WS 2010/2011 - EMR der RWTH
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Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen Lehrstuhl für Geologie, Geochemie und Lagerstätten des Erdöls und der Kohle (LEK) Veredelung und Handel fossiler Energieträger Ergebnisbericht der Studieneinheit vom WS 2010/2011 Autoren: Johannes Böcker Christian Schütz Ben Laurich Ruth Moschet Stefan Pietralla Patrick Friedrichs Simon Baer Betreuer: B.M. Krooß, B. Plüschke ii KAPITELÜBERSICHT I Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker II Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas: Von der Förderbohrung in den Tanker, Entschwefelung, Phasentrennung; Raffinerietechnik und – kapazitäten Christian Schütz III Entwicklungen der Kokereiindustrie: Technologische und wirtschaftliche Betrachtungen Ben Laurich IV LNG – Technologie Ruth Moschet V Nichtkonventionelles Erdöl und Erdgas: Exploration und Produktion Stefan Pietralla VI Handel, Märkte, Preisbildung Patrick Friedrichs VII Gasification Simon Baer iii iv Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle I. Transport und Rohstoffströme: Johannes Böcker Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Das vorliegende Kapitel gibt eine Übersicht über die weltweite Verteilung von Kohlenwasserstoffressourcen. Anschließend werden für die Energierohstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle die Förder- und Verbrauchdaten sowie die Handelswege dargestellt. I-1 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker I.1. Einleitung Die nicht-erneuerbaren, fossilen Energierohstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle, sowie die Kernbrennstoffe Uran und Thorium, bilden zusammen mit einem Anteil von 87 % am Primärenergieverbrauch 2006 das Rückgrat der WeltEnergieversorgung, ohne Kernbrennstoffe 81 % [IEA, 2008]. Der Energierohstoff mit der größten geologischen Verfügbarkeit ist Kohle. Weichbraun- und Hartkohle zusammen verfügen von allen nicht-erneuerbaren Energierohstoffen mit rund 55 % (722 Mrd. t SKE) an den Reserven und rund 76 % (14.866 Mrd. t SKE) an den Ressourcen über das größte Potenzial. Dieses reicht aus um den absehbaren Bedarf für viele Jahrzehnte zu decken. Kohle rangiert unter den nicht-erneuerbaren Energierohstoffen mit einem weltweiten Primärenergieverbrauch-Anteil von rund 30 % (Hartkohle 28 %, Weichbraunkohle rund 2 %) bezüglich des Verbrauchs nach Erdöl auf Platz zwei. Bei der weltweiten brutto Stromerzeugung 2006 war Kohle mit einem Anteil von 40 % (7620 TWh) der wichtigste Energierohstoff [IEA, 2008]. Aufgrund des massenhaften Vorkommens und der weltweiten Verbreitung gilt Kohle als wichtigster Energierohstoff im Hinblick auf die Versorgungssicherheit. Erdgas verfügt über ein ausreichendes Potenzial, um in den nächsten Jahrzehnten die Rolle einer Brückenenergie hin zu erneuerbaren Energien zu leisten. Die konventionellen Erdgasreserven weisen eine starke regionale Konzentration auf. So verfügen die drei führenden erdgasreichsten Länder Russland, Iran und Katar über mehr als die Hälfte der Reserven. Nachteilig im Vergleich zu Erdöl und Kohle sind die hohen spezifischen Transportkosten von Erdgas. Nicht-konventionelles Erdgas, insbesondere Erdgas aus dichten Gesteinen und Kohleflözgas, wird künftig eine größere Rolle bei der Deckung des Erdgasbedarfs spielen. Der wichtigste Energierohstoff ist Erdöl und wird es in naher Zukunft auch bleiben. Ausgehend vom gegenwärtigen Erschöpfungsgrad der Reserven wird konventionelles Erdöl allerdings in absehbarer Zeit nicht mehr im bisherigen Maße zur Verfügung stehen. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen des Erdölmarktes wird bei einer optimalen Nutzung der Reserven und Ressourcen das globale Maximum der Förderung von I-2 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle konventionellem Erdöl um 2020 erreicht Johannes Böcker werden und die künftige Erdölförderung wird einen Wert von 4,7 Gt pro Jahr nicht überschreiten [BGR, 2009]. Wie bei Erdgas konzentrieren sich die verbleibenden Reserven zunehmend auf die „Strategische Ellipse“(vom Nahen Osten über den Kaspischen Raum bis in den Norden Russlands). Zusätzliches Erdöl- und Erdgaspotenzial wird in den Frontiergebieten der Arktis und der Tiefwasserbereiche der Kontinentränder erwartet. Die kritische Situation von Erdöl wird auch deutlich aus dem Überblick von Reserven und Ressourcen der fossilen Energierohstoffe (Abb.1). Während Kohle das bei weitem größte Potenzial hat, zeichnet sich auch für Erdgas ein noch entspanntes Bild ab. Erdöl ist der Energierohstoff der Erde, dessen Vorräte am weitesten erschöpft sind. Abbildung 1: Angebotssituation fossiler Energierohstoffe 2008 [BGR, 2009 mit Daten aus IEA; 2008b] I-3 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Abbildung 2: Importabhängigkeit und Selbstversorgungsgrad Deutschlands bei Primärenergieträgern 1999-2009 [BGR, 2010] In Deutschland liegt besonders bei Erdöl der Selbstversorgungsgrad bei unter 3 %, so dass hier eine große Importabhängigkeit vorhanden ist. Aber auch Erdgas wird zu 84 % und Steinkohle zu 72 % wird in Deutschland importiert. Bei Erdgas zeigt sich ein steigender Bedarf und nachlassende Eigenförderung, bei Kohle ein geringer Verbrauch und stark erhöhte Importe bzw. erhöhte Importabhängigkeit, durch die Schließung deutscher Zechen und des für 2018 Steinkohleförderung. geplanten Der Ausstiegs aus der subventionierten Selbst-versorgungsgrad von Braunkohle lag hingegen bei nahezu 100 % in den vergangenen 10 Jahren (vgl. Abb.2). I.2. Kohlenwasserstoffreserven nach politischen Gruppierungen Die Energierohstoffe sind als natürliche Rohstoffe weltweit verbreitet und kommen in großen Mengen und in vielfältiger Form in der Erdkruste vor. Eine besondere I-4 Dominanz der künftigen konventionellen Erdöl- und Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Erdgasförderung zeigt sich bei der OPEC 1 , dreiviertel der Erdölreserven und die Hälfte der Erdgasreserven fällt auf diese Staaten, insbesondere auf die Staaten der Golf-Region (vgl. Abb.3). Abbildung 3: Verteilung der Reserven von konventionellem Erdöl und Erdgas 2007 nach wirtschaftspolitischen Gruppierungen [BGR, 2009] 1 Organisation erdölexportierender Länder; OPEC-Mitgliedsstaaten: Algerien, Angola, Ecuador, Irak, Iran, Katar, Kuwait, Libyen, Nigeria, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Venezuela I-5 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker I.3. Transport der Energierohstoffe Erdöl und Erdgas Die ersten Erdöl- und Erdgaspipelines wurden Ende des 19. Jahrhunderts errichtet. Seitdem wurden weltweit über 1,5 Mio. km Hochdruck-TemperaturPipelines (ohne Wasserpipelines und Niedrigdruck-Verteilungs-Pipelines) konstruiert, diese Zahl soll sich bis 2030 verdoppeln [CALLAN, 2008]. Der Pipelinetransport stellt hierbei die sicherste und wirtschaftlichste Methode zum Transport von flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffen. Durch einen riesigen, grenzüberschreitenden Verbund von Pipelines strömt Erdgas und Erdöl aus Quellen in Russland, Norwegen, den Niederlanden, Dänemark, Großbritannien, Nordafrika und dem Nahen Osten zu den Verbrauchern in Europa. Mit 45.000 km sind diese Hochdruckleitungen allein in Deutschland etwa so lang wie der Erdumfang [RWE, 2007]. Durch insgesamt 360.000 km Gasleitungen strömt Erdgas in Deutschland bis zu den Endverbraucher [GAZPROM, 2010]. I.3.1. Erdöl Erdöl, ein Sammelbegriff für ein natürlich vorkommendes, flüssiges Gemisch aus Kohlenwasserstoffen, ist in seiner chemischen Zusammensetzung und den physikalischen Eigenschaften stark variabel. Frisch gefördertes Rohöl ist dünnbis zähflüssig, strohfarbig bis schwarzbraun und hat meist eine Dichte zwischen 0,78 und 1,0 g/cm³. Dichte, Viskosität und Stockpunkt sind wichtige physikalische Eigenschaften zur Charakterisierung des Erdöls. Erdöl ist je nach Herkunft geochemisch unterschiedlich zusammengesetzt. Es enthält flüssige, aber auch gelöste gasförmige und feste Kohlenwasserstoffe, darunter Alkane (Paraffine), Zykloalkane (Naphthene) und Aromate. Darüber hinaus enthält Erdöl 0,1 bis 7 % Schwefel gebunden an Molekültypen wie Thiole, Thiophene und heterozyklische Verbindungen, ferner Stickstoffverbindungen, Naphthensäuren sowie hochmolekulare kolloidale Stoffe, in denen auch Spuren von Metallen wie Nickel und Vanadium gebunden sein können [BGR, 2009]. I-6 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Nach der Abscheidung (Abtrennung) von Gas und Salzwasser kann das Öl dann durch Pipelines in benachbarte Verarbeitungsanlagen oder zum Weitertransport nach Verschiffungshäfen fließen. Ende 2008 wurde von der BGR ein Gesamtpotenzial an konventionellem Erdöl in Höhe von 419 Gt ausgewiesen [BGR, 2010]. Seit Ende der 1980er Jahre schwanken die publizierten Schätzungen für das Gesamtpotenzial zwischen 300 und 500 Gt mit den Mittelwert um 400 Gt. Bezogen auf die wirtschaftspolitischen Gruppierungen entfällt auf die OPEC mit etwa 210 Gt über 52 % des Gesamtpotenzials, wobei hier erst gut ein Viertel des Erdöls gefördert ist. Die OECD-Staaten erreichen nur 79 Gt, von denen bereits fast 63 % gefördert sind. Hohe Zuwächse beim Gesamtpotential haben sich seit 2003 für den Nahen Osten ergeben mit zusätzlich 12,2 Gt, die GUS mit plus 8,0 Gt, Afrika plus 6,9 Gt, Lateinamerika plus 5,2 Gt und Nordamerika plus 5,0 Gt sowie in geringerem Umfang für Austral-Asien und Europa mit zusätzlich 1,9 bzw. 1,2 Gt [BGR, 2009]. Abbildung 4: Gesamtpotenzial konventionelles Erdöl nach Regionen 2009 (419 Gt) [BGR, 2010] Von den Erdölreserven entfallen etwa 41 Gt (26 %) auf offshore-Gebiete [BGR, 2009; S.37]. Von diesen offshore-Reserven lagern 11 Gt in Tiefwasserbereichen mit Wassertiefen größer 500 m. Die offshore-Reserven überwiegen in Europa I-7 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker und Austral-Asien. Die höchsten offshore-Reserven besitzt der Nahe Osten. Seit 2006 stammen etwa 50 % aller neu gefundenen Reserven aus dem Tiefwasser [BGR, 2010]. I.3.1.1. Aktuelle Erdölförderung Im Jahre 2009 wurden weltweit 3809,5 Mt Erdöl gefördert (minus 2,5 %), 2008 waren es 3934,7 Mt [BGR, 2010]. Die bedeutendsten Förderländer 2009 waren Russland (493,7 Mt), Saudi-Arabien (459,5 Mt), die USA (325,3 Mt), Iran (202,4 Mt) und die Volksrepublik China (189,0 Mt). Diese fünf Länder hatten 2009 zusammen 43,8 % an der Welterdölförderung [BGR 2010]. In Europa befinden sich große Fördergebiete in Norwegen und Großbritannien. Tabelle 1: Aktuelle Erdölförderung [BGR, 2010; BGR, 2009; BGR, 2009 b] Rang(2009) Land 1. Russland 515,9 323,3 491,3 488,5 493,7 13,0 13,0 2. Saudi-Arabien 342,6 456,3 494,2 515,3 459,5 12,1 24,9 3. USA 416,6 352,6 309,8 304,9 325,3 8,5 33,6 4. Iran 162,8 189,4 209,7 209,9 202,4 5,3 38,9 5. China 138,3 162,6 186,7 195,1 189,0 5,0 43,8 6. Kanada 92,6 126,9 159,5 157,7 155,7 4,1 47,9 7. Mexiko 146,3 171,2 172,7 157,7 130,1 3,4 51,3 8. Venezuela 115,9 167,3 133,9 131,5 124,8 3,3 54,6 9. Irak 105,3 128,8 105,2 119,3 121,8 3,2 57,8 46,8 109,1 129,9 137,2 121,3 3,2 61,0 107,5 123,1 135,1 137,3 120,6 3,2 64,2 12. Norwegen 82,1 160,2 118,6 114,1 115,5 3,0 67,2 13. Brasilien 32,3 2,6 69,8 14. Nigeria 91,6 105,4 112,1 103,1 99,1 2,6 72,4 15. Angola 23,4 87,4 2,3 76,8 10. Kuwait 11. VAE I-8 1990 2000 2007 2008 2009 Anteil in % 2009 kumuliert 63,2 36,9 90,4 82,5 93,9 100,4 92,2 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Veränderungen gegenüber 2000 gab es auch in der Rangfolge der zehn wichtigsten Förderländer. Russland, 2009 Spitzenreiter, stand im Jahr 2000 noch an 3. Stelle der Erdölförderer. Norwegen und Großbritannien schieden aus den Top 10 aus. Unter den zehn größten Förderländern sind 2009 fünf OPECStaaten vertreten. Die deutsche Erdölproduktion lag 2009 mit 2,8 Mio. t um 8 % unter Vorjahresniveau [WEG, 2009]. Nach wirtschaftspolitischen Gruppen entfallen auf die OPEC 40 % der Weltförderung, davon 28 % auf die Golfstaaten der OPEC, auf die OECD 28 % mit nur 4 % auf die EU. Längerfristig dürfte der Anteil der OPEC an der Erdölförderung künftig weiter zunehmen. Die IEA (2008) erwartet für 2030, dass 51 % des Erdöls in der OPEC produziert werden. Nach einer BGR-Projektion könnte „die Erdölförderung weltweit bis etwa 2035 gesteigert werden. In dieser als optimistisch anzusehenden Projektion kann die globale Erdölförderung etwa 4,5 Gt/a erreichen“ [BGR, 2010; S. 19]. I.3.1.2. Aktueller globaler Erdölverbrauch Der globale Mineralölverbrauch erhöhte sich 2007 gegenüber 2001 um rund 460 Mt und erreichte mit ca. 3,95 Gt einen historischen Höhepunkt. 2008 und 2009 sank der Welterdölverbrauch, insbesondere im Zuge der Finanzkrise und Wirtschaftskrise, wieder leicht, 2009 um knapp 25 Mt gegenüber 2008 auf 3884 Mt [BGR 2010]. Nach regionalen Ländergruppen zeigt der Verbrauch dabei eine sehr ungleichmäßige Verteilung. Während die OECD-Länder mit 2,2 Gt gut 56 % des Mineralöls verbrauchen, entfallen auf die OPEC-Staaten nur gut 9 %. Die verbrauchsstärksten Regionen sind Austral-Asien, gefolgt von Nordamerika und Europa (siehe Abb.5). I-9 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Abbildung 5: Erdölförderung und Mineralölverbrauch 2007 nach Regionen [BGR, 2009] I.3.1.3. Erdöltransport und Handel Ausschlaggebend für den Erdöltransport und die Handelsströme ist die Disparität zwischen den Hauptförderregionen und den wichtigsten Verbraucherregionen (vgl. Abb. 5). Folge ist, dass Rohöl weltweit gehandelt wird. I-10 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Abbildung 6: Rohöleinfuhren Deutschlands [MWV, 2006] So wurden von dem 2009 geförderten Erdöl etwa zwei Drittel grenzüberschreitend per Tanker oder Pipeline transportiert und gehandelt. Kleinere Mengen wurden auch mit der Eisenbahn befördert. Weltweit wurden 2009 insgesamt 2.046 Mt Rohöl exportiert, gut 90 Mt weniger als im Vorjahr, während die Importe um 70 Mt zunahmen. Die Rohölimporte Deutschlands gingen um 7 Mt (minus 4,4 %) auf 98,1 Mt zurück [BGR, 2010]. In Deutschland wird Erdöl aus verschiedenen Ländern importiert, wie aus Abb. 6 ersichtlich ist. Die wichtigsten Exportregionen weltweit waren 2009 der Nahe Osten mit ca. 37,6 % der Exporte, die GUS mit 17,5 % und Afrika mit 17,3 % [BGR, 2010] (vgl. Abb.7). Die führenden Erdölexportländer 2009 waren: Saudi-Arabien (313,4 Mt), Russland (247,4 Mt), Iran (111,6 Mt), Nigeria (108,0 Mt), die Vereinigten Arabischen Emirate (97,7 Mt), Kanada (97,1 Mt), Irak (95,3 Mt) und Norwegen (94,4 Mt). Auf die vier führenden Importländer USA, Japan, VR China und Südkorea entfiel fast die Hälfte der weltweiten Importe [BGR, 2010]. I-11 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Abbildung 7: Welterdölhandel (Rohöl und Erdölprodukte) 2007 in Mt [BGR, 2009 - nach BP, 2008 ohne Berücksichtigung des Transportes innerhalb der Regionen. (Import- und Exportwerte wurden aus IEA (2008a), BP (2008), OPEC Annual Statistical Bulletin 2007 sowie nationale Angaben ermittelt.)] Erdöl kann grundsätzlich in zwei verschiedenen Methoden transportiert werden: o Transport in Behältern (Tanks per Straße Schiene Schiff) o und die zweitens per Pipeline. Moderne Hochseetanker haben ein Kammersystem, zur leichteren Partitionierung der Ladung. Hochseetanker werden in Tanker für dunkle und helle Ladungen eingeteilt: Helle Ladungen sind Benzin, Dieselöl, Petroleum, Kerosin, usw., dunkle sind Rohöl, Heizöl, etc. Öltanker, die den europäischen Markt mit Rohöl aus den erdölfördernden Ländern versorgen, haben fast immer eine Größe von über 100.000 Bruttoregistertonnen. Rohöl wird im beheizten Zustand geladen und wird während der gesamten Seereise weiterhin beheizt, um im Löschhafen abgepumpt werden zu können [Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt e.V, 2010]. Zur Beheizung der Ladung sind daher ausreichend dimensionierte Kesselanlagen an Bord installiert. Der größte jemals gebaute Öltanker, die I-12 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker „Jahre Viking“ (später umbenannt in "Knock Nevis"), konnte 652 Millionen Liter Rohöl laden (2010 abgewrackt). Erdöl wird in der Binnenschifffahrt kaum transportiert und spielt nur eine untergeordnete Rolle. Der größte Binnentanker kann bis zu 9900 Tonnen transportieren, noch größere sind im Bau. Da Geschwindigkeit beim Transport von Erdöl nicht so wichtig ist, sind Öltanker, meist schwerölbetriebenen, mit etwa 15 Knoten (28 km/h) relativ langsame Schiffe [Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt e.V, 2010]. Wichtige Tankerrouten verlaufen vom Nahen Osten v. a. nach Japan und den USA. Von Westafrika werden Westeuropa und die USA beliefert und von Nordafrika v. a. Westeuropa (vgl. Abb. 7). Der Transport des Erdöls erfolgt innerhalb der Kontinente meist durch Pipelines. Zu den wichtigsten Pipelinesystemen gehören die Trans-Alaska-Pipeline in den USA, die europäische Transalpine Ölleitung (TAL), die Nord-West-Ölleitung (NWO) und die Mitteleuropäische Rohölleitung (MERO). Sie versorgen auch den Nordwesten und Süden Deutschlands mit Rohöl. Die Raffinerien in Ostdeutschland werden von der russischen Ölleitung Drushba (russisch: Freundschaft) versorgt. Pipelines verbinden vorrangig Seehäfen mit Rohölanlandung (z. B. Wilhelmshaven, Rotterdam, Triest) mit den Raffinerien im Binnenland. In Deutschland werden so alle 15 Raffineriestandorte versorgt. Das Rohöl wird dort in Tanks mit Volumina bis 100.000 m³ zwischengelagert und dann auf Abruf über Pipelines zu den Raffinerien transportiert [MWV, 2006]. Bei Erdöl beträgt die Transportgeschwindigkeit typischerweise 3–5 km/h. Die Raffinerien werden für die Verteilung der Produkte mit der weiterverarbeitenden Industrie (z. B. Chemie) oder mit Großabnehmern (z. B. Verteiler- Tanklager, Flughäfen) verbunden. Rohöl und Produkte werden in Partien (batches) transportiert. Rohölpartien werden unmittelbar nacheinander ohne jegliche Trennung transportiert. Eine Trennung verschiedener Rohölsorten ist nur in Ausnahmefällen erforderlich, da die Vermischung sehr gering ist und z.B. bei Batchgrößen von 30.000 m³ deutlich unter einem Prozent liegt. Ein flaches Strömungsprofil in den Pipelines verhindert I-13 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle selbst bei Transporten über Hunderte Johannes Böcker von Kilometern nennenswerte Vermischungszonen. Bei dem Transport von Mineralölprodukten ist es dagegen fast immer erforderlich, die Produkte möglichst sortenrein zu trennen, um die Produktqualität zu erhalten [MWV, 2006]. Zwischen den Kontinenten, wie aus dem Nahen Osten nach Europa, Asien und Amerika, von Afrika nach Europa und Amerika, sowie von Lateinamerika nach Nordamerika, geschieht der Transport mit Tankern oder Tanker- und Pipelinetransport kombiniert. Der Tankertransport überwog 2007 mit einem Anteil von etwa 75 bis 80 % [BGR, 2009]. Für Erdöl ist der Transport mit Tankern billiger als der Transport per Pipeline. Einflussfaktoren sind die Rohstoffpreise, die Größe der Tanker bzw. die Kapazität der Pipelines und generelle Marktsituation. In Zeiten hoher Preise und knapper Transportkapazitäten können die Frachtkosten deutlich ansteigen. In den zurückliegenden Jahren wurden einige große Pipelineprojekte verwirklicht, die insbesondere für die Versorgung Europas bedeutsam sind. So wurden die Pipelines Caspian Pipeline Consortium Projekt (CPC) und Baku-Tbilissi-Ceyhan (BTC) in Betrieb genommen, die Erdöl aus dem Kaspischen Raum zu Häfen am Schwarzen Meer und am Mittelmeer transportieren (vgl. Abb. 8). Spezifische Transportkosten bezogen auf den Energiegehalt stellen sich für Erdöl insbesondere aufgrund der deutlich höheren Energiedichte erheblich niedriger dar als für Erdgas. Das ist auch ein Grund dafür, dass sich ein weltumspannender Handel mit Erdgas bislang kaum ausgebildet hat [BGR, I-14 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker 2009]. Abbildung 8: Öl und Gas Pipelinenetzwerk [Inogate, 2002] I.3.2. Erdgas Erdgas ist ein in der Erdkruste vorkommendes Gasgemisch. Neben Methan als Hauptkomponente von Erdgas können weitere Bestandteile wie Ethan und Propan sowie nichtbrennbare Gase wie Stickstoff, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und Helium enthalten sein. Erdgas kommt in großem Umfang in natürlichen unterirdischen Lagerstätten vor, es kann gemeinsam mit Erdöl als so genanntes Erdölgas entstehen oder aus Kohlen gebildet werden. Das Gas erreicht den Endverbraucher auf dem Landweg über aufwändige Pipeline-Systeme oder wird über den Seeweg in Spezialtankern verschifft. I-15 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Je nach Gehalt an Schwefelwasserstoff (H2S) unterscheidet man Sauergas (über 1 Vol.-% H2S), Armgas (unter 1 Vol.-% H2S) und Süßgas (kein H2S und unter 2 Vol.-% CO2). So genanntes „nasses“ Erdgas kommt in vielen Lagerstätten zusammen mit Erdöl vor. Da es mehr Anteile an größeren Kohlenwasserstoffmolekülen als Methan enthält, kondensieren bei Abkühlung flüssige Kohlenwasserstoffgemische (Flüssiggas), Kondensat oder Gasbenzin aus. Erdgas bezeichnet man als „trocken“, wenn es ohne die Abscheidung von Kondensat abgekühlt werden kann. Das Gesamtpotential an konventionellem Erdgas wurde 2009 von der BGR auf 525 Bill. m³ berechnet 2 . Die Verteilung Gesamtpotentials nach Regionen ist in Abbildung 9 dargestellt. Abbildung 9: Gesamtpotenzial konventionelles Erdgas 2009 (525 Bill. m³) [BGR, 2010] I.3.2.1. Während Aktuelle Erdgasförderung und Erdgasverbrauch die Erdgasförderung in den vorangegangenen Jahren hohe Steigerungsraten aufwies, ging sie 2009 nachfragebedingt zurück und betrug gut 2 Info: Energieäquivalent 1 l Heizöl EL (extra leicht) entspricht 1 m³ Erdgas (Klasse L) I-16 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker 3 Bill. m³. Der Welt-Erdgasverbrauch lag im Jahr 2009 gut 3 % unter dem Verbrauch des Vorjahres [BGR, 2010]. Während die OECD-Länder mit über 1,5 Bill. m³ gut 50 % des weltweit geförderten Erdgases verbrauchten, entfielen auf die OPEC nur knapp 12 %. Der Verbrauch an Erdgas konzentrierte sich im Wesentlichen auf drei Regionen: Nordamerika, die GUS und Europa. Beim Vergleich von Erdgasverbrauch und -förderung (Abb.10) ergeben sich Unterschiede, die aber geringer ausfallen als die entsprechenden Betrachtungen für Erdöl (vgl. Abb. 5). Deutliche Unterschiede zwischen Erdgasförderung und – verbrauch weist Europa auf. Der Verbrauch in Europa kann nur durch erhebliche Importe von Erdgas gedeckt werden. Umgekehrt stellt sich die Situation für Länder der GUS dar, die Hauptlieferanten für die europäischen Länder (vgl. Abb. 10). Abbildung 10: Erdgasförderung und Erdgasverbrauch 2007 [BGR, 2009] Die größten Erdgasförderer 2009 waren mit großen Abstand die USA und Russland, beide förderten 2009 knapp 20 % der weltweiten geförderten 3.041,5 Mrd. m³ Erdgas. Dahinter folgen Kanada, Iran, Norwegen, Katar, China, Algerien, Saudi-Arabien und die Niederlanden mit Werten von 5,3 % bis 2,4 % an der Weltförderung 2009 [BGR, 2010]. Seit 2001 ist der Erdgasverbrauch in allen Regionen gestiegen. Die größten prozentualen Zuwächse entfallen dabei auf Afrika, Austral-Asien und den Nahen Osten. Von den zehn größten Erdgas-Verbraucherländern 2009 beanspruchen I-17 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker allein die USA mit 646,6 Mrd. m³ über ein Fünftel (21,9 %) des gesamten globalen Erdgasverbrauches [BGR, 2010]. Einen hohen Erdgasverbrauch 2009 weist zudem Russland mit 389,7 Mrd. m³ auf [BGR, 2010], der Erdgasanteil am dortigen Primärenergieverbrauch beträgt über 50 % [BGR, 2009]. Die anderen Erdgasverbraucher fallen im Vergleich dazu deutlich ab. Nachfolgend kommen der Iran, Kanada und Deutschland an fünfter Stelle der Erdgasverbraucher mit einem Anteil von knapp 3,1 % am Gesamtvolumen 2009. Abbildung 11: Abhängigkeiten der deutschen Erdgasversorgung [WEG, 2009] Die inländische Erdgasproduktion ist 2009 um 6,5 % auf 14,5 Mrd. m³ zurückgegangen. Hierfür ist in erster Linie der lagerstättenbedingte Rückgang der Produktionskapazitäten in älteren Feldern verantwortlich [WEG, 2009]. I.3.2.2. Erdgastransport und Handel Vor dem Transport wird gefördertes Rohgas bereits auf dem Erdgasfeld aufbereitet. Bei Süßgas, das den Hauptanteil der Weltförderung ausmacht, trennt man vorwiegend Wasser (Trocknung), teilweise auch höhere Kohlenwasserstoffe ab. Bei saurem Erdgas werden Schwefelverbindungen in einem aufwändigen Reinigungsprozess, dem Gaswaschverfahren, entfernt. Dies ist notwendig, da Schwefelwasserstoff im Pipelinenetz zu unerwünschter Korrosion führt. Weiterhin entsteht bei der Verbrennung von Erdgas mit Schwefelwasserstoff der I-18 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Schadstoff Schwefeldioxid, der äußerst umweltschädlich ist. Einige Rohgastypen erfordern auch die Abtrennung von CO2 und N2. Erdgas wird kontinental i.d.R. unterirdisch durch Pipelines mit bis zu 1,4 – 2 m Durchmesser transportiert. Um eine höhere Leitungseffizienz zu erhalten, erfolgt der Erdgastransport bei bis zu 84 – 100 bar [RWE, 2007]. Um einem Druckabfall über lange Pipelinewege entgegenzuwirken, sind Verdichterstationen im Abstand von 100 bis 400 km, meistens zwischen 150 bis 200 km, erforderlich. Die Transportentfernungen für Erdgas können teilweise enorm sein. Von Westsibirien nach Westeuropa legt das Erdgas in Pipelines etwa 6000 km zurück [BGR, 2009], zunächst im Ferntransport über große Strecken mit bis zu 100 bar, dann zu den regionalen und örtlichen Gas-Verteilungsunternehmen in drei Druckstufen (Hoch-, Mittel- und Niederdruck) zwischen 70 und 0,1 bar. Wo möglich, werden Pipelines über Land gelegt, entweder eingegraben in die Erde oder aufgeständert, wie in den Permafrostregionen des Ural. Technisch aufwendiger und teurer ist die Verlegung im Meer mit besonders hohem Druck von bis zu 140 bar [RWE, 2007]. Bedingt durch den geringeren Energiegehalt pro Volumen entstehen höhere Transportkosten bei Erdgas als bei Erdöl und Kohle, und somit Wettbewerbsnachteile bei verbraucherfernen Lagerstätten. Außerdem wird Erdgas aufgrund des jahreszeitlich schwankenden Heizbedarfs in den Sommermonaten, da Erdgasproduktion, -aufbereitung und -transport weitgehend kontinuierlich erfolgen, in unterirdischen Erdgasspeichern zwischengespeichert. Erdgas kann auch in verflüssigter Form transportiert werden. Liquefied Natural Gas (LNG) besteht überwiegend aus Methan und Ethan und wird für Transportzwecke durch Abkühlung auf -164 °C unter atmosphärischem Druck verflüssigt. Dadurch reduziert sich das ursprüngliche Gasvolumen auf ein Sechshundertstel. Somit können große Mengen in einem einzigen Tankschiff transportiert werden. Bei der Förderung nimmt der Druck des Roherdgases in der Lagerstätte nach einiger Zeit immer mehr ab, sodass am Ende mit Hilfe zusätzlicher Kompressoren das Roherdgas gefördert werden muss. I-19 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Zur so genannten LNG-Kette gehören Anlagen zur Abscheidung von höheren Kohlenwasserstoffen sowie zur Kühlung und Verflüssigung des Gases. Weil verflüssigtes Erdgas in speziellen LNG-Tankschiffen drucklos transportiert wird, werden im weiteren Verlauf der LNG-Kette Verlade- und Anlandeterminals benötigt. Den Abschluss der LNG-Kette bilden Anlagen zur Verdampfung des verflüssigten Erdgases, um es wieder in ein Pipelinenetz einzuspeisen [BGR, 2009]. Beim Pipelinetransport von Erdgas hängen die Transportkosten stark von der Pipelinekapazität ab (Abb.12). So reduzieren sich bspw. „die Transportkosten bei einer Erhöhung der Kapazität von 5 auf 20 Mrd. m³ um etwa die Hälfte. Der offshore-Transport durch Pipelines ist um etwa 50 % teurer“ [BGR, 2009; S. 83]. Weiterhin vermindern Leckagen in den Pipelinenetzen, bei Verteilung und dem Endverbraucher, das wirtschaftlich nutzbare Erdgasvolumen um bis zu 1 % des Fördervolumens [BGR, 2009]. I-20 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Abbildung 12: Transportkosten für Erdgas per Pipeline und als LNG in Abhängigkeit von der Kapazität 3 [nach Schwimmbeck, 2008; aus BGR, 2009] Durch den hohen Energiebedarf zur Verflüssigung des Erdgases sind die spezifischen Transportkosten beim LNG-Transport auf kurze Entfernungen deutlich höher als beim Transport per Pipeline (Abb.12). Erst ab ca. 3000 km ist der LNG günstiger als der Pipelinetransport. Da der LNG-Transport an die Weltmeere gebunden ist und existieren zwei große Märkte, an den asiatischen Küsten und im atlantischen Raum. Für die Belieferung des LNG-Marktes kommen daher bevorzugt küstennahe oder offshore-Felder in Frage. IEA [2010] und BGR [2010] rechnen mit steigenden LNG-Anteilen am Erdgashandel, mit größeren Einheiten bei Verflüssigungsanlagen und Tankern zur Kostenreduzierung. Besonders große Zuwächse bei der Nachfrage nach LNG sind von Indien und China, aber auch Großbritannien und den USA zu erwarten. Der Transport von Erdgas wird aber auch zukünftig zum größten Teil durch Pipelines erfolgen BGR [2010]. In Europa wird die Versorgung mit Pipelinegas aus Russland, Norwegen, Nordafrika und möglicherweise aus dem Iran bestimmend bleiben [BGR, 2009; 3 MMBTU= million British thermal unit 1 MMBTU= 1.000.000 BTU = 1055,05585262 MJ ≈293,071 kWh I-21 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker BGR 2010]. LNG wird jedoch seinen Beitrag zur Diversifizierung der Erdgasversorgung leisten. Die Transportoption LNG stellt ferner als konkurrierende Transportmethode ein Druckmittel dar, was zu geringeren Pipelinekosten führen wird. I.3.2.3. Erdgasexport und regionale Erdgas-Märkte Durch den dominanten Pipelinetransport und limitierte Entfernungen zwischen Produktionsort und Verbraucher gibt es keinen Weltmarkt für Erdgas wie bei Erdöl und Kohle sondern regional begrenzte Märkte (Abb.13). Produzenten und Verbraucher sind innerhalb dieser Märkte durch langfristige Lieferverträge gebunden, um die hohen Investitionen für den Aufbau der Infrastruktur abzusichern. Weltweit existieren vier regionale Erdgasmärkte: Der nordamerikanische (NAFTA-Staaten) und der südamerikanische Erdgasmarkt, in denen Erdgas praktisch nur leitungsgebunden gehandelt wird, der asiatische Erdgasmarkt, der ein fast reiner LNG-Markt ist und in dem das verflüssigte Erdgas über große Entfernungen per Tanker transportiert werden muss sowie der europäische Erdgasmarkt (Hauptproduzenten: Russland, Nordafrika, Norwegen und die Niederlande). 