100 Jahre Rotary - d

Transcription

100 Jahre Rotary - d
씰 FREISTIL
P
apa?“ Caroline, vier Jahre alt,
hat ihr Pixi-Buch auf den Verkehrsübungsteppich geworfen,
ihr ist nicht nach Lesen. Mehr
nach Reden. Also legt auch der Vater
sein Nachrichtenmagazin zur Seite.
„Ich habe einen Zauberer gesehen“, sagt Caroline
„Wo?“, fragt der Vater. Er sitzt auf
einem Kinderstuhl.
„Im Kindergarten“, sagt Caroline.
„Und was hat er gemacht?“
„Gezaubert.“
„Aha. Was hat er
denn gezaubert?“
Magische
„Nichts. Er hat etMomente:
was weggezaubert.“
Der Vater …
„Was denn?“
„Einen Würfel.“
„Ui. Und wie?“
„Mit seinem Zauberhut.“
Der Vater will es genau wissen: „Er
hat den Würfel in seinen Hut getan,
und dann war er weg?“
„Ja“, sagt Caroline.
„Also: Einen Würfel in einen Zauberhut verschwinden zu lassen, ist der
einfachste Zaubertrick überhaupt“,
sagt der Vater, „das kann jeder.“
„Nein, nur Zauberer.“
„Unsinn. Das kann ja sogar ich.“
„Kannst du nicht.“
„Kann ich doch.“
„Gar nicht.“
„Doch. Soll ich?“
„Mach!“ Das ist ein Befehl.
Der Vater rührt sich nicht.
„Ma-hach!“
„Gut, gib mir einen Würfel.“
Caroline saust zum Regal, reißt den
Deckel vom „Malefiz“-Spiel herunter
und fummelt einen Würfel hervor.
„Da“, sagt sie und schaut den Vater ernst an.
„Danke.“ Der Vater nimmt den
Würfel und knetet ein bisschen an
ihm herum. Er dreht ihn. Oben sind
sechs Punkte, unten ist einer. „Tja“,
sagt der Vater. Caroline guckt.
„Pass auf“, sagt er, „gleich werde
ich ihn verschwinden lassen.“
„Mach“, sagt Caroline.
Der Vater dreht die Hand nach
links, er dreht sie nach rechts, er hebt
sie hoch und schaut nach, ob da noch
Platz zwischen Arm und Ärmel ist.
„Gleich geht‘s los“, sagt er.
Caroline setzt sich vor dem Vater
auf den Boden.
Plötzlich zögert er nicht mehr.
„Hier kannst du aber
nicht sitzen bleiben“,
… zaubert
sagt er, „die Zufür
schauer dürfen den
Caroline
Zauberern nie zu nahe sein, sonst werden sie mitverzaubert. Setz dich aufs
Sofa.“ Caroline steht auf, dreht sich
um und geht zum Sofa.
Sie setzt sich und fragt: „Zauberst
du jetzt?“
„Ja, jetzt geht‘s los“, sagt der Vater. Er hat seine Hände kugelförmig
umeinander gelegt, so, als würde er
einen winzigen verletzten Vogel halten.
„Also hier ist der Würfel“, sagt er
und schüttelt vorsichtig die Hände,
„jetzt pass auf: Ich puste.“ Er pustet.
„Und: Weg ist der Würfel.“ Er öffnet
die Hände. Und: Weg ist der Würfel.
Caroline schweigt einen Augenblick, dann ruft sie „Wie hast du das
gemacht?“ und stürmt auf den Vater
zu.
„Ganz einfach gezaubert“, sagt der
Vater, „ich kann das auch ohne Hut.“
„Noch einmal“, sagt Caroline.
Und der Vater zaubert weiter. Bis
zum Sandmännchen und noch ein
RONALD MEYER-ARLT
bisschen länger.
.
7
der tag
Wochenendbeilage
Sonnabend, 19. Februar 2005
Hier geht’s rund
Rotary-Clubs und andere
exklusive Service-Vereinigungen
tun seit 100 Jahren Gutes –
und darüber sprechen sie auch.
Doch das Innenleben dieser Clubs
kennt kaum jemand.
Wie kommt man hinein?
Was wollen gestandene
Leute dort, die meist wirklich
anderes zu tun haben?
Nachrichten von der Kontaktbörse.
VON THORSTEN FUCHS
MIT FOTOS VON MARTIN SCHLÜTER
W
as für ein Verein. Rückständig,
langweilig, frauenfeindlich. Ein
Club für alte Herren. Nie würde er
dazugehören, ganz sicher nicht.
Zumindest dachte Mathias Wandel das
als Jugendlicher und auch noch als Student.
Inzwischen ist er 39 Jahre alt, Rechtsanwalt
und Notar in Bad Münder, einem Ort zwischen Hannover und Hameln, und seit sieben Jahren bei den Rotariern. Er stutzt einen Moment, verblüfft über die lange Zeit
und seinen Wandel. Ja, tatsächlich, seit sieben Jahren. „Aus der Nähe“, sagt er dann,
„sieht eben doch manches anders aus.“
Sein Verein ist der Rotary-Club Springe,
Treffen jeden Mittwoch, 19 Uhr, der Ort
heute: das Deutsche Haus, ein Hotel in Bad
Münder. Im linken hinteren Saal, rechts ist
Elternabend vom Kindergarten. Die Wände
sind dekoriert mit Kupfertöpfen, auf der
Garderobe liegt ein Zweig künstlichen
Efeus.
Dann kommen sie herein, die Herren:
manche im Anzug, manche in Jeans, fast
alle grauhaarig. Und schließlich Mathias
Wandel, das Gesicht gerahmt von modisch
breiten Koteletten, der Jüngste hier. Der
Präsident,
Wirtschaftsprüfer
Heinrich
Dreyer, stellt den kleinen Rotary-Wimpel
auf den Tisch, dann geht es los. „Freund
Hofmann“ – so spricht man sich hier an –
hatte Geburtstag, herzlichen Glückwunsch,
dann geht es um die Fahrt zur Munch-Ausstellung nach Emden, den Ausflug nach
Halle und ob die Gattinnen mitkommen.
