dauertest sram rival

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dauertest sram rival
DAUERTEST SRAM RIVAL
DIE
RIVALIN
Hat die Rival-Gruppe von SRAM das Zeug, der etablierten
Konkurrenz Paroli zu bieten? TOUR hat die Komponenten
nach 13.770 Kilometern Dauertest durchleuchtet
und unter die Lupe gelegt
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TOUR 7/ 2007
Das Dauertest-Rad:
Cannondales CAAD 5-Rahmen,
Ksyrium-Elite-Laufräder
von Mavic, die Komponenten
der Rival-Gruppe von SRAM
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DAUERTEST SRAM RIVAL
Dem Ende nah: Beide Kettenblätter präsentierten sich am Ende des
Tests austauschreif. Auch das Innenlager hatte Spiel
TEXT: MANUEL JEKEL
FOTOS: DANIEL KRAUS
Kaum noch als Zahnräder erkennbar: Die Leitrollen am Schaltwerk nach
knapp 14.000 Kilometern. Die Funktion war davon nicht beeinträchtigt
KURZ & KNAPP
Die Rival-Gruppe war über 13.770 Kilometer ein zuverlässiger Begleiter. Es mussten lediglich Verschleißteile
getauscht werden. Bremsen und Schaltung funktionierten dank robuster Mechanik und gedichteter Züge
gleichbleibend gut, Ritzel und Kette erwiesen sich als
haltbar. Kettenblätter, Innenlager und die Leitrollen
am Schaltwerk hingegen waren bei Testende verschlissen. Viele Schlechtwetterfahrten zu Beginn des Tests
ließen die Bremsbeläge schnell verschleißen. Gleichzeitig wurden die Felgenflanken stark abgeschliffen.
Ob das als Einzelfall zu werten ist, klärt TOUR in einer
der folgenden Ausgaben in einem Labortest.
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TOUR 7/ 2007
M
it der Rival-Gruppe hat der amerikanische Komponentenhersteller SRAM Großes vor. Sie soll
der mit Abstand meistverkauften Rennradgruppe der Welt, Shimanos Ultegra, den Rang streitig machen.
Das Ziel klingt ehrgeizig – aber andererseits haben die
Amerikaner mit ihren erfolgreichen Mountainbike-Komponenten, vor allem mit dem X0-Schaltwerk, längst bewiesen, dass sie Shimano Marktanteile abjagen können. Warum soll das nicht auch mit den Rennradgruppen gelingen?
Aus dem Stand punktet die Rival in einer wichtigen Disziplin gegen ihre japanische Konkurrentin: Sie wiegt ein
gutes Pfund – exakt 259 Gramm – weniger als die Ultegra.
Beachtlich für ein Erstlingswerk, und in der notorisch gewichtsfixierten Rennradwelt kein schwaches Argument.
Wichtiger ist allerdings, dass die Rival vom Start weg sehr
gut funktioniert. Bremsen und Schaltung stehen SRAMs
Top-Gruppe „Force“ in nichts nach. SRAMs Nummer
zwei profitiert von der engen technischen Verwandtschaft
zur Force, mit der sie sich das Innenleben der Bremsschalthebel, die Schmiedeteile der Bremsen, Teile des Schaltwerks, den Umwerfer, das Innenlager und die Zahnkranzkassette teilt. Der wesentliche Unterschied: Wo bei der
Force aus Gewichtsgründen Carbon, Titan und Magnesi-
um eingesetzt werden, finden sich bei der günstigeren Rival Aluminium oder Stahl.
Nun freuen sich Rennradler prinzipiell über jedes eingesparte Gramm. Doch sollte die Diät nicht zulasten von
Lebensdauer und Zuverlässigkeit gehen. Gerade in diesen
Disziplinen setzt die aktuelle, 2004 vorgestellte Ultegra
Maßstäbe. Kann die Rival da mithalten?
Um dies herauszufinden, übergaben wir Ende Oktober
2006 eine der ersten ausgelieferten Rival-Gruppen, montiert an einem Alu-Rahmen von Cannondale, für einen ersten Dauertest an den Wuppertaler Amateur-Rennfahrer
Achim Janke. Der 44-Jährige pendelt täglich mit dem
Rennrad zwischen seinem Wohnort und seiner Arbeitsstelle im linksrheinischen Düsseldorfer Stadtteil Heerdt. Eine
Strecke, die mit vielen Hügeln und Ampelstopps wie gemacht ist für einen Langzeittest.