2009 wurden etwa 880 Mrd. m³ Erdgas (2007 noch ca. 920 Mrd. m³), rund 29 % der weltweiten Erdgasförderung, grenzüberschreitend (ohne Transithandel) gehandelt, davon gut ein Viertel (243 Mrd. m³) als verflüssigtes Erdgas (LNG) [BGR, 2010]. Am Export von Erdgas in Form von LNG waren 2007 insgesamt 15 Länder beteiligt. Größter LNG-Exporteur war Katar, gefolgt von Malaysia und Indonesien. Die sechs wichtigsten Exportländer Russland (173,7 Mrd. m3), Norwegen (98,9 Mrd. m3), Kanada (92,2 Mrd. m3), Katar (68,2 Mrd. m3), Algerien (52,7 Mrd. m3) und die Niederlande (49,7 Mrd.m3) tätigten 2009 über 60 % der globalen Erdgasexporte [BGR, 2010]. Dies zeigt, dass auf dem Erdgasmarkt nur wenige Anbieter Erdgas in größeren Mengen liefern können (vgl. Abb.13). Deutschland lag mit 11,5 Mrd. m3 auf Platz 19 der Exportländer was auf zwischengespeicherte Reserven in großen untertätigen Erdgasspeichern zurückzuführen ist. Dieses I-22 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker waren meist kleinere Mengen über den Pipelinetransportweg, z.B. nach Frankreich (3,3 Mrd. m3), die Niederlanden (1, 4 Mrd. m3), Italien (1, 4 Mrd. m3), die Schweiz, Ungarn, Österreich und Luxemburg [BP, 2010]. Abbildung 13: Welt-Erdgashandel 2007 in Mrd. m³ [BGR, 2009 (Daten nach BP, 2008)] Die USA, Deutschland, Japan, Italien, Frankreich und das Vereinigtes Königreich waren 2009 die sechs führenden Importländer mit Erdgasvolumina von über 40 Mrd. m³ entsprechend 50 % des globalen Importvolumens [BGR, 2010]. Im Jahr 2007 importierten 17 Länder LNG. Japan dominiert hier mit einem Anteil von gut 39 % [BGR, 2009]. Aus regionaler Sicht ist der asiatische Erdgasmarkt als fast reiner LNG-Markt vorherrschend, da er über 65 % der LNG-Importe aufnimmt. Europa folgt mit einem LNG-Anteil von knapp 24 %. I.3.2.4. Pipelinenetz und LNG-Netz in Europa Für den Erdgastransport verfügt der europäische Erdgasmarkt über ein sehr ausgedehntes Pipelinenetznetz, das die großen Förderregionen in West-Sibirien, im Wolga-Ural- Gebiet, in der Nordsee und in Nordafrika mit den Hauptverbraucherregionen in Westeuropa und dem Westteil der GUS verbindet (Abb.14). I-23 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Abbildung 14: Europäischer Erdgasverbund und Pipelineprojekte [BGR, 2009] Das russische Erdgas-Fernleitungsnetz hat bisher eine Länge von knapp 155 000 km mit einer Kapazität von 600 Mrd. m³/a [BGR, 2009]. Dazu sind gegenwärtig große Pipelineprojekte zur Sicherung des steigenden Importbedarfs von Europa in Planung beziehungsweise im Bau. Bezogen auf russische Lieferungen sind dies die Nord-Stream-Pipeline durch die Ostsee und die SouthStream-Pipeline durch das Schwarze Meer und über den Balkan [IEA, 2009]. Für Lieferungen aus Zentralasien und dem Iran sind die Projekte Nabucco und Trans-Adria-Pipeline von Bedeutung. Lieferungen aus Nordafrika sollen über die Medgas- und Gasli-Projekte (Algerien) sowie über die Green-Stream-Pipeline (Libyen) ermöglicht werden (siehe Abb. 14). In Europa angelandetes LNG stammt mit 27,1 Mrd. m³ (Stand: 2007) zu über 50 % aus Algerien, Ägypten und Libyen [BGR, 2009]. Hohe LNG-Anteile am Erdgasbedarf von mehr als 30 % weisen die Atlantikanrainer Spanien, Portugal und Frankreich auf. Etwa 20 % beträgt der LNG-Anteil in den Mittelmeeranrainern Griechenland und Türkei. Ein Ausbau bzw. Neubau von Anlandekapazitäten für LNG ist sowohl im Atlantik- und Mittelmeerraum als auch I-24 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker in der Nord- und Ostsee vorgesehen. Der zunehmende LNG-Transport und die einsetzende Förderung von heimischem nicht-konventionellem Erdgas werden die Erdgasversorgung Europas weiter diversifizieren [BGR, 2010]. I.3.3. Energierohstoff Kohle Kohle nahm im Jahr 2009 mit einem Anteil von rund 29 % (Hartkohle 27,6 %, Weichbraunkohle 1,8 %) am weltweiten Primärenergieverbrauch (PEV) den zweiten Rang hinter Erdöl ein mit einem Anteil von etwa 36 % ein [BP, 2010]. Die Welt-Kohleförderung betrug 2009 rund 6.994 Mt, was einer Steigerung von fast 3 % im Vorjahresvergleich entspricht. Davon entfiel mit 6.006 Mt (plus 4 %) der überwiegende Anteil auf Hartkohle und die restlichen 988 Mt (minus 4 %) auf Weichbraunkohle. Im Gegensatz zu Erdöl und konventionellem Erdgas sind Kohlevorkommen und deren Produktion auf viele Unternehmen und Staaten verteilt. Abbildung 15: Gesamtpotenzial Hartkohle 2009: Regionale Verteilung [BGR, 2010] Nach Ländern lagern die bedeutendsten Gesamtressourcen in den USA mit rund 6.720 Gt I-25 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker (41 %) gefolgt von der VR China mit 31,6 % und Russland mit 16,7 %. Diese drei Länder verfügen damit zusammen über 89 % der derzeit bekannten Gesamtressourcen an Hartkohle. Deutschland belegt bei den Gesamtressourcen an Hartkohle mit rund 83 Gt den zehnten Rang [BGR, 2009]. Seit 1980 hat sich die Weltkohleförderung mehr als verdoppelt auf ca. 6.994 Mt im Jahr 2009. Wie auch bei der Förderung mit 4.163,2 Mt (69,3 %) entfielen mit 4.173,3 Mt ca. 70 % des weltweiten Verbrauchs auf Austral-Asien. China steht 2009 mit 51,2 % mit sehr großem Abstand an der Spitze des weltweiten Kohleverbrauchs vor den USA (14,2 %) und Indien (10,1 %) [BGR, 2010]. 2009 wurden weltweit 6.006,2 Mt Hartkohle gefördert. Die drei größten Hartkohleförderer 2009 waren China mit einem Anteil von 48,8 % (2.930 Mt), die USA mit 15,1 % (907,4 Mt) und Indien mit 8,9 % (532,1 Mt) an der Weltkohleförderung. Während China und Indien ihre Produktion um rund 11 bzw. 8 % steigerten, verringerte sie sich in den USA um rund 9 %. Ferner folgen Australien (6 %), Indonesien (4 %), Südafrika (4 %) und Russland (4 %) [BGR, 2010]. Australien und Indonesien sind dabei die wichtigsten Exportnationen (vgl. Tab. 2). Indonesien exportierte 2009 dabei über 90 %, Australien fast 79 % der geförderten Kohle. Asien weist die höchsten Produktionssteigerungen in den vergangen 20 Jahren auf, während in Europa und in den GUS eine rückläufige Förderung vorzufinden ist [BGR, 2009]. Der Hartkohleexport betrug sich 2009 insgesamt auf 922,4 Mt. Unter den Hartkohleexport-Regionen 2009 war Austral-Asien mit 567,7 Mt die mit Abstand wichtigste Region, gefolgt von der GUS mit 126,1 Mt. Die größten Export- und Importnationen 2009 sind in Abbildung 16 und 17 dargestellt. Der Marktanteil der zehn größten Hartkohle exportierenden Länder belief sich 2009 auf 95,5 %. I-26 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Tabelle 2: Hartkohleexport 2009. Die wichtigsten Länder [BGR, 2010] Tabelle 3: Hartkohleimport 2009. Die 10 wichtigsten Länder [BGR, 2010] I.3.3.1. Kohletransport und Handel Mit rund 922 Mt wurden 2009 etwa 15 % der geförderten Hartkohle weltweit gehandelt, davon 859 Mt seewärtig. Damit verringerte sich das Volumen der weltweit gehandelten Hartkohle durch die Weltwirtschaftskrise nur marginal um I-27 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker rund 0,6 % gegenüber dem Vorjahr. Australien dominierte wie schon in den Vorjahren den Hartkohleweltmarkt mit Exporten von 274,2 Mt (29,7 %), gefolgt von Indonesien (25 %) und Russland (10,6 %). Die größten Hartkohleimporteure 2009 befinden sich im asiatischen Raum: Japan, China, Korea, Indien und Taiwan sind die 5 größten Importeure. Unter den 10 wichtigsten Importeuren folgen auf Platz 6 und 7 Großbritannien und Deutschland (vgl. Tab. 3). China verdreifachte dabei binnen eines Jahres seine Importe auf 126,9 Mt und glich dadurch zusammen mit Indien den krisenbedingten Nachfragerückgang vor allem in Europa und Nordamerika aus [BGR, 2010]. Der seewärtige Handel im Jahr 2007 mit Kokskohle, die höhere Qualitätsanforderungen (z.B. aschearm, schwefelarm, Backvermögen) als Kraftwerkskohle hat, wurde dabei von nur drei Ländern dominiert. Unangefochten auf dem ersten Platz rangierte auch hier Australien mit 68 %, gefolgt von den USA mit 13 % und Kanada mit 12,5 %. Aus diesen drei Ländern stammten 93,5 % der insgesamt 202 Mt auf dem Seeweg gehandelten Kokskohlen. Bei den auf dem Seeweg gehandelten Kraftwerkskohlen, die etwa 85 % der geförderten Kohle ausmacht, treten mehr Exportnationen auf. 2007 dominierte Indonesien mit einem Anteil von 30,6 %, gefolgt von Australien (17,5 %), Russland (11,7 %), Südafrika (11,3 %) und Kolumbien (9,9 %) [BGR,2009]. Die größten Hartkohleproduzenten und der seewärtiger Handel sind in Abb. 18 dargestellt. Der überregionale Kohletransport erfolgt in der Regel per Schiff und steht damit in direkter Konkurrenz zu anderen Massengütern wie Erzen oder Getreide. Von den 2007 rund 3 Gt per Schiff transportierten Massengütern entfielen knapp ein Viertel auf Eisenerz und Kohle mit insgesamt 778 Mt. Kohle mit einem Plus von 50 % weist seit 2000 hohe Zuwachsraten beim seewärtigen Transport auf [VDKI, 2008]. Grundsätzlich sind die Frachtraten abhängig von der Schiffsgröße und sinken mit steigender Tonnage. I-28 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Abbildung 16: Die größten Hartkohleproduzenten und seewärtiger Handel (insg. 820 Mt) 2007 [BGR, 2009 (BGR, 2008; VDKI, 2008)] Der Binnentransport von der Exportgrube zum Exporthafen erfolgt i.d.R. per Eisenbahn. Australische Gruben sind meist weniger als 200 km, die südafrikanischen Exportgruben rund 600 km von den Häfen entfernt [Productivity Commission, 1998]. Ähnlich weit entfernt liegen die polnischen Gruben des Oberschlesischen Beckens mit 550 bis 600 km von den Exporthäfen Danzig, Gdingen und Swinemünde. Der polnische Hartkohleexport erfolgt jedoch überwiegend mit der Bahn in die angrenzenden Länder. Die größten Entfernungen mit durchschnittlich 4500 km legen russische Exportkohlen aus Westsibirien mit der Bahn zurück. Derartige Transportwege über Land sind nur durch subventionierte Eisenbahntarife und bei hohen Weltmarktpreisen möglich [Schmidt et al., 2006]. Abhängig von den lokalen Bedingungen transportieren moderne Kohlezüge bis zu 10.000 t Kohle mit bis zu 100 Waggons je Zug. Diese so genannte „Unit Trains“, werden vorrangig in Kanada, den USA und Australien eingesetzt [BGR, 2009]. Der Kostenanteil des Transportes von der Grube zum Exporthafen an den Gesamtkosten beläuft sich ca. auf 16 % für Kraftwerkskohle und 19 bis 20 % für I-29 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Kokskohle [BGR, 2009]. In Ländern mit Transportentfernungen von mehr als 600 km kann dieser Anteil sogar noch höher ausfallen. In Europa wird der Großteil der Importkohle in Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen angelandet. Größter deutscher Umschlagsplatz für Importkohle ist der Hamburger Hafen. Von dort erfolgt der Weitertransport per Bahn oder Binnenschiffen zu den Endverbrauchern. I.4. Fazit Abschließend ist festzuhalten, Erdöl als wichtigster Energierohstoff der nahen Zukunft wird, aufgrund des gegenwärtigen Erschöpfungsgrad der Reserven, in absehbarer Zeit nicht mehr im bisherigen Maße zur Verfügung stehen [BGR, 2009]. Der leichte Förderrückgang bei Erdöl 2009 war die Folge der Weltwirtschaftskrise [BGR, 2010]. Auf die OPEC-Staaten und Staaten in der so genannten „Strategische Ellipse“ wird sich in den kommenden Jahre die Erdölförderung konzentrieren, weiterhin wird das verbleibende Erdöl mit steigenden Aufwand und damit steigenden Kosten der Produktion zu fördern sein. Erdgas ist in ausreichender Menge vorhanden, um noch über Jahrzehnte den absehbaren Bedarf zur Energieerzeugung zu decken [BGR, 2009]. Der Europäische Erdgasmarkt Erdgasfördestaaten wie hat, neben Norwegen und einigen den großen europäischen Niederlanden, mit den Förderregionen in den GUS-Staaten, Nordafrika und dem Nahen Osten verschiedene Importmöglichkeiten und ein weit gespanntes Pipelinenetz zur Versorgungssicherheit. Erdgas hat im Vergleich zu Erdöl und Kohle deutlich höhere spezifische Transportkosten und zum Teil deutlich größere Entfernungen zwischen Produzenten und Verbrauchern. Verflüssigtes Erdgas (LNG) bietet eine Erdgastransportoption um Transportkosten zu senken und die Verfügbarkeit in entlegenen Regionen zu entwickeln. Der Anteil an LNG am Transport wird künftig weiter steigen [BGR, 2010]. Aufgrund langfristiger Lieferverpflichtungen und regionaler Erdgasmärkte wird sich absehbar allerdings kein beherrschender Weltmarkt analog zu Erdöl ausbilden. I-30 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker Für die Nutzung von Kohle besteht im Vergleich zu den übrigen nichterneuerbaren Energierohstoffen das größte Potenzial mit der bei Weitem größten geologischen Verfügbarkeit. Der absehbare, steigende Bedarf kann über viele Jahrzehnte gedeckt werden. Künftig wird Kohle weiterhin eine bedeutende Rolle bei der weltweiten Energieversorgung einnehmen, trotz der höchsten spezifischen CO2-Emissionen unter den fossilen Energieträgern [BGR, 2010]. Mit ungefähr 70 % der weltweiten Förderung und des Kohleverbrauchs liegen die größten Kohleförderer und -verbraucher in Austral-Asien. China verbrauchte 2009 über 50 % der weltweit geförderten Hartkohle und ist 2009 von einem Nettoexporteur zu einem bedeutenden Importland für Hartkohle geworden. Für Deutschland als Industrienation ist sichere Versorgung mit kostengünstigen Energierohstoffstoffen essentiell. Im Vergleich der vergangenen 10 Jahre ging der Primärenergieverbrauch in Deutschland um etwa 8 % zurück. Dabei reduzierte sich der Einsatz von Erdgas um 4 %, von Erdöl um 13 % und von Steinkohle um 25 % [vgl. Abb.2]. Dabei ist Deutschland in hohem Maße von Importen an Energierohstoffen abhängig. Während die Importabhängigkeit bei Erdöl 97 % beträgt, stammen derzeit noch etwa 16 % des in Deutschland genutzten Erdgases aus heimischer Produktion. 2009 wurde Steinkohle zu 72 % importiert, bei Braunkohle ist Deutschland Selbstversorger. I.5. Literaturverzeichnis Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt e.V. (2010): http://www.berufsbildung-see.de/Schiffstypen.html BGR (2009) (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe): Energierohstoffe 2009 – Resourcen, Reserven, Verfügbarkeit. 288 S. Hannover. BGR (2009) b (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe): Kurzstudie 2009. Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen. 92 S. Hannover. BGR (2010) (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe): Kurzstudie 2010. Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen. 88 S. Hannover. BP (2008): BP statistical review of world energy, June 2008: 43 p. London. BP (2010): Statistical Review of World Energy. June 2010. – 50 S. London. http://www.bp.com/liveassets/bp_internet/globalbp/globalbp_uk_english/reports_and_publications /statistical_energy_review_2008/STAGING/local_assets/2010_downloads/statistical_revi ew_of_world_energy_full_report_2010.pdf I-31 Transport und Rohstoffströme: Erdöl, Erdgas, Kohle Johannes Böcker CALLAN (2008): Callan, Tim. Pipeline technology Today and Tomorrow. Erdöl Erdgas Kohle Heft 9 2008. OG 110 GAZPROM (2010): GAZPROM Germania GmbH. Berlin. germania.de/erdgaswissen/transport-und-speicherung.html http://www.gazprom- IEA (2008) (International Energy Agency): World Energy Outlook 2008. http://www.worldenergyoutlook.org/docs/weo2008/WEO2008_es_german.pdf Paris IEA (2008b): World Energy Model-Methodology and Assumptions. http://www.worldenergyoutlook.org/docs/weo2008/WEM_Methodology_08.pdf Paris IEA (2009): Natural Gas – Market review. ISBN: 978-92-64-06413-3. Paris, Frankreich. IEA (2010): World Energy Outlook 2010 – Zusammenfassung. Paris, http://www.worldenergyoutlook.org/docs/weo2010/weo2010_es_german.pdf Frankreich MWV (2006) Mineralölwirtschaftsverband e.V.: Mineralölversorgung mit Pipelines. 2006. Hamburg. http://www.mwv.de/cms/upload/pdf/broschueren/030_Pipelines.pdf Productivity Commission (1998): The Australian Black Coal Industry – Inquiry Report. Vol. 1 - 378 S. Canberra. http://www.pc.gov.au/inquiry/coal/fi nalreport/coal1.pdf RWE Energy AG (2007): Themenreihe Energiewirtschaft PR/Kommunikation, Rheinlanddamm 24, 44139 Dortmund 2,2007, Erdgas-Transpot, Schmidt, S., Thielemann, T. & Littke, R. (2006): Die Kohleindustrie Russlands im Jahr 2005 – ein Überblick. – Glückauf, 142(1/2): 49 – 55; Essen. VDKI (2008): Verein der Kohlenimporteure. Jahresbericht 2008 – Fakten und Trends 2007/2008. –99 S.; Hamburg. http://www.verein-kohlenimporteure.de/wDeutsch/download/VDKIGeschaeftsbericht-2008.pdf?navid=14; WEG (2009) (Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.): Jahresbericht 2009. 68 S. Hannover. http://www.erdoel-erdgas.de/filemanager/download/424/WEGJahresbericht_2009.pdf I-32 Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas Christian Schütz II. Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas: Von der Förderbohrung in den Tanker, Entschwefelung, Phasentrennung; Raffinerietechnik und – kapazitäten Christian Schütz Erdöl ist ein wichtiger Rohstoff mit dem wir alle direkt oder indirekt zu tun haben. In unserem täglichen Leben ist das Erdöl nicht mehr wegzudenken, auch wenn die umfassende Anwendung vielen Menschen gar nicht bewusst ist. Rohöl findet in der Industrie vielfach Verwendung und ist ein wichtiges Ausgangsprodukt bei der Herstellung von Kraftstoffen, Schmiermitteln, Bitumen, Kosmetikprodukten, Kunststoffen sowie Reinigungsmitteln. Jedes Produkt enthält einen gewissen Anteil an Rohöl, oder Destillate. Um das Erdöl zu einem höherwertigen Produkt umzuwandeln und es für den täglichen Bedarf nutzbar zu machen, muss es zunächst durch hochtechnische Verfahren gereinigt, destilliert und umgewandelt werden. II-1 Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas Christian Schütz II.1. Einleitung Etwa ein Drittel der in Deutschland verbrauchten Erdölprodukte kommen verarbeitet in unser Land. Der überwiegende Teil unserer Importe, ergänzt durch die einheimische Förderung, wird jedoch durch seine Umwandlung und Verarbeitung in deutschen Raffinierstandorten nutzbar gemacht [MWV, 2010]. (Abb. II-1) Die Veredleung von Erdöl und Erdgas fällt in den Downstream Sektor. Für die Wahl eines geeigneten Standortes für eine Raffinerie stehen zwei Optionen zur Verfügung. Eine Raffinerie befindet sich entweder nahe der Ölproduktion, oder verbrauchernah. Verbrauchernahe Standorte sind Industriestandorte, oder Bevölkerungsstarke Regionen. Im Einzelnen hängt die Standortwahl jedoch von vielen Einzelfaktoren ab. Da in Europa der Großteil des Rohöls importiert werden muss, wäre der Bau einer Raffinerieanlage in der Nähe eines Ölhafens eine geeignete Wahl, da die Bezugsquelle in unmittelbarer Umgebung ist. Der Bau einer Raffinerie an einem Standort mit effizienter Rohölversorgung, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die gesamte Produktion nur den lokalen Bedarf decken muss. Kleinere Mengen eines schwer weiter zu verarbeiteten Rohstoffs wie etwa Bitumen, das eine kontinuierliche Erhitzung erfordert, kann auch auf weite Strecken zum Verbraucher transportiert werden. Auf der anderen Seite erfordern bevölkerungsreiche Regionen wie zum Beispiel das Ruhrgebiet eher Raffineriebetriebe, die Verbrauchernah verarbeiten. Diese Raffinerien müssen an Rohölpipelines angeschlossen sein, damit sie einen ständigen Durchlauf haben. Die Verarbeitung zu verschiedenen Produkten, erfordert unterschiedliche Ansprüche an den Transport. Somit werden kleinere Mengen auf kurzen Distanzen zu den Verbrauchern transportiert, wohingegen der Transport des Rohöls in wesentlich größeren Mengen, mithilfe von Tankern, oder Pipelines bewältigt wird. Mit der Zeit geht der Trend eher zu einem Verbraucherorientierten Bedarf an Raffinerien. Grund ist die wechselnde Nachfrage, von schweren schwefelhaltigen Produkten zu eher leichten Produkten. Ein wesentlicher Faktor des wechselnden Bedarf, liegt am erhöhten Dieselverbrauch, sowie der steigende Absatz an leichten Erdölprodukten im Bereich der Chemieindustrie. Der Anspruch dieses Trends II-2 Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas liegt somit darin, die Tätigkeiten in der Christian Schütz Raffinerieindustrie langfristig des wechselnden Bedarfs anzupassen und zusätzliche Kapazitäten für die Umwandlung von Schwer- zu Leichtölprodukten zu schaffen. Hierzu könnten vermehrt Dieselraffninerien zum Einsatz kommen, die der stiegenden Dieselnachfrage genügen, um etwa den Bedarf an Importierten Dieselkraftstoffen zu minimieren. Abb. II-2 zeigt die Abhängigkeit des Imports von verarbeiteten Rohölprodukten. Abbildung II-1: Raffinerie Bilanz 2002 ( in Millionen Tonnen) II-3 Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas Christian Schütz Abbildung II-2: Mineralölbedarf und seine Deckung (in Millionen Tonnen) II.2. Von der Förderbohrung in den Tanker Der Öltanker ist das Haupttransportmittel für Erdöl. Hochseetanker werden in zwei Kategorien eingeteilt, die sich nach dem Transportgut richten. Dabei unterschieden werden Tanker die bereits verarbeitete Produkte Laden und Tanker die ausschließlich Rohöl transportiere. Moderne Hochseetanker werden in „deadweight tons“ gemessen. Die Einheit ist angegeben in DWT und entspricht 1016 kg. Die Ladetonnen geben die Bruttotragfähigkeit eines Schiffes in voll beladenen Zustand an. Die größten Tankschiffe besitzen eine Ladefähigkeit von 500.000 DWT. Beim Beladen des Tankers wird das geförderte Erdöl in den Frachtraum gepumpt. Zu Beginn des Pumpvorgangs wird ein geringer Druck verwendet, um ein mögliches Risiko zu minimieren, falls die Verbindungen defekt sind. Anschließend wird der Tanker mit einer konstanten Rate befüllt, bis zum so genannten “topping-off“. Das “topping-off“ ist ein riskanter Vorgang und erfordert ein behutsames Vorgehen, da das Risiko einer Entzündung des Öls besteht. Ist der Frachter beladen, werden die Einlassventile geschlossen. Wenn der Tanker mit der Fracht in den Zielhafen einfährt, pumpt der Tanker das Öl aus den Tanks. Dieser Prozess wird auch „Löschen“ genannt. Während das Öl abgepumpt wird, füllen sich II-4 Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas Christian Schütz die Ballast Tanks mit Wasser, um die Stabiltät des Tankers zu gewährleisten. Die Ballast Tanks befinden sich unterhalb des Laderaums für Erdöl. [Heinzmann und Bauer, 2005; Shipbusiness] II.3. Eigenschaften einer Raffinerieanlage Die Raffinerie ist eine Industrieanlage, die aus dem gewonnenen Erdöl, durch Destillation, der Entschwefelung und der Reformierung ein höherwertiges Produkt herstellt. Raffinieranlagen sind nach einem gewissen Prinzip gebaut und sind gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Verarbeitungsanlagen. Jede Raffinerie besitzt Rohöltanks, Rohrleitungen mit Absperrvorrichtungen, Kolonnen, Abscheider, Pumpen, Turbinen, Kompressoren und Ejektoren, sowie Öfen und Reaktoren. Neben den Produktionsanlagen haben Raffinerien aufgrund des enormen Energiebedarfs eigene Anlagen für die Stromherstellung. Es Bedarf des Weiteren an Speicheranlagen, Laboratorien, sowie diversen Überwachungsstationen. Trotz hochautomatisierter Verfahren sind in einer mittelgroßen Anlage etwa 500 Personen in Wechselschicht angestellt (MWV, 2003). Aus Effizienzgründen ist eine Raffinerie in permanentem Betrieb, wird jedoch zu Wartungszwecken teildeaktiviert. Die Errichtung einer Raffinerie kostet mehrere Milliarden Euro und jährlich müssen weitere Millionen für die Instandhaltung investiert werden. Diese Anlagen haben zudem einen enormen Flächenanspruch in der Größenordnung bis zu 600000m². Um größere Distanzen zu überwinden, bewegen sich Mitarbeiter auf den Geländen häufig mit einem Fahrrad fort. Um die fertigen Rohölprodukte zu den Kunden zu liefern, ist eine Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz erforderlich. Um größere Mengen zu transportieren ist jedoch der Zugang zu Wasserwegen unerlässlich. Die Erdölindustrie klassifiziert Rohöl in 3 Kriterien, die Herkunft, die Dichte und der Schwefelgehalt. Rohöl mit einer hohen Dichte wird entsprechend als “schwer” (”heavy”), mit