Rezension H. Efert: "Die Revolution war im Fernsehen" in tv
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Rezension H. Efert: "Die Revolution war im Fernsehen" in tv
tv diskurs 69 Die Revolution war im als er später „analoger“ Fern- Oz – an, er leide durchaus unter Fernsehen sehkritiker bei der Lokalzeitung der Tatsache, dass mit seiner Se- „Star Ledger“ aus New Jersey rie die „Revolution im Fernse- Vor gut 15 Jahren setzte im US- wurde (die Zeitung, die Tony So- hen“ begann – viele Rezipienten Fernsehen laut Alan Sepinwall pranos jeden Morgen im Bade- und auch Kritiker in diesem Zu- eine Revolution ein: Mit Oz sen- mantel aus der Einfahrt holt). sammenhang aber öfter die dete der Kabelsender HBO Heute arbeitet Sepinwall wieder erst zwei Jahre später gestartete plötzlich eine Serie, die mehr online, betreibt seine Kritikform HBO-Serie The Sopranos nen- mit Balzac-Romanen als mit den u. a. auf dem populären Blog nen. Und auch vom scheuen bisher bekannten Fernsehserien „What’s Alan Watching?“. Sopranos-Erfinder David Chase zu tun hatte. Es folgten weitere Der Autor beschreibt nun in sei- erfahren wir Erstaunliches. Nach neuartige TV-Erzählungen: hori- nem Buch das, was manche als Ausstrahlung des Serienfinales zontal erzählt, mit tiefgründigen drittes Goldenes Zeitalter des gab er nur Sepinwall ein Inter- Charakteren, insgesamt schwer US-Fernsehens bezeichnen: view. zugänglich, aber künstlerisch zwölf Essays, in denen jeweils Anekdotisch erzählt – Sepinwall höchst anspruchsvoll. Dem wer- die Entstehungsgeschichte ei- ist kein Wissenschaftler, noch befreien Pay-TV-Sender HBO ner der neuen Serien nachge- nicht einmal ein Feuilleton-Jour- war die Quote dabei weniger zeichnet wird. Sein Kanon reicht nalist – taucht der Leser tief in wichtig, als vielmehr neue mo- von Oz, The Sopranos und The die Entstehungsgeschichten der natlich zahlende Abonnenten zu Wire über hierzulande weit un- Serien ein, was an manchen gewinnen. Später erkannten bekanntere, aber nicht weniger Stellen etwas langatmig ausfällt. auch andere Kabelsender den wichtige Serien wie The Shield Die Texte geben eine Menge In- Wert von horizontal erzählten und Friday Night Lights bis hin neneinsichten preis. Insgesamt Serien und begannen ebenfalls, zu Mad Men und Breaking Bad. ist das Buch dennoch uneinge- solche zu produzieren (auch so- Alle Texte zusammengenom- schränkt all denen zu empfeh- genannte Basic-Cable-Sender men ergeben eine Gesamtbe- len, die mehr über die „Revolu- wie AMC, die Werbung senden). schreibung der Evolution des tion“ im US-Fernsehen und die Der Trend hält bis heute an, im- Genres „US-amerikanische Au- sogenannten Qualitätsserien er- mer neue Kabelsender nehmen torenserie“. Oder anders: die fahren möchten. Die Kenntnis eigenproduzierte Serien ins Pro- Geschichte der Fernsehrevolu- der besprochenen Serien und gramm. Alan Sepinwall hat die- tion in zwölf Folgen. Seine Aus- auch des US-amerikanischen se Veränderung von Anfang an wahl ist streng subjektiv, doch Fernsehsystems ist beim Lesen als Kritiker begleitet. über fehlende Serien zu streiten, durchaus hilfreich – manchen Bereits als Student besprach Se- ist hier nur müßig und würde zu Überlegungen, Sprüngen und pinwall in den rudimentären On- keinem Ergebnis führen. Er be- Ausführungen wird ansonsten lineforen der 1990er-Jahre seine gründet seine Auswahl stich- schwer zu folgen sein. Lieblingsserien wie NYPD Blue haltig und nachvollziehbar. Nun liegt nach Verzögerungen und Homicide (für ihn die Vor- Damals wie heute gilt: Sepinwall auch die deutsche Übersetzung läufer der „neuen Serien“). Sei- steht dem Fernsehen und der vor. Sie wurde engagiert ange- ne Vorgehensweise dabei unter- Branche loyal gegenüber (übri- gangen und ist ordentlich ge- schied sich zum gängigen Ritual gens bis heute auch den meis- worden. Doch genau wie bei der klassischen Fernsehkritik, tens einfacher erzählten Pro- den Serien selbst gilt auch hier: bei der jeweils die Pilotfolge ei- grammen der frei zu empfan- im Original ist immer besser. ner neuen Serie besprochen genen Networks), dennoch wird, weitere Episoden der Serie rezensiert er mit gebührender dann aber ignoriert werden. Se- Distanz. Sachlichkeit ist seine pinwall hingegen rezensierte Sache allerdings nicht. wöchentlich die jeweils ausge- Dafür sind Sepinwalls Informa- strahlte Folge – er passte die tionen aus erster Hand, er steht Kritik dem Sujet an, serialisierte im Austausch mit der Branche, sie. Heute eine gängige Vorge- spricht ständig mit Autoren, hensweise im Netz. Sepinwall Produzenten, Schauspielern. hielt an dieser Form der Fern- Davon profitiert das Buch sehr: sehkritik – also seriell über das So vertraute ihm Tom Fontana – Serielle zu schreiben – fest, auch Schöpfer der ersten HBO-Serie 3 | 2014 | 18. Jg. L I T E R AT U R Alan Sepinwall: Die Revolution war im Fernsehen. Wiesbaden 2014: Luxbooks. 450 Seiten, 24,80 Euro Hendrik Efert 99