WS 2010/2011 - EMR der RWTH

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WS 2010/2011 - EMR der RWTH
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Lehrstuhl für Geologie, Geochemie und Lagerstätten des Erdöls und der Kohle (LEK)
Veredelung und Handel fossiler Energieträger
Ergebnisbericht der Studieneinheit vom WS 2010/2011
Autoren:
Johannes Böcker
Christian Schütz
Ben Laurich
Ruth Moschet
Stefan Pietralla
Patrick Friedrichs
Simon Baer
Betreuer:
B.M. Krooß, B. Plüschke
ii
KAPITELÜBERSICHT
I
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
II
Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas: Von der
Förderbohrung
in
den
Tanker,
Entschwefelung,
Phasentrennung; Raffinerietechnik und – kapazitäten
Christian Schütz
III
Entwicklungen der Kokereiindustrie: Technologische und
wirtschaftliche Betrachtungen
Ben Laurich
IV
LNG – Technologie
Ruth Moschet
V
Nichtkonventionelles Erdöl und Erdgas: Exploration und
Produktion
Stefan Pietralla
VI
Handel, Märkte, Preisbildung
Patrick Friedrichs
VII
Gasification
Simon Baer
iii
iv
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
I. Transport
und
Rohstoffströme:
Johannes Böcker
Erdöl,
Erdgas,
Kohle
Johannes Böcker
Das vorliegende Kapitel gibt eine Übersicht über die weltweite Verteilung von
Kohlenwasserstoffressourcen.
Anschließend werden für die Energierohstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle die
Förder- und Verbrauchdaten sowie die Handelswege dargestellt.
I-1
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
I.1. Einleitung
Die nicht-erneuerbaren, fossilen Energierohstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle,
sowie die Kernbrennstoffe Uran und Thorium, bilden zusammen mit einem
Anteil von 87 % am Primärenergieverbrauch 2006 das Rückgrat der WeltEnergieversorgung, ohne Kernbrennstoffe 81 % [IEA, 2008].
Der Energierohstoff mit der größten geologischen Verfügbarkeit ist Kohle.
Weichbraun- und Hartkohle zusammen verfügen von allen nicht-erneuerbaren
Energierohstoffen mit rund 55 % (722 Mrd. t SKE) an den Reserven und rund
76 % (14.866 Mrd. t SKE) an den Ressourcen über das größte Potenzial.
Dieses reicht aus um den absehbaren Bedarf für viele Jahrzehnte zu decken.
Kohle rangiert unter den nicht-erneuerbaren Energierohstoffen mit einem
weltweiten Primärenergieverbrauch-Anteil von rund 30 % (Hartkohle 28 %,
Weichbraunkohle rund 2 %) bezüglich des Verbrauchs nach Erdöl auf Platz
zwei. Bei der weltweiten brutto Stromerzeugung 2006 war Kohle mit einem
Anteil von 40 % (7620 TWh) der wichtigste Energierohstoff [IEA, 2008].
Aufgrund des massenhaften Vorkommens und der weltweiten Verbreitung gilt
Kohle
als
wichtigster
Energierohstoff
im
Hinblick
auf
die
Versorgungssicherheit.
Erdgas verfügt über ein ausreichendes Potenzial, um in den nächsten
Jahrzehnten die Rolle einer Brückenenergie hin zu erneuerbaren Energien zu
leisten. Die konventionellen Erdgasreserven weisen eine starke regionale
Konzentration auf. So verfügen die drei führenden erdgasreichsten Länder
Russland, Iran und Katar über mehr als die Hälfte der Reserven. Nachteilig im
Vergleich zu Erdöl und Kohle sind die hohen spezifischen Transportkosten
von Erdgas. Nicht-konventionelles Erdgas, insbesondere Erdgas aus dichten
Gesteinen und Kohleflözgas, wird künftig eine größere Rolle bei der Deckung
des Erdgasbedarfs spielen.
Der wichtigste Energierohstoff ist Erdöl und wird es in naher Zukunft auch
bleiben. Ausgehend vom gegenwärtigen Erschöpfungsgrad der Reserven
wird konventionelles Erdöl allerdings in absehbarer Zeit nicht mehr im
bisherigen
Maße
zur
Verfügung
stehen.
Unter
den
gegebenen
Rahmenbedingungen des Erdölmarktes wird bei einer optimalen Nutzung der
Reserven und Ressourcen das globale Maximum der Förderung von
I-2
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
konventionellem
Erdöl
um
2020
erreicht
Johannes Böcker
werden
und
die
künftige
Erdölförderung wird einen Wert von 4,7 Gt pro Jahr nicht überschreiten [BGR,
2009]. Wie bei Erdgas konzentrieren sich die verbleibenden Reserven
zunehmend auf die „Strategische Ellipse“(vom Nahen Osten über den
Kaspischen Raum bis in den Norden Russlands). Zusätzliches Erdöl- und
Erdgaspotenzial
wird
in
den
Frontiergebieten
der
Arktis
und
der
Tiefwasserbereiche der Kontinentränder erwartet. Die kritische Situation von
Erdöl wird auch deutlich aus dem Überblick von Reserven und Ressourcen
der fossilen Energierohstoffe (Abb.1). Während Kohle das bei weitem größte
Potenzial hat, zeichnet sich auch für Erdgas ein noch entspanntes Bild ab.
Erdöl ist der Energierohstoff der Erde, dessen Vorräte am weitesten erschöpft
sind.
Abbildung 1: Angebotssituation fossiler Energierohstoffe 2008 [BGR, 2009 mit
Daten aus IEA; 2008b]
I-3
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Abbildung 2: Importabhängigkeit und Selbstversorgungsgrad Deutschlands
bei Primärenergieträgern 1999-2009 [BGR, 2010]
In Deutschland liegt besonders bei Erdöl der Selbstversorgungsgrad bei unter
3 %, so dass hier eine große Importabhängigkeit vorhanden ist. Aber auch
Erdgas wird zu 84 % und Steinkohle zu 72 % wird in Deutschland importiert.
Bei
Erdgas
zeigt
sich
ein
steigender
Bedarf
und
nachlassende
Eigenförderung, bei Kohle ein geringer Verbrauch und stark erhöhte Importe
bzw. erhöhte Importabhängigkeit, durch die Schließung deutscher Zechen
und
des
für
2018
Steinkohleförderung.
geplanten
Der
Ausstiegs
aus
der
subventionierten
Selbst-versorgungsgrad
von
Braunkohle
lag
hingegen bei nahezu 100 % in den vergangenen 10 Jahren (vgl. Abb.2).
I.2.
Kohlenwasserstoffreserven nach politischen
Gruppierungen
Die Energierohstoffe sind als natürliche Rohstoffe weltweit verbreitet und
kommen in großen Mengen und in vielfältiger Form in der Erdkruste vor. Eine
besondere
I-4
Dominanz
der
künftigen
konventionellen
Erdöl-
und
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Erdgasförderung zeigt sich bei der OPEC 1 , dreiviertel der Erdölreserven und
die Hälfte der Erdgasreserven fällt auf diese Staaten, insbesondere auf die
Staaten der Golf-Region (vgl. Abb.3).
Abbildung 3: Verteilung der Reserven von konventionellem Erdöl und Erdgas
2007 nach wirtschaftspolitischen Gruppierungen [BGR, 2009]
1
Organisation erdölexportierender Länder; OPEC-Mitgliedsstaaten: Algerien, Angola, Ecuador, Irak, Iran, Katar,
Kuwait, Libyen, Nigeria, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Venezuela
I-5
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
I.3. Transport der Energierohstoffe Erdöl und Erdgas
Die ersten Erdöl- und Erdgaspipelines wurden Ende des 19. Jahrhunderts
errichtet. Seitdem wurden weltweit über 1,5 Mio. km Hochdruck-TemperaturPipelines
(ohne
Wasserpipelines
und
Niedrigdruck-Verteilungs-Pipelines)
konstruiert, diese Zahl soll sich bis 2030 verdoppeln [CALLAN, 2008]. Der
Pipelinetransport stellt hierbei die sicherste und wirtschaftlichste Methode zum
Transport von flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffen. Durch einen
riesigen, grenzüberschreitenden Verbund von Pipelines strömt Erdgas und Erdöl
aus
Quellen
in
Russland,
Norwegen,
den
Niederlanden,
Dänemark,
Großbritannien, Nordafrika und dem Nahen Osten zu den Verbrauchern in
Europa. Mit 45.000 km sind diese Hochdruckleitungen allein in Deutschland etwa
so lang wie der Erdumfang [RWE, 2007]. Durch insgesamt 360.000 km
Gasleitungen strömt Erdgas in Deutschland bis zu den Endverbraucher
[GAZPROM, 2010].
I.3.1. Erdöl
Erdöl, ein Sammelbegriff für ein natürlich vorkommendes, flüssiges Gemisch aus
Kohlenwasserstoffen, ist in seiner chemischen Zusammensetzung und den
physikalischen Eigenschaften stark variabel. Frisch gefördertes Rohöl ist dünnbis zähflüssig, strohfarbig bis schwarzbraun und hat meist eine Dichte zwischen
0,78 und 1,0 g/cm³. Dichte, Viskosität und Stockpunkt sind wichtige physikalische
Eigenschaften zur Charakterisierung des Erdöls. Erdöl ist je nach Herkunft
geochemisch unterschiedlich zusammengesetzt. Es enthält flüssige, aber auch
gelöste gasförmige und feste Kohlenwasserstoffe, darunter Alkane (Paraffine),
Zykloalkane (Naphthene) und Aromate. Darüber hinaus enthält Erdöl 0,1 bis 7 %
Schwefel gebunden an Molekültypen wie Thiole, Thiophene und heterozyklische
Verbindungen,
ferner
Stickstoffverbindungen,
Naphthensäuren
sowie
hochmolekulare kolloidale Stoffe, in denen auch Spuren von Metallen wie Nickel
und Vanadium gebunden sein können [BGR, 2009].
I-6
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Nach der Abscheidung (Abtrennung) von Gas und Salzwasser kann das Öl dann
durch Pipelines in benachbarte Verarbeitungsanlagen oder zum Weitertransport
nach Verschiffungshäfen fließen.
Ende 2008 wurde von der BGR ein Gesamtpotenzial an konventionellem Erdöl in
Höhe von 419 Gt ausgewiesen [BGR, 2010]. Seit Ende der 1980er Jahre
schwanken die publizierten Schätzungen für das Gesamtpotenzial zwischen 300
und 500 Gt mit den Mittelwert um 400 Gt. Bezogen auf die wirtschaftspolitischen
Gruppierungen entfällt auf die OPEC mit etwa 210 Gt über 52 % des
Gesamtpotenzials, wobei hier erst gut ein Viertel des Erdöls gefördert ist. Die
OECD-Staaten erreichen nur 79 Gt, von denen bereits fast 63 % gefördert sind.
Hohe Zuwächse beim Gesamtpotential haben sich seit 2003 für den Nahen
Osten ergeben mit zusätzlich 12,2 Gt, die GUS mit plus 8,0 Gt, Afrika plus 6,9
Gt, Lateinamerika plus 5,2 Gt und Nordamerika plus 5,0 Gt sowie in geringerem
Umfang für Austral-Asien und Europa mit zusätzlich 1,9 bzw. 1,2 Gt [BGR, 2009].
Abbildung 4: Gesamtpotenzial konventionelles Erdöl nach Regionen 2009 (419
Gt) [BGR, 2010]
Von den Erdölreserven entfallen etwa 41 Gt (26 %) auf offshore-Gebiete [BGR,
2009; S.37]. Von diesen offshore-Reserven lagern 11 Gt in Tiefwasserbereichen
mit Wassertiefen größer 500 m. Die offshore-Reserven überwiegen in Europa
I-7
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
und Austral-Asien. Die höchsten offshore-Reserven besitzt der Nahe Osten. Seit
2006 stammen etwa 50 % aller neu gefundenen Reserven aus dem Tiefwasser
[BGR, 2010].
I.3.1.1.
Aktuelle Erdölförderung
Im Jahre 2009 wurden weltweit 3809,5 Mt Erdöl gefördert (minus 2,5 %), 2008
waren es 3934,7 Mt [BGR, 2010]. Die bedeutendsten Förderländer 2009 waren
Russland (493,7 Mt), Saudi-Arabien (459,5 Mt), die USA (325,3 Mt), Iran (202,4
Mt) und die Volksrepublik China (189,0 Mt). Diese fünf Länder hatten 2009
zusammen 43,8 % an der Welterdölförderung [BGR 2010]. In Europa befinden
sich große Fördergebiete in Norwegen und Großbritannien.
Tabelle 1: Aktuelle Erdölförderung [BGR, 2010; BGR, 2009; BGR, 2009 b]
Rang(2009)
Land
1. Russland
515,9 323,3 491,3 488,5 493,7
13,0
13,0
2. Saudi-Arabien 342,6 456,3 494,2 515,3 459,5
12,1
24,9
3. USA
416,6 352,6 309,8 304,9 325,3
8,5
33,6
4. Iran
162,8 189,4 209,7 209,9 202,4
5,3
38,9
5. China
138,3 162,6 186,7 195,1 189,0
5,0
43,8
6. Kanada
92,6 126,9 159,5 157,7 155,7
4,1
47,9
7. Mexiko
146,3 171,2 172,7 157,7 130,1
3,4
51,3
8. Venezuela
115,9 167,3 133,9 131,5 124,8
3,3
54,6
9. Irak
105,3 128,8 105,2 119,3 121,8
3,2
57,8
46,8 109,1 129,9 137,2 121,3
3,2
61,0
107,5 123,1 135,1 137,3 120,6
3,2
64,2
12. Norwegen
82,1 160,2 118,6 114,1 115,5
3,0
67,2
13. Brasilien
32,3
2,6
69,8
14. Nigeria
91,6 105,4 112,1 103,1
99,1
2,6
72,4
15. Angola
23,4
87,4
2,3
76,8
10. Kuwait
11. VAE
I-8
1990 2000 2007 2008 2009 Anteil in % 2009 kumuliert
63,2
36,9
90,4
82,5
93,9 100,4
92,2
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Veränderungen gegenüber 2000 gab es auch in der Rangfolge der zehn
wichtigsten Förderländer. Russland, 2009 Spitzenreiter, stand im Jahr 2000 noch
an 3. Stelle der Erdölförderer. Norwegen und Großbritannien schieden aus den
Top 10 aus. Unter den zehn größten Förderländern sind 2009 fünf OPECStaaten vertreten. Die deutsche Erdölproduktion lag 2009 mit 2,8 Mio. t um 8 %
unter Vorjahresniveau [WEG, 2009].
Nach wirtschaftspolitischen Gruppen entfallen auf die OPEC 40 % der
Weltförderung, davon 28 % auf die Golfstaaten der OPEC, auf die OECD 28 %
mit nur 4 % auf die EU. Längerfristig dürfte der Anteil der OPEC an der
Erdölförderung künftig weiter zunehmen. Die IEA (2008) erwartet für 2030, dass
51 % des Erdöls in der OPEC produziert werden. Nach einer BGR-Projektion
könnte „die Erdölförderung weltweit bis etwa 2035 gesteigert werden. In dieser
als optimistisch anzusehenden Projektion kann die globale Erdölförderung etwa
4,5 Gt/a erreichen“ [BGR, 2010; S. 19].
I.3.1.2.
Aktueller globaler Erdölverbrauch
Der globale Mineralölverbrauch erhöhte sich 2007 gegenüber 2001 um rund 460
Mt und erreichte mit ca. 3,95 Gt einen historischen Höhepunkt. 2008 und 2009
sank der Welterdölverbrauch, insbesondere im Zuge der Finanzkrise und
Wirtschaftskrise, wieder leicht, 2009 um knapp 25 Mt gegenüber 2008 auf 3884
Mt [BGR 2010]. Nach regionalen Ländergruppen zeigt der Verbrauch dabei eine
sehr ungleichmäßige Verteilung. Während die OECD-Länder mit 2,2 Gt gut 56 %
des Mineralöls verbrauchen, entfallen auf die OPEC-Staaten nur gut 9 %. Die
verbrauchsstärksten Regionen sind Austral-Asien, gefolgt von Nordamerika und
Europa (siehe Abb.5).
I-9
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Abbildung 5: Erdölförderung und Mineralölverbrauch 2007 nach Regionen [BGR,
2009]
I.3.1.3.
Erdöltransport und Handel
Ausschlaggebend für den Erdöltransport und die Handelsströme ist die Disparität
zwischen den Hauptförderregionen und den wichtigsten Verbraucherregionen
(vgl. Abb. 5). Folge ist, dass Rohöl weltweit gehandelt wird.
I-10
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Abbildung 6: Rohöleinfuhren Deutschlands [MWV, 2006]
So
wurden
von
dem
2009
geförderten
Erdöl
etwa
zwei
Drittel
grenzüberschreitend per Tanker oder Pipeline transportiert und gehandelt.
Kleinere Mengen wurden auch mit der Eisenbahn befördert. Weltweit wurden
2009 insgesamt 2.046 Mt Rohöl exportiert, gut 90 Mt weniger als im Vorjahr,
während die Importe um 70 Mt zunahmen. Die Rohölimporte Deutschlands
gingen um 7 Mt (minus 4,4 %) auf 98,1 Mt zurück [BGR, 2010]. In Deutschland
wird Erdöl aus verschiedenen Ländern importiert, wie aus Abb. 6 ersichtlich ist.
Die wichtigsten Exportregionen weltweit waren 2009 der Nahe Osten mit ca. 37,6
% der Exporte, die GUS mit 17,5 % und Afrika mit 17,3 % [BGR, 2010] (vgl.
Abb.7). Die führenden Erdölexportländer 2009 waren: Saudi-Arabien (313,4 Mt),
Russland (247,4 Mt), Iran (111,6 Mt), Nigeria (108,0 Mt), die Vereinigten
Arabischen Emirate (97,7 Mt), Kanada (97,1 Mt), Irak (95,3 Mt) und Norwegen
(94,4 Mt). Auf die vier führenden Importländer USA, Japan, VR China und
Südkorea entfiel fast die Hälfte der weltweiten Importe [BGR, 2010].
I-11
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Abbildung 7: Welterdölhandel (Rohöl und Erdölprodukte) 2007 in Mt [BGR, 2009
- nach BP, 2008 ohne Berücksichtigung des Transportes innerhalb der
Regionen. (Import- und Exportwerte wurden aus IEA (2008a), BP (2008), OPEC
Annual Statistical Bulletin 2007 sowie nationale Angaben ermittelt.)]
Erdöl kann grundsätzlich in zwei verschiedenen Methoden transportiert werden:
o Transport in Behältern (Tanks per Straße Schiene Schiff)
o und die zweitens per Pipeline.
Moderne
Hochseetanker
haben
ein
Kammersystem,
zur
leichteren
Partitionierung der Ladung. Hochseetanker werden in Tanker für dunkle und
helle Ladungen eingeteilt: Helle Ladungen sind Benzin, Dieselöl, Petroleum,
Kerosin, usw., dunkle sind Rohöl, Heizöl, etc. Öltanker, die den europäischen
Markt mit Rohöl aus den erdölfördernden Ländern versorgen, haben fast immer
eine Größe von über 100.000 Bruttoregistertonnen. Rohöl wird im beheizten
Zustand geladen und wird während der gesamten Seereise weiterhin beheizt, um
im Löschhafen abgepumpt werden zu können [Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt
e.V, 2010]. Zur Beheizung der Ladung sind daher ausreichend dimensionierte
Kesselanlagen an Bord installiert. Der größte jemals gebaute Öltanker, die
I-12
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
„Jahre Viking“ (später umbenannt in "Knock Nevis"), konnte 652 Millionen Liter
Rohöl laden (2010 abgewrackt).
Erdöl wird in der Binnenschifffahrt kaum transportiert und spielt nur eine
untergeordnete Rolle. Der größte Binnentanker kann bis zu 9900 Tonnen
transportieren, noch größere sind im Bau.
Da Geschwindigkeit beim Transport von Erdöl nicht so wichtig ist, sind Öltanker,
meist schwerölbetriebenen, mit etwa 15 Knoten (28 km/h) relativ langsame
Schiffe [Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt e.V, 2010]. Wichtige Tankerrouten
verlaufen vom Nahen Osten v. a. nach Japan und den USA. Von Westafrika
werden Westeuropa und die USA beliefert und von Nordafrika v. a. Westeuropa
(vgl. Abb. 7).
Der Transport des Erdöls erfolgt innerhalb der Kontinente meist durch Pipelines.
Zu den wichtigsten Pipelinesystemen gehören die Trans-Alaska-Pipeline in den
USA, die europäische Transalpine Ölleitung (TAL), die Nord-West-Ölleitung
(NWO) und die Mitteleuropäische Rohölleitung (MERO). Sie versorgen auch den
Nordwesten
und
Süden
Deutschlands
mit
Rohöl.
Die
Raffinerien
in
Ostdeutschland werden von der russischen Ölleitung Drushba (russisch:
Freundschaft) versorgt.
Pipelines
verbinden
vorrangig
Seehäfen
mit
Rohölanlandung
(z.
B.
Wilhelmshaven, Rotterdam, Triest) mit den Raffinerien im Binnenland. In
Deutschland werden so alle 15 Raffineriestandorte versorgt. Das Rohöl wird dort
in Tanks mit Volumina bis 100.000 m³ zwischengelagert und dann auf Abruf über
Pipelines zu den Raffinerien transportiert [MWV, 2006]. Bei Erdöl beträgt die
Transportgeschwindigkeit typischerweise 3–5 km/h. Die Raffinerien werden für
die Verteilung der Produkte mit der weiterverarbeitenden Industrie (z. B. Chemie)
oder mit Großabnehmern (z. B. Verteiler- Tanklager, Flughäfen) verbunden.
Rohöl und Produkte werden in Partien (batches) transportiert. Rohölpartien
werden unmittelbar nacheinander ohne jegliche Trennung transportiert. Eine
Trennung verschiedener Rohölsorten ist nur in Ausnahmefällen erforderlich, da
die Vermischung sehr gering ist und z.B. bei Batchgrößen von 30.000 m³ deutlich
unter einem Prozent liegt. Ein flaches Strömungsprofil in den Pipelines verhindert
I-13
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
selbst
bei
Transporten
über
Hunderte
Johannes Böcker
von
Kilometern
nennenswerte
Vermischungszonen. Bei dem Transport von Mineralölprodukten ist es dagegen
fast immer erforderlich, die Produkte möglichst sortenrein zu trennen, um die
Produktqualität zu erhalten [MWV, 2006].
Zwischen den Kontinenten, wie aus dem Nahen Osten nach Europa, Asien und
Amerika, von Afrika nach Europa und Amerika, sowie von Lateinamerika nach
Nordamerika, geschieht der Transport mit Tankern oder Tanker- und
Pipelinetransport kombiniert. Der Tankertransport überwog 2007 mit einem Anteil
von etwa 75 bis 80 % [BGR, 2009]. Für Erdöl ist der Transport mit Tankern
billiger als der Transport per Pipeline. Einflussfaktoren sind die Rohstoffpreise,
die Größe der Tanker bzw. die Kapazität der Pipelines und generelle
Marktsituation. In Zeiten hoher Preise und knapper Transportkapazitäten können
die Frachtkosten deutlich ansteigen.
In den zurückliegenden Jahren wurden einige große Pipelineprojekte verwirklicht,
die insbesondere für die Versorgung Europas bedeutsam sind. So wurden die
Pipelines Caspian Pipeline Consortium Projekt (CPC) und Baku-Tbilissi-Ceyhan
(BTC) in Betrieb genommen, die Erdöl aus dem Kaspischen Raum zu Häfen am
Schwarzen Meer und am Mittelmeer transportieren (vgl. Abb. 8).
Spezifische Transportkosten bezogen auf den Energiegehalt stellen sich für
Erdöl insbesondere aufgrund der deutlich höheren Energiedichte erheblich
niedriger dar als für Erdgas. Das ist auch ein Grund dafür, dass sich ein
weltumspannender Handel mit Erdgas bislang kaum ausgebildet hat [BGR,
I-14
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
2009].
Abbildung 8: Öl und Gas Pipelinenetzwerk [Inogate, 2002]
I.3.2. Erdgas
Erdgas ist ein in der Erdkruste vorkommendes Gasgemisch. Neben Methan als
Hauptkomponente von Erdgas können weitere Bestandteile wie Ethan und
Propan
sowie
nichtbrennbare
Gase
wie
Stickstoff,
Kohlendioxid,
Schwefelwasserstoff und Helium enthalten sein. Erdgas kommt in großem
Umfang in natürlichen unterirdischen Lagerstätten vor, es kann gemeinsam mit
Erdöl als so genanntes Erdölgas entstehen oder aus Kohlen gebildet werden.
Das Gas erreicht den Endverbraucher auf dem Landweg über aufwändige
Pipeline-Systeme oder wird über den Seeweg in Spezialtankern verschifft.
I-15
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Je nach Gehalt an Schwefelwasserstoff (H2S) unterscheidet man Sauergas (über
1 Vol.-% H2S), Armgas (unter 1 Vol.-% H2S) und Süßgas (kein H2S und unter 2
Vol.-% CO2). So genanntes „nasses“ Erdgas kommt in vielen Lagerstätten
zusammen
mit
Erdöl
vor.
Da
es
mehr
Anteile
an
größeren
Kohlenwasserstoffmolekülen als Methan enthält, kondensieren bei Abkühlung
flüssige Kohlenwasserstoffgemische (Flüssiggas), Kondensat oder Gasbenzin
aus. Erdgas bezeichnet man als „trocken“, wenn es ohne die Abscheidung von
Kondensat abgekühlt werden kann.
Das Gesamtpotential an konventionellem Erdgas wurde 2009 von der BGR auf
525 Bill. m³ berechnet 2 . Die Verteilung Gesamtpotentials nach Regionen ist in
Abbildung 9 dargestellt.
Abbildung 9: Gesamtpotenzial konventionelles Erdgas 2009 (525 Bill. m³) [BGR,
2010]
I.3.2.1.
Während
Aktuelle Erdgasförderung und Erdgasverbrauch
die
Erdgasförderung
in
den
vorangegangenen
Jahren
hohe
Steigerungsraten aufwies, ging sie 2009 nachfragebedingt zurück und betrug gut
2
Info: Energieäquivalent 1 l Heizöl EL (extra leicht) entspricht 1 m³ Erdgas (Klasse L)
I-16
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
3 Bill. m³. Der Welt-Erdgasverbrauch lag im Jahr 2009 gut 3 % unter dem
Verbrauch des Vorjahres [BGR, 2010]. Während die OECD-Länder mit über 1,5
Bill. m³ gut 50 % des weltweit geförderten Erdgases verbrauchten, entfielen auf
die OPEC nur knapp 12 %. Der Verbrauch an Erdgas konzentrierte sich im
Wesentlichen auf drei Regionen: Nordamerika, die GUS und Europa. Beim
Vergleich
von
Erdgasverbrauch
und
-förderung
(Abb.10)
ergeben
sich
Unterschiede, die aber geringer ausfallen als die entsprechenden Betrachtungen
für Erdöl (vgl. Abb. 5). Deutliche Unterschiede zwischen Erdgasförderung und –
verbrauch weist Europa auf. Der Verbrauch in Europa kann nur durch erhebliche
Importe von Erdgas gedeckt werden. Umgekehrt stellt sich die Situation für
Länder der GUS dar, die Hauptlieferanten für die europäischen Länder (vgl. Abb.
10).
Abbildung 10: Erdgasförderung und Erdgasverbrauch 2007 [BGR, 2009]
Die größten Erdgasförderer 2009 waren mit großen Abstand die USA und
Russland, beide förderten 2009 knapp 20 % der weltweiten geförderten 3.041,5
Mrd. m³ Erdgas. Dahinter folgen Kanada, Iran, Norwegen, Katar, China, Algerien,
Saudi-Arabien und die Niederlanden mit Werten von 5,3 % bis 2,4 % an der
Weltförderung 2009 [BGR, 2010].
Seit 2001 ist der Erdgasverbrauch in allen Regionen gestiegen. Die größten
prozentualen Zuwächse entfallen dabei auf Afrika, Austral-Asien und den Nahen
Osten. Von den zehn größten Erdgas-Verbraucherländern 2009 beanspruchen
I-17
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
allein die USA mit 646,6 Mrd. m³ über ein Fünftel (21,9 %) des gesamten
globalen Erdgasverbrauches [BGR, 2010]. Einen hohen Erdgasverbrauch 2009
weist zudem Russland mit 389,7 Mrd. m³ auf [BGR, 2010], der Erdgasanteil am
dortigen Primärenergieverbrauch beträgt über 50 % [BGR, 2009]. Die anderen
Erdgasverbraucher fallen im Vergleich dazu deutlich ab. Nachfolgend kommen
der Iran, Kanada und Deutschland an fünfter Stelle der Erdgasverbraucher mit
einem Anteil von knapp 3,1 % am Gesamtvolumen 2009.
Abbildung 11: Abhängigkeiten der deutschen Erdgasversorgung [WEG, 2009]
Die inländische Erdgasproduktion ist 2009 um 6,5 % auf 14,5 Mrd. m³
zurückgegangen. Hierfür ist in erster Linie der lagerstättenbedingte Rückgang
der Produktionskapazitäten in älteren Feldern verantwortlich [WEG, 2009].
I.3.2.2.
Erdgastransport und Handel
Vor dem Transport wird gefördertes Rohgas bereits auf dem Erdgasfeld
aufbereitet. Bei Süßgas, das den Hauptanteil der Weltförderung ausmacht, trennt
man vorwiegend Wasser (Trocknung), teilweise auch höhere Kohlenwasserstoffe
ab. Bei saurem Erdgas werden Schwefelverbindungen in einem aufwändigen
Reinigungsprozess, dem Gaswaschverfahren, entfernt. Dies ist notwendig, da
Schwefelwasserstoff im Pipelinenetz zu unerwünschter Korrosion führt. Weiterhin
entsteht bei der Verbrennung von Erdgas mit Schwefelwasserstoff der
I-18
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Schadstoff Schwefeldioxid, der äußerst umweltschädlich ist. Einige Rohgastypen
erfordern auch die Abtrennung von CO2 und N2.
Erdgas wird kontinental i.d.R. unterirdisch durch Pipelines mit bis zu 1,4 – 2 m
Durchmesser transportiert. Um eine höhere Leitungseffizienz zu erhalten, erfolgt
der Erdgastransport bei bis zu 84 – 100 bar [RWE, 2007]. Um einem Druckabfall
über lange Pipelinewege entgegenzuwirken, sind Verdichterstationen im Abstand
von 100 bis 400 km, meistens zwischen 150 bis 200 km, erforderlich. Die
Transportentfernungen
für
Erdgas
können
teilweise
enorm
sein.