einer geringeren Dichte als leicht (”light”) bezeichnet. Rohöl mit einem hohen Schwefelgehalt gilt als “sauer”, ein geringer Schwefelgehalt macht das Öl “süß”. Je schwerer und saurer das Rohöl ist, desto aufwendiger ist seine Verarbeitung zum Beispiel zu Benzin oder Kerosin, da es der Anteil an den Fremdstoffen und Unreinheiten größer ist. Daher ist leichtes und II-5 Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas Christian Schütz schwefelarmes Rohöl gefragter und damit teurer als schweres Rohöl [Kölbl, 2009]. Abbildung II-3: Raffinerie, Richmond California II.4. Raffinerieprozess Der Raffininerieprozess besteht aus 3 Hauptprozessgruppen. Dieser Prozesse gliedern sich in Trennung, Umwandlung und Nachbehandlung [Kölbl, 2009]. II.4.1. Die Rohöldestillation Der wichtigste und erste Verarbeitungsprozeß in einer Raffinerie ist die Destillation. Dabei wird das Rohöl in verschiedene Fraktionen zerlegt. Die Auftrennung erfolgt in Gase, Benzin, Kerosin, Leichtes Mitteldestillat, Schweres Mitteldestillat und Rückstände. Dieser Prozess beruht auf den unterschiedlichen Siedebereichen der Bestandteile. Liegt der Siedepunkt von Benzin zwischen 35° und 180 ° C, so liegt er bei Mitteldestillaten bei zwischen 170° und 370° C. Im weiteren Verfahrensschritt kommt das Öl in einen II-6 Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas Christian Schütz Entsalzer, um den Salzgehalt des Rohöls zu reduzieren. Dann wird das Öl in Wärmeaustauschern vorgewärmt und in den Röhrenöfen auf Destillationstemperatur aufgeheitzt. Dabei verdampft ein Großteil des Rohöls und trennt sich bei atmosphärischem Druck auf. Dabei steigen in Dämpfe in den bis zu 50 Meter hohen Destillationstürmen auf. Auf den Destillationsböden, die mit zahlreichen Öffnungen versehen sind, bilden sich dadurch Flüssigkeitsschichten. Die nachströmenden Dämpfe treten durch die Öffnungen und mischen sich mit den bereits kondensierten Bestandteilen. In diesem intensiven Mischungsverfahren findet zwischen leichten und schweren Anteile ein Austausch statt. Dabei werden schwere Anteile in aufsteigenden Strom zurückgehalten, die leichten steigen nach oben. Während man die nicht verdampften schweren Anteile vom Boden absaugt, werden die leichten als Gase im “Kolonnenkopf“ durch eine erneute Destillation weiter aufgetrennt. Die mit diesem Verfahren gewonnen Fraktionen, die am Kopf der Fraktionskolonne ankommen Raffineriegas, Flüssiggas und Benzin. Mitteldestillate können an der Seite des Turmes aufgefangen werden, wohingegen am Boden lediglich Rückstände zurückbleiben [MWV, 2003; Heil, 2007; ARAL]. II-7 Aufbereitung und Veredlung von Erdöl und Erdgas Christian Schütz Abbildung II-4: Schema der Destillation. II.4.1.1. Hierbei wird Vakuumdestillation der Rückstand aus der ersten Destillation, dessen Siedetemperaturen über 360°C liegen in den zweiten Trennturm überführt. In ihm wird ein künstliches Vakuum mit etwa 50 Millibar erzeugt, wodurch der Siedepunkt um 150° C gesenkt wird. Diese Temperatursenkung verhindert, dass sich die Bestandteile weiter zersetzen würden. Mithilfe der Vakuumdestillation gewinnt man Schmieröle und Paraffine, sowie Bitumen, der bei diesem Prozess als nicht verdampfter Rückstand zurück bleibt [MWV, 2003; Heil, 2007]. II-8 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich III. Entwicklungen der Kokereiindustrie: Technologische und wirtschaftliche Betrachtungen Ben Laurich Seit 1709 wird Koks im industriellen Maßstab produziert und in der Hochofentechnologie zur Roheisen- und später zur Stahlerzeugung eingesetzt. Das Verkoken von Kohlen stellte einen wichtigen Baustein der industriellen Revolution dar und bestimmt noch heute maßgeblich die Industrielandschaft. In der Gegenwart ist China mit Abstand der größte Koksproduzent weltweit. Zahlreiche technologische, wirtschaftliche und politische Entwicklungen verbesserten die Produktivität und den Umweltschutz des Kokereiwesens und beeinflussten den internationalen Koksmarkt. – Die Geschichte eines Wertstoffes. III-1 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich III.1. Einleitung Koks ist ein wichtiger Wertstoff unserer Gesellschaft. Er wird vor allem zur Eisen- und Stahlerzeugung benötigt, ermöglichte die industrielle Revolution und trägt heute noch einen wesentlichen Anteil zum wirtschaftlichen Aufschwung einiger Länder bei. „Klasse Koks“ titelte die deutsche Zeitschrift „Steinkohle“ im Januar 2011 und porträtierte die Arbeit einer Mannschaft der Kokerei Prosper in Bottrop. Dies verdeutlicht, dass Verkokung selbst heute noch, nach der Blütezeit der Kohleindustrie im Ruhrgebiet, Bestandteil der lokalen Gesellschaft ist [Reichow, 2011]. Maßgeblich jedoch findet Koksherstellung heute in China statt. Doch wie kam es zu solch einer Entwicklung? In den anschließenden zwei Kapiteln, Teil 1 – Kokstechnologie und Teil 2 - Kokswirtschaft, wird dieser Frage nachgegangen. III.2. Kokstechnologie Im Folgenden werden die technischen Schritte der Koksherstellung einführend erläutert (Kohlebehandlung, Verkokung) und anschließend deren historische Entwicklung beschrieben. Am Ende dieses Kapitels verdeutlichen ausgewählte Beispiele den Umfang technischer Innovationen im Bereich der Verkokungsindustrie. III.2.1. Kohlebehandlung Unter dem Begriff „Kohle“ ist eine Reihe von kohlenstoffhaltigen, natürlich vorkommenden Stoffen zu verstehen [Killops und Killops, 2001]. Nach der bergmännischen Gewinnung von Kohlen werden Aufbereitungstechniken eingesetzt um den Rohstoff von wertfreien Bestandteilen (Berge) zu trennen und nach Klassen zu sortieren. Im Allgemeinen lassen sich Kohlen nach Aussehen, Einsatzgebieten, chemischer Zusammensetzung, Brennwert, verkokungs-technischen Eigenschaften oder nach kohlemikroskopischen Gesichtspunkten unterscheiden. Zur Herstellung von Hochofenkoks, dem wohl wichtigsten Veredelungsprodukt der Kohle [Falk und Rohde, 2003], werden im Wesentlichen Kohlen mit einem guten Backvermögen benötigt. Dies beschreibt die Fähigkeit einer Kohle beim Erhitzen zu erweichen und anschließend unter Ausdehnung einen festen, stückigen, „gebackenen“ III-2 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich Rückstand zu bilden [N.N., 2009]. Kohlen, die diese Eigenschaften besitzen, werden auch als „Kokskohlen“ bezeichnet. Entscheidend für die Backfähigkeit ist unter Anderem die chemische und strukturelle Zusammensetzung einer Kohle. Um bereits vor einer Ofenbeschickung Aussagen über den Verkokungsverlauf machen zu können, werden einige genormte Tests an Proben der Kohlen vorgenommen. Im dafür entwickelten Ruhr-Dilatometer werden beispielsweise Erweichungstemperatur, Dilatation, Kontraktion und Wiederverfestigungstemperatur eines standardisierten Presslings gemessen [Marshall, 1976]. III.2.1.1. Historische Entwicklung der Kohlebehandlung Seit dem Beginn der industriellen Verkokung im Jahre 1709 [Cox, 1990] werden Aufbereitungsverfahren entwickelt und verbessert, welche eine Verbreiterung der Rohstoffbasis für die Verkokung ermöglichen. Generell werden dabei verschiedene Kohlen aufgemahlen und nach speziellen Vorgaben vermischt. So war zu Beginn der Verkokungsindustrie mit dem Begriff „Kokskohle“ eine eher kleine Gruppe der Steinkohlen gemeint, heute jedoch kann durch Aufbereitungstechniken die eine Weiterentwicklung Mischung der Verfahrens- verschiedener Kohlen, und von hochflüchtigen Gaskohlen oder sogar Braunkohlen bis zu Anthrazit, zur Verkokung eingesetzt werden. Dabei ist eine Basis an gutkokender Kohle (2040%) jedoch unverzichtbar [Falk und Rohde, 2003]. In Deutschland gab es erste Aufbereitung zur Koksherstellung bereits 1830. Damals wurden aschereiche Beimengungen ausgesiebt und die Rohförderkohle auf eine bestimmte Kornfeinheit zerkleinert [Falk und Rohde, 2003]. Oftmals gehörten Zechen und Kokereien dem gleichen Eigentümer und die Prozessschritte fanden auf einer großen, allumfassenden Anlage statt (z.B. Zeche und Kokerei Zollverein / Schacht XII, Essen). Doch schon bald – vor allem in Frankreich – mussten Mischungen unterschiedlicher Kohlen genutzt werden. Dies machte eine weitere Zerkleinerung der Kohlen notwendig. Erste Zerkleinerungsmaschinen hatten jedoch den Nachteil auch den Feinstkornanteil zu erhöhen, was oft zu einem Festbacken des Kokses im Ofen führte. Zahlreiche Entwicklungen der Kohleaufbereitung versuchten möglichst Kosteneffizient einen homogenen Ofenbesetz herzustellen. Im Jahr III-3 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich 1851 erhielt James Budd das erste nachweisliche Patent zur Mischung von unterschiedlicher Kohlearten [Falk und Rohde, 2003]. Heute werden meist Prallmühlen eingesetzt, die selektiv grobe Partikel zerkleinern ohne den Feinstkornanteil zu erhöhen [u.a.: Gründer, 1957; N.N., 2007c]. Neben einer Verbreiterung der Rohstoffpalette ist es jedoch auch ständiges Ziel der Forschung die Leistung und Wirtschaftlichkeit der Koksöfen zu erhöhen und den Ausstoß umweltverschmutzender Stoffe zu vermindern. Erste wissenschaftliche Beschreibungen des Zusammenhangs von Rohstoffeigenschaft, Verkokungsparametern, und Eigenschaften von Koks und Nebenprodukten wurden 1957 von Mantel und Hansen veröffentlicht [Falk und Rohde, 2003]. Heute gilt vor allem DIN 23003 zur Klassifizierung von Steinkohlen. Maßgeblich zur Kohleneinteilung sind dabei der Anteil an flüchtigen Bestandteilen sowie die Backfähigkeit der Kohle, welche nach DIN 51739 beschrieben wird. Aus petrographischer Sicht konnte bereits vor 90 Jahren nachgewiesen werden, dass jedes Kohlenkorn aus Maceralgruppen besteht (Vitrinit, Extinit, Inertinit), welche unterschiedliche Eigenschaften besitzen [Hutton et al., 1994]. Vor allem Messungen der Vitrinitreflexion ermöglichten eine Verbesserung der Kohleeinteilung, da diese indirekt Auskunft über den Inkohlungsgrad einer Kohle gibt. Diese petrographischen Erkenntnisse ermöglichten unter Anderem eine Klärung dafür, warum Kohlen mit gleichen Gehalten an Verkokungseigenschaften flüchtigen aufweisen. Bestandteilen Um unterschiedliche Zusammenhänge von Kohleparametern und Koksqualität auszudrücken und um ein Verfahren zur Optimierung der Koksqualität zu erstellen wurden zahlreiche Rechenmodelle entwickelt [u.a.: Arendt et al., 2006; Chen, 1985; Simonis und Beck, 1965], welche die einzelnen Faktoren der Kohlequalität und –aufbereitung sowie der Verkokung berücksichtigen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass jedes dieser Modelle an einen Aufbereitungsvorgänge verschieden sind. bestimmten und Ein Standort gebunden Koksofeneigenschaften einheitliches, je umfassendes nach ist, da Anlage Modell der Zusammenhänge von Rohstoff-, Verarbeitungs- und Produktparametern gibt es bislang nicht [Arendt et al., 2006; Falk und Rohde, 2003]. III-4 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich III.2.1.2. Verkokung Für die Verkokung gilt generell: „Wird Kohle unter Luftabschluss auf über 900° C erwärmt, so finden im und um das Kohlenkorn herum Umwandlungen statt, die von einem komplizierten Wärme- und Stofftransport begleitet sind. […] Es entweichen flüchtige Zersetzungsprodukte (flüchtige Bestandteile) und es verbleibt ein fester Rückstand: der Koks“ [Falk und Rohde, 2003]. In modernen Koksöfen wird der Koksofenbesatz von Oben in einen langen, schmalen Kammerofen geschüttet. Zu beiden Seiten ist der Kammerofen mit Türen verschlossen, so dass die Kohle unter Luftabschluss erwärmt wird. Hierzu wird meist ein Teil des gereinigten Koksofengases, ein Nebenprodukt der Koksherstellung, genutzt. Bei einer möglichst gleichmäßigen Erhitzung (darum die schmale Kammerofenform) verdunsten bis 100° C das Oberflächenwasser und die hygroskopische Feuchte des Ofenbesatzes. Im Anschluss werden adsorbierte Gase und Oxidationsprodukte (CO, CO2) freigesetzt. Bei 390° C setzt eine thermische Zersetzung ein. Vitrinit entweicht aus der Kohle und es entsteht ein teerartiges Produkt, das sich durch weitere freisetzende Gase aufbläht [Falk und Rohde, 2003]. Bei weiter zunehmender Hitze werden auch schwerere Zersetzungsprodukte (Benzol, Pech) abgespalten. Der verbleibende aufgeblähte Stoff des Koksofenbesatzes verfestigt sich bei 460° C (Schwelkoks oder auch Niedertemperaturkoks). Bei einer weiteren Erwärmung bis 900° C entweichen Teer und zu Schluss Wasserstoff und Methan. Der Rückstand ist Hochtemperaturkoks [Falk und Rohde, 2003]. Abbildung III-1 zeigt eine Skizze des generellen Aufbaus einer Koksofenkammer. Mehrere dieser Kammern werden zu sogenannten Batterien zusammengefasst und stellen eine Produktionseinheit dar. Die Gesamtanlage aus allen Batterien wird Kokerei genannt. Zur Illustration zeigt Abbildung III-2 Ansichten der Kokerei Prosper in Bottrop. III-5 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich Abbildung III-1: Schnitt durch einen Koksofen [N.N., 2007b]. Abbildung III-2: Ansichten der Kokerei Prosper in Bottrop. Links bei Inbetriebnahme 1928, Rechts 75 Jahre später (2003). Bildmitte: Löschturm mit Wasserdampfsäule. Auszug der Schrift zum 75ten Jubiläum, Deutsche Steinkohle [N.N., 2003]. Wenn ein Ofenbesatz vollständig verkokt ist, d.h. wenn eine endgültige Hochtemperaturkontraktion abgeschlossen ist, kann der Koks „gedrückt“ werden. Dies bezeichnet das Herauspressen des Koks aus der Ofenkammer durch einen großen Stempel. Das ausgepresste Material wird anschließend mit Wasser „nass gelöscht“, oder mit Luft „trocken gekühlt“. Ein Verkokungsprozess hat, je nach Ofenbesatz und Ofenbeschaffenheit, eine Garungszeit von circa 24 h. Die Koksfestigkeit steht dabei in engem Zusammenhang zur Besatzdichte des Ausgangsmaterials im Ofen [Gap, 2003]. In der Regel wird eine Koksofenkammer durch Schüttung von oben III-6 Entwicklungen der Kokereiindustrie gefüllt. Einige Stampfsystem. Anlagen Die arbeiten modernste Ben Laurich alternativ dazu Stampfkokerei jedoch mit einem „Fürstenhausen“ der Saarbergwerke AG steht in Dillingen [Falk und Rohde, 2003]. Sie wurde 1959 fertig gestellt. Es lassen sich jedoch nicht alle Kohlen im Stampfbetrieb verarbeiten, meist entsteht dadurch rissiger, kleinstückiger Koks. Die gängigste Bauweise von Kokereien ist nach wie vor der Schüttbetrieb. Je nach Verwendung wird Koks in unterschiedlichen Zusammensetzungen hergestellt. Der bei Weitem größte Anteil in der Koksproduktion wird zur Roheisenerzeugung im Hochofen benötigt. Daher ist Hochofenkoks der mit Abstand am häufigsten produzierte Koks [Falk und Rohde, 2003]. Koksarten werden nach Korngröße und chemischer Zusammensetzung unterschieden, dazu berücksichtigt man: (1) Wassergehalt, (2) Aschegehalt, (3) Schwefelgehalt, (4) Alkalien und Phosphorgehalt, (5) Gehalt an flüchtigen Bestandteilen sowie (6) Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffgehalt. Außer Koks wird eine Reihe von Nebenprodukten erzeugt, welche unterschiedlichen Anwendungen zukommen. Die Graphik in Abbildung III-3 zeigt die wichtigsten Produkte einer Kokerei. III-7 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich Abbildung III-3: Kokereiprodukte, verändert nach dem Onlineangebot der Kokerei-August-Thyssen [N.N., 2007a]. III-8 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich III.2.1.3. Historische Entwicklung der Verkokung Generell hat sich seit der ersten industriellen Verkokung wenig am Prinzip des Verfahrens geändert. Die größten verfahrenstechnischen Fortschritte sind, wie oben beschrieben, in der vorgeschalteten Kohleaufbereitung gemacht worden. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts setzte Abraham Darby I, ein englischer Roheisenerzeuger, einen Meiler, ähnlich einem Holzkohlenmeiler ein um erstmals aus Steinkohle Koks zu erzeugen mit dem er seine Eisenöfen anstelle von Holzkohle befeuerte [Cox, 1990]. Im Laufe der industriellen Entwicklung ermöglichten Fortschritte im Anlagenbau die Errichtung von größeren und schlankeren Öfen. Ferner wurde Baumaterial hitzebeständiger und damit langlebiger [Koßke, 2003]. Abbildung III-4 zeigt einen frühen Kammerofen der Kokerei der Zeche Caroline, Bochum, von 1881 und – im Vergleich dazu – eine moderne Koksofenbaterie der Kokerei Schwelgern in Duisburg. Abbildung III-4: a) Kammerofen der Kokerei der Zeche Caroline, 1881, Bochum [N.N., 1948]. b) Moderne Kokerei Schwelgern, Duisburg, fertiggestellt 2003 [N.N., 2011a]. III-9 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich Des Weiteren wurden Arbeitsabläufe weiterentwickelt, und zwar – ganz im Stil der industriellen Revolution – mit dem Ziel zum mannlosen Betrieb. Zu Beginn des 19. Jhd. wurden noch mehrere Wagen zum Befüllen einer Kammer benötigt. Zahlreiche Arbeitskräfte waren mit dem Verfahren der Wagen und mit dem Einfegen des Ofenbesatzes in die Ofenkammer beschäftigt (vergl. Abbildung 5). Zunehmende Entwicklung ermöglichte den Bau größerer Einfüllwagen und automatisierte weitgehend den Prozess der Kammerdeckelöffnung und schließung sowie seiner Reinigung und Abdichtung. Dies führte zu einer Verringerung des Kokereipersonals [Koßke, 2003]. Auch auf der Koksseite der Öfen verringerte sich das Personal durch fortschreitende Automatisierung. Abbildung III-5: Deckelschließer auf der Kokerei des Ruhrreviers, um 1915 [Ress, 1957]. Der Einsatz großer Löschwagen und die Mechanisierung des Koksdrückens sowie die Zerkleinerung und das Verladen des Kokses ersetzten zahlreiche III-10 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich Arbeitsplätze. Weitere maschinelle Veränderungen wurden vor allem im Rahmen des Umweltschutz und der Arbeitssicherheit durchgeführt. So wurde beispielsweise der Gasaustritt aus den Ofenkammern beim Befüllen durch Wasserdampfeinspeisung verringert, das Koksdrücken durch Kokskuchenführungen zwischen Ofen und Löschwagen besser kontrolliert und das Löschen des Kokses in speziellen Löschturmeinhausungen entwickelt [Koßke, 2003]. Heute verfolgt der Maschinist den Arbeitsablauf auf der Drucksowie auf allen anderen Maschinen am Bildschirm. Sein Arbeitsfeld beschränkt sich heute im Wesentlichen auf Kontrollaufgaben. Tatsächlich legt er durch Eingeben einer Ofennummer den zunächst anzusteuernden Ofen fest. Dadurch setzt er automatisch eine Kette von Prozessabläufen in Gang, deren reibungsloser Ablauf nun von ihm kontrolliert wird. Bei Störungen (zum Beispiel dem Festbacken eines Kokskuchens an der Kokskammer) kann er den Prozessablauf anhalten. Auch heute noch kommen dann Geräte aus der Anfangszeit der Verkokung zum Einsatz und in Handarbeit wird ein Ofen beispielsweise mit dem „Kratzer“, einer langen Eisenstange mit Handgriff, „losgekratzt“ [Koßke, 2003]. Derzeit größter Kokereihersteller weltweit ist der Betrieb Thyssen Uhde. Der aktuellste Kokereianlagenbau von Thyssen Uhde findet derzeit in Taiwan statt [N.N., 2010c]. Die Anlage umfasst zwei Koksofenbatterien, welche pro Tag ca. 3.000 t Koks aus ca. 4.000 t Kohle erzeugen und aus jeweils 42 Öfen mit einer Kammerhöhe von 7,3 m bestehen [N.N., 2010c]. III.2.2. Ausblick Der Trend der technologischen Entwicklung von Kokereien geht dazu größere Öfen (bis zu 120 m³ Kammervolumen) zu bauen. Dies wird eine Verringerung der Betriebskosten und – auf Grund der größeren Kammerbreite – eine weitere Verbreitung der Rohstoffbasis mit sich bringen. Wichtige Aspekte sind jedoch auch niedrige Investitionskosten, optimaler Umweltschutz und höchste Koksqualität zu sichern [Gap, 2003]. Alternativ zu der traditionellen Verkokung wird in den USA an der Bienenkorbofentechnik (Heat Recovery Oven) geforscht, in welcher in Einzelofenkammern bei Unterdruck verkokt wird [Gap, 2003]. In III-11 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich Deutschland ist die Technik eines Großraum-Verkokungsreaktors bereits erprobt. Hier wird eine große Einzelkammeranordung eingesetzt, die keine zusammenhängende Ofenbatterie benötigt. Wesentliche Vorteile sind eine verbreiterte Rohstoffbasis, weniger Umweltemissionen sowie eine gute Wärmewirtschaft der Ofenkammer [Gap, 2003]. Japan arbeitet an der Scope 21Entwicklung, ein Projekt, welches aus vielstufigen Formkoksverfahren basiert [u.a. Uebo et al., 2004]. III.3. Kokswirtschaft Dieses Kapitel stellt eine Einführung in die weltweite Kokswirtschaft sowie die Zusammenhänge zwischen Technologie, Wirtschaft und Politik vor. III.3.1. Aktueller Weltkoksmarkt Weltweit wurden im Jahr 2009 521.185.000 t Koks produziert. Der Preis pro t lag zwischen 281 € und 337,74 € [N.N., 2010b]. Hauptlieferanten für Koks sind Australien, die USA und Kanada. Aktuell wird eine Koksverteuerung von bis zu 100 €/t erwartet, da Australien wegen starker Überschwemmungen derzeit als Exporteur eingeschränkt ist [N.N., 2011b]. Russland, Kolumbien und Neuseeland setzen geringere Mengen ab. Tabelle 2 zeigt die weltweiten Koksproduktionsmengen [N.N., 2010a]. Die schnell steigende Nachfrage der vergangenen Jahre, vor allem durch Chinas Rohstoffhunger erzeugt, führte immer wieder zu Lieferengpässen. Hauptsächlich die Hafenlogistik, das Be- und Entladen der Schiffe, verhinderte einen größeren Mengenumsatz. Nahezu jedes Land, dass in der Erzeugungs-, Transport- oder Konsumkette von Koks beteiligt ist, unternimmt derzeit infrastrukturelle Anstrengungen den Koks- und Kohlehandel zu verbessern [N.N., 2010a]. III.3.1.1. Entwicklung des Koksmarktes Seit jeher ist der marktwirtschaftliche Druck geblieben die Rohstoffbreite der zur Verkokung geeigneten Kohlen zu erhöhen. Kostete im Jahr 2009 eine t Kokskohle im Schnitt 110 €, so belief sich der Preis für Kraftwerkskohlen im Schnitt auf 86 € pro t Steinkohleneinheit [N.N., 2010b]. Tabelle 1 zeigt Kennzahlen III-12 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich der Kokereien in Deutschland. Diese verdeutlichen den Produktionsrückgang und Stilllegungen von Kokereien. Gleichzeitig erhöht sich jedoch die spezifische Kokserzeugung je Kokerei, was eine Verbesserung der Kokereitechnik demonstriert. Nach dem zweiten Weltkrieg brechen die Produktionszahlen jedoch völlig ein, zerstörte Anlagen und Repressionszahlungen machen eine geregelte Kokswirtschaft unmöglich. Mit der technologischen Entwicklung sank der spezifische Koksverbrauch je t Roheisen. So wurden im Jahr 1980 noch 3000 kg, im Jahr 1870 2000 kg, im Jahr 1950 1000 kg und 2003 lediglich 475 kg zur Herstellung einer t Roheisen benötigt [Gap, 2003]. Außerdem sank durch den zunehmenden Einsatz von Eisenschrott der Anteil des Roheisens in der Stahlerzeugung. Doch trotz dieser drastischen Verbesserung der Ressourceneffizienz stieg die Nachfrage nach Koks ständig an, da die Roheisen und Heißmetallerzeugung stark zunahm. Tabelle 2 verdeutlicht dies anhand der Produktionsmengen von Koks. Erstaunlich ist dabei der Zuwachs der Weltgesamtkokserzeugung um 30 % binnen sieben Jahren. Trotz dieser rasanten Entwicklung sind die Koksproduktionen in Afrika, in Ländern der ehemaligen Sowjet-Union, in Amerika und vor allem Europa rückläufig. Asien allerdings steigert seine Koksproduktion um 65 % auf 408.173.000 t Koks im Jahr 2009, wobei dort lediglich Indien und China mit jeweils 20 % und 94 % eine Produktionssteigerung vorweisen, die restlichen Staaten verzeichnen sogar einen Produktionsrückgang. Tabelle III-1: Kennzahlen der Kokereien in der Bundesrepublik Deutschland [Farrenkopf, 2003; * = N.N., 2010a]. III-13 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich Tabelle III-2: Kennzahlen der Weltkoksproduktion 2003 bis 2009 in 1000 t [N.N., 2010a]. III-14 Entwicklungen der Kokereiindustrie III.3.2. Ben Laurich Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Technologie und Politik Zahlreiche politische, wirtschaftliche und technische Aspekte der Kokereigeschichte bedingten einander und standen in starker Wechselwirkung. Die folgenden zwei Beispiele verdeutlichen dies. III.3.2.1. Die industrielle Revolution Die industrielle Revolution, vorangetrieben durch den Fortschritt der Technik, wäre ohne eine Roheisenerzeugung im großen Stil nicht möglich gewesen. Die Verfügbarkeit dieser Roheisenmengen bedurfte jedoch wiederum fortschrittlicher Technik: um 1880 wurden weltweit ca. 18,5 Mio. t Roheisen produziert, was bei einer altertümlichen Holzkohlebefeuerung der Hochöfen 4 m³ Holzkohle je t Roheisen bedeutet hätte [Toussaint, 2003]. Dies entsprach einem Jahresbedarf von 74 Mio. m³ Holzkohle, hergestellt aus 150 m³ Holz. Bei einem Jahreszuwachs von durchschnittlich 8 m³ Holz pro Hektar wäre damit pro Jahr eine Fläche größer als die Hälfte des heutigen Deutschlands nötig gewesen. Doch in England beispielsweise, der Keimzelle der industriellen Revolution, wurde Holz vorranging zum Schiffbau genutzt (man bedenke die damalige Vorrangstellung der englischen Seemacht und die zahlreichen Handelsschiffe zur Kolonialisierung), was eine starke Holz-Importabhängigkeit Englands auslöste [Gleitsmann, 1984]. Der Fortschritt der technischen Entwicklung und damit der zunehmende Einsatz von Steinkohlekoks war also politisch nötig und dementsprechend forciert, diese Politik jedoch war Produkt des starken Wirtschaftswachstums der industriellen Revolution, welches wiederum aus technischem Fortschritt resultierte. Länder, die diesen politisch bedingten wirtschaftlichen Druck nicht erfahren haben, produzierten Roheisen wesentlich länger mit Holzkohlen. Sogar in der Gegenwart werden noch mehrere Mio. t Roheisen auf diese Art hergestellt. Im Jahr 1995 erzeugte Brasilien 7,5 Mio. t Roheisen, fast 30 % der brasilianischen Gesamterzeugung, durch den Einsatz von Holzkohlen [Toussaint, 2003]. III-15 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich III.3.2.2. Die Kokereiindustrie in China und Deutschland Ein zumindest teilweise vergleichbares Schicksal der Holzknappheit wie das Englands im 18. Und 19. Jhd. erfährt zurzeit China. Als zweitgrößter Holzimporteur ist China angewiesen auf den Einsatz von Stein- und Braunkohlenkoks [Roepke, 2008]. Chinas Wirtschaftswachstum ist stark an den Sektor der Montanindustrie gebunden, zahlreiche langfristige Verträge zu Rohstoffimporten sollen dies auch für die Zukunft sichern [Trinh et al., 2006]. Die Deutsche Bank Research prognostiziert einen Zuwachs des Kohlenimports Chinas auf 810 Mio. t im Jahr 2020 (11 Mio. t im Jahr 2006, Koks- und Verstromungskohle, [Trinh et al., 2006]). Im Jahr 2000 führte diese Entwicklung zum ersten Mal in der Kokereigeschichte zu einer vollständigen Umsiedlung einer ganzen Kokereianlage [Willeke, 2004]. Die damals moderne Kokerei Kaiserstuhl in Dortmund wurde dabei demontiert, verschifft und in Shandong, China wiedererrichtet. Zuvor war die Anlage geschlossen, da im Zuge der Fusion von Thyssen und Krupp das nahegelegene Stahlwerk Hoesch seinen Betrieb einstellte. Die Kokerei (Inbetriebnahme 1992) kostete knapp 600 Mio. Euro und wurde für 30 Mio. Euro verkauft. Die begünstigenden Standortfaktoren in China waren zum einen geringere Löhne, Nähe zu Kohlegewinnungsbetrieben und ein großer Absatzmarkt an die lokale Hüttenindustrie [Wintermann, 2004]. Die starke Koksnachfrage der Schwellenländer führte zu einem drastischen Preissprung für Koks und Kokskohle, so dass, im Rahmen der Standortverlagerung der Kokereiindustrie, Koksmangel in Europa und vor allem Deutschland aufkam (s.O.). Ob der geringen Rohstoffverfügbarkeit sahen sich einige Betriebe gezwungen Zeitarbeit einzurichten und die Produktion zu reduzieren. Manager der Stahl und Koksindustrie wurden für ihre falschen Marktprognosen und den daraus resultierenden Entscheidungen zu dieser Zeit scharf kritisiert. So warf Werner Müller, parteiloser Wirtschaftsminister Deutschlands von 1998 bis 2002, den Managern der Stahlindustrie „grobe strategische Fehler im globalen Wettbewerb“ vor [Wintermann, 2004]. Die resultierende Importabhängigkeit Deutschlands führte zu einem weiteren Ausbau der Forschung und Entwicklung des Kokereiwesens. Neue Technologieschritte sollten wirtschaftliche Nachteile III-16 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich ausgleichen und das Verkoken in Deutschland trotz hoher Produktionskosten wieder profitabel machen. Vor dem Hintergrund des hohen Kokspreises war dies seit dem vergangenen Jahrzehnt umsetzbar [Willeke, 2004]. Seit der Einführung des „Kohlenpfennig“ im Jahr 1974 förderte die Politik durch zahlreiche Subventionen des heimischen Steinkohlenbergbaus indirekt die wirtschaftliche Situation der ansässigen Kokereiindustrie, doch auch Investitionen in Personalqualifikation und Technologie wurden getätigt. Die ingenieurtechnische Vorreiterrolle deutscher Unternehmen im Kokereianlagenbau (Thyssen Uhde, s. O.) kann sicherlich als Ergebnis dieser Forschungs- und Entwicklungsarbeit gesehen werden [Wagener und Farrenkopf, 2003]. III.4. Zusammenfassung In den ersten Jahrzehnten der kokereitechnischen Entwicklung wurde vor allem der Bau von leistungsfähigeren Kammerofen, anstelle von Meilern, vorangetrieben [Gap, 2003]. Die Nebenprodukte bei der Kokserzeugung fanden nach und nach großen Absatz (z.B. als Stadtgas) und waren wichtige Ausgangsprodukte der organischen Chemie [Falk und Rohde, 2003]. Anfang des 20. Jahrhunderts definierte man Qualitätsnormen für Koks und untersuchte vor allem das Verhalten von Koks im Hochofen. Wesentliche Fortschritte der Aufbereitungstechnik ermöglichten dabei eine immer größere Rohstoffbasis [Falk und Rohde, 2003]. Daneben versuchte man stetig die Produktionskosten zu senken, so dass Arbeiten zunehmend automatisiert und von Maschinen übernommen wurden [Farrenkopf, 2003]. Erst zu Beginn der 1960er Jahre wurde verstärkt auf Umweltschutz geachtet. In den 1980er Jahren studierte man Zusammenhänge von Rohstoff, Verkokung und Endprodukt. Investitionen zur Minimierung der Umweltbelastung und zur Verbesserung des Arbeitsschutzes veränderten Anlagentechnik sowie Produktionsabläufe und führten zur modernen Kokerei [Wagener und Farrenkopf, 2003]. Die Kokswirtschaft ist ein komplexes Zusammenspiel aus wirtschaftlichen, technologischen und politischen Entwicklungen. Vor dem Hintergrund eines starken Wirtschaftswachstums steigert sich die Koksproduktion Chinas auffallend III-17 Entwicklungen der Kokereiindustrie Ben Laurich um 94 % während der letzten sieben Jahre, wobei, mit Ausnahme von Indien, alle übrigen Koksproduzierenden Länder einen Produktionsrückgang vorweisen [N.N., 2010a]. Auf Grund des starken wirtschaftlichen Aufschwungs Chinas kann von einer anhaltenden Koksnachfrage in der Zukunft ausgegangen werden. Es ist anzunehmen, dass sich weitere Schwellenländer einer solchen Entwicklung anschließen werden (z.B. Indien) [N.N., 2010b; Trinh et al., 2006]. III.5. Literaturverzeichnis Arendt, P., F. Strelow, und F. Huhn (2006), Efficient ways to optimise coking coal blends, Revue de Métallurgie, (3), 109–116. Chen, P. (1985), Prediction of the quality of coke by the use of volatile matter-caking index diagrams, Industrial & Engineering Chemistry Product Research and Development, 24(3), 452–456. Cox, N. 