekauften
Backkonzerns.
Nun heißt es abwarten. Erst nachdem er weitere Akquisitionen durchgeführt hat, wird sich zeigen, ob Kamps
bei seiner Einkaufstour eine überzeugende Strategie verfolgt.
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Nahrungsmittelkonzerne momentan
Marktüblichen von 0,6- bis 1,04-mal
Umsatz bewertet (FINANCE-Multiples).
hundert umsatzstärksten Fastfood-Anbieter in Deutschland 2006 um 7,6 Prozent wuchsen und im Jahr davor um 4,6
Prozent, konnte Nordsee die Erlöse zwischen 2004 und 2006 gerade einmal
von 350 auf 370 Millionen Euro steigern. Ein Image-Relaunch soll Nordsee
dabei helfen, Marktanteile zurückzugewinnen. Doch das wird nicht ganz einfach werden: „Seit vielen Jahren stagniert der jährliche Fischverbrauch in
Deutschland bei rund 14 Kilo pro Kopf.
Die Verbrauchsgewohnheiten sind
ziemlich stabil“, erklärt Markus Loy,
Geschäftsführer der Corporate-FinanceBeratung bei der WGZ-Bank. Doch
[email protected]
Dealsteckbrief
Käufer
IFR Capital Plc
Kaufender
Nordsee Fisch-Spezialitäten GmbH
Verkäufer
Henderson European
Partners ILP
Target
Homann Feinkost
GmbH
Kaufpreis
200 Millionen Euro
Mitarbeiter Kaufender
6.000
Umsatz Kaufender
370 Millionen Euro
Mitarbeiter Target
1.200
Umsatz Target
300 Millionen Euro
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