Von
Westsibirien nach Westeuropa legt das Erdgas in Pipelines etwa 6000 km zurück
[BGR, 2009], zunächst im Ferntransport über große Strecken mit bis zu 100 bar,
dann zu den regionalen und örtlichen Gas-Verteilungsunternehmen in drei
Druckstufen (Hoch-, Mittel- und Niederdruck) zwischen 70 und
0,1 bar. Wo
möglich, werden Pipelines über Land gelegt, entweder eingegraben in die Erde
oder aufgeständert, wie in den Permafrostregionen des Ural. Technisch
aufwendiger und teurer ist die Verlegung im Meer mit besonders hohem Druck
von bis zu 140 bar [RWE, 2007].
Bedingt durch den geringeren Energiegehalt pro Volumen entstehen höhere
Transportkosten
bei
Erdgas
als
bei
Erdöl
und
Kohle,
und
somit
Wettbewerbsnachteile bei verbraucherfernen Lagerstätten. Außerdem wird
Erdgas
aufgrund
des
jahreszeitlich
schwankenden
Heizbedarfs
in
den
Sommermonaten, da Erdgasproduktion, -aufbereitung und -transport weitgehend
kontinuierlich erfolgen, in unterirdischen Erdgasspeichern zwischengespeichert.
Erdgas kann auch in verflüssigter Form transportiert werden. Liquefied Natural
Gas (LNG) besteht überwiegend aus Methan und Ethan und wird für
Transportzwecke durch Abkühlung auf -164 °C unter atmosphärischem Druck
verflüssigt. Dadurch reduziert sich das ursprüngliche Gasvolumen auf ein
Sechshundertstel. Somit können große Mengen in einem einzigen Tankschiff
transportiert werden. Bei der Förderung nimmt der Druck des Roherdgases in
der Lagerstätte nach einiger Zeit immer mehr ab, sodass am Ende mit Hilfe
zusätzlicher Kompressoren das Roherdgas gefördert werden muss.
I-19
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Zur so genannten LNG-Kette gehören Anlagen zur Abscheidung von höheren
Kohlenwasserstoffen sowie zur Kühlung und Verflüssigung des Gases. Weil
verflüssigtes Erdgas in speziellen LNG-Tankschiffen drucklos transportiert wird,
werden im weiteren Verlauf der LNG-Kette Verlade- und Anlandeterminals
benötigt. Den Abschluss der LNG-Kette bilden Anlagen zur Verdampfung des
verflüssigten Erdgases, um es wieder in ein Pipelinenetz einzuspeisen [BGR,
2009].
Beim Pipelinetransport von Erdgas hängen die Transportkosten stark von der
Pipelinekapazität ab (Abb.12). So reduzieren sich bspw. „die Transportkosten bei
einer Erhöhung der Kapazität von 5 auf 20 Mrd. m³ um etwa die Hälfte. Der
offshore-Transport durch Pipelines ist um etwa 50 % teurer“ [BGR, 2009; S. 83].
Weiterhin vermindern Leckagen in den Pipelinenetzen, bei Verteilung und dem
Endverbraucher, das wirtschaftlich nutzbare Erdgasvolumen um bis zu 1 % des
Fördervolumens [BGR, 2009].
I-20
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Abbildung 12: Transportkosten für Erdgas per Pipeline und als LNG in
Abhängigkeit von der Kapazität 3 [nach Schwimmbeck, 2008; aus BGR, 2009]
Durch den hohen Energiebedarf zur Verflüssigung des Erdgases sind die
spezifischen Transportkosten beim LNG-Transport auf kurze Entfernungen
deutlich höher als beim Transport per Pipeline (Abb.12). Erst ab ca. 3000 km ist
der LNG günstiger als der Pipelinetransport. Da der LNG-Transport an die
Weltmeere gebunden ist und existieren zwei große Märkte, an den asiatischen
Küsten und im atlantischen Raum. Für die Belieferung des LNG-Marktes
kommen daher bevorzugt küstennahe oder offshore-Felder in Frage.
IEA [2010] und BGR [2010] rechnen mit steigenden LNG-Anteilen am
Erdgashandel, mit größeren Einheiten bei Verflüssigungsanlagen und Tankern
zur Kostenreduzierung. Besonders große Zuwächse bei der Nachfrage nach
LNG sind von Indien und China, aber auch Großbritannien und den USA zu
erwarten. Der Transport von Erdgas wird aber auch zukünftig zum größten Teil
durch Pipelines erfolgen BGR [2010].
In Europa wird die Versorgung mit Pipelinegas aus Russland, Norwegen,
Nordafrika und möglicherweise aus dem Iran bestimmend bleiben [BGR, 2009;
3
MMBTU= million British thermal unit 1 MMBTU= 1.000.000 BTU = 1055,05585262 MJ ≈293,071
kWh
I-21
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
BGR 2010]. LNG wird jedoch seinen Beitrag zur Diversifizierung der
Erdgasversorgung
leisten.
Die
Transportoption
LNG
stellt
ferner
als
konkurrierende Transportmethode ein Druckmittel dar, was zu geringeren
Pipelinekosten führen wird.
I.3.2.3.
Erdgasexport und regionale Erdgas-Märkte
Durch den dominanten Pipelinetransport und limitierte Entfernungen zwischen
Produktionsort und Verbraucher gibt es keinen Weltmarkt für Erdgas wie bei
Erdöl und Kohle sondern regional begrenzte Märkte (Abb.13). Produzenten und
Verbraucher sind innerhalb dieser Märkte durch langfristige Lieferverträge
gebunden, um die hohen Investitionen für den Aufbau der Infrastruktur
abzusichern.
Weltweit
existieren
vier
regionale
Erdgasmärkte:
Der
nordamerikanische (NAFTA-Staaten) und der südamerikanische Erdgasmarkt, in
denen Erdgas praktisch nur leitungsgebunden gehandelt wird, der asiatische
Erdgasmarkt, der ein fast reiner LNG-Markt ist und in dem das verflüssigte
Erdgas über große Entfernungen per Tanker transportiert werden muss sowie
der
europäische
Erdgasmarkt
(Hauptproduzenten:
Russland,
Nordafrika,
Norwegen und die Niederlande).
2009 wurden etwa 880 Mrd. m³ Erdgas (2007 noch ca. 920 Mrd. m³), rund 29 %
der weltweiten Erdgasförderung, grenzüberschreitend (ohne Transithandel)
gehandelt, davon gut ein Viertel (243 Mrd. m³) als verflüssigtes Erdgas (LNG)
[BGR, 2010]. Am Export von Erdgas in Form von LNG waren 2007 insgesamt 15
Länder beteiligt. Größter LNG-Exporteur war Katar, gefolgt von Malaysia und
Indonesien.
Die sechs wichtigsten Exportländer Russland (173,7 Mrd. m3), Norwegen (98,9
Mrd. m3), Kanada (92,2 Mrd. m3), Katar (68,2 Mrd. m3), Algerien (52,7 Mrd. m3)
und die Niederlande (49,7 Mrd.m3) tätigten 2009 über 60 % der globalen
Erdgasexporte [BGR, 2010]. Dies zeigt, dass auf dem Erdgasmarkt nur wenige
Anbieter Erdgas in größeren Mengen liefern können (vgl. Abb.13). Deutschland
lag mit 11,5 Mrd. m3 auf Platz 19 der Exportländer was auf zwischengespeicherte
Reserven in großen untertätigen Erdgasspeichern zurückzuführen ist. Dieses
I-22
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
waren meist kleinere Mengen über den Pipelinetransportweg, z.B. nach
Frankreich (3,3 Mrd. m3), die Niederlanden (1, 4 Mrd. m3), Italien (1, 4 Mrd. m3),
die Schweiz, Ungarn, Österreich und Luxemburg [BP, 2010].
Abbildung 13: Welt-Erdgashandel 2007 in Mrd. m³ [BGR, 2009 (Daten nach BP,
2008)]
Die USA, Deutschland, Japan, Italien, Frankreich und das Vereinigtes Königreich
waren 2009 die sechs führenden Importländer mit Erdgasvolumina von über 40
Mrd. m³ entsprechend 50 % des globalen Importvolumens [BGR, 2010].
Im Jahr 2007 importierten 17 Länder LNG. Japan dominiert hier mit einem Anteil
von gut 39 % [BGR, 2009]. Aus regionaler Sicht ist der asiatische Erdgasmarkt
als fast reiner LNG-Markt vorherrschend, da er über 65 % der LNG-Importe
aufnimmt. Europa folgt mit einem LNG-Anteil von knapp 24 %.
I.3.2.4.
Pipelinenetz und LNG-Netz in Europa
Für den Erdgastransport verfügt der europäische Erdgasmarkt über ein sehr
ausgedehntes Pipelinenetznetz, das die großen Förderregionen in West-Sibirien,
im
Wolga-Ural-
Gebiet,
in
der
Nordsee
und
in
Nordafrika
mit
den
Hauptverbraucherregionen in Westeuropa und dem Westteil der GUS verbindet
(Abb.14).
I-23
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Abbildung 14: Europäischer Erdgasverbund und Pipelineprojekte [BGR, 2009]
Das russische Erdgas-Fernleitungsnetz hat bisher eine Länge von knapp 155
000 km mit einer Kapazität von 600 Mrd. m³/a [BGR, 2009]. Dazu sind
gegenwärtig große Pipelineprojekte zur Sicherung des steigenden Importbedarfs
von Europa in Planung beziehungsweise im Bau. Bezogen auf russische
Lieferungen sind dies die Nord-Stream-Pipeline durch die Ostsee und die SouthStream-Pipeline durch das Schwarze Meer und über den Balkan [IEA, 2009]. Für
Lieferungen aus Zentralasien und dem Iran sind die Projekte Nabucco und
Trans-Adria-Pipeline von Bedeutung. Lieferungen aus Nordafrika sollen über die
Medgas- und Gasli-Projekte (Algerien) sowie über die Green-Stream-Pipeline
(Libyen) ermöglicht werden (siehe Abb. 14).
In Europa angelandetes LNG stammt mit 27,1 Mrd. m³ (Stand: 2007) zu über 50
% aus Algerien, Ägypten und Libyen [BGR, 2009]. Hohe LNG-Anteile am
Erdgasbedarf von mehr als 30 % weisen die Atlantikanrainer Spanien, Portugal
und
Frankreich
auf.
Etwa
20
%
beträgt
der
LNG-Anteil
in
den
Mittelmeeranrainern Griechenland und Türkei. Ein Ausbau bzw. Neubau von
Anlandekapazitäten für LNG ist sowohl im Atlantik- und Mittelmeerraum als auch
I-24
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
in der Nord- und Ostsee vorgesehen. Der zunehmende LNG-Transport und die
einsetzende Förderung von heimischem nicht-konventionellem Erdgas werden
die Erdgasversorgung Europas weiter diversifizieren [BGR, 2010].
I.3.3. Energierohstoff Kohle
Kohle nahm im Jahr 2009 mit einem Anteil von rund 29 % (Hartkohle 27,6 %,
Weichbraunkohle 1,8 %) am weltweiten Primärenergieverbrauch (PEV) den
zweiten Rang hinter Erdöl ein mit einem Anteil von etwa 36 % ein [BP, 2010]. Die
Welt-Kohleförderung betrug 2009 rund 6.994 Mt, was einer Steigerung von fast 3
% im Vorjahresvergleich entspricht. Davon entfiel mit 6.006 Mt (plus 4 %) der
überwiegende Anteil auf Hartkohle und die restlichen 988 Mt (minus 4 %) auf
Weichbraunkohle. Im Gegensatz zu Erdöl und konventionellem Erdgas sind
Kohlevorkommen und deren Produktion auf viele Unternehmen und Staaten
verteilt.
Abbildung 15: Gesamtpotenzial Hartkohle 2009: Regionale Verteilung [BGR,
2010]
Nach Ländern lagern die bedeutendsten Gesamtressourcen in den USA mit rund
6.720 Gt
I-25
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
(41 %) gefolgt von der VR China mit 31,6 % und Russland mit 16,7 %. Diese drei
Länder verfügen damit zusammen über 89 % der derzeit bekannten
Gesamtressourcen an Hartkohle. Deutschland belegt bei den Gesamtressourcen
an Hartkohle mit rund 83 Gt den zehnten Rang [BGR, 2009].
Seit 1980 hat sich die Weltkohleförderung mehr als verdoppelt auf ca. 6.994 Mt
im Jahr 2009. Wie auch bei der Förderung mit 4.163,2 Mt (69,3 %) entfielen mit
4.173,3 Mt ca. 70 % des weltweiten Verbrauchs auf Austral-Asien. China steht
2009 mit 51,2 % mit sehr großem Abstand an der Spitze des weltweiten
Kohleverbrauchs vor den USA (14,2 %) und Indien (10,1 %) [BGR, 2010].
2009 wurden weltweit 6.006,2 Mt Hartkohle gefördert. Die drei größten
Hartkohleförderer 2009 waren China mit einem Anteil von 48,8 % (2.930 Mt), die
USA mit 15,1 % (907,4 Mt) und Indien mit 8,9 % (532,1 Mt) an der
Weltkohleförderung. Während China und Indien ihre Produktion um rund 11 bzw.
8 % steigerten, verringerte sie sich in den USA um rund 9 %. Ferner folgen
Australien (6 %), Indonesien (4 %), Südafrika (4 %) und Russland (4 %) [BGR,
2010]. Australien und Indonesien sind dabei die wichtigsten Exportnationen (vgl.
Tab. 2). Indonesien exportierte 2009 dabei über 90 %, Australien fast 79 % der
geförderten Kohle.
Asien weist die höchsten Produktionssteigerungen in den vergangen 20 Jahren
auf, während in Europa und in den GUS eine rückläufige Förderung vorzufinden
ist [BGR, 2009]. Der Hartkohleexport betrug sich 2009 insgesamt auf 922,4 Mt.
Unter den Hartkohleexport-Regionen 2009 war Austral-Asien mit 567,7 Mt die mit
Abstand wichtigste Region, gefolgt von der GUS mit 126,1 Mt. Die größten
Export- und Importnationen 2009 sind in Abbildung 16 und 17 dargestellt. Der
Marktanteil der zehn größten Hartkohle exportierenden Länder belief sich 2009
auf 95,5 %.
I-26
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Tabelle 2: Hartkohleexport 2009. Die wichtigsten Länder [BGR, 2010]
Tabelle 3: Hartkohleimport 2009. Die 10 wichtigsten Länder [BGR, 2010]
I.3.3.1.
Kohletransport und Handel
Mit rund 922 Mt wurden 2009 etwa 15 % der geförderten Hartkohle weltweit
gehandelt, davon 859 Mt seewärtig. Damit verringerte sich das Volumen der
weltweit gehandelten Hartkohle durch die Weltwirtschaftskrise nur marginal um
I-27
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
rund 0,6 % gegenüber dem Vorjahr. Australien dominierte wie schon in den
Vorjahren den Hartkohleweltmarkt mit Exporten von 274,2 Mt (29,7 %), gefolgt
von Indonesien (25 %) und Russland (10,6 %). Die größten Hartkohleimporteure
2009 befinden sich im asiatischen Raum: Japan, China, Korea, Indien und
Taiwan sind die 5 größten Importeure. Unter den 10 wichtigsten Importeuren
folgen auf Platz 6 und 7 Großbritannien und Deutschland (vgl. Tab. 3).
China verdreifachte dabei binnen eines Jahres seine Importe auf 126,9 Mt und
glich dadurch zusammen mit Indien den krisenbedingten Nachfragerückgang vor
allem in Europa und Nordamerika aus [BGR, 2010].
Der
seewärtige
Handel
im
Jahr
2007
mit
Kokskohle,
die
höhere
Qualitätsanforderungen (z.B. aschearm, schwefelarm, Backvermögen) als
Kraftwerkskohle
hat,
wurde
dabei
von
nur
drei
Ländern
dominiert.
Unangefochten auf dem ersten Platz rangierte auch hier Australien mit 68 %,
gefolgt von den USA mit 13 % und Kanada mit 12,5 %. Aus diesen drei Ländern
stammten 93,5 % der insgesamt 202 Mt auf dem Seeweg gehandelten
Kokskohlen.
Bei den auf dem Seeweg gehandelten Kraftwerkskohlen, die etwa 85 % der
geförderten Kohle ausmacht, treten mehr Exportnationen auf. 2007 dominierte
Indonesien mit einem Anteil von 30,6 %, gefolgt von Australien (17,5 %),
Russland (11,7 %), Südafrika (11,3 %) und Kolumbien (9,9 %) [BGR,2009]. Die
größten Hartkohleproduzenten und der seewärtiger Handel sind in Abb. 18
dargestellt.
Der überregionale Kohletransport erfolgt in der Regel per Schiff und steht damit
in direkter Konkurrenz zu anderen Massengütern wie Erzen oder Getreide. Von
den 2007 rund 3 Gt per Schiff transportierten Massengütern entfielen knapp ein
Viertel auf Eisenerz und Kohle mit insgesamt 778 Mt. Kohle mit einem Plus von
50 % weist seit 2000 hohe Zuwachsraten beim seewärtigen Transport auf [VDKI,
2008]. Grundsätzlich sind die Frachtraten abhängig von der Schiffsgröße und
sinken mit steigender Tonnage.
I-28
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Abbildung 16: Die größten Hartkohleproduzenten und seewärtiger Handel (insg.
820 Mt) 2007 [BGR, 2009 (BGR, 2008; VDKI, 2008)]
Der Binnentransport von der Exportgrube zum Exporthafen erfolgt i.d.R. per
Eisenbahn. Australische Gruben sind meist weniger als 200 km, die
südafrikanischen Exportgruben rund 600 km von den Häfen entfernt [Productivity
Commission, 1998]. Ähnlich weit entfernt liegen die polnischen Gruben des
Oberschlesischen Beckens mit 550 bis 600 km von den Exporthäfen Danzig,
Gdingen und Swinemünde. Der polnische Hartkohleexport erfolgt jedoch
überwiegend mit der Bahn in die angrenzenden Länder. Die größten
Entfernungen mit durchschnittlich 4500 km legen russische Exportkohlen aus
Westsibirien mit der Bahn zurück. Derartige Transportwege über Land sind nur
durch subventionierte Eisenbahntarife und bei hohen Weltmarktpreisen möglich
[Schmidt et al., 2006]. Abhängig von den lokalen Bedingungen transportieren
moderne Kohlezüge bis zu 10.000 t Kohle mit bis zu 100 Waggons je Zug. Diese
so genannte „Unit Trains“, werden vorrangig in Kanada, den USA und Australien
eingesetzt [BGR, 2009].
Der Kostenanteil des Transportes von der Grube zum Exporthafen an den
Gesamtkosten beläuft sich ca. auf 16 % für Kraftwerkskohle und 19 bis 20 % für
I-29
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Kokskohle [BGR, 2009]. In Ländern mit Transportentfernungen von mehr als 600
km kann dieser Anteil sogar noch höher ausfallen.
In Europa wird der Großteil der Importkohle in Amsterdam, Rotterdam und
Antwerpen angelandet. Größter deutscher Umschlagsplatz für Importkohle ist der
Hamburger Hafen. Von dort erfolgt der Weitertransport per Bahn oder
Binnenschiffen zu den Endverbrauchern.
I.4. Fazit
Abschließend ist festzuhalten, Erdöl als wichtigster Energierohstoff der nahen
Zukunft wird, aufgrund des gegenwärtigen Erschöpfungsgrad der Reserven, in
absehbarer Zeit nicht mehr im bisherigen Maße zur Verfügung stehen [BGR,
2009]. Der leichte Förderrückgang bei Erdöl 2009 war die Folge der
Weltwirtschaftskrise [BGR, 2010]. Auf die OPEC-Staaten und Staaten in der so
genannten „Strategische Ellipse“ wird sich in den kommenden Jahre die
Erdölförderung konzentrieren, weiterhin wird das verbleibende Erdöl mit
steigenden Aufwand und damit steigenden Kosten der Produktion zu fördern
sein.
Erdgas ist in ausreichender Menge vorhanden, um noch über Jahrzehnte den
absehbaren Bedarf zur Energieerzeugung zu decken [BGR, 2009]. Der
Europäische
Erdgasmarkt
Erdgasfördestaaten
wie
hat,
neben
Norwegen
und
einigen
den
großen
europäischen
Niederlanden,
mit
den
Förderregionen in den GUS-Staaten, Nordafrika und dem Nahen Osten
verschiedene Importmöglichkeiten und ein weit gespanntes Pipelinenetz zur
Versorgungssicherheit. Erdgas hat im Vergleich zu Erdöl und Kohle deutlich
höhere spezifische Transportkosten und zum Teil deutlich größere Entfernungen
zwischen Produzenten und Verbrauchern. Verflüssigtes Erdgas (LNG) bietet eine
Erdgastransportoption um Transportkosten zu senken und die Verfügbarkeit in
entlegenen Regionen zu entwickeln. Der Anteil an LNG am Transport wird
künftig weiter steigen [BGR, 2010]. Aufgrund langfristiger Lieferverpflichtungen
und regionaler Erdgasmärkte wird sich absehbar allerdings kein beherrschender
Weltmarkt analog zu Erdöl ausbilden.
I-30
Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle
Johannes Böcker
Für die Nutzung von Kohle besteht im Vergleich zu den übrigen nichterneuerbaren Energierohstoffen das größte Potenzial mit der bei Weitem größten
geologischen Verfügbarkeit. Der absehbare, steigende Bedarf kann über viele
Jahrzehnte gedeckt werden. Künftig wird Kohle weiterhin eine bedeutende Rolle
bei
der
weltweiten
Energieversorgung
einnehmen,
trotz
der
höchsten
spezifischen CO2-Emissionen unter den fossilen Energieträgern [BGR, 2010]. Mit
ungefähr 70 % der weltweiten Förderung und des Kohleverbrauchs liegen die
größten Kohleförderer und -verbraucher in Austral-Asien. China verbrauchte
2009 über 50 % der weltweit geförderten Hartkohle und ist 2009 von einem
Nettoexporteur zu einem bedeutenden Importland für Hartkohle geworden.
Für Deutschland als Industrienation ist sichere Versorgung mit kostengünstigen
Energierohstoffstoffen essentiell. Im Vergleich der vergangenen 10 Jahre ging
der Primärenergieverbrauch in Deutschland um etwa 8 % zurück. Dabei
reduzierte sich der Einsatz von Erdgas um 4 %, von Erdöl um 13 % und von
Steinkohle um 25 % [vgl. Abb.2]. Dabei ist Deutschland in hohem Maße von
Importen an Energierohstoffen abhängig. Während die Importabhängigkeit bei
Erdöl 97 % beträgt, stammen derzeit noch etwa 16 % des in Deutschland
genutzten Erdgases aus heimischer Produktion. 2009 wurde Steinkohle zu 72 %
importiert, bei Braunkohle ist Deutschland Selbstversorger.
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I-32
Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas
Christian Schütz
II. Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas:
Von
der
Förderbohrung
in
den
Tanker,
Entschwefelung, Phasentrennung; Raffinerietechnik
und – kapazitäten
Christian Schütz
Erdöl ist ein wichtiger Rohstoff mit dem wir alle direkt oder indirekt zu tun
haben. In unserem täglichen Leben ist das Erdöl nicht mehr wegzudenken,
auch wenn die umfassende Anwendung vielen Menschen gar nicht bewusst
ist. Rohöl findet in der Industrie vielfach Verwendung und ist ein wichtiges
Ausgangsprodukt bei der Herstellung von Kraftstoffen, Schmiermitteln,
Bitumen, Kosmetikprodukten, Kunststoffen sowie Reinigungsmitteln. Jedes
Produkt enthält einen gewissen Anteil an Rohöl, oder Destillate. Um das Erdöl
zu einem höherwertigen Produkt umzuwandeln und es für den täglichen
Bedarf nutzbar zu machen, muss es zunächst durch hochtechnische
Verfahren gereinigt, destilliert und umgewandelt werden.
II-1
Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas
Christian Schütz
II.1. Einleitung
Etwa ein Drittel der in Deutschland verbrauchten Erdölprodukte kommen
verarbeitet in unser Land. Der überwiegende Teil unserer Importe, ergänzt
durch die einheimische Förderung, wird jedoch durch seine Umwandlung und
Verarbeitung in deutschen Raffinierstandorten nutzbar gemacht [MWV, 2010].
(Abb. II-1)
Die Veredleung von Erdöl und Erdgas fällt in den Downstream Sektor. Für die
Wahl eines geeigneten Standortes für eine Raffinerie stehen zwei Optionen
zur Verfügung. Eine Raffinerie befindet sich entweder nahe der Ölproduktion,
oder verbrauchernah. Verbrauchernahe Standorte sind Industriestandorte,
oder Bevölkerungsstarke Regionen. Im Einzelnen hängt die Standortwahl
jedoch von vielen Einzelfaktoren ab. Da in Europa der Großteil des Rohöls
importiert werden muss, wäre der Bau einer Raffinerieanlage in der Nähe
eines Ölhafens eine geeignete Wahl, da die Bezugsquelle in unmittelbarer
Umgebung ist. Der Bau einer Raffinerie an einem Standort mit effizienter
Rohölversorgung, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die gesamte
Produktion nur den lokalen Bedarf decken muss. Kleinere Mengen eines
schwer weiter zu verarbeiteten Rohstoffs wie etwa Bitumen, das eine
kontinuierliche Erhitzung erfordert, kann auch auf weite Strecken zum
Verbraucher
transportiert
werden.
Auf
der
anderen
Seite
erfordern
bevölkerungsreiche Regionen wie zum Beispiel das Ruhrgebiet eher
Raffineriebetriebe, die Verbrauchernah verarbeiten. Diese Raffinerien müssen
an Rohölpipelines angeschlossen sein, damit sie einen ständigen Durchlauf
haben.
Die
Verarbeitung
zu
verschiedenen
Produkten,
erfordert
unterschiedliche Ansprüche an den Transport. Somit werden kleinere Mengen
auf kurzen Distanzen zu den Verbrauchern transportiert, wohingegen der
Transport des Rohöls in wesentlich größeren Mengen, mithilfe von Tankern,
oder Pipelines bewältigt wird. Mit der Zeit geht der Trend eher zu einem
Verbraucherorientierten Bedarf an Raffinerien. Grund ist die wechselnde
Nachfrage, von schweren schwefelhaltigen Produkten zu eher leichten
Produkten. Ein wesentlicher Faktor des wechselnden Bedarf, liegt am
erhöhten
Dieselverbrauch,
sowie
der
steigende
Absatz
an
leichten
Erdölprodukten im Bereich der Chemieindustrie. Der Anspruch dieses Trends
II-2
Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas
liegt somit darin, die Tätigkeiten in der
Christian Schütz
Raffinerieindustrie langfristig des
wechselnden Bedarfs anzupassen und zusätzliche Kapazitäten für die
Umwandlung von Schwer- zu Leichtölprodukten zu schaffen. Hierzu könnten
vermehrt Dieselraffninerien zum Einsatz kommen, die der stiegenden
Dieselnachfrage
genügen,
um
etwa
den
Bedarf
an
Importierten
Dieselkraftstoffen zu minimieren. Abb. II-2 zeigt die Abhängigkeit des Imports
von verarbeiteten Rohölprodukten.
Abbildung II-1: Raffinerie Bilanz 2002 ( in Millionen Tonnen)
II-3
Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas
Christian Schütz
Abbildung II-2: Mineralölbedarf und seine Deckung (in Millionen Tonnen)
II.2. Von der Förderbohrung in den Tanker
Der Öltanker ist das Haupttransportmittel für Erdöl. Hochseetanker werden in
zwei Kategorien eingeteilt, die sich nach dem Transportgut richten. Dabei
unterschieden werden Tanker die bereits verarbeitete Produkte Laden und
Tanker die ausschließlich Rohöl transportiere. Moderne Hochseetanker
werden in „deadweight tons“ gemessen. Die Einheit ist angegeben in DWT
und entspricht 1016 kg. Die Ladetonnen geben die Bruttotragfähigkeit eines
Schiffes in voll beladenen Zustand an. Die größten Tankschiffe besitzen eine
Ladefähigkeit von 500.000 DWT. Beim Beladen des Tankers wird das
geförderte Erdöl in den Frachtraum gepumpt. Zu Beginn des Pumpvorgangs
wird ein geringer Druck verwendet, um ein mögliches Risiko zu minimieren,
falls die Verbindungen defekt sind. Anschließend wird der Tanker mit einer
konstanten Rate befüllt, bis zum so genannten “topping-off“. Das “topping-off“
ist ein riskanter Vorgang und erfordert ein behutsames Vorgehen, da das
Risiko einer Entzündung des Öls besteht. Ist der Frachter beladen, werden
die Einlassventile geschlossen. Wenn der Tanker mit der Fracht in den
Zielhafen einfährt, pumpt der Tanker das Öl aus den Tanks. Dieser Prozess
wird auch „Löschen“ genannt. Während das Öl abgepumpt wird, füllen sich
II-4
Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas
Christian Schütz
die Ballast Tanks mit Wasser, um die Stabiltät des Tankers zu gewährleisten.
Die Ballast Tanks befinden sich unterhalb des Laderaums für Erdöl.