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III-20 LNG – Technologie IV. Ruth Moschet LNG – Technologie Ruth Moschet Das vorliegende Kapitel befasst sich mit Technologie und Handel von verflüssigtem Erdgas oder LNG (Liquefied Natural Gas), wobei insbesondere auf den Unterschied zum Pipelinetransport eingegangen wird. Nach einer kurzen Einführung in die Verflüssigungstechik werden die wichtigsten Verflüssigungsverfahren aufgeführt, gefolgt von einer Übersicht über aktuelle Standorte und Projekte. Es schließt sich eine vergleichende Betrachtung des Erdgastransports als LNG und über Pipelines an. Weitere Kapitel behandeln die ökonomischen Aspekte des globalen und des europäischen Erdgasmarkts sowie die Erdgasversorgung Deutschlands. IV-1 LNG – Technologie IV.1. Ruth Moschet Einleitung Erdgas ist ein in der Erde natürlich vorkommendes Gasgemisch, das sich in unterirdischen Lagerstätten sammelt (BGR, 2009, 71). Es besteht zum größten Teil aus den niedermolekularen Kohlenwasserstoffen Methan (88%), Ethan (5%), Propan (2%) und Butan (1%) (Tusiani, 2006, S.111). Den restlichen Anteil bilden Verunreinigungen wie vor allem Stickstoff (N2), Kohlenstoffdioxid (CO2), Schwefelwasserstoff (H2S) und Helium (He) (BGR, 2009, S. 71). In Abhängigkeit vom Schwefelwasserstoffgehalt wird Sauergas mit über 1 Vol.% H2S, Armgas mit unter 1 Vol.% H2S sowie Süßgas mit unter 2 Vol.% Kohlendioxid und H2S-frei unterschieden. In der Aufbereitung werden bei Süßgas Wasser und höher molekulare Kohlenstoffverbindungen abgetrennt, sowie bei Sauergas in einem aufwändigen Gaswaschverfahren die Schwefelverbindungen (BGR, 2009, S. 71). Nach dem Verhalten im Aufbereitungsverfahren werden weiterhin Nasses oder Reichgas, das überwiegend höherwertige Kohlenwasserstoffe als Methan enthält, die bei der Abkühlung als Flüssiggas, Kondensat oder Gasbenzin ausfällen, und Trockenes Erdgas, bei dem keine Kondensate ausfallen, unterschieden (BGR, 2009, S. 71). Der Transport von Erdgas erfolgt entweder in gasförmigen Zustand per Pipeline oder in verflüssigter Form als LNG vor allem in Spezialtankschiffen. Der Vorteil des LNG gegenüber dem gasförmigen Zustandes ist, dass sein Volumen nur 1/600 beträgt. Für die Verflüssigung wurden verschiedene technische Verfahren entwickelt, die alle auf dem Prinzip der Linde-Kältemaschine beruhen, die wiederum auf der technischen Ausnutzung des Joule-Thomson-Effekts basiert. Die Kapazitäten der einzelnen Verflüssigungsanlagen reichen von jährlich 4.000t für kleine Grundlasten bis zur Abdeckung von Spitzenlasten mit 10.000t pro Jahr (Linde, 2009). IV.2. Verflüssigungstechnik Für die Verflüssigung von Erdgas wurden im Laufe der Zeit verschiedene Verfahren entwickelt, die jedoch vom Grundsatz her ähnlich funktionieren, indem IV-2 LNG – Technologie Ruth Moschet sie die unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Bestandteile des Erdgases nutzen. Die eigentliche Verflüssigung funktioniert nach dem Prinzip der Linde-Kühlmaschine, die auf Ausnutzung des Joule-Thomson-Effekts beruht wie in Abbildung 1 dargestellt. Gase kondensieren bei Abkühlung in einen Temperaturbereich unterhalb des Siedepunktes, der wiederum von Druck abhängt. Die technische Umsetzung dieses Vorgangs basiert auf der Wirkung intermolekularer Kräfte unter Ausnutzung des Joule-Thomson-Effekts. Grundsätzlich gilt, dass die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der einzelnen Gasmoleküle proportional zur Quadratwurzel der Temperatur ist – Wärme stellt folglich die nicht-gerichtete, zufällige Bewegung von Teilchen dar. Eine Verringerung der nicht-gerichteten Geschwindigkeit hat daher eine Abnahme der Temperatur zur Folge. Wird die Molekülgeschwindigkeit so weit erniedrigt, dass sich die einzelnen Gasteilchen aufgrund der anziehenden Wechselwirkung nicht mehr von einander lösen können, verflüssigt sich das Gas (nach Atkins, 2001, S. 54). Moleküle haben grundsätzlich das Bestreben, sich gleichmäßig im Raum zu verteilen. Bei der Expansion eines Gases nehmen sowohl das Volumen als auch der Abstand der einzelnen Moleküle zueinander zu. Dabei nimmt die Temperatur des Gases ab, wenn verhindert wird, dass diesem Vorgang Energie von außen zugeführt wird. Eine Betrachtung auf molekularer Ebene ergibt folgenden Vorgang: Wird Gas ein größeres Volumen zur Verfügung gestellt, müssen sich die einzelnen Moleküle voneinander lösen, um das gesamte Volumen ausfüllen zu können. Dabei nimmt die Geschwindigkeit der einzelnen Moleküle ab, da kinetische in potentielle Energie umgewandelt werden muss. Aufgrund der Abnahme der mittleren Geschwindigkeit der einzelnen Moleküle ist das Gas nun kälter als vor der Expansion. Dies wird als Joule-ThomsonEffekt bezeichnet (nach Atkins, 2001, S. 54f). In der Technik wird für diesen Vorgang ein Drosselventil verwendet, durch das das Gas hindurch strömt und dabei aufgrund des Druckunterschiedes – vor der Drossel herrscht ein höherer Druck – expandiert und sich abkühlt (nach Atkins, 2001, S. 54 - 55). Dieses grundsätzliche Prinzip wurde technischen in der Linde-Kühlmaschine umgesetzt. In der Linde-Kühlmaschine erfolgt die Abkühlung und damit einhergehende Verflüssigung des Gases in mehreren Expansions- und KomIV-3 LNG – Technologie Ruth Moschet pressionsschritten ab. Nach der Entspannung des zu kühlenden Gases über ein Drosselventil wird es im Kühlkreislauf wieder isotherm komprimiert, bevor es erneut über dem Drosselventil entspannt werden kann. Vor dem Durchtritt der Drossel fliest das Gas noch im Gegenstrom zur Vorkühlung am gerade entspannten Gas vorbei. Da bei jedem Durchlauf das Gas weiter abkühlt, fällt es nac h mehren Durchgängen flüssig aus dem Prozesskreislauf aus. (Atkins, 2001, S.54 – 55). Abbildung 1: Prinzip der Linde-Kältemaschine unter Ausnutzung des JouleThomson-Effekts (pci.tu-bs.de). Die häufigsten Verfahren werden im Folgenden vorgestellt. Abbildung 2 gibt einen groben Überblick über den Verflüssigungsprozess. IV-4 LNG – Technologie Ruth Moschet Abbildung 2 : Überblick über den Verflüssigungsablauf (Tusiani, 2006, S. 109) IV.2.1. Reinigung und Vorbehandlung des Erdgases Vor dem eigentlichen Verflüssigungsprozess erfolgt eine Vorbehandlung des Erdgases, in der Verunreinigungen wie H2S, CO2 und N2 entfernt werden (Tusiani, 2006, S. 111). Die eigentliche Vorbehandlung beginnt mit der Entfernung aller noch im einströmenden Gasstrom (Feedgas) vorhandenen Kohlenwasserstoffkondensate. Diese werden entweder als Treibstoff in der Anlage verwendet oder separat verkauft. Als nächstes erfolgt die Entfernung der Sauergase (Acid Gas Removal). Dafür wird zuerst der CO2-Gehalt unter 50ppm gesenkt und anschließend der Schwefelwasserstoffgehalt auf unter 3ppm. Nach der Entschwefelung ist das Gas mit Wasserdampf gesättigt. Dieser muss wieder entfernt werden, damit das Wasser durch die absinkende Temperatur im späteren Hauptverflüssigungsprozess nicht zu Eis gefriert. Die Entfernung erfolgt dabei in zwei Stufen. Zuerst wird der Gas mit Luft oder Wasser und einem vorgekühlten Kältemittel bis zur Kondensation abgekühlt, so dass möglichst viel Wasser aus dem Gasstrom ausfällt. Anschließend wird der Gasstrom zur Entfernung des noch verbliebenen Wassers durch eine feine Membran, an dessen Gitter der größte Teil des Wassers hängen bleibt und anschließend der Wasserdampfgehalt unter 0,1ppm beträgt. Falls das Gas – wenn auch nur in geringsten Mengen – Quecksilber enthält, muss dieses entfernt werden, da es ansonsten im weiteren Verfahrensverlauf mit dem Aluminium des Wärmetauschers reagieren und Korrosion verursaIV-5 LNG – Technologie Ruth Moschet chen würde. Die Entfernung erfolgt mit Hilfe eines schwefelbehandelten Kohlenstoffbetts, in dem Quecksilber zu Quecksilbersulfid reagiert. Der letzte Vorbehandlungsschritt umfasst die Entfernung aller eventuell vorhandenen schwereren und längerkettigen Kohlenwasserstoffe ab Pentan aufwärts sowie aromatischer Verbindungen, um zu verhindern, dass diese später im Hauptwärmetauscher gefrieren. Zur Entfernung werden die schwereren Kohlenwasserstoffe mit Hilfe eines vorgekühlten Kältemittels kondensiert und anschließend in ein Fraktionierungssystem eingespeist. Das Fraktionierungssystem besteht aus einer Reihe von Destillationskolonen, so dass nacheinander in der jeweiligen Kolone die entsprechende Flüssigkeit aus dem Gesamtmix ausfällt. Die so gewonnenen leichteren Kohlenwasserstoffe wie Ethan, Propan und Butan werden entweder zur Kühlung wieder in den Gasstrom eingespeist, wobei die zulässigen Grenzwerte beachtet werden müssen, zum Betrieb der Anlagen genutzt oder als separate Produkte verkauft (Tusiani, 2006, S. 111-112). IV.2.2. Verflüssigungsprozesse Für den eigentlichen Verflüssigungsprozess gibt es heute verschiedene Möglichkeiten, die sich in die folgenden Hauptarten unterteilen. IV.2.2.1. Der Pure Refrigerant Cascade Process Der Pure Refrigerant Cascade Process besteht aus drei hintereinanderliegenden, separaten Kreisläufen, die das Gas durch stufenweise Abkühlung verflüssigen. Jeder dieser Kreisläufe setzt sich aus Kompressor, Kondensator, Ausdehnungsventil sowie Verdampfer zusammen (s. Abbildung 3). IV-6 LNG – Technologie Ruth Moschet Abbildung 3: Technischer Aufbau des Pure Refrigerant Cascade Process (Tusiani, 2006, S. 114). Der Pure Refrigerant Cascade Process beginnt mit dem Propane Refrigeration Cycle, in dem das vorbehandelte Gas unter Hochdruck auf circa -30°C abgekühlt wird, so dass Propan kondensiert. Das kondensierte Propan wird anschließend wieder expandiert bis es wieder vollständig zu kaltem Gas verdampft ist. Dabei wird es als Kältemittel für Methan und Ethylen genutzt, das in den folgenden Abkühlungskreisläufen gebraucht wird. Das gasförmige gewordene Propan wird anschließend wieder auf seinen hohen Anfangsdruck gebracht, um den Kältekreislauf zu schließen (Tusiani, 2006, S. 114). Danach folgen der Ethylene Refrigerant Cycle und der Methane Refrigeration Cycle, in denen bei geringeren Temperaturen, aber nach dem gleichen Ablauf Ethan und Methan separiert werden. Im Ethylene Refrigerant Cycle wird das Gas auf Temperaturen von -100 °C abgekühlt, wobei glaichzeitg das Methan Kältemittel für den dritten Kreislauf kondensiert. Zuletzt wird im Methane Refrigeration Cycle das Gas durch Ent- IV-7 LNG – Technologie Ruth Moschet spannung und damit einhergehenden Temperaturabfall auf den Siedepunkt des Methans von -163°C abgekühlt (Tusiani, 2006, S. 115). Die Vorteile des Pure Refrigerant Cascade Process liegen in seiner Einfachheit und seinen geringen Kapitalkosten, nachteilig ist jedoch der geringe thermodynamische Wirkungsgrad (Tusiani, 2006, S. 115). IV.2.2.2. Propane Precooled Mixed Refrigerant (C3-MR) Cycle Ein weiterer weit verbreiteter Verflüssigungsprozess ist der sogenannte Propane Precooled Mixed Refrigerant (C3-MR) Cycle, der weltweit in über 80% der Verfahrensprozesse angewendet wird. Der C3-MR Prozess benutzt ein Kühlmittelgemisch, das sich überwiegend aus Stickstoff, Methan, Ethan, Propan, Butan und Pentan zusammensetzt, um das Gas über ein breites Temperaturspektrum zu kondensieren und anschließend wieder zu verdampfen (s. Abbildung 4). In diesem Prozess wird zuerst trocken vorbehandeltes Erdgas mit Propankältemittel auf circa -30°C abgekühlt. Bei dieser Vorkühlung kondensieren alle sich noch im Gas befindlichen schweren Kohlenwasserstoffverbindungen sowie LPG aus. Die flüssigen Verbindungen werden im weiteren Verfahrensprozess weiter in kurzkettige Verbindungen aufgespalten und entweder dem Gasstrom als Kühlungsmittel zugeführt oder als separate Produkte verkauft. Danach passiert das auf -30°C abgekühlte Gas den Hauptwärmetauscher (main cryogenic heat exchanger (MCHE)) und wird dabei auf -161°C abgekühlt. Der MCHE besteht im Inneren aus tausenden, kleinen spiralförmig gewundene Röhren, um die Strecke, die das Gas durchläuft, zu verlängern. Die Vorteile des C3-MR Prozess sind seine erprobte Technologie und sein hoher Wirkungsgrad, nachteilig ist seine begrenzte Flexibilität bei der Verwendung der Kühlungsmenge und –mittel (Tusiani, 2006, S. 115 - 117). IV-8 LNG – Technologie Ruth Moschet Abbildung 4: Technischer Aufbau des “Propane Precooled Mixed Refrigerant (C3-MR) cycle; LP = Low Pressure, MP = medium pressure, HP = High pressure (Tusiani, 2006, S. 115). IV.2.2.3. APCI AP-X Process: Der APCI AP-X Prozess ist eine Variante des C3-MR Prozess, der die Kapazität des Verflüssigungsprozesse von 5 auf 8 Millionen Tonnen pro Jahr gesteigert hat. Er wurde im Jahre 2001 in den Markt eingeführt. Die Neuerung in diesem Prozess besteht im Hinzufügen eines dritten Stickstoffexpander (N2)- Kreislauf am Ende des C3-MR Prozesses (s. Abbildung 5). Dieser N2-Kreislauf kühlt das flüssige Gas weiter ab, wobei die Abkühlungsauslastung der ersten beiden Kreisläufen reduziert und die Kapazität der gesamten Anlage vergrößert wird (Tusiani, 2006, S. 117). IV-9 LNG – Technologie Ruth Moschet Abbildung 5: Aufbau des APCI AP-X Process (Tusiani, 2006, S. 118). IV.2.2.4. Weitere gemischte Abkühlungsprozesse Effizienz und Beständigkeit des C3-MC Prozesses haben zur Entwicklung weiterer gemischter Abkühlungsprozesse geführt. Diese Varianten zielen auf eine Steigerung der Prozesseffizienz durch z.B. andere Kühlmittel und eine andere Prozesskühlung ab. Daneben werden geringere Anlagenkosten und teilweise geringere Anlagenemissionen angestrebt. Der Statoil Linde mixed fluid cascade process (MFC) (s. Abbildung 6) verflüssigt Erdgas durch drei gemischte Abkühlungsprozesse. Der erste Abkühlungskreislauf benutzt eine Methan-Ethan-Abkühlung in einem Rippenplattenwärmetauscher, während der zweite und dritte Kreislauf in einem spiralförmig gewunden Aluminiumwärmetauscher stattfinden (Tusiani, 2006, S. 119). IV-10 LNG – Technologie Ruth Moschet Abbildung 6: Statoil - Linde mixed-fluid cascade (MFC) process (Tusiani, 2006, S. 120). IV.2.2.5. Nitrogen expander- based process Außer dem APCI AP-X Prozess gibt es noch einige weitere Prozesse verschiedener Hersteller, die auf der Verwendung stickstoffhaltiger Kältemittel beruhen. Trotz der fehlenden skalierbarkeit der Anlagen eigen sie sich druch den simplen und robusten Aufbau für offshore-baseload Anlagen oder Peakeranwendungen In diesem Prozess kommt unter Hochdruck stehenden Stickstoffdampf aus einem Stickstoffkompressor und durchläuft anschließend zur weiteren Abkühlung eine Reihe von Expandern und Wärmetauschern, um anschließend das Gas auf die gewünschten Temperatur- und Druckverhältnisse zu kühlen zu können. Nach Abkühlung und Verflüssigung durchfließt das Gas unter geringem Druck stehenden Stickstoff, wobei es teilweise komprimiert wird. Um den Strombedarf zu senken, wird das ausgedehnte Stickstoffgas anschließend wieder in die Zirkulation eingespeist (Tusiani, 2006, S. 120). IV-11 LNG – Technologie IV.3. Ruth Moschet Aktuelle Standorte und Projekte Im Folgenden werden drei aktuelle Projekte, an denen mit den von der Firma Linde entwickelten Prozessen Erdgasverflüssigung durchführt wird, vorgestellt. Dabei handelt es sich um die beiden kleineren Anlagen Kollnes im norwegischen Bergen und Shan Shan im chinesischen Xian Jiang, sowie die große Snøhvit LNG-Anlage im norwegischen Hammerfest. Die kleineren Anlagen produzieren für den regionalen und lokalen Energiebedarf, während die Snøhvit Anlage zur Verflüssigung großer Gasmengen zum Export mit Tankschiffen dient. Die Kollnes Anlage wurde im Jahre 2003 von der Firma Naturgass Vest mit einer Kapazität von 120 Tonnen LNG pro Tag in Betrieb genommen. Sie verwendet den Basic Single Flow Prozess. Das Nutzkonzept der Anlage besteht v.a. in der Verwendung des LNGs als Treibstoff für Fährboote entlang der norwegischen Küste, dessen Rückstände im Gegensatz zum zuvor verwendeten Diesel partikelfrei sowie CO2 und NO2 ärmer sind. Außerdem laufen die Schiffsmotoren deutlich ruhiger, was zum erhöhten Komfort der Fährgäste beträgt. Die Shan Shan Anlage wurde im Jahre 2004 vom Unternehmen Xin Jiang Guanghui Industry and Commerce Group Co. Ltd. mit einer Kapazität von 1.300 Tonnen LNG pro Tag in Betrieb genommen. Sie verwendet den Advanced Single Flow Prozess und zeichnet sich durch hohe Flexibilität und Robustheit aus. Das LNG wird von der Anlage aus mit LKWs verteilt, wobei die Kunden teilweise mehr als 4.000km entfernt sind. Hierdurch entsteht zum einen ein neuer regionaler Gasmarkt, zum anderen hilft die Anlage aber vor allem, den schlecht versorgten chinesischen Energiemarkt zu entlasten. Die in Europa größte und am nördlichsten gelegene LNG Anlage ist die Snøhvit LNG Anlage von Statoil im norwegischen Hammerfest. Sie wurde im Jahre 2007 mit einer Kapazität von 4.3 Millionen Tonnen LNG pro Jahr in Betrieb genommen und ist die erste Anlage, die den MFCP (Mixed Fluid Cascade Prozess) verwendet. Neben dem verwendeten MFCP, der außer der sehr niedrigen Wassertemperatur ursächlich für den geringen Stromverbrauch der Anlage ist, wurden ebenso bei dem Bau der einzelnen Teilaggregate und bei der Montage der An- IV-12 LNG – Technologie Ruth Moschet lage neue Wege gegangen, da die einzelnen Anlagenmodule an verschiedenen Werftstandorten vormontiert und erst am Standort final montiert wurden.(Linde, 2009). IV.4. Vergleich des Erdgastransports als LNG und über Pipeline Da Förder- und Verbrauchsregionen von Erdgas zumeist nicht identisch sind, muss das Erdgas nach seiner Förderung zur Verbrauchsregion transportiert werden. Der Transport erfolgt entweder gasförmig durch Pipelines oder in verflüssigter Form auf dem Seeweg in Spezialtankschiffen. Pipelines sind mehrere hundert Kilometer lange Röhren. Zur Reduzierung des Gasvolumens und zur Erzielung einer höheren Leitungseffizienz wird in den Röhren durchschnittlich ein Druck bis 84 bar erzeugt (BGR, 2009, S. 71), der jedoch auch deutlich höher liegen kann z. B. beträgt er in der Nord-Stream-Pipeline bis 220 bar (nord-stream.de). Die strömungsbedingten Druckverluste werden durch Verdichterstationen in Abständen von 100 - 400 km ausgeglichen. Der Transport des LNGs erfolgt hauptsächlich im drucklosen Zustand auf Spezialtankschiffen über große Entfernung auf dem Meer (BGR, 2009, S.71). Neben den Transportschiffen sind noch die oben beschriebene Verflüssigungsanlage, Verlade- und Anlandeterminals inklusive Anlagen zum Verdampfen des Erdgases, um es anschließend wieder in das Pipelinenetz einzuspeisen, notwendig. Diese Stationen – also Verflüssigung, Transport und Wiedervergasung – bilden zusammen die so genannte LNG-Kette, auf der der LNG-Transport beruht (BGR, 2009, S. 72). Für die Wiedereinspeisung des LNGs in das Pipelinenetz bestehen bestimmte technische Anforderungen, damit Transport, Lagerung oder Verkauf ohne zusätzliche Kosten möglich sind. Die im Folgenden beschriebenen Daten gelten für das LNG-Terminal in Zeebrügge. Das LNG sollte einen Wasserdampfdruck unter 1,16mbar aufweisen und keine Flüssigkeitsbestandteilen wie Aromaten, Benzol, Kohlenstoffdioxid, Methanol etc. enthalten, deren Konzentration über 50% der Löslichkeitsgrenze der jeweiligen Flüssigkeit liegt. Die Löslichkeitsgrenze hängt wiederum von der jeweiligen Flüssigkeit bei Druck- und Temperaturverhältnissen zwischen 0-100 bar und -16° C bis +50° C ab (fluxys.com). IV-13 LNG – Technologie Ruth Moschet Neben den Aggregatzuständen des Gases und den verschiedenen Entfernungen unterscheiden sich die beiden Transportarten auch in ihrer Kosteneffizienz. Aufgrund des geringeren Energiegehalts des Erdgases liegen dessen volumenbezogenen Transportkosten grundsätzlich höher als bei Erdöl und Kohle (vgl. Tabelle 1). Menge ~ t SKE ~ m3 Erdgas Heizwert [kJ] Erdöl 1t 1,428 1101 41, 8 * 106 Erdgas 1.000 Nm3 1,297 0,753 t LNG 38 * 106 LNG 1t 1,52 / 44,4 * 106 Steinkohle 1 t SKE / 770, 7 m3 Erd- 29,3 * 106 gas Tabelle 1: Heizwert der Primärenergierohstoffe (erstellt nach BGR, 2009, S.283). Nm3 = Normkubikmeter = Gasmenge in 1 m3 bei 0°C und 1013 mbar SKE = Steinkohleeinheit Abbildung 7 stellt die Transportkosten von Pipelinetransport und LNG in Abhängigkeit von Distanz und Kapazität gegenüber. Die Transportkosten werden dabei in MMBTU (Million British Thermal Unit) angegeben. 