Willkommen im Alltag der Rotarier, diesem
so geheimnisumwitterten, verdächtigten
und bewunderten Verein.
Die Geschichte der Rotarier ist zunächst
die eines großen Erfolges. Es war der 23.
Februar 1905, vor 100 Jahren also, da beschloss der Anwalt Paul Harris in Chicago
gemeinsam mit drei Freunden, einen Club
zu gründen. Unzufrieden war er mit den rüden Geschäftsmethoden jener Zeit ebenso
wie mit der Armut in der Welt. Zu ethischen
Werten wie Freundschaft und Fairness verpflichteten sie sich daher ebenso wie zu regelmäßigen Spenden. Die Idee ging um die
Welt: In 166 Ländern gibt es inzwischen
mehr als 1,2 Millionen Rotarier.
Dazu kommen all jene Vereine, die kurz
nach Rotary mit ganz ähnlichen Zielen und
Strukturen gegründet wurden, so wie
Lions, Round Table, Kiwanis oder auch die
weibliche Variante Soroptimist. Es entstand eine neue Klasse von Clubs, die so genannten Service-Clubs. Ihnen allen gemeinsam: Auswahl der Mitglieder statt Beitritt,
gehobene soziale Stellung, großzügige
Spenden für soziale Projekte – und die Vorbehalte, die einer geschlossenen Gesellschaft aus besseren Kreisen eben notwendig
begegnen. „Ist es wahr?“ „Ist es fair für alle
Beteiligten?“ „Wird es Freundschaft und
guten Willen fördern?“ „Wird es dem Wohl
aller Beteiligten dienen?“ Das sind die vier
Fragen, an denen die Rotarier ihr Handeln
messen wollen. Bei so viel Moral bleibt
Misstrauen von außen kaum aus. Worum
geht es all den Männern und den wenigen
Frauen in jenen Service-Clubs? Und warum
nimmt die Zahl der Mitglieder zu?
WEITER AUF DEN NÄCHSTEN SEITEN 씰
7.
Tradition verpflichtet:
der tag
Bei den Hamburger Rotariern geht es nobel zu.
Hier im Hotel Vier Jahreszeiten ist 1927
der erste deutsche Rotary-Club gegründet worden.
SONNABEND, 19. FEBRUAR 2005
7 FRAGEN AN DIE EXPERTIN
XXXXXXX
ADI
MONIKA SCHEDDIN
arbeitet im Bereich
Coaching und gründete
1996 den WOMAN´s
Business Club mit Niederlassungen in München und
Frankfurt.
Freund
unter
Freunden
Wie nützlich ist es, einem Netzwerk
anzugehören?
Das Netzwerk hat immer etwas Zukünftiges. Es
dient nicht dem schnellen Profit. Wenn man das
richtige Netzwerk für sich gefunden hat, trifft
man dort auf Gleichgesinnte. Ein Karrierenetzwerk bringt zum Beispiel dann etwas, wenn die
Mitglieder schon einige Schritte weiter sind als
man selbst. Das kann helfen, Umwege im Berufsleben zu vermeiden.
Welche Eigenschaften muss man haben, um
von einem Netzwerk zu profitieren?
Wichtig sind die Offenheit, anderen gegenüberzutreten, eine Portion Mut, sich den anderen zu
öffnen, ein Ziel sollte man haben, und ein Netzwerk braucht Menschlichkeit.
FORTSETZUNG
Wie findet man das passende Netzwerk?
Es kommt auf die eigene Zielsetzung an. Man ist
zum Beispiel im Rotary-Club ganz falsch, wenn
man die Frau fürs Leben sucht. Will man lokalpolitisch aktiv sein, um zum Beispiel nicht öffentliche Entscheidungen vorab zu erfahren, ist
man bei den Rotariern richtig. Recherche über
Netzwerke kann im Internet betrieben werden
und in Büchern. Ein eleganter Weg ist, sich mit
Mitgliedern zu verabreden. Sie können über das
Netzwerk Auskunft geben, und vielleicht darf
man sie zu einem Treffen begleiten.
E
rst die Formalitäten, dann das Essen. Wildgulasch, Rotkohl und Kroketten, die Kellnerinnen in Bad Münder tragen dampfende
Schüsseln herein. Gespräche über vollen Tellern.
Es war wohl, sagt Mathias Wandel, der junge
Rechtsanwalt, eine Art Reifeprozess. Angefangen
beim Studium in Göttingen, wo er einen Kommilitonen kennen lernte, der in einer Verbindung
war, „und dann habe ich gemerkt: der ist ja trotzdem nett“. Abschied von einem Vorurteil.
Früher, sagt er und deutet diskret auf einen
Mann am Nebentisch, habe er jenen Herrn zum
Beispiel stets für „stockkonservativ und rechthaberisch“ gehalten. Nun, zumindest „konservativ“
sei zwar wohl gar nicht so falsch gewesen. Aber
als er nach dem Studium nach Bad Münder zurückkehrte, da sah er, was die Herren der Rotarier eben auch taten: zum Beispiel, dass sie jeden
Donnerstag Behinderte aus Springe bei ihren Familien abholen, zur Lebenshilfe fahren und später wieder zurückbringen. Woche für Woche, seit
25 Jahren, mit einem Bus, den sie ebenfalls selbst
Worin unterscheiden sich die zahlreichen
Netzwerke?
Es gibt eine Netzwerkhierarchie. Ganz unten
stehen die Netzwerke, die für alle offen sind,
zum Beispiel die politischen Parteien. Dann gibt
es exzeptionelle Netzwerke, in denen die Mitglieder eine Voraussetzung mitbringen müssen,
um dabei sein zu dürfen. Zum Beispiel muss man
einer bestimmten Berufsgruppe angehören. In
geschlossenen Netzwerken gibt es kein Recht auf
Mitgliedschaft. Es sind private Netzwerke.
Wenn zum Beispiel Bundeskanzler Schröder
und seine Frau eine Gesellschaft zum Abendessen einladen, dann ist das eine Form eines Netzwerks. Jeder braucht und sucht sich Gleichgesinnte. Unternehmer gehen gemeinsam bergsteigen oder laufen den New-York-Marathon. Nebenbei werden Kontakte vermittelt.