[Heinzmann und Bauer, 2005; Shipbusiness]
II.3. Eigenschaften einer Raffinerieanlage
Die Raffinerie ist eine Industrieanlage, die aus dem gewonnenen Erdöl, durch
Destillation, der Entschwefelung und der Reformierung ein höherwertiges
Produkt herstellt. Raffinieranlagen sind nach einem gewissen Prinzip gebaut
und sind gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Verarbeitungsanlagen. Jede
Raffinerie besitzt Rohöltanks, Rohrleitungen mit Absperrvorrichtungen,
Kolonnen, Abscheider, Pumpen, Turbinen, Kompressoren und Ejektoren,
sowie Öfen und Reaktoren. Neben den Produktionsanlagen haben Raffinerien
aufgrund
des
enormen
Energiebedarfs
eigene
Anlagen
für
die
Stromherstellung. Es Bedarf des Weiteren an Speicheranlagen, Laboratorien,
sowie diversen Überwachungsstationen. Trotz hochautomatisierter Verfahren
sind in einer mittelgroßen Anlage etwa 500 Personen in Wechselschicht
angestellt (MWV, 2003). Aus Effizienzgründen ist eine Raffinerie in
permanentem Betrieb, wird jedoch zu Wartungszwecken teildeaktiviert. Die
Errichtung einer Raffinerie kostet mehrere Milliarden Euro und jährlich
müssen weitere Millionen für die Instandhaltung investiert werden. Diese
Anlagen
haben
zudem
einen
enormen
Flächenanspruch
in
der
Größenordnung bis zu 600000m². Um größere Distanzen zu überwinden,
bewegen sich Mitarbeiter auf den Geländen häufig mit einem Fahrrad fort. Um
die fertigen Rohölprodukte zu den Kunden zu liefern, ist eine Anbindung ans
öffentliche Verkehrsnetz erforderlich. Um größere Mengen zu transportieren
ist jedoch der Zugang zu Wasserwegen unerlässlich. Die Erdölindustrie
klassifiziert Rohöl in 3 Kriterien, die Herkunft, die Dichte und der
Schwefelgehalt. Rohöl mit einer hohen Dichte wird entsprechend als “schwer”
(”heavy”), mit einer geringeren Dichte als leicht (”light”) bezeichnet. Rohöl mit
einem hohen Schwefelgehalt gilt als “sauer”, ein geringer Schwefelgehalt
macht das Öl “süß”. Je schwerer und saurer das Rohöl ist, desto aufwendiger
ist seine Verarbeitung zum Beispiel zu Benzin oder Kerosin, da es der Anteil
an den Fremdstoffen und Unreinheiten größer ist. Daher ist leichtes und
II-5
Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas
Christian Schütz
schwefelarmes Rohöl gefragter und damit teurer als schweres Rohöl [Kölbl,
2009].
Abbildung II-3: Raffinerie, Richmond California
II.4. Raffinerieprozess
Der Raffininerieprozess besteht aus 3 Hauptprozessgruppen. Dieser
Prozesse gliedern sich in Trennung, Umwandlung und Nachbehandlung
[Kölbl, 2009].
II.4.1. Die Rohöldestillation
Der wichtigste und erste Verarbeitungsprozeß in einer Raffinerie ist die
Destillation. Dabei wird das Rohöl in verschiedene Fraktionen zerlegt. Die
Auftrennung erfolgt in Gase, Benzin, Kerosin, Leichtes Mitteldestillat,
Schweres Mitteldestillat und Rückstände. Dieser Prozess beruht auf den
unterschiedlichen Siedebereichen der Bestandteile. Liegt der Siedepunkt von
Benzin zwischen 35° und 180 ° C, so liegt er bei Mitteldestillaten bei zwischen
170° und 370° C. Im weiteren Verfahrensschritt kommt das Öl in einen
II-6
Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas
Christian Schütz
Entsalzer, um den Salzgehalt des Rohöls zu reduzieren. Dann wird das Öl in
Wärmeaustauschern
vorgewärmt
und
in
den
Röhrenöfen
auf
Destillationstemperatur aufgeheitzt. Dabei verdampft ein Großteil des Rohöls
und trennt sich bei atmosphärischem Druck auf. Dabei steigen in Dämpfe in
den
bis
zu
50
Meter
hohen
Destillationstürmen
auf.
Auf
den
Destillationsböden, die mit zahlreichen Öffnungen versehen sind, bilden sich
dadurch Flüssigkeitsschichten. Die nachströmenden Dämpfe treten durch die
Öffnungen und mischen sich mit den bereits kondensierten Bestandteilen. In
diesem
intensiven
Mischungsverfahren
findet
zwischen
leichten
und
schweren Anteile ein Austausch statt. Dabei werden schwere Anteile in
aufsteigenden Strom zurückgehalten, die leichten steigen nach oben.
Während man die nicht verdampften schweren Anteile vom Boden absaugt,
werden die leichten als Gase im “Kolonnenkopf“ durch eine erneute
Destillation weiter aufgetrennt. Die mit diesem Verfahren gewonnen
Fraktionen, die am Kopf der Fraktionskolonne ankommen Raffineriegas,
Flüssiggas und Benzin. Mitteldestillate können an der Seite des Turmes
aufgefangen
werden,
wohingegen
am
Boden
lediglich
Rückstände
zurückbleiben [MWV, 2003; Heil, 2007; ARAL].
II-7
Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas
Christian Schütz
Abbildung II-4: Schema der Destillation.
II.4.1.1.
Hierbei
wird
Vakuumdestillation
der
Rückstand
aus
der
ersten
Destillation,
dessen
Siedetemperaturen über 360°C liegen in den zweiten Trennturm überführt. In
ihm wird ein künstliches Vakuum mit etwa 50 Millibar erzeugt, wodurch der
Siedepunkt um 150° C gesenkt wird. Diese Temperatursenkung verhindert,
dass
sich
die
Bestandteile
weiter
zersetzen
würden.
Mithilfe
der
Vakuumdestillation gewinnt man Schmieröle und Paraffine, sowie Bitumen,
der bei diesem Prozess als nicht verdampfter Rückstand zurück bleibt [MWV,
2003; Heil, 2007].
II-8
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
III. Entwicklungen der Kokereiindustrie:
Technologische und wirtschaftliche Betrachtungen
Ben Laurich
Seit 1709 wird Koks im industriellen Maßstab produziert und in der
Hochofentechnologie
zur
Roheisen-
und
später
zur
Stahlerzeugung
eingesetzt. Das Verkoken von Kohlen stellte einen wichtigen Baustein der
industriellen Revolution dar und bestimmt noch heute maßgeblich die
Industrielandschaft. In der Gegenwart ist China mit Abstand der größte
Koksproduzent weltweit. Zahlreiche technologische, wirtschaftliche und
politische
Entwicklungen
verbesserten
die
Produktivität
und
den
Umweltschutz des Kokereiwesens und beeinflussten den internationalen
Koksmarkt. – Die Geschichte eines Wertstoffes.
III-1
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
III.1. Einleitung
Koks ist ein wichtiger Wertstoff unserer Gesellschaft. Er wird vor allem zur
Eisen- und Stahlerzeugung benötigt, ermöglichte die industrielle Revolution
und trägt heute noch einen wesentlichen Anteil zum wirtschaftlichen
Aufschwung einiger Länder bei. „Klasse Koks“ titelte die deutsche Zeitschrift
„Steinkohle“ im Januar 2011 und porträtierte die Arbeit einer Mannschaft der
Kokerei Prosper in Bottrop. Dies verdeutlicht, dass Verkokung selbst heute
noch, nach der Blütezeit der Kohleindustrie im Ruhrgebiet, Bestandteil der
lokalen
Gesellschaft
ist
[Reichow,
2011].
Maßgeblich
jedoch
findet
Koksherstellung heute in China statt. Doch wie kam es zu solch einer
Entwicklung? In den anschließenden zwei Kapiteln, Teil 1 – Kokstechnologie
und Teil 2 - Kokswirtschaft, wird dieser Frage nachgegangen.
III.2. Kokstechnologie
Im Folgenden werden die technischen Schritte der Koksherstellung
einführend erläutert (Kohlebehandlung, Verkokung) und anschließend deren
historische Entwicklung beschrieben. Am Ende dieses Kapitels verdeutlichen
ausgewählte Beispiele den Umfang technischer Innovationen im Bereich der
Verkokungsindustrie.
III.2.1.
Kohlebehandlung
Unter dem Begriff „Kohle“ ist eine Reihe von kohlenstoffhaltigen, natürlich
vorkommenden Stoffen zu verstehen [Killops und Killops, 2001]. Nach der
bergmännischen Gewinnung von Kohlen werden Aufbereitungstechniken
eingesetzt um den Rohstoff von wertfreien Bestandteilen (Berge) zu trennen
und nach Klassen zu sortieren. Im Allgemeinen lassen sich Kohlen nach
Aussehen, Einsatzgebieten, chemischer Zusammensetzung, Brennwert,
verkokungs-technischen Eigenschaften oder nach kohlemikroskopischen
Gesichtspunkten unterscheiden. Zur Herstellung von Hochofenkoks, dem
wohl wichtigsten Veredelungsprodukt der Kohle [Falk und Rohde, 2003],
werden im Wesentlichen Kohlen mit einem guten Backvermögen benötigt.
Dies beschreibt die Fähigkeit einer Kohle beim Erhitzen zu erweichen und
anschließend unter Ausdehnung einen festen, stückigen, „gebackenen“
III-2
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
Rückstand zu bilden [N.N., 2009]. Kohlen, die diese Eigenschaften besitzen,
werden auch als „Kokskohlen“ bezeichnet. Entscheidend für die Backfähigkeit
ist unter Anderem die chemische und strukturelle Zusammensetzung einer
Kohle. Um bereits vor einer Ofenbeschickung Aussagen über den
Verkokungsverlauf machen zu können, werden einige genormte Tests an
Proben der Kohlen vorgenommen. Im dafür entwickelten Ruhr-Dilatometer
werden beispielsweise Erweichungstemperatur, Dilatation, Kontraktion und
Wiederverfestigungstemperatur eines standardisierten Presslings gemessen
[Marshall, 1976].
III.2.1.1. Historische Entwicklung der Kohlebehandlung
Seit dem Beginn der industriellen Verkokung im Jahre 1709 [Cox, 1990]
werden Aufbereitungsverfahren entwickelt und verbessert, welche eine
Verbreiterung der Rohstoffbasis für die Verkokung ermöglichen. Generell
werden dabei verschiedene Kohlen aufgemahlen und nach speziellen
Vorgaben vermischt. So war zu Beginn der Verkokungsindustrie mit dem
Begriff „Kokskohle“ eine eher kleine Gruppe der Steinkohlen gemeint, heute
jedoch
kann
durch
Aufbereitungstechniken
die
eine
Weiterentwicklung
Mischung
der
Verfahrens-
verschiedener
Kohlen,
und
von
hochflüchtigen Gaskohlen oder sogar Braunkohlen bis zu Anthrazit, zur
Verkokung eingesetzt werden. Dabei ist eine Basis an gutkokender Kohle (2040%) jedoch unverzichtbar [Falk und Rohde, 2003]. In Deutschland gab es
erste Aufbereitung zur Koksherstellung bereits 1830. Damals wurden
aschereiche Beimengungen ausgesiebt und die Rohförderkohle auf eine
bestimmte Kornfeinheit zerkleinert [Falk und Rohde, 2003]. Oftmals gehörten
Zechen und Kokereien dem gleichen Eigentümer und die Prozessschritte
fanden auf einer großen, allumfassenden Anlage statt (z.B. Zeche und
Kokerei Zollverein / Schacht XII, Essen). Doch schon bald – vor allem in
Frankreich – mussten Mischungen unterschiedlicher Kohlen genutzt werden.
Dies machte eine weitere Zerkleinerung der Kohlen notwendig. Erste
Zerkleinerungsmaschinen
hatten
jedoch
den
Nachteil
auch
den
Feinstkornanteil zu erhöhen, was oft zu einem Festbacken des Kokses im
Ofen führte. Zahlreiche Entwicklungen der Kohleaufbereitung versuchten
möglichst Kosteneffizient einen homogenen Ofenbesetz herzustellen. Im Jahr
III-3
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
1851 erhielt James Budd das erste nachweisliche Patent zur Mischung von
unterschiedlicher Kohlearten [Falk und Rohde, 2003]. Heute werden meist
Prallmühlen eingesetzt, die selektiv grobe Partikel zerkleinern ohne den
Feinstkornanteil zu erhöhen [u.a.: Gründer, 1957; N.N., 2007c].
Neben einer Verbreiterung der Rohstoffpalette ist es jedoch auch ständiges
Ziel der Forschung die Leistung und Wirtschaftlichkeit der Koksöfen zu
erhöhen und den Ausstoß umweltverschmutzender Stoffe zu vermindern.
Erste
wissenschaftliche
Beschreibungen
des
Zusammenhangs
von
Rohstoffeigenschaft, Verkokungsparametern, und Eigenschaften von Koks
und Nebenprodukten wurden 1957 von Mantel und Hansen veröffentlicht
[Falk und Rohde, 2003]. Heute gilt vor allem DIN 23003 zur Klassifizierung
von Steinkohlen. Maßgeblich zur Kohleneinteilung sind dabei der Anteil an
flüchtigen Bestandteilen sowie die Backfähigkeit der Kohle, welche nach DIN
51739 beschrieben wird. Aus petrographischer Sicht konnte bereits vor 90
Jahren nachgewiesen werden, dass jedes Kohlenkorn aus Maceralgruppen
besteht (Vitrinit, Extinit, Inertinit), welche unterschiedliche Eigenschaften
besitzen [Hutton et al., 1994]. Vor allem Messungen der Vitrinitreflexion
ermöglichten eine Verbesserung der Kohleeinteilung, da diese indirekt
Auskunft über den Inkohlungsgrad einer Kohle gibt. Diese petrographischen
Erkenntnisse ermöglichten unter Anderem eine Klärung dafür, warum Kohlen
mit
gleichen
Gehalten
an
Verkokungseigenschaften
flüchtigen
aufweisen.
Bestandteilen
Um
unterschiedliche
Zusammenhänge
von
Kohleparametern und Koksqualität auszudrücken und um ein Verfahren zur
Optimierung der Koksqualität zu erstellen wurden zahlreiche Rechenmodelle
entwickelt [u.a.: Arendt et al., 2006; Chen, 1985; Simonis und Beck, 1965],
welche die einzelnen Faktoren der Kohlequalität und –aufbereitung sowie der
Verkokung berücksichtigen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass jedes dieser
Modelle
an
einen
Aufbereitungsvorgänge
verschieden
sind.
bestimmten
und
Ein
Standort
gebunden
Koksofeneigenschaften
einheitliches,
je
umfassendes
nach
ist,
da
Anlage
Modell
der
Zusammenhänge von Rohstoff-, Verarbeitungs- und Produktparametern gibt
es bislang nicht [Arendt et al., 2006; Falk und Rohde, 2003].
III-4
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
III.2.1.2. Verkokung
Für die Verkokung gilt generell: „Wird Kohle unter Luftabschluss auf über 900°
C erwärmt, so finden im und um das Kohlenkorn herum Umwandlungen statt,
die von einem komplizierten Wärme- und Stofftransport begleitet sind. […] Es
entweichen flüchtige Zersetzungsprodukte (flüchtige Bestandteile) und es
verbleibt ein fester Rückstand: der Koks“ [Falk und Rohde, 2003]. In
modernen Koksöfen wird der Koksofenbesatz von Oben in einen langen,
schmalen Kammerofen geschüttet. Zu beiden Seiten ist der Kammerofen mit
Türen verschlossen, so dass die Kohle unter Luftabschluss erwärmt wird.
Hierzu wird meist ein Teil des gereinigten Koksofengases, ein Nebenprodukt
der Koksherstellung, genutzt. Bei einer möglichst gleichmäßigen Erhitzung
(darum die schmale Kammerofenform) verdunsten bis 100° C das
Oberflächenwasser und die hygroskopische Feuchte des Ofenbesatzes. Im
Anschluss werden adsorbierte Gase und Oxidationsprodukte (CO, CO2)
freigesetzt. Bei 390° C setzt eine thermische Zersetzung ein. Vitrinit entweicht
aus der Kohle und es entsteht ein teerartiges Produkt, das sich durch weitere
freisetzende Gase aufbläht [Falk und Rohde, 2003]. Bei weiter zunehmender
Hitze
werden
auch
schwerere
Zersetzungsprodukte
(Benzol,
Pech)
abgespalten. Der verbleibende aufgeblähte Stoff des Koksofenbesatzes
verfestigt sich bei 460° C (Schwelkoks oder auch Niedertemperaturkoks). Bei
einer weiteren Erwärmung bis 900° C entweichen Teer und zu Schluss
Wasserstoff und Methan. Der Rückstand ist Hochtemperaturkoks [Falk und
Rohde, 2003]. Abbildung III-1 zeigt eine Skizze des generellen Aufbaus einer
Koksofenkammer. Mehrere dieser Kammern werden zu sogenannten
Batterien zusammengefasst und stellen eine Produktionseinheit dar. Die
Gesamtanlage aus allen Batterien wird Kokerei genannt. Zur Illustration zeigt
Abbildung III-2 Ansichten der Kokerei Prosper in Bottrop.
III-5
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
Abbildung III-1: Schnitt durch einen Koksofen [N.N., 2007b].
Abbildung III-2: Ansichten der Kokerei Prosper in Bottrop. Links bei
Inbetriebnahme 1928, Rechts 75 Jahre später (2003). Bildmitte: Löschturm
mit Wasserdampfsäule. Auszug der Schrift zum 75ten Jubiläum, Deutsche
Steinkohle [N.N., 2003].
Wenn ein Ofenbesatz vollständig verkokt ist, d.h. wenn eine endgültige
Hochtemperaturkontraktion abgeschlossen ist, kann der Koks „gedrückt“
werden. Dies bezeichnet das Herauspressen des Koks aus der Ofenkammer
durch einen großen Stempel. Das ausgepresste Material wird anschließend
mit
Wasser
„nass
gelöscht“,
oder
mit
Luft
„trocken
gekühlt“.
Ein
Verkokungsprozess hat, je nach Ofenbesatz und Ofenbeschaffenheit, eine
Garungszeit von circa 24 h. Die Koksfestigkeit steht dabei in engem
Zusammenhang zur Besatzdichte des Ausgangsmaterials im Ofen [Gap,
2003]. In der Regel wird eine Koksofenkammer durch Schüttung von oben
III-6
Entwicklungen der Kokereiindustrie
gefüllt.
Einige
Stampfsystem.
Anlagen
Die
arbeiten
modernste
Ben Laurich
alternativ
dazu
Stampfkokerei
jedoch
mit
einem
„Fürstenhausen“
der
Saarbergwerke AG steht in Dillingen [Falk und Rohde, 2003]. Sie wurde 1959
fertig gestellt. Es lassen sich jedoch nicht alle Kohlen im Stampfbetrieb
verarbeiten, meist entsteht dadurch rissiger, kleinstückiger Koks. Die
gängigste Bauweise von Kokereien ist nach wie vor der Schüttbetrieb.
Je nach Verwendung wird Koks in unterschiedlichen Zusammensetzungen
hergestellt. Der bei Weitem größte Anteil in der Koksproduktion wird zur
Roheisenerzeugung im Hochofen benötigt. Daher ist Hochofenkoks der mit
Abstand am häufigsten produzierte Koks [Falk und Rohde, 2003]. Koksarten
werden nach Korngröße und chemischer Zusammensetzung unterschieden,
dazu
berücksichtigt
man:
(1)
Wassergehalt,
(2)
Aschegehalt,
(3)
Schwefelgehalt, (4) Alkalien und Phosphorgehalt, (5) Gehalt an flüchtigen
Bestandteilen sowie (6) Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffgehalt.
Außer Koks wird eine Reihe von Nebenprodukten erzeugt, welche
unterschiedlichen Anwendungen zukommen. Die Graphik in Abbildung III-3
zeigt die wichtigsten Produkte einer Kokerei.
III-7
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
Abbildung III-3: Kokereiprodukte, verändert nach dem Onlineangebot der
Kokerei-August-Thyssen [N.N., 2007a].
III-8
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
III.2.1.3. Historische Entwicklung der Verkokung
Generell hat sich seit der ersten industriellen Verkokung wenig am Prinzip des
Verfahrens geändert. Die größten verfahrenstechnischen Fortschritte sind, wie
oben beschrieben, in der vorgeschalteten Kohleaufbereitung gemacht worden.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts setzte Abraham Darby I, ein englischer
Roheisenerzeuger, einen Meiler, ähnlich einem Holzkohlenmeiler ein um
erstmals aus Steinkohle Koks zu erzeugen mit dem er seine Eisenöfen anstelle
von Holzkohle befeuerte [Cox, 1990]. Im Laufe der industriellen Entwicklung
ermöglichten Fortschritte im Anlagenbau die Errichtung von größeren und
schlankeren Öfen. Ferner wurde Baumaterial hitzebeständiger und damit
langlebiger [Koßke, 2003]. Abbildung III-4 zeigt einen frühen Kammerofen der
Kokerei der Zeche Caroline, Bochum, von 1881 und – im Vergleich dazu – eine
moderne Koksofenbaterie der Kokerei Schwelgern in Duisburg.
Abbildung III-4: a) Kammerofen der Kokerei der Zeche Caroline, 1881, Bochum
[N.N., 1948]. b) Moderne Kokerei Schwelgern, Duisburg, fertiggestellt 2003
[N.N., 2011a].
III-9
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
Des Weiteren wurden Arbeitsabläufe weiterentwickelt, und zwar – ganz im Stil
der industriellen Revolution – mit dem Ziel zum mannlosen Betrieb. Zu Beginn
des 19. Jhd. wurden noch mehrere Wagen zum Befüllen einer Kammer benötigt.
Zahlreiche Arbeitskräfte waren mit dem Verfahren der Wagen und mit dem
Einfegen des Ofenbesatzes in die Ofenkammer beschäftigt (vergl. Abbildung 5).
Zunehmende Entwicklung ermöglichte den Bau größerer Einfüllwagen und
automatisierte weitgehend den Prozess der Kammerdeckelöffnung und schließung sowie seiner Reinigung und Abdichtung. Dies führte zu einer
Verringerung des Kokereipersonals [Koßke, 2003]. Auch auf der Koksseite der
Öfen verringerte sich das Personal durch fortschreitende Automatisierung.
Abbildung III-5: Deckelschließer auf der Kokerei des Ruhrreviers, um 1915
[Ress, 1957].
Der Einsatz großer Löschwagen und die Mechanisierung des Koksdrückens
sowie die Zerkleinerung und das Verladen des Kokses ersetzten zahlreiche
III-10
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
Arbeitsplätze. Weitere maschinelle Veränderungen wurden vor allem im Rahmen
des
Umweltschutz
und
der
Arbeitssicherheit
durchgeführt.
So
wurde
beispielsweise der Gasaustritt aus den Ofenkammern beim Befüllen durch
Wasserdampfeinspeisung
verringert,
das
Koksdrücken
durch
Kokskuchenführungen zwischen Ofen und Löschwagen besser kontrolliert und
das Löschen des Kokses in speziellen Löschturmeinhausungen entwickelt
[Koßke, 2003]. Heute verfolgt der Maschinist den Arbeitsablauf auf der Drucksowie auf allen anderen Maschinen am Bildschirm. Sein Arbeitsfeld beschränkt
sich heute im Wesentlichen auf Kontrollaufgaben. Tatsächlich legt er durch
Eingeben einer Ofennummer den zunächst anzusteuernden Ofen fest. Dadurch
setzt er automatisch eine Kette von Prozessabläufen in Gang, deren
reibungsloser Ablauf nun von ihm kontrolliert wird. Bei Störungen (zum Beispiel
dem Festbacken eines Kokskuchens an der Kokskammer) kann er den
Prozessablauf anhalten. Auch heute noch kommen dann Geräte aus der
Anfangszeit der Verkokung zum Einsatz und in Handarbeit wird ein Ofen
beispielsweise mit dem „Kratzer“, einer langen Eisenstange mit Handgriff,
„losgekratzt“ [Koßke, 2003].
Derzeit größter Kokereihersteller weltweit ist der Betrieb Thyssen Uhde. Der
aktuellste Kokereianlagenbau von Thyssen Uhde findet derzeit in Taiwan statt
[N.N., 2010c]. Die Anlage umfasst zwei Koksofenbatterien, welche pro Tag ca.
3.000 t Koks aus ca. 4.000 t Kohle erzeugen und aus jeweils 42 Öfen mit einer
Kammerhöhe von 7,3 m bestehen [N.N., 2010c]. III.2.2.
Ausblick
Der Trend der technologischen Entwicklung von Kokereien geht dazu größere
Öfen (bis zu 120 m³ Kammervolumen) zu bauen. Dies wird eine Verringerung der
Betriebskosten und – auf Grund der größeren Kammerbreite – eine weitere
Verbreitung der Rohstoffbasis mit sich bringen. Wichtige Aspekte sind jedoch
auch
niedrige
Investitionskosten,
optimaler
Umweltschutz
und
höchste
Koksqualität zu sichern [Gap, 2003]. Alternativ zu der traditionellen Verkokung
wird in den USA an der Bienenkorbofentechnik (Heat Recovery Oven) geforscht,
in welcher in Einzelofenkammern bei Unterdruck verkokt wird [Gap, 2003]. In
III-11
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
Deutschland ist die Technik eines Großraum-Verkokungsreaktors bereits erprobt.
Hier
wird
eine
große
Einzelkammeranordung
eingesetzt,
die
keine
zusammenhängende Ofenbatterie benötigt. Wesentliche Vorteile sind eine
verbreiterte
Rohstoffbasis,
weniger
Umweltemissionen
sowie
eine
gute
Wärmewirtschaft der Ofenkammer [Gap, 2003]. Japan arbeitet an der Scope 21Entwicklung, ein Projekt, welches aus vielstufigen Formkoksverfahren basiert
[u.a. Uebo et al., 2004].
III.3. Kokswirtschaft
Dieses Kapitel stellt eine Einführung in die weltweite Kokswirtschaft sowie die
Zusammenhänge zwischen Technologie, Wirtschaft und Politik vor.
III.3.1.
Aktueller Weltkoksmarkt
Weltweit wurden im Jahr 2009 521.185.000 t Koks produziert. Der Preis pro t lag
zwischen 281 € und 337,74 € [N.N., 2010b]. Hauptlieferanten für Koks sind
Australien, die USA und Kanada. Aktuell wird eine Koksverteuerung von bis zu
100 €/t erwartet, da Australien wegen starker Überschwemmungen derzeit als
Exporteur eingeschränkt ist [N.N., 2011b]. Russland, Kolumbien und Neuseeland
setzen
geringere
Mengen
ab.
Tabelle
2
zeigt
die
weltweiten
Koksproduktionsmengen [N.N., 2010a]. Die schnell steigende Nachfrage der
vergangenen Jahre, vor allem durch Chinas Rohstoffhunger erzeugt, führte
immer wieder zu Lieferengpässen. Hauptsächlich die Hafenlogistik, das Be- und
Entladen der Schiffe, verhinderte einen größeren Mengenumsatz. Nahezu jedes
Land, dass in der Erzeugungs-, Transport- oder Konsumkette von Koks beteiligt
ist,
unternimmt
derzeit
infrastrukturelle
Anstrengungen
den
Koks-
und
Kohlehandel zu verbessern [N.N., 2010a].
III.3.1.1. Entwicklung des Koksmarktes
Seit jeher ist der marktwirtschaftliche Druck geblieben die Rohstoffbreite der zur
Verkokung geeigneten Kohlen zu erhöhen. Kostete im Jahr 2009 eine t
Kokskohle im Schnitt 110 €, so belief sich der Preis für Kraftwerkskohlen im
Schnitt auf 86 € pro t Steinkohleneinheit [N.N., 2010b]. Tabelle 1 zeigt Kennzahlen
III-12
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
der Kokereien in Deutschland. Diese verdeutlichen den Produktionsrückgang
und Stilllegungen von Kokereien. Gleichzeitig erhöht sich jedoch die spezifische
Kokserzeugung je Kokerei, was eine Verbesserung der Kokereitechnik
demonstriert. Nach dem zweiten Weltkrieg brechen die Produktionszahlen
jedoch völlig ein, zerstörte Anlagen und Repressionszahlungen machen eine
geregelte Kokswirtschaft unmöglich.
Mit der technologischen Entwicklung sank der spezifische Koksverbrauch je t
Roheisen. So wurden im Jahr 1980 noch 3000 kg, im Jahr 1870 2000 kg, im Jahr
1950 1000 kg und 2003 lediglich 475 kg zur Herstellung einer t Roheisen
benötigt [Gap, 2003]. Außerdem sank durch den zunehmenden Einsatz von
Eisenschrott der Anteil des Roheisens in der Stahlerzeugung. Doch trotz dieser
drastischen Verbesserung der Ressourceneffizienz stieg die Nachfrage nach
Koks ständig an, da die Roheisen und Heißmetallerzeugung stark zunahm.
Tabelle 2 verdeutlicht dies anhand der Produktionsmengen von Koks. Erstaunlich
ist dabei der Zuwachs der Weltgesamtkokserzeugung um 30 % binnen sieben
Jahren. Trotz dieser rasanten Entwicklung sind die Koksproduktionen in Afrika, in
Ländern der ehemaligen Sowjet-Union, in Amerika und vor allem Europa
rückläufig. Asien allerdings steigert seine Koksproduktion um 65 % auf
408.173.000 t Koks im Jahr 2009, wobei dort lediglich Indien und China mit
jeweils 20 % und 94 % eine Produktionssteigerung vorweisen, die restlichen
Staaten verzeichnen sogar einen Produktionsrückgang.
Tabelle III-1: Kennzahlen der Kokereien in der Bundesrepublik Deutschland
[Farrenkopf, 2003; * = N.N., 2010a].
III-13
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
Tabelle III-2: Kennzahlen der Weltkoksproduktion 2003 bis 2009 in 1000 t [N.N.,
2010a].
III-14
Entwicklungen der Kokereiindustrie
III.3.2.
Ben Laurich
Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Technologie und
Politik
Zahlreiche
politische,
wirtschaftliche
und
technische
Aspekte
der
Kokereigeschichte bedingten einander und standen in starker Wechselwirkung.
Die folgenden zwei Beispiele verdeutlichen dies.
III.3.2.1. Die industrielle Revolution
Die industrielle Revolution, vorangetrieben durch den Fortschritt der Technik,
wäre ohne eine Roheisenerzeugung im großen Stil nicht möglich gewesen. Die
Verfügbarkeit dieser Roheisenmengen bedurfte jedoch wiederum fortschrittlicher
Technik: um 1880 wurden weltweit ca. 18,5 Mio. t Roheisen produziert, was bei
einer altertümlichen Holzkohlebefeuerung der Hochöfen 4 m³ Holzkohle je t
Roheisen bedeutet hätte [Toussaint, 2003]. Dies entsprach einem Jahresbedarf
von 74 Mio. m³ Holzkohle, hergestellt aus 150 m³ Holz. Bei einem
Jahreszuwachs von durchschnittlich 8 m³ Holz pro Hektar wäre damit pro Jahr
eine Fläche größer als die Hälfte des heutigen Deutschlands nötig gewesen.
