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Die Entdeckung der Dinge Fotografie und Design Herausgegeben von Julia Bulk im Auftrag der Wilhelm Wagenfeld Stiftung Fotograf unbekannt: o. T., o. J. / Teekanne, Wilhelm Wagenfeld für Schott & Gen. Jenaer Glas, 1931 Wilhelm Wagenfeld Stiftung WiEnanD 7 Grußwort Klaus Ziegler 8 Die Entdeckung der Dinge. Fotografie und Design Julia Bulk 23 Teekanne mit Kakhifrüchten Durs Grünbein 24 Das einfache Bild ist meistens die beste Lösung Fritz Haase und Hans Hansen im Gespräch mit Julia Bulk 33 Katalog Die Entdeckung der Dinge. Fotografie und Design 132 Werkliste 138 Biografien 142 Fotonachweis 143 Dank 144 impressum Fritz Haase und Hans Hansen dings nicht im Rahmen eines Auftrags, einem Symbol. Dieses Verhältnis von Es muss aber nicht immer der Foto- im Gespräch mit Julia Bulk sondern ist eine freie Arbeit. Herr unscharfem Foto und Gegenstand apparat zum Einsatz kommen? Hansen, Sie haben Mitte der 1990er- erinnert eigentlich an gute Illustratio- → HH: Nein, ich liebe Zeichnungen. Jahre Arbeiten von Wilhelm Wagen- nen. Kennen Sie die alten Kinder- Noch eine schöne Form des Kinder- feld aufgenommen. In der Ausstellung bücher, in denen Tiere und Pflanzen buches: Klappbücher über den ist das Foto einer Fruchtschale zu erklärt wurden? Die waren in der menschlichen Körper! Bei diesen kann sehen – ein wunderbares Bild (Kat. 107). Regel gezeichnet, und das hatte den man Teile der Seite hochklappen, Es erinnert an einen geschliffenen großen Vorteil, dass es möglich war, und darunter ist dann beispielsweise Brillanten und verdankt seine Wirkung zum Beispiel eine Blume so darzustel- das Auge von innen zu sehen. einer unglaublichen Schärfe. Jede len, dass die typischen Merkmale → FH: Das gibt es ja auch oft bei tech- einzelne Schattenlinie erscheint wie dieser Art hervortraten. Heute sind in nischen Zeichnungen. Bei einer ein haarfeiner Grat. Wir zeigen außer- diesen Kinderbüchern meistens sogenannten »Explosionszeichnung« Das einfache Bild ist meistens Haase führt seit 1963 die Agentur die beste Lösung Fritz Haase und Knels – Atelier für Gestal- dem Fotos aus der Serie Alltagsglas, Fotos, und man hat Schwierigkeiten, wird das Ganze ebenfalls in einzelne die zwar dasselbe Material thema- die Blumengattung zu bestimmen. Teile zerlegt. tisiert, aber mit dem Phänomen der In einem solchen Fall kommt die Foto- → HH: Genau, so kann ein Zeichner tung und war darüber hinaus von 1975 Unschärfe arbeitet (Kat. 133–136). grafie an ihre Grenzen. Die unscharfe zum Beispiel einen Motor in mehreren bis 2002 Professor für Grafik-Design → Hans Hansen: Das sind natürlich Wiedergabe ist eine Möglichkeit, von Schichten anlegen. Man kann durch an der Hochschule für Künste Bremen. zwei sehr unterschiedliche Konzepte. Hans Hansen ist seit 1962 als selbst- Bei der Wagenfeld-Aufnahme habe ständiger Fotograf international tätig ich mich mit genau dieser einen Schale und hat das Erscheinungsbild vieler auseinandergesetzt. Es war nicht Unternehmen geprägt (siehe auch einfach, sie aufzunehmen, denn sie seine Biografie auf Seite 138). Mit Fritz besteht aus geblasenem Glas mit Haase hat er bei zahlreichen Aufträgen einem handgeschliffenen Kreismuster, eng zusammengearbeitet. fällt also immer ein wenig anders einer bestimmten Form zu abstra- alles hindurchsehen und jedes Detail hieren und das Allgemeine heraus- erkennen. Das ist doch fantastisch! 