Als das Testrad Anfang Mai nach sechs Monaten wieder
bei uns eintraf, konnten wir den Kilometerstand kaum
glauben. 13.770,5 Kilometer wies das penibel geführte
Fahrtenbuch aus, davon 4.500 Kilometer auf nassen Straßen. Und weil Janke das Rad vor dem Versand gründlich
geputzt hatte, waren die Spuren seines täglichen Einsatzes
auf Anhieb kaum erkennbar.
GUT GEDICHTETE ZÜGE
Der Vergleich von Bremsen und Schaltung mit einer
fabrikneuen Rival-Gruppe zeigte: Die Bedienkräfte waren
kaum höher als im Neuzustand, Schaltwerk und Umwerfer
funktionierten präzise wie am ersten Tag. Großen Anteil
daran haben die von SRAM empfohlenen, gedichteten
Bremszüge und Schaltzugaußenhüllen von Jagwire, die damit das gute Ergebnis in unserem letzten Bowdenzug-Test
in TOUR 12/03 bestätigen. Ausgetauscht oder zwischenzeitlich gewartet hatte Janke die Züge nicht. Auch die
Gelenke von Schaltwerk und Umwerfer zeigten sich spielfrei; optisch waren sie in gutem Zustand. Lediglich die
Leitrollen am Schaltwerk hatten den vielen Regenfahrten
erkennbar Tribut gezollt. Die Kunststoffzahnräder waren
kaum mehr als solche zu erkennen, ihre Kugellager drehten
Gib Gummi: Zweimal
mussten die Bremsbeläge
ausgewechselt werden
DAUERTEST SRAM RIVAL
TOUR-Tester Achim Janke über die Rival-Gruppe
in allem war ich
» Alles
mit der Rival-Gruppe sehr zufrieden.
Besonders imponiert mir, dass die
Schaltung über den
gesamten Zeitraum
sehr genau und
gleichbleibend gut
funktionierte. Auch
die Bremsgriffe liegen
gut in der Hand. Das
Innenlager dürfte
aber nach 14.000 Kilometern noch nicht
kaputt sein. Die Ultegra- und Campagnolo-Innenlager, die ich
kenne, halten deutlich
länger.
«
sich leicht unregelmäßig, was die Funktion aber nicht beeinträchtigte.
SCHWACHPUNKT TRETLAGER
Alles prima also? Die weitere Analyse offenbarte dann
doch einige Schwächen der Gruppe. In Jankes Fahrtenbuch
steht nach 8.561 Kilometern: „Rost-Fett-Gemisch aus linkem Innenlager an Kurbel runtergelaufen.“ Später notierte
er noch zunehmendes Spiel der Lager. Nach dem Öffnen
der Dichtungen zeigte sich: Beide Lagereinheiten liefen
trocken und rau und waren korrodiert. Auch beide Kettenblätter waren nach knapp 14.000 Kilometern am Ende.
Zähne spitz wie Haifischflossen würden bei weiterem Einsatz die Lebensdauer der Kette und damit auch der Kassette drastisch verkürzen. Nach Erfahrungen mit den Produkten der Mitbewerber ist das auf jeden Fall deutlich vor der
Zeit. Damit bleibt am Ende des Tests nur eine Empfehlung
für die rund 160 Euro teure Tretzentrale: austauschen.
Ein weiteres Manko der Testgruppe sind die Bremsen,
genauer die Beläge. Zweimal, nach 4.300 und 10.000 Kilometern, musste Janke die Beläge wechseln. Schon früh berichtete er, dass die harten Gummis nicht nur schnell verschleißen, sondern auch den Ksyrium-Elite-Felgen von
Mavic stark zusetzen – erkennbar am schmirgelnden
Bremsgeräusch und starkem Felgenabrieb. Dennoch waren
wir vom tatsächlichen Ausmaß der Zerstörung überrascht.