Helfen als
vornehme
Aufgabe
tioniert dann aber nicht. Stiesch ist enttäuscht.
„Schade“, sagt er, „ich hatte mir viel davon versprochen.“
Ein Vortrag über automatisierte Hochtechnologie, bei dem eine übliche DVD nicht zum Laufen kommt, das ist eine kleine Pointe zu allmählich schon später Stunde. Aber ist das denn alles?
Vorträge, der Kontakt mit Menschen aus anderen
Bereichen, soziale Projekte? Mutet man sich dafür nach zehn Stunden Arbeit noch einen Abend
in einem Gasthaussaal mit schlechter Luft zu?
Wohl nicht. In diesem Club kommen Banker und
Ärzte zusammen, Landwirte, Anwälte, Unternehmer und der Stadtdirektor. Viele sehr wichtige Männer der kleinen Stadt. Er sei Dienstleister,
sagt Mathias Wandel, „und hier bekommt man zu
vielen Leuten einen anderen Zugang“. Einen direkteren, persönlicheren, überhaupt besseren.
Man solle die Wirkung nicht zu hoch schätzen,
schließlich seien viele Mitglieder schon im Ruhestand. In manchen Clubs sind es mehr als fünfzig
Prozent. „Aber natürlich bringt das auch positive
Effekte.“ Oder, anders gesagt: Es wird im Beruf
schon nicht schaden.
SOROPTIMISTINNEN
LIONS
ROUND TABLE
Die größte weltweit aktive Service-Organisation
Der Nachwuchs-Club
Name: von „sorores optimae“ (lat., „die besten
Schwestern“)
Gegründet: 1921, USA
Aufnahme: nur Frauen
Mitglieder weltweit: 95 000
Mitglieder in Deutschland:
4000 in 155 Clubs
Wichtiges Ziel: Verbesserung der Stellung der
Frau
Kontakt: Soroptimist International/ Deutsche
Union, Seelhorststraße 51, 30175 Hannover,
Telefon (05 11) 2 88 03 26
Internet: www.soroptimist.de
Name: von „Liberty,
Intelligence, Our Nations Society“
Gegründet: 1917, USA
Aufnahme: Männer
und Frauen
Mitglieder weltweit:
1,4 Millionen
Mitglieder in Deutschland: 43 600 in 1299 Clubs
Motto: „We serve“ („Wir dienen“)
Jugendorganisation: Leo-Clubs
Kontakt: Lions Clubs International, Bleichstraße
1–3, 65183 Wiesbaden, Telefon (06 11) 99 15 40
Internet: www.lions.de
Die Vielfalt der Namen ist
verwirrend, die Konkurrenz der ROTARIER
Service-Clubs groß.
Wichtiger als alles Trennende
sind jedoch die Gemeinsamkeiten.
Aufnahmevoraussetzung sind
zumeist „besondere Leistungen
INTERVIEW: ALEXANDRA HOFFMANN
Worin unterscheiden sich Netzwerke von
den ominösen „Seilschaften“?
In Seilschaften musste man sich hochdienen.
Netzwerke haben von ihrem Aufbau her zunächst keine hierarchischen Elemente. Aber in
Netzwerken schlägt ein Aktiver den Passiven.
Diejenigen, die sich stärker in die Gemeinschaft
einbringen, bestimmen.
allein auf der Welt“, sagt er, „einen Rotary-Club
finden Sie fast immer.“ Oder „Freund Hons“,
Clemens Hons, ehemals Stadtdirektor in Bad
Münder, der jetzt den Jugendaustausch organisiert, immer wieder selbst auch jemanden aufnimmt und erzählt, „wie viel man da auch über
sich selbst erfährt“. Und die Vorträge natürlich,
zu denen jeder Rotarier verpflichtet ist. Jede Woche gibt’s im „Meeting“ einen Vortrag aus den eigenen Reihen, sei es über Minnesang oder über
neue chirurgische Techniken bei Hüftoperationen, wie neulich.
Heute ist „Freund Stiesch“ dran, Horst
Stiesch, Maschinenbauer. „Robotergestützte Industrieautomation“ heißt sein Thema, der Computer projiziert es auf den rauen Putz der Wand,
weiße Schrift vor blauem Hintergrund. „Ich will
jetzt erst mal eine Einführung geben, was das
überhaupt ist: ein Roboter.“ So fängt „Freund
Stiesch“ an, direkt nach dem Essen. Später hat er
Wörter wie „Eigengewichtsverhältnis“ und die
VDI-Richtlinie 2860 in seinem Vortrag vorgesehen. An einer Stelle will er einen Film in seiner
Power-Point-Präsentation einspielen. Das funk-
Der Frauen-Club
Wann trägt die Netzwerkzugehörigkeit
erste Früchte?
Es gibt die Faustformel, dass das neue Pflänzchen Netzwerk nach etwa zwei Jahren erntereif
ist. Das heißt, dass es einem Mitglied dann den
ersten Nutzen bringen kann. Erfolgreich ist
der, der nicht nur nimmt, sondern der auch
gibt.
Warum sind solche Gemeinschaften derzeit
so beliebt?
In einem Netzwerk werden Beziehungen aufgebaut und gepflegt. Sie sind eine Lebensversicherung der besonderen Art. Die Clubs haben deshalb solchen Erfolg, weil wir erkannt haben,
dass wir uns auf die staatliche soziale Absicherung nicht mehr verlassen können. Private Kontakte werden deshalb zunehmend auch für Arbeitnehmer wichtig. Die Zeiten, in denen unsere
Väter eine goldene Uhr für die 25-jährige Betriebszugehörigkeit bekommen haben, werden
wir nicht erleben. Heute gilt, dass Arbeitnehmer
im Laufe ihres Berufslebens im Durchschnitt
sieben Arbeitgeber haben und in fünf Branchen
tätig werden.
gespendet haben. „Das macht man nicht mal
eben einfach so“, sagt Mathias Wandel. Sowenig,
wie man stundenlang auf dem Stadtfest alte Bücher verkauft. Nicht jedenfalls, wenn man sehr
lange Arbeitstage und eine wartende Familie daheim hat. „Dieses Engagement ist ernst gemeint.“ Das imponierte ihm. Vielleicht ist der
Rest eine Frage des Alters und des Endes jugendlicher Rebellion. Neben Mathias Wandel sitzt
sein Vater, Waldemar Wandel, früher Professor
für Musik. Der hatte den örtlichen Rotary-Club
1976 mitgegründet. Was nicht so einfach war –
die Regeln für neue Clubs sind weltweit vorgegeben, „Rotary International“ in Evanston, einem
Vorort der Gründerstadt Chicago, wacht streng
über sie. Manche Rotarier in Deutschland lächeln
im Stillen zuweilen über so viel Regelungseifer.