24/25 Die Entdeckung der Dinge aus. Ich musste genau den Punkt fin→ Julia Bulk: Es freut mich, dass Sie den, an dem sich eine symmetrische beide in die Wilhelm Wagenfeld Anordnung des Schliffes auf dem Stiftung gekommen sind, um über Boden abzeichnete. Bei der Serie All- Fotografie zu sprechen. Ich könnte tagsglas wollte ich nicht ein bestimm- mir vorstellen, dass Sie das in den tes Wasserglas aufnehmen, sondern letzten Jahren schon öfter gemacht einfach ein Wasserglas zeigen. haben? → JB: Also das Wasserglas an sich? → Fritz Haase: Stimmt, wir kennen uns So würde es Kant sagen. schon ein paar Jahre. 1977 war ich → HH: Ja, genau. Das ist es. Ich wollte Professor an der Hochschule für Künste die Gläser so abbilden, dass man sie Bremen und habe Hans Hansen ein- als Stellvertreter sieht. Es ist schwierig geladen, einen Workshop zu leiten. Ich zu bestimmen, wann genau dieser wollte, dass meine Studenten seine Effekt eintritt. Ich habe mehrere Tage Arbeit, seine präzise Bildsprache ken- Versuche durchgeführt, bis ich den nenlernen. Eine Hochschule darf idealen Grad der Unschärfe gefunden nicht nur in sich ruhen, sondern braucht hatte. zuarbeiten. → JB: Während Ihrer Arbeit für auch Anregungen von außen. Seitdem → JB: Bei einem absolut scharfen Foto → JB: Offensichtlich haben Sie Spaß den Möbelhersteller Vitra haben Sie hat er immer mal wieder Workshops eines Glasobjekts sieht man ja oft daran, wenn etwas sichtbar gemacht eine andere Form des »Sichtbar- in Bremen gemacht, zuletzt 2001/02. Gebrauchsspuren – Fingerabdrücke, wird, wenn auch komplexe Phäno- machens« gewählt, indem Sie die Wir haben seit den 1980er-Jahren Staubpartikel oder kleine Kratzer. mene systematisch und übersichtlich Möbel immer unter den gleichen auch gemeinsam Aufträge übernom- Diese Spuren machen das Objekt ein- ausgebreitet werden. Ich denke Bedingungen aufgenommen haben men, Hansen als Fotograf und ich zigartig und fallen weg, wenn die da auch an Ihr berühmtes Foto für (Abb. 2, 3). Jedes Foto wurde aus als Artdirector. Aufnahme unscharf ist. Volkswagen. 1987 haben Sie den dem gleichen Blickwinkel, mit der → JB: Das erste Foto, über das ich → HH: Richtig, das Besondere des VW Golf aufgenommen – sauber zer- gleichen Blende und der gleichen gern sprechen möchte, entstand aller- Gegenstandes löst sich auf. Er wird zu 1 Hans Hansen: »Zerlegter VW Golf«, für Volkswagen, 1987 1 legt in seine Einzelteile (Abb. 1). Beleuchtung fotografiert. Was genau 62/63 Hand und Objekt 51/52 Willi Moegle: o. T., um 1957 / Service 511, Heinrich Löffelhardt für Schönwald, 1957 96 »idea 55. Internationales Jahrbuch für Formgebung«, Stuttgart 1955, Titel und S. 85 88/89 Werbung 97 Karl Schuhmacher: o. T., um 1954 / Eierbecher, Wilhelm Wagenfeld für WMF, 1953/54 112/113 Die Ordnung der Dinge 128 Hans Hansen: »o. T.«, 1996 / Vasen, Wilhelm Wagenfeld für VLG, 1935/36 129 Hans Hansen: »o. T.«, 1996 / Vase, Wilhelm Wagenfeld für VLG, 1935 130 Hans Hansen: »o. T.«, 1996 / Kubus-Geschirr, Wilhelm Wagenfeld für VLG, 1938/39 122/123 Die Ordnung der Dinge 141 Jörg Sasse: »W-84-10-02 Wolfenbüttel 1984«, 1984 142 Jörg Sasse: »W-87-08-01 Locarno 1987«, 1987 126/127 Die Ordnung der Dinge 145 Martin Parr: »Sand Bay, England«, aus der Serie »Common Sense 1995–1999«, 1995–99 146 Martin Parr: aus der Serie »Common Sense 1995–1999«, 270-teilig (Auswahl), 1995–99