Doch in England beispielsweise, der Keimzelle der industriellen Revolution,
wurde Holz vorranging zum Schiffbau genutzt (man bedenke die damalige
Vorrangstellung der englischen Seemacht und die zahlreichen Handelsschiffe
zur Kolonialisierung), was eine starke Holz-Importabhängigkeit Englands
auslöste [Gleitsmann, 1984]. Der Fortschritt der technischen Entwicklung und
damit der zunehmende Einsatz von Steinkohlekoks war also politisch nötig und
dementsprechend forciert, diese Politik jedoch war Produkt des starken
Wirtschaftswachstums der industriellen Revolution, welches wiederum aus
technischem Fortschritt resultierte. Länder, die diesen politisch bedingten
wirtschaftlichen Druck nicht erfahren haben, produzierten Roheisen wesentlich
länger mit Holzkohlen. Sogar in der Gegenwart werden noch mehrere Mio. t
Roheisen auf diese Art hergestellt. Im Jahr 1995 erzeugte Brasilien 7,5 Mio. t
Roheisen, fast 30 % der brasilianischen Gesamterzeugung, durch den Einsatz
von Holzkohlen [Toussaint, 2003].
III-15
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
III.3.2.2. Die Kokereiindustrie in China und Deutschland
Ein zumindest teilweise vergleichbares Schicksal der Holzknappheit wie das
Englands im 18. Und 19. Jhd. erfährt zurzeit China. Als zweitgrößter
Holzimporteur ist China angewiesen auf den Einsatz von Stein- und
Braunkohlenkoks [Roepke, 2008]. Chinas Wirtschaftswachstum ist stark an den
Sektor der Montanindustrie gebunden, zahlreiche langfristige Verträge zu
Rohstoffimporten sollen dies auch für die Zukunft sichern [Trinh et al., 2006]. Die
Deutsche Bank Research prognostiziert einen Zuwachs des Kohlenimports
Chinas auf 810 Mio. t im Jahr 2020 (11 Mio. t im Jahr 2006, Koks- und
Verstromungskohle, [Trinh et al., 2006]). Im Jahr 2000 führte diese Entwicklung
zum ersten Mal in der Kokereigeschichte zu einer vollständigen Umsiedlung
einer ganzen Kokereianlage [Willeke, 2004]. Die damals moderne Kokerei
Kaiserstuhl in Dortmund wurde dabei demontiert, verschifft und in Shandong,
China wiedererrichtet. Zuvor war die Anlage geschlossen, da im Zuge der Fusion
von Thyssen und Krupp das nahegelegene Stahlwerk Hoesch seinen Betrieb
einstellte. Die Kokerei (Inbetriebnahme 1992) kostete knapp 600 Mio. Euro und
wurde für 30 Mio. Euro verkauft. Die begünstigenden Standortfaktoren in China
waren zum einen geringere Löhne, Nähe zu Kohlegewinnungsbetrieben und ein
großer Absatzmarkt an die lokale Hüttenindustrie [Wintermann, 2004]. Die starke
Koksnachfrage der Schwellenländer führte zu einem drastischen Preissprung für
Koks und Kokskohle, so dass, im Rahmen der Standortverlagerung der
Kokereiindustrie, Koksmangel in Europa und vor allem Deutschland aufkam
(s.O.). Ob der geringen Rohstoffverfügbarkeit sahen sich einige Betriebe
gezwungen Zeitarbeit einzurichten und die Produktion zu reduzieren. Manager
der Stahl und Koksindustrie wurden für ihre falschen Marktprognosen und den
daraus resultierenden Entscheidungen zu dieser Zeit scharf kritisiert. So warf
Werner Müller, parteiloser Wirtschaftsminister Deutschlands von 1998 bis 2002,
den Managern der Stahlindustrie „grobe strategische Fehler im globalen
Wettbewerb“ vor [Wintermann, 2004]. Die resultierende Importabhängigkeit
Deutschlands führte zu einem weiteren Ausbau der Forschung und Entwicklung
des Kokereiwesens. Neue Technologieschritte sollten wirtschaftliche Nachteile
III-16
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
ausgleichen und das Verkoken in Deutschland trotz hoher Produktionskosten
wieder profitabel machen. Vor dem Hintergrund des hohen Kokspreises war dies
seit dem vergangenen Jahrzehnt umsetzbar [Willeke, 2004]. Seit der Einführung
des „Kohlenpfennig“ im Jahr 1974 förderte die Politik durch zahlreiche
Subventionen des heimischen Steinkohlenbergbaus indirekt die wirtschaftliche
Situation
der
ansässigen
Kokereiindustrie,
doch
auch
Investitionen
in
Personalqualifikation und Technologie wurden getätigt. Die ingenieurtechnische
Vorreiterrolle deutscher Unternehmen im Kokereianlagenbau (Thyssen Uhde, s.
O.) kann sicherlich als Ergebnis dieser Forschungs- und Entwicklungsarbeit
gesehen werden [Wagener und Farrenkopf, 2003].
III.4. Zusammenfassung
In den ersten Jahrzehnten der kokereitechnischen Entwicklung wurde vor allem
der
Bau
von
leistungsfähigeren
Kammerofen,
anstelle
von
Meilern,
vorangetrieben [Gap, 2003]. Die Nebenprodukte bei der Kokserzeugung fanden
nach und nach großen Absatz (z.B. als Stadtgas) und waren wichtige
Ausgangsprodukte der organischen Chemie [Falk und Rohde, 2003]. Anfang des
20. Jahrhunderts definierte man Qualitätsnormen für Koks und untersuchte vor
allem das Verhalten von Koks im Hochofen. Wesentliche Fortschritte der
Aufbereitungstechnik ermöglichten dabei eine immer größere Rohstoffbasis [Falk
und Rohde, 2003]. Daneben versuchte man stetig die Produktionskosten zu
senken, so dass Arbeiten zunehmend automatisiert und von Maschinen
übernommen wurden [Farrenkopf, 2003]. Erst zu Beginn der 1960er Jahre wurde
verstärkt auf Umweltschutz geachtet. In den 1980er Jahren studierte man
Zusammenhänge von Rohstoff, Verkokung und Endprodukt. Investitionen zur
Minimierung der Umweltbelastung und zur Verbesserung des Arbeitsschutzes
veränderten Anlagentechnik sowie Produktionsabläufe und führten zur modernen
Kokerei [Wagener und Farrenkopf, 2003].
Die Kokswirtschaft ist ein komplexes Zusammenspiel aus wirtschaftlichen,
technologischen und politischen Entwicklungen. Vor dem Hintergrund eines
starken Wirtschaftswachstums steigert sich die Koksproduktion Chinas auffallend
III-17
Entwicklungen der Kokereiindustrie
Ben Laurich
um 94 % während der letzten sieben Jahre, wobei, mit Ausnahme von Indien,
alle übrigen Koksproduzierenden Länder einen Produktionsrückgang vorweisen
[N.N., 2010a]. Auf Grund des starken wirtschaftlichen Aufschwungs Chinas kann
von einer anhaltenden Koksnachfrage in der Zukunft ausgegangen werden. Es
ist anzunehmen, dass sich weitere Schwellenländer einer solchen Entwicklung
anschließen werden (z.B. Indien) [N.N., 2010b; Trinh et al., 2006].
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III-20
LNG – Technologie
IV.
Ruth Moschet
LNG – Technologie
Ruth Moschet
Das vorliegende Kapitel befasst sich mit Technologie und Handel von verflüssigtem Erdgas oder LNG (Liquefied Natural Gas), wobei insbesondere auf
den Unterschied zum Pipelinetransport eingegangen wird.
Nach einer kurzen Einführung in die Verflüssigungstechik werden die wichtigsten Verflüssigungsverfahren aufgeführt, gefolgt von einer Übersicht über
aktuelle Standorte und Projekte.
Es schließt sich eine vergleichende Betrachtung des Erdgastransports als
LNG und über Pipelines an.
Weitere Kapitel behandeln die ökonomischen Aspekte des globalen und des
europäischen Erdgasmarkts sowie die Erdgasversorgung Deutschlands.
IV-1
LNG – Technologie
IV.1.
Ruth Moschet
Einleitung
Erdgas ist ein in der Erde natürlich vorkommendes Gasgemisch, das sich in
unterirdischen Lagerstätten sammelt (BGR, 2009, 71). Es besteht zum größten Teil aus den niedermolekularen Kohlenwasserstoffen Methan (88%), Ethan (5%), Propan (2%) und Butan (1%) (Tusiani, 2006, S.111). Den restlichen Anteil bilden Verunreinigungen wie vor allem Stickstoff (N2), Kohlenstoffdioxid (CO2), Schwefelwasserstoff (H2S) und Helium (He) (BGR, 2009, S.
71).
In Abhängigkeit vom Schwefelwasserstoffgehalt wird Sauergas mit über 1
Vol.% H2S, Armgas mit unter 1 Vol.% H2S sowie Süßgas mit unter 2 Vol.%
Kohlendioxid und H2S-frei unterschieden.
In der Aufbereitung werden bei Süßgas Wasser und höher molekulare Kohlenstoffverbindungen abgetrennt, sowie bei Sauergas in einem aufwändigen
Gaswaschverfahren die Schwefelverbindungen (BGR, 2009, S. 71).
Nach dem Verhalten im Aufbereitungsverfahren werden weiterhin Nasses oder Reichgas, das überwiegend höherwertige Kohlenwasserstoffe als Methan
enthält, die bei der Abkühlung als Flüssiggas, Kondensat oder Gasbenzin
ausfällen, und Trockenes Erdgas, bei dem keine Kondensate ausfallen, unterschieden (BGR, 2009, S. 71).
Der Transport von Erdgas erfolgt entweder in gasförmigen Zustand per Pipeline oder in verflüssigter Form als LNG vor allem in Spezialtankschiffen. Der
Vorteil des LNG gegenüber dem gasförmigen Zustandes ist, dass sein Volumen nur 1/600 beträgt.
Für die Verflüssigung wurden verschiedene technische Verfahren entwickelt,
die alle auf dem Prinzip der Linde-Kältemaschine beruhen, die wiederum auf
der technischen Ausnutzung des Joule-Thomson-Effekts basiert. Die Kapazitäten der einzelnen Verflüssigungsanlagen reichen von jährlich 4.000t für
kleine Grundlasten bis zur Abdeckung von Spitzenlasten mit 10.000t pro Jahr
(Linde, 2009).
IV.2.
Verflüssigungstechnik
Für die Verflüssigung von Erdgas wurden im Laufe der Zeit verschiedene Verfahren entwickelt, die jedoch vom Grundsatz her ähnlich funktionieren, indem
IV-2
LNG – Technologie
Ruth Moschet
sie die unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Bestandteile des Erdgases nutzen. Die eigentliche Verflüssigung funktioniert nach dem Prinzip der Linde-Kühlmaschine, die auf Ausnutzung des
Joule-Thomson-Effekts beruht wie in Abbildung 1 dargestellt.
Gase kondensieren bei Abkühlung in einen Temperaturbereich unterhalb des
Siedepunktes, der wiederum von Druck abhängt. Die technische Umsetzung
dieses Vorgangs basiert auf der Wirkung intermolekularer Kräfte unter Ausnutzung des Joule-Thomson-Effekts. Grundsätzlich gilt, dass die quadratisch
gemittelte Geschwindigkeit der einzelnen Gasmoleküle proportional zur Quadratwurzel der Temperatur ist – Wärme stellt folglich die nicht-gerichtete, zufällige Bewegung von Teilchen dar. Eine Verringerung der nicht-gerichteten Geschwindigkeit hat daher eine Abnahme der Temperatur zur Folge. Wird die
Molekülgeschwindigkeit so weit erniedrigt, dass sich die einzelnen Gasteilchen aufgrund der anziehenden Wechselwirkung nicht mehr von einander lösen können, verflüssigt sich das Gas (nach Atkins, 2001, S. 54).
Moleküle haben grundsätzlich das Bestreben, sich gleichmäßig im Raum zu
verteilen. Bei der Expansion eines Gases nehmen sowohl das Volumen als
auch der Abstand der einzelnen Moleküle zueinander zu. Dabei nimmt die
Temperatur des Gases ab, wenn verhindert wird, dass diesem Vorgang Energie von außen zugeführt wird. Eine Betrachtung auf molekularer Ebene ergibt
folgenden Vorgang: Wird Gas ein größeres Volumen zur Verfügung gestellt,
müssen sich die einzelnen Moleküle voneinander lösen, um das gesamte Volumen ausfüllen zu können. Dabei nimmt die Geschwindigkeit der einzelnen
Moleküle ab, da kinetische in potentielle Energie umgewandelt werden muss.
Aufgrund der Abnahme der mittleren Geschwindigkeit der einzelnen Moleküle
ist das Gas nun kälter als vor der Expansion. Dies wird als Joule-ThomsonEffekt bezeichnet (nach Atkins, 2001, S. 54f).
In der Technik wird für diesen Vorgang ein Drosselventil verwendet, durch
das das Gas hindurch strömt und dabei aufgrund des Druckunterschiedes –
vor der Drossel herrscht ein höherer Druck – expandiert und sich abkühlt
(nach Atkins, 2001, S. 54 - 55).
Dieses grundsätzliche Prinzip wurde technischen in der Linde-Kühlmaschine
umgesetzt. In der Linde-Kühlmaschine erfolgt die Abkühlung und damit einhergehende Verflüssigung des Gases in mehreren Expansions- und KomIV-3
LNG – Technologie
Ruth Moschet
pressionsschritten ab. Nach der Entspannung des zu kühlenden Gases über
ein Drosselventil wird es im Kühlkreislauf wieder isotherm komprimiert, bevor
es erneut über dem Drosselventil entspannt werden kann. Vor dem Durchtritt
der Drossel fliest das Gas noch im Gegenstrom zur Vorkühlung am gerade
entspannten Gas vorbei. Da bei jedem Durchlauf das Gas weiter abkühlt, fällt
es nac h mehren Durchgängen flüssig aus dem Prozesskreislauf aus. (Atkins,
2001, S.54 – 55).
Abbildung 1: Prinzip der Linde-Kältemaschine unter Ausnutzung des JouleThomson-Effekts (pci.tu-bs.de).
Die häufigsten Verfahren werden im Folgenden vorgestellt. Abbildung 2 gibt
einen groben Überblick über den Verflüssigungsprozess.
IV-4
LNG – Technologie
Ruth Moschet
Abbildung 2 : Überblick über den Verflüssigungsablauf (Tusiani, 2006, S. 109)
IV.2.1.
Reinigung und Vorbehandlung des Erdgases
Vor dem eigentlichen Verflüssigungsprozess erfolgt eine Vorbehandlung des
Erdgases, in der Verunreinigungen wie H2S, CO2 und N2 entfernt werden (Tusiani, 2006, S. 111).
Die eigentliche Vorbehandlung beginnt mit der Entfernung aller noch im einströmenden Gasstrom (Feedgas) vorhandenen Kohlenwasserstoffkondensate. Diese werden entweder als Treibstoff in der Anlage verwendet oder separat verkauft.
Als nächstes erfolgt die Entfernung der Sauergase (Acid Gas Removal). Dafür
wird zuerst der CO2-Gehalt unter 50ppm gesenkt und anschließend der
Schwefelwasserstoffgehalt auf unter 3ppm.
Nach der Entschwefelung ist das Gas mit Wasserdampf gesättigt. Dieser
muss wieder entfernt werden, damit das Wasser durch die absinkende Temperatur im späteren Hauptverflüssigungsprozess nicht zu Eis gefriert. Die Entfernung erfolgt dabei in zwei Stufen. Zuerst wird der Gas mit Luft oder Wasser
und einem vorgekühlten Kältemittel bis zur Kondensation abgekühlt, so dass
möglichst viel Wasser aus dem Gasstrom ausfällt. Anschließend wird der
Gasstrom zur Entfernung des noch verbliebenen Wassers durch eine feine
Membran, an dessen Gitter der größte Teil des Wassers hängen bleibt und
anschließend der Wasserdampfgehalt unter 0,1ppm beträgt.
Falls das Gas – wenn auch nur in geringsten Mengen – Quecksilber enthält,
muss dieses entfernt werden, da es ansonsten im weiteren Verfahrensverlauf
mit dem Aluminium des Wärmetauschers reagieren und Korrosion verursaIV-5
LNG – Technologie
Ruth Moschet
chen würde. Die Entfernung erfolgt mit Hilfe eines schwefelbehandelten Kohlenstoffbetts, in dem Quecksilber zu Quecksilbersulfid reagiert.
Der letzte Vorbehandlungsschritt umfasst die Entfernung aller eventuell vorhandenen schwereren und längerkettigen Kohlenwasserstoffe ab Pentan
aufwärts sowie aromatischer Verbindungen, um zu verhindern, dass diese
später im Hauptwärmetauscher gefrieren. Zur Entfernung werden die schwereren Kohlenwasserstoffe mit Hilfe eines vorgekühlten Kältemittels kondensiert und anschließend in ein Fraktionierungssystem eingespeist. Das Fraktionierungssystem besteht aus einer Reihe von Destillationskolonen, so dass
nacheinander in der jeweiligen Kolone die entsprechende Flüssigkeit aus dem
Gesamtmix ausfällt. Die so gewonnenen leichteren Kohlenwasserstoffe wie
Ethan, Propan und Butan werden entweder zur Kühlung wieder in den Gasstrom eingespeist, wobei die zulässigen Grenzwerte beachtet werden müssen, zum Betrieb der Anlagen genutzt oder als separate Produkte verkauft
(Tusiani, 2006, S. 111-112).
IV.2.2.
Verflüssigungsprozesse
Für den eigentlichen Verflüssigungsprozess gibt es heute verschiedene Möglichkeiten, die sich in die folgenden Hauptarten unterteilen.
IV.2.2.1. Der Pure Refrigerant Cascade Process
Der Pure Refrigerant Cascade Process besteht aus drei hintereinanderliegenden, separaten Kreisläufen, die das Gas durch stufenweise Abkühlung
verflüssigen. Jeder dieser Kreisläufe setzt sich aus Kompressor, Kondensator, Ausdehnungsventil sowie Verdampfer zusammen (s. Abbildung 3).
IV-6
LNG – Technologie
Ruth Moschet
Abbildung 3: Technischer Aufbau des Pure Refrigerant Cascade Process
(Tusiani, 2006, S. 114).
Der Pure Refrigerant Cascade Process beginnt mit dem Propane Refrigeration Cycle, in dem das vorbehandelte Gas unter Hochdruck auf circa -30°C abgekühlt wird, so dass Propan kondensiert. Das kondensierte Propan wird anschließend wieder expandiert bis es wieder vollständig zu kaltem Gas verdampft ist. Dabei wird es als Kältemittel für Methan und Ethylen genutzt, das
in den folgenden Abkühlungskreisläufen gebraucht wird. Das gasförmige gewordene Propan wird anschließend wieder auf seinen hohen Anfangsdruck
gebracht, um den Kältekreislauf zu schließen (Tusiani, 2006, S. 114).
Danach folgen der Ethylene Refrigerant Cycle und der Methane Refrigeration
Cycle, in denen bei geringeren Temperaturen, aber nach dem gleichen Ablauf
Ethan und Methan separiert werden.
Im Ethylene Refrigerant Cycle wird das Gas auf Temperaturen von -100 °C
abgekühlt, wobei glaichzeitg das Methan Kältemittel für den dritten Kreislauf
kondensiert. Zuletzt wird im Methane Refrigeration Cycle das Gas durch Ent-
IV-7
LNG – Technologie
Ruth Moschet
spannung und damit einhergehenden Temperaturabfall auf den Siedepunkt
des Methans von -163°C abgekühlt (Tusiani, 2006, S. 115).
Die Vorteile des Pure Refrigerant Cascade Process liegen in seiner Einfachheit und seinen geringen Kapitalkosten, nachteilig ist jedoch der geringe
thermodynamische Wirkungsgrad (Tusiani, 2006, S. 115).
IV.2.2.2. Propane Precooled Mixed Refrigerant (C3-MR) Cycle
Ein weiterer weit verbreiteter Verflüssigungsprozess ist der sogenannte Propane Precooled Mixed Refrigerant (C3-MR) Cycle, der weltweit in über 80%
der Verfahrensprozesse angewendet wird.
Der C3-MR Prozess benutzt ein Kühlmittelgemisch, das sich überwiegend
aus Stickstoff, Methan, Ethan, Propan, Butan und Pentan zusammensetzt, um
das Gas über ein breites Temperaturspektrum zu kondensieren und anschließend wieder zu verdampfen (s. Abbildung 4).
In diesem Prozess wird zuerst trocken vorbehandeltes Erdgas mit Propankältemittel auf circa -30°C abgekühlt. Bei dieser Vorkühlung kondensieren alle
sich noch im Gas befindlichen schweren Kohlenwasserstoffverbindungen sowie LPG aus. Die flüssigen Verbindungen werden im weiteren Verfahrensprozess weiter in kurzkettige Verbindungen aufgespalten und entweder dem
Gasstrom als Kühlungsmittel zugeführt oder als separate Produkte verkauft.
Danach passiert das auf -30°C abgekühlte Gas den Hauptwärmetauscher
(main cryogenic heat exchanger (MCHE)) und wird dabei auf -161°C abgekühlt. Der MCHE besteht im Inneren aus tausenden, kleinen spiralförmig gewundene Röhren, um die Strecke, die das Gas durchläuft, zu verlängern.
Die Vorteile des C3-MR Prozess sind seine erprobte Technologie und sein
hoher Wirkungsgrad, nachteilig ist seine begrenzte Flexibilität bei der Verwendung der Kühlungsmenge und –mittel (Tusiani, 2006, S. 115 - 117).
IV-8
LNG – Technologie
Ruth Moschet
Abbildung 4: Technischer Aufbau des “Propane Precooled Mixed Refrigerant
(C3-MR) cycle; LP = Low Pressure, MP = medium pressure, HP = High pressure (Tusiani, 2006, S. 115).
IV.2.2.3. APCI AP-X Process:
Der APCI AP-X Prozess ist eine Variante des C3-MR Prozess, der die Kapazität des Verflüssigungsprozesse von 5 auf 8 Millionen Tonnen pro Jahr gesteigert hat. Er wurde im Jahre 2001 in den Markt eingeführt.
Die Neuerung in diesem Prozess besteht im Hinzufügen eines dritten Stickstoffexpander (N2)- Kreislauf am Ende des C3-MR Prozesses (s. Abbildung
5). Dieser N2-Kreislauf kühlt das flüssige Gas weiter ab, wobei die Abkühlungsauslastung der ersten beiden Kreisläufen reduziert und die Kapazität der
gesamten Anlage vergrößert wird (Tusiani, 2006, S. 117).
IV-9
LNG – Technologie
Ruth Moschet
Abbildung 5: Aufbau des APCI AP-X Process (Tusiani, 2006, S. 118).
IV.2.2.4. Weitere gemischte Abkühlungsprozesse
Effizienz und Beständigkeit des C3-MC Prozesses haben zur Entwicklung
weiterer gemischter Abkühlungsprozesse geführt. Diese Varianten zielen auf
eine Steigerung der Prozesseffizienz durch z.B. andere Kühlmittel und eine
andere Prozesskühlung ab. Daneben werden geringere Anlagenkosten und
teilweise geringere Anlagenemissionen angestrebt.
Der Statoil Linde mixed fluid cascade process (MFC) (s. Abbildung 6) verflüssigt Erdgas durch drei gemischte Abkühlungsprozesse. Der erste Abkühlungskreislauf benutzt eine Methan-Ethan-Abkühlung in einem Rippenplattenwärmetauscher, während der zweite und dritte Kreislauf in einem spiralförmig gewunden Aluminiumwärmetauscher stattfinden (Tusiani, 2006, S.
119).
IV-10
LNG – Technologie
Ruth Moschet
Abbildung 6: Statoil - Linde mixed-fluid cascade (MFC) process (Tusiani,
2006, S. 120).
IV.2.2.5. Nitrogen expander- based process
Außer dem APCI AP-X Prozess gibt es noch einige weitere Prozesse verschiedener Hersteller, die auf der Verwendung stickstoffhaltiger Kältemittel
beruhen. Trotz der fehlenden skalierbarkeit der Anlagen eigen sie sich druch
den simplen und robusten Aufbau für offshore-baseload Anlagen oder Peakeranwendungen
In diesem Prozess kommt unter Hochdruck stehenden Stickstoffdampf aus
einem Stickstoffkompressor und durchläuft anschließend zur weiteren Abkühlung eine Reihe von Expandern und Wärmetauschern, um anschließend das
Gas auf die gewünschten Temperatur- und Druckverhältnisse zu kühlen zu
können. Nach Abkühlung und Verflüssigung durchfließt das Gas unter geringem Druck stehenden Stickstoff, wobei es teilweise komprimiert wird. Um den
Strombedarf zu senken, wird das ausgedehnte Stickstoffgas anschließend
wieder in die Zirkulation eingespeist (Tusiani, 2006, S. 120).
IV-11
LNG – Technologie
IV.3.
Ruth Moschet
Aktuelle Standorte und Projekte
Im Folgenden werden drei aktuelle Projekte, an denen mit den von der Firma
Linde entwickelten Prozessen Erdgasverflüssigung durchführt wird, vorgestellt. Dabei handelt es sich um die beiden kleineren Anlagen Kollnes im norwegischen Bergen und Shan Shan im chinesischen Xian Jiang, sowie die
große Snøhvit LNG-Anlage im norwegischen Hammerfest. Die kleineren Anlagen produzieren für den regionalen und lokalen Energiebedarf, während die
Snøhvit Anlage zur Verflüssigung großer Gasmengen zum Export mit Tankschiffen dient.
Die Kollnes Anlage wurde im Jahre 2003 von der Firma Naturgass Vest mit
einer Kapazität von 120 Tonnen LNG pro Tag in Betrieb genommen. Sie verwendet den Basic Single Flow Prozess. Das Nutzkonzept der Anlage besteht
v.a. in der Verwendung des LNGs als Treibstoff für Fährboote entlang der
norwegischen Küste, dessen Rückstände im Gegensatz zum zuvor verwendeten Diesel partikelfrei sowie CO2 und NO2 ärmer sind. Außerdem laufen die
Schiffsmotoren deutlich ruhiger, was zum erhöhten Komfort der Fährgäste beträgt.
Die Shan Shan Anlage wurde im Jahre 2004 vom Unternehmen Xin Jiang
Guanghui Industry and Commerce Group Co. Ltd. mit einer Kapazität von
1.300 Tonnen LNG pro Tag in Betrieb genommen. Sie verwendet den Advanced Single Flow Prozess und zeichnet sich durch hohe Flexibilität und Robustheit aus. Das LNG wird von der Anlage aus mit LKWs verteilt, wobei die
Kunden teilweise mehr als 4.000km entfernt sind. Hierdurch entsteht zum einen ein neuer regionaler Gasmarkt, zum anderen hilft die Anlage aber vor allem, den schlecht versorgten chinesischen Energiemarkt zu entlasten.
Die in Europa größte und am nördlichsten gelegene LNG Anlage ist die
Snøhvit LNG Anlage von Statoil im norwegischen Hammerfest. Sie wurde im
Jahre 2007 mit einer Kapazität von 4.3 Millionen Tonnen LNG pro Jahr in Betrieb genommen und ist die erste Anlage, die den MFCP (Mixed Fluid Cascade Prozess) verwendet.
Neben dem verwendeten MFCP, der außer der sehr niedrigen Wassertemperatur ursächlich für den geringen Stromverbrauch der Anlage ist, wurden ebenso bei dem Bau der einzelnen Teilaggregate und bei der Montage der An-
IV-12
LNG – Technologie
Ruth Moschet
lage neue Wege gegangen, da die einzelnen Anlagenmodule an verschiedenen Werftstandorten vormontiert und erst am Standort final montiert wurden.(Linde, 2009).
IV.4.
Vergleich des Erdgastransports als LNG und über
Pipeline
Da Förder- und Verbrauchsregionen von Erdgas zumeist nicht identisch sind,
muss das Erdgas nach seiner Förderung zur Verbrauchsregion transportiert
werden. Der Transport erfolgt entweder gasförmig durch Pipelines oder in verflüssigter Form auf dem Seeweg in Spezialtankschiffen. Pipelines sind mehrere hundert Kilometer lange Röhren. Zur Reduzierung des Gasvolumens und
zur Erzielung einer höheren Leitungseffizienz wird in den Röhren durchschnittlich ein Druck bis 84 bar erzeugt (BGR, 2009, S. 71), der jedoch auch
deutlich höher liegen kann z. B. beträgt er in der Nord-Stream-Pipeline bis
220 bar (nord-stream.de). Die strömungsbedingten Druckverluste werden
durch Verdichterstationen in Abständen von 100 - 400 km ausgeglichen.
Der Transport des LNGs erfolgt hauptsächlich im drucklosen Zustand auf
Spezialtankschiffen über große Entfernung auf dem Meer (BGR, 2009, S.71).
Neben den Transportschiffen sind noch die oben beschriebene Verflüssigungsanlage, Verlade- und Anlandeterminals inklusive Anlagen zum Verdampfen des Erdgases, um es anschließend wieder in das Pipelinenetz einzuspeisen, notwendig. Diese Stationen – also Verflüssigung, Transport und
Wiedervergasung – bilden zusammen die so genannte LNG-Kette, auf der der
LNG-Transport beruht (BGR, 2009, S. 72). Für die Wiedereinspeisung des
LNGs in das Pipelinenetz bestehen bestimmte technische Anforderungen,
damit Transport, Lagerung oder Verkauf ohne zusätzliche Kosten möglich
sind. Die im Folgenden beschriebenen Daten gelten für das LNG-Terminal in
Zeebrügge. Das LNG sollte einen Wasserdampfdruck unter 1,16mbar aufweisen und keine Flüssigkeitsbestandteilen wie Aromaten, Benzol, Kohlenstoffdioxid, Methanol etc. enthalten, deren Konzentration über 50% der Löslichkeitsgrenze der jeweiligen Flüssigkeit liegt. Die Löslichkeitsgrenze hängt wiederum von der jeweiligen Flüssigkeit bei Druck- und Temperaturverhältnissen
zwischen 0-100 bar und -16° C bis +50° C ab (fluxys.com).
IV-13
LNG – Technologie
Ruth Moschet
Neben den Aggregatzuständen des Gases und den verschiedenen Entfernungen unterscheiden sich die beiden Transportarten auch in ihrer Kosteneffizienz. Aufgrund des geringeren Energiegehalts des Erdgases liegen dessen
volumenbezogenen Transportkosten grundsätzlich höher als bei Erdöl und
Kohle (vgl. Tabelle 1).
