Vorschlag zur Neugestaltung der Dienstgrade der Freiwilligen

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Vorschlag zur Neugestaltung der Dienstgrade der Freiwilligen
Vorschlag zur Neugestaltung der Dienstgrade der
Freiwilligen Feuerwehren Nordrhein-Westfalens im
Rahmen der Laufbahnverordnung
Steffen Peter, Hauke Speth
Feuerwehr Aachen, LZ Nord
5. März 2001
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Vorbemerkungen
Seit einiger Zeit wird in den nordrhein-westfälischen Feuerwehren über die geplante Einführung einer neuen Laufbahnverordnung diskutiert. Die konkreten Inhalte einer neuen Verordnung waren lange Zeit nicht allgemein bekannt, und es wurde über eine Vielzahl möglicher
Änderungen berichtet, die von der Einführung neuer Dienstgrade wie etwa dem Löschmeister
bis hin zu einer kompletten Neuorientierung der oberen Führungsebenen reichten. Mittlerweile
liegt der vom LFV-Ausschuß Verwaltung und Recht erarbeitete Abschlußentwurf einer neuen
LVO vor, der weitreichende Änderungen der LVO beinhaltet. Ein zentraler Punkt dabei ist die
angestrebte Trennung von Dienstgrad und Funktion, wobei im Gegensatz zur ebenfalls vieldiskutierten Einführung einer Funktionskennzeichnung im Einsatz im Wortlaut der LVO hierbei
nicht die Einsatzfunkion, sondern eine Position innerhalb der verwaltungsmäßigen Gliederung
einer Feuerwehr gemeint ist. Dadurch wird eine Neuordnung der Dienstränge erforderlich. Im
Rahmen dieser Diskussion sei das vorliegende Konzept als Diskussionsbeitrag zu verstehen.
Es sei angemerkt, daß von den vorliegenden Überlegungen lediglich § 12 (Dienstgrade) und
in direkter Folge auch § 13 (Dienstgradabzeichen) betroffen sind. Alle anderen Paragraphen
bleiben unberührt.
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Lagebeurteilung und Motivation
Das bestehende Konzept der Dienstgrade der Freiwilligen Feuerwehren des Landes NRW erfüllt
in seiner derzeitigen Ausführung weder die Aufgabe der genauen Qualifikationskenzeichnung
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noch die Aufgabe der Vergleichbarkeit mit den Diensträngen der Berufsfeuerwehr. Darüberhinaus zeigen sich im Vergleich mit den Dienstgradkonzepten anderer Bundesländer einige Inkonsistenzen. Ebenso ist es aufgrund der Vielzahl von bereits bestehenden Diensträngen ohne
ein zugrundeliegendes klares Konzept bereits zum jetzigen Zeitpunkt bei weitem nicht für alle
Kameraden möglich, jedes auftretende Dienstrangabzeichen sauber einzuordnen und die dahinterstehende Person zu klassifizieren. Zu diesen Punkten seien im folgenden einige konkrete
Beispiele angeführt:
Es ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, nur durch den Blick auf den Dienstrang eines Kameraden sofort und eineindeutig dessen fachliche Befähigung zu erkennen. So ist
z. B. der Dienstgrad Hauptbrandmeister zwar grundsätzlich mit der Qualifikation F IV
verbunden, jedoch sind die möglichen drei Dienstgradabzeichen farblich nicht konsistent
und lassen den Schluß zu, daß der HBM 4 (rot-silber) zur Dienstgradgruppe der Gruppenführer mit F-III-Lehrgang gehört.
Der Dienstgrad Oberbrandmeister 3 der FF entspricht optisch genau dem Dienstgrad
Hauptbrandmeister der BF, obwohl beide über Gruppenführerqualifikation verfügen.
Der Dienstgrad Unterbrandmeister ist außerhalb von Nordrhein-Westfalen in keinem anderen Bundesland bekannt und verleitet allein aufgrund der Bezeichnung ...brandmeister zu der Annahme, daß es sich dabei um einen Führungsdienstgrad handelt, was dem
Grundgedanken einer klaren Strukturierung der Dienstgrade nicht zuträglich ist.
