Leseproben - unternehmensjurist
Transcription
Leseproben - unternehmensjurist
Ausgabe 05/2012 Oktober/November www.unternehmensjurist.net Vertriebskennzeichen 23401 Preis: 15,-- Euro unternehmens jurist Magazin für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Rechtsabteilungen SPRUCHVERFAHREN & ANFECHTUNGSKLAGEN Mit wenigen Euro Einsatz Millionen erlösen: Was sich anhört wie die Lottoziehung, INHALT unternehmensjurist KURZ & KNAPP TITELTHEMA 08 PRODUKTFÄLSCHUNGEN Erste Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zeigen: Schäden durch Fälschungen sind größer als gedacht. 14 08 KARTELLVERFAHREN Das OLG Düsseldorf urteilt: Dritten bleibt Akteneinsicht in Kronzeugenanträge weiter verwehrt. 08 LEISTUNGSSCHUTZRECHT Auch nach dem dritten Entwurf zum Leistungsschutzrecht bleibt das Gesetzesvorhaben umstritten. ....................................................... 82 6 Personenregister, Impressum Ausgabe 5/2012 DIE TÜCKE DES DETAILS Ins Visier klagefreudiger Aktionäre kommen einer Studie nach eher (gemessen an der Börsenkapitalisierung) kleinere Gesellschaften. Dies könnte damit zusammenhängen, dass diesen eher – allgemeine oder provozierte – Fehler unterlaufen. Und dann folgen Spruchverfahren, Anfechtungsklagen und Freigabeverfahren. 20 „SELBSTÜBERSCHÄTZUNG“ Matthias Gaebler berät seit über zehn Jahren Unternehmen in der Vorbereitung von Hauptversammlungen. Mit Gaebler sprach Frank Knabe über Aktionärskultur, Klageanlässe und wie man diese vermeiden kann sowie beratungsresistente Aufsichtsräte. STRATEGIE & MANAGEMENT 24 ORGANHAFTUNG Das Haftungsrisiko der Unternehmensorgane ist gestiegen. Umso wichtiger ist, dass sie auf ihre Rechtsberater vertrauen dürfen. 28 PITCH Rechtsabteilungen wählen Kanzleien häufig mittels Wettbewerbspräsentation, da liegt die Messlatte hoch – und am Ende geht es natürlich auch ums Geld. 32 SOCIAL MEDIA Wer sich in sozialen Netzwerken äußert, darf sich auf die Meinungsfreiheit berufen. Doch vor allem Mitarbeiter müssen Grenzen beachten. unternehmensjurist INHALT TRENDS & THEMEN JOB & KARRIERE VERBAND 36 WETTBEWERBSZENTRALE Kaum jemand weiß, wer hinter der Wettbewerbszentrale steht oder was ihr Tun legitimiert. 58 FÜHRUNG Vom Mitarbeiter zum Regisseur: Um Erfolg zu haben, muss man sich neben Fachwissen auch Führungskompetenz aneignen. 72 BUJ IN BERLIN Gespräch mit Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. 40 ZEITARBEIT Ab November werden in bestimmten Branchen spezifische Tarifzuschläge eingeführt. 44 RECHTSSYSTEM RUSSLAND Die ehemalige Sowjet-Republik besitzt das modernste und verlässlichste Rechtssystem der Region. 50 BRANCHENCHECK LOGISTIK Die Branche hat einen enormen Wandel durchgemacht, der auch Unternehmensjuristen betrifft. 54 KANZLEI-INSOLVENZ Mandanten können Kanzlei-Pleiten selten verhindern, aber die damit verbundenen Risiken minimieren. 62 INVESTITIONSRECHNUNG Wer Patente erwerben oder Expansionen begleiten will, muss sich mit betriebswirtschaftlichen Berechnungen auseinandersetzen. 64 PSYCHOLOGIE Erfolg ist oft erst durch Misserfolg möglich – den aber dürfen sich Rechtsabteilungen nur in kleinen Portionen erlauben. 68 BERUFSSTART Das Bachelor-Examen sollte der Start zur Karriere als Unternehmensjurist sein. Jetzt wollen fast alle Absolventen weiter studieren. 73 ISO-COMPLIANCE-STANDARD BUJ nimmt Stellung zum angestrebten ISO-Standard Compliance. 74 MUSTERSTATUTEN Präsidium beschließt Musterstatuten für Fach- und Regionalgruppen. 76 BUJ-WORKSHOPS Interviews zu Streitbeilegung, Rechtsverstöße in Unternehmen und Neuerungen im Aktien- und Kapitalmarktrecht. ....................................................... 80 RECHTSPRECHUNG 81 MITGEHÖRT Manchmal machen Kanzleien Angebote, die man einfach nicht ablehnen kann. Ausgabe 5/2012 7 STRATEGIE & MANAGEMENT unternehmensjurist PITCH Wenn Unternehmen besonders knifflige, ressourcenintensive Rechtsfragen zu klären haben, setzen sie gern auf externes Know-how. Die Kanzleiwahl erfolgt häufig mittels Wettbewerbspräsentation, da liegt die Messlatte hoch — und am Ende geht es natürlich auch ums Geld. D er Weg zum Neugeschäft ist steinig und führt oft über Pitches, in denen in der Regel drei bis vier Kandidaten unter Beweis stellen müssen, dass sie das Zeug haben, das betreffende Mandat zu handeln. Obwohl auch Newcomer und spezialisierte Rechtsberater in solchen, von der Zunft flapsig als „Beauty Contests“ titulierten Veranstaltungen wiederholt ihre Chance erhalten, tendieren die Syndici in den Unternehmen dazu, die Kandidatenliste nach Renommee und Kompetenzbreite zusammenzustellen. „Für Großprojekte braucht man Kanzleien mit umfassendem Know-how und Ressourcen. Das können ,Exoten‘ oder Newcomer in der Regel nicht bieten“, begründet Katrin Asher, Vice President Legal Services bei der Deutschen Post DHL in Bonn die Vorauswahl. CASE 1: DEUTSCHE POST DHL An einer der letzten Ausschreibungen nahmen drei etablierte Kanzleien teil: eine aus den deutschen Top Five, eine weitere namhafte Großkanzlei und eine angesehene rein deutsche. Das Briefing durch die Deutsche Post DHL enthielt die wichtigsten Eckpunkte des Mandats. Im Wettbewerb darum präsentierten die Kanzleien jeweils sich selbst mit ihren Ressourcen, skizzierten den prozeduralen Ablauf aus ihrer Sicht, die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit und Schätzungen zum Arbeitsaufwand. Unternehmensseitig wohnten dem Pitch Mitarbeiter des Konzerns aus der Rechtsabteilung und den entsprechenden Fachbereichen bei. Aufgrund der internationalen Expertise und des fachlichen Fokus, aber auch angesichts ihrer gegenüber den anderen beiden Pitch-Teilnehmern offenkundig wettbewerbsfähigsten Honorarvorstellungen, erhielt in dieser Ausschreibung letztlich die Top-Five-Kanzlei den Zuschlag. 