Menge
~ t SKE
~ m3 Erdgas
Heizwert [kJ]
Erdöl
1t
1,428
1101
41, 8 * 106
Erdgas
1.000 Nm3
1,297
0,753 t LNG
38 * 106
LNG
1t
1,52
/
44,4 * 106
Steinkohle
1 t SKE
/
770, 7 m3 Erd-
29,3 * 106
gas
Tabelle 1: Heizwert der Primärenergierohstoffe (erstellt nach BGR, 2009,
S.283). Nm3 = Normkubikmeter = Gasmenge in 1 m3 bei 0°C und 1013 mbar
SKE = Steinkohleeinheit
Abbildung 7 stellt die Transportkosten von Pipelinetransport und LNG in Abhängigkeit von Distanz und Kapazität gegenüber. Die Transportkosten werden dabei in MMBTU (Million British Thermal Unit) angegeben. 1 MMBTU
entspricht ca. 28 m3 oder 0,032 SKE (BGR, 2009, S. 92 und umgerechnet
nach BGR, 2009, S.275). Die Indifferenz-Linie zeigt die Punkte, an denen die
Kosten für LNG und Pipelinetransport identisch sind.
Beim Pipelinetransport hängen die Kosten hauptsächlich von der Pipelinekapazität ab. Bei einer Kapazitätserhöhung um das Vierfache von 5 auf 20 Mrd.
m3 reduzieren sich die Transportkosten um die Hälfte. Bei einer durchschnittlichen Pipeline von 1,4 m Durchmesser, 84 bar Betriebsdruck, einer Entfernung von 4700 km und einer jährlichen Transportkapazität von 26 Mrd. m3
ergeben sich Transportkosten von 56,25 € pro 1.000 m3 (BGR, 2009, S. 83).
Die Investitionskosten einer solchen Pipeline liegen bei 7,7 Mrd. €. Weitere
Kosten entstehen durch Leckageverluste, die auf etwa 1% des Fördervolumens geschätzt werden. Bei offshore verlaufenden Pipelines erhöhen sich die
Transportkosten um ca. 50%.
IV-14
LNG – Technologie
Ruth Moschet
Abbildung 7: Transportkosten für Erdgas per Pipeline und als LNG in
Abhängigkeit von Kapazität und Distanz (BGR, 2009, S. 84).
Aufgrund des LNG-Transports per Spezialtankerschiffs und damit einhergehenden Bindung an Seehäfen kommen als Verbraucherregionen nur küstennahe oder im Meer liegende (offshore) Gebiete in Frage. Die Investitionskosten für eine LNG-Kette liegen zwischen 3-10 Mrd. $ (BGR, 2009, S. 84).
Die spezifischen Transportkosten liegen bei LNG erst ab einer Entfernung von
3.000 km unter denen des Pipelinetransports. Ursächlich dafür sind die erheblichen Energiekosten für den Verflüssigungsprozess sowie die Energiekosten
für den Betrieb der Schiffe. So beträgt beispielsweise der spezifische Energieverbrauch auf einer Strecke von Katar in die USA 15% der transportierten
Gesamtmenge. Auf der anderen Seite fallen beim Pipelinetransport durch die
notwendige Kompression des Gases ebenfalls mit der Streckenlänge korrelierende Transportkosten an.
Ein großer Vorteil des LNG-Transports gegenüber dem Pipelinetransport
durch das starre Pipelinenetz ist sein höheres Maß an Flexibilität. Soweit keine vertraglichen Handelsklauseln dem entgegenstehen, können LNGTankschiffe weltweit beliebig zwischen Verlade- und Anlandeterminals verkehren.
Diese Flexibilität hat zur Herausbildung eines Spotmarktes für Erdgas geführt,
welcher eine stärkere Dynamik des Erdgashandels zur Folge hat (BGR, 2009,
IV-15
LNG – Technologie
Ruth Moschet
S. 84). Auf einem Spotmarkt, werden Kassageschäfte gehandelt, die sich dadurch kennzeichnen, dass die Vertragserfüllung relativ kurz nach dem Handel
stattfindet. Das Gegenteil ist der Terminmarkt, bei dem sowohl Zahlung als
auch Lieferung zu einem festen Zeitpunkt in der Zukunft stattfinden und welcher im pipelinebasierten Erdgasmarkt bisher üblich ist. Die Preise auf des
Spotmarktes spiegeln den aktuellen Bedarf, also Überangebot oder Mangel,
wider und unterliegen folglich starken, kurzfristigen Schwankungen (wisosoftware.de) Dieser Erdgas-Spotmarkt zerfällt jedoch regional in zwei kleinere, fast voneinander unabhängige Märkte, einen im atlantischen und einen im
pazifischen Raum. (s. Kapitel IV.5)
Für die zukünftige Entwicklung des Erdgasmarktes wird eine immer stärkere
Zunahme des LNG-Transports angenommen. In den nächsten fünf Jahren
wird mit einer Verdopplung sowohl bei der Verflüssigungskapazität als auch
beim Ausbau der dazugehörigen Verflüssigungs- und Anlandeterminals gerechnet. Im Jahre 2030 soll der LNG-Anteil am gesamten Erdgasmarkt über
50% betragen. Die dafür notwendigen Investitionen werden auf insgesamt ca.
100 Mrd. US$ geschätzt. Von diesen Investitionen entfallen 32 Mrd. US$ auf
neue LNG-Tanker und 31 Mrd. US$ auf den Bau neuer Regasifizierungsanlagen. Zur Kostensenkung werden sowohl Tankschiffe als auch Anlagen immer
größer (BGR, 2009, S.85). Zu Beginn der LNG-Schifffahrt in den 1960er Jahren betrug die Transportkapazität eines Tankers 20.000m3, im Jahre 2004 lag
sie bei 135.000m3, für zukünftige Tanker wird ein Volumen bis zu 200.000m3
prognostiziert (Seeliger, 2004).
Die technischen Innovationen haben zu einer Verringerung der Kosten pro
Tonne LNG von 700 US $ Mitte der 1990-er Jahre auf etwa 450 US $ im Jahre 2010 geführt (Mandill, 2004), wobei jedoch das Kostenverhältnis von Verflüssigung, Verschiffung und Verdampfung zueinander ungefähr gleich bleibt.
Ungefähr die Hälfte der Kosten werden auch zukünftig auf den Verflüssigungsprozess entfallen, ungefähr ein Drittel auf die Verschiffung und ein Viertel bis Fünftel auf die anschließende Verdampfung zur Einspeisung in das Pipelinenetz (s. Tabelle 2 und Abbildung 8) (Seeliger, 2004; Mandill, 2004).
IV-16
Kostenanteil in Prozent
1990
2002
2030
Verflüssigung
52
50
48
Verschiffung
32
30
26
LNG – Technologie
Verdampfung
Ruth Moschet
16
20
26
Tabelle 2: Kostenstruktur einer typischen LNG-Kette (nach Seeliger, 2004).
Abbildung 8: Kostenentwicklung eines LNG-Projektes (Mandill, 2004).
Außer technischen Entwicklungen ist auch mit dem Hinzukommen neuer Anbieter- und Abnehmerländer auf dem LNG-Markt als weitere Dynamikfaktoren
zu rechnen. Mögliche neue Anbieterländer sind Russland, Iran, Norwegen,
Angola, Cote d’Ivoire, Jemen und Peru, mögliche neue Abnehmerländer Pakistan, Chile, Brasilien, Jamaika sowie in Europa Kroatien, Polen, Deutschland und Israel. Weiterhin ist mit einer steigenden Nachfrage bei den bisherigen Abnehmern insbesondere China, Indien, USA und Großbritannien zu
rechnen. Weltweit wird der Ausbau des LNG-Transportes zu einer Diversifizierung des Marktes führen. Die Erdgasversorgung Kontinentaleuropas wird
jedoch weiterhin vorwiegend durch Pipelines aus Russland, Norwegen, Nordafrika und möglicherweise dem Iran erfolgen (BGR, 2009, S. 85).
Der direkte Transportkostenvergleich zwischen Pipeline und LNG gestaltet
sich als schwierig. Die Investitionskosten für die Einrichtung einer gesamten
LNG-Kette übersteigen die Investitionskosten für einen Pipelinebau, wobei die
Pipelinebaukosten wiederum sehr von Kapazität und Dimension der Pipeline
abhängen. Die Transportkosten von LNG unterschreiten die des Pipelinetransportes bei ein einer jährlichen Transportmenge von 5 Mrd. m3 ab einer
Entfernung von 3.000 km. Mit zunehmender Entfernung sinken die LNGTransportkosten im Vergleich zum Pipelinetransport immer weiter. Je größer
die Entfernung desto mehr rentiert sich also der LNG-Transport. Als weiterer
IV-17
LNG – Technologie
Ruth Moschet
Vorteil ist die große Flexibilität des LNG-Transports gegenüber des starren
Pipelinenetzes zu berücksichtigen.
IV.5.
Erdgasmarkt
IV.5.1.
Weltweiter Erdgasmarkt
Aufgrund der nach wie vor bestehenden Pipelinedominanz gibt es für Erdgas
keinen Weltmarkt wie für Erdöl, sondern der Welterdgasmarkt zerfällt in einen
Mark für den atlantischen und einen für den pazifischen Raum. Der atlantische Markt zerfällt wiederum in drei von einander fast voneinander unabhängige Märkte – den nordamerikanischen, den südamerikanischen und den europäischen Markt –, so dass weltweit vier weitgehend voneinander unabhängige Erdgasmärkte bestehen (s. Abbildung 9).
Abbildung 9: Weltweiter Erdgasmarkt: Vier regionale Märkte und der Export in
Mrd. m3 (BGR, 2009, S. 87).
Diese Aufteilung ist darauf zurückzuführen, dass die drei Märkte des atlantischen Raums jeweils an ihr eigenes Pipelinesystem gebunden sind, und allein der asiatisch-pazifische Markt als einziger LNG dominiert ist, da das verflüssigte Erdgas über weite Strecken mit Tankern transportiert werden muss
(BGR, 2009, S. 87).
Ursächlich für diesen heutigen Zustand des Erdgasmarktes ist seine historische Entwicklung. In den 1980-er und frühen 1990-er Jahren verfügten die
Märkte im atlantischen Raum über ein sicheres und gut ausgebautes PipeliIV-18
LNG – Technologie
Ruth Moschet
nesystem, das die Erdgasversorgung mit heimischen Erdgas sicher stellte
und dabei gleichzeitig den Wettbewerbseintritt des LNG erschwerte, so dass
der LNG Markt nur sehr langsam wuchs. Die Importeure im asiatischpazifischen Raum (Japan, Südkorea und Taiwan) hatten hingegen weder die
Möglichkeit zur Anbindung an ein Pipelinenetz noch verfügten sie über heimische Vorräte und Förderung, so dass der LNG Transport in den 1980-er und
frühen 1990-er Jahren sehr schnell wuchs, als die Staaten nach Alternativen
für Erdöl suchten. Dabei überwog der Aspekt der Versorgungssicherheit teilweise dem des Preises (EIA, 2003, S. 34).
Zwischen diesen Märkten nehmen der Nahe Osten und die GUS Staaten eine
Sonderstellung ein, da sie sowohl den europäischen als auch den asiatischen
Markt beliefern (BGR, 2009, S. 87).
Außer der unterschiedlichen Versorgungsart unterscheiden sich die Märkte
auch in ihrer Preisbildung. Im nordamerikanischen Markt richtet sich der LNGPreis entweder nach bestimmten Preisen in langjährigen Verträgen oder bei
kurzfristigen Verträgen nach dem Henry-Hub (EIA, 2003, S. 36). Der HenryHub ist der Bezugspunkt für Termingeschäfte des Erdgashandels in den USA
an der New York Mercantile Exchange. Er bezieht sich auf die ankommende
Erdgasmenge des Henry-Hubs, eines Pipelineknotens in Erath, Lousiana, in
der neun zwischenstaatliche und vier innerstaatliche Pipelines miteinander
verbunden sind (wikipedia s.v. Henry Hub point). In Europa ist der LNG-Preis
hingegen an den Preis konkurrierende Brennstoffe v.a. an den des Erdöls gebunden, und soll wohl zukünftig mehr an den Erdgaspreis gekoppelt werden.
Im asiatischen Raum ist der LNG-Preis an den Importpreis für Rohöl gebunden, der in Asien typischerweise einen Grundpreisindex für Rohöl, einen konstanten und möglicherweise noch einen Vergleichsindex enthält. Das führt
dazu, dass die Preise in Asien weltweit am höchsten sind (EIA, 2003, S. 36).
Die Unterteilung in mehrere Märkte hat zur Herausbildung einiger Marktstrukturen für den LNG-Markt geführt. Neben der historischen Entwicklung und der
unterschiedlichen Preisbildung zwischen dem atlantischen und pazifischen
Markt spielen wachsende Flexibilität, sinkende Kosten in der Wertekette sowie das Hinzukommen neuer Handelspartner eine wichtige Rolle. Für die Importländer im pazifischen Raum ist die Erdgasversorgung mit LNG nach wie
vor essentiell, da sie über keinerlei Pipelineanbindung oder eigene Vorräte
IV-19
LNG – Technologie
Ruth Moschet
verfügen. Im Gegensatz dazu spielt im atlantischen Raum LNG nur eine untergeordnete Rolle, da die Erdgasversorgung der Importstaaten langfristig
durch Pipelinelieferung und eigene Produktion gesichert ist. Die wachsende
Flexibilität im Schiffsverkehr hat Preise und Transportvolumen unabhängig
von langfristigen Verträgen gemacht und stattdessen die Abschlüsse kurzfristiger Verträge eingeführt. Da der LNG-Preis jedoch immer noch an andere
Preise wie v.a. den des Rohöls gekoppelt ist, schlagen sich die gesunkenen
Produktionskosten nicht einmal langfristig im LNG-Preis nieder. Aufgrund dieser Entwicklungen sind An- und Verkäufer ebenfalls zu neuen Rollen gezwungen. Traditionelle Käufer müssen auch in den upstream-Zweig und den
Bau neuer Verflüssigungsanlagen investieren, während traditionelle Verkäufer
wie z.B. Shell, BP Kapazitäten an technischen Anlagen verringert haben und
stattdessen mehr in den Handel eingestiegen sind. Außerdem beleben neue
Importstaaten wie Puerto Rico und die Dominikanische Republik den Markt
(EIA, 2003, S. 32).
Der LNG-Preis wird weltweit in US-Dollar pro Millionen British terminal unit
Btu (MMBtu) angegeben. Die Preise werden entweder frei an Bord (f.o.b. =
free on board) oder Lieferung ab Schiff (d.e.s. = delivered ex ship) berechnet.
Zur besseren Vergleichbarkeit und Ausnutzung von Preisunterschieden
kommt in den USA, Großbritannien und Belgien die Benutzung gemeinsamer
Bezugspunkte von LNG und Pipelinegas auf.
Eine weitere Änderungsursache liegt im schnellen Wachstum des arabischen
LNG Markts. Obwohl die LNG-Produktionsmenge im arabischen Raum im
Vergleich zur Gesamtproduktionsmenge noch sehr gering ist, gibt es erste
Bestrebungen seitens des arabischen Exporteure in den atlantischen Markt
vorzustoßen. Dies ist möglicherweise ursächlich für die Annäherung der Preise des atlantischen und pazifischen Raumes. (EIA, 2003, S. 35).
IV.5.2.
Export
Im Jahre 2007 waren die Hauptexportländer für Erdgas Russland (205 Mrd.
m3), Kanada (107 Mrd. m3), Norwegen (86 Mrd. m3), Algerien (59 Mrd. m3)
und die Niederlande (50 Mrd. m3). Insgesamt standen die zehn Hauptexporteure für über 75% der weltweiten Erdgasexporte. Von der gesamten Erdgas-
IV-20
LNG – Technologie
Ruth Moschet
fördermenge wurden nur 30% (920 Mrd. m3) grenzüberschreitende gehandelt,
wobei der Transithandel nicht eingeschlossen ist.
Von der exportierten Erdgasmenge entfiel circa ein Viertel auf den Export in
Form von LNG. Am LNG-Handel waren hierbei nur 15 Staaten beteiligt, wovon Katar (38 Mrd. m3), Malaysia (30 Mrd. m3), Indonesien (27 Mrd. m3), Algerien (25 Mrd. m3) und Nigeria (21 Mrd. m3) die größten Handelsanteile besaßen. Von dem Export wurden 40% innerhalb des asiatischen Raums gehandelt, 27% kamen aus Afrika und 53% aus OPEC-Staaten, womit die OPEC im
LNG-Markt eine ähnlich führende Stellung wie im Erdölmarkt einnimmt (56%).
Die Zunahme des LNG-Handels wird auch zu einer Zunahme des Handels
über Spotmärkte führen, was langfristig eine Entkopplung des Erdgaspreises
vom Erdölpreis bedeuten würde (BGR, 2009, S. 87).
IV.5.3.
Import
Die größten Erdgasimportländer waren im Jahre 2007 USA, Japan, Deutschland, Italien und die Ukraine. Mit einem Gesamtimportvolumen von über 50
Mrd. m3 machten sie 46,9% des globalen Erdgasimports aus. LNG importierten 2007 17 Länder, wobei dessen Anteil 39% des Gesamtanteils am Erdgasimport betrug. Wie beim Export ist dabei der asiatische Markt mit einem Anteil
von 65% des gesamten LNG-Imports führend, dann folgt Europa mit 24%
(BGR, 2009, S. 88).
IV.5.4.
Der Europäische Erdgasmarkt
Der europäische Erdgasmarkt ist nach wie vor pipelinedominiert (s. Abbildung
10). Der Großteil der Lieferungen stammt aus Russland, im weitaus geringeren Maße folgen Lieferungen aus der Kaspischen Region, der Nordsee und
Nordafrika.
Diese Pipelinedominanz erfordert ein riesiges Fernleitungs- und Verteilungsnetz, das sich innerhalb Europas auf über 1,5 Mio. km addiert. Zur Sicherung
des steigenden Erdgasbedarfes sind weitere Pipelines in Planung bzw. im
Bau. Für Lieferungen aus Russland die Nord-Stream-Pipeline durch die Ostsee und die South-Stream-Pipeline durch das Schwarze Meer und den Balkan, für Lieferungen aus Iran und Zentralasien die Nabucco- und Trans-Adria-
IV-21
LNG – Technologie
Ruth Moschet
Pipeline sowie für Lieferungen aus Nordafrika die Medgas- und Gasil-Projekte
in Algerien und die Green-Stream Pipeline aus Libyen.
Das gut ausgebaute Pipelinenetz Europas gewährleistet auch auf langfristige
Sicht eine sichere Versorgung Europas mit Erdgas, da der LNG-Transport auf
lange Zeit nach Prognosen der BGR eine untergeordnete Rolle spielen wird.
Märkten mit einem geringeren Pipelinenetz wie v.a. dem nordamerikanischen
Markt drohen langfristig Versorgungsschwierigkeiten.
Am LNG-Handel sind in Europa insgesamt nur acht Länder beteiligt. Alle anderen Länder werden ausschließlich über Pipelines versorgt. Der Import von
Erdgas in Form von Flüssigerdgas machte im Jahre 2007 mit nur ca. 53 Mrd.
m3 einen geringen Anteil aus, wovon mit 27,1 Mrd. m3 über 50% aus Algerien,
Ägypten und Libyen stammten. Den größten LNG-Importanteil von ca. 30%
weisen Spanien, Frankreich und Portugal auf, dann kommen mit ca. 20%
Griechenland, Türkei und Belgien und mit unter 3% Italien und Großbritannien. Zur Erhöhung des LNG-Imports sind der Aus- bzw. Neubau von Anladekapazitäten entlang der gesamten europäischen Küste in Planung (BGR,
2009, S. 88 - 89).
IV-22
LNG – Technologie
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Abbildung 10: Das europäische Erdgas-Pipelinenetz (BGR, 2009, S. 89).
IV.5.5.
Erdgasversorgung Deutschlands
Für langfristige Kapazitätsbuchungen in dem Terminal bestand unter Reedern
um damaligen Zeitpunkt kein Interesse, da die Unternehmen aufgrund des
weltweiten Nachfragwettbewerbs um LNG und die ausreichende Gasversorgung Deutschlands per Pipeline ein Leerstandrisiko befürchten. Die GATEAnlage soll in Rotterdam im Jahre 2011 fertig gestellt werden.
Die Erdgasversorgung Deutschlands erfolgt also weiterhin per Pipeline.
Haupterdgaslieferanten Deutschlands waren im Jahre 2007 Russland (40
Mrd. m3), Norwegen (20 Mrd. m3), Niederlande (28,2 Mrd. m3), sowie im geringen Umfang Dänemark (3,6 Mrd. m3), und Großbritannien (BGR 2009,
S.88).
IV.6.
Zusammenfassung
Die Einführung des LNGs hat mit ihren veränderten Transport- und Handelsbedingungen zu einer starken Belebung des starren, pipelinedominierten Erdgasmarkts geführt, deren Trend sich auch zukünftig fortsetzen wird.
IV-23
LNG – Technologie
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LNG hat gegenüber dem gasförmig transportierten Erdgas zwei Vorteile. Erstens unterschreiten die Transportkosten ab einer Strecke von 3.000 km die
Transportkosten des Pipelinetransportes und zweitens ermöglicht der auf dem
geringeren Volumen beruhende Transport per Schiff eine größere Flexibilität
der Handelswege.
Grundlage für die wachsende Bedeutung des LNGs bilden die technischen
Entwicklungen zur Verflüssigung und zum Transport des LNGs, die sowohl
steigende Transportkapazitäten als auch die Überwindung wachsender
Transportentfernungen ermöglichen. Durch den Transport per Schiff entfällt
die Bindung an ein starres Pipelinenetz, so dass abgesehen von notwendigen
Ver- und Anladeterminals die Handelswege weltweit flexibler gestaltet und
Verträge kurzfristig abgeschlossen werden können. Dadurch beginnt sich
langsam ein echter Erdgasmarkt, der von Angebot und Nachfrage abhängt
und kurzfristige Preisschwankungen statt langjährigen Verträge unterliegt, zu
entwickeln. Hinzu kommt das beginnende Aufbrechen der alten Handelsstrukturen, die den Welterdgasmarktes in vier Märkte mit ihren jeweils eigenen
Preisbildungskriterien unterteilten.
Weitere Dynamikfaktoren sind das Hinzukommen immer neuer Anbieter und
Abnehmer sowie der steigende Energiebedarf bereits bestehender Abnehmer.
Da LNG insgesamt aber immer noch einen sehr geringen Anteil an des gesamten gehandelten Erdgases ausmacht und der Erdgaspreis immer noch an
andere Preise v.a. dem des Rohöls gekoppelt ist, werden sich die deutlich geringeren Transportkosten auch langfristig nicht in gesunkenen Erdgaspreisen
für den Endverbraucher niederschlagen.
IV.7.
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IV-24
LNG – Technologie
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IV-25
LNG – Technologie
IV-26
Ruth Moschet
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
V. Nichtkonventionelles Erdöl und Erdgas: Exploration
und Produktion
Stefan Pietralla
In Anbetracht der fortgeschrittenen Ausbeutung konventioneller Kohlenwasserstofflagerstätten gewinnt die Erschließung nichtkonventioneller Erdöl- und
Erdgasvorkommen zunehmend an Bedeutung. Das vorliegende Kapitel stellt
zunächst die grundlegenden Definitionen und Klassifikationen dar. Anschließend werden am Beispiel von Ölsanden und Kohleflözgas die Vorkommen
und Fördermethoden wichtiger nichtkonventioneller Kohlenwasserstoffe beschrieben. Ein abschließendes Kapitel thematisiert die Umweltauswirkungen
der Förderung nichtkonventioneller Kohlenwasserstoffe.
V-1
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
V.1.
Stefan Pietralla
Einführung
Die weltweite Nachfrage nach Rohstoffe steigt kontinuierlich an. Gründe dafür
sind unter anderem das rasante Wirtschaftswachstum der Schwellenländer, der
Wirtschaftsboom Chinas und der in hohem Maße Energie und Rohstoff verbrauchende Lebensstil in den Industrienationen.
Zur Förderung von nicht-konventionellem Erdöl und Erdgas ist meist der Einsatz
alternativer Technologien notwendig, welche technisch anspruchsvoller und energieintensiver sind. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Brennstoffen und
dem damit verbundenen starken Anstieg der Ölpreise in den letzten Jahren, wird
es jedoch zunehmend ökonomisch nicht-konventionelles Erdöl und Erdgas zu
fördern.
V.2.
Definitionen und Klassifikationen
Bei Erdöl und Erdgas ist eine Unterscheidung nach konventionellen und nichtkonventionellen Vorkommen üblich. Bei Erdöl und Erdgas spricht man von konventionellen Vorkommen, wenn eine Gewinnung mit den klassischen Explorations-, Förder- und Transporttechniken möglich ist. Mit Blick auf diese klassischen
Methoden kann man auch von fließendem Erdöl und frei strömendem Erdgas
sprechen. Nach dieser weichen Definition bedarf die Erschließung und Nutzung
nicht-konventioneller Vorkommen alternativer Technologien. Aspekte der Wirtschaftlichkeit und die Tatsache, ob sich die jeweilige Lagerstätte bereits in Produktion befindet, spielen bei dieser Definition keine Rolle. Eine Einteilung von
Erdöl und Erdgas in diesem Sinne ist in Abbildung 1 dargestellt.
V-2
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
Abbildung 1: Einteilung von Erdöl und Erdgas in konventionelle und nichtkonventionelle Quellen.
V.2.1. Nicht-konventionelles Erdöl
Eine einheitliche Definition des Begriffes nicht-konventionelles Erdöl ist derzeit
nicht akzeptiert. Der pragmatische Unterscheidungsgrund zwischen konventionellem und nicht-konventionellem Erdöl liegt in der technisch aufwändigeren
Gewinnung von nicht-konventionellem Erdöl. Zu nicht-konventionellem Erdöl
zählt danach Bitumen oder Rohöl aus Ölsanden, Schwerstöl und Schwelöl oder
Rohöl aus Ölschiefer. Damit bezieht sich der Begriff „nicht-konventionell“ sowohl
auf geologische Aspekte der Bildung und Charakteristika der Lagerstätten als
auch auf die technischen Notwendigkeiten für eine ökologisch vertretbare, wirtschaftliche Nutzung.
V.2.2. Nicht-konventionelles Erdgas
Nicht-konventionelles Erdgas wurde noch bis Mitte der 1980er Jahre weitgehend
als vernachlässigbare Größe auf dem Erdgassektor angesehen. Erst seit rund
zehn Jahren erfolgen intensive Forschungen zu diesen Vorkommen und bereits
heute ist die Erdgasproduktion aus diesen Lagerstätten ein Kerngeschäft vieler
Energiekonzerne (Kuuskraa, 2007a). Entsprechend der Klassifikation wird bei
nicht-konventionellem Erdgas unterschieden zwischen Erdgas aus dichten Gesteinen, Kohleflözgas, Erdgas aus Aquiferen und Gashydrat.
V-3
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
V.3.
Stefan Pietralla
Beispiele für nichtkonventionelles Erdöl und Erdgas
V.3.1. Ölsande
V.3.1.1.
Begriffsbestimmung
Ölsande sind natürlich vorkommende Gemische aus Bitumen, Wasser, Sand und
Ton. Im Durchschnitt enthält Ölsand etwa 12 Gew.% Bitumen, ein hochviskoses
Erdöl. Dabei sind die einzelnen Sandkörner von einem dünnen Wasserfilm im
μm-Bereich ummantelt und dieser wiederum ist von dem hochviskosen Öl umgeben. Aus Ölsanden gewonnenes Öl wird auch natürliches Bitumen oder synthetisches Rohöl (Synthetic Crude Oil, SCO) genannt.
Es stellt sich als klebrige, hochviskose Form von Erdöl dar, das sich bei Raumtemperatur wie kalter Sirup verhält. Dabei besteht es zu 50 bis 60 % aus Substanzen vergleichbar mit konventionellem Erdöl, 25 bis 35 % stellen Harze und
15 bis 25% bilden Asphaltene. Die Bestandteile im Öl selber variieren regional
ebenso wie Spurengehalte an Schwermetallen wie Eisen, Molybdän, Nickel oder
Vanadium. Im Schnitt liegt der Gehalt an Kohlenstoff bei knapp über 80%, an
Wasserstoff bei 10%, an Schwefel bei 3 bis 5%, an Sauerstoff bei 0,9% und an
Stickstoff bei 0,36 bis 0,7%. Bitumen hat eine Dichte von größer als 1g/cm³ (≤10°
API) und eine Viskosität von größer als 10.000 mPa·s. In der Lagerstätte ist Bitumen nicht fließfähig.
Allgemein sind Schweröle und alle Übergänge bis hin zu Bitumen das Ergebnis
sekundär veränderter, ehemals konventioneller Erdölvorkommen. Die Speichergesteine sind vorwiegend hochporöse und permeable fluviatile Sandsteine deltaischer oder küstennaher Ablagerungsmilieus. Im Fall der riesigen kanadischen
Ölsandvorkommen migrierte das Öl aus dem tief liegenden Muttergestein des
westkanadischen Sedimentbeckens über eine laterale Distanz von bis zu 360km
in die flacher liegenden Sandsteine des Apt und Alb (oberste Unterkreide). Als
Muttergesteine des Erdöls gelten hier organische Tonsteine des Devon oder
Karbon. Auf seinem Migrationsweg wurde das Erdöl durch Mikroorganismen im
Gestein biodegradiert: Die leichten Kohlenwasserstoffmoleküle wurden im Zuge
der mikrobiellen Tätigkeit abgebaut, die schweren, komplexen Molekülketten
V-4
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
blieben zurück und bilden das heutige schwefelreiche Bitumen in den Lagerstätten.
V.3.1.2.
Vorkommen
Ölsandvorkommen sind in mehr als 20 Ländern bekannt, aufgeteilt auf fast 600
Einzelvorkommen (WEC, 2007). Das Gesamtpotenzial an Erdöl in Ölsanden
weltweit ist außerordentlich groß und wird aktuell auf rund 462Gt in-place, also
tatsächlich vorhandener Menge geschätzt. Davon entfallen auf Kanada und die
GUS zusammen allein 98%. Die bekanntesten und bei weitem bedeutendsten
Ölsandvorkommen liegen in Kanada. Das Energy Resources Conservation
Board (ERCB) von Kanada schätzt, dass allein im Bundesstaat Alberta ~27,5Gt
Rohöl in Ölsanden als Reserven anzusehen sind. Das entspricht gut 17% der
Reserven an konventionellem Erdöl. Die Reserven und Ressourcen der Länder
mit den größten Ölsandvorkommen sind weitestgehend als Abschätzungen zu
bewerten, da die Datenbasis für viele Länder immer noch recht unzulänglich ist.