Innerhalb jeder Dienstgradgruppe existieren für ein und dieselbe Dienstgradbezeichnung
verschiedene Dienstgradabzeichen (z. B. UBM, OBM, HBM, Gem/StBM).
Verwaltungstechnische Funktionen – teils ohne einsatztechnische Relevanz – dienen gleichzeitig als Dienstgradbezeichnungen, z. B. Gem/StBM, KBM, BBM oder die zugehörigen Stellvertreter-Dienstränge. Leider enthält auch der aktuelle Entwurf des LFV vom
20.08.2000 diese Dienstgrade, womit dem zugrundeliegenden Gedanken einer Trennung
von Qualifikation und Funktion widersprochen wird.
Daher erscheint es sinnvoll, diese Unstimmigkeiten im Rahmen der Einführung der neuen Laufbahnverordnung für die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr zu beheben.
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Grundkonzept
Die in unseren Augen sinnvollste Annäherung an den Begriff des Dienstranges besteht darin,
ihn als Beschreibungsmerkmal für seinen Träger zu betrachten. Ein Dienstrang soll also eine
Person in die Lage versetzen, auch ohne persönliche Kenntnis des betreffenden Kameraden mit
einem Blick dessen für die Feuerwehr wichtigen Eigenschaften erfassen zu können, wobei die
im Sinne des Feuerwehrdienstes einzig relevante Eigenschaft die fachliche Qualifikation darstellt.
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Die Aufgabe eines Dienstranges besteht also darin, kurz und prägnant eine Aussage über die
fachliche Qualifikation seines Trägers zu treffen.
Aus diesem Grund ist es notwendig, Dienstränge grundsätzlich an der Qualifikation des betreffenden Kameraden festzumachen.
Eine bestimmte Qualifikation wird durch Lehrgänge erreicht, wobei lediglich TM 1, TM 2, TF,
F III, F IV und F V von einsatztaktischem Interesse sind. Anhand dieser Lehrgänge bzw. Qualifikationsstufen ergeben sich die folgenden Dienstgradgruppen:
Manschaftsdienstgrade (TM 1, TM 2, TF)
Gruppenführerdienstgrade (F III)
Zugführerdienstgrade (F IV)
Verbandsführerdienstgrade (F V)
In diesem Zusammenhang bietet sich eine optische Einheitlichkeit der Dienstgradabzeichen
innerhalb der jeweiligen Gruppe an. Darüberhinaus sollten die Bezeichnungen für die Dienstgrade so gewählt sein, daß auch eine sprachliche Einheitlichkeit gegeben ist.
Ein weiterer Aspekt von Diensträngen ist die Erfahrung der betreffenden Einsatzkräfte. So sollte auch der über längere Zeit im Einsatzdienst und durch Fortbildungen erworbenen Kompetenz
durch mögliche Beförderungen Rechnung getragen werden. Daher erscheint es angebracht,
Zwischendienstränge zu definieren, welche eine zusätzliche Motivation darstellen, aber nicht
mit dem Erwerb einer lehrgangsmäßigen Qualifikation verbunden sind.
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Konkrete Ausgestaltung
Anhand des vorgestellten Grundkonzeptes bietet sich die folgende konkrete Ausgestaltung der
Paragraphen 12 und 13 an. Die Zugehörigkeit der Dienstgrade zu den o. g. Dienstgradgruppen
ist in diesem Konzept klar und eindeutig durch die sprachlichen Bezeichnungen ...feuerwehrmann für die Mannschaftsebene, ...brandmeister für die Gruppenführerebene, ...brandinspektor
für die Zugführerebene und ...brandrat für die Verbandsführerebene gegeben. Darüberhinaus
ermöglicht die farbliche Gestaltung in rot für die Manschaftsdienstgrade, rot-silber für die Gruppenführerdienstgrade, silber für die Zugführerdienstgrade, sowie gold für die Verbandsführerdienstgrade eine ebenso klare Zuordnung.