28 Ausgabe 5/2012 Gleichwohl ist nicht nur bei der Post, sondern auch bei Hochtief Solutions in Essen das Aufspüren exzellenter Adressen „ausdrücklich erwünscht“. Eine gewisse Reputation müsse aber immer schon vorhanden sein, betont Georg von Bronk, Leiter des Ressorts Legal & Risk Governance, „je nach Projektbedeutung verjüngt sich die Palette der in Frage kommenden Kanzleien“. Weil die Vorbereitung von Pitches den Unternehmen viel Arbeit bereitet, laden diese prinzipiell nur Kandidaten ein, die die Syndici für das betreffende Mandat ernsthaft in Betracht ziehen. „Bei der Bewertung der Expertise interessiert uns weniger ein bekannter Name als vielmehr das Know-how der Anwälte, die für uns arbeiten“, bekräftigt Dr. Dirk Middelschulte, Leiter Kartellrecht Beratung/Compliance bei der Deutschen Bahn, Berlin. In Ausnahmefällen könne die renommierte Marke eine Rolle spielen, „dann sprechen wir weniger bekannte Kanzleien aber von vornherein nicht an“. Bei Transaktionen, die große, internationale Teams erfordern, bleiben kleinere Kanzleien, denen die erforderlichen Ressourcen fehlen, ebenfalls außen vor. Diese sind jedoch nicht selten für anspruchsvolle Rechtsfragen sehr stark aufgestellt – etwa im IT-Recht, beim Gewerblichen Rechtsschutz oder im Strafrecht. Angesichts eines weniger bekannten Namens, überschaubarer Mannstärke und einer geringeren Zahl von Standorten rufen die Spezialisten oft niedrigere Stundensätze auf. „Und da wir natürlich kostenbewusst sind, können auch weniger etablierte Kanzleien durchaus einen Wettbewerbsvorteil haben, wenn sie fachlich gut sind“, formuliert Middelschulte vielsagend. Und bestätigt, was unter Großkanzleien beklagt wird: Weil diese auf einem vergleichbar hohen Leistungsniveau arbeiten, geraten die „Beauty Contests“ zunehmend zu KonditionenPitches. Offiziell wird dies von den Unternehmen verneint, doch genau das offenbaren die exemplarisch dargestellten Mandatsausschreibungen. Post und Bahn betonen zwar, für ihre Entscheidung hätten fachliche Nuancen den Ausschlag gegeben – um dann doch hinterher zu schieben, der Sieger aus der Runde der zur Präsentation eingeladenen Kanzleien habe auch durch seine Honorarvorstellungen überzeugt. Selbst wenn Einkaufsabteilung oder Controlling nicht physisch mit am Tisch sitzen: Mit ihren Budgetvorgaben definieren sie die Spielräume bei der Ausschreibung von Mandaten. „Unser Einkauf wird bei der Preisverhandlung eingebunden“, bestätigt Deutsche Post DHL-Syndikus Asher stellvertretend für ihre Kolleginnen und Kollegen. In der Konsequenz müssen externe Berater, die ein Mandat übernehmen, pauschale Rahmenverträge, aber auch gedeckelte oder erfolgsbezogene Vergütungen akzeptieren. So arbeitet die Deutsche Post DHL „grundsätzlich mit Rahmenverträgen“, wie Asher betont. Die Deutsche Bank AG hat „bereits vor Jahren einen Prozess aufgesetzt, um eine möglichst einheitliche, professionelle und kosteneffiziente Mandatsvergabe sicherzustellen“, erklärt Harry Szameitat, COO der Rechtsabteilung für Deutschland RISIKEN KLEIN HALTEN und Zentral-/Osteuropa. Sein Haus vergebe pro Jahr „eine beachtliche Anzahl von juristischen Mandaten“. Externe Kanzleien würden beispielsweise dann eingebunden, wenn dies von Vertragsparteien ausdrücklich gewünscht werde oder die eigenen Personalkapazitäten nicht ausreichten. Die Zusammenstellung einer vorläufigen Long- und der den Pitch letztlich begründenden Shortlist erfolgt in den Unternehmen jeweils durch die Rechtsabteilung. Maßgeblich sind neben der gestellten Aufgabe die Erfahrungen der jeweiligen Rechtsabteilung. Man baut gerne auf Kanzleien, mit denen man schon einmal zu tun hatte und lässt sich ebenso gerne von großen Namen leiten, weil damit Kompetenz und adäquate Strukturen verbunden werden. Darüber hinaus wird aber auch der explizite Wille bekundet, für einen Pitch auch einer eher kleineren, weniger bekannten Kanzlei eine Chance zu geben. Unter dem Strich ist es wie in der Kommunikationsbranche, wie beim Einkauf, wie im Privaten: Man nimmt vor allem das, was man kennt, um Unsicherheiten auszuräumen und Risiken klein zu halten. Bei der Auslese zählen Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, aber auch Referenzen, die „Verdrahtung“ einer Kanzlei. Erkenntnisse hierzu leiten die Syndici aus den Online-Auftritten der Kanzleien, ihren Selbstdarstellungen, der Einreichung der Pitch-Unterlagen und aus eigenen Erfahrungen ab. Ob die Chemie stimmt, deutet sich oft bereits während der Wettbewerbspräsentation an. Hochtief hat für diesen Prozess eigens einen Katalog mit „Bedingungen für die Beauftragung externer Rechtsanwälte“ erstellt. Kanzleien, die zu einem Pitch eingeladen werden, werden die Kriterien mit dem Briefing mitgeteilt. Eine solche Standardisierung, wie sie auch die Deutsche Bank hat, soll Vorbereitung und Durchführung von Ausschreibungen vereinfachen, beschleunigen und für alle Beteiligten berechenbar machen. CASE 2: DEUTSCHE BAHN Gegenstand des Mandats war, kartellrechtliche Spielräume für Kundenrabatte bei einer Konzerngesellschaft auszuloten. Die Vorauswahl nahm etwa eine Woche in Anspruch. Im Anschluss erstellte die Deutsche Bahn das Briefing mit einer Beschreibung des Status quo und der seitens der Konzerngesellschaft gewünschten Vorgehensweise mitsamt verschiedener Alternativen. Sodann wurden vier Kanzleien zum „Beauty Contest“ eingeladen. Jede durfte 30 bis 45 Minuten präsentieren, wie sie das Mandat bearbeiten würden und auf welche rechtlichen Überlegungen es voraussichtlich ankommen dürfte. Unmittelbar nach der letzten Präsentation traf das Unternehmen seine Wahl. An der Entscheidung waren Vertreter der Kartellrechtsabteilung und des für die laufende rechtliche Beratung der Konzerngesellschaft zuständigen Rechtsteams beteiligt. Den Pitch gewann eine Kanzlei, die über ausgewiesene Expertise bei der kartellrechtlichen Bewertung von Rabattsystemen verfügt. Das fachliche Know-how wurde ergänzt durch einen ausgesprochenen „hands on“-Ansatz – und einen günstigen Preis. Den Ausschlag gab, dass die Kanzlei im Vergleich zu einem ebenfalls sehr geeigneten Kandidaten über einschlägige Branchenerfahrungen verfügt. Ausgabe 5/2012 29 STRATEGIE & MANAGEMENT unternehmensjurist Falles wichtigsten Informationen. Von Bronk: „Ein Nachbriefing gibt es nur, wenn dies gewünscht wird.“ Was es – trotz des für die Kanzleien erheblichen zeitlichen Aufwands für die Vorbereitung – grundsätzlich nicht gibt, ist ein Pitch-Honorar. Der Wettbewerbsteilnahme voraus gehen in- und externe Recherchen zum aufgeworfenen Fall, die Aufbereitung strukturierter UnterlaGeorg von Bronk, Dirk Weske, Dr. Dirk Middelschulte, gen und das Erstellen einer überLeiter Legal & Risk Leiter Vertriebs- und Leiter Kartellrecht – zeugenden Präsentation. Nicht Governance, Wettbewerbsrecht, Beratung/Compliance, nur Bahn-Syndikus Middelschulte Hochtief Solutions AG Allianz Deutschland AG Deutsche Bahn AG ist sich „bewusst, dass ein gut vorbereiteter Pitch aufwendig ist“. Kanzleien, die letztlich nicht den Zuschlag erhielten, mit ihrer Präsentation aber einen guten Eindruck Bei der Allianz Deutschland AG in München sind „einzelman- hinterließen, tröstet er, hätten „gute Chancen, in Zukunft in datsbezogene Pitches die Ausnahme“, betont Dirk Weske, Lei- einer anderen Sache mandatiert zu werden“. ter des Referats Vertriebs- und Wettbewerbsrecht: „Wenn in den Doch sich im Beauty Contest von ihrer besten Seite zu zeigen, von uns beratenen Allianz-Gesellschaften externes Know-how fällt selbst Großkanzleien in der Praxis offenbar schwer. So benötigt wird, müssen wir damit in aller Regel ad hoc präsent stellen nicht alle ihre Spezialisten und den Senior Partner sein, was ein echtes Pitching vor, der das Projekt leiten soll, und ausschließt.“ Fallweise oder viele machen allenfalls vage AnWeitere Informationen auf: wenn die internen Ressourunternehmensjurist.net/05pitch gaben zu Stundensätzen und Percen nicht ausreichen – Details sonaleinsatz – „trotz Briefings“, nennt Weske nicht –, bittet die wie Post-DHL-Syndikus Asher Allianz geeignete Kanzleien um entsprechende Bewerbungen bedauert. Richtig genervt sind Unternehmen, wenn Berater und wählt dann die für die Allianz bestgeeigneten Kanzleien nach dem Zuschlag das Honorar nachverhandeln wollen. „Das aus. Die Bahn vergibt kleinere Mandate, die sich aus dem ist natürlich nicht der Sinn der Sache“, sagt Bahn-Syndikus Tagesgeschäft ergeben, sogar freihändig. Middelschulte, „das Risiko, ein nicht kostendeckendes Angebot Wird zum Pitch gerufen, also ein auf meist drei bis vier Kan- vorzulegen, liegt nun einmal in der Sphäre der Kanzlei.“ didaten limitierter Kreis externer Rechtsberater schriftlich zur Das führt dazu, dass externe Berater die Konditionen nach Wettbewerbspräsentation geladen, haben alle Unternehmen der Mandatsvergabe oft zu verbessern versuchen. Ähnlich klare Vorstellungen. Wichtigste Forderung: Kanzleien sollten agieren die Einkaufsabteilungen der Unternehmen – und so sich mit dem im Briefing dargelegten juristischen Problem ringen beide Seiten um den Preis. Die Syndici, indem sie nach erkennbar befasst haben. Dafür bürgt auch die akribischste der Mandatsvergabe von der Kanzlei einen Pauschalabschlag Vorauswahl nicht. Denn erst die Live-Präsentation zeigt, wie auf den berechneten Satz oder auch mal Rabattstaffeln bei tief und sachkundig sich ein Kandidat mit dem ausgeschrie- Überschreiten bestimmter Honorarstufen fordern. Und die benen Mandat befasst hat respektive ob er mit seinen vor der Kanzleien, indem sie den Fall dann nicht von ihrer ersten Jury skizzierten Lösungsansätzen auch die antizipierbaren Garde – sie hatte noch präsentiert – bearbeiten lassen. Manche Anwälte sind allerdings derart überlastet, dass sie Probleme und Besonderheiten adressiert. „Charts und Ausführungen mit allgemeinen Werbeinhalten zugesagte Timelines immer wieder verschieben oder verspäsind kontraproduktiv“, mahnt Hochtief-Solutions-Syndikus tet auf E-Mails oder Anrufe reagieren. „Zuverlässigkeit und von Bronk. Und er schiebt stellvertretend für seine Kollegen Responsiveness sind für uns aber sehr wichtig“, unterstreicht nach: „Eine Kanzlei überzeugt nicht durch die Anzahl der Middelschulte. Berater, die mit ihren vorhandenen Kapazitäten zum Präsentationstermin entsandten Partner, sondern nur aktuell keine weiteren größeren Mandate bearbeiten könnten, durch die intensive Auseinandersetzung mit den maßgeblichen sollten „auch einmal den Mut haben, ein Mandat oder eine Fragestellungen im Vorfeld.