Wenn auch die Ölsandvorkommen über viele Länder verteilt sind (Abbildung 2),
konzentriert sich der größte Teil der Ressourcen auf Kanada, Russland und Kasachstan. Dabei sind die kanadischen Vorkommen bislang am genausten untersucht worden. Daher sind die Angaben über die Höhe der Ressourcen nach wie
vor unzuverlässig, nicht zuletzt deswegen, weil häufig nicht klar zwischen
Schwer-, Schwerstöl und Ölsanden unterschieden wird. So entfallen auf die geschätzten 200Gt nicht-konventionelles Erdöl der GUS rund die Hälfte auf Ölsande. Ein Großteil dieser Vorkommen ist allerdings an karbonatische Reservoirgesteine gebunden, deren Aufbereitung technisch noch aufwändiger ist als bei den
Ölsanden. Die größten Vorkommen Russlands sollen sich im Tunguska-Becken
auf der Ostsibirischen Plattform, im Timan-Pechora-Becken und im Volga-UralBecken befinden. Tendenziell ist zu vermuten, dass die Reserven- und Ressourcenangaben für Ölsand in Russland die wahren Mengen eher unterschätzen als
überschätzen.
V-5
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
Abbildung 2: Verteilung der bekannten Ölsand- und Schwerstölvorkommen weltweit mit Angabe von Reserven, Ressourcen und Produktion.
Obwohl für Kasachstan größere Bitumenvorkommen im Nordkaspischen Becken
bekannt sind, wird deren möglicher Abbau aufgrund der noch reichlich vorhandenen konventionellen Kohlenwasserstoffe in absehbarer Zeit nicht in Angriff genommen. Die Ölsandvorkommen der USA sind auf mehrere Bundesstaaten verteilt, wobei die größten in Utah und Alaska, weitere kleinere Vorkommen in Kalifornien, Alabama, Kentucky und Texas liegen. Ein Abbau in größerem Stil ist
auch hier derzeit nicht geplant, da entweder die geologischen Verhältnisse zu
kompliziert sind, die Ölsande zu tief liegen oder zu geringmächtig sind. Die Bitumenvorkommen im Dahomey-Becken im südwestlichen Nigeria werden sicherlich erst in Betracht gezogen, wenn sich die Reservensituation der konventionellen Erdölvorkommen des Landes rückläufig entwickelt. In Indonesien sind zwar
größere Bitumenvorkommen auf der Insel Buton bekannt, werden aber bisher
lediglich zur Herstellung von Straßenasphalt abgebaut. Seit fast 200 Jahren wird
auf Trinidad Asphalt eines Asphaltsees abgebaut, der ebenfalls als Straßenbelag
dient. Die Jahresproduktion liegt hier bei 10.000 bis 15.000t.
V-6
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
Erheblich kleinere Ölsandvorkommen sind aus Angola, Gabun, der Republik
Kongo und der DR Kongo bekannt. Sie sind an kreidezeitliche Sandsteine gebunden. In Europa sind marginale Vorkommen aus Deutschland, Frankreich, den
Niederlanden, Polen, Rumänien, Spanien, Schweiz und Ungarn bekannt. Die
wirtschaftlich
interessantesten,
kombinierten
Schweröl-/Schwerstöl-
/Asphaltvorkommen Europas treten in Sizilien auf. Hier findet seit den 1950er
Jahren eine Förderung von Schwer- und Schwerstöl statt.
Die weltweit größten und bekanntesten Ölsandvorkommen sind die Ölsande Kanadas im nördlichen Teil der Provinz Alberta. Sie nehmen eine Fläche von über
140.000km2 ein, die sich hauptsächlich auf die drei Regionen Athabasca, Peace
River und Cold Lake aufteilt. Kanada ist augenblicklich der einzige bedeutsame
Produzent von Bitumen aus Ölsanden. Bereits 1967 wurde, damals noch mit
staatlicher Unterstützung, mit der Bitumenproduktion aus Ölsanden in Kanada
begonnen. Nur etwa 16Gt, entsprechend 6% des in-place-Ölsandvolumens von
272Gt sind voraussichtlich im Tagebau zugänglich. Die übrigen Mengen lagern
zu tief und können nur durch Bohrungen mit Hilfe von in-situ Verfahren zur Verringerung der Viskosität gefördert werden. Kanada beziffert sein in-place Volumen an Bitumen aktuell mit 272Gt, von denen 27,5Gt als Reserven geführt werden (ERCB, 2008). Unter Berücksichtigung der Anteile der im Tagebau und der
in-situ zugänglichen Bereiche und der unterschiedlichen Entölungsgrade verbleiben Ölsandressourcen von 81,9Gt. Von 2000 bis 2007 hat sich die Rohölproduktion aus Ölsanden in Kanada von 39 auf 77Mt pro Jahr fast verdoppelt. Für 2007
entspricht das knapp 2% der weltweiten Erdölproduktion. Bis 2007 wurden in
Kanada 940Mt natürliches Bitumen produziert.
V.3.1.3.
Fördermethoden für die Erdölgewinnung aus Ölsanden
Der Ölsandabbau im Tagebau (ex-situ) ist nur bei flacher Lagerung möglich,
wenn die Ölsandschichten an der Oberfläche oder unter einer nur geringmächtigen Bodenüberdeckung lagern. Nachdem das Deckgebirge abgetragen ist, werden die bis zu mehreren Metern mächtigen Ölsandschichten mittels Baggern abgebaut. Mit einer Kapazität von nahezu 40t pro Schaufel sind moderne Löffel-
V-7
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
bagger flexibler und damit wirtschaftlicher als früher verwendete Schaufelradbagger. Auch kommen hier mit einem Ladevolumen von bis zu 400 Tonnen die
weltweit größten LKWs zum Einsatz. Der gewonnene Ölsand wird in eine Steinbrechanlage gekippt und mit heißem Wasser versetzt. Dieses Sand-WasserGemisch (Slurry) wird per Pipeline im sogenannten Hydrotransport zur Aufbereitungsanlage transportiert. Bei diesem Hydrotransport beginnt bereits die Separation von Bitumen und Sand. Im Separationsbehälter der Extraktionsanlage wird
dieser Prozess weitergeführt. Im anschließenden Flotationsverfahren hängen
sich kleine Luftblasen an das freigewordene Bitumen, dieses schwimmt auf und
bildet eine Schaumschicht im oberen Bereich des Gemischs, die leicht abgeschöpft werden kann. Unter Zugabe von Laugen als Lösungsmittel werden Wasser und gelöste Salze vom Öl abgetrennt. Sand und Wasser sammeln sich im
unteren Teil des Behälters. Der Sand wird zur Rekultivierung per Pipeline zurück
in ausgeförderte Bereiche der Tagebaue verbracht. Das Wasser, das noch Sand,
Tonpartikel und Restöl enthält, wird in Absetzbecken gepumpt. Noch aufsteigendes Öl wird abgeschöpft, während das Restöl im sich absetzenden Sand von
Bakterien zersetzt wird. Das so geklärte Wasser kann im Separationsprozess
wiederverwendet werden. Insgesamt liegt der Entölungsgrad für den Tagebau
bei über 90%.
Der Förderung von Erdöl aus kanadischem Ölsand im Tagebaubetrieb wird im
Wesentlichen von den drei Firmenkonsortien Albian Sands Energy Inc., Syncrude Canada Ltd. und Suncor Energy beherrscht. Andere Firmen sind in den letzten Jahren neu dazugekommen. Die Gesamtfläche, die hier für den Tagebau
freigegeben ist, hat sich von 470km2 im Jahr 2001 auf 1.320km2 in 2007 erhöht.
Gleichzeitig hat sich die Produktion von Bitumen aus dem Tagebau auf knapp
46Mt fast verdoppelt.
Die Erdölförderung aus Ölsand durch Bohrungen (in-situ) erfolgt bei einer Überdeckung von mehr als 40 bis 70m. Im Gegensatz zum Tagebau verbleibt bei dieser Methode das Gestein vor Ort. Durch Bohrungen wird heißer Wasserdampf in
die Ölsand-Schicht gepresst, der die Viskosität des Bitumens reduziert und das
Öl fließfähig macht. Dazu gibt es zwei unterschiedliche Verfahren:
V-8
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
Bei der Cyclic Steam Simulation (CSS) wird Wasserdampf unter hohem Druck in
eine vertikale Bohrung eingepresst. Die Hitze setzt die Viskosität des Bitumens
herab und mit Hilfe des Wasserdampfes wird gleichzeitig die Migrationsfähigkeit
erhöht. Der Druck erzeugt Mikrorisse im Gestein, die den Zufluss von Bitumen
zum Bohrloch zusätzlich verbessern. Nach einigen Wochen Einschlusszeit erfolgt die Produktionsphase durch dieselbe Bohrung. Geht die Produktionsrate
zurück, beginnt eine neue Injektionsphase. Nachteil dieser Methode ist der begrenzte Radius der Entölung. Um einen ausreichenden Entölungsgrad zu erreichen, ist ein enges Bohrungsraster erforderlich.
Abbildung 3: Cyclic Steam Simulation (CSS).
Im Unterschied zum vertikalen Bohrverfahren werden bei der Steam-Assisted
Gravity Drainage (SAGD) zwei Horizontalbohrungen im vertikalen Abstand von 5
bis 10m in den Ölsandträger gebohrt. In die obere Bohrung wird heißer Wasserdampf injiziert und das sich verflüssigende Bitumen kann durch die darunterliegende Bohrung produziert werden. Andere in-situ-Methoden, wie beispielsweise
die Injektion von Lösungsmitteln in das Speichergestein, elektrische und elektV-9
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
romagnetische Verfahren, der Einsatz von Mikrowellen oder die Verbrennung unter Zuführung von Sauerstoff wurden vielfach getestet. Ziel all dieser Maßnahmen ist ebenfalls die Fließfähigkeit des zähen Bitumens zu erhöhen und eine
höhere Ölausbeute zu erzielen. Die derzeit wirtschaftlichste Methode ist jedoch
weiterhin die SAGD Produktion. Dabei werden zur Produktion von 1m³ Bitumen
rund 2,5 bis 3m³ Wasser benötigt, von dem 80 bis 90% durch Recyclingverfahren
wiederverwendet werden kann. Bei der in-situ-Gewinnung variiert der Entölungsgrad je nach geologischen Verhältnissen und angewendeter in-situ-Technik zwischen 25 und 75%.
Abbildung 4: Steam-Assisted Gravity Drainage (SAGD).
Bei der in-situ-Bitumenproduktion ist eine Vielzahl von Unternehmen auf insgesamt über 63.000km² Konzessionsfläche tätig. Die Produktion konnte von 18Mt
Bitumen im Jahr 2001 auf etwa 31Mt in 2007 gesteigert werden.
V.3.1.4.
Ausblick
Auch für die Zukunft ist ein weiterer Ausbau der Ölsandproduktion sowohl im Tagebaubetrieb als auch bei der in-situ-Förderung vorgesehen. Insgesamt wird für
2017 eine Gesamtförderung von 187Mt Bitumen angestrebt. Davon sollen 102Mt
aus dem Tagebaubetrieb und 85Mt aus dem in-situ-Abbau stammen (ERCB,
V-10
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
2008). Für diese Entwicklung werden Investitionen von mindestens USD 93Mrd.
aufzubringen sein.
V.3.2. Kohleflözgas (Coalbed methane)
V.3.2.1.
Begriffsbestimmung
Kohlegas ist ein Oberbegriff für natürlich gebildete Gase aus der Kohle und für
anthropogen über die technische Kohlevergasung erzeugte Gase. Kohleflözgas
ist der Oberbegriff für alle natürlichen Gase aus der Kohle. Hierzu zählen das
Flözgas und das Grubengas (Tabelle 1). Flözgas ist das aus Kohleflözen in unverritztem Gebirge etwa durch eine Bohrung freigesetzte Gas, im Englischen coalbed methane (CBM) genannt. Das durch die eigentliche Bergbautätigkeit im
Grubengebäude unmittelbar oder nach Jahren austretende Kohleflözgas wird als
Grubengas bezeichnet. Es gliedert sich in das coalseam methane (CSM), welches aus dem aktiven Bergbaubetrieb durch Absaugung und Grubenbewetterung
entfernt wird, und in das coalmine methane (CMM), das im stillgelegten Bergwerk noch über Jahre aus den Flözen entweichen kann.
Tabelle 1: Gliederung von Kohleflözgas und mittlere Gehalte verschiedener Bestandteile der verschiedenen Kohleflözgastypen. Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).
Kohleflözgas ist generell in allen Kohlevorkommen zu erwarten, deren Kohlen
das Reifestadium der Flammkohle von 0,7% Vitrinitreflexion erreicht oder überschritten haben. Ab diesem Stadium setzt in der Kohle durch thermische Prozes-
V-11
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
se eine umfangreiche Methanbildung ein. Dabei müssen die Versenkungsgeschichte der Lagerstätte und die heutige geologische Situation eine Gasspeicherung erlauben. Die höchsten Gasinhalte sind in Fett- bis Magerkohlen zu erwarten, während sich die hohe Inkohlung des Anthrazits negativ auf die Gasführung
auswirken kann. Weichbraunkohlelagerstätten sind aufgrund der geringen Maturität ihrer Kohle für eine Flözgasnutzung nicht oder nur in seltenen Fällen geeignet.
V.3.2.2.
Vorkommen
Prinzipiell verfügen alle Länder, in denen Hartkohle lagert, über Kohleflözgas. Da
sich Fördertechniken weltweit technisch fortentwickeln und Energiepreise starken
Schwankungen unterliegen, kann auch Kohleflözgas regional wirtschaftlich werden, wenn auch derzeit noch häufig in Verbindung mit steuerlichen Anreizen. In
manchen Ländern wird Kohleflözgas zu den Gasreserven beziehungsweise der
Förderung des konventionellen Erdgases gerechnet. Dadurch wird eine klare
Abgrenzung von konventionellem und nicht-konventionellem Gas erschwert.
Informationen zu Flözgasressourcen liegen derzeit nur zu 23 Ländern und damit
nur zu rund einem Viertel aller über Hartkohle verfügenden Länder vor. Die weltweiten Flözgasressourcen dieser Länder belaufen sich auf mindestens 135,5 Bill.
m³ und maximal auf 372,5 Bill. m³. Die weite Spannweite spiegelt die noch immer
großen Unsicherheiten und unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Abschätzung von Flözgasvorräten wider. In einigen Fällen werden dabei nur
ausbringbare Flözgasmengen berücksichtigt, in anderen Fällen der in-situGasgehalt zugrunde gelegt. Zudem variieren die in die Vorratsabschätzung einbezogenen Teufenhorizonte.
Die Angaben zu den weltweiten Reserven an Flözgas in Höhe von 1,7 bis 2,6
Bill. m³ basieren auf Informationen aus nur acht Ländern. Damit ergeben sich
bekannte Flözgas- Gesamtressourcen von 137,2 bis 375,1 Bill. m³. Der geringe
Anteil der Reserven von nur rund 1% bezogen auf die Gesamtressourcen beruht
darauf, dass viele Lagerstätten in ihrer Gasführung unzureichend untersucht
sind. Zudem beschränken sich detaillierte Angaben oft nur auf bergbaulich er-
V-12
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
schlossene Areale. Aus dem untersuchten aber unverritzten Gebirge ist nur ein
Bruchteil des in-situ-Gasinhaltes zu gewinnen und selbst die durch die Kohlegewinnung freigesetzten Grubengase entweichen zu einem Großteil ungenutzt in
die Atmosphäre.
V.3.2.3.
Fördermethoden für die Gewinnung von Kohleflözgas
Zur Erschließung und Förderung von Flözgas (CBM) können Bohrungen in das
unverritzte Gebirge vorgetrieben werden (Abbildung 5). In diesen Bohrungen
werden die jeweiligen Zielhorizonte mithilfe der Spülflüssigkeit unter hohen Drücken hydraulisch stimuliert (Frac). Die dabei entstehenden Risse im Zielhorizont
sorgen für eine wesentliche Erhöhung der Zuflussraten des Flözgases. Das geförderte Flözgas wird nach der Trocknung entweder direkt in einem Gasmotor
der Verbrennung zugeführt oder in eine Gaspipeline eingespeist. Die weltweit
höchste CBM-Förderung weist die USA auf, wo bisher mehr als 60.000 CBMBohrungen abgeteuft wurden (IEA, 2009).
Abbildung 5: Arbeitsschritte zur Förderung von CBM. Quelle: Bundesanstalt für
Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).
Die Erschließung von Grubengas aus stillgelegten Kohlebergwerken (CMM) erfolgt anders als beim Flözgas (CBM). Da das Grubengas unter geringerem Druck
steht, wird es über eine Bohrung beziehungsweise einen existierenden Schacht
abgesaugt. Prädestiniert für diese Art der Gewinnung von Flözgas sind Länder
V-13
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
mit vielen bereits stillgelegten Kohlegruben im Tiefbau, wie beispielsweise
Deutschland und Großbritannien.
Die Gewinnung von Grubengas aus aktiven Bergwerken erfolgt häufig primär aus
Sicherheitsgründen zur Vermeidung von Schlagwettern. Die Vorentgasung der
Flöze beziehungsweise der betreffenden Abbaubereiche erfolgt in den meisten
Fällen über untertägige Bohrungen. Diese größtenteils horizontalen Bohrungen
werden dabei entweder direkt in das Kohleflöz oder in unmittelbar darunter oder
darüber befindliche Horizonte abgeteuft.
V.3.2.4.
Ausblick
Künftig dürfte die Kohleflözgasförderung vor allem in der VR China, Kanada und
Australien größere Zuwächse erfahren. In den USA, wo rund die Hälfte der Förderung aus dem San- Juan-Becken stammt, belief sich der relative Zuwachs
zwischen 2002 und 2007 auf rund 9% bei einem bereits hohen Förderniveau
(EIA, 2009). In einigen Prognosen wird hier schon von einer Annährung an den
Förderpeak ausgegangen (Mohr 2010). Die kanadische CBM-Förderung, die
signifikante Zuwächse erst seit 2002 verzeichnet (ERCB, 2008), steckt im Vergleich zum Nachbarn USA noch in den Kinderschuhen (EPA, 2009). Mehr als
90% der kanadischen CBM-Förderung kommen aus der Provinz Alberta, wo
2007 insgesamt 9.339 CBM-Bohrungen in Betrieb waren. Das Energy Resources
Conservation Board (ERCB) schätzt, dass sich die CBM-Förderung Albertas bis
2017 im Vergleich zu 2007 in etwa verdreifachen wird (ERCB, 2008). Die chinesische Kohleflözgasförderung soll in den kommenden Jahren ebenfalls stark expandieren. Eigens dafür wurde 1995 die China United Coalbed Methane Corporation gegründet. So sehen die Planungen für die chinesische CBM-Gewinnung
bereits für das Jahr 2010 eine Förderung von 10 Mrd. m³ vor, die bis 2020 bis auf
40 Mrd. m³ ausgeweitet werden soll. Eigens für den Transport von CBM ist der
Bau von Pipelines sowie CBM-Verflüssigungsanlagen vorgesehen (Qiu, 2009).
V-14
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
V.4.
Umweltrisiken der Erdöl- und Erdgasfördertechnologien
Abbildung 6: Blick auf Barnett Shale. Jede freigelegte Fläche ist für eine Bohrung
oder für ein Sammelbecken für das Abwasser vorgesehen. Quelle:
www.unnaturalgas. org/image_gallery.htm.
In Europa sind bisher keine Umweltauswirkungen dokumentiert. Der Förderbeitrag ist heute noch vernachlässigbar. Da jedoch kein großer Unterschied in den
verwendeten Technologien zwischen Europa und den USA besteht, kann man in
der Abschätzung der künftigen Umweltauswirkungen auf die bisherigen Erfahrungen in den USA zurückgreifen. In diesem Abschnitt werden diese Erfahrungen kurz zusammengefasst und mit Beispielen belegt. Umgekehrt können diese
Erfahrungen auch dazu dienen, um sicherzustellen, dass in Europa ähnliche
Vorkommnisse nicht möglich werden.
Umweltbeeinträchtigungen sind während der Vorbereitungsphase, der Bohrungsund frac-Phase und während des Betriebs zu erwarten, wie sie technisch bereits
beschrieben wurden. Sie reichen von Lärmbelästigungen und Flächenverbrauch
V-15
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
Stefan Pietralla
über Schadstoffemissionen bis zur Verunreinigung von Grund- und Trinkwasser.
Die Vielzahl der bisherigen Bohrungen bestätigt, bieten viele Beispiele für Vorkommnisse. Es muss erwartet werden, dass die Probleme mit fortschreitender
Erschließung zunehmen werden, da die Bohrungen zunehmend nahe bewohnter
Gebiete durchgeführt werden.
Aus Abbildung 6 ist ersichtlich, dass der Flächenverbrauch enorm ist. Auch wenn
ein Teil der Fläche nach Beendingung der Erschließungsphase wieder zurückgebaut wird, so bleiben aufgrund der hohen Bohrungsdichte von mehreren Bohrungen je km² die vielen Zufahrtswege und Restflächen für Leitungen, Verdichter,
Gasaufbereitungsanlagen etc. Viele Bohrungen werden mehrmals mit Wasser
und Chemikalien behandelt, um die Förderperiode zu verlängern, Dazu aber
muss der Platz um die Bohrung für entsprechende Anlagen und Lastwagen verfügbar bleiben. Pro frac-Prozess sind hundert und mehr Lastwagenfahrten mit
Frischwasser und bis zu 700 Fuhren mit Abwasser notwendig, wenn dieses nicht
in neu angelegten Teichen gelagert werden kann.
V.5.
Fazit
Angesichts der weltweiten Verknappung der konventionellen Erdöl- und Erdgasvorkommen werden nicht-konventionelles Erdöl- und Erdgas eine wirtschaftlich
zunehmend bedeutendere Rolle einnehmen. Durch den vermehrten und sich im
Laufe der erprobenden Einsatz der technischen anspruchsvollen Methoden zur
Förderung nicht-konventionellen Erdöls- und Erdgases wird der Erfahrungsschatz der Unternehmen auf diesem Gebiet wachsen, was zu einer langfristigen
Reduktion der Förderkosten führen wird. Jedoch sind auch die nichtkonventionellen Reserven und Ressourcen endlich, welches bedingt, dass es in
Zukunft zu einem Umdenken hinsichtlich der globalen Energiepolitik kommen
muss. Dies bezieht sich sowohl auf eine zukünftig effizientere Nutzung als auch
auf eine alternative Bezugsbasis von Energie. Fossile Brennstoffe müssen, um
den steigenden weltweiten Energiebedarf zu decken, durch erneuerbare Energiequellen wie beispielsweise Windkraft, Solarenergie und Geothermie ersetzt
werden.
V-16
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
V.6.
Stefan Pietralla
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V-17
Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion
V-18
Stefan Pietralla
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
VI.
Patrick Friedrichs
Handel, Märkte, Preisbildung
Patrick Friedrichs
Der globale Markt und Handel sowie die Preisbildung und Preisentwicklung
obliegen stetigen äußeren Einflüssen. Abhängig von polito-ökonomischen,
finanzwirtschaftlichen und ökologischen Einflüssen werden die fossilen
Brennstoffe, Erdöl, Erdgas und Kohle von privaten und immer vermehrter von
verstaatlichten Unternehmen produziert. Dies birgt das Risiko, dass Erdöl
immer mehr zum Politikum wird. Es ist regelrecht ein politisches Druckmittel
geworden bzw. es herrscht ein Ressourcenkrieg auf politischer Ebene.
Weitere Einflüsse auf den Preis und seine Entwicklung sind (Natur-)
Katastrophen wie der Blow-Out an der Deep Water Horizon Plattform im Golf
von Mexiko 2010 oder die Flutkatastrophe in Australien im Jahr 2011. Durch
den wirtschaftlichen Aufschwung in China und Indien, drängen zwei
wirtschaftlich und demographisch expandierende sowie politisch mächtige
Staaten auf den Markt für fossile Brennstoffe. Die momentane Preiserhöhung
in allen Bereichen der fossilen Brennstoffe ist ein Resultat all dieser Faktoren.
VI-1
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
VI.1.
Patrick Friedrichs
Einleitung
Die fossilen Brennstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle gehören zu der Gruppe der
nicht reproduzierbaren Güter. Dies ist in Bezug auf die Preisbildung in einem
Gütermarkt von großer Wichtigkeit, da die Anbieterseite und auch die
Nachfragerseite differenzierter betrachtet werden müssen. Hinzu kommen
noch weitere, äußere Einflüsse, die die Komplexität der Preisbildung auf dem
Markt der fossilen Brennstoffe deutlich machen. Der Preis wird zum einen von
den
fossilen
Brennstoffen
produzierenden
Unternehmen
maßgeblich
mitgebildet. Dies sind private Großunternehmen wie Exxon Mobil, Royal
Dutch Shell, BP, BHP Billiton, Peabody, Rio Tinto, etc. und staatlichte
Großunternehmen wie Saudi Aramco, NIOC und Gazprom. Zum anderen sind
Staaten wie Saudi-Arabien, Iran und Russland aufgrund ihrer Reserven und
Verstaatlichung ihrer Unternehmen auch maßgeblich an der globalen
Preisbildung beteiligt. Weiterhin sind die Haupthandelsströme von großer
Wichtigkeit für das globale Handelssystem und somit für die globale
Preisbildung und Preisentwicklung auf dem Markt für fossile Brennstoffe.
Volkswirtschaftlich gesehen muss die Ansicht des vollkommenen Marktes
differenzierter betrachtet werden und letztendlich muss ein Faktor, welcher
die äußeren Einflüsse beschreibt eingeführt werden. D.h. die Preisbildung ist
nicht mehr allein von Grenzkosten, Opportunitätskosten und Abbaukosten
abhängig sondern im erhöhten Maße von äußeren Einflüssen.
Im Bereich der Kohleproduktion bzw. des Handels mit Kohle gibt es noch
keine große Einflussnahme von Staaten, durch Verstaatlichungen von
Unternehmen, auf den Preis bzw. Preisbildung. Die obengenannten
Unternehmen wie Peabody, BHP Billiton oder Rio Tinto sind eher abhängig
von ökologischen Einflüssen wie der Flutkatastrophe welche sich Anfang
2011
in
Australien
ereignete
und
den
damit
zusammenhängenden
Produktionsstopps. Beim Kohlehandel ist es zudem schwierig, von einem
globalen Markt zu sprechen, da alle Haupthandelsströme entweder in SüdNord Richtung (Austrlien Richtung Asien) oder Ost-West Richtung (USA
Richtung Japan bzw. Deutschland und Polen Richtung Westeuropa) laufen.
VI-2
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
VI.2.
Patrick Friedrichs
Global Player
VI.2.1.
Nicht-staatliche Erdölunternehmen
Zu den größten „Global Player“ gehören Exxon Mobil, Royal Dutch Shell, BP
(British Petroleum), Chevron, Conoco Phillips und Total. Alle sechs
aufgeführten Erdölunternehmen gehören zu den sogenannten „Supermajors“.
Der Begriff Supermajor (Abbildung 1), auch genannt International Oil
Company (IOC), zeigt die sechs größten, nicht staatlichen Energie –
Unternehmen.
Abbildung 1: Die weltweit größten nicht-staatlichen Erdölproduzenten,
„Supermajors“. Libmansworld, 2007.
Das durchschnittliche Gesamteinkommen (Abbildung 1) dieser sechs
Unternehmen beläuft sich auf ca. 1,6 Billionen $. Der Netto-Gewinn
VI-3
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
(Abbildung 1) hingegen beläuft sich auf ca. 135,5 Milliarden $. Damit nehmen
diese sechs Unternehmen eine Vorrangstellung auf dem weltweiten
Erdölmarkt ein.
VI.2.2.
Staatliche Erdölunternehmen
Saudi Aramco (früher Arabian-American Oil Company, abgekürzt ARAMCO)
ist
derzeit
(2007)
die
größte
Erdölfördergesellschaft
der
Welt
mit
Unternehmenssitz in Dhahran, Saudi-Arabien.
Das staatliche Unternehmen Saudi Arabian Oil Co. (Saudi Aramco) ist der
„König des Öls“ (Saudi Arabian Oil Company, 2011). Es ist der weltweit
größte Erdölproduzent, mit einem Anteil von 10% an der weltweiten
Erdölnachfrage. 2009 befanden sich 260 Milliarden Barrel Erdölreserven in
ihrem Besitz (Saudi Arabian Oil Company, 2011). Des Weiteren besitzt Saudi
Aramco 275 Billionen „Kubik-Fuss“ ( 1 cu.ft. = 28,317 Liter) Erdgasreserven
(die viertgrößten Reserven weltweit). Die Produktionskapazität beträgt 12
Millionen Barrel pro Tag (Saudi Arabian Oil Company, 2011). Saudi Aramco
betreibt eigene Raffinerien, agiert auf allen internationalen Erdöl-Märkten und
vertreibt
das
Erdöl
in
Saudi
Arabien
für
geringere
Preise,
aus
innenpolitischem Antrieb. Das Unternehmen besitzt eine große Tankerflotte,
investiert in Raffinerien, Märkte und erkundet neue Absatzmöglichkeiten in
China, Japan, Süd-Korea und den USA (Saudi Arabian Oil Company, 2011).
Das staatliche, iranische Unternehmen NIOC (National Iranian Oil Company)
ist im Besitz eines der weltweit größten Erdölfelder und produziert ca. 4,2
Millionen Barrel pro Tag (Hoovers, 2011). Die vor Ort Reserven belaufen sich
auf 137 Milliarden Barrel. NIOC besitzt weiterhin 28,2 Billionen Kubikmeter
Erdgas (Hoovers, 2011). Die Explorationsaktivität in den letzten 30 Jahren ist
eher gering gewesen, da der Iran durch Revolution und verschiedener
Sanktionen wenig bis gar keine Absatzmöglichkeit besessen hat. Dies hat
sich aber in den letzten 2 Jahren geändert, da verschiedene Unternehmen
(aus Frankreich, Italien, Malaysia und Großbritannien) die US-Sanktionen
ignoriert und Verträge mit der NIOC abgeschlossen haben (Hoovers, 2011).