Denn am Ende hat jeder etwas, dass er jenseits
aller Formalitäten an seinem Club schätzt.
„Freund Brock“ zum Beispiel, Manfred Brock, ist
Unternehmensberater, der viel im Ausland unterwegs ist und dann gern mal bei einem der örtlichen Clubs vorbeischaut, weil Rotarier ja zur
Gastfreundschaft verpflichtet sind. „Man ist nie
in Beruf oder Gesellschaft“,
als Ziel gilt die Verbreitung
ethisch-moralischer Werte,
Kern des Clublebens sind
regelmäßige Treffen, und Mitglied
wird man überwiegend nicht durch Beitritt,
sondern auf Einladung.
7
Der älteste und traditionsreichste Service-Club
Name: abgeleitet von „rotieren“, wegen des anfangs
wechselnden Treffpunkts
Gegründet: 1905, USA
Aufnahme: Männer, in
einigen Clubs auch Frauen
Mitglieder weltweit: 1,23
Millionen
Mitglieder in Deutschland:
43 000 in 866 Clubs
Motto: „Service above Self“ („selbstloses Dienen“)
Jugendorganisation: Rotaract
Kontakt: Rotary in Deutschland, Raboisen 30,
20095 Hamburg, Telefon (0 40) 3 49 99 70
Internet: www.rotary.de
Name: vom „Runden
Tisch“, dem Treffpunkt
Gegründet: 1927, Großbritannien
Aufnahme: Männer von
18 bis 40 Jahren
Mitglieder weltweit: etwa 100 000 (mit Partnerorganisationen)
Mitglieder in Deutschland: 3500 in 217 Clubs
Motto: „Adopt, adapt, improve“ („Aufnehmen,
anpassen, verbessern“), bezieht sich auf „bewährte Lösungen“)
Kontakt: Round Table Sekretariat, Karin Kreuzer,
Kastellstraße 53, 74080 Heilbronn,
Telefon (0 71 31) 20 40 81
Internet: www.round-table.de
KIWANIS
Der drittgrößte Service-Club weltweit
Name: indianischer Ausdruck,
etwa: „Freude an
der Aktivität“
Gegründet: 1915,
USA
Aufnahme: Männer, seit 1987 in
einigen Clubs auch Frauen
Mitglieder weltweit: 600 000
Mitglieder in Deutschland: 2850 in 130 Clubs
Wahlspruch: „Serving the children of the world“
(„Den Kindern dieser Erde dienen“)
Kontakt: Kiwanis, Marienfelder Straße 52,
56070 Koblenz, Telefon (02 61) 88 44 70
Internet: www.kiwanis.de
ZONTA
Der älteste Service-Club für Frauen
Name: aus dem Indianischen, etwa: „Ehrenhaft
handeln“
Gegründet: 1919, USA
Aufnahme: nur Frauen
Mitglieder weltweit:
35 000
Mitglieder in Deutschland:
3300 in 115 Clubs
Ziel: Stellung der Frau zu
verbessern
Kontakt: Zonta International, Tewaagstraße 13,
44803 Bochum
Internet: www.zonta-international.de
die sachen der woche
F
Floh im Ohr
ümms bö wo tää zää Uu,
pögiff, kwii Ee? Kurt
Schwitters, der 1887 in Hannover geborene Dadaist,
hatte Spaß am Spiel mit der
Sprache und ihren Lauten. Er
komponierte in den zwanziger Jahren seine „Sonate in
Urlauten“ und notierte bis
zu seinem Tod 1948 eine Fülle von Lautgedichten. Diese
liegen zwar alle in gedruckter Form vor, doch besser als durch stille Lektüre erschließen sie sich, wenn sie laut gelesen oder gar gesungen werden.
Silke Egeler-Wittmann, Martin Ebelt und
Thorsten Gietz vom Ensemble „Die Schwindlinge“ entlocken den Lautkombinationen ihren rhythmischen Pfeffer und verwandeln sie
gelegentlich auch in dreistimmige Akkordbänder. Derlei musikalisierte Sprache geht
nicht gegen den Strich des Urhebers, der seine Ursonate mit Vortragsanweisungen wie
„streng taktmäßig“ oder „gesungen“ durchsetzt hat.
Das
stimmakrobatische
Trio und Schwitters bringen
viel Schwung in den Nonsens. Mit insgesamt 24 Lautgedichten und der viersätzigen Ursonate wird den Hörern mancher Floh ins Ohr
gesetzt. Charakterliche Veränderungen sind nicht ausgeschlossen,
denn
„der
Klang des Horchens schien
gerändert“. Manche Lautpoesie wird doppelt oder gar dreifach vorgetragen. In dem Gedicht „Drei“ wird jede Zahl
beispielsweise in der Dynamikfassung mit einer Lautstärke verknüpft, und in der Metronomfassung diktiert sie die Zahl der Metronomschläge. Langeweile beim Hören? Nein.
Befreiendes Schmunzeln und Lachen? Aber
ja. Fümms bö wö tää zää Uu, pögiff, kwii Ee!
LUDOLF BAUCKE
Kurt Schwitters: What a beauty. Die Ursonate und andere Lautgedichte. Die Schwindlinge. Wergo WER 6313 2 , 1 CD.