“ Dafür verwendet Hochtief laut Einladung zum Pitch abzulehnen – Realitätssinn und Ehrvon Bronk „viel Sorgfalt“ auf das Briefing – die schriftliche lichkeit sind eben wesentliche Grundlagen für eine gute ArBijan Peymani Zusammenfassung der für eine vorläufige Einschätzung des beitsbeziehung“. 30 Ausgabe 5/2012 TRENDS & THEMEN unternehmensjurist KANZLEI-INSOLVENZ Die Insolvenz der amerikanischen Großkanzlei Dewey & LeBoeuf hat Wellen geschlagen. Mandanten können selten verhindern, dass eine Kanzlei insolvent wird. Aber sie können zumindest die mit der Pleite verbundenen Risiken minimieren. KEIN „NORMALER“ WECHSEL D er Superlativ gab der Nachricht Pepp: Als Dewey & LeBoeuf LLP im Mai zum Insolvenzgericht ging, war dies die größte Kanzleipleite der USA. Kanzlei-Insolvenzen sind in Deutschland eher selten, derart spektakuläre findet man so gut wie gar nicht. Dies wohl auch wegen der strengeren Regeln gegen allzu kapitalistische Finanzierungsmodelle, sagt Dr. Eberhard Braun, Gründer der auf Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei Schultze & Braun: „Dewey hatte ja sogar eine Anleihe aufgelegt, das ist für den deutschen Anwaltsmarkt auch für die Zukunft nur sehr schwer vorstellbar.“ Beantragt ein Anwalt in Deutschland Insolvenz, wird in aller Regel die Zulassung entzogen und ein Abwickler eingesetzt, der – unabhängig vom Insolvenzverwalter – die bestehenden Mandate weiterführt. „Als Abwickler werden meist ganz junge Anwälte beauftragt, die sich oft sehr engagieren, weil das eine 54 Ausgabe 5/2012 Chance ist, einen eigenen Mandantenstamm zu erarbeiten“, erläutert Braun, der selbst einige Kanzlei-Insolvenzen verwaltet hat. „Für die Mandanten ist das Modell üblicherweise keine schlechte Lösung.“ Bereits bezahlte Anwaltsgebühren muss der Mandant nicht nochmals überweisen – selbst wenn der Schriftsatz noch nicht diktiert, das Kanzleikonto aber leer ist. Den Abwickler bezahlt dann die Kammer. „Probleme gibt es eher beim Fremdgeld, es kommt natürlich schon vor, dass das mal weg ist“, berichtet Braun. Die Anwaltskammern Freiburg und München haben Härtefonds eingerichtet, die eintreten können, wenn Mandanten durch Straftaten Vermögensschäden erleiden. Diese könnten auch in der Insolvenz greifen, seien aber nicht für Großschäden gedacht. Auch wenn dafür gesorgt ist, dass das Mandat weiterläuft, sei es oft eine Katastrophe, wenn der persönliche Berater wegfalle. unternehmensjurist „Mandanten wollen mit ihrer Sache möglichst nahtlos weiterbetreut werden“, weiß Philipp von Ilberg, ehemaliger Partner bei Dewey & LeBoeuf in Deutschland. „Wenn sie sehen, dass jemand zu einer guten Adresse wechselt, die auch die Ressourcen hat, laufende Projekte zu stemmen, gehen sie mit.“ In den USA kann es Partner insolventer Kanzleien teuer zu stehen kommen, wenn sie bestehendes Geschäft in neue Kanzleien mitnehmen: Als dies 2006 nach Insolvenz der Coudert Brothers LLP geschah, verklagte der Insolvenzverwal- WER STELLT WAS WOFÜR IN RECHNUNG? ter zehn Kanzleien, die Mandanten der insolventen Sozietät übernommen und Geschäfte fortgeführt hatten. Im Mai dieses Jahres wies Colleen McMahon, District Judge in einem Federal Court, einen Antrag zurück, mit dem die Beklagten versucht hatten, per Vorabentscheidung diese Klage zu Fall zu bringen. In Deutschland sind solche Versuche nicht bekannt. Dr. Andreas Kleinschmidt, Insolvenzrechtler bei White & Case, hält sie auch nicht für sonderlich aussichtsreich, denn schließlich seien Mandanten frei zu wechseln. Kleinschmidt ist als Verwalter über das in Deutschland gelegene Vermögen von Dewey & LeBoeuf eingesetzt worden, will sich zu diesem konkreten Auftrag aber derzeit nicht äußern. Mögen solche Fragen eine Rechtsabteilung nicht direkt tangieren, die Frage, wer am Ende was wofür in Rechnung stellt, betreffen sie schon. Bei der üblichen Abrechnung nach Zeit sind Stunden, die bis Ende des Mandatsverhältnisses mit der Pleite-Kanzlei geleistet wurden, an die Masse zu zahlen. Die neue Sozietät darf nur in Rechnung stellen, was nach dem Wechsel anfiel. Wie genau das in der Praxis gehandhabt wird, gibt – ähnlich wie bei anderen Kanzleiwechseln – zuweilen Anlass zu Spekulationen, weil hier ein Anreiz vermutet wird, eher Stunden für die neue Partnerschaft aufzuschreiben. Für Mandanten bürgt das zumindest in der Theorie die Gefahr, im Streitfall vielleicht doch von beiden in Anspruch genommen zu werden. Praktisch sei das Risiko jedoch gering, meint Kleinschmidt, denn der Verwalter könne so etwas selten erkennen, geschweige denn erfolgreich geltend machen. Wachsamkeit beim Blick auf die Rechnungen, die in der Rechtsabteilung ankommen, schade aber auch hier nicht. „Man sollte schon hellhörig werden, wenn für die letzte Zeit in der alten Kanzlei praktisch nichts mehr aufgeschrieben wird, sich in den ersten Wochen im neuen Haus aber 10.000 Stunden drängeln“, rät Kleinschmidt. „So offensichtlich wird dies aber kaum jemals gemacht werden.