Konsequenterweise fehlen Dienstränge wie etwa Gemeinde-, Stadt-, Kreis- oder Bezirksbrandmeister, da diese keine bestimmte einsatztaktische Qualifikation, sondern nur eine Funktion
beschreiben. Es wäre also bspw. durchaus möglich, daß in einem Löschzug mehr als ein Brandinspektor vorhanden ist, wobei jedoch nur einer als Einheitsführer fungiert. Derartige Funktionen müßten folglich anderweitig gekennzeichnet werden. Im Rahmen des Abschlußentwurfes
des Ausschusses Verwaltung und Recht werden dazu in § 18 Funktionsabzeichen vorgestellt.
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§ 12 Dienstgrade
Es werden ernannt zur/zum:
Dienstgradgruppe
Nr.
Mannschaftsdienstgrade
Gruppenführerdienstgrade
Dienstgrad
zugehörige Qualifikation
1
Feuerwehrmann/frauAnwärter/in
wer in die Feuerwehr eintritt
2
Feuerwehrmann/frau
wer am Lehrgang TM 1 mit Erfolg teilgenommen hat
3
Oberfeuerwehrmann/frau
wer am Lehrgang TM 2 mit Erfolg teilgenommen hat
4.a
Hauptfeuerwehrmann/frau
wer am Lehrgang TF mit Erfolg teilgenommen hat
4.b
Erste/r
Hauptfeuerwehrmann/frau
wer mindestens fünf Jahre Hauptfeuerwehrmann/frau war und sich regelmäßig
am Dienst beteiligt hat.
5.a
Brandmeister/in
wer den Lehrgang F III am Institut der
Feuerwehr mit Erfolg bestanden hat
Oberbrandmeister/in
wer mindestens zwei Jahre Brandmeister/in war und sich regelmäßig am
Dienst und an Fortbildungsveranstaltungen beteiligt hat
Hauptbrandmeister/in
wer mindestens fünf Jahre Oberbrandmeister/in war und sich regelmäßig am
Dienst und an Fortbildungsveranstaltungen beteiligt hat
5.b
5.c
4
Dienstgradgruppe
Nr.
Dienstgrad
zugehörige Qualifikation
Zugführerdienstgrade
6.a
Brandinspektor/in
wer den Lehrgang F IV am Institut der
Feuerwehr bestanden hat
Oberbrandinspektor/in
wer mindestens zwei Jahre Brandinspektor/in war und sich regelmäßig am
Dienst und an Fortbildungsveranstaltungen beteiligt hat
6.c
Hauptbrandinspektor/in
wer mindestens fünf Jahre Oberbrandinsepektor/in war und sich regelmäßig am
Dienst und an Fortbildungsveranstaltungen beteiligt hat
7.a
Brandrat/rätin
wer den Lehrgang FB V am Institut der
Feuerwehr bestanden hat
Oberbrandrat/rätin
wer mindestens zwei Jahre Brandrat/rätin war und sich regelmäßig am
Dienst und an Fortbildungsveranstaltungen beteiligt hat
Hauptbrandrat/rätin
wer mindestens fünf Jahre Oberbrandrat/rätin war und sich regelmäßig
am Dienst und an Fortbildungsveranstaltungen beteiligt hat
6.b
Verbandsführerdienstgrade
7.b
7.c
Tabelle 1: Vorschlag zu § 12 der LVO-FF NRW
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§ 13 Dienstgradabzeichen
(1) Dienstgradabzeichen werden auf dem linken Unterarm des Dienstmantels getragen. Sie
können auch als Schulterstücke auf Diensthemden und Feuerwehrpullovern getragen werden.
(2) Folgende Dienstgradabzeichen sind zu verwenden:
Dienstgradgruppe
Mannschaftsdienstgrade
Gruppenführerdienstgrade
Nr.
Dienstgrad
1
Feuerwehrmann/frauAnwärter/in
2
Feuerwehrmann/frau
3
Oberfeuerwehrmann/frau
4.a
Hauptfeuerwehrmann/frau
4.b
Erste/r
Hauptfeuerwehrmann/frau
5.a
Brandmeister/in
5.b
Oberbrandmeister/in
5.c
Hauptbrandmeister/in
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Kennzeichnung
Dienstgradgruppe
Nr.