Die Schmirgel-Gummis hatten sich auf beiden Seiten der
Vorderradfelge zwischen 0,5 und 0,6 Millimeter tief ins
Material eingefräst. Ein Querschnitt durch die Felge offenbarte verbleibende hauchzarte 0,4 Millimeter Wandstärke
(Bild unten) an der dünnsten Stelle der Bremsf lanken –
eine tickende Zeitbombe. Jedes weitere Schlagloch hätte
Kilometer & Verschleiß
KILOMETER
4.290
4.641
5.425
8.561
9.614
10.202
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TOUR 7/ 2007
PROBLEM
Bremsbeläge hinten abgebremst
Kette springt auf 17er-Ritzel
Bremsbeläge vorne abgebremst
Fett-Rost-Gemisch tritt linksseitig
aus Tretlager aus
Kette beginnt zu springen;
Bremsbeläge vorne und hinten
abgebremst
Kette springt auf 17er-, 18erund 19er-Ritzel; zunehmendes
Spiel im Tretlager
MASSNAHME
neue Beläge montiert
neue Kette montiert
neue Beläge montiert
weiter gefahren
neue Kette und Beläge
montiert
neue Kassette montiert
Abgebremst: Viel fehlte nicht bis zum Kollaps der
Vorderrad-Felge aus Jankes Testrad
die Felgenhörner bersten und das Rad kollabieren lassen
können – eine haarsträubende Vorstellung.
Was die Bewertung des Verschleißverhaltens der Beläge
schwierig macht: Die 4.500 Kilometer auf nassen Straßen,
die Janke absolvierte, fallen überwiegend in der ersten
Hälfte des Tests. Im letzten Drittel des Tests war das Wetter durchgängig trocken und weniger verschleißfördernd.
Das zeigt sich deutlich an den Belägen, die zuletzt montiert
wurden. Sie waren nach 3.500 Kilometern viel weniger abgebremst als die älteren nach ähnlicher Laufzeit und blieben auch akustisch unauffällig. Nach eigener Aussage hat
SRAM die Belagmischung so optimiert, dass das Bremsverhalten bei Nässe und Trockenheit homogen ist. Ob diese Auslegung den horrenden Felgenverschleiß begünstigt
hat, werden wir in Kürze in einem Labortest klären.
Am Ende des 13.000-Kilometer-Tests steht die Erkenntnis: Bis die Rival-Gruppe durchgängig auf Ultegra-Niveau
ist, bleibt für SRAM noch einiges zu tun. Größte Baustelle
ist das Tretlager, das derzeit nicht an Shimanos 105-Tretlager heranreicht. Stolz dürfen die Amerikaner dagegen auf
ihr leichtes, robustes und präzises Schaltsystem sein. Hier
■
ist die Rival schon eine echte Rivalin.
SRAM Rival und direkte Konkurrenten im Gewichtsvergleich*
Bremsschalthebel
Bremsen
Umwerfer (f. Sockel)
Schaltwerk
Kurbelsatz**
Innenlager
Zahnkranzkassette***
Kette
Gesamtgewicht
Preis
Sram
Rival 2x10
340 Gramm
284 Gramm
88 Gramm
186 Gramm
709 Gramm
117 Gramm
240 Gramm
257 Gramm
2.221 Gramm
ca. 850 Euro
Shimano
Ultegra 2x10
493 Gramm
327 Gramm
89 Gramm
209 Gramm
735 Gramm
98 Gramm
249 Gramm
280 Gramm
2.480 Gramm
ca. 850 Euro
Shimano
105 2x10
493 Gramm
356 Gramm
88 Gramm
221 Gramm
760 Gramm
97 Gramm
249 Gramm
277 Gramm
2.541 Gramm
ca. 700 Euro
Campagnolo
Centaur 2x10
335 Gramm
336 Gramm
86 Gramm
226 Gramm
826 Gramm
55 Gramm
243 Gramm
266 Gramm
2.373 Gramm
ca. 700 Euro
Campagnolo
Veloce 2x10
351 Gramm
350 Gramm
93 Gramm
252 Gramm
838 Gramm
55 Gramm
250 Gramm
270 Gramm
2.459 Gramm
ca. 500 Euro
* Alle Gewichte wurden von TOUR ermittelt; ** 53/39 Z.; 172,5 mm; ***Rival 12-26 Zähne; Ultegra, 105 und Centaur 12-25 Zähne; Veloce 11-25 Zähne