“ Vereinbarungen zwischen Anwalt und Mandant zulasten der Insolvenzmasse sind nicht zulässig, sagt Ex-Dewey-Anwalt Jochen Terpitz. Rechtsabteilungen können ihre Verhandlungsmacht aber durchaus nutzen, um Reibungsverluste durch den Wechsel zu begrenzen. In einem laufenden Mandat könnten TRENDS & THEMEN etwa Zahlungsgrenzen (Caps) vereinbart werden, damit die abzurechnenden Stunden nicht in die Höhe schießen, etwa weil neue Teammitglieder sich erst einarbeiten müssen. Dazu gehöre auch die Frage, ob – und zu welchen Kosten – die neue Kanzlei gegebenenfalls eine Legal Opinion, die bisher in der pleitebedrohten Sozietät bearbeitet wurde, auf ihre Kappe nimmt – also noch mal prüft und dafür auch haftet. Als Mandant kann ein Unternehmen auch Gläubiger der Kanzlei sein. Eher unproblematisch ist dabei der Umgang mit Dokumenten, die ohnehin meist elektronisch vorhanden sind. Eigene Originalurkunden kann das Unternehmen vom Verwalter herausverlangen, Arbeitsergebnisse des Anwalts – und dazu zählen auch Schriftsätze – nicht. In den USA stellt sich das Sonderproblem, dass die Insolvenzverwalter gern Mandatsakten ohne teures Schreddern einfach wegwerfen wollen. Als Mandant sollte man auf Nummer sicher gehen und gegebenenfalls die Unterlagen an sich bringen, empfiehlt Jochen Terpitz. KANZLEIPLEITEN IN DEUTSCHLAND Insolvenzanträge für Kanzleien im Jahr 2010: 78 Verfahren, die mangels Masse nicht eröffnet wurden: 11 Die Zahlen differenzieren nicht nach Größe oder Rechtsform der Kanzlei, oft dürften Einzelanwälte betroffen sein. Quelle: Statistisches Bundesamt Seltener, aber dann umso wichtiger, kann eine andere Form von Ansprüchen sein: die auf Schadenersatz wegen Schlechtberatung. Nach deutschem Recht kann man sich in Haftpflichtfällen direkt an die Versicherungsgesellschaft halten. Bei internationalen Kanzleien kommt es auch auf die Art der Versicherung an. Ihre Policen sind entweder „occurancebased“ (Deckung, wenn zum Zeitpunkt der Falschberatung die Versicherung bestand) oder „claims-based“ (Deckung, wenn die Versicherung zum Zeitpunkt besteht, an dem der Schaden geltend gemacht wird). Gerade bei größeren Haftungssummen sind die Versicherungen meist claims-based. Werden die Prämien nicht mehr bezahlt, laufen diese automatisch aus. Terpitz rät zu prüfen, ob nachversichert werden sollte. Manchmal kann es für Mandanten sinnvoll sein, bei der Insolvenz einer ausländischen Sozietät mit deutschen Büros einen lokalen Insolvenzantrag zu stellen. Zwar kann man die Ansprüche sowohl in Deutschland wie im Sitzland anAusgabe 5/2012 55 TRENDS & THEMEN unternehmensjurist Dr. Eberhard Braun, Rechtsanwalt, Schultze & Braun Dr. Andreas Kleinschmidt, Insolvenzrechtler, White & Case melden, aber es ist oft praktikabler, im hiesigen Verfahren vorzugehen. Wie auch sonst im Geschäftsleben, sollten alle geschäftlichen Entwicklungsmöglichkeiten von Anfang an bedacht werden. Und in der Tat fragen Unternehmen vor der Mandatsvergabe immer häufiger nach der Art der Haftpflicht (und deren Nachweis). „Wir gehen im Grundsatz davon aus, dass die Kanzleien, mit denen wir zusammenarbeiten, einen adäquaten Versicherungsschutz haben, über den wir bei Vergabe größerer Mandate auch intensiv diskutieren“, meint dazu Klaus Sauerbier, Head of Legal Affairs Germany bei der Ou- Jochen Terpitz, Rechtsanwalt (ehemals Dewey LeBoeuf) Klaus Sauerbier, Head of Legal Affairs Germany, Outotec GmbH totec GmbH. Für eine Rechtsabteilung sei es aber schwierig, den Markt verlässlich zu überblicken und Kanzleien mit Insolvenzrisiken auszufiltern. Soweit in der Fachpresse darüber publiziert werde, beobachte er aber schon aufmerksam, welche Kanzleien sich größeren Regressrisiken ausgesetzt sehen könnten. Alle Eventualitäten lassen sich nicht auschließen. „Man kann als Rechtsabteilung keine Maßnahmen treffen, die verhindern, irgenwann Mandant einer Kanzlei zu sein, die in die Insolvenz geht“, so Terpitz. „Aber man kann die Folgen abfedern.“ Karin Matussek MANDANTEN UND ANWÄLTE: SHOULD I STAY OR SHOULD I GO? Der Mandant: Bei internationalen Großkanzleien wird das Mandat meist mit einer juristischen Person, oft einer LLP, geschlossen. Der Mandant vertraut fast immer den Personen, die seine Sache bearbeiten. Bleiben diese erhalten, kann die Rechtsabteilung mit ihnen ziehen. Der Partner: Bei einer drohenden Pleite oder im Falle der Insolvenz dürfte dies die Aufmerksamkeit der Anwälte beeinträchtigen, fürchten Syndici: „An sich gilt in allen Kanzleien: client first. Wenn denen selbst das Fell brennt, ist ja klar, dass der Fokus sich verändert.