HÖRSPIEL
Schiller Töne
ren ist Egon Monks Hörspielfassung des Trauerspiels „Maria Stuart“, in dem Schiller den
o präsent wie im Augenblick war Friedrich Konflikt zweier Königinnen – Elisabeth I. von
Schiller wohl lange nicht mehr. Anlässlich England und Maria Stuart von Schottland –
seines 200. Todestages am 9. Mai stehen sei- dramatisiert hat. Die des Gattenmordes bene Stücke auf den Spielplänen fast aller zichtigte Maria ist aus ihrer schottischen HeiTheater, das Schauspielhaus Hannover zeigt mat geflohen und sucht Schutz am Hofe Elibeispielsweise vom 16. April an sein Drama sabeths, die sie jedoch als potenzielle Rivalin
„Don Carlos“. Im Internet hat die Deutsche einsperren lässt. Und in einer Schlüsselszene
Schillergesellschaft ihrem Dichter ein eigenes kommt es dann zu der historisch nicht überNetz-Portal (www.schillerjahr2005.de) ge- lieferten Begegnung der beiden Königinnen.
widmet. Und auch der Hörfunk erinnert an
Nicht zuletzt dank der Mitarbeit zahlreiihn.
cher namhafter Schauspieler ist Monks ProSo sendet NDR Kultur unter dem Titel duktion inzwischen selbst ein Hörspiel-Klassi„Schiller Töne“ eine Reihe von Hörspielen, al- ker. So hat Luitgard Im die Rolle der unglückten und neuen. Darunter unter anderem lichen Maria Stuart übernommen, Marianne
„Schillers Leiche“ (9. März, 20.05 Uhr) von Hoppe ist als Elisabeth ihre Gegenspielerin
Uwe Mengel, das in Tondokumenten an den und Kurt Meisel spricht den Grafen von Leiabsurden Vorgang erinnert, dass der Leich- cester. Und als das Hörspiel 1959 produziert
nam des Dichters insgesamt viermal umge- wurde, hatten die Hörer und die Radiomabettet wurde. Und am 20. April um 20.05 Uhr cher noch richtig Zeit. Die Originalfassung ist
folgt „Kabale und Liebe“, ein
nämlich 109 Minuten lang, wähbereits 1955 produziertes Hörrend die nun ausgestrahlte VerNDR Kultur, Mittwoch,
spiel.
sion nur noch 90 Minuten dau23. Februar, 20.05 Uhr
Auch aus den fünfziger JahERNST CORINTH
ert.
FRIEDRICH SCHILLER: MARIA STUART
S
LEBEN OHNE …
A
ls das Essen noch reine Nahrungsaufnahme war, konnte sich der Nahrungsaufnehmer noch voll auf das Nahrungsaufnehmen konzentrieren. Dann kamen ein paar Nörgelfritzen, erklärten das Essen zum gesellschaftlichen Ereignis und ritualisierten alles: Geschirr, Besteck,
nicht rülpsen, schmatzen, schlürfen, Tischgebete, Eierwärmer,
Tortenheber. Und alles nur wegen der Kontenongs und damit
nichts auf‘n Teppich pladdert. Einige Rituale
waren, das wissen wir heute, ein bisschen zu
gut gemeint und wurden schließlich wieder
von alttestamentarischen Essformen rechts
überholt. Menschen, die ein halbes Hähnchen
mit Messer und Gabel zu essen versuchen, sehen immer aus, als ob sie das Tier operieren,
ja, wieder flügge machen wollen. Das Einzige, was sie aber zum Fliegen bringen, ist ein
Stück weißes Fleisch, quer durchs Restaurant.
Und wie kriegt man den Schmodder dann
wieder von der Wand? Natürlich mit einer
Serviette. Servietten sind Verlierer der Wohl-
Serviette
standsgesellschaft. Sie sind entweder gescheiterte Bettlaken oder verhinderte Papierflieger, sie möchten gerne oben mitspielen, träumen vom Luxusleben in einem
silbernen Serviettenring einer
großbürgerlichen Familie, manche jobben in teuren Restaurants, andere haben es nicht mal
bis in die Kneipe geschafft und
hausen zu Hunderten in engen
Imbissbudenbatterien.
Die
Ärmsten müssen schlecht bezahlt (Hungerlohn) als zweilagiges Toilettenpapier oder Rotzfahnen die echte Drecksarbeit machen. Die schlimmste Demütigung ist
Hakle feucht.
Servietten fühlen sich benutzt. Aber sie tun
trotzdem klaglos ihren Job, lassen sich von
schmerbäuchigen Schmatzmonstern in den
verschwitzten Hemdkragen stopfen und werfen sich heldenhaft in die Schusslinie, wenn
einem gefesselten Büroschlips eine Eigelbattacke droht. Helden der Arbeit. Befreien
wir sie von ihrem Sklavennamen. Nennen wir
sie Tischtücher.
UWE JANSSEN
WILDE
CD
7.
der tag
SONNABEND, 19. FEBRUAR 2005
Immer
wieder neue
Netzwerkideen
M
Die Rotarier aus Springe bevorzugen bei ihren wöchentlichen Treffen einen rustikalen Rahmen.
In Bad Münder versammeln sie sich im „Deutschen Haus“ zu Wildgulasch, Rotkohl und Kroketten.
Die Teilnehmer opfern viel freie Zeit für die Aktivitäten ihres Clubs. Ein Rechtsanwalt bekräftigt:
„Dieses Engagement ist ernst gemeint.“
씰 Solche Netzwerke hat es immer schon gegeben. Nur hießen sie früher anders. Schützenverein zum Beispiel. Dessen Vorstand war eine Gemeinschaft, in der vor allem in kleineren Städten
die Honoratioren versammelt waren. Oder in der
Kirche. Nur haben alle diese alten Gemeinschaften eben an Bedeutung verloren. „Diese alten
Netzwerke entfallen, und an ihre Stelle treten
neue“, sagt Michael Hartmann, Soziologe und
Eliteforscher an der Universität Darmstadt. Diese neuen Netzwerke jedoch sind anders strukturiert, nämlich als geschlossene Gesellschaft. Das
schürt Vorbehalte.
Gleichzeitig wächst jedoch der Bedarf an solchen Treffpunkten. Zum einen, weil die alten
festen Strukturen vielerorts verschwunden sind,
zum anderen ganz aktuell wegen der schwierigen und unübersichtlichen Lage. „Es wird enger“, sagt Hartmann, „und da fragen sich viele,
wie man unter diesen schlechten Bedingungen
sein Fortkommen sichert.“ So lassen sich vielleicht all die neu gegründeten Netzwerke erklären, vom Jungunternehmer-Forum bis zum
Alumni-Kreis an der Uni, und vielleicht auch ein
Teil des Zulaufs, den viele Service-Clubs verbuchen.
