Erasmus Erfahrungsbericht – Durham

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Erasmus Erfahrungsbericht – Durham
Erasmus Erfahrungsbericht – Durham
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Im Innenhof des Durham Castle vor einem Formal
Als allererstes muss man sagen, dass ein Erasmus in Durham kein gewöhnliches
Erasmus ist. Wenn man sich ein Erasmus mit lockerer Uni und viel Party-machen
wünscht, dann ist, um ehrlich zu sein, Durham vielleicht nicht die beste Wahl. Allerdings
ist die Stadt wunderschön, Schottland ganz nah, die Studenten sprechen RP, man fühlt
sich wie in Harry Potter und der Stein der Weisen und die Universität ist wirklich gut.
Die Stadt ist klein genug, dass man immer jemandem, den man kennt über den Weg läuft
und wenn man einfach offen ist oder sich in einer oder mehreren Societies anschließt,
dann ist es hier sehr leicht, schnell mit vielen Leuten in Kontakt zu kommen. Man ist
sehr gut umsorgt in Durham und hat immer einen Ansprechpartner, wenn man ein
Problem hat: Es gibt einen Mentor im College, Tutoren an der Uni und Erasmus
Buddies.
Durham als Stadt:
In vieler Hinsicht ist Durham mit Heidelberg vergleichbar: es hat ein Castle, eine lange
Geschichte, einen großen schönen Fluss, die Studenten machen circa 40 % der
Einwohner aus, Cafe reiht sich an Cafe, reiht sich an Pub. Es hat ungefähr 42.000
Einwohner, ist also recht schnucklig. Das ist gut, weil man sich nicht schnell verläuft und
bald zurechtfindet (der Tipp, den vorherige Berichte erwähnen, dass man nach Newcastle
geht, (10 min entfernt), das „party-capital oft he UK“, wenn Durham zu klein wird, ist
eher eine schöne Illusion). In der Stadt geht man zu Fuß überall hin. Gute Laufschuhe
mitnehmen! Mit Blick auf das Kopfsteinpflaster empfiehlt es sich keine hohen Schuhe
beim Weggehen anzuziehen. Da die Stadt viele kleine und große Hügel hat, bekommt
man einen knackigen Po. Viele Ausflüge empfehlen sich! Durham liegt ziemlich
nördlich. Hier gibt es vor allem wunderschöne Landschaften, den Hadrians Wall, den
Lake District und die wunderschöne Stadt York. Verkehr: Busse sind eher teuer,
unzuverlässig und spärlich. Es lohnt sich in jedem Fall gleich am Anfang eine railcard
(30 Pfund) zu kaufen.
Spezial Tips: Besten Kaffe gibt es in Flat White, genieße die riesigen Scones in 9Altars,
English Breakfast im Treats, die Pancakes im Saddler’s, den Tee im Tealicious und die
riesige Schoktorte bei Cafe Continental.
Wohnen:
Ich würde sagen, es lohnt sich, sich vorher schon eine Wohnung im Internet zu sichern.
Das geht ganz leicht über die Websites: studentpad, flatshare, oder die facebook-Gruppe
„Durham find a housemate“. Bei der Miete muss man mit einigem mehr rechnen als
man in Heidelberg bezahlt. Nicht erschrecken! Die Frage ist: Wohin ziehen? Die meisten
Erasmus-Leute wohnen in Gilesgate: Das ist ca. 20 bis 25 min Laufzeit vom
Stadtzentrum entfernt (damit muss man schon rechnen). 2 Hügel. Ganz cool dabei ist,
dass man tolle nächtliche Laufgemeinschaften nach Hause bilden kann. Teurer, aber
zentraler gelegen ist zum Beispiel Viaduct, Claypath, Elvet, Whinney Hill oder Mount
Joy. Jeweils 1 Hügel. Supermärkte gibt es viele kleine, immer gut zu erreichen. Die
großen Supermärkte (Tesco, Aldi und Iceland, TK Maxx!!!) befinden sich ganz am Ende
von Gilesgate.
Mit wem ziehe ich zusammen? Generell lässt sich sagen, dass die Leute, die in Erasmus
WGs wohnen, mehr Spaß haben. Wenn man nicht (nur) mit Deutschen zusammenzieht,
spricht man ja auch viel Englisch. Deutsch sprecht ihr aber trotzdem. Früher oder später
könnt ihr euch darauf einstellen. Briten sind leider oft (so hat sich das gezeigt) ein wenig
putzfaul bis dreckig. Das hängt auch damit zusammen, dass die Studenten hier sehr jung
zu studieren beginnen und mit 22 spätestens ihren Bachelor haben, manche schon den
Master. Im ersten Jahr wohnen alle in den Colleges (dazu später mehr) und haben eine
Putzfrau. Die Selbständigkeits-volljährigkeit wird hier etwas später erreicht.
Uni-Leben:
Durham University ist in England praktisch eine Institution. Gerüchteweise überholt sie
gerade Oxford. Überrascht? Ja, kein Mensch hat jemals von Durham gehört.
Gemeintipp! Die Studenten gehören zu den besten des Landes – meistens kommen sie
von public schools und sind sehr strebsam.