“ Wann Trennung von Kanzlei erfolgen sollte: Wichtig sei, das Problem anzusprechen, wenn erste Meldungen auftauchen, und den bearbeitenden Partner zu fragen, wie 56 Ausgabe 5/2012 er die Projektbearbeitung weiterhin sicherzustellen gedenke. „Wenn das nicht innerhalb einer angemessenen Frist gelöst wird, würde ich ganz leidenschaftslos die Reißleine ziehen und jemand anderes mandatieren“, erklärt ein Unternehmensjurist. Wie gewechselt wird: Ein Mandat ist frei kündbar, dies sei hier nicht anders als bei einem „normalen“ Kanzleiwechsel, so Philipp von Ilberg, Ex-Partner bei Dewey & LeBoeuf in Deutschland. Wo das Unternehmen geschützt ist: Ex-Dewey & LeBoeuf-Anwalt Jochen Terpitz weiß, dass es umgekehrt nicht so einfach ist, das Mandat aufzugeben: „Der Partner darf die Sache im Zweifel nicht einfach wegen der Insolvenz hinwerfen.“ Ein Mandat dürfe nicht zur Unzeit gekündigt werden, so sei das Unternehmen abgesichert. JOB & KARRIERE unternehmensjurist INVESTITIONSRECHNUNG „Judex non calculat?“ Dieses Bonmot stimmte schon bei König Salomon nicht, für den Syndikus wäre es sowieso fatal: Will er für sein Unternehmen Firmenkäufe gestalten, Patente erwerben, eine nationale oder internationale Expansion begleiten, muss er sich mit betriebswirtschaftlichen Berechnungen auseinandersetzen. A ls die Trumpf GmbH + Co. KG sich 1992 an einem Unternehmen für Lasertechnik beteiligte, herrschte im Maschinenbau die schwerste Krise seit 1945. Auch Trumpf verzeichnete hohe Umsatzrückgänge – eigentlich kein guter Zeitpunkt für eine Akquisition. Und doch hat Trumpf die hohe Investition nie bereut. Die Haas Laser GmbH bot ein Produktportfolio, das das von Trumpf in der Lasertechnik ideal ergänzte und den Einstieg in die Festkörperlasertechnologie ermöglichte. Heute ist Trumpf im Bereich industrieller Laser und Lasersysteme führend. „Nicht jede Investition ist so erfolgreich“, weiß Peter Bokelmann, der Leiter des Trumpf Zentralbereichs Recht und Gesellschaftspolitik. Sein Bereich kommt ins Spiel, wenn es um die rechtssichere Gestaltung großer Investitionsmaßnahmen geht, insbesondere bei M&A-Projekten. Je komplexer eine Investition ist, desto früher werden die Juristen einbezogen und erarbeiten dann in interdisziplinären Teams in enger Zusammenarbeit mit Kaufleuten und Ingenieuren Risikoanalysen, werten Informationen über Markt, Wettbewerb und Patente aus, führen die Prüfung (Due Diligence) sowie Bewertung des zu übernehmenden Unternehmens durch und wirken schließlich an der Erstellung eines Businessplans mit, der die Grundlage der Investitionsrechnung darstellt. ENTSCHEIDUNGSGRUNDLAGEN VORBEREITEN Kernaufgabe einer Investitionsrechnung ist, Annahmen zu treffen, unter welchen Bedingungen eine Investition für ein Unternehmen vorteilhaft ist. Da Investitionen Eigen- und Fremdkapital binden, das sich über die Laufzeit verzinsen muss, ist die Finanzierung von zentraler Bedeutung. Investitions- und Finanzierungsentscheidungen sind immer wechselseitig voneinander abhängig. Investitionen verursachen über die gesamte Existenz des Investitionsgegenstandes Zahlungsflüsse, die in der Planung gedanklich vorweggenommen werden. Für die Berechnung stehen statische und dynamische Methoden zur Verfügung. Statische Verfahren lassen die zeitliche 62 Ausgabe 5/2012 Struktur der Ein- und Auszahlungen unberücksichtigt, beziehen nur periodenbasierte Erfolgsgrößen ein und enden nach dem Kapitalrückfluss. Ein beliebtes statisches Verfahren ist die Amortisationsrechnung, die den Kapitalrückfluss (Pay-off) berechnet, also den Zeitpunkt, zu dem die Anschaffungskosten aus den Gewinnen refinanziert sind. Demgegenüber bieten dynamische Verfahren einen Überblick über die Kapitalwertentwicklung bis zum Ende des Investitionszeitraumes. „Statische Verfahren wie eine Amortisationsrechnung werden wegen ihrer Einfachheit in der Praxis gerne angewandt. Vor allem bei komplexen Investitionsberechnungen führen sie aber häufig zu Fehlentscheidungen“, gibt Professor Dr. André Betzer von der Bergischen Universität Wuppertal zu bedenken. BUSINESSPLAN BRINGT LICHT INS DUNKEL Dynamische Verfahren wie die Kapitalwert-Methode (auch Discounted Cashflow-Methode genannt, siehe Infokasten) sind finanzmathematische Verfahren, die auf Ein- und Auszahlungen basieren und deren Fälligkeitszeitpunkt berücksichtigen. Gemeinsam ist allen Verfahren, dass sie einen Kalkulationszinssatz unterstellen. Nur wenn das eingesetzte Kapital eine Mindestrendite bringt, also den kalkulatorischen Zinssatz übertrifft, ist die Investition vorteilhaft. Bei Trumpf kommt vorzugsweise die Discounted CashflowMethode (DCF) zum Einsatz. Justiziar Peter Bokelmann skizziert das Vorgehen am Beispiel einer Firmenübernahme: „Im Businessplan werden verschiedene Szenarien zu Umsatz-, Kostenentwicklung sowie zusätzlichen Investitionen für einen Zeitraum von typischerweise fünf Jahren angenommen. Daraus ermitteln wir den erwarteten Cashflow und zinsen diesen mit einem Zinssatz, der das Risiko und die Amortisationserwartung angemessen berücksichtigt, auf die Anfangsinvestitionskosten ab.