Andererseits sind viele Service-Clubs eben
längst selbst Teil der Tradition, und das lässt
sich nirgends so gut beobachten wie mittwochs
im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten, dem ersten Haus am teuren Platz. 1927 ist hier der erste
deutsche Rotary-Club gegründet worden, vorangetrieben vor allem von Wilhelm Cuno, dem ehemaligen Reichskanzler, wegen der guten Handelsbeziehungen vieler Hamburger Kaufleute
mit den USA. Ab 1937 gab es eine Unterbrechung, weil sich die Rotarier-Clubs auf Druck
der Nazis selbst auflösten. Schon bald nach dem
Krieg jedoch ging es hier weiter, und nicht viel
später, 1958, kam auch Hellmut Kruse dazu. „Im
Grunde“, sagt er, „hat sich hier nicht viel geändert.“
Kurz vor 13 Uhr ist es, als die Männer des Rotary-Clubs Hamburg im Restaurant im Erdgeschoss zusammenkommen, zwischen gediegenen
alten Möbeln und mit Blick auf die Alster. Gut
60 Herren, gekleidet in dunkles Tuch, alle mit
Krawatte, viele mit Einstecktuch, auch Kruse.
Schon sein Vater war hier dabei, ab 1929, er
kannte noch die Gründer. Auf dem Messingschild an Kruses Revers steht unter seinem Namen „Textil-Export“. Aber das ist längst schon
nicht mehr aktuell. Manager war er, bei Beiersdorf. Das Unternehmen seiner Familie, in dem
der 78-Jährige wieder mitarbeitet, handelt heute
mit pharmazeutischen Präparaten. Den Einblick
in andere Berufswelten, sagt er, „den habe ich
hier immer genossen“. Und dass ihm wie manchem anderen beim Vortrag über einen Pastor
von Sankt Georg aus dem 19. Jahrhundert das
müde Haupt auf die Brust sackt, hat nicht viel zu
sagen. Es gab Grünkohl mit Wurst und Kassler,
schwere Kost, und er hat schon so viele Vorträge
gehört. Sie hätten nun beschlossen, erzählt Kruse später, dass sie neue Mitglieder nur noch bis
höchstens 50 Jahren aufnehmen wollen. Was
aber leider gar nicht so leicht einzuhalten sei.
„Schließlich sollen die Neuen ja auch schon etwas darstellen.“
Der geeignete Nachwuchs – das ist ein Problem für manche Clubs. Genauso wie die
Schwierigkeit, bei regelmäßiger Rotation ausrei-
chend engagierte Funktionäre zu finden. Die
strenge Anwesenheitspflicht schreckt viele Jüngere ab, die sich nur schwer Woche für Woche
rund zwei Stunden für ein Club-Treffen reservieren können. Auch für junge Familien bietet
Rotary nicht überall Raum. Und mit Frauen als
„Freundinnen“ tun sich viele Rotarier noch immer schwer. Noch, betont zum Beispiel Wilhelm
Dreyer in Springe, nehme man keine Frauen auf,
einige wenige Ältere im Club seien dagegen. Er
klingt, als sei ihm das selbst unangenehm.
Es ist spät geworden in Bad Münder an diesem Abend. Sie haben noch diskutiert nach
„Freund Stieschs“ Vortrag, über abwandernde
Firmen und die Zukunft der Arbeit. Große Themen, und nun sind die Scheiben des Saales
schon beschlagen, und Mathias Wandel, der
junge Anwalt, hat schon ein-, zweimal müde zur
Decke geschaut. Aber als dann fast alle schon
gegangen sind, steht er nun doch noch in einem
kleinen Grüppchen an der Tür. Wieder diskutieren sie, ganz ernsthaft, und es sieht ganz so aus,
als würden sie die Lust daran auch so bald nicht
verlieren.
Geld-, Sach- und Zeitspenden
Service-Clubs helfen weltweit
bei der Bekämpfung von Polio oder
Jodmangel – oder lokal bei der
Suchtprävention. Mit Geld und
persönlichem Engagement.
D
er Kampf gegen die tückische Krankheit
begann 1979. Da beschloss Rotary, die erste flächendeckende Impfkampagne gegen
Polio auf den Philippinen zu starten. Sechs Millionen Kinder wurden erfolgreich gegen Kinderlähmung immunisiert. Es war der Beginn eines
erfolgreichen Programms: Allein seit 1988 konnten weltweit fünf Millionen Menschen vor der Infektion bewahrt werden, schätzen Experten.
Große Teile der Welt gelten heute als poliofrei.
Das ist nicht allein das Verdienst der Rotarier.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO, das
UN-Kinderhilfswerk Unicef und die US-Gesundheitsbehörde tragen den Kampf gegen die
Kinderlähmung mit. Dennoch zeigt das Programm „PolioPlus“ beispielhaft die Leistungskraft von Rotary und anderen weltweit aktiven
Service-Clubs: die Verbindung von Spenden und
der Bereitschaft der Mitglieder, sich selbst an
der Arbeit zu beteiligen. So sorgten etwa bei
„PolioPlus“ Tausende Freiwillige dafür, die
Kühlkette für das Serum bis in entlegene Regionen der Erde sicherzustellen. Allein in diese
Kampagne sind von Rotary seit Beginn 600 Millionen Dollar geflossen.