VI-4
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
VI.2.3.
Patrick Friedrichs
Erdgasunternehmen
Die Gazprom Gruppe ist der weltweit größte Erdgasproduzent und besitzt die
größten Reserven. Ende Dezember 2009 verzeichnete das Unternehmen
einen Anstieg seiner Reserven (A+B+C1 Kategorien) um 455,2 Milliarden
Kubikmeter Erdgas und 221,3 Tonnen Erdöl und 221,3 Millionen Tonnen
Erdöl und Gaskondensat (bezogen auf Ende 2008) (Gazprom Gruppe, 2010).
Abbildung 2: Gas-, Erdöl- und Gaskondensat-Reserven der Gazprom Gruppe.
Gazprom Gruppe, 2010.
Am 31. Dezember, 2009 werden die A+B+C1 Gasreserven (russischer
Standard) der Gazprom Gruppe auf etwa 33,6 Billiarden Kubikmeter
geschätzt (Gazprom Gruppe, 2010). Erdöl und Gaskondensate werden auf
3,1 Milliarden Tonnen angesetzt. Das Gasproduktionsvolumen wird auf 14,5
% an der globalen Produktion bewertet, Gazprom ist eines der weltweit
VI-5
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
führenden Petroleum Unternehmen. Im Jahre 2009 produzierte die Gazprom
Gruppe 461,5 Milliarden Kubikmeter natürlichen und gebundenem Gas, 10,1
Millionen Tonnen Gaskondensat und 31,6 Millionen Tonnen Erdöl (Gazprom
Gruppe, 2010). Weiterhin ist Erdgas aus Zentral-Asien eine grundlegende
Ressourcenbasis. Die Gazprom Gruppe bezieht im Jahre 2009 37,3
Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Zentral-Asien (Gazprom Gruppe, 2010).
VI.2.4.
Kohleunternehmen
Peabody Energy (NYSE: BTU) ist der weltweit größte Kohleproduzent im
privaten Sektor. 2009 produzierte und verkaufte Peabody 244 Millionen
Tonnen Kohle mit einem Gewinn von ca. 6 Milliarden $ (Peabody Energy,
2010). Das Unternehmen beliefert weltweit 21 Großkunden (Peabody Energy,
2010). Im Jahre 2010 wurden ca. 242 Millionen Tonnen Kohle produziert
(Peabody Energy, 2010). 2006 fusionierte Peabody mit einem der
bedeutsamsten Kohleproduzenten Australiens Excel Coal und sicherte sich
somit einen Standort an den größten Kohlevorkommen weltweit.
BHP Billiton ist einer der größten Kohleproduzenten weltweit mit Anteilen an
BHP Billiton Energy Coal Sotuh Africa (100%), Mt.Arthur Coal, Australien
(100%), Cerrejon Coal, Süd-Amerika (33,3%) und New Mexico Coal, NordAmerika
(100%).
BHP
und
seine
Tochterunternehmen
produzieren
zusammen ca. 114 Millionen Tonnen Kohle (Metallurgische und Energie(Kohle)) pro Jahr (BHP Billiton, 2009, Seite 76) und besitzen ca. 2100
Millionen Tonnen an Reserven (BHP Billiton, 2009, Seite 107). Weitere große
Kohleunternehmen sind Rio Tinto, Xstrata/Glencore und Anglo Coal.
VI.3.
Globaler Handel mit fossilen Brennstoffen
VI.3.1.
Globale Handelsströme und Handel mit fossilen
Brennstoffen
Der globale Handel ist ein sehr komplexes Gebilde mit verschiedenen
regionalen
und
interregionalen
Handelsmöglichkeiten
bzw.
Handelsschauplätzen. Europa besitzt das größte Handelsvolumen im Bereich
des regionalen Handels mit ca. 4,244 Billionen US-$ (Abbildung 3). Bezieht
man Importe und Exporte ein, so besitzt die Europäische Union ebenso
VI-6
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
weltweit das größte Handelsvolumen (Abbildung 3). Dies gilt aber nicht für
fossile Brennstoffe (vergleiche Kapitel VI.3.2.1 – VI.3.2.8). Hier spielt die
Europäische Union eher eine untergeordnete Rolle, obwohl viele der „Global
Player“ der Branche der fossilen Brennstoffe in der Europäischen Union
ansässig sind (vergleiche Kapitel VI.2, BP, Royal Dutch Shell, etc.). Im
Exportbereich (Abbildung 3) des globalen Handels ist Asien weltmarktführend,
was auf Faktoren beruht wie geringen Produktionskosten, Arbeitskosten,
Materialkosten oder Personalkosten. Der Importbereich (Abbildung 3) hat in
Nordamerika einen übergeordneten Status inne, da v.a. die USA immer mehr
Produkte aus Asien beziehen bzw. seit ca. 10 Jahren ihre verschiedenen
Produktionsstandorte in diese Region verlagert.
Abbildung 3: Globaler Handel / Handelsströme weltweit im Jahr 2008.
Europäische Union, Brüssel, 2008.
Die „Global Player“ im Bereich des globalen Handels mit fossilen Brennstoffen
sind im Folgenden: die Nachfolgestaaten der UdSSR (Russland, Armenien,
Aserbaidschan, Kasachstan) in den Bereichen Erdöl, Erdgas und Kohle, die
arabischen Staaten (Saudi-Arabien, Iran, VAE, Katar, Irak und Oman) in den
Bereichen Erdöl und Erdgas, die USA in den Bereichen Erdöl und Kohle
sowie Australien im Bereich Kohle (vergleiche Kapitel VI.3.2.1 – VI.3.2.8).
VI-7
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Der Handel mit Bergbauprodukten und Energieträgern, der von fossilen
Brennstoffen wie Erdöl, Erdgas und Kohle geprägt wird, ging in den achtziger
Jahren stark zurück (Koopmann & Franzmeyer, 2003). Darin zeigen sich die
Folgen der Erdölpreiskrise von 1979/80: die Energiesparmaßnahmen, die
stärkere
Nutzung
nichtfossiler
Energieträger
und
die
beschleunigte
Erschließung heimischer Energiequellen (Koopmann & Franzmeyer, 2003).
Dementsprechend hat sich der Handel mit Energieträgern bei etwa einem
Zehntel des globalen Warenhandels stabilisiert (Koopmann & Franzmeyer,
2003). Weiterhin sollte konstatiert werden, dass ohne den globalen Handel
mit
fossilen
Brennstoffen
bzw.
Energieträgern
das
Erschließen
andersorientierter Märkte nicht möglich wäre. Beispielsweise würde es durch
eine immense Erhöhung des Erdöl- und Erdgaspreises zu überhöhten
Transportkosten kommen, welches sich sehr negativ auf die ausgelagerten
Produktionsstandorte auswirken würde.
VI.3.2.
Handel und Handelsströme
VI.3.2.1. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Europa
Europa importiert jährlich ca. 900 Millionen Tonnen Erdöl und Erdgas aus den
Nachfolgestaaten der UdSSR, Afrika, dem Nahen Osten, Nordamerika, Mittelund Südamerika sowie aus der übrigen Welt (Abbildung 4) und ist somit der
zweitgrößte Importeur von fossilen Brennstoffen. Der intraregionale Handel
bezieht sich auf Norwegen, die Niederlande und die übrigen Staaten.
Besonders Norwegen und die Niederlande haben durch ihre Erdöl- und
Erdgasproduktion in der Nordsee und ihrer EWR-Zugehörigkeit einen großen
Anteil am intraregionalen in Europa. Des Weiteren verfügen die Niederlande
über den größten Ressourcen-Hafen weltweit (Rotterdam) bzw. den größten
europäischen Absatzmarkt für Ressourcen. Exportiert werden weiterhin ca.
100 Millionen Tonnen (Abbildung 4) Erdöl und Erdgas nach Nordamerika,
Afrika und die übrige Welt. Dies sind zu größtem Teil eigene Produktionen
aus der Nordsee.
VI-8
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 4: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Europa. BP, 2009.
VI.3.2.2. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Nordamerika
Nordamerika importiert jährlich ca. 490 Millionen Tonnen Erdöl und Erdgas
aus
Afrika,
Mittel-
und
Südamerika,
Naher
Osten,
Europa,
den
Nachfolgestaaten der UdSSR und der übrigen Welt (Abbildung 5). Hierbei
dient die gute geographische Lage der nordamerikanischen Staaten als
Grundlage für einen florierenden Ressourcenhandel. Durch die jeweiligen
Seeanbindungen zum Atlantik und Pazifik wird dies weiter unterstützt.
Weiterhin besitzen die USA noch vertraglich gesicherte Durchfahrtsrechte am
Panamakanal, was den Handel vereinfacht. Intraregional wird zwischen den
NAFTA-Ländern Mexiko, USA und Kanada ein starker Handel verzeichnet,
wobei hier der Import der USA um ein vielfaches höher ist als der Export.
Nordamerika exportiert ca. 81,5 Millionen Tonnen (Abbildung 5) Erdöl und
Erdgas nach Europa, Mittel- und Südamerika sowie die übrige Welt. Exportiert
VI-9
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
werden zumeist Erdgaserzeugnisse aus Kanada sowie Erdölerzeugnisse aus
dem Golf von Mexiko und aus Alaska.
Abbildung 5: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Nordamerika. BP, 2009.
VI.3.2.3. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Mittel- und
Südamerika
Mittel- und Südamerika importieren ca. 72 Millionen Tonnen (Abbildung 6)
Erdöl und Erdgas aus Nordamerika, Afrika und der übrigen Welt. Der
intraregionale Handel ist sehr gering und beläuft sich nur auf ca. 11 Millionen
Tonnen (Abbildung 6) Erdöl und Erdgas. Die Länder Mittel- und Südamerikas
exportieren ca. 192 Millionen Tonnen (Abbildung 6) Erdöl und Erdgas nach
Nordamerika, Asien-Pazifik, Europa und in die übrige Welt. Größter
Handelspartner im Bereich der fossilen Brennstoffe ist Nordamerika,
vorzugsweise die USA. Weiterhin kann man in Mittel- und Südamerika eher
von einem Exporthandel sprechen, da dort die Handelsausrichtung liegt.
VI-10
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 6: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Mittel- und Südamerika.
BP, 2009.
VI.3.2.4. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Afrika
Afrika importiert ca. 68 Millionen Tonnen (Abbildung 7) Erdöl und Erdgas aus
dem Nahen Osten, Europa und der übrigen Welt. Der intraregionale Handel
ist, verglichen beispielsweise mit Nordamerika, eher als gering einzuschätzen.
Exportiert werden ca. 500 Millionen Tonnen (Abbildung 7) Erdöl und Erdgas
nach Europa, Nordamerika, Asien-Pazifik, Mittel- und Südamerika und der
übrigen Welt. Mit Libyen und vor allem dem Nigerdelta, welches eines der
größten Erdölfelder weltweit aufweist, können diese Exportzahlen bzw. solch
ein großer Exporthandel erzielt bzw. betrieben werden. Ägypten besitzt mit
dem Suezkanal die kürzeste Verbindung von Europa in den indischen Ozean.
Somit besitzt Afrika gute Handelscharakteristika, die es zu einem essentiellen
Handelsschauplatz machen.
VI-11
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 7: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Afrika. BP, 2009.
VI.3.2.5. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Asien-Pazifik
Die Asien-Pazifik Staaten sind der größte Importeur von Erdöl und Erdgas
weltweit, mit einem jährlichen Handelsvolumen von ca. 947 Millionen Tonnen
(Abbildung 8) Erdöl und Erdgas. Die Importe kommen aus dem Nahen Osten
(nach Japan, Indien, China und übrige Asien-Pazifik Staaten), Afrika, den
Nachfolgestaaten der UdSSR, Mittel- und Südamerika und der übrigen Welt
(Abbildung 8). Vor allem Japan, Indien und China importieren große Mengen
fossiler Brennstoffe, da aufgrund ihrer geologischen Lage und der
demographischen Situation ein großangelegter Handel im Importbereich nötig
ist. Weiterhin ist der asiatisch-pazifische Handel auch der größte im
intraregionalen Bereich. Es werden ca. 284 Millionen (Abbildung 8) Erdöl und
Erdgas gehandelt, wobei hier Brunei, Malaysia und Indonesien eine
Vormachtstellung inne halten. Exportiert werden vergleichsweise wenig Erdöl
und Erdgas, ca. 32 Millionen Tonnen (Abbildung 8).
VI-12
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 8: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Asien-Pazifik. BP, 2009.
VI.3.2.6. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Naher Osten
Der Nahe Osten ist handelstechnisch gesehen die Region mit dem geringsten
Importaufkommen an Erdöl und Erdgas (Abbildung 9). Dies ist aufgrund ihrer
geologischen Situation mit dem größten und viertgrößten Erdölfeld weltweit
sowie
dem
größten
Erdölproduzenten
(Saudi
Aramco)
offensichtlich.
Intraregionaler Handel findet nur zwischen den großen Produzenten SaudiArabien, Irak, Iran und VAE (Vereinigte Arabische Emirate) auf der
Anbieterseite und Staaten wie Libanon, Jordanien, Syrien und dem Jemen auf
der Nachfragerseite statt. Mit ca. 15 Millionen Tonnen (Abbildung 9) an
Handelsvolumen entspricht dies den Handelsvolumina von Afrika und Mittelund
Südamerika.
Im
Bereich
des
Exports
ist
der
Nahe
Osten
handelstechnisch führend, mit einem Handelsvolumen von ca. 920 Millionen
VI-13
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Tonnen jährlich (Abbildung 9). Die größten Abnehmer sind Japan, Indien und
China.
Abbildung 9: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Naher Osten. BP, 2009.
VI.3.2.7. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas in den UdSSR
Nachfolgestaaten
Die Nachfolgestaaten der UdSSR importieren keine (Abb.10) fossilen
Brennstoffe im Bereich des Erdöls und des Erdgas, da sie aufgrund ihrer
geologischen Situation gänzlich auf einen Import verzichten können.
Russland besitzt das zweitgrößte Erdölfeld sowie große Erdgasreserven und
mit Gazprom den größten Erdgasproduzenten weltweit. Im intraregionalen
Handel zeichnet sich das gleiche Bild, da fast jeder einzelne Staat über
genügend eigene Reserven im Bereich Erdöl und Erdgas verfügt (Abbildung
10). Mit ca. 550 Millionen Tonnen (Abbildung 10) Handelsvolumen im Bereich
Erdöl und Erdgas sind die UdSSR-Nachfolgestaaten der zeitgrößte Exporteur
weltweit. Europa ist der größte Importeur mit ca. 457 Millionen Tonnen
(Abbildung 10) bzw. aus Sicht der Nachfolgestaaten der UdSSR der größte
Abnehmer.
VI-14
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 10: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Nachfolgestaaten
UdSSR. BP, 2009.
VI.3.2.8. Haupthandelsströme Kohle weltweit
Die Haupthandelsströme des Weltkohlehandels liefen in den 70er Jahren in
Süd-Nord Richtung zwischen Australien und Japan, den USA und Kanada
und in Ost-West Richtung zwischen den USA, Kanada und Japan, den USA
und Westeuropa sowie Polen und Westeuropa und Japan (Rumberger &
Wettig, 1976). Von den USA wurden fast alle Länder Mittel- und Südamerikas
mit Kokskohle versorgt, da nur Kolumbien über Kokskohle verfügt
(Rumberger & Wettig, 1976). Dieses Szenario hat sich größtenteils nicht
verändert. Die einzige Veränderung ist, dass die Unternehmen mehr und
mehr global strukturiert sind bzw. global agieren können (vergleiche Kapitel 2,
Peabody bzw. BHP Billiton). Deutsche und polnische Kohlereviere werden
größtenteils zur Eigenversorgung gebraucht, importiert wird gar keine (Koks-)
Kohle und exportiert auch eher wenig. Die meisten Exporte kommen weiterhin
VI-15
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
aus Australien und den USA. Vernetzung und Fusionen zwischen USamerikanischen und australischen Konzernen sind an der Tagesordnung
(vergleiche Kapitel 2, Peabody bzw. BHP Billiton). Braunkohle wird immer
noch als Energieträger für Kraftwerke genutzt (siehe RWE mit Garzweiler).
Dies wird sich aufgrund von Verträgen auch in nächster Zukunft nicht ändern.
VI.3.3.
Rohstoff-Börsen
Die weltweit größten Rohstoffbörsen sind das Chicago Board of Trade
(CBOT), die New York Mercantile Exchange (NYMEX) und die London
Intercontinental Exchange (ICE). Das CBOT war die erste Rohstoffbörse und
ist immer noch die größte Rohstoffwarenterminbörse der Welt (Extra,
November
2009).
Im
Bereich
Energie
musste
das
CBOT
seine
Vormachtstellung aber mittlerweile an die NYMEX sowie die ICE abgeben
(Extra, November 2009). Weltweit gibt es momentan über 30 Rohstoffbörsen,
wobei sich der Markt durch eine hohe Konzentration auf die Länder USA,
Japan, China und Großbritannien auszeichnet (Extra, November 2009). Seit
ca. 2005 treten immer mehr Energiekontrakte in den Vordergrund. Der Anteil
von WTI (World Trade Index) Öl am Handelsumsatz der NYMEX lag 2004 bei
knapp 40%, zusammen mit Erdgas sogar bei über 50% (Abbildung 11) (Extra,
November 2009).
VI-16
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 11: Umsatz der NYMEX nach Rohstoffen (in %). Extra, November
2009.
Die
NYMEX
handelt
im
großen
Maße
mit
Energie
Futures
(Börsenterminkontrakt, verbindlicher Börsenvertrag), v.a. mit Oil Futues. In
solchen Oil Futures (Anhang 1) wird die gehandelte Menge und Qualität, der
Zeitpunkt in der Zukunft und einem bei Vertragsabschluss bestimmten Preis,
festgelegt. Abbildung 12 zeigt einen Ausschnitt des Oil Futures „Light Sweet
Crude Oil“ von Februar 2011 bis Juni 2011. In diesem Chart sieht man das
handelbare Volumen, den niedrigsten Wert des Futures (Low), den höchsten
Wert des Futures (High), den Öffnungswert (Open) sowie die Veränderung
des Futures (Change).
Abbildung 12: Light Sweet Crude Oil Future – Chart. CME Group, 2011.
Weiterhin handelt die NYMEX mit weiteren 5 Kohle-Futures, ca. 60 ErdölFutures und ca. 110 Erdgas-Futures (CME Group, 2011). Dieser FutureHandel zählt zu den lukrativsten Warentermingeschäften. Dieser Future stellt
natürlich einen Faktor in der Preisbildung und Preisentwicklung dar.
VI-17
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
VI.4.
Märkte
VI.4.1.
Die
Patrick Friedrichs
Definition Markt/Märkte
wichtigsten
Bedingungen
für
einen
vollkommenen
Markt
sind
Homogenität (= Güter sind sachlich gleichartig bzw. homogen, sie
unterscheiden sich nicht im Urteil des Konsumenten), keine persönlichen
Präferenzen (= es bestehen keine Bindungen zwischen Anbieter und
Nachfragern,
d.h.
keine
unterschiedliche
Behandlung
verschiedener
Nachfragegruppen durch den Hersteller oder dass die Kunden Präferenzen
gegenüber einem bestimmten Produzenten zeigen), keine räumliche
Präferenzen (= es bestehen keine Präferenzen auf der Angebots- oder
Nachfrageseite, das Produkt an bestimmten Orten zu (ver-)kaufen) und keine
zeitliche Differenzen (= es bestehen keine unterschiedlichen Lieferzeiten, die
für die Konsumenten Anlass bieten könnten, homogene Produkte bevorzugt
bei
bestimmten
Anbietern
zu
kaufen)
(Feess,
2000,
S.252).
Zusammenfassend besteht die Definition vollkommener Märkte demnach im
Fehlen jeder Differenzierung zwischen Anbietern und Nachfragern in
sachlicher, persönlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht (Feess, 2000,
S.252). Mit Hilfe des Begriffs des vollkommenen Marktes unterscheidet man
zwischen homogenen und heterogenen Märkten (Feess, 2000, S.252). Von
homogenen Märkten spricht man, wenn alle Homogenitätsbedingungen
(Preise aller Anbieter müssen gleich sein) erfüllt sind, andernfalls nennt man
die Märkte heterogen (Feess, 2000, S.252). Es müssen also alle Faktoren
(Preis, Menge, Angebot und Nachfrage) homogen miteinander funktionieren
(Abbildung 13).
VI-18
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 13: Vollkommener Markt.
VI.4.2.
Globale Märkte
Globale Märkte sind der Öl- und Gasmarkt und teilweise der Kohlemarkt. Der
Gasmarkt ist eher weniger als globaler Markt anzusehen als der Ölmarkt, da
aufgrund der polito-ökonomischen Probleme, die der globale Gashandel mit
sich bringt, sowie der Dominanz des Pipelinetransports, kein Zusammenspiel
zwischen Anbieter und Nachfrager in dieser Hinsicht möglich ist (Welfens,
2008, S.147), da die meisten Gasunternehmen mittlerweile verstaatlicht sind
oder pseudo-staatlich bzw. staatlich gesteuert sind (siehe Gazprom). Somit
hat die Politik im Bereich der Preisbildung für Gas eine Art Kontrolle bzw.
Regulierungsmöglichkeit. Hier geht es meist nicht darum den Nachfrager, der
den meisten Gewinn verspricht zu beliefern, sondern um politischen Druck
auszuüben. Gas kann somit auch als politisches Druckmittel verstanden
werden (siehe Gaskrise Russland-Ukraine, vor einigen Jahren). Der Ölmarkt
hingegen kann als globaler Markt verstanden werden. Hier gibt es Anbieter
und Nachfrager im Zuge der vollständigen Konkurrenz, noch ohne allzu große
Einmischung seitens der Politik. Ausnahmen sind auch hier wieder die beiden
NOCs (National Oil Companies), Saudi Aramco und NIOC (National Iranian
Oil Company) (vergleiche Kapitel VI.2). Sollte der relative Ölpreis bei
deutlicher Verknappung dauerhaft inflationsbereinigt im 21. Jahrhundert
ansteigen, dann gehen davon auf der Nachfragerseite Einsparanreize aus
und zudem angebotsseitige Anreize für Investitionen und Innovationen im
globalen Energiemarkt (Welfens, 2008, S.147). Hinzu kommt noch die
VI-19
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
wirtschaftspolitische Komponente, der Staat China bzw. die verstaatlichten
Unternehmen Chinas. Da aufgrund des Wachstums Chinas es zu einem
Anstieg der Produktion an Erdöl, Erdgas und Kohle zukünftig kommen wird.
Wobei China immer mehr versucht den volatilen Ressourcenmarkt zu meiden.
Chinesische Unternehmen kaufen Anteile an Ressourcenunternehmen
weltweit auf, insbesondere im Ölmarkt Afrika, um so sein Bestreben nach
Selbstversorgung zu untermauern. Auswirkungen auf den globalen Markt für
Erdöl könnten in zwei Richtungen interpretiert werden, entweder wird China
zu einem Art Gegengewicht zu den Staaten der OPEC oder es wird eine
ähnliche Situation auftreten wie beim globalen Gasmarkt. Der Kohlemarkt ist
eigentlich nur im Börsensinne ein globaler Markt, da dort mit Kohle-Aktien
respektive
Kohle-Futures
(vergleiche
Kapitel
VI.3.3)
gehandelt
wird.
Ansonsten spielt sich der globale Kohlehandel eher in Süd-Nord Richtung,
Australien nach Asien oder Ost-West Richtung von den USA nach Europa
(ausgenommen Deutschland) ab (vergleiche Kapitel VI.3.2.8).
VI.5.
Preisbildung und Preisentwicklung
VI.5.1.
Mikroökonomie und Preisbildung
Primärer Gegenstand der mikroökonomischen Theorie ist die Erklärung der
Preisbildungsprozesse in Marktwirtschaften aus dem dezentralen Handeln der
„Wirtschaftssubjekte“ (Feess, 2000, S.263). In dieser Theorie wird gefragt,
welche Güter in welchen Mengen produziert werden, welche Kosten dabei
entstehen und wie sich die Preise für die Güter auf unterschiedlich
strukturierten
Märkten
(beispielsweise
vollständige
Konkurrenz
oder
Preisbildung natürlicher Ressourcen) bilden (Feess, 2000, S.263). Weiterhin
spielen weitere Faktoren wie Produktionsfaktoren, Produktionsprozesse und
die Verteilung der Güter auf die Marktteilnehmer (Feess, 2000, S.263) eine
Rolle.
Bei der allgemeinen Preisbildung wird das einfache Marktmodell (= nur
einzelne Güter werden betrachtet) in der Mikroökonomie zugrunde gelegt. In
diesem vereinfachten Marktmodell sind vier Faktoren maßgeblich, der Preis,
die (Güter-) Menge, das Angebot und die Nachfrage. In Abbildung 14 wird das
Zusammenspiel der vier Faktoren dargestellt.
VI-20
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 14: Angebot und Nachfrage im einfachen Marktmodell.
Hier wird deutlich, dass bei einem niedrigen Angebot und hoher Nachfrage
des Gutes der Preis als maximal angenommen werden kann. Hingegen bei
einem hohen Angebot und niedriger Nachfrage des Gutes der Preis als
minimal angenommen wird. Der Punkt, indem sich Angebots- und
Nachfragefunktion treffen, wird Marktgleichgewicht oder auch Marktpreis
genannt. In dieser Situation verwirklichen Anbieter und Nachfrager im
Marktgleichgewicht ihre Vorstellungen von Preis und Menge und es kommt
der größtmögliche Umsatz zustande.
VI.5.1.1. Preisbildung auf Gütermärkten
Bei der Preisbildung auf Gütermärkten treten weitere Faktoren auf und das
Marktmodell muss modifiziert werden. Durch diese Faktoren stellen sich unter
bestimmten produktionstechnischen und präferenztheoretischen Annahmen
steigende Angebots- und fallende Nachfragefunktionen ein (Feess, 2000,
S.263). Die Begründungen sind steigende Grenzkosten (= die durch eine
infinitesimale Produktionssteigerung zusätzlich entstehenden Kosten für den
Fall, dass alle Produktionsfaktoren gleichmäßig variiert werden) für die
Angebotsfunktion und eine sinkende Grenzrate der Substitution (= Steigerung
der Indifferenzkurve und gibt an, wie viel Einheiten eine Ware i mit einer
Einheit einer Ware j ersetzt werden können) im Konsum für die
Nachfragefunktion (Feess, 2000, S.263). Beide Funktionen (Angebot und
Nachfrage)
stellen
alle
Gleichgewichte
der
Konsumenten
bzw.
der
Unternehmen dar, d.h. jeder Punkt auf der Nachfragefunktion ist nutzen- und
jeder Punkt auf der Angebotsfunktion ist gewinnmaximal. Es gibt aber nur
VI-21
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
einen einzigen Preis (Gleichgewichtspreis p*), bei dem die nutzenmaximalen
Pläne der Konsumenten und die gewinnmaximalen Pläne der Unternehmen
miteinander vereinbar sind (Feess, 2000, S.263).
Abbildung 15: Angebot und Nachfrage auf Gütermärkten. Feess, 2000, S.264.
Abbildung 15 zeigt deutlich, dass bei einem Preis unter p* (p2) eine
Übernachfrage und bei einem Preis über p* (p1) ein Überangebot besteht
(Feess, 2000, S.264). Der Punkt p*/y* wird hier als Gleichgewichtslösung
Preis=Grenzkosten
für
vollständige
Konkurrenz
angesehen,
d.h.
Übereinstimmung der gewinnmaximalen Pläne der Unternehmen und der
nutzenmaximalen Pläne der Konsumenten (Feess, 2000, S.264). Diese
Gleichgewichtslösung wird, ohne den Preis als Datum zu betrachten, aus dem
rationalen Verhalten der Unternehmer begründet (Feess, 2000, S.264).
VI.5.1.2. Preisbildung bei natürlichen Ressourcen
In den beiden vorangegangenen Kapiteln ist angenommen worden, dass die
Güter beliebig reproduziert werden können, so dass die Effizienzbedingung
Grenzkosten=Grenznutzen(= der von einer infinitesimalen Erhöhung eines
Gutes hervorgerufene Nutzenzuwachs) unmittelbar einsichtig ist (Feess,
2000). Bei Erdöl, Erdgas und Kohle verändert sich das Marktmodell, da es
nötig ist, die Abbaukosten der fossilen Brennstoffe sowie die in Zukunft
entstehenden Wohlfahrtsverluste (= durch eine Marktstörung im Vergleich zur
Situation vollkommener Konkurrenz verursachten Verlust an Konsumentenund Produzentenrente)
zu berücksichtigen. Weiterhin ist zu konstatieren,
dass es sich hier um einen Markt der nicht reproduzierbaren Ressourcen
VI-22
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
handelt. Hinzu kommt noch die Einmischung verschiedener Regierungen
durch die Einführung einer Ressourcensteuer (Bsp.: Mineralölsteuer BRD
bzw. Energiesteuer) oder durch Konflikte (Bsp.: Irakkrieg 1990/2002)
entstandene Preisschwankungen, welche durch Transportprobleme bzw.
geringere Produktion entstanden sind. Bezieht man all diese Faktoren ein, ist
es erheblich schwierig ein feststehendes System der Markt-/ bzw.
Preisbildung für natürliche Ressourcen zu entwickeln. Volkswirtschaftlich
gesehen muss ein sogenannter Schattenpreis (= der Nutzen einer
Ressourceneinheit in einem beliebigen Zeitpunkt t) einbezogen werden. Der
Schattenpreis
entspricht
in
diesem
Fall
den
Opportunitätskosten
(=
Nutzenentgang durch die Wahl einer Handlungsalternative), da die gleiche
Ressourceneinheit nicht mehr zu einem anderen Zeitpunkt produziert werden
kann. Modifiziert man diese These weiter und konstatiert, dass auch direkte
Abbaukosten entstehen können.
Bezieht man nun die äußeren Einflüsse in diese These mit ein, kommt man zu
folgender
Gleichung:
Preis
(=
Grenznutzen)
=
Grenzkosten
+
Opportunitätskosten + Abbaukosten + äußere Faktoren.
VI.5.2.