“ Gebräuchlich ist ein Zinssatz von 12 Prozent. Ein Schwachpunkt aller Investitionsrechnungsmethoden ist naturgemäß, dass sie auf Annahmen basieren. Vor allem Kon- unternehmensjurist junkturentwicklungen lassen sich darin nur unzureichend abbilden. Die Erkenntnisse aus der DCF-Rechnung bei Trumpf unterstützen die Investitionsentscheidung und dienen darüber hinaus später der regelmäßigen Überprüfung. So werden die Prämissen im Businessplan zum Steuerungsinstrument für das Management. „In regelmäßigen Abständen gleichen wir zwischen Plan und Ist-Zustand ab und überprüfen unsere Annahmen“, erläutert Justiziar Bokelmann. So wird die Investitionsrechnung zu einem Controlling-Instrument, das dabei hilft, Ursachen zu identifizieren: Waren die Prämissen falsch, hat sich der Markt geändert, liegen neue oder andere externe Faktoren vor oder gibt es Managementfehler? Bei der Übernahme der Haas Laser GmbH haben die Prämissen gestimmt. Früher als gedacht hat sich die Investition amortisiert. Großen Einfluss auf die Investitionsrechnung hat die Entscheidung, ob sich das Unternehmen mit Eigenkapital (Ausgabe von Aktien, einbehaltene Gewinne) oder Fremdkapital (Kredite, Anleihen) finanziert. Beide Finanzierungsarten haben in einem Unternehmen Vor- und Nachteile, die sich vor allem in den Kosten der Kapitalbeschaffung und in der EIGEN- ODER FREMDKAPITAL? Risikohöhe niederschlagen. In der Praxis weniger relevant ist dabei, ob es sich um eine Außenfinanzierung (Kredite, Aktien, Anleihen, Beteiligungen) oder Innenfinanzierung (thesaurierte Gewinne) handelt. Ziel ist es immer, die Gesamtkosten des Kapitaleinsatzes zu minimieren. Bei einer Fremdfinanzierung sind die Kosten sehr transparent anhand der Zinskosten für Kredit beziehungsweise Anleihe zu ermitteln. Die Kosten des Eigenkapitals – konkret die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber (Gesellschafter, Aktionäre), die sich durch die Kosten entgangener Investitionsmöglichkeiten darstellen lassen – sind nicht so einfach zu berechnen. „Die optimale Mischung aus Eigen- und Fremdkapital ist im Wesentlichen abhängig von der Stabilität der zukünftigen Cashflows und variiert somit von Unternehmen zu Unternehmen. Ziel muss es aber immer sein, die Gesamtkosten aus Eigen- und Fremdkapital möglichst gering zu halten“, empfiehlt Prof. Dr. André Betzer. Die Trumpf Gruppe erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2011/12 einen Umsatz von 2,3 Milliarden Euro (vorläufige Angaben), hat seit 2009/10 wieder kräftig investiert und neue Arbeitsplätze geschaffen. Mittlerweile arbeiten über 9.600 Mitarbeitern für das Unternehmen – so viele wie nie zuvor. Als wirtschaftlich unabhängiges Familienunternehmen verfolgt Trumpf eine konservative Finanzierungspolitik. Investitionen werden in erster Linie über Eigenmittel aus thesaurierten Gewinnen und Abschreibungen finanziert. Die Eigenkapitalquote bei Trumpf liegt mit rund 50 Prozent so hoch wie bei nur wenigen Unternehmen dieser Art. Justiziar Bokelmann JOB & KARRIERE Professor Dr. André Betzer, Lehrstuhl für Finanzwirtschaft und Corporate Governance, Bergische Universität Wuppertal Peter Bokelmann, Leiter Zentralbereich Recht und Gesellschaftspolitik, Trumpf GmbH + Co. KG hat die Philosophie der Gesellschafter verinnerlicht: „Wir sind ein konservatives Unternehmen in Finanzierung und Unternehmenskultur, aber hoch innovativ in Produkten, Technologien und Prozessen.“ Fremdkapital in Form normaler Kontokorrentlinien bei der Hausbank kommt nur für die Zwischenfinanzierung der normalen Geschäftstätigkeit zum Einsatz. Selbst im Krisenjahr 2008, in dem Trumpf 40 Prozent seines Umsatzes einbüßte, schossen die Familiengesellschafter lieber Privatvermögen nach, als eine Fremdfinanzierung über Kredite zu akzeptieren oder Eigenkapital über Beteiligungen aufzunehmen. Christian Gasche KAPITALWERTMETHODE Die Kapitalwertmethode unterstellt, dass freie Kapitalmittel eines Unternehmens beispielsweise in sichere Finanzprodukte angelegt werden könnten oder durch eine andere investive Maßnahmen eine Rendite bringen. Diese Mindestrendite muss das Kapital bei einer Investition erwirtschaften, um vorteilhaft zu sein. Bei unsicheren Erwartungen, wie das in der Praxis die Regel ist, muss daher der Kalkulationszinssatz je nach Risiko deutlich höher liegen als der Kapitalmarktzins für die Kreditaufnahme. Der Kapitalwert zeigt, welchen Wertzuwachs das eingesetzte Kapital heute bei Durchführung der Investition erhalten würde. Der Gewinn wird ab dem Investitionsbeginn auf den gesamten Zeitraum der Investition bezogen und abgezinst. Zudem berücksichtigt die Kapitalwertmethode den Zeitwert einer Zahlung durch Auf- und Abzinsung zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit. Ist der Kapitalwert null, ist die Renditeerwartung gerade erfüllt. Ist er negativ, ist die Investition unvorteilhaft, Unternehmensvermögen wird vernichtet. Ausgabe 5/2012 63 REGISTER/IMPRESSUM unternehmensjurist PERSONENREGISTER Althaus, Dr. Marco, Technische Hochschule Wildau (36) Anders, Dr. Georg, Wirtschaftskanzlei Heussen (17) Asher, Katrin, Deutsche Post AG (28, 51) Baums, Prof. Theodor, Goethe-Universität Frankfurt (15) Bayer, Prof. Walter, Universität Jena (18) Bertram, Oliver, Taylor Wessing Deutschland (42) Bitter, Prof. Georg, Universität Mannheim (68) Blum, Dr. Felix, Gruner + Jahr AG & Co KG (33) Bodler, Christian, HK2 Rechtsanwälte (42) Bogati, Michael, Orrick, Hölters & Elsing (33) Braun, Dr. Eberhard, Schultze & Braun (54) Carl, Peter Steffen, Gleiss Lutz (78) Daum, Dr. Volker, B. Braun Melsungen AG (69) Dolderer, Uwe, Bundesverband deutscher Pressesprecher e.V. (12) Drinhausen, Dr. Florian, Linklaters LLP (15) Dröge, Dr. Alexander, Markenverband e.V. (8) Durian, Ariane, Connect Personal-Service GmbH (40) Eck, Peter, Gastro Beteiligungs AG (15) Frank, Sergey, Sergey Frank International Management Consulting (46) Franz, Dr. Kurt, Bundesministerium der Justiz (72) Fritz, Michael, Deutsche Bahn AG (34) Gaebler, Matthias, Aktien-, Emissions- und Börsenberatungs AG (AEB AG, 15) Gärtner, Dr. Wolfram, HeidelbergCement AG (44) Gerald, Christine, Dachser GmbH & Co. KG (50) Graf-Schlicker, Marie Luise, Bundesministerium der Justiz (72) Hartwig, Niels, BUJ (72) Hempel, Dr. Sebastian, Rewe Group (45) Henning, Dr. Michael, BUJ (72) Hermes, Benjamin (68) Hinrichs, Lars, Xing AG (64) Hoenike, Dr. Mark, Taylor Wessing Deutschland (45) Jaeniche, Dr. Steffen, Otto Group (46) Kapoor, Dr. Arun, Noerr LLP (12) Keinath, Dr. Astrid, Linklaters LLP (15) Klein, Dr. Hans-Michael, Knigge Akademie (65) Krämer, Dr. Lutz, White & Case LLP (26) Kremser-Wolf, Christina, Deutsche Lufthansa AG (40) Lantschner, Fritz, Webasto Thermo & Comfort SE (66) Leutheusser-Schnarrenberger, Sabine, Bundesministerium der Justiz (12, 72) Lorenz, Dr. Dirk, Taylor Wessing Deutschland (15) Maaß, Dr. Oliver, Heisse Kursawe Eversheds (14) Mansfeld, Thomas, Hapag-Lloyd AG (52) Middelschulte, Dr. Dirk, Deutsche Bahn AG (28) Molitoris, Michael, Noerr LLP (76) Moosmayer, Dr. Klaus, Siemens AG (26, 73) Motherby, Marianne, Deutsche Bahn AG (25) Müller, Andreas, PerConex Personaldienstleistungen GmbH (42) Münker, Dr. Reiner, Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. (36) Neufeld, Tobias, Allen & Overy LLP (34) Paulus, Prof. Dr. Christoph, Humboldt-Universität Berlin (19) Pelz, Dr. Christian, Noerr LLP (26) Ruckteschler, Dr. Dorothee, CMS Hasche Sigle (26) Schepke, Dr. Jan, CMS Hasche Sigle (12) Schmidt, Prof. Karsten, Bucerius Law School (70) Schröder, Frank, Universal-Investment-Gesellschaft mbH (64) Sessler, Dr. Anke, Siemens AG (26) Stöhr, Dr. phil. habil. Hans-Jürgen, Agentur für gescheites Scheitern (65) Strohn, Dr. Lutz, Bundesgerichtshof BGH (25) Szameitat, Harry, Deutsche Bank AG Szesny, Dr. André, Heuking Kühn Lüer Wojtek (77) Terpitz, Jochen, Simmons & Simmons LLP (55) Uhle, Wilhelm, Rhenus Assets & Services GmbH & Co. KG (52) Velte, Dr. Rainer, Heuking Kühn Lüer Wojtek (77) von Bismarck, Prof. Alexandra, German Graduate School of Management and Law GGS (69) von Bronk, Georg, Hochtief Solutions AG (28) von Ilberg, Philipp, McDermoitt Will & Emery LLP (55) von Ruckteschell, Nicolai, BUJ (72) Weske, Dirk, Allianz Deutschland AG (30) Weiss, Dr. Heinrich (45) Werner, Dr. Folke, PricewaterhouseCoopers AG WPG (69) Windemuth, Philipp, Orrick Hölters & Elsing (45) Wirth, Dr. Gerhard, Gleiss Lutz (24) Wolf, Roland, Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände BDA (42) BILDNACHWEIS: Titel, 14, 21 Eva Kröcher / wikimedia (GNUund CC-Lizenz); Montage: Uwe Laube 06, 15 shutterstock / Eimantas Butaz 06, 29 mauritius-images / laughing-stock 07, 54, 55 plainpicture / Tom Maday 07, 58 Cinetext-Allstar-Lionsgate , Regisseur Sylvester Stallone bei den Dreharbeiten zu seinem Film „The Expendables“ (The Expendables, USA 2010, Regie: Sylvester Stallone), mit Kameramann Jeffrey L. Kimball (re.) 08 Aktion Plagiarius e.V. 17 shutterstock / Roman Sotola; Montage: Uwe Laube 18 fotolia / unpict 24, 25 dpa / INO / Malte Christians 32, 34 Fotolia / photobank kiev ua 33 wikipedia, facebook, skype, myspace, studiVZ, XING, technorati, vimeo, reddit, twitter 36 Fotolia / shoot4u 38 Fotolia / shoot4u; Montage: Uwe Laube 40 Fotolia / fotodo 44 veer / Nadezhda Bolotina 50 dhl-pressefoto 51 Fotolia / Sapsiwei 52 Fotolia / Julián Rovagnati 53 Deutsche Bahn / Tobias Heyer 64 imago / MIS 68 imago/PanoramiC 72 Matthias Lüdecke 81 Dorothee Mahnkopf URHEBERRECHTE: Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte sind vorbehalten. IMPRESSUM Erscheinungsort Bundesrepublik Deutschland, ISSN 2192-1733 Herausgeber: dfv association services gmbh Ein Beteiligungsunternehmen der Deutschen Fachverlag GmbH Mainzer Landstraße 251 60326 Frankfurt am Main Telefon: 0049 69 7595-3051 Telefax: 0049 69 7595-3064 Geschäftsführung: Dr. Michael Henning, Peter Schneider 82 Ausgabe 5/2012 Redaktion: Wolfgang Borgfeld, Peter Schneider (Ltg., V.i.S.d.P.) [email protected] www.unternehmensjurist.net Mitarbeiter dieser Ausgabe: Christian Gasche, Daniel Grosse, Frank Knabe, Angelika Knop, Karin Matussek, Thomas Münster, Bijan Peymani, Heidi Radvilas, Anke Stachow, Pia Weber, Frank Wiercks, Henning Zander Art-Direktor: Uwe Laube | Newsface Bildredaktion: Barbara Mehrl, Picture Research Lektorat: Thomas Leja Anzeigen: Katrin Kortmann Telefon 0049 6174 255 378 Bezugspreis Unternehmensjurist Inland: 6 Ausgaben – 90 Euro Ausland: 6 Ausgaben – 120 Euro Alle Preise verstehen sich inklusive Mehrwertsteuer und Versandkosten Abonnement: [email protected] Produktion: Printmedien-Services dfv Druck: W. Kohlhammer Druckerei GmbH & Co.KG Augsburger Straße 722 70329 Stuttgart