Die Service-Clubs zählen somit längst zu den
7
DIE
ZAHLEN
DER
WOCHE
1,2 Millionen Tonnen Fisch, Krustentiere
und Muscheln aßen die Deutschen 2003
75
Prozent davon war Importware, vor
allem aus Dänemark, Norwegen und den
Niederlanden
31,6 Prozent des verzehrten Fisches waren Alaska-Seelachse, der beliebteste
Fisch der Deutschen
15,5
Prozent Marktanteil hatte der He-
ring, Platz 2
12,2 Prozent der Tunfisch, Platz 3
32
Prozent der verkauften Fische waren
Tiefkühlware
12 Prozent kamen frisch auf den Tisch
eco
Quelle: Fisch-Informationszentrum Hamburg,
„Stern“, umweltlexikon-online.de
bedeutenden Hilfsorganisationen. Die Lions
sind nach eigener Darstellung sogar die weltweit größte karitative Vereinigung. In Deutschland bringen die beiden größten Clubs, Lions
und Rotarier, pro Jahr je rund 20 Millionen
Euro auf. Kleinere Vereinigungen wie Round
Table kommen auf 2,4 Millionen Euro im Jahr,
die Soroptimistinnen immer noch auf rund
800 000 Euro. Dabei ist ein großer Teil der Hilfe
damit noch gar nicht erfasst. Wenn die Mitglieder zum Beispiel Behinderte befördern, Schulhöfe bauen oder sich in der Leseförderung engagieren, dann taucht das in der Spendenstatistik
gar nicht auf. Die tatsächliche Leistung liegt also noch weit höher.
Jeder Club unterstützt lokale Projekte in seiner Heimatstadt mit oft beträchtlichen Summen. Das kann die Hilfe für ein Hospiz ebenso
sein wie die Finanzierung von Kursen für Blinde, um deren Lebensbedingungen zu verbessern.
Darüber hinaus übernehmen die Clubs Patenschaften für Projekte in Entwicklungsländern,
etwa für den Bau von Brunnen in Afrika oder für
Alphabetisierungskampagnen. Außerdem helfen
die Clubs bei Katastrophen innerhalb kurzer
Zeit mit beträchtlichen Beträgen: So spendeten
zum Beispiel 16 Lions-Clubs aus der Region
Hannover vor wenigen Wochen 50 000 Euro für
die Opfer der Flutkatastrophe in Asien.
Neben Projekten einzelner Clubs haben die
Organisationen weitere Programme begründet.
Wie sich Rotary dem Kampf gegen Polio verschrieben hat, setzen sich die Lions vor allem für
die weltweite Behandlung von vermeidbarer
WEIN
M
Spaß für Behinderte: Die Springer Rotarier leisten praktische und unspektakuläre Hilfe.
oder heilbarer Blindheit ein. Seit dem Start von
„SightFirst“ 1989 haben 4,6 Millionen Menschen
durch Operationen ihr Augenlicht zurückgewonnen, bei weiteren 20 Millionen wurde der
Verlust der Sehkraft verhindert. Gemeinsam mit
Partnerorganisationen finanzierten die Lions
den Ausbau und die Erweiterung von mehr als
200 Augenkliniken und -ambulanzen. Das Programm „LionsQuest“ soll die Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen unterstützen. Bestandteile sind Gewalt- und Suchtprävention,
Poesie aus Portugal
anchmal steckt auch im prosaischen All- offenbar so bizarr klingt, dass das gerne abtag versteckte Poesie. Beispielsweise, geschrieben wird. Andere Weinkundler fühwenn Rebsorten Namen tragen, die
len sich an grünes Gemüse erinnert.
auch einem Poeten gut stehen würIch würde das in diesem Fall auf grüne
den: Fernão Pires etwa oder Maria GoPaprika einschränken, prägender aber
mes, die obendrein engste Verwandte
ist ein pfiffig pfeffriger Geschmack.
sind. Letztere neigt zur Edelfäule, ErsÖsterreicher würden das „Pfefferl“
tere ist fleißig: frühreif und ertragnennen und auf einen Grünen Veltlireich. Das mögen Winzer. Kein Wunner tippen, aber dazu ist der Fernão
der, dass Fernão Pires gerne angebaut
Pires zu duftig und im Aroma auch zu
wird: vor allem in Portugal. Oft wird
exotisch: Man kann Ananas oder Badie Rebsorte in Cuvées verschnitten
nane riechen.
oder zur Sektherstellung benutzt. Dass
Dieser Wein ist frisch, gut 5 Gramm
sie aber auch im Alleingang eigenen
Säure bei knapp 4 Gramm Restzucker
Charme entwickeln kann, zeigt der
machen ihn bekömmlich. Da er auch
„Herdade de Pegões“, den die kleine
im Alkoholgehalt (12,34 Prozent) und
Genossenschaft Santa Isidoro de Pegõdamit in der Kalorienzahl bescheiden
es vorstellt. Herdade heißt Landgut,
ist, taugt er wunderbar für alle Fastenund Pegões liegt auf der Halbinsel von
kuren, die einem ein Schlückchen troSetúbal,
südöstlich
ckenen Wein erlauvon Lissabon.
HERDADE DE PEGÕES 2004, 4,90 EURO. ben. Und der Preis
Das „Oxford Weinpasst auch in den beBEI JACQUES‘ WEINDEPOT.
lexikon“ erinnert das
scheidenen Rahmen
DEN NÄCHSTGELEGENEN LADEN
Aroma der Rebe an
der Fastenzeit.
gekochten Kohl, was FINDET MAN UNTER WWW.JACQUES.DE.
RAINER WAGNER
aber auch die Stärkung von Selbstvertrauen und
Verantwortungsbewusstsein. Weltweit wurden
bislang 300 000 und in Deutschland rund 20 000
Lehrer mit dem Programm vertraut gemacht.
Hauptprojekt von Kiwanis wiederum ist die
Bekämpfung des Jodmangels. 83 Millionen Dollar, davon 500 000 Dollar aus Deutschland, flossen bislang in dieses Projekt, mit dem weltweit
Jahr für Jahr 90 Millionen Kinder vor den Folgen des Jodmangels bewahrt werden.
DAS DING
S
THORSTEN FUCHS
anchmal ist es sinnvoll, dem Zufall ein
wenig nachzuhelfen: Wenn sich durch
kluge Organisation Menschen kennen
lernen, die sich sonst nicht über den Weg gelaufen wären, können unterm Strich alle davon
profitieren. Das ist der Grundgedanke, an dem
sich in Hannover zwei ansonsten ganz unterschiedliche Netzwerke orientieren – der gemeinnützige Verein „Civilia“ und der Kommunikationskreis „Montagssalon“.