1 MMBTU entspricht ca. 28 m3 oder 0,032 SKE (BGR, 2009, S. 92 und umgerechnet nach BGR, 2009, S.275). Die Indifferenz-Linie zeigt die Punkte, an denen die Kosten für LNG und Pipelinetransport identisch sind. Beim Pipelinetransport hängen die Kosten hauptsächlich von der Pipelinekapazität ab. Bei einer Kapazitätserhöhung um das Vierfache von 5 auf 20 Mrd. m3 reduzieren sich die Transportkosten um die Hälfte. Bei einer durchschnittlichen Pipeline von 1,4 m Durchmesser, 84 bar Betriebsdruck, einer Entfernung von 4700 km und einer jährlichen Transportkapazität von 26 Mrd. m3 ergeben sich Transportkosten von 56,25 € pro 1.000 m3 (BGR, 2009, S. 83). Die Investitionskosten einer solchen Pipeline liegen bei 7,7 Mrd. €. Weitere Kosten entstehen durch Leckageverluste, die auf etwa 1% des Fördervolumens geschätzt werden. Bei offshore verlaufenden Pipelines erhöhen sich die Transportkosten um ca. 50%. IV-14 LNG – Technologie Ruth Moschet Abbildung 7: Transportkosten für Erdgas per Pipeline und als LNG in Abhängigkeit von Kapazität und Distanz (BGR, 2009, S. 84). Aufgrund des LNG-Transports per Spezialtankerschiffs und damit einhergehenden Bindung an Seehäfen kommen als Verbraucherregionen nur küstennahe oder im Meer liegende (offshore) Gebiete in Frage. Die Investitionskosten für eine LNG-Kette liegen zwischen 3-10 Mrd. $ (BGR, 2009, S. 84). Die spezifischen Transportkosten liegen bei LNG erst ab einer Entfernung von 3.000 km unter denen des Pipelinetransports. Ursächlich dafür sind die erheblichen Energiekosten für den Verflüssigungsprozess sowie die Energiekosten für den Betrieb der Schiffe. So beträgt beispielsweise der spezifische Energieverbrauch auf einer Strecke von Katar in die USA 15% der transportierten Gesamtmenge. Auf der anderen Seite fallen beim Pipelinetransport durch die notwendige Kompression des Gases ebenfalls mit der Streckenlänge korrelierende Transportkosten an. Ein großer Vorteil des LNG-Transports gegenüber dem Pipelinetransport durch das starre Pipelinenetz ist sein höheres Maß an Flexibilität. Soweit keine vertraglichen Handelsklauseln dem entgegenstehen, können LNGTankschiffe weltweit beliebig zwischen Verlade- und Anlandeterminals verkehren. Diese Flexibilität hat zur Herausbildung eines Spotmarktes für Erdgas geführt, welcher eine stärkere Dynamik des Erdgashandels zur Folge hat (BGR, 2009, IV-15 LNG – Technologie Ruth Moschet S. 84). Auf einem Spotmarkt, werden Kassageschäfte gehandelt, die sich dadurch kennzeichnen, dass die Vertragserfüllung relativ kurz nach dem Handel stattfindet. Das Gegenteil ist der Terminmarkt, bei dem sowohl Zahlung als auch Lieferung zu einem festen Zeitpunkt in der Zukunft stattfinden und welcher im pipelinebasierten Erdgasmarkt bisher üblich ist. Die Preise auf des Spotmarktes spiegeln den aktuellen Bedarf, also Überangebot oder Mangel, wider und unterliegen folglich starken, kurzfristigen Schwankungen (wisosoftware.de) Dieser Erdgas-Spotmarkt zerfällt jedoch regional in zwei kleinere, fast voneinander unabhängige Märkte, einen im atlantischen und einen im pazifischen Raum. (s. Kapitel IV.5) Für die zukünftige Entwicklung des Erdgasmarktes wird eine immer stärkere Zunahme des LNG-Transports angenommen. In den nächsten fünf Jahren wird mit einer Verdopplung sowohl bei der Verflüssigungskapazität als auch beim Ausbau der dazugehörigen Verflüssigungs- und Anlandeterminals gerechnet. Im Jahre 2030 soll der LNG-Anteil am gesamten Erdgasmarkt über 50% betragen. Die dafür notwendigen Investitionen werden auf insgesamt ca. 100 Mrd. US$ geschätzt. Von diesen Investitionen entfallen 32 Mrd. US$ auf neue LNG-Tanker und 31 Mrd. US$ auf den Bau neuer Regasifizierungsanlagen. Zur Kostensenkung werden sowohl Tankschiffe als auch Anlagen immer größer (BGR, 2009, S.85). Zu Beginn der LNG-Schifffahrt in den 1960er Jahren betrug die Transportkapazität eines Tankers 20.000m3, im Jahre 2004 lag sie bei 135.000m3, für zukünftige Tanker wird ein Volumen bis zu 200.000m3 prognostiziert (Seeliger, 2004). Die technischen Innovationen haben zu einer Verringerung der Kosten pro Tonne LNG von 700 US $ Mitte der 1990-er Jahre auf etwa 450 US $ im Jahre 2010 geführt (Mandill, 2004), wobei jedoch das Kostenverhältnis von Verflüssigung, Verschiffung und Verdampfung zueinander ungefähr gleich bleibt. Ungefähr die Hälfte der Kosten werden auch zukünftig auf den Verflüssigungsprozess entfallen, ungefähr ein Drittel auf die Verschiffung und ein Viertel bis Fünftel auf die anschließende Verdampfung zur Einspeisung in das Pipelinenetz (s. Tabelle 2 und Abbildung 8) (Seeliger, 2004; Mandill, 2004). IV-16 Kostenanteil in Prozent 1990 2002 2030 Verflüssigung 52 50 48 Verschiffung 32 30 26 LNG – Technologie Verdampfung Ruth Moschet 16 20 26 Tabelle 2: Kostenstruktur einer typischen LNG-Kette (nach Seeliger, 2004). Abbildung 8: Kostenentwicklung eines LNG-Projektes (Mandill, 2004). Außer technischen Entwicklungen ist auch mit dem Hinzukommen neuer Anbieter- und Abnehmerländer auf dem LNG-Markt als weitere Dynamikfaktoren zu rechnen. Mögliche neue Anbieterländer sind Russland, Iran, Norwegen, Angola, Cote d’Ivoire, Jemen und Peru, mögliche neue Abnehmerländer Pakistan, Chile, Brasilien, Jamaika sowie in Europa Kroatien, Polen, Deutschland und Israel. Weiterhin ist mit einer steigenden Nachfrage bei den bisherigen Abnehmern insbesondere China, Indien, USA und Großbritannien zu rechnen. Weltweit wird der Ausbau des LNG-Transportes zu einer Diversifizierung des Marktes führen. Die Erdgasversorgung Kontinentaleuropas wird jedoch weiterhin vorwiegend durch Pipelines aus Russland, Norwegen, Nordafrika und möglicherweise dem Iran erfolgen (BGR, 2009, S. 85). Der direkte Transportkostenvergleich zwischen Pipeline und LNG gestaltet sich als schwierig. Die Investitionskosten für die Einrichtung einer gesamten LNG-Kette übersteigen die Investitionskosten für einen Pipelinebau, wobei die Pipelinebaukosten wiederum sehr von Kapazität und Dimension der Pipeline abhängen. Die Transportkosten von LNG unterschreiten die des Pipelinetransportes bei ein einer jährlichen Transportmenge von 5 Mrd. m3 ab einer Entfernung von 3.000 km. Mit zunehmender Entfernung sinken die LNGTransportkosten im Vergleich zum Pipelinetransport immer weiter. Je größer die Entfernung desto mehr rentiert sich also der LNG-Transport. Als weiterer IV-17 LNG – Technologie Ruth Moschet Vorteil ist die große Flexibilität des LNG-Transports gegenüber des starren Pipelinenetzes zu berücksichtigen. IV.5. Erdgasmarkt IV.5.1. Weltweiter Erdgasmarkt Aufgrund der nach wie vor bestehenden Pipelinedominanz gibt es für Erdgas keinen Weltmarkt wie für Erdöl, sondern der Welterdgasmarkt zerfällt in einen Mark für den atlantischen und einen für den pazifischen Raum. Der atlantische Markt zerfällt wiederum in drei von einander fast voneinander unabhängige Märkte – den nordamerikanischen, den südamerikanischen und den europäischen Markt –, so dass weltweit vier weitgehend voneinander unabhängige Erdgasmärkte bestehen (s. Abbildung 9). Abbildung 9: Weltweiter Erdgasmarkt: Vier regionale Märkte und der Export in Mrd. m3 (BGR, 2009, S. 87). Diese Aufteilung ist darauf zurückzuführen, dass die drei Märkte des atlantischen Raums jeweils an ihr eigenes Pipelinesystem gebunden sind, und allein der asiatisch-pazifische Markt als einziger LNG dominiert ist, da das verflüssigte Erdgas über weite Strecken mit Tankern transportiert werden muss (BGR, 2009, S. 87). Ursächlich für diesen heutigen Zustand des Erdgasmarktes ist seine historische Entwicklung. In den 1980-er und frühen 1990-er Jahren verfügten die Märkte im atlantischen Raum über ein sicheres und gut ausgebautes PipeliIV-18 LNG – Technologie Ruth Moschet nesystem, das die Erdgasversorgung mit heimischen Erdgas sicher stellte und dabei gleichzeitig den Wettbewerbseintritt des LNG erschwerte, so dass der LNG Markt nur sehr langsam wuchs. Die Importeure im asiatischpazifischen Raum (Japan, Südkorea und Taiwan) hatten hingegen weder die Möglichkeit zur Anbindung an ein Pipelinenetz noch verfügten sie über heimische Vorräte und Förderung, so dass der LNG Transport in den 1980-er und frühen 1990-er Jahren sehr schnell wuchs, als die Staaten nach Alternativen für Erdöl suchten. Dabei überwog der Aspekt der Versorgungssicherheit teilweise dem des Preises (EIA, 2003, S. 34). Zwischen diesen Märkten nehmen der Nahe Osten und die GUS Staaten eine Sonderstellung ein, da sie sowohl den europäischen als auch den asiatischen Markt beliefern (BGR, 2009, S. 87). Außer der unterschiedlichen Versorgungsart unterscheiden sich die Märkte auch in ihrer Preisbildung. Im nordamerikanischen Markt richtet sich der LNGPreis entweder nach bestimmten Preisen in langjährigen Verträgen oder bei kurzfristigen Verträgen nach dem Henry-Hub (EIA, 2003, S. 36). Der HenryHub ist der Bezugspunkt für Termingeschäfte des Erdgashandels in den USA an der New York Mercantile Exchange. Er bezieht sich auf die ankommende Erdgasmenge des Henry-Hubs, eines Pipelineknotens in Erath, Lousiana, in der neun zwischenstaatliche und vier innerstaatliche Pipelines miteinander verbunden sind (wikipedia s.v. Henry Hub point). In Europa ist der LNG-Preis hingegen an den Preis konkurrierende Brennstoffe v.a. an den des Erdöls gebunden, und soll wohl zukünftig mehr an den Erdgaspreis gekoppelt werden. Im asiatischen Raum ist der LNG-Preis an den Importpreis für Rohöl gebunden, der in Asien typischerweise einen Grundpreisindex für Rohöl, einen konstanten und möglicherweise noch einen Vergleichsindex enthält. Das führt dazu, dass die Preise in Asien weltweit am höchsten sind (EIA, 2003, S. 36). Die Unterteilung in mehrere Märkte hat zur Herausbildung einiger Marktstrukturen für den LNG-Markt geführt. Neben der historischen Entwicklung und der unterschiedlichen Preisbildung zwischen dem atlantischen und pazifischen Markt spielen wachsende Flexibilität, sinkende Kosten in der Wertekette sowie das Hinzukommen neuer Handelspartner eine wichtige Rolle. Für die Importländer im pazifischen Raum ist die Erdgasversorgung mit LNG nach wie vor essentiell, da sie über keinerlei Pipelineanbindung oder eigene Vorräte IV-19 LNG – Technologie Ruth Moschet verfügen. Im Gegensatz dazu spielt im atlantischen Raum LNG nur eine untergeordnete Rolle, da die Erdgasversorgung der Importstaaten langfristig durch Pipelinelieferung und eigene Produktion gesichert ist. Die wachsende Flexibilität im Schiffsverkehr hat Preise und Transportvolumen unabhängig von langfristigen Verträgen gemacht und stattdessen die Abschlüsse kurzfristiger Verträge eingeführt. Da der LNG-Preis jedoch immer noch an andere Preise wie v.a. den des Rohöls gekoppelt ist, schlagen sich die gesunkenen Produktionskosten nicht einmal langfristig im LNG-Preis nieder. Aufgrund dieser Entwicklungen sind An- und Verkäufer ebenfalls zu neuen Rollen gezwungen. Traditionelle Käufer müssen auch in den upstream-Zweig und den Bau neuer Verflüssigungsanlagen investieren, während traditionelle Verkäufer wie z.B. Shell, BP Kapazitäten an technischen Anlagen verringert haben und stattdessen mehr in den Handel eingestiegen sind. Außerdem beleben neue Importstaaten wie Puerto Rico und die Dominikanische Republik den Markt (EIA, 2003, S. 32). Der LNG-Preis wird weltweit in US-Dollar pro Millionen British terminal unit Btu (MMBtu) angegeben. Die Preise werden entweder frei an Bord (f.o.b. = free on board) oder Lieferung ab Schiff (d.e.s. = delivered ex ship) berechnet. Zur besseren Vergleichbarkeit und Ausnutzung von Preisunterschieden kommt in den USA, Großbritannien und Belgien die Benutzung gemeinsamer Bezugspunkte von LNG und Pipelinegas auf. Eine weitere Änderungsursache liegt im schnellen Wachstum des arabischen LNG Markts. Obwohl die LNG-Produktionsmenge im arabischen Raum im Vergleich zur Gesamtproduktionsmenge noch sehr gering ist, gibt es erste Bestrebungen seitens des arabischen Exporteure in den atlantischen Markt vorzustoßen. Dies ist möglicherweise ursächlich für die Annäherung der Preise des atlantischen und pazifischen Raumes. (EIA, 2003, S. 35). IV.5.2. Export Im Jahre 2007 waren die Hauptexportländer für Erdgas Russland (205 Mrd. m3), Kanada (107 Mrd. m3), Norwegen (86 Mrd. m3), Algerien (59 Mrd. m3) und die Niederlande (50 Mrd. m3). Insgesamt standen die zehn Hauptexporteure für über 75% der weltweiten Erdgasexporte. Von der gesamten Erdgas- IV-20 LNG – Technologie Ruth Moschet fördermenge wurden nur 30% (920 Mrd. m3) grenzüberschreitende gehandelt, wobei der Transithandel nicht eingeschlossen ist. Von der exportierten Erdgasmenge entfiel circa ein Viertel auf den Export in Form von LNG. Am LNG-Handel waren hierbei nur 15 Staaten beteiligt, wovon Katar (38 Mrd. m3), Malaysia (30 Mrd. m3), Indonesien (27 Mrd. m3), Algerien (25 Mrd. m3) und Nigeria (21 Mrd. m3) die größten Handelsanteile besaßen. Von dem Export wurden 40% innerhalb des asiatischen Raums gehandelt, 27% kamen aus Afrika und 53% aus OPEC-Staaten, womit die OPEC im LNG-Markt eine ähnlich führende Stellung wie im Erdölmarkt einnimmt (56%). Die Zunahme des LNG-Handels wird auch zu einer Zunahme des Handels über Spotmärkte führen, was langfristig eine Entkopplung des Erdgaspreises vom Erdölpreis bedeuten würde (BGR, 2009, S. 87). IV.5.3. Import Die größten Erdgasimportländer waren im Jahre 2007 USA, Japan, Deutschland, Italien und die Ukraine. Mit einem Gesamtimportvolumen von über 50 Mrd. m3 machten sie 46,9% des globalen Erdgasimports aus. LNG importierten 2007 17 Länder, wobei dessen Anteil 39% des Gesamtanteils am Erdgasimport betrug. Wie beim Export ist dabei der asiatische Markt mit einem Anteil von 65% des gesamten LNG-Imports führend, dann folgt Europa mit 24% (BGR, 2009, S. 88). IV.5.4. Der Europäische Erdgasmarkt Der europäische Erdgasmarkt ist nach wie vor pipelinedominiert (s. Abbildung 10). Der Großteil der Lieferungen stammt aus Russland, im weitaus geringeren Maße folgen Lieferungen aus der Kaspischen Region, der Nordsee und Nordafrika. Diese Pipelinedominanz erfordert ein riesiges Fernleitungs- und Verteilungsnetz, das sich innerhalb Europas auf über 1,5 Mio. km addiert. Zur Sicherung des steigenden Erdgasbedarfes sind weitere Pipelines in Planung bzw. im Bau. Für Lieferungen aus Russland die Nord-Stream-Pipeline durch die Ostsee und die South-Stream-Pipeline durch das Schwarze Meer und den Balkan, für Lieferungen aus Iran und Zentralasien die Nabucco- und Trans-Adria- IV-21 LNG – Technologie Ruth Moschet Pipeline sowie für Lieferungen aus Nordafrika die Medgas- und Gasil-Projekte in Algerien und die Green-Stream Pipeline aus Libyen. Das gut ausgebaute Pipelinenetz Europas gewährleistet auch auf langfristige Sicht eine sichere Versorgung Europas mit Erdgas, da der LNG-Transport auf lange Zeit nach Prognosen der BGR eine untergeordnete Rolle spielen wird. Märkten mit einem geringeren Pipelinenetz wie v.a. dem nordamerikanischen Markt drohen langfristig Versorgungsschwierigkeiten. Am LNG-Handel sind in Europa insgesamt nur acht Länder beteiligt. Alle anderen Länder werden ausschließlich über Pipelines versorgt. Der Import von Erdgas in Form von Flüssigerdgas machte im Jahre 2007 mit nur ca. 53 Mrd. m3 einen geringen Anteil aus, wovon mit 27,1 Mrd. m3 über 50% aus Algerien, Ägypten und Libyen stammten. Den größten LNG-Importanteil von ca. 30% weisen Spanien, Frankreich und Portugal auf, dann kommen mit ca. 20% Griechenland, Türkei und Belgien und mit unter 3% Italien und Großbritannien. Zur Erhöhung des LNG-Imports sind der Aus- bzw. Neubau von Anladekapazitäten entlang der gesamten europäischen Küste in Planung (BGR, 2009, S. 88 - 89). IV-22 LNG – Technologie Ruth Moschet Abbildung 10: Das europäische Erdgas-Pipelinenetz (BGR, 2009, S. 89). IV.5.5. Erdgasversorgung Deutschlands Für langfristige Kapazitätsbuchungen in dem Terminal bestand unter Reedern um damaligen Zeitpunkt kein Interesse, da die Unternehmen aufgrund des weltweiten Nachfragwettbewerbs um LNG und die ausreichende Gasversorgung Deutschlands per Pipeline ein Leerstandrisiko befürchten. Die GATEAnlage soll in Rotterdam im Jahre 2011 fertig gestellt werden. Die Erdgasversorgung Deutschlands erfolgt also weiterhin per Pipeline. Haupterdgaslieferanten Deutschlands waren im Jahre 2007 Russland (40 Mrd. m3), Norwegen (20 Mrd. m3), Niederlande (28,2 Mrd. m3), sowie im geringen Umfang Dänemark (3,6 Mrd. m3), und Großbritannien (BGR 2009, S.88). IV.6. Zusammenfassung Die Einführung des LNGs hat mit ihren veränderten Transport- und Handelsbedingungen zu einer starken Belebung des starren, pipelinedominierten Erdgasmarkts geführt, deren Trend sich auch zukünftig fortsetzen wird. IV-23 LNG – Technologie Ruth Moschet LNG hat gegenüber dem gasförmig transportierten Erdgas zwei Vorteile. Erstens unterschreiten die Transportkosten ab einer Strecke von 3.000 km die Transportkosten des Pipelinetransportes und zweitens ermöglicht der auf dem geringeren Volumen beruhende Transport per Schiff eine größere Flexibilität der Handelswege. Grundlage für die wachsende Bedeutung des LNGs bilden die technischen Entwicklungen zur Verflüssigung und zum Transport des LNGs, die sowohl steigende Transportkapazitäten als auch die Überwindung wachsender Transportentfernungen ermöglichen. Durch den Transport per Schiff entfällt die Bindung an ein starres Pipelinenetz, so dass abgesehen von notwendigen Ver- und Anladeterminals die Handelswege weltweit flexibler gestaltet und Verträge kurzfristig abgeschlossen werden können. Dadurch beginnt sich langsam ein echter Erdgasmarkt, der von Angebot und Nachfrage abhängt und kurzfristige Preisschwankungen statt langjährigen Verträge unterliegt, zu entwickeln. Hinzu kommt das beginnende Aufbrechen der alten Handelsstrukturen, die den Welterdgasmarktes in vier Märkte mit ihren jeweils eigenen Preisbildungskriterien unterteilten. Weitere Dynamikfaktoren sind das Hinzukommen immer neuer Anbieter und Abnehmer sowie der steigende Energiebedarf bereits bestehender Abnehmer. Da LNG insgesamt aber immer noch einen sehr geringen Anteil an des gesamten gehandelten Erdgases ausmacht und der Erdgaspreis immer noch an andere Preise v.a. dem des Rohöls gekoppelt ist, werden sich die deutlich geringeren Transportkosten auch langfristig nicht in gesunkenen Erdgaspreisen für den Endverbraucher niederschlagen. IV.7. Literaturverzeichnis Atkins, Peter W. (2001): Kurzlehrbuch Physikalische Chemie, 3. Auflage, Wiley-VCH Verlag, Weinheim. ISBN: 3-527-30236-0. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (2009): Energierohstoffe 2009 Reserven, Ressourcen, Verfügbarkeit – Erdöl, Erdgas, Kohle, Kernbrennstoffe, Geothermische Energie, Hannover. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (2009): Energierohstoffe 2009 - Tabellen, Hannover. Energy Information Administration (EIA) (2003): The global liquefied natural gas market: Status & Outlook, Energy Information Administration, U.S. Department of Energy, Washington D.C. IV-24 LNG – Technologie Ruth Moschet http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2008-08/11448617-update-e-on-will-lng-ausrotterdam-deutsches-terminal-auf-eis-015.htm, 19.12.2010, 18.10 Uhr. http://www.fluxys.com/en/Services/LNGTerminalling/OperationalData/~/media/Files/Services/ LNG%20Terminalling/ConditionsAndTariffs/Fluxys_Specific%20requirements%20for %20LNG%20at%20the%20delivery%20point%20of%20the%20Zeebrugge%20LNG% 20terminal%20pdf.ashx, 27.12.2010, 18.17 Uhr. 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ISBN: 978-0-87814-885-1. IV-25 LNG – Technologie IV-26 Ruth Moschet Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla V. Nichtkonventionelles Erdöl und Erdgas: Exploration und Produktion Stefan Pietralla In Anbetracht der fortgeschrittenen Ausbeutung konventioneller Kohlenwasserstofflagerstätten gewinnt die Erschließung nichtkonventioneller Erdöl- und Erdgasvorkommen zunehmend an Bedeutung. Das vorliegende Kapitel stellt zunächst die grundlegenden Definitionen und Klassifikationen dar. Anschließend werden am Beispiel von Ölsanden und Kohleflözgas die Vorkommen und Fördermethoden wichtiger nichtkonventioneller Kohlenwasserstoffe beschrieben. Ein abschließendes Kapitel thematisiert die Umweltauswirkungen der Förderung nichtkonventioneller Kohlenwasserstoffe. V-1 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion V.1. Stefan Pietralla Einführung Die weltweite Nachfrage nach Rohstoffe steigt kontinuierlich an. Gründe dafür sind unter anderem das rasante Wirtschaftswachstum der Schwellenländer, der Wirtschaftsboom Chinas und der in hohem Maße Energie und Rohstoff verbrauchende Lebensstil in den Industrienationen. Zur Förderung von nicht-konventionellem Erdöl und Erdgas ist meist der Einsatz alternativer Technologien notwendig, welche technisch anspruchsvoller und energieintensiver sind. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Brennstoffen und dem damit verbundenen starken Anstieg der Ölpreise in den letzten Jahren, wird es jedoch zunehmend ökonomisch nicht-konventionelles Erdöl und Erdgas zu fördern. V.2. Definitionen und Klassifikationen Bei Erdöl und Erdgas ist eine Unterscheidung nach konventionellen und nichtkonventionellen Vorkommen üblich. Bei Erdöl und Erdgas spricht man von konventionellen Vorkommen, wenn eine Gewinnung mit den klassischen Explorations-, Förder- und Transporttechniken möglich ist. Mit Blick auf diese klassischen Methoden kann man auch von fließendem Erdöl und frei strömendem Erdgas sprechen. Nach dieser weichen Definition bedarf die Erschließung und Nutzung nicht-konventioneller Vorkommen alternativer Technologien. Aspekte der Wirtschaftlichkeit und die Tatsache, ob sich die jeweilige Lagerstätte bereits in Produktion befindet, spielen bei dieser Definition keine Rolle. Eine Einteilung von Erdöl und Erdgas in diesem Sinne ist in Abbildung 1 dargestellt. V-2 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla Abbildung 1: Einteilung von Erdöl und Erdgas in konventionelle und nichtkonventionelle Quellen. V.2.1. Nicht-konventionelles Erdöl Eine einheitliche Definition des Begriffes nicht-konventionelles Erdöl ist derzeit nicht akzeptiert. Der pragmatische Unterscheidungsgrund zwischen konventionellem und nicht-konventionellem Erdöl liegt in der technisch aufwändigeren Gewinnung von nicht-konventionellem Erdöl. Zu nicht-konventionellem Erdöl zählt danach Bitumen oder Rohöl aus Ölsanden, Schwerstöl und Schwelöl oder Rohöl aus Ölschiefer. Damit bezieht sich der Begriff „nicht-konventionell“ sowohl auf geologische Aspekte der Bildung und Charakteristika der Lagerstätten als auch auf die technischen Notwendigkeiten für eine ökologisch vertretbare, wirtschaftliche Nutzung. V.2.2. Nicht-konventionelles Erdgas Nicht-konventionelles Erdgas wurde noch bis Mitte der 1980er Jahre weitgehend als vernachlässigbare Größe auf dem Erdgassektor angesehen. Erst seit rund zehn Jahren erfolgen intensive Forschungen zu diesen Vorkommen und bereits heute ist die Erdgasproduktion aus diesen Lagerstätten ein Kerngeschäft vieler Energiekonzerne (Kuuskraa, 2007a). Entsprechend der Klassifikation wird bei nicht-konventionellem Erdgas unterschieden zwischen Erdgas aus dichten Gesteinen, Kohleflözgas, Erdgas aus Aquiferen und Gashydrat. V-3 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion V.3. Stefan Pietralla Beispiele für nichtkonventionelles Erdöl und Erdgas V.3.1. Ölsande V.3.1.1. Begriffsbestimmung Ölsande sind natürlich vorkommende Gemische aus Bitumen, Wasser, Sand und Ton. Im Durchschnitt enthält Ölsand etwa 12 Gew.% Bitumen, ein hochviskoses Erdöl. Dabei sind die einzelnen Sandkörner von einem dünnen Wasserfilm im μm-Bereich ummantelt und dieser wiederum ist von dem hochviskosen Öl umgeben. Aus Ölsanden gewonnenes Öl wird auch natürliches Bitumen oder synthetisches Rohöl (Synthetic Crude Oil, SCO) genannt. Es stellt sich als klebrige, hochviskose Form von Erdöl dar, das sich bei Raumtemperatur wie kalter Sirup verhält. Dabei besteht es zu 50 bis 60 % aus Substanzen vergleichbar mit konventionellem Erdöl, 25 bis 35 % stellen Harze und 15 bis 25% bilden Asphaltene. Die Bestandteile im Öl selber variieren regional ebenso wie Spurengehalte an Schwermetallen wie Eisen, Molybdän, Nickel oder Vanadium. Im Schnitt liegt der Gehalt an Kohlenstoff bei knapp über 80%, an Wasserstoff bei 10%, an Schwefel bei 3 bis 5%, an Sauerstoff bei 0,9% und an Stickstoff bei 0,36 bis 0,7%. Bitumen hat eine Dichte von größer als 1g/cm³ (≤10° API) und eine Viskosität von größer als 10.000 mPa·s. In der Lagerstätte ist Bitumen nicht fließfähig. Allgemein sind Schweröle und alle Übergänge bis hin zu Bitumen das Ergebnis sekundär veränderter, ehemals konventioneller Erdölvorkommen. Die Speichergesteine sind vorwiegend hochporöse und permeable fluviatile Sandsteine deltaischer oder küstennaher Ablagerungsmilieus. Im Fall der riesigen kanadischen Ölsandvorkommen migrierte das Öl aus dem tief liegenden Muttergestein des westkanadischen Sedimentbeckens über eine laterale Distanz von bis zu 360km in die flacher liegenden Sandsteine des Apt und Alb (oberste Unterkreide). Als Muttergesteine des Erdöls gelten hier organische Tonsteine des Devon oder Karbon. Auf seinem Migrationsweg wurde das Erdöl durch Mikroorganismen im Gestein biodegradiert: Die leichten Kohlenwasserstoffmoleküle wurden im Zuge der mikrobiellen Tätigkeit abgebaut, die schweren, komplexen Molekülketten V-4 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla blieben zurück und bilden das heutige schwefelreiche Bitumen in den Lagerstätten. V.3.1.2. Vorkommen Ölsandvorkommen sind in mehr als 20 Ländern bekannt, aufgeteilt auf fast 600 Einzelvorkommen (WEC, 2007). Das Gesamtpotenzial an Erdöl in Ölsanden weltweit ist außerordentlich groß und wird aktuell auf rund 462Gt in-place, also tatsächlich vorhandener Menge geschätzt. Davon entfallen auf Kanada und die GUS zusammen allein 98%. Die bekanntesten und bei weitem bedeutendsten Ölsandvorkommen liegen in Kanada. Das Energy Resources Conservation Board (ERCB) von Kanada schätzt, dass allein im Bundesstaat Alberta ~27,5Gt Rohöl in Ölsanden als Reserven anzusehen sind. Das entspricht gut 17% der Reserven an konventionellem Erdöl. Die Reserven und Ressourcen der Länder mit den größten Ölsandvorkommen sind weitestgehend als Abschätzungen zu bewerten, da die Datenbasis für viele Länder immer noch recht unzulänglich ist. Wenn auch die Ölsandvorkommen über viele Länder verteilt sind (Abbildung 2), konzentriert sich der größte Teil der Ressourcen auf Kanada, Russland und Kasachstan. Dabei sind die kanadischen Vorkommen bislang am genausten untersucht worden. Daher sind die Angaben über die Höhe der Ressourcen nach wie vor unzuverlässig, nicht zuletzt deswegen, weil häufig nicht klar zwischen Schwer-, Schwerstöl und Ölsanden unterschieden wird. So entfallen auf die geschätzten 200Gt nicht-konventionelles Erdöl der GUS rund die Hälfte auf Ölsande. Ein Großteil dieser Vorkommen ist allerdings an karbonatische Reservoirgesteine gebunden, deren Aufbereitung technisch noch aufwändiger ist als bei den Ölsanden. Die größten Vorkommen Russlands sollen sich im Tunguska-Becken auf der Ostsibirischen Plattform, im Timan-Pechora-Becken und im Volga-UralBecken befinden. Tendenziell ist zu vermuten, dass die Reserven- und Ressourcenangaben für Ölsand in Russland die wahren Mengen eher unterschätzen als überschätzen. V-5 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla Abbildung 2: Verteilung der bekannten Ölsand- und Schwerstölvorkommen weltweit mit Angabe von Reserven, Ressourcen und Produktion. Obwohl für Kasachstan größere Bitumenvorkommen im Nordkaspischen Becken bekannt sind, wird deren möglicher Abbau aufgrund der noch reichlich vorhandenen konventionellen Kohlenwasserstoffe in absehbarer Zeit nicht in Angriff genommen. Die Ölsandvorkommen der USA sind auf mehrere Bundesstaaten verteilt, wobei die größten in Utah und Alaska, weitere kleinere Vorkommen in Kalifornien, Alabama, Kentucky und Texas liegen. Ein Abbau in größerem Stil ist auch hier derzeit nicht geplant, da entweder die geologischen Verhältnisse zu kompliziert sind, die Ölsande zu tief liegen oder zu geringmächtig sind. Die Bitumenvorkommen im Dahomey-Becken im südwestlichen Nigeria werden sicherlich erst in Betracht gezogen, wenn sich die Reservensituation der konventionellen Erdölvorkommen des Landes rückläufig entwickelt. In Indonesien sind zwar größere Bitumenvorkommen auf der Insel Buton bekannt, werden aber bisher lediglich zur Herstellung von Straßenasphalt abgebaut. Seit fast 200 Jahren wird auf Trinidad Asphalt eines Asphaltsees abgebaut, der ebenfalls als Straßenbelag dient. Die Jahresproduktion liegt hier bei 10.000 bis 15.000t. V-6 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla Erheblich kleinere Ölsandvorkommen sind aus Angola, Gabun, der Republik Kongo und der DR Kongo bekannt. Sie sind an kreidezeitliche Sandsteine gebunden. In Europa sind marginale Vorkommen aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Polen, Rumänien, Spanien, Schweiz und Ungarn bekannt. Die wirtschaftlich interessantesten, kombinierten Schweröl-/Schwerstöl- /Asphaltvorkommen Europas treten in Sizilien auf. Hier findet seit den 1950er Jahren eine Förderung von Schwer- und Schwerstöl statt. Die weltweit größten und bekanntesten Ölsandvorkommen sind die Ölsande Kanadas im nördlichen Teil der Provinz Alberta. Sie nehmen eine Fläche von über 140.000km2 ein, die sich hauptsächlich auf die drei Regionen Athabasca, Peace River und Cold Lake aufteilt. Kanada ist augenblicklich der einzige bedeutsame Produzent von Bitumen aus Ölsanden. Bereits 1967 wurde, damals noch mit staatlicher Unterstützung, mit der Bitumenproduktion aus Ölsanden in Kanada begonnen. Nur etwa 16Gt, entsprechend 6% des in-place-Ölsandvolumens von 272Gt sind voraussichtlich im Tagebau zugänglich. Die übrigen Mengen lagern zu tief und können nur durch Bohrungen mit Hilfe von in-situ Verfahren zur Verringerung der Viskosität gefördert werden. Kanada beziffert sein in-place Volumen an Bitumen aktuell mit 272Gt, von denen 27,5Gt als Reserven geführt werden (ERCB, 2008). Unter Berücksichtigung der Anteile der im Tagebau und der in-situ zugänglichen Bereiche und der unterschiedlichen Entölungsgrade verbleiben Ölsandressourcen von 81,9Gt. Von 