Preisentwicklung
VI.5.2.1. Erdölpreise
Erdölpreise in den letzten 2 Jahren In den letzten zwei Jahren (Dezember 2008 – Dezember 2010) stieg der
Erdölpreis kontinuierlich von ca. 40 US-$ pro Barrel auf ein weiteres
Rekordhoch von 94 US-$ pro Barrel (Abbildung 16). Bedenkt man, da der
Erdölpreis im Oktober 2008,vor der Firmenpleite von Lehman Brothers,
kurzzeitig fast dasselbe Niveau aufwies wie momentan, ist die Entwicklung
der letzten zwei Jahre nicht positiv zu betrachten, aber auch nicht
beunruhigend. Bezieht man weiterhin den konjunkturellen Aufstieg Chinas in
diese Entwicklung mit ein, so erscheint der Preisanstieg doch klarer. Die
Erdöllieferungen
nach
Europa
blieben
fast
identisch,
aber
die
Erdöllieferungen, v.a. durch die OPEC, an China wurden stetig erhöht.
VI-23
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 16: Ölpreis in $/Barrel (2 Jahre). Diek, S., HSH Nordbank, 2010.
Erdölpreise in den letzten 6 Monaten Der Erdölpreis ist in den letzten 6 Monaten um 18 US-$ pro Barrel, von 76
US-$ auf 94 US-$, gestiegen (Abbildung 17). Bei linearer Betrachtung,
bezieht man die Schwankungen ein, stieg der Erdölpreis von ca. 73 US-$ auf
91 US-$ (Abb.17). Nur Ende Juni (Abbildung 17) und Ende August (Abbildung
17) sank er auf ca. 72 US-$, welches auf geringes Nachfrage-verhalten der
OECD-Länder zurückzuführen ist. Ende Dezember 2010 (Abbildung 17)
erreichte der Erdölpreis sein bisherige Höchstmarke von 94 US-$ pro Barrel.
Börsen-Analysten gehen aber davon, dass der Erdölpreis im nächsten Jahr
nicht die 100 US-$-Grenze überschreiten wird.
VI-24
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 17: Ölpreis in $/Barrel (Juni-Dezember 2010). Diek, S., HSH
Nordbank, Juni-Dezember 2010.
Aktuelle Erdölpreise Der Erdölpreis ist in den letzten 4 Wochen (29.November – 27.Dezember) um
ca. 6 US-$ pro Barrel, von 88 US-$ auf 94 US-$, gestiegen (Abbildung 18).
Damit erreichen die Erdölpreise erstmalig wieder die Anfang Oktober 2008
eingenommenen Niveaus (Diek, HSH Nordbank, 2010). Dieser Anstieg ist
zum einen auf den extremen Wintereinbruch zurückzuführen, welcher den
kompletten Dezember Verkehr und Transport zum Erliegen brachte sowie die
tägliche Heizrate erhöhte. Diese Faktoren führten zu einer erhöhten
Ölnachfrage.
Zum
anderen
ist
der
Anstieg
mit
den,
aus
den
Witterungsbedingungen resultierenden, sinkenden Rohöllagerbeständen zu
erklären.
VI-25
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
Abbildung 18: Ölpreis in $/Barrel (Dezember 2010). Diek, S., HSH Nordbank,
Dezember 2010.
VI.5.2.2. Erdgaspreis
Der aktuelle Preis für den ICE Natural Gas Open End beläuft sich auf 1 GBP
(Great Britain Pound = Pfund Sterling) pro Aktie bzw. 0,77 € pro Aktie
(Abbildung 19). Diese Aktie für Erdgas weist eine Entwicklung bzw. einen
Anstieg von 0,60 GBP (01.01.2010) auf 1,00 (01.01.2011) auf.
Abbildung 19: ICE Natural Gas Prize. Royal Bank of Scotland, 2011.
Mitte Dezember 2010 notierte der Erdgas-Future 4,238 US-$ (Abbildung 20)
(Ross Trading GmbH, 2010). In den letzten zwanzig Jahren (1991-2011)
VI-26
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
schwankte der Erdgaspreis zwischen 1,045 US-$, 1992, 15,65 US-$, 2005,
13,694 US-$, 2008, 2,409 US-$, 2009 und 6,108 US-$, 2010 (Abbildung 20).
Im Zuge der weltweiten Finanzkrise stürzte der Erdgaspreis im Jahr 2009 auf
2,409 US-$. Das Chartbild (Abbildung 20) ist als negativ einzuschätzen. Es
besteht zunächst Preisabgabepotential in Richtung des Tiefs des Jahres 2009
bei 2,409 US-$ (Ross Trading GmbH). Der Abwärtstrend wäre jedoch dann
als unterbrochen anzusehen, wenn das Hoch des Jahres 2010 bei 6,108 US$ überschritten wird (Ross Trading GmbH). Ausgehend vom Stand Mitte
Dezember 2010 mit 4,238 US-$ ist diese Tendenz noch nicht klar erkennbar.
Abbildung 20: Natural Gas Chart der letzten 20 Jahre. Ross Trading GmbH,
2010.
VI.5.2.3. Kohlepreis
Der aktuelle Kokskohlepreis pro Tonne beläuft sich momentan auf ca. 210
US-$/Tonne. Aufgrund der Flut in Australien haben die Bergbaufirmen wie
BHP Billiton, Rio Tinto und Xstrata mit Verweis auf höhere Gewalt die
Lieferungen an ihre Kunden eingestellt (Haid, Börse-Online, 2011). Durch den
Wirtschaftsboom in China und Indien stiegen die Kohlenotierungen stark an.
Analysten der UBS AG gehen davon aus, dass der Preis für Kokskohle im
VI-27
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
zweiten Quartal 2011 um 20 % auf 250 US-$ je Tonne steigen wird (Haid,
Börse-Online, 2011). Der weltgrößte Verbraucher (China) des Rohstoffs hat in
den ersten zehn Monaten 2010 den Import um 38 % auf 133,9 Millionen
Tonnen erhöht (Haid, Börse-Online, 2011). Die Analysten von UOB Kay Hyan
erwarten, dass die Einfuhr im laufenden Jahr um 60 Prozent auf 265 Millionen
Tonnen steigen wird (Haid, Börse-Online, 2011). Die Regierung Indiens
prognostiziert, dass sich der Verbrauch in den nächsten zwei Jahrzehnten auf
zwei Milliarden Tonnen mehr als verdreifacht (Haid, Börse-Online, 2011).
Derzeit baut Indien jährlich rund 530 Millionen Tonnen des Energieträgers ab,
65 Millionen Tonnen werden importiert.
VI.6.
Ausblick
Der zukünftige Markt, Handel und Preis im Bereich der fossilen Brennstoffe
(Erdöl, Erdgas und Kohle) wird immer mehr durch äußere Begebenheiten
beeinflusst. Es entsteht eine sogenannte Preisabhängigkeit von äußeren
Einflüssen, welche die politische Situation, polito-ökonomischer Einfluss,
Verstaatlichung von Unternehmen, (Natur-) Katastrophen, fortschreitender
wirtschaftlicher und demographischer Wachstum Chinas und Indiens sowie
die finanzwirtschaftliche Differenzierung von Märkten beinhalten werden.
Die politische Situation bzw. die politischen Einmischungen in den meisten
erdöl- und erdgasfördernden Staaten (Iran, Saudi-Arabien, Irak, VAE, Katar,
Russland, Venezuela und China) werden eine differenzierte Sicht auf die
Bildung von globalen Märkten, des globalen Handels sowie des Preises bei
fossilen
Brennstoffen
unumgänglich
machen.
Die
fortschreitende
Verstaatlichung der meisten erdöl- und erdgasproduzierenden Unternehmen
wie der NIOC (National Iranian Oil Company), Saudi-Aramco oder Gazprom
führt zu einer verstaatlichten Kartellbildung und somit zu einer Preisbildung
durch ressourcenproduzierende Staaten. Durch diese neugeschaffene
Situation stellt sich die Frage, ob die OPEC (Organization of Petroleum
Exporting Countries) gestärkt oder ersetzt werden soll bzw. wie viel Einfluss
sie noch bekommen soll oder bekommen darf. Der Grund der Verstaatlichung
liegt auf der Hand, diese Staaten verleiben sich fossile Brennstoffe
produzierende Unternehmen in ihren Staatsapparat ein um auf der einen
Seite ihr BIP (Bruttoinlandsprodukt) und ihren eigenen Staatshaushalt zu
VI-28
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
stärken. Auf der anderen Seite gelangen sie in den Besitz der größten Erdölund Erdgasvorkommen weltweit (vergleiche Kapitel 2, Saudi-Aramco, NIOC
und Gazprom) und haben somit ein weltpolitisches Druckmittel. Es ist zu
konstatieren, dass Erdöl und Erdgas mehr und mehr zu einem Politikum wird,
also zu einem Spielball auf politischer Ebene. Indien und v.a. China erweitern
ihre
wirtschaftlichen
Vernetzungen
und
Ansprüche,
so
dass
Energieunternehmen bzw. erdöl- und erdgasproduzierende Unternehmen den
Preis weiter anheben können (vergleiche Kapitel VI.5.2.1, Erdölpreis). Hinzu
kommen noch (Natur-) Katastrophen wie der Blowout an der Deep Water
Horizon im vergangenen Jahr und die anhaltende Flutkatastrophe in
Australien. Die Flutkatastrophe in Australien ist in erweiterter Hinsicht
interessanter für den weltweiten Kohlepreis, da aufgrund der benannten
Katastrophe kohleproduzierende Unternehmen wie Peabody, BHP Billiton und
Rio Tinto ihre komplette Kohleproduktion einstellen mussten. Dies wirkt sich
natürlich auf den weltweiten Kohlepreis aus bzw. es resultiert in einen
steigenden Kohlepreis. Legt man weiterhin die weltwirtschaftliche Konjunktur
zu Grunde, muss über eine Differenzierung des Marktes für fossile
Brennstoffe nachgedacht werden. Nach Abschwächung des weltweiten
konjunkturellen Hochs wird es zu einer Art Preisregulierung kommen. Diese
Preisregulierung wird aber differenzierter ablaufen als in Vergangenheit.
Durch oben genannte Faktoren, v.a. poltio-ökonomischer Einfluss, wird es zu
einer eher erzwungenen Regulierung kommen – durch erdöl- und
erdgasproduzierende Unternehmen bzw. Staaten - und nicht zu einer
natürlichen Preis- und Marktregulierung.
Für die Bundesrepublik Deutschland wird es wirtschaftliche Veränderungen
geben. Aufgrund der Abhängigkeit von Erdöl und v.a. Erdgas, wird die
Bundesrepublik Deutschland immer mehr in die Rolle eines passiven Staates
gedrückt. Die Regierung versucht indes durch ihre Energiesteuer (früher
Mineralölsteuer) dieses Szenario zu regulieren. D.h. sollte es zu weiteren
Preiserhöhungen auf dem Erdöl- und Erdgasmarkt kommen und somit in
höhere Benzin- und Heizölpreisen resultieren, wird die Bundesregierung eine
Erhöhung der Energiesteuer in Betracht ziehen müssen. Die momentane
Situation auf dem Endverbrauchermarkt ist folgende: der Benzinpreis ist
VI-29
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Patrick Friedrichs
bundesweit um 12-13 Cent pro Liter gestiegen, der Heizölpreis liegt bei einem
Rekordhoch von 75 Cent pro Liter.
Im Bereich der Kohleproduktion ist die Bundesrepublik Deutschland weniger
bzw. kaum vom Weltmarkt abhängig, da sie weiterhin genug Eigenproduktion
aufweist
bzw.
aufweisen
wird.
Zwar
müssen
sich
in
Deutschland,
Energieunternehmen wie RWE den erneuerbaren Energien zur Wehr setzen,
dennoch muss man auch in der Bundesrepublik erkennen, dass ohne den
Energieträger Kohle keine wirtschaftliche Produktion im Bereich Energien, in
der momentanen Situation, geben wird.
VI.7.
Quellen
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http://www.bhpbilliton.com/bbContentRepository/docs/2009Form20f.pdf, Stand:
14.September 2009.
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VI-30
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Einführung. Metropolis-Verlag, Marburg, 2.Auflage, 2000.
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Zirm, J., Die Presse: Die Macht des Öl-Kartells OPEC,
http://diepresse.com/home/wirtschaft/360140/Die-Macht-des-OelKartells-Opec,
Stand: Februar 2008.
VI-31
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
VI.8.
Anhang 1
VI-32
Anhang
Patrick Friedrichs
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
Datum 23. Jun 30. Jun 07. Jul 14. Jul 21. Jul 28. Jul 04. Aug 11. Aug 18. Aug 25. Aug 01. Sep 08. Sep 15. Sep 22. Sep 29. Sep 06. Okt 13. Okt 20. Okt 28. Okt 04. Nov 11. Nov 18. Nov 25. Nov 29. Nov 05. Dez 13. Dez 20. Dez 27. Dez Patrick Friedrichs
Ölpreis in $/Barrel (Juni‐Dezember 2010) 76 72 75 76,5 76 76 82 75 76 72 76,5 78 79 78 81 84 82,5 82 84 88 86 83 86 88 92 91 93 94 Anhang 2
VI-33
Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung
VI-34
Patrick Friedrichs
Gasification
Simon Baer
VII. Gasification
Simon Baer
Gasification is an environmentally friendly method to transform any carbonbased raw material without burning it. Instead, a chemical reaction is initiated
by combining the carbon material with oxygen and steam under high pressure
and temperature. This produces a mixture of low molecular weight volatile
species from which pollutants can be readily removed, leaving behind a clean
synthesis gas that can be used to generate electricity or pdoduce liquid fuels,
fertilizers and chemicals. The process can be done on surface in different
kinds of gasifiers or in underground coal seams, which is called “Underground
Coal Gasification”. All kinds of carbon-based feedstocks can be used for the
conversion, whereas coal is the most used material. With a capacity of
approximately 76000 MWth syngas the capacity has been tripled within 20
years. Also the future prospect of gasification usage is increasing significantly.
This is owed to the many advantages of the gasification method. It is, in
contrary to other technologies a clean way to produce energy. In addition it is
flexible in terms of the input material and the final endproduct. However,
gasification power plants are yet mostly subsidised. Reasons for this are the
high capital and operating costs.
VII-1
Gasification
VII.1.
Simon Baer
Introduction
Gasification was first used 150 years ago (Laboratory, 1990). Since then, the
gasification process can be subdivided into three phases that according to
their development stages.
The process of gasification deals with the conversion of carboniferous
material (fossil fuels, biomass and wastes) into syngas that consists of
hydrogen and carbon monoxide (Surhone, Timpledon, & Marseken, 2010).
This paper provides an overview of technology, application and future
prospect, covering:

the major reactions that matter for the gasification process

the different processes with its strengths and weaknesses

the geological background and the economical/environmental issues
related to gasification
The importance of gasification can be seen in the increasing world energy
supply that is longing for substitute energy sources, techniques to increase
efficiency and in response to sustainable development the cleanliness of this
convertion process.
VII.2.
Historical development
150 years ago, the history of gasification began with the gasification of coal by
using air and steam as gasifier (Laboratory, 1990). In this development stage
of gasification, the gas was produced on small-scale and mainly used as town
gas. With the development of the Winkler fluidized bed coal gasifier in 1926,
gasifiers were commercialized and used on a bigger scale, but due to their
low efficiency of carbon conversion, these gasifiers were not sold for 20 years
(Laboratory, 1990). Beside the Winkler gasifier, the Lurgi pressurized gasifier
was developed and mainly used for the production of town gas before it was
used 1955 in the first commercial synfuel plants in South Africa by SASOL
(Laboratory, 1990).
The advancement of the gasification process was often associated with
political crises, when common energy sources were rare. This happened in
the Second World War as Germany went back on improving the gasification
process to substitute the rare energy resources during the war. South Africa
VII-2
Gasification
Simon Baer
continued to develop the technology, because they wanted to be independent
concerning their energy in case of an embargo due to their Apartheid policy.
The United States enhanced the gasification technology by supporting
gasification projects, including the world´s first Integrated Gasification
Combined Cycle (IGCC) electric power plant.
The present stage of technology is characterized by these IGCC power
plants. These plants are situated adjacent to refineries in order to use their
coke and other hydrocarbon residuals.
VII.3.
Chemical reactions
Conventional coal gasification needs a temperature of higher than 1000°C by
using steam and oxygen as reactants (Wang, Jiang, Yao, Zhang, & Cao,
2009). The gasification product is a mixture of hydrogen, carbon monoxide,
carbon dioxide, methane and minor amounts of other gases. Depending on
the coal type, the gasification process and operating conditions, the
composition of this mixture varies (Wang, Jiang, Yao, Zhang, & Cao, 2009).
There are different ways a carbonaceous or hydrocarbon fuel can be gasified.
The different methods distinguish in their reactions, depending on the process
and the reactants.
The reactions relevant for the process are:

C
!
"
O  CO
standard enthalpy of formation H 0f -111 kJ/mol
This reaction of carbon with oxygen forming carbon monoxide is a partial
oxidation reaction and represents in combination with the water-gas
reaction the most common gasification reaction (Higman & Van der Burgt,
2003):

C  H 2 O  CO  H 2 Two other important reactions in the gasification of carbonaceous materials
are the Boudouard reaction

C  CO2  2CO and the methanation reaction:

C  2 H 2  CH 4
The Boudouard reaction plays an important role in the gasification of pure
carbon with an oxygen carbon dioxide mixture and the methanation process is
VII-3
Gasification
Simon Baer
the basis of all hydrogenating gasification processes (Higman & Van der
Burgt, 2003).
The overall reaction for the gasification of fuels can be written as follows:

C n H m  n O2  nCO  m H 2 (Higman & Van der Burgt, 2003
2
2
For pure methane m is 4 and n is 1, for oil m is nearly 2 and n is nearly 1, for
coal both m and n are 1.
In comparison to the combustion process, gasification differs in terms of the
oxygen content that is used for the process. In the gasification process the
oxygen supply is limited and ranges from 20-70% of the oxygen that is used
for complete combustion (clean-energy.us, 2010).
VII.4.
The Gasification Process
VII.4.1.
Gasifiers
The process of gasification can be described by the three main gasifiers: the
Moving-Bed Gasifier, the Fluidized-Bed Gasifier and the Entrained-Flow
Gasifier. The Moving-Bed Gasifier feed the gasifier with coal from the top.
From there it moves down due to gravity trough the reactor. Steam, oxygen or
air are injected at the bottom. The Fluidized Bed Gasifier feeds coal from the
middle upper part. From there the solid particles are mixed and fluidized by
the gas. Then the remaining solids and the gases are separated. The
Entrained Flow Gasifier feed coal, steam, oxygen or air together from the top
of the gasifier. By using high-purity oxygen, a high carbon conversion can be
achieved (PES, 2010).
As seen in Figure 1, the three gasifier types differ in their capacity due to their
temperature values and their gasification rate. The Moving-Bed Gasifier has a
low gasification rate, when operated at atmospheric pressure (Laboratory,
1990). The diagrams below the gasifier schemes show the temperature
distribution in the gasifier. Due to the higher and more uniform temperature
values within the Fluidized-Bed Gasifier, the capacity is higher than in the
Moving-Bed Gasifier. However, the performance of Fluidized-Bed Gasifier is
limited by an eventual pretreatment of caking coal, the bed must be kept
VII-4
Gasification
Simon Baer
below the fusion temperature of the ash and by using less reactive coals, the
carbon conversion may not be completed (Laboratory, 1990).
Figure 1: Three main gasification reactors. The Moving-Bed Gasifier, the
Fluidized-Bed Gasifier and the Entrained-Flow Gasifier (Laboratory, 1990).
With the development of the Luigi gasifier, oxygen was used as a substitute
for air. This change has two main benefits: due to the constant production of
medium-Btu gas, the gasification rate is increased; by using liquid oxygen or
high pressure steam, the operation pressure in the gasifier is increased and
leads to an increased gasification rate as well (Laboratory, 1990).
VII.4.2.
Underground Coal Gasification
Underground Coal Gasification (UCG) is the gasification of untreated coal in
the subsurface. This technique started to develop 1930, when the Soviets
started with theoretical and experimental studies (Burton, Friedmann, &
Upadhye, 2006).
In the 1950´s the Soviets built up the first UCG plant on industrial-scale in
shallow buried (40-300m) lignite and hard coal seams. The plant had a
production of 100-600 million m³ of gas per year and an average hydrogen
content of 20% in volume (Kreinin, Fedorov, Zvyagintsev, & Pyankova, 1982).
VII-5
Gasification
Simon Baer
The transformation of coal into syngas in the subsurface is illustrated in Figure
2.
Figure 2: Process of Underground Coal Gasification (LincEnergy, 2010).
The process comprises an injection well and a production well. These wells
are linked horizontally. Air and oxygen are injected into the coal seam to drive
the combustion in the subsurface. Normally the coal would burn under the
given temperature, but by controlling the oxidant flow the combustion process
can be inhibited. Under these conditions (see chapter VII.3) the coal is
converted to syngas that is released to the surface via the production well.
Presently there are two different methods of UCG. The first one is explained
in the figure two and the other one consists, similar to the oil and gas drilling
processes, of inseam boreholes in which the injection point can be moved
during the process (World-Coal-Association, 2010).
CO2 is generated during coal combustion, but in contrast to the combustion of
coal in surface plants, the released CO2 in the UCG process can be directly
stored in the subsurface.
Other advantages are the low plant costs of this process, because no gasifier
is required and transportation costs of coal are avoided as well. The
production of hydrogen during the gasification process was previously
criticized as useless byproduct, but with further development, hydrogen is now
a useful product for the chemical industry and in future probably a potential
fuel for vehicles.
VII-6
Gasification
Simon Baer
The present use and projects of UCG will be explained in the chapter
“gasification today”.
VII.5.
Environmental issues
Similar to all other hydrocarbon energy sources, the gasification plants also
produce toxic or harmful components. Some of the toxic components are
unique to coal gasification; most of them are similar to those from other
industrial sources like coal-fired power plants. There are overlaps, because
most emissions are released during the treatment of coal. In the gasification
process coal has to be stored, prepared and transported. The emissions
during this process are likely to be the major source of emissions from
gasification plants to the atmosphere or as wastewater in the surrounding
environment (Laboratory, 1990).
However, the gasification process produces unique toxic components. The
gasifiers release ash and slag that contain high concentrations of CO, H2S,
carbonyl sulphide, ammonia, hydrogen cyanide and trace elements which are
volatilized in the gasification process (Laboratory, 1990).
Furthermore, the raw gas from a moving-bed gasifier contains 5 weight %
organic by-products, including toxic species such as methyl mercaptan,
phenols, benzene and polycyclic aromatic hydrocarbons (Laboratory, 1990).
These toxic components must be transferred to other streams and then be
treated.
The ash and slag residuals are normally transported to a long-term-storage or
disposal to control environmental contaminants during the process.
In conclusion it has to be mentioned that the emissions are, contrary to other
energy sources manageable and the gasifiers will continuing to develop in
terms of environmental issues.
VII.6.
Feedstocks for gasification
Several feedstocks can be used for the gasification process, but the main
ones are coal and coke. This paper will also describe biomass-, waste-, liquidand gaseous -feedstocks. The feedstock itself is not a fuel, because it does
not get combusted, rather converted into fuels that can be combusted after
the gasification process.
VII-7
Gasification
Simon Baer
Figure 3: Worldwide feedstock distribution and their syngas capacity in
operating, construction and planning stages (NETL, 2010 Worldwide
Gasification Database, 2010).
Figure 3 illustrates the distribution of feedstocks worldwide. This shows that
coal is in all stages the leading feedstock. Biomass and waste rank as
feedstock for gasification processes with less than 2% of the cumulated
syngas capacity and thus represent the least important producer of syngas.
VII.6.1.
Coals and coke:
The world coal production per year is approximately 3500 MMtoe/y (BP,
2009). Of this approximately 35MMtoe/y are gasified to produce syngas
(Higman & Van der Burgt, 2003).
Coal is the end product of biomass and peat that can be subdivided in
different maturity stages. Under influence of time, temperature and pressure
biomass and peat first convert into lignite, then in order of maturity to subbituminous coal  bituminous coal  anthracite.
VII-8
Gasification
Simon Baer
Figure 4: Classification of Coals (Higman & Van der Burgt, 2003).
As seen in Figure 4 the maturity grade coincides with higher carbon and
heating values. For the gasification process “the age of the coal, its cracking
properties, its water content, and its ash properties” (Higman & Van der Burgt,
2003) play an important role.
The method of calculating the coals properties is based on standards by
ASTM, ISO, DIN, BS and others. The moisture content is the sum of inherent
moisture and moisture caused by precipitation. The inherent moisture content
is highly dependent on the rank of coal. Lignite can reach an inherent
moisture content of 60-70% and anthracite has values from a few per cent
(Higman & Van der Burgt, 2003). The sum of moisture is determined by drying
the coal for 1h at 104-110°C. The volatile matter content is measured by
heating the coal in a crucible for 7 minutes at approximately 950°C. The loss
in mass minus the loss on moisture represents the wt% of volatile matter. The
ash amount is measured after the combustion process and the fixed carbon is
100 in wt% minus the moisture-, volatile- and ash-percentage of the coal
(Higman & Van der Burgt, 2003).
VII.6.2.
Liquid and gaseous feedstocks
According to Higman & Van der Burgt (2003) the gasification of oil and natural
gas was developed by Texaco and Shell in the late 1940s. For this process,
less oxygen is used than for a complete combustion. The difference to the
gasification of a solid material is that gasification stages like pyrolysis or char
gasification do not take place or in a less significant level (NETL, 2010).
VII-9
Gasification
Simon Baer
VII.6.3.
Biomass and waste feedstocks
Biomass and waste include plant material, materials from timbering and
lumbering, demolition waste, sewage sludge, waste streams, such as
municipal solid waste, hazardous wastes or other industrial and commercial
wastes that can be converted into syngas (GasificationTechnologyCouncil,
2011).
This kind of gasification is not as easy as by using coal or other high liquid
and gaseous feedstocks, because the biomass feedstocks are not unique at
all. Even the product gas is affected and differs by using different feedstock
material. That is why some of the products are more costly and technically
more challenging to convert, because the feedstock has to be cleaned from
unwanted components. For example, in a forest waste feedstock with high
alkali content, the alkali has to be removed before the use in a gas turbine. In
general, a rule of thumb says that a feedstock should have a high carbon to
nitrogen ratio, as little sulphur as possible and a moisture content of less than
50% (Wisbiorefine, 2008).
VII.7.
Gasification today
The use of gasification products is coming more and more. Since the first
experimental and theoretical trials with gasification, a huge process
development happened. As seen in figure 5, the syngas capacity in 2010 has
almost tripled since 1984 and almost been doubled since 2000. The future
prospect will promise an even higher increase in the syngas capacity of
gasification as seen in the figure. According to the worldwide gasification
database, the gasification process is currently used in more than 29 countries
by 144 plants with a total of 412 gasifiers (NETL, 2010 Worldwide Gasification
Database, 2010). The database and Figure 4 show furthermore that 11 plants
with 48 gasifiers are under construction and 37 plants with 76 gasifiers in
planning.
VII-10
Gasification
Simon Baer
Figure 5: Worldwide Gasification Capacity and Planned Growth – Cumulative
by Year (NETL, 2010 Worldwide Gasification Database, 2010).
The significant upturn can be explained by the development of using
synthesis gas as a fuel for gas turbines. Another upsurge was the gasification
of heavily oil residues in refineries in the 1990´s and the “gas to liquid”
projects (Higman & Van der Burgt, 2003).
VII-11
Gasification
Simon Baer
Figure 6: Worldwide distribution of gasification-usage in syngas capacity.
Figure 6 illustrates the distribution of gasification usage. The especially high
values for Asia/Australia are related to the big coal seams in Australia and
China. Especially in areas like these, the mining and export of coal is often
uneconomical due to the far distances from the pits. By taking the planned
gasification plants into account, America is expanding their syngas capacity
by more than a three times their current capacity.
VII-12
Gasification
Simon Baer
Figure 7: Worldwide product distribution of gasification processes (NETL,
2010 Worldwide Gasification Database, 2010).
Figure 7 shows that the main product from generated syngas is surprisingly
not power as in conventional coal usage. Instead we find chemical products in
the leading position with 45%. From the plants under construction, seven will
produce chemicals and 4 will generate power.
The Underground Coal Gasification that can be seen as a further
development step of surface gasification is also rapidly moving forward. Best
examples are Australia, where Linc Energy is operating with UCG since 2000;
India that plans to access with approximately 350 billion tons of coal in the
UCG process; China that has 30 projects in different phases of preparation
use UCG; and South Africa, where both Sasol and Eskom have UCG pilot
facilities that are operating since some time (World-Coal-Association, 2010).
VII.8.
Conclusion and future development
As seen in Figures 5 – 7, the capacity of syngas produced from gasification
will increase significantly. Especially under consideration of the future
petroleum extraction decline and the still rising consumption of energy, the
demand for energy has to access new alternative resources.
VII-13
Gasification
Simon Baer
By considering the R/P ratio in Figure 8, with the current production the
remaining reserves will run out in only 216 years.
Figure 8: World Coal Reserves (BP, 2002).
Another confidence for the establishment of the gasification method is,
according to the climate change factor, the use of clean energy. Due to high
pressure and temperature, studies show that IGCC plants are more efficient in
CO2 removal than other commercial technologies (Katzer er all., 2007). The
UCG method is even able to store the CO2 directly in the subsurface. Further
environmental advantages are related to emission control. Contrary to
combustion, the emission control is higher in gasification, because the
produced syngas in gasification is at higher temperatures and higher
pressure, which allow an easier removal of contaminants.
Additional advantages of gasification are the feedstock and product flexibility.
With different kinds of waste- and biomass- material, petcoke, coal, gas and
petroleum gasification methods can dip into a variety of feedstocks. From the
economical point of view it is of importance that gasification methods can offer
a huge variety of products. The products comprise liquid fuels (diesel,
gasoline and jet fuel, etc.), hydrogen and synthetic natural gas, fertilizer or
chemicals including anhydrous ammonia, ammonium sulphate, sulphur,
phenol, naphtha and many others.
From the critical point of view, it has to be mentioned that, contrary to other
power plants, the capital costs are very high in the current stage of
development. In future prospect, gasification power plants must lower their
capital and operational costs through advanced efficiency and other
VII-14
Gasification
Simon Baer
technological improvements. Other challenges are the complex permitting
issues for running a gasification power plant. To overcome this challenge, the
gasification licensing process needs to be streamlined.
Although most of the gasification power plants need yet to be subsidized,
gasification is a potential alternative for conventional energy producing
methods, especially under consideration that the gasification technology is still
in its early stage of development.
VII.9.
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VII-16