Wenn ein Banker im Gefängnis mit Häftlingen
spricht, ein Mediziner über Stadtplanung nachdenkt oder eine Beamtin sich in den Rollstuhl
setzt und prüft, wie behindertenfreundlich Busse sind – dann steckt „Civilia“ dahinter. Der Verein bringt Führungskräfte aller Sparten ein Jahr
lang jeden Monat zusammen. Ob sie die Messe
besuchen oder den Zoo, mit dem Opernintendanten diskutieren oder mit dem Polizeipräsidenten – stets geht es darum, den Teilnehmern
mehr Überblick über das Leben in ihrer Stadt zu
vermitteln. Sie sollen sich kennen lernen und
voneinander lernen, um gemeinsam etwas zu bewegen.
Der Begriff des „Netzwerks“ mag überstrapaziert sein, doch anders lasse sich kaum ausdrücken, was der Verein
seit 1998 aufgebaut
hat, sagt Programmleiterin Christine Fischer. 220 Teilnehmer finden sich derzeit in der „Civilia“Kartei. Wer mit
wem noch wie oft
Kontakte
pflegt,
lässt sich nicht erfassen. Doch jeden
Monat kommen weiterhin 30 ehemalige Teilnehmer in wechselnder Besetzung zum Austausch zusammen. Fischer kann viele positive
Beispiele für die Zusammenarbeit aufzählen.
Da gibt es den Firmenchef, der dem Sozialarbeiter Praktikumsplätze für arbeitslose Jugendliche angeboten hat. Oder die Uni-Angestellte,
die eine Reihe von Unternehmen für die Hochschul-Jobmesse „anwerben“ konnte. 2600 Euro
pro Teilnehmer geben die beteiligten Firmen
und Institutionen für die „Civilia“-Idee aus.
Vergleichbare Weiterbildungsprogramme seien
teurer, sagt Fischer. Und Gewinne darf der Verein nicht machen.
Die Initiatoren des „Montagssalons“ haben
eher das gute Gespräch im Blick. Sie beziehen
sich auf die Tradition der literarisch-philosophischen Salons im 18. und 19. Jahrhundert. „Wir
wollen im Prinzip sinnfrei sein“, sagt Matthias
Schmidt-Rex, einer der vier Initiatoren. „Es geht
uns weder um ethische Werte noch um Geschäftskontakte, sondern darum, sich einen
Abend niveauvoll über alles zwischen Beruf und
Beziehung zu unterhalten.“
An jedem ersten Montag im Monat gibt es dazu im Nordstädter Szenelokal „Spandau Projekt“ Gelegenheit. Die vier Organisatoren sind
zwischen 30 und 40 Jahre alt, alle arbeiten in der
Werbe- und Medienbranche – und sind typisch
für die Zusammensetzung der Runde, zu der jeweils etwa 20 Teilnehmer per E-Mail gebeten
werden. Auch Unternehmensberater, Galeristen
und Anwälte sind im Salon schon aufeinander
getroffen. Die Gesprächspartner werden von den
Machern, die mit dem „Spandau“ die Kosten des
Abends tragen, auf Empfehlung früherer Besucher eingeladen, so dass ein Netzwerk wächst.
400 Teilnehmer zählt nach zweieinhalb Jahren
die Datenbank. Und aus den „sinnfreien“ Abenden haben sich auch schon häufig nähere Kontakte oder Freundschaften ergeben.
jk/ste
„Civilia“ und
„Montagssalon“
– locker
geknüpfte
Verbindungen
Das nächste „Civilia“-Programm startet am 23. Mai,
Anmeldungen unter Telefon (05 11) 9 86 12 77. Infos
über den Salon gibt es unter www. montagssalon.de
Kader und der Springmops
eit „Janet Jackson featuring Juslassen!“) oder Grün („Neu, aber
tin Timberlake“ den Springmops
jung und knackig! Darf alles!“).
erfunden haben, sind Prominente
Weil aber in dieser kranken Zeit alle
auch nicht mehr das, was sie nie waprominent sein wollen, baumelt um
ren. Ständig hält irgendein Huhn
jedem Durchschnittshals ein VIPsein nacktes Bindegewebe in irHalsband. Daran hängen Autogendeine RTL-Kamera und belästigt
schlüssel, Diddl-Mäuse, SonnenbrilZeitgenossen mit penetranter Unlen, Haschkekse – aber keine VIPverhülltheit. Kader Loth zum BeiAusweise. Trotzdem sieht‘s IRRE
spiel. Frau Loth ist die neueste
wichtig aus.
menschgewordene Klingeltonwer- VIP-HALSBAND,
Boulevardhühner wie Frau Loth
bung. Sie hat kürzlich den schönen
glauben, man sei „ja bloß neidisch“.
AB 1,50 EURO
Satz gesagt: „Ich bin keins von dieUnd sie haben Recht. Jawohl, ich besen PR-geilen Ludern, die sich ins Gespräch neide sie um die Fähigkeit, sich selbst trotz erbringen wollen.“ Dazu muss man wissen, dass wiesener Mittelmäßigkeit für herausragend zu
Frau Loth ein PR-geiles Luder ist, das davon halten. Ich beneide sie um die beruhigende
lebt, sich ins Gespräch zu bringen. Das wäre al- Ignoranz, mit der sie sich die wirklich wichtigen
so ungefähr so, als würde Günter Grass be- Fragen des Lebens vom Leib halten. Ich beneihaupten, er sei kein bekannter Grummelkopf de sie um die Unverblümtheit, mit der sie ihre
und Nobelpreisträger, sondern ein junger Hip- Art zu leben für eine bessere halten. „IgnoranHopper aus Frankfurt-Rödelheim.
ce is bliss“, sagt der Engländer. „Unwissenheit
Prominente erkennt man am Promi-Hals- schützt.“ Zum Beispiel vor der schmerzhaften
band. Daran hängt ein VIP-Ausweis, der nach Erkenntnis, dass auch VIP-Halsbandträger ganz
Farben gestaffelt ist: Rot („Kanzlerfarbe! Sehr arme Würstchen sind, wenn man ihren Liebwichtig!“), Blau („Bitte gleich zur Theke durch- lingsteddy kaputtmacht.
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