2000 bis 2007 hat sich die Rohölproduktion aus Ölsanden in Kanada von 39 auf 77Mt pro Jahr fast verdoppelt. Für 2007 entspricht das knapp 2% der weltweiten Erdölproduktion. Bis 2007 wurden in Kanada 940Mt natürliches Bitumen produziert. V.3.1.3. Fördermethoden für die Erdölgewinnung aus Ölsanden Der Ölsandabbau im Tagebau (ex-situ) ist nur bei flacher Lagerung möglich, wenn die Ölsandschichten an der Oberfläche oder unter einer nur geringmächtigen Bodenüberdeckung lagern. Nachdem das Deckgebirge abgetragen ist, werden die bis zu mehreren Metern mächtigen Ölsandschichten mittels Baggern abgebaut. Mit einer Kapazität von nahezu 40t pro Schaufel sind moderne Löffel- V-7 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla bagger flexibler und damit wirtschaftlicher als früher verwendete Schaufelradbagger. Auch kommen hier mit einem Ladevolumen von bis zu 400 Tonnen die weltweit größten LKWs zum Einsatz. Der gewonnene Ölsand wird in eine Steinbrechanlage gekippt und mit heißem Wasser versetzt. Dieses Sand-WasserGemisch (Slurry) wird per Pipeline im sogenannten Hydrotransport zur Aufbereitungsanlage transportiert. Bei diesem Hydrotransport beginnt bereits die Separation von Bitumen und Sand. Im Separationsbehälter der Extraktionsanlage wird dieser Prozess weitergeführt. Im anschließenden Flotationsverfahren hängen sich kleine Luftblasen an das freigewordene Bitumen, dieses schwimmt auf und bildet eine Schaumschicht im oberen Bereich des Gemischs, die leicht abgeschöpft werden kann. Unter Zugabe von Laugen als Lösungsmittel werden Wasser und gelöste Salze vom Öl abgetrennt. Sand und Wasser sammeln sich im unteren Teil des Behälters. Der Sand wird zur Rekultivierung per Pipeline zurück in ausgeförderte Bereiche der Tagebaue verbracht. Das Wasser, das noch Sand, Tonpartikel und Restöl enthält, wird in Absetzbecken gepumpt. Noch aufsteigendes Öl wird abgeschöpft, während das Restöl im sich absetzenden Sand von Bakterien zersetzt wird. Das so geklärte Wasser kann im Separationsprozess wiederverwendet werden. Insgesamt liegt der Entölungsgrad für den Tagebau bei über 90%. Der Förderung von Erdöl aus kanadischem Ölsand im Tagebaubetrieb wird im Wesentlichen von den drei Firmenkonsortien Albian Sands Energy Inc., Syncrude Canada Ltd. und Suncor Energy beherrscht. Andere Firmen sind in den letzten Jahren neu dazugekommen. Die Gesamtfläche, die hier für den Tagebau freigegeben ist, hat sich von 470km2 im Jahr 2001 auf 1.320km2 in 2007 erhöht. Gleichzeitig hat sich die Produktion von Bitumen aus dem Tagebau auf knapp 46Mt fast verdoppelt. Die Erdölförderung aus Ölsand durch Bohrungen (in-situ) erfolgt bei einer Überdeckung von mehr als 40 bis 70m. Im Gegensatz zum Tagebau verbleibt bei dieser Methode das Gestein vor Ort. Durch Bohrungen wird heißer Wasserdampf in die Ölsand-Schicht gepresst, der die Viskosität des Bitumens reduziert und das Öl fließfähig macht. Dazu gibt es zwei unterschiedliche Verfahren: V-8 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla Bei der Cyclic Steam Simulation (CSS) wird Wasserdampf unter hohem Druck in eine vertikale Bohrung eingepresst. Die Hitze setzt die Viskosität des Bitumens herab und mit Hilfe des Wasserdampfes wird gleichzeitig die Migrationsfähigkeit erhöht. Der Druck erzeugt Mikrorisse im Gestein, die den Zufluss von Bitumen zum Bohrloch zusätzlich verbessern. Nach einigen Wochen Einschlusszeit erfolgt die Produktionsphase durch dieselbe Bohrung. Geht die Produktionsrate zurück, beginnt eine neue Injektionsphase. Nachteil dieser Methode ist der begrenzte Radius der Entölung. Um einen ausreichenden Entölungsgrad zu erreichen, ist ein enges Bohrungsraster erforderlich. Abbildung 3: Cyclic Steam Simulation (CSS). Im Unterschied zum vertikalen Bohrverfahren werden bei der Steam-Assisted Gravity Drainage (SAGD) zwei Horizontalbohrungen im vertikalen Abstand von 5 bis 10m in den Ölsandträger gebohrt. In die obere Bohrung wird heißer Wasserdampf injiziert und das sich verflüssigende Bitumen kann durch die darunterliegende Bohrung produziert werden. Andere in-situ-Methoden, wie beispielsweise die Injektion von Lösungsmitteln in das Speichergestein, elektrische und elektV-9 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla romagnetische Verfahren, der Einsatz von Mikrowellen oder die Verbrennung unter Zuführung von Sauerstoff wurden vielfach getestet. Ziel all dieser Maßnahmen ist ebenfalls die Fließfähigkeit des zähen Bitumens zu erhöhen und eine höhere Ölausbeute zu erzielen. Die derzeit wirtschaftlichste Methode ist jedoch weiterhin die SAGD Produktion. Dabei werden zur Produktion von 1m³ Bitumen rund 2,5 bis 3m³ Wasser benötigt, von dem 80 bis 90% durch Recyclingverfahren wiederverwendet werden kann. Bei der in-situ-Gewinnung variiert der Entölungsgrad je nach geologischen Verhältnissen und angewendeter in-situ-Technik zwischen 25 und 75%. Abbildung 4: Steam-Assisted Gravity Drainage (SAGD). Bei der in-situ-Bitumenproduktion ist eine Vielzahl von Unternehmen auf insgesamt über 63.000km² Konzessionsfläche tätig. Die Produktion konnte von 18Mt Bitumen im Jahr 2001 auf etwa 31Mt in 2007 gesteigert werden. V.3.1.4. Ausblick Auch für die Zukunft ist ein weiterer Ausbau der Ölsandproduktion sowohl im Tagebaubetrieb als auch bei der in-situ-Förderung vorgesehen. Insgesamt wird für 2017 eine Gesamtförderung von 187Mt Bitumen angestrebt. Davon sollen 102Mt aus dem Tagebaubetrieb und 85Mt aus dem in-situ-Abbau stammen (ERCB, V-10 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla 2008). Für diese Entwicklung werden Investitionen von mindestens USD 93Mrd. aufzubringen sein. V.3.2. Kohleflözgas (Coalbed methane) V.3.2.1. Begriffsbestimmung Kohlegas ist ein Oberbegriff für natürlich gebildete Gase aus der Kohle und für anthropogen über die technische Kohlevergasung erzeugte Gase. Kohleflözgas ist der Oberbegriff für alle natürlichen Gase aus der Kohle. Hierzu zählen das Flözgas und das Grubengas (Tabelle 1). Flözgas ist das aus Kohleflözen in unverritztem Gebirge etwa durch eine Bohrung freigesetzte Gas, im Englischen coalbed methane (CBM) genannt. Das durch die eigentliche Bergbautätigkeit im Grubengebäude unmittelbar oder nach Jahren austretende Kohleflözgas wird als Grubengas bezeichnet. Es gliedert sich in das coalseam methane (CSM), welches aus dem aktiven Bergbaubetrieb durch Absaugung und Grubenbewetterung entfernt wird, und in das coalmine methane (CMM), das im stillgelegten Bergwerk noch über Jahre aus den Flözen entweichen kann. Tabelle 1: Gliederung von Kohleflözgas und mittlere Gehalte verschiedener Bestandteile der verschiedenen Kohleflözgastypen. Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Kohleflözgas ist generell in allen Kohlevorkommen zu erwarten, deren Kohlen das Reifestadium der Flammkohle von 0,7% Vitrinitreflexion erreicht oder überschritten haben. Ab diesem Stadium setzt in der Kohle durch thermische Prozes- V-11 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla se eine umfangreiche Methanbildung ein. Dabei müssen die Versenkungsgeschichte der Lagerstätte und die heutige geologische Situation eine Gasspeicherung erlauben. Die höchsten Gasinhalte sind in Fett- bis Magerkohlen zu erwarten, während sich die hohe Inkohlung des Anthrazits negativ auf die Gasführung auswirken kann. Weichbraunkohlelagerstätten sind aufgrund der geringen Maturität ihrer Kohle für eine Flözgasnutzung nicht oder nur in seltenen Fällen geeignet. V.3.2.2. Vorkommen Prinzipiell verfügen alle Länder, in denen Hartkohle lagert, über Kohleflözgas. Da sich Fördertechniken weltweit technisch fortentwickeln und Energiepreise starken Schwankungen unterliegen, kann auch Kohleflözgas regional wirtschaftlich werden, wenn auch derzeit noch häufig in Verbindung mit steuerlichen Anreizen. In manchen Ländern wird Kohleflözgas zu den Gasreserven beziehungsweise der Förderung des konventionellen Erdgases gerechnet. Dadurch wird eine klare Abgrenzung von konventionellem und nicht-konventionellem Gas erschwert. Informationen zu Flözgasressourcen liegen derzeit nur zu 23 Ländern und damit nur zu rund einem Viertel aller über Hartkohle verfügenden Länder vor. Die weltweiten Flözgasressourcen dieser Länder belaufen sich auf mindestens 135,5 Bill. m³ und maximal auf 372,5 Bill. m³. Die weite Spannweite spiegelt die noch immer großen Unsicherheiten und unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Abschätzung von Flözgasvorräten wider. In einigen Fällen werden dabei nur ausbringbare Flözgasmengen berücksichtigt, in anderen Fällen der in-situGasgehalt zugrunde gelegt. Zudem variieren die in die Vorratsabschätzung einbezogenen Teufenhorizonte. Die Angaben zu den weltweiten Reserven an Flözgas in Höhe von 1,7 bis 2,6 Bill. m³ basieren auf Informationen aus nur acht Ländern. Damit ergeben sich bekannte Flözgas- Gesamtressourcen von 137,2 bis 375,1 Bill. m³. Der geringe Anteil der Reserven von nur rund 1% bezogen auf die Gesamtressourcen beruht darauf, dass viele Lagerstätten in ihrer Gasführung unzureichend untersucht sind. Zudem beschränken sich detaillierte Angaben oft nur auf bergbaulich er- V-12 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla schlossene Areale. Aus dem untersuchten aber unverritzten Gebirge ist nur ein Bruchteil des in-situ-Gasinhaltes zu gewinnen und selbst die durch die Kohlegewinnung freigesetzten Grubengase entweichen zu einem Großteil ungenutzt in die Atmosphäre. V.3.2.3. Fördermethoden für die Gewinnung von Kohleflözgas Zur Erschließung und Förderung von Flözgas (CBM) können Bohrungen in das unverritzte Gebirge vorgetrieben werden (Abbildung 5). In diesen Bohrungen werden die jeweiligen Zielhorizonte mithilfe der Spülflüssigkeit unter hohen Drücken hydraulisch stimuliert (Frac). Die dabei entstehenden Risse im Zielhorizont sorgen für eine wesentliche Erhöhung der Zuflussraten des Flözgases. Das geförderte Flözgas wird nach der Trocknung entweder direkt in einem Gasmotor der Verbrennung zugeführt oder in eine Gaspipeline eingespeist. Die weltweit höchste CBM-Förderung weist die USA auf, wo bisher mehr als 60.000 CBMBohrungen abgeteuft wurden (IEA, 2009). Abbildung 5: Arbeitsschritte zur Förderung von CBM. Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Die Erschließung von Grubengas aus stillgelegten Kohlebergwerken (CMM) erfolgt anders als beim Flözgas (CBM). Da das Grubengas unter geringerem Druck steht, wird es über eine Bohrung beziehungsweise einen existierenden Schacht abgesaugt. Prädestiniert für diese Art der Gewinnung von Flözgas sind Länder V-13 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla mit vielen bereits stillgelegten Kohlegruben im Tiefbau, wie beispielsweise Deutschland und Großbritannien. Die Gewinnung von Grubengas aus aktiven Bergwerken erfolgt häufig primär aus Sicherheitsgründen zur Vermeidung von Schlagwettern. Die Vorentgasung der Flöze beziehungsweise der betreffenden Abbaubereiche erfolgt in den meisten Fällen über untertägige Bohrungen. Diese größtenteils horizontalen Bohrungen werden dabei entweder direkt in das Kohleflöz oder in unmittelbar darunter oder darüber befindliche Horizonte abgeteuft. V.3.2.4. Ausblick Künftig dürfte die Kohleflözgasförderung vor allem in der VR China, Kanada und Australien größere Zuwächse erfahren. In den USA, wo rund die Hälfte der Förderung aus dem San- Juan-Becken stammt, belief sich der relative Zuwachs zwischen 2002 und 2007 auf rund 9% bei einem bereits hohen Förderniveau (EIA, 2009). In einigen Prognosen wird hier schon von einer Annährung an den Förderpeak ausgegangen (Mohr 2010). Die kanadische CBM-Förderung, die signifikante Zuwächse erst seit 2002 verzeichnet (ERCB, 2008), steckt im Vergleich zum Nachbarn USA noch in den Kinderschuhen (EPA, 2009). Mehr als 90% der kanadischen CBM-Förderung kommen aus der Provinz Alberta, wo 2007 insgesamt 9.339 CBM-Bohrungen in Betrieb waren. Das Energy Resources Conservation Board (ERCB) schätzt, dass sich die CBM-Förderung Albertas bis 2017 im Vergleich zu 2007 in etwa verdreifachen wird (ERCB, 2008). Die chinesische Kohleflözgasförderung soll in den kommenden Jahren ebenfalls stark expandieren. Eigens dafür wurde 1995 die China United Coalbed Methane Corporation gegründet. So sehen die Planungen für die chinesische CBM-Gewinnung bereits für das Jahr 2010 eine Förderung von 10 Mrd. m³ vor, die bis 2020 bis auf 40 Mrd. m³ ausgeweitet werden soll. Eigens für den Transport von CBM ist der Bau von Pipelines sowie CBM-Verflüssigungsanlagen vorgesehen (Qiu, 2009). V-14 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla V.4. Umweltrisiken der Erdöl- und Erdgasfördertechnologien Abbildung 6: Blick auf Barnett Shale. Jede freigelegte Fläche ist für eine Bohrung oder für ein Sammelbecken für das Abwasser vorgesehen. Quelle: www.unnaturalgas. org/image_gallery.htm. In Europa sind bisher keine Umweltauswirkungen dokumentiert. Der Förderbeitrag ist heute noch vernachlässigbar. Da jedoch kein großer Unterschied in den verwendeten Technologien zwischen Europa und den USA besteht, kann man in der Abschätzung der künftigen Umweltauswirkungen auf die bisherigen Erfahrungen in den USA zurückgreifen. In diesem Abschnitt werden diese Erfahrungen kurz zusammengefasst und mit Beispielen belegt. Umgekehrt können diese Erfahrungen auch dazu dienen, um sicherzustellen, dass in Europa ähnliche Vorkommnisse nicht möglich werden. Umweltbeeinträchtigungen sind während der Vorbereitungsphase, der Bohrungsund frac-Phase und während des Betriebs zu erwarten, wie sie technisch bereits beschrieben wurden. Sie reichen von Lärmbelästigungen und Flächenverbrauch V-15 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion Stefan Pietralla über Schadstoffemissionen bis zur Verunreinigung von Grund- und Trinkwasser. Die Vielzahl der bisherigen Bohrungen bestätigt, bieten viele Beispiele für Vorkommnisse. Es muss erwartet werden, dass die Probleme mit fortschreitender Erschließung zunehmen werden, da die Bohrungen zunehmend nahe bewohnter Gebiete durchgeführt werden. Aus Abbildung 6 ist ersichtlich, dass der Flächenverbrauch enorm ist. Auch wenn ein Teil der Fläche nach Beendingung der Erschließungsphase wieder zurückgebaut wird, so bleiben aufgrund der hohen Bohrungsdichte von mehreren Bohrungen je km² die vielen Zufahrtswege und Restflächen für Leitungen, Verdichter, Gasaufbereitungsanlagen etc. Viele Bohrungen werden mehrmals mit Wasser und Chemikalien behandelt, um die Förderperiode zu verlängern, Dazu aber muss der Platz um die Bohrung für entsprechende Anlagen und Lastwagen verfügbar bleiben. Pro frac-Prozess sind hundert und mehr Lastwagenfahrten mit Frischwasser und bis zu 700 Fuhren mit Abwasser notwendig, wenn dieses nicht in neu angelegten Teichen gelagert werden kann. V.5. Fazit Angesichts der weltweiten Verknappung der konventionellen Erdöl- und Erdgasvorkommen werden nicht-konventionelles Erdöl- und Erdgas eine wirtschaftlich zunehmend bedeutendere Rolle einnehmen. Durch den vermehrten und sich im Laufe der erprobenden Einsatz der technischen anspruchsvollen Methoden zur Förderung nicht-konventionellen Erdöls- und Erdgases wird der Erfahrungsschatz der Unternehmen auf diesem Gebiet wachsen, was zu einer langfristigen Reduktion der Förderkosten führen wird. Jedoch sind auch die nichtkonventionellen Reserven und Ressourcen endlich, welches bedingt, dass es in Zukunft zu einem Umdenken hinsichtlich der globalen Energiepolitik kommen muss. Dies bezieht sich sowohl auf eine zukünftig effizientere Nutzung als auch auf eine alternative Bezugsbasis von Energie. Fossile Brennstoffe müssen, um den steigenden weltweiten Energiebedarf zu decken, durch erneuerbare Energiequellen wie beispielsweise Windkraft, Solarenergie und Geothermie ersetzt werden. V-16 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion V.6. Stefan Pietralla Literatur BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe): Energierohstoffe 2009 Reserven, Ressourcen, Verfügbarkeit; Hannover. EIA (Energy Information Administration): Annual Energy Outlook (2009): Coalbed Methane Proved Reserves and Production. (http://tonto.eia.doe.gov/cfapps/ipdbproject/IEDIndex3.cfm?tid=3&pid=3&aid=6) EPA (U. S. Environmental Protection Agency) (2009): Global Overview of CMM Opportunities. 260 S.; http://www.methanetomarkets.org/resources/coalmines/docs/overviewfull.pdf ERCB (Energy Resources Conservation Board) (2008): Alberta´s Supply/Demand Outlook 20082017. – 226 S.; http://www.ercb.ca/docs/products/STs/st98-2008.pdf IEA (2009): Cleaner Coal in China. – 360 S.; Paris. Mohr, Steve H. (2010): Projection of World Fossil Fuel Production with Supply and Demand Interactions. Dissertation. The University of Newcastle, Australia. Qiu, H. (2009): Coalbed Methane Exploration in China. Search and Discovery Article #80038 (2009). http://www.searchanddiscovery.net/documents/2009/80038qiu/ndx_qiu.pdf V-17 Nichtkonventionelles Erdgas und Erdöl: Exploration und Produktion V-18 Stefan Pietralla Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung VI. Patrick Friedrichs Handel, Märkte, Preisbildung Patrick Friedrichs Der globale Markt und Handel sowie die Preisbildung und Preisentwicklung obliegen stetigen äußeren Einflüssen. Abhängig von polito-ökonomischen, finanzwirtschaftlichen und ökologischen Einflüssen werden die fossilen Brennstoffe, Erdöl, Erdgas und Kohle von privaten und immer vermehrter von verstaatlichten Unternehmen produziert. Dies birgt das Risiko, dass Erdöl immer mehr zum Politikum wird. Es ist regelrecht ein politisches Druckmittel geworden bzw. es herrscht ein Ressourcenkrieg auf politischer Ebene. Weitere Einflüsse auf den Preis und seine Entwicklung sind (Natur-) Katastrophen wie der Blow-Out an der Deep Water Horizon Plattform im Golf von Mexiko 2010 oder die Flutkatastrophe in Australien im Jahr 2011. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung in China und Indien, drängen zwei wirtschaftlich und demographisch expandierende sowie politisch mächtige Staaten auf den Markt für fossile Brennstoffe. Die momentane Preiserhöhung in allen Bereichen der fossilen Brennstoffe ist ein Resultat all dieser Faktoren. VI-1 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung VI.1. Patrick Friedrichs Einleitung Die fossilen Brennstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle gehören zu der Gruppe der nicht reproduzierbaren Güter. Dies ist in Bezug auf die Preisbildung in einem Gütermarkt von großer Wichtigkeit, da die Anbieterseite und auch die Nachfragerseite differenzierter betrachtet werden müssen. Hinzu kommen noch weitere, äußere Einflüsse, die die Komplexität der Preisbildung auf dem Markt der fossilen Brennstoffe deutlich machen. Der Preis wird zum einen von den fossilen Brennstoffen produzierenden Unternehmen maßgeblich mitgebildet. Dies sind private Großunternehmen wie Exxon Mobil, Royal Dutch Shell, BP, BHP Billiton, Peabody, Rio Tinto, etc. und staatlichte Großunternehmen wie Saudi Aramco, NIOC und Gazprom. Zum anderen sind Staaten wie Saudi-Arabien, Iran und Russland aufgrund ihrer Reserven und Verstaatlichung ihrer Unternehmen auch maßgeblich an der globalen Preisbildung beteiligt. Weiterhin sind die Haupthandelsströme von großer Wichtigkeit für das globale Handelssystem und somit für die globale Preisbildung und Preisentwicklung auf dem Markt für fossile Brennstoffe. Volkswirtschaftlich gesehen muss die Ansicht des vollkommenen Marktes differenzierter betrachtet werden und letztendlich muss ein Faktor, welcher die äußeren Einflüsse beschreibt eingeführt werden. D.h. die Preisbildung ist nicht mehr allein von Grenzkosten, Opportunitätskosten und Abbaukosten abhängig sondern im erhöhten Maße von äußeren Einflüssen. Im Bereich der Kohleproduktion bzw. des Handels mit Kohle gibt es noch keine große Einflussnahme von Staaten, durch Verstaatlichungen von Unternehmen, auf den Preis bzw. Preisbildung. Die obengenannten Unternehmen wie Peabody, BHP Billiton oder Rio Tinto sind eher abhängig von ökologischen Einflüssen wie der Flutkatastrophe welche sich Anfang 2011 in Australien ereignete und den damit zusammenhängenden Produktionsstopps. Beim Kohlehandel ist es zudem schwierig, von einem globalen Markt zu sprechen, da alle Haupthandelsströme entweder in SüdNord Richtung (Austrlien Richtung Asien) oder Ost-West Richtung (USA Richtung Japan bzw. Deutschland und Polen Richtung Westeuropa) laufen. VI-2 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung VI.2. Patrick Friedrichs Global Player VI.2.1. Nicht-staatliche Erdölunternehmen Zu den größten „Global Player“ gehören Exxon Mobil, Royal Dutch Shell, BP (British Petroleum), Chevron, Conoco Phillips und Total. Alle sechs aufgeführten Erdölunternehmen gehören zu den sogenannten „Supermajors“. Der Begriff Supermajor (Abbildung 1), auch genannt International Oil Company (IOC), zeigt die sechs größten, nicht staatlichen Energie – Unternehmen. Abbildung 1: Die weltweit größten nicht-staatlichen Erdölproduzenten, „Supermajors“. Libmansworld, 2007. Das durchschnittliche Gesamteinkommen (Abbildung 1) dieser sechs Unternehmen beläuft sich auf ca. 1,6 Billionen $. Der Netto-Gewinn VI-3 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs (Abbildung 1) hingegen beläuft sich auf ca. 135,5 Milliarden $. Damit nehmen diese sechs Unternehmen eine Vorrangstellung auf dem weltweiten Erdölmarkt ein. VI.2.2. Staatliche Erdölunternehmen Saudi Aramco (früher Arabian-American Oil Company, abgekürzt ARAMCO) ist derzeit (2007) die größte Erdölfördergesellschaft der Welt mit Unternehmenssitz in Dhahran, Saudi-Arabien. Das staatliche Unternehmen Saudi Arabian Oil Co. (Saudi Aramco) ist der „König des Öls“ (Saudi Arabian Oil Company, 2011). Es ist der weltweit größte Erdölproduzent, mit einem Anteil von 10% an der weltweiten Erdölnachfrage. 2009 befanden sich 260 Milliarden Barrel Erdölreserven in ihrem Besitz (Saudi Arabian Oil Company, 2011). Des Weiteren besitzt Saudi Aramco 275 Billionen „Kubik-Fuss“ ( 1 cu.ft. = 28,317 Liter) Erdgasreserven (die viertgrößten Reserven weltweit). Die Produktionskapazität beträgt 12 Millionen Barrel pro Tag (Saudi Arabian Oil Company, 2011). Saudi Aramco betreibt eigene Raffinerien, agiert auf allen internationalen Erdöl-Märkten und vertreibt das Erdöl in Saudi Arabien für geringere Preise, aus innenpolitischem Antrieb. Das Unternehmen besitzt eine große Tankerflotte, investiert in Raffinerien, Märkte und erkundet neue Absatzmöglichkeiten in China, Japan, Süd-Korea und den USA (Saudi Arabian Oil Company, 2011). Das staatliche, iranische Unternehmen NIOC (National Iranian Oil Company) ist im Besitz eines der weltweit größten Erdölfelder und produziert ca. 4,2 Millionen Barrel pro Tag (Hoovers, 2011). Die vor Ort Reserven belaufen sich auf 137 Milliarden Barrel. NIOC besitzt weiterhin 28,2 Billionen Kubikmeter Erdgas (Hoovers, 2011). Die Explorationsaktivität in den letzten 30 Jahren ist eher gering gewesen, da der Iran durch Revolution und verschiedener Sanktionen wenig bis gar keine Absatzmöglichkeit besessen hat. Dies hat sich aber in den letzten 2 Jahren geändert, da verschiedene Unternehmen (aus Frankreich, Italien, Malaysia und Großbritannien) die US-Sanktionen ignoriert und Verträge mit der NIOC abgeschlossen haben (Hoovers, 2011). VI-4 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung VI.2.3. Patrick Friedrichs Erdgasunternehmen Die Gazprom Gruppe ist der weltweit größte Erdgasproduzent und besitzt die größten Reserven. Ende Dezember 2009 verzeichnete das Unternehmen einen Anstieg seiner Reserven (A+B+C1 Kategorien) um 455,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas und 221,3 Tonnen Erdöl und 221,3 Millionen Tonnen Erdöl und Gaskondensat (bezogen auf Ende 2008) (Gazprom Gruppe, 2010). Abbildung 2: Gas-, Erdöl- und Gaskondensat-Reserven der Gazprom Gruppe. Gazprom Gruppe, 2010. Am 31. Dezember, 2009 werden die A+B+C1 Gasreserven (russischer Standard) der Gazprom Gruppe auf etwa 33,6 Billiarden Kubikmeter geschätzt (Gazprom Gruppe, 2010). Erdöl und Gaskondensate werden auf 3,1 Milliarden Tonnen angesetzt. Das Gasproduktionsvolumen wird auf 14,5 % an der globalen Produktion bewertet, Gazprom ist eines der weltweit VI-5 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs führenden Petroleum Unternehmen. Im Jahre 2009 produzierte die Gazprom Gruppe 461,5 Milliarden Kubikmeter natürlichen und gebundenem Gas, 10,1 Millionen Tonnen Gaskondensat und 31,6 Millionen Tonnen Erdöl (Gazprom Gruppe, 2010). Weiterhin ist Erdgas aus Zentral-Asien eine grundlegende Ressourcenbasis. Die Gazprom Gruppe bezieht im Jahre 2009 37,3 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Zentral-Asien (Gazprom Gruppe, 2010). VI.2.4. Kohleunternehmen Peabody Energy (NYSE: BTU) ist der weltweit größte Kohleproduzent im privaten Sektor. 2009 produzierte und verkaufte Peabody 244 Millionen Tonnen Kohle mit einem Gewinn von ca. 6 Milliarden $ (Peabody Energy, 2010). Das Unternehmen beliefert weltweit 21 Großkunden (Peabody Energy, 2010). Im Jahre 2010 wurden ca. 242 Millionen Tonnen Kohle produziert (Peabody Energy, 2010). 2006 fusionierte Peabody mit einem der bedeutsamsten Kohleproduzenten Australiens Excel Coal und sicherte sich somit einen Standort an den größten Kohlevorkommen weltweit. BHP Billiton ist einer der größten Kohleproduzenten weltweit mit Anteilen an BHP Billiton Energy Coal Sotuh Africa (100%), Mt.Arthur Coal, Australien (100%), Cerrejon Coal, Süd-Amerika (33,3%) und New Mexico Coal, NordAmerika (100%). BHP und seine Tochterunternehmen produzieren zusammen ca. 114 Millionen Tonnen Kohle (Metallurgische und Energie(Kohle)) pro Jahr (BHP Billiton, 2009, Seite 76) und besitzen ca. 2100 Millionen Tonnen an Reserven (BHP Billiton, 2009, Seite 107). Weitere große Kohleunternehmen sind Rio Tinto, Xstrata/Glencore und Anglo Coal. VI.3. Globaler Handel mit fossilen Brennstoffen VI.3.1. Globale Handelsströme und Handel mit fossilen Brennstoffen Der globale Handel ist ein sehr komplexes Gebilde mit verschiedenen regionalen und interregionalen Handelsmöglichkeiten bzw. Handelsschauplätzen. Europa besitzt das größte Handelsvolumen im Bereich des regionalen Handels mit ca. 4,244 Billionen US-$ (Abbildung 3). Bezieht man Importe und Exporte ein, so besitzt die Europäische Union ebenso VI-6 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs weltweit das größte Handelsvolumen (Abbildung 3). Dies gilt aber nicht für fossile Brennstoffe (vergleiche Kapitel VI.3.2.1 – VI.3.2.8). Hier spielt die Europäische Union eher eine untergeordnete Rolle, obwohl viele der „Global Player“ der Branche der fossilen Brennstoffe in der Europäischen Union ansässig sind (vergleiche Kapitel VI.2, BP, Royal Dutch Shell, etc.). Im Exportbereich (Abbildung 3) des globalen Handels ist Asien weltmarktführend, was auf Faktoren beruht wie geringen Produktionskosten, Arbeitskosten, Materialkosten oder Personalkosten. Der Importbereich (Abbildung 3) hat in Nordamerika einen übergeordneten Status inne, da v.a. die USA immer mehr Produkte aus Asien beziehen bzw. seit ca. 10 Jahren ihre verschiedenen Produktionsstandorte in diese Region verlagert. Abbildung 3: Globaler Handel / Handelsströme weltweit im Jahr 2008. Europäische Union, Brüssel, 2008. Die „Global Player“ im Bereich des globalen Handels mit fossilen Brennstoffen sind im Folgenden: die Nachfolgestaaten der UdSSR (Russland, Armenien, Aserbaidschan, Kasachstan) in den Bereichen Erdöl, Erdgas und Kohle, die arabischen Staaten (Saudi-Arabien, Iran, VAE, Katar, Irak und Oman) in den Bereichen Erdöl und Erdgas, die USA in den Bereichen Erdöl und Kohle sowie Australien im Bereich Kohle (vergleiche Kapitel VI.3.2.1 – VI.3.2.8). VI-7 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Der Handel mit Bergbauprodukten und Energieträgern, der von fossilen Brennstoffen wie Erdöl, Erdgas und Kohle geprägt wird, ging in den achtziger Jahren stark zurück (Koopmann & Franzmeyer, 2003). Darin zeigen sich die Folgen der Erdölpreiskrise von 1979/80: die Energiesparmaßnahmen, die stärkere Nutzung nichtfossiler Energieträger und die beschleunigte Erschließung heimischer Energiequellen (Koopmann & Franzmeyer, 2003). Dementsprechend hat sich der Handel mit Energieträgern bei etwa einem Zehntel des globalen Warenhandels stabilisiert (Koopmann & Franzmeyer, 2003). Weiterhin sollte konstatiert werden, dass ohne den globalen Handel mit fossilen Brennstoffen bzw. Energieträgern das Erschließen andersorientierter Märkte nicht möglich wäre. Beispielsweise würde es durch eine immense Erhöhung des Erdöl- und Erdgaspreises zu überhöhten Transportkosten kommen, welches sich sehr negativ auf die ausgelagerten Produktionsstandorte auswirken würde. VI.3.2. Handel und Handelsströme VI.3.2.1. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Europa Europa importiert jährlich ca. 900 Millionen Tonnen Erdöl und Erdgas aus den Nachfolgestaaten der UdSSR, Afrika, dem Nahen Osten, Nordamerika, Mittelund Südamerika sowie aus der übrigen Welt (Abbildung 4) und ist somit der zweitgrößte Importeur von fossilen Brennstoffen. Der intraregionale Handel bezieht sich auf Norwegen, die Niederlande und die übrigen Staaten. Besonders Norwegen und die Niederlande haben durch ihre Erdöl- und Erdgasproduktion in der Nordsee und ihrer EWR-Zugehörigkeit einen großen Anteil am intraregionalen in Europa. Des Weiteren verfügen die Niederlande über den größten Ressourcen-Hafen weltweit (Rotterdam) bzw. den größten europäischen Absatzmarkt für Ressourcen. Exportiert werden weiterhin ca. 100 Millionen Tonnen (Abbildung 4) Erdöl und Erdgas nach Nordamerika, Afrika und die übrige Welt. Dies sind zu größtem Teil eigene Produktionen aus der Nordsee. VI-8 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 4: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Europa. BP, 2009. VI.3.2.2. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Nordamerika Nordamerika importiert jährlich ca. 490 Millionen Tonnen Erdöl und Erdgas aus Afrika, Mittel- und Südamerika, Naher Osten, Europa, den Nachfolgestaaten der UdSSR und der übrigen Welt (Abbildung 5). Hierbei dient die gute geographische Lage der nordamerikanischen Staaten als Grundlage für einen florierenden Ressourcenhandel. Durch die jeweiligen Seeanbindungen zum Atlantik und Pazifik wird dies weiter unterstützt. Weiterhin besitzen die USA noch vertraglich gesicherte Durchfahrtsrechte am Panamakanal, was den Handel vereinfacht. Intraregional wird zwischen den NAFTA-Ländern Mexiko, USA und Kanada ein starker Handel verzeichnet, wobei hier der Import der USA um ein vielfaches höher ist als der Export. Nordamerika exportiert ca. 81,5 Millionen Tonnen (Abbildung 5) Erdöl und Erdgas nach Europa, Mittel- und Südamerika sowie die übrige Welt. Exportiert VI-9 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs werden zumeist Erdgaserzeugnisse aus Kanada sowie Erdölerzeugnisse aus dem Golf von Mexiko und aus Alaska. Abbildung 5: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Nordamerika. BP, 2009. VI.3.2.3. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Mittel- und Südamerika Mittel- und Südamerika importieren ca. 72 Millionen Tonnen (Abbildung 6) Erdöl und Erdgas aus Nordamerika, Afrika und der übrigen Welt. Der intraregionale Handel ist sehr gering und beläuft sich nur auf ca. 11 Millionen Tonnen (Abbildung 6) Erdöl und Erdgas. Die Länder Mittel- und Südamerikas exportieren ca. 192 Millionen Tonnen (Abbildung 6) Erdöl und Erdgas nach Nordamerika, Asien-Pazifik, Europa und in die übrige Welt. Größter Handelspartner im Bereich der fossilen Brennstoffe ist Nordamerika, vorzugsweise die USA. Weiterhin kann man in Mittel- und Südamerika eher von einem Exporthandel sprechen, da dort die Handelsausrichtung liegt. VI-10 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 6: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Mittel- und Südamerika. BP, 2009. VI.3.2.4. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Afrika Afrika importiert ca. 68 Millionen Tonnen (Abbildung 7) Erdöl und Erdgas aus dem Nahen Osten, Europa und der übrigen Welt. Der intraregionale Handel ist, verglichen beispielsweise mit Nordamerika, eher als gering einzuschätzen. Exportiert werden ca. 500 Millionen Tonnen (Abbildung 7) Erdöl und Erdgas nach Europa, Nordamerika, Asien-Pazifik, Mittel- und Südamerika und der übrigen Welt. Mit Libyen und vor allem dem Nigerdelta, welches eines der größten Erdölfelder weltweit aufweist, können diese Exportzahlen bzw. solch ein großer Exporthandel erzielt bzw. betrieben werden. Ägypten besitzt mit dem Suezkanal die kürzeste Verbindung von Europa in den indischen Ozean. Somit besitzt Afrika gute Handelscharakteristika, die es zu einem essentiellen Handelsschauplatz machen. VI-11 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 7: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Afrika. BP, 2009. VI.3.2.5. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Asien-Pazifik Die Asien-Pazifik Staaten sind der größte Importeur von Erdöl und Erdgas weltweit, mit einem jährlichen Handelsvolumen von ca. 947 Millionen Tonnen (Abbildung 8) Erdöl und Erdgas. Die Importe kommen aus dem Nahen Osten (nach Japan, Indien, China und übrige Asien-Pazifik Staaten), Afrika, den Nachfolgestaaten der UdSSR, Mittel- und Südamerika und der übrigen Welt (Abbildung 8). Vor allem Japan, Indien und China importieren große Mengen fossiler Brennstoffe, da aufgrund ihrer geologischen Lage und der demographischen Situation ein großangelegter Handel im Importbereich nötig ist. Weiterhin ist der asiatisch-pazifische Handel auch der größte im intraregionalen Bereich. Es werden ca. 284 Millionen (Abbildung 8) Erdöl und Erdgas gehandelt, wobei hier Brunei, Malaysia und Indonesien eine Vormachtstellung inne halten. Exportiert werden vergleichsweise wenig Erdöl und Erdgas, ca. 32 Millionen Tonnen (Abbildung 8). VI-12 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 8: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Asien-Pazifik. BP, 2009. VI.3.2.6. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Naher Osten Der Nahe Osten ist handelstechnisch gesehen die Region mit dem geringsten Importaufkommen an Erdöl und Erdgas (Abbildung 9). Dies ist aufgrund ihrer geologischen Situation mit dem größten und viertgrößten Erdölfeld weltweit sowie dem größten Erdölproduzenten (Saudi Aramco) offensichtlich. Intraregionaler Handel findet nur zwischen den großen Produzenten SaudiArabien, Irak, Iran und VAE (Vereinigte Arabische Emirate) auf der Anbieterseite und Staaten wie Libanon, Jordanien, Syrien und dem Jemen auf der Nachfragerseite statt. Mit ca. 15 Millionen Tonnen (Abbildung 9) an Handelsvolumen entspricht dies den Handelsvolumina von Afrika und Mittelund Südamerika. Im Bereich des Exports ist der Nahe Osten handelstechnisch führend, mit einem Handelsvolumen von ca. 920 Millionen VI-13 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Tonnen jährlich (Abbildung 9). Die größten Abnehmer sind Japan, Indien und China. Abbildung 9: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Naher Osten. BP, 2009. VI.3.2.7. Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas in den UdSSR Nachfolgestaaten Die Nachfolgestaaten der UdSSR importieren keine (Abb.10) fossilen Brennstoffe im Bereich des Erdöls und des Erdgas, da sie aufgrund ihrer geologischen Situation gänzlich auf einen Import verzichten können. Russland besitzt das zweitgrößte Erdölfeld sowie große Erdgasreserven und mit Gazprom den größten Erdgasproduzenten weltweit. Im intraregionalen Handel zeichnet sich das gleiche Bild, da fast jeder einzelne Staat über genügend eigene Reserven im Bereich Erdöl und Erdgas verfügt (Abbildung 10). Mit ca. 550 Millionen Tonnen (Abbildung 10) Handelsvolumen im Bereich Erdöl und Erdgas sind die UdSSR-Nachfolgestaaten der zeitgrößte Exporteur weltweit. Europa ist der größte Importeur mit ca. 457 Millionen Tonnen (Abbildung 10) bzw. aus Sicht der Nachfolgestaaten der UdSSR der größte Abnehmer. VI-14 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 10: Haupthandelsströme Erdöl und Erdgas Nachfolgestaaten UdSSR. BP, 2009. VI.3.2.8. Haupthandelsströme Kohle weltweit Die Haupthandelsströme des Weltkohlehandels liefen in den 70er Jahren in Süd-Nord Richtung zwischen Australien und Japan, den USA und Kanada und in Ost-West Richtung zwischen den USA, Kanada und Japan, den USA und Westeuropa sowie Polen und Westeuropa und Japan (Rumberger & Wettig, 1976). Von den USA wurden fast alle Länder Mittel- und Südamerikas mit Kokskohle versorgt, da nur Kolumbien über Kokskohle verfügt (Rumberger & Wettig, 1976). Dieses Szenario hat sich größtenteils nicht verändert. Die einzige Veränderung ist, dass die Unternehmen mehr und mehr global strukturiert sind bzw. global agieren können (vergleiche Kapitel 2, Peabody bzw. BHP Billiton). Deutsche und polnische Kohlereviere werden größtenteils zur Eigenversorgung gebraucht, importiert wird gar keine (Koks-) Kohle und exportiert auch eher wenig. Die meisten Exporte kommen weiterhin VI-15 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs aus Australien und den USA. Vernetzung und Fusionen zwischen USamerikanischen und australischen Konzernen sind an der Tagesordnung (vergleiche Kapitel 2, Peabody bzw. BHP Billiton). Braunkohle wird immer noch als Energieträger für Kraftwerke genutzt (siehe RWE mit Garzweiler). Dies wird sich aufgrund von Verträgen auch in nächster Zukunft nicht ändern. VI.3.3. Rohstoff-Börsen Die weltweit größten Rohstoffbörsen sind das Chicago Board of Trade (CBOT), die New York Mercantile Exchange (NYMEX) und die London Intercontinental Exchange (ICE). Das CBOT war die erste Rohstoffbörse und ist immer noch die größte Rohstoffwarenterminbörse der Welt (Extra, November 2009). Im Bereich Energie musste das CBOT seine Vormachtstellung aber mittlerweile an die NYMEX sowie die ICE abgeben (Extra, November 2009). Weltweit gibt es momentan über 30 Rohstoffbörsen, wobei sich der Markt durch eine hohe Konzentration auf die Länder USA, Japan, China und Großbritannien auszeichnet (Extra, November 2009). Seit ca. 2005 treten immer mehr Energiekontrakte in den Vordergrund. Der Anteil von WTI (World Trade Index) Öl am Handelsumsatz der NYMEX lag 2004 bei knapp 40%, zusammen mit Erdgas sogar bei über 50% (Abbildung 11) (Extra, November 2009). VI-16 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 11: Umsatz der NYMEX nach Rohstoffen (in %). Extra, November 2009. Die NYMEX handelt im großen Maße mit Energie Futures (Börsenterminkontrakt, verbindlicher Börsenvertrag), v.a. mit Oil Futues. In solchen Oil Futures (Anhang 1) wird die gehandelte Menge und Qualität, der Zeitpunkt in der Zukunft und einem bei Vertragsabschluss bestimmten Preis, festgelegt. Abbildung 12 zeigt einen Ausschnitt des Oil Futures „Light Sweet Crude Oil“ von Februar 2011 bis Juni 2011. In diesem Chart sieht man das handelbare Volumen, den niedrigsten Wert des Futures (Low), den höchsten Wert des Futures (High), den Öffnungswert (Open) sowie die Veränderung des Futures (Change). Abbildung 12: Light Sweet Crude Oil Future – Chart. CME Group, 2011. Weiterhin handelt die NYMEX mit weiteren 5 Kohle-Futures, ca. 60 ErdölFutures und ca. 110 Erdgas-Futures (CME Group, 2011). Dieser FutureHandel zählt zu den lukrativsten Warentermingeschäften. Dieser Future stellt natürlich einen Faktor in der Preisbildung und Preisentwicklung dar. VI-17 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung VI.4. Märkte VI.4.1. Die Patrick Friedrichs Definition Markt/Märkte wichtigsten Bedingungen für einen vollkommenen Markt sind Homogenität (= Güter sind sachlich gleichartig bzw. homogen, sie unterscheiden sich nicht im Urteil des Konsumenten), keine persönlichen Präferenzen (= es bestehen keine Bindungen zwischen Anbieter und Nachfragern, d.h. keine unterschiedliche Behandlung verschiedener Nachfragegruppen durch den Hersteller oder dass die Kunden Präferenzen gegenüber einem bestimmten Produzenten zeigen), keine räumliche Präferenzen (= es bestehen keine Präferenzen auf der Angebots- oder Nachfrageseite, das Produkt an bestimmten Orten zu (ver-)kaufen) und keine zeitliche Differenzen (= es bestehen keine unterschiedlichen Lieferzeiten, die für die Konsumenten Anlass bieten könnten, homogene Produkte bevorzugt bei bestimmten Anbietern zu kaufen) (Feess, 2000, S.252). Zusammenfassend besteht die Definition vollkommener Märkte demnach im Fehlen jeder Differenzierung zwischen Anbietern und Nachfragern in sachlicher, persönlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht (Feess, 2000, S.252). Mit Hilfe des Begriffs des vollkommenen Marktes unterscheidet man zwischen homogenen und heterogenen Märkten (Feess, 2000, S.252). Von homogenen Märkten spricht man, wenn alle Homogenitätsbedingungen (Preise aller Anbieter müssen gleich sein) erfüllt sind, andernfalls nennt man die Märkte heterogen (Feess, 2000, S.252). Es müssen also alle Faktoren (Preis, Menge, Angebot und Nachfrage) homogen miteinander funktionieren (Abbildung 13). VI-18 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 13: Vollkommener Markt. VI.4.2. Globale Märkte Globale Märkte sind der Öl- und Gasmarkt und teilweise der Kohlemarkt. Der Gasmarkt ist eher weniger als globaler Markt anzusehen als der Ölmarkt, da aufgrund der polito-ökonomischen Probleme, die der globale Gashandel mit sich bringt, sowie der Dominanz des Pipelinetransports, kein Zusammenspiel zwischen Anbieter und Nachfrager in dieser Hinsicht möglich ist (Welfens, 2008, S.147), da die meisten Gasunternehmen mittlerweile verstaatlicht sind oder pseudo-staatlich bzw. staatlich gesteuert sind (siehe Gazprom). Somit hat die Politik im Bereich der Preisbildung für Gas eine Art Kontrolle bzw. Regulierungsmöglichkeit. Hier geht es meist nicht darum den Nachfrager, der den meisten Gewinn verspricht zu beliefern, sondern um politischen Druck auszuüben. Gas kann somit auch als politisches Druckmittel verstanden werden (siehe Gaskrise Russland-Ukraine, vor einigen Jahren). Der Ölmarkt hingegen kann als globaler Markt verstanden werden. Hier gibt es Anbieter und Nachfrager im Zuge der vollständigen Konkurrenz, noch ohne allzu große Einmischung seitens der Politik. Ausnahmen sind auch hier wieder die beiden NOCs (National Oil Companies), Saudi Aramco und NIOC (National Iranian Oil Company) (vergleiche Kapitel VI.2). Sollte der relative Ölpreis bei deutlicher Verknappung dauerhaft inflationsbereinigt im 21. Jahrhundert ansteigen, dann gehen davon auf der Nachfragerseite Einsparanreize aus und zudem angebotsseitige Anreize für Investitionen und Innovationen im globalen Energiemarkt (Welfens, 2008, S.147). Hinzu kommt noch die VI-19 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs wirtschaftspolitische Komponente, der Staat China bzw. die verstaatlichten Unternehmen Chinas. Da aufgrund des Wachstums Chinas es zu einem Anstieg der Produktion an Erdöl, Erdgas und Kohle zukünftig kommen wird. Wobei China immer mehr versucht den volatilen Ressourcenmarkt zu meiden. Chinesische Unternehmen kaufen Anteile an Ressourcenunternehmen weltweit auf, insbesondere im Ölmarkt Afrika, um so sein Bestreben nach Selbstversorgung zu untermauern. Auswirkungen auf den globalen Markt für Erdöl könnten in zwei Richtungen interpretiert werden, entweder wird China zu einem Art Gegengewicht zu den Staaten der OPEC oder es wird eine ähnliche Situation auftreten wie beim globalen Gasmarkt. Der Kohlemarkt ist eigentlich nur im Börsensinne ein globaler Markt, da dort mit Kohle-Aktien respektive Kohle-Futures (vergleiche Kapitel VI.3.3) gehandelt wird. Ansonsten spielt sich der globale Kohlehandel eher in Süd-Nord Richtung, Australien nach Asien oder Ost-West Richtung von den USA nach Europa (ausgenommen Deutschland) ab (vergleiche Kapitel VI.3.2.8). VI.5. Preisbildung und Preisentwicklung VI.5.1. Mikroökonomie und Preisbildung Primärer Gegenstand der mikroökonomischen Theorie ist die Erklärung der Preisbildungsprozesse in Marktwirtschaften aus dem dezentralen Handeln der „Wirtschaftssubjekte“ (Feess, 2000, S.263). In dieser Theorie wird gefragt, welche Güter in welchen Mengen produziert werden, welche Kosten dabei entstehen und wie sich die Preise für die Güter auf unterschiedlich strukturierten Märkten (beispielsweise vollständige Konkurrenz oder Preisbildung natürlicher Ressourcen) bilden (Feess, 2000, S.263). Weiterhin spielen weitere Faktoren wie Produktionsfaktoren, Produktionsprozesse und die Verteilung der Güter auf die Marktteilnehmer (Feess, 2000, S.263) eine Rolle. Bei der allgemeinen Preisbildung wird das einfache Marktmodell (= nur einzelne Güter werden betrachtet) in der Mikroökonomie zugrunde gelegt. In diesem vereinfachten Marktmodell sind vier Faktoren maßgeblich, der Preis, die (Güter-) Menge, das Angebot und die Nachfrage. In Abbildung 14 wird das Zusammenspiel der vier Faktoren dargestellt. VI-20 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 14: Angebot und Nachfrage im einfachen Marktmodell. Hier wird deutlich, dass bei einem niedrigen Angebot und hoher Nachfrage des Gutes der Preis als maximal angenommen werden kann. Hingegen bei einem hohen Angebot und niedriger Nachfrage des Gutes der Preis als minimal angenommen wird. Der Punkt, indem sich Angebots- und Nachfragefunktion treffen, wird Marktgleichgewicht oder auch Marktpreis genannt. In dieser Situation verwirklichen Anbieter und Nachfrager im Marktgleichgewicht ihre Vorstellungen von Preis und Menge und es kommt der größtmögliche Umsatz zustande. VI.5.1.1. Preisbildung auf Gütermärkten Bei der Preisbildung auf Gütermärkten treten weitere Faktoren auf und das Marktmodell muss modifiziert werden. Durch diese Faktoren stellen sich unter bestimmten produktionstechnischen und präferenztheoretischen Annahmen steigende Angebots- und fallende Nachfragefunktionen ein (Feess, 2000, S.263). Die Begründungen sind steigende Grenzkosten (= die durch eine infinitesimale Produktionssteigerung zusätzlich entstehenden Kosten für den Fall, dass alle Produktionsfaktoren gleichmäßig variiert werden) für die Angebotsfunktion und eine sinkende Grenzrate der Substitution (= Steigerung der Indifferenzkurve und gibt an, wie viel Einheiten eine Ware i mit einer Einheit einer Ware j ersetzt werden können) im Konsum für die Nachfragefunktion (Feess, 2000, S.263). Beide Funktionen (Angebot und Nachfrage) stellen alle Gleichgewichte der Konsumenten bzw. der Unternehmen dar, d.h. jeder Punkt auf der Nachfragefunktion ist nutzen- und jeder Punkt auf der Angebotsfunktion ist gewinnmaximal. Es gibt aber nur VI-21 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs einen einzigen Preis (Gleichgewichtspreis p*), bei dem die nutzenmaximalen Pläne der Konsumenten und die gewinnmaximalen Pläne der Unternehmen miteinander vereinbar sind (Feess, 2000, S.263). Abbildung 15: Angebot und Nachfrage auf Gütermärkten. Feess, 2000, S.264. Abbildung 15 zeigt deutlich, dass bei einem Preis unter p* (p2) eine Übernachfrage und bei einem Preis über p* (p1) ein Überangebot besteht (Feess, 2000, S.264). Der Punkt p*/y* wird hier als Gleichgewichtslösung Preis=Grenzkosten für vollständige Konkurrenz angesehen, d.h. Übereinstimmung der gewinnmaximalen Pläne der Unternehmen und der nutzenmaximalen Pläne der Konsumenten (Feess, 2000, S.264). Diese Gleichgewichtslösung wird, ohne den Preis als Datum zu betrachten, aus dem rationalen Verhalten der Unternehmer begründet (Feess, 2000, S.264). VI.5.1.2. Preisbildung bei natürlichen Ressourcen In den beiden vorangegangenen Kapiteln ist angenommen worden, dass die Güter beliebig reproduziert werden können, so dass die Effizienzbedingung Grenzkosten=Grenznutzen(= der von einer infinitesimalen Erhöhung eines Gutes hervorgerufene Nutzenzuwachs) unmittelbar einsichtig ist (Feess, 2000). Bei Erdöl, Erdgas und Kohle verändert sich das Marktmodell, da es nötig ist, die Abbaukosten der fossilen Brennstoffe sowie die in Zukunft entstehenden Wohlfahrtsverluste (= durch eine Marktstörung im Vergleich zur Situation vollkommener Konkurrenz verursachten Verlust an Konsumentenund Produzentenrente) zu berücksichtigen. Weiterhin ist zu konstatieren, dass es sich hier um einen Markt der nicht reproduzierbaren Ressourcen VI-22 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs handelt. Hinzu kommt noch die Einmischung verschiedener Regierungen durch die Einführung einer Ressourcensteuer (Bsp.: Mineralölsteuer BRD bzw. Energiesteuer) oder durch Konflikte (Bsp.: Irakkrieg 1990/2002) entstandene Preisschwankungen, welche durch Transportprobleme bzw. geringere Produktion entstanden sind. Bezieht man all diese Faktoren ein, ist es erheblich schwierig ein feststehendes System der Markt-/ bzw. Preisbildung für natürliche Ressourcen zu entwickeln. Volkswirtschaftlich gesehen muss ein sogenannter Schattenpreis (= der Nutzen einer Ressourceneinheit in einem beliebigen Zeitpunkt t) einbezogen werden. Der Schattenpreis entspricht in diesem Fall den Opportunitätskosten (= Nutzenentgang durch die Wahl einer Handlungsalternative), da die gleiche Ressourceneinheit nicht mehr zu einem anderen Zeitpunkt produziert werden kann. Modifiziert man diese These weiter und konstatiert, dass auch direkte Abbaukosten entstehen können. Bezieht man nun die äußeren Einflüsse in diese These mit ein, kommt man zu folgender Gleichung: Preis (= Grenznutzen) = Grenzkosten + Opportunitätskosten + Abbaukosten + äußere Faktoren. VI.5.2. Preisentwicklung VI.5.2.1. Erdölpreise Erdölpreise in den letzten 2 Jahren In den letzten zwei Jahren (Dezember 2008 – Dezember 2010) stieg der Erdölpreis kontinuierlich von ca. 40 US-$ pro Barrel auf ein weiteres Rekordhoch von 94 US-$ pro Barrel (Abbildung 16). Bedenkt man, da der Erdölpreis im Oktober 2008,vor der Firmenpleite von Lehman Brothers, kurzzeitig fast dasselbe Niveau aufwies wie momentan, ist die Entwicklung der letzten zwei Jahre nicht positiv zu betrachten, aber auch nicht beunruhigend. Bezieht man weiterhin den konjunkturellen Aufstieg Chinas in diese Entwicklung mit ein, so erscheint der Preisanstieg doch klarer. Die Erdöllieferungen nach Europa blieben fast identisch, aber die Erdöllieferungen, v.a. durch die OPEC, an China wurden stetig erhöht. VI-23 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 16: Ölpreis in $/Barrel (2 Jahre). Diek, S., HSH Nordbank, 2010. Erdölpreise in den letzten 6 Monaten Der Erdölpreis ist in den letzten 6 Monaten um 18 US-$ pro Barrel, von 76 US-$ auf 94 US-$, gestiegen (Abbildung 17). Bei linearer Betrachtung, bezieht man die Schwankungen ein, stieg der Erdölpreis von ca. 73 US-$ auf 91 US-$ (Abb.17). Nur Ende Juni (Abbildung 17) und Ende August (Abbildung 17) sank er auf ca. 72 US-$, welches auf geringes Nachfrage-verhalten der OECD-Länder zurückzuführen ist. Ende Dezember 2010 (Abbildung 17) erreichte der Erdölpreis sein bisherige Höchstmarke von 94 US-$ pro Barrel. Börsen-Analysten gehen aber davon, dass der Erdölpreis im nächsten Jahr nicht die 100 US-$-Grenze überschreiten wird. VI-24 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 17: Ölpreis in $/Barrel (Juni-Dezember 2010). Diek, S., HSH Nordbank, Juni-Dezember 2010. Aktuelle Erdölpreise Der Erdölpreis ist in den letzten 4 Wochen (29.November – 27.Dezember) um ca. 6 US-$ pro Barrel, von 88 US-$ auf 94 US-$, gestiegen (Abbildung 18). Damit erreichen die Erdölpreise erstmalig wieder die Anfang Oktober 2008 eingenommenen Niveaus (Diek, HSH Nordbank, 2010). Dieser Anstieg ist zum einen auf den extremen Wintereinbruch zurückzuführen, welcher den kompletten Dezember Verkehr und Transport zum Erliegen brachte sowie die tägliche Heizrate erhöhte. Diese Faktoren führten zu einer erhöhten Ölnachfrage. Zum anderen ist der Anstieg mit den, aus den Witterungsbedingungen resultierenden, sinkenden Rohöllagerbeständen zu erklären. VI-25 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs Abbildung 18: Ölpreis in $/Barrel (Dezember 2010). Diek, S., HSH Nordbank, Dezember 2010. VI.5.2.2. Erdgaspreis Der aktuelle Preis für den ICE Natural Gas Open End beläuft sich auf 1 GBP (Great Britain Pound = Pfund Sterling) pro Aktie bzw. 0,77 € pro Aktie (Abbildung 19). Diese Aktie für Erdgas weist eine Entwicklung bzw. einen Anstieg von 0,60 GBP (01.01.2010) auf 1,00 (01.01.2011) auf. Abbildung 19: ICE Natural Gas Prize. Royal Bank of Scotland, 2011. Mitte Dezember 2010 notierte der Erdgas-Future 4,238 US-$ (Abbildung 20) (Ross Trading GmbH, 2010). In den letzten zwanzig Jahren (1991-2011) VI-26 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs schwankte der Erdgaspreis zwischen 1,045 US-$, 1992, 15,65 US-$, 2005, 13,694 US-$, 2008, 2,409 US-$, 2009 und 6,108 US-$, 2010 (Abbildung 20). Im Zuge der weltweiten Finanzkrise stürzte der Erdgaspreis im Jahr 2009 auf 2,409 US-$. Das Chartbild (Abbildung 20) ist als negativ einzuschätzen. Es besteht zunächst Preisabgabepotential in Richtung des Tiefs des Jahres 2009 bei 2,409 US-$ (Ross Trading GmbH). Der Abwärtstrend wäre jedoch dann als unterbrochen anzusehen, wenn das Hoch des Jahres 2010 bei 6,108 US$ überschritten wird (Ross Trading GmbH). Ausgehend vom Stand Mitte Dezember 2010 mit 4,238 US-$ ist diese Tendenz noch nicht klar erkennbar. Abbildung 20: Natural Gas Chart der letzten 20 Jahre. Ross Trading GmbH, 2010. VI.5.2.3. Kohlepreis Der aktuelle Kokskohlepreis pro Tonne beläuft sich momentan auf ca. 210 US-$/Tonne. Aufgrund der Flut in Australien haben die Bergbaufirmen wie BHP Billiton, Rio Tinto und Xstrata mit Verweis auf höhere Gewalt die Lieferungen an ihre Kunden eingestellt (Haid, Börse-Online, 2011). Durch den Wirtschaftsboom in China und Indien stiegen die Kohlenotierungen stark an. Analysten der UBS AG gehen davon aus, dass der Preis für Kokskohle im VI-27 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs zweiten Quartal 2011 um 20 % auf 250 US-$ je Tonne steigen wird (Haid, Börse-Online, 2011). Der weltgrößte Verbraucher (China) des Rohstoffs hat in den ersten zehn Monaten 2010 den Import um 38 % auf 133,9 Millionen Tonnen erhöht (Haid, Börse-Online, 2011). Die Analysten von UOB Kay Hyan erwarten, dass die Einfuhr im laufenden