Dienstgrad
Zugführerdienstgrade
6.a
Brandinspektor/in
6.b
Oberbrandinspektor/in
6.c
Hauptbrandinspektor/in
7.a
Brandrat/rätin
7.b
Oberbrandrat/rätin
7.c
Hauptbrandrat/rätin
Verbandsführerdienstgrade
Kennzeichnung
Tabelle 2: Vorschlag zu § 13 der LVO-FF NRW
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Die Idee von zusätzlichen, zeitlich orientierten Dienstgraden stellt keine Abkehr vom genannten Konzept einer exakten Qualifikationszuordnung dar, da z. B. auch eine mehrjährige Tätigkeit als Gruppenführer im Allgemeinen einen gewissen Erfahrungsgewinn und somit fachliche
Qualifikation impliziert. Gleichzeitig wird jedoch bei diesen Dienstgraden durch den fehlenden
Farbwechsel symbolisiert, daß sie nicht durch zusätzliche Ausbildungen bzw. Lehrgänge erzielt
wurden.
Die im vorliegenden Konzept eingeführte Bezeichnung Erster Hauptfeuerwehrmann ist als Diskussionsgrundlage zu verstehen. Im Zuge der angestrebten Übersichtlichkeit sollte aber in jedem Falle eine von ...feuerwehrmann abgeleitete Bezeichnung gewählt werden.
Die Einführung eines weiteren Dienstgrades zwischen Truppmann und Truppführer lediglich
mit der Anforderung eines bestandenen TM 1-Lehrganges und einer regelmäßigen Dienstteilnahme über einen bestimmten Zeitraum hinweg, wie dies im aktuellen Entwurf des Ausschusses Verwaltung und Recht beim Dienstgrad Hauptfeuerwehrmann der Fall ist, ist in unseren
Augen nicht sinnvoll. Unserer Meinung nach ist stattdessen ein weiterer zeitlich abgegrenzter Dienstgrad auf der Ebene der Truppführer angebrachter, da für diese andernfalls nur die
Aufstiegsmöglichkeit über einen Besuch des F-III-Lehrganges in Frage käme. Dem Truppmann hingegen steht die erfahrungsgemäß aufgrund der Natur des Lehrganges (Durchführung
auf Stadt- bzw. Kreisebene) deutlich einfacher wahrnehmbare Möglichkeit zum Erwerb einer
Truppführerqualifikation offen. Auch ist erst mit Erreichen dieser Qualifikation die höchstmögliche Qualifikation innerhalb der Dienstgradgruppe der Mannschaften erreicht, so daß davor
noch keine Notwendigkeit eines Motivationsdienstgrades besteht.
Innerhalb dieses Konzeptes sollte bei Erreichen einer bestimmten Qualifikation, also dem erfolgreichem Abschluß des zugehörigen Lehrganges, eine Beförderung in den damit verbundenen Dienstgrad erfolgen. Dabei ist das Überspringen zeitabhängig definierter Dienstgrade
naturgemäß nicht nur möglich, sondern als notwendig anzusehen. Die Gefahr eines unangemessen schnellen Aufstieges ohne die Möglichkeit eines vorherigen Erfahrungsgewinnes besteht aufgrund der Zugangsvoraussetzungen zu den Qualifikationslehrgängen nicht. Die exakte
Festlegung dieser Zeiten sollte jedoch nicht Aufgabe der Laufbahnverordnung sein.
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Schlußbetrachtung
Die Abkehr von im Laufe der Jahre liebgewonnen Strukturen und Dienstgraden mag auf den
ersten Blick befremdlich erscheinen. In unseren Augen bietet das vorgestellte Konzept aber eine
Kombination von größtmöglicher Klarheit im Sinne des dem LVO-Entwurf zugrundeliegenden
Gedankens der Trennung von Qualifikation und Funktion und ermöglicht es somit, die eingangs
beschriebenen Unstimmigkeiten auszuräumen. Andererseits eröffnet es aber auch die Freiheit
für eine individuelle Bewertung von erbrachter Leistung und gewonnener Erfahrung.
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