Jahr um 60 Prozent auf 265 Millionen Tonnen steigen wird (Haid, Börse-Online, 2011). Die Regierung Indiens prognostiziert, dass sich der Verbrauch in den nächsten zwei Jahrzehnten auf zwei Milliarden Tonnen mehr als verdreifacht (Haid, Börse-Online, 2011). Derzeit baut Indien jährlich rund 530 Millionen Tonnen des Energieträgers ab, 65 Millionen Tonnen werden importiert. VI.6. Ausblick Der zukünftige Markt, Handel und Preis im Bereich der fossilen Brennstoffe (Erdöl, Erdgas und Kohle) wird immer mehr durch äußere Begebenheiten beeinflusst. Es entsteht eine sogenannte Preisabhängigkeit von äußeren Einflüssen, welche die politische Situation, polito-ökonomischer Einfluss, Verstaatlichung von Unternehmen, (Natur-) Katastrophen, fortschreitender wirtschaftlicher und demographischer Wachstum Chinas und Indiens sowie die finanzwirtschaftliche Differenzierung von Märkten beinhalten werden. Die politische Situation bzw. die politischen Einmischungen in den meisten erdöl- und erdgasfördernden Staaten (Iran, Saudi-Arabien, Irak, VAE, Katar, Russland, Venezuela und China) werden eine differenzierte Sicht auf die Bildung von globalen Märkten, des globalen Handels sowie des Preises bei fossilen Brennstoffen unumgänglich machen. Die fortschreitende Verstaatlichung der meisten erdöl- und erdgasproduzierenden Unternehmen wie der NIOC (National Iranian Oil Company), Saudi-Aramco oder Gazprom führt zu einer verstaatlichten Kartellbildung und somit zu einer Preisbildung durch ressourcenproduzierende Staaten. Durch diese neugeschaffene Situation stellt sich die Frage, ob die OPEC (Organization of Petroleum Exporting Countries) gestärkt oder ersetzt werden soll bzw. wie viel Einfluss sie noch bekommen soll oder bekommen darf. Der Grund der Verstaatlichung liegt auf der Hand, diese Staaten verleiben sich fossile Brennstoffe produzierende Unternehmen in ihren Staatsapparat ein um auf der einen Seite ihr BIP (Bruttoinlandsprodukt) und ihren eigenen Staatshaushalt zu VI-28 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs stärken. Auf der anderen Seite gelangen sie in den Besitz der größten Erdölund Erdgasvorkommen weltweit (vergleiche Kapitel 2, Saudi-Aramco, NIOC und Gazprom) und haben somit ein weltpolitisches Druckmittel. Es ist zu konstatieren, dass Erdöl und Erdgas mehr und mehr zu einem Politikum wird, also zu einem Spielball auf politischer Ebene. Indien und v.a. China erweitern ihre wirtschaftlichen Vernetzungen und Ansprüche, so dass Energieunternehmen bzw. erdöl- und erdgasproduzierende Unternehmen den Preis weiter anheben können (vergleiche Kapitel VI.5.2.1, Erdölpreis). Hinzu kommen noch (Natur-) Katastrophen wie der Blowout an der Deep Water Horizon im vergangenen Jahr und die anhaltende Flutkatastrophe in Australien. Die Flutkatastrophe in Australien ist in erweiterter Hinsicht interessanter für den weltweiten Kohlepreis, da aufgrund der benannten Katastrophe kohleproduzierende Unternehmen wie Peabody, BHP Billiton und Rio Tinto ihre komplette Kohleproduktion einstellen mussten. Dies wirkt sich natürlich auf den weltweiten Kohlepreis aus bzw. es resultiert in einen steigenden Kohlepreis. Legt man weiterhin die weltwirtschaftliche Konjunktur zu Grunde, muss über eine Differenzierung des Marktes für fossile Brennstoffe nachgedacht werden. Nach Abschwächung des weltweiten konjunkturellen Hochs wird es zu einer Art Preisregulierung kommen. Diese Preisregulierung wird aber differenzierter ablaufen als in Vergangenheit. Durch oben genannte Faktoren, v.a. poltio-ökonomischer Einfluss, wird es zu einer eher erzwungenen Regulierung kommen – durch erdöl- und erdgasproduzierende Unternehmen bzw. Staaten - und nicht zu einer natürlichen Preis- und Marktregulierung. Für die Bundesrepublik Deutschland wird es wirtschaftliche Veränderungen geben. Aufgrund der Abhängigkeit von Erdöl und v.a. Erdgas, wird die Bundesrepublik Deutschland immer mehr in die Rolle eines passiven Staates gedrückt. Die Regierung versucht indes durch ihre Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) dieses Szenario zu regulieren. D.h. sollte es zu weiteren Preiserhöhungen auf dem Erdöl- und Erdgasmarkt kommen und somit in höhere Benzin- und Heizölpreisen resultieren, wird die Bundesregierung eine Erhöhung der Energiesteuer in Betracht ziehen müssen. Die momentane Situation auf dem Endverbrauchermarkt ist folgende: der Benzinpreis ist VI-29 Handel, Märkte, Preisbildung und Preisentwicklung Patrick Friedrichs bundesweit um 12-13 Cent pro Liter gestiegen, der Heizölpreis liegt bei einem Rekordhoch von 75 Cent pro Liter. Im Bereich der Kohleproduktion ist die Bundesrepublik Deutschland weniger bzw. kaum vom Weltmarkt abhängig, da sie weiterhin genug Eigenproduktion aufweist bzw. aufweisen wird. Zwar müssen sich in Deutschland, Energieunternehmen wie RWE den erneuerbaren Energien zur Wehr setzen, dennoch muss man auch in der Bundesrepublik erkennen, dass ohne den Energieträger Kohle keine wirtschaftliche Produktion im Bereich Energien, in der momentanen Situation, geben wird. VI.7. Quellen BHP Billiton: BHP Billiton Report on Production Volume, http://www.bhpbilliton.com/bbContentRepository/docs/2009Form20f.pdf, Stand: 14.September 2009. BHP Billiton: BHP Billiton-Energy Coal, Reliability, Insight, Innovation, Value. 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Gasification Simon Baer Gasification is an environmentally friendly method to transform any carbonbased raw material without burning it. Instead, a chemical reaction is initiated by combining the carbon material with oxygen and steam under high pressure and temperature. This produces a mixture of low molecular weight volatile species from which pollutants can be readily removed, leaving behind a clean synthesis gas that can be used to generate electricity or pdoduce liquid fuels, fertilizers and chemicals. The process can be done on surface in different kinds of gasifiers or in underground coal seams, which is called “Underground Coal Gasification”. All kinds of carbon-based feedstocks can be used for the conversion, whereas coal is the most used material. With a capacity of approximately 76000 MWth syngas the capacity has been tripled within 20 years. Also the future prospect of gasification usage is increasing significantly. This is owed to the many advantages of the gasification method. It is, in contrary to other technologies a clean way to produce energy. In addition it is flexible in terms of the input material and the final endproduct. However, gasification power plants are yet mostly subsidised. Reasons for this are the high capital and operating costs. VII-1 Gasification VII.1. Simon Baer Introduction Gasification was first used 150 years ago (Laboratory, 1990). Since then, the gasification process can be subdivided into three phases that according to their development stages. The process of gasification deals with the conversion of carboniferous material (fossil fuels, biomass and wastes) into syngas that consists of hydrogen and carbon monoxide (Surhone, Timpledon, & Marseken, 2010). This paper provides an overview of technology, application and future prospect, covering: the major reactions that matter for the gasification process the different processes with its strengths and weaknesses the geological background and the economical/environmental issues related to gasification The importance of gasification can be seen in the increasing world energy supply that is longing for substitute energy sources, techniques to increase efficiency and in response to sustainable development the cleanliness of this convertion process. VII.2. Historical development 150 years ago, the history of gasification began with the gasification of coal by using air and steam as gasifier (Laboratory, 1990). In this development stage of gasification, the gas was produced on small-scale and mainly used as town gas. With the development of the Winkler fluidized bed coal gasifier in 1926, gasifiers were commercialized and used on a bigger scale, but due to their low efficiency of carbon conversion, these gasifiers were not sold for 20 years (Laboratory, 1990). Beside the Winkler gasifier, the Lurgi pressurized gasifier was developed and mainly used for the production of town gas before it was used 1955 in the first commercial synfuel plants in South Africa by SASOL (Laboratory, 1990). The advancement of the gasification process was often associated with political crises, when common energy sources were rare. This happened in the Second World War as Germany went back on improving the gasification process to substitute the rare energy resources during the war. South Africa VII-2 Gasification Simon Baer continued to develop the technology, because they wanted to be independent concerning their energy in case of an embargo due to their Apartheid policy. The United States enhanced the gasification technology by supporting gasification projects, including the world´s first Integrated Gasification Combined Cycle (IGCC) electric power plant. The present stage of technology is characterized by these IGCC power plants. These plants are situated adjacent to refineries in order to use their coke and other hydrocarbon residuals. VII.3. Chemical reactions Conventional coal gasification needs a temperature of higher than 1000°C by using steam and oxygen as reactants (Wang, Jiang, Yao, Zhang, & Cao, 2009). The gasification product is a mixture of hydrogen, carbon monoxide, carbon dioxide, methane and minor amounts of other gases. Depending on the coal type, the gasification process and operating conditions, the composition of this mixture varies (Wang, Jiang, Yao, Zhang, & Cao, 2009). There are different ways a carbonaceous or hydrocarbon fuel can be gasified. The different methods distinguish in their reactions, depending on the process and the reactants. The reactions relevant for the process are: C ! " O CO standard enthalpy of formation H 0f -111 kJ/mol This reaction of carbon with oxygen forming carbon monoxide is a partial oxidation reaction and represents in combination with the water-gas reaction the most common gasification reaction (Higman & Van der Burgt, 2003): C H 2 O CO H 2 Two other important reactions in the gasification of carbonaceous materials are the Boudouard reaction C CO2 2CO and the methanation reaction: C 2 H 2 CH 4 The Boudouard reaction plays an important role in the gasification of pure carbon with an oxygen carbon dioxide mixture and the methanation process is VII-3 Gasification Simon Baer the basis of all hydrogenating gasification processes (Higman & Van der Burgt, 2003). The overall reaction for the gasification of fuels can be written as follows: C n H m n O2 nCO m H 2 (Higman & Van der Burgt, 2003 2 2 For pure methane m is 4 and n is 1, for oil m is nearly 2 and n is nearly 1, for coal both m and n are 1. In comparison to the combustion process, gasification differs in terms of the oxygen content that is used for the process. In the gasification process the oxygen supply is limited and ranges from 20-70% of the oxygen that is used for complete combustion (clean-energy.us, 2010). VII.4. The Gasification Process VII.4.1. Gasifiers The process of gasification can be described by the three main gasifiers: the Moving-Bed Gasifier, the Fluidized-Bed Gasifier and the Entrained-Flow Gasifier. The Moving-Bed Gasifier feed the gasifier with coal from the top. From there it moves down due to gravity trough the reactor. Steam, oxygen or air are injected at the bottom. The Fluidized Bed Gasifier feeds coal from the middle upper part. From there the solid particles are mixed and fluidized by the gas. Then the remaining solids and the gases are separated. The Entrained Flow Gasifier feed coal, steam, oxygen or air together from the top of the gasifier. By using high-purity oxygen, a high carbon conversion can be achieved (PES, 2010). As seen in Figure 1, the three gasifier types differ in their capacity due to their temperature values and their gasification rate. The Moving-Bed Gasifier has a low gasification rate, when operated at atmospheric pressure (Laboratory, 1990). The diagrams below the gasifier schemes show the temperature distribution in the gasifier. Due to the higher and more uniform temperature values within the Fluidized-Bed Gasifier, the capacity is higher than in the Moving-Bed Gasifier. However, the performance of Fluidized-Bed Gasifier is limited by an eventual pretreatment of caking coal, the bed must be kept VII-4 Gasification Simon Baer below the fusion temperature of the ash and by using less reactive coals, the carbon conversion may not be completed (Laboratory, 1990). Figure 1: Three main gasification reactors. The Moving-Bed Gasifier, the Fluidized-Bed Gasifier and the Entrained-Flow Gasifier (Laboratory, 1990). With the development of the Luigi gasifier, oxygen was used as a substitute for air. This change has two main benefits: due to the constant production of medium-Btu gas, the gasification rate is increased; by using liquid oxygen or high pressure steam, the operation pressure in the gasifier is increased and leads to an increased gasification rate as well (Laboratory, 1990). VII.4.2. Underground Coal Gasification Underground Coal Gasification (UCG) is the gasification of untreated coal in the subsurface. This technique started to develop 1930, when the Soviets started with theoretical and experimental studies (Burton, Friedmann, & Upadhye, 2006). In the 1950´s the Soviets built up the first UCG plant on industrial-scale in shallow buried (40-300m) lignite and hard coal seams. The plant had a production of 100-600 million m³ of gas per year and an average hydrogen content of 20% in volume (Kreinin, Fedorov, Zvyagintsev, & Pyankova, 1982). VII-5 Gasification Simon Baer The transformation of coal into syngas in the subsurface is illustrated in Figure 2. Figure 2: Process of Underground Coal Gasification (LincEnergy, 2010). The process comprises an injection well and a production well. These wells are linked horizontally. Air and oxygen are injected into the coal seam to drive the combustion in the subsurface. Normally the coal would burn under the given temperature, but by controlling the oxidant flow the combustion process can be inhibited. Under these conditions (see chapter VII.3) the coal is converted to syngas that is released to the surface via the production well. Presently there are two different methods of UCG. The first one is explained in the figure two and the other one consists, similar to the oil and gas drilling processes, of inseam boreholes in which the injection point can be moved during the process (World-Coal-Association, 2010). CO2 is generated during coal combustion, but in contrast to the combustion of coal in surface plants, the released CO2 in the UCG process can be directly stored in the subsurface. Other advantages are the low plant costs of this process, because no gasifier is required and transportation costs of coal are avoided as well. The production of hydrogen during the gasification process was previously criticized as useless byproduct, but with further development, hydrogen is now a useful product for the chemical industry and in future probably a potential fuel for vehicles. VII-6 Gasification Simon Baer The present use and projects of UCG will be explained in the chapter “gasification today”. VII.5. Environmental issues Similar to all other hydrocarbon energy sources, the gasification plants also produce toxic or harmful components. Some of the toxic components are unique to coal gasification; most of them are similar to those from other industrial sources like coal-fired power plants. There are overlaps, because most emissions are released during the treatment of coal. In the gasification process coal has to be stored, prepared and transported. The emissions during this process are likely to be the major source of emissions from gasification plants to the atmosphere or as wastewater in the surrounding environment (Laboratory, 1990). However, the gasification process produces unique toxic components. The gasifiers release ash and slag that contain high concentrations of CO, H2S, carbonyl sulphide, ammonia, hydrogen cyanide and trace elements which are volatilized in the gasification process (Laboratory, 1990). Furthermore, the raw gas from a moving-bed gasifier contains 5 weight % organic by-products, including toxic species such as methyl mercaptan, phenols, benzene and polycyclic aromatic hydrocarbons (Laboratory, 1990). These toxic components must be transferred to other streams and then be treated. The ash and slag residuals are normally transported to a long-term-storage or disposal to control environmental contaminants during the process. In conclusion it has to be mentioned that the emissions are, contrary to other energy sources manageable and the gasifiers will continuing to develop in terms of environmental issues. VII.6. Feedstocks for gasification Several feedstocks can be used for the gasification process, but the main ones are coal and coke. This paper will also describe biomass-, waste-, liquidand gaseous -feedstocks. The feedstock itself is not a fuel, because it does not get combusted, rather converted into fuels that can be combusted after the gasification process. VII-7 Gasification Simon Baer Figure 3: Worldwide feedstock distribution and their syngas capacity in operating, construction and planning stages (NETL, 2010 Worldwide Gasification Database, 2010). Figure 3 illustrates the distribution of feedstocks worldwide. This shows that coal is in all stages the leading feedstock. Biomass and waste rank as feedstock for gasification processes with less than 2% of the cumulated syngas capacity and thus represent the least important producer of syngas. VII.6.1. Coals and coke: The world coal production per year is approximately 3500 MMtoe/y (BP, 2009). Of this approximately 35MMtoe/y are gasified to produce syngas (Higman & Van der Burgt, 2003). Coal is the end product of biomass and peat that can be subdivided in different maturity stages. Under influence of time, temperature and pressure biomass and peat first convert into lignite, then in order of maturity to subbituminous coal bituminous coal anthracite. VII-8 Gasification Simon Baer Figure 4: Classification of Coals (Higman & Van der Burgt, 2003). As seen in Figure 4 the maturity grade coincides with higher carbon and heating values. For the gasification process “the age of the coal, its cracking properties, its water content, and its ash properties” (Higman & Van der Burgt, 2003) play an important role. The method of calculating the coals properties is based on standards by ASTM, ISO, DIN, BS and others. The moisture content is the sum of inherent moisture and moisture caused by precipitation. The inherent moisture content is highly dependent on the rank of coal. Lignite can reach an inherent moisture content of 60-70% and anthracite has values from a few per cent (Higman & Van der Burgt, 2003). The sum of moisture is determined by drying the coal for 1h at 104-110°C. The volatile matter content is measured by heating the coal in a crucible for 7 minutes at approximately 950°C. The loss in mass minus the loss on moisture represents the wt% of volatile matter. The ash amount is measured after the combustion process and the fixed carbon is 100 in wt% minus the moisture-, volatile- and ash-percentage of the coal (Higman & Van der Burgt, 2003). VII.6.2. Liquid and gaseous feedstocks According to Higman & Van der Burgt (2003) the gasification of oil and natural gas was developed by Texaco and Shell in the late 1940s. For this process, less oxygen is used than for a complete combustion. The difference to the gasification of a solid material is that gasification stages like pyrolysis or char gasification do not take place or in a less significant level (NETL, 2010). VII-9 Gasification Simon Baer VII.6.3. Biomass and waste feedstocks Biomass and waste include plant material, materials from timbering and lumbering, demolition waste, sewage sludge, waste streams, such as municipal solid waste, hazardous wastes or other industrial and commercial wastes that can be converted into syngas (GasificationTechnologyCouncil, 2011). This kind of gasification is not as easy as by using coal or other high liquid and gaseous feedstocks, because the biomass feedstocks are not unique at all. Even the product gas is affected and differs by using different feedstock material. That is why some of the products are more costly and technically more challenging to convert, because the feedstock has to be cleaned from unwanted components. For example, in a forest waste feedstock with high alkali content, the alkali has to be removed before the use in a gas turbine. In general, a rule of thumb says that a feedstock should have a high carbon to nitrogen ratio, as little sulphur as possible and a moisture content of less than 50% (Wisbiorefine, 2008). VII.7. Gasification today The use of gasification products is coming more and more. Since the first experimental and theoretical trials with gasification, a huge process development happened. As seen in figure 5, the syngas capacity in 2010 has almost tripled since 1984 and almost been doubled since 2000. The future prospect will promise an even higher increase in the syngas capacity of gasification as seen in the figure. According to the worldwide gasification database, the gasification process is currently used in more than 29 countries by 144 plants with a total of 412 gasifiers (NETL, 2010 Worldwide Gasification Database, 2010). The database and Figure 4 show furthermore that 11 plants with 48 gasifiers are under construction and 37 plants with 76 gasifiers in planning. VII-10 Gasification Simon Baer Figure 5: Worldwide Gasification Capacity and Planned Growth – Cumulative by Year (NETL, 2010 Worldwide Gasification Database, 2010). The significant upturn can be explained by the development of using synthesis gas as a fuel for gas turbines. Another upsurge was the gasification of heavily oil residues in refineries in the 1990´s and the “gas to liquid” projects (Higman & Van der Burgt, 2003). VII-11 Gasification Simon Baer Figure 6: Worldwide distribution of gasification-usage in syngas capacity. Figure 6 illustrates the distribution of gasification usage. The especially high values for Asia/Australia are related to the big coal seams in Australia and China. Especially in areas like these, the mining and export of coal is often uneconomical due to the far distances from the pits. By taking the planned gasification plants into account, America is expanding their syngas capacity by more than a three times their current capacity. VII-12 Gasification Simon Baer Figure 7: Worldwide product distribution of gasification processes (NETL, 2010 Worldwide Gasification Database, 2010). Figure 7 shows that the main product from generated syngas is surprisingly not power as in conventional coal usage. Instead we find chemical products in the leading position with 45%. From the plants under construction, seven will produce chemicals and 4 will generate power. The Underground Coal Gasification that can be seen as a further development step of surface gasification is also rapidly moving forward. Best examples are Australia, where Linc Energy is operating with UCG since 2000; India that plans to access with approximately 350 billion tons of coal in the UCG process; China that has 30 projects in different phases of preparation use UCG; and South Africa, where both Sasol and Eskom have UCG pilot facilities that are operating since some time (World-Coal-Association, 2010). VII.8. Conclusion and future development As seen in Figures 5 – 7, the capacity of syngas produced from gasification will increase significantly. Especially under consideration of the future petroleum extraction decline and the still rising consumption of energy, the demand for energy has to access new alternative resources. VII-13 Gasification Simon Baer By considering the R/P ratio in Figure 8, with the current production the remaining reserves will run out in only 216 years. Figure 8: World Coal Reserves (BP, 2002). Another confidence for the establishment of the gasification method is, according to the climate change factor, the use of clean energy. Due to high pressure and temperature, studies show that IGCC plants are more efficient in CO2 removal than other commercial technologies (Katzer er all., 2007). The UCG method is even able to store the CO2 directly in the subsurface. Further environmental advantages are related to emission control. Contrary to combustion, the emission control is higher in gasification, because the produced syngas in gasification is at higher temperatures and higher pressure, which allow an easier removal of contaminants. Additional advantages of gasification are the feedstock and product flexibility. With different kinds of waste- and biomass- material, petcoke, coal, gas and petroleum gasification methods can dip into a variety of feedstocks. From the economical point of view it is of importance that gasification methods can offer a huge variety of products. The products comprise liquid fuels (diesel, gasoline and jet fuel, etc.), hydrogen and synthetic natural gas, fertilizer or chemicals including anhydrous ammonia, ammonium sulphate, sulphur, phenol, naphtha and many others. From the critical point of view, it has to be mentioned that, contrary to other power plants, the capital costs are very high in the current stage of development. In future prospect, gasification power plants must lower their capital and operational costs through advanced efficiency and other VII-14 Gasification Simon Baer technological improvements. Other challenges are the complex permitting issues for running a gasification power plant. To overcome this challenge, the gasification licensing process needs to be streamlined. Although most of the gasification power plants need yet to be subsidized, gasification is a potential alternative for conventional energy producing methods, especially under consideration that the gasification technology is still in its early stage of development. VII.9. References BP. (2009). http://www.bp.com. Von http://www.bp.com/sectiongenericarticle.do?categoryId=9023785&contentId=704448 1 abgerufen Burton, E., Friedmann, J., & Upadhye, R. (2006). Best practices in underground coal 438. Lawrence Livermore National Laboratory;. clean-energy.us. (2010). GasificationTechnologyCouncil. (2011). www.gasification.org. Von http://www.gasification.org/page_1.asp?a=78 abgerufen Higman, C., & Van der Burgt, M. (2003). Gasification. USA: Elsevier Science. Kreinin, E., Fedorov, N., Zvyagintsev, K., & Pyankova, T. (1982). Kreinin EV, Fedorov NA, Zvyagintsev KN, Pyankova TM. Underground. Underground gasification of coal seams . Moscow: Nedra. Laboratory, A. N. (1990). 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