Zur Kurswahl: Die Kurse sind schon anspruchsvoll. Vor allem die am EnglishDepartment. Ich war allerdings am German Department und hatte somit nur begrenzt
die Möglichkeit Kurse dort zu bekommen. Das hat sich im Endeffekt als positiv
herausgestellt. Den einen Kurs, „Campus Novel“, welchen ich am English Department
bekommen habe, habe ich leider aufgeben müssen, weil es einfach zu viel zu lesen war: 2
Novels in 2 Wochen! Es ist bestimmt gut, den Lehrer vorher zu kontaktieren (wenn man
seine Module auch sicher hat), um zu fragen, welche Romane man vorher gelesen haben
sollte, wenn man eine Special Topic erwischt. Die sind zwar wirklich interessant, können
aber eben auch verzwickt sein.
Die Studenten am German bzw. Modern Language Department sind sehr offen und
freundlich gegenüber Erasmus-Leuten, da sie selbst im 3. Jahr ein Auslandsjahr machen
und sehr interessiert sind an deiner Erfahrung und deinem schönen deutschen
Muttersprachler-Akzent. Mir persönlich hat es viel Spaß gemacht, mich mit Tandem
Partner und Buddies auszutauschen. Ich habe auch deutsche Konverstationsstunden für
das German Department gemacht. Dabei habe ich nette Leute kennengelernt und hatte
das Gefühl, dass die Englischen Studenten wirklich dankbar sind, wenn man einfach eine
halbe Stunde Sprach-und Kulturaustausch mit ihnen macht.
Ich habe auch Philosophie-Kurse belegt. Dabei ist mir stark aufgefallen, dass der
Anspruch pro Studienjahr deutlich ansteigt: Mein 2nd year Modul „Philosophy of
Religion“ war wesentlich leichter als „Language and Mind“, welches für das 3rd year
ausgelegt ist. Es ist vielleicht nicht schlecht, 1st oder 2nd year Module zu belegen statt
3rd years. Die Module gehen über das ganze Jahr. Bei den meisten schreibt man 2 Essays
und hat eine Klausur. Für jeden Term etwas. Übung bekommt man definitiv genug.
Spezielle Erasmus-Module, wie „English and ist Social context“ oder „English Past and
Present“ vom English Learning Center sind sehr zu empfehlen. Man ist dort zwar „nur“
mit Erasmus-Studenten zusammen, doch lernt unglaublich viel über die Besonderheiten
und Ticks der Engländer. Es ist wirklich spannend und enthält durchaus die ein oder
andere wichtige alltagstaugliche Information. Generell muss man sich, glaube ich davon
verabschieden, dass man die Kurse auf dem Learning Agreement bekommt. Aber man
findet doch etwas!
Die Uni ist leider nicht so sehr ein Treffpunkt für soziale Kontakte. Es gibt nur ein Cafe,
wo sich die Studenten vor dem kalten Wind des Englischen Nordens gesellig verstecken
können. Das DSU-Cafe. Eine Mensa gibt es leider nicht. Deshalb: immer schön LunchPaket mitnehmen. Oder in den zahlreichen Cafes Mittagessen, doch beware: Dienstags
ist die Suppe scharf!
Colleges und Societies – Das Besondere an Durham
Das Besondere an Durham sind die Colleges. Jeder Student gehört einem College an.
Auch jeder Erasmus-Student. Es gibt 14 verschiedene Colleges in Durham. Die kann
man sich wie die Häuser in Harry Potter vorstellen. (Ja, wenn man in Durham wohnt
kommt man kaum an Hogwarts-Anspielungen vorbei). Es sind Gebäude, die überall in
der Stadt verteilt sind, das Castle zum Beispiel ist auch ein College. Jedes hat seine
eigene Tradition, Kunst-, Freizeit- und Sport Societies und Veranstaltungen. Im ersten
Jahr wohnt jeder Student in seinem College. Als Erasmus Student darf man leider nicht
im College wohnen. Es ist in den Colleges, wo das soziale Leben der Durham Studenten
stattfindet.
Leider ist es nicht so leicht als Erasmus-Student viel an diesem
College-Leben teilzunehmen. Man ist schon ein wenig
ausgeschlossen, weil die Studenten dort eben „eng“
zusammenwohnen seit ihrem 1. Jahr. Mein College ist Grey
College, eines der größeren. Grey College (siehe links) liegt auf
einem Hügel, wo auch die Naturwissenschaften und die Bibliothek sind, zusammen mit
einigen anderen Colleges, den Hill-Colleges. Ich fand es aber trotzdem nett, ab und zu
den Weg zu meinem College auf mich zu nehmen, um einem Society Treffen
beizuwohnen, in der Bar zu sein, oder an einem ‚formal‘ teilzunehmen. Formals sind
einfach Abendessen, bei denen man sich schick macht und vor dem Essen lateinische
Gebete spricht. Wenn man Glück hat und eines der traditionelleren Colleges bekommt,
darf man einen schicken ‚Gown‘ anziehen (siehe Bild).
Zu den Societies: Societies gibt es nicht so richtig in Heidelberg. Es sind einfach
Studentengemeinschaften, die unter einem gewissen Thema stehen, wie „Hello Knitty“,
zum Beispiel. Zuerst einmal muss man sagen, dass es davon tausende gibt in Durham.
Für jeden Geschmack ist etwas dabei – von der Assassins-Society über Meditations-,
Ballet-, Wine and Cheese Appreciation- bis zur Rock Music Society. Besonders gut sind
Sport-Societies. Durham ist eine der besten Sport-Unis Englands. Jedes College hat für
fast jeden Sport ein Team und man tritt gegen andere Colleges an. Wenn man ziemlich
gut ist und richtig ehrgeizig, kann man dem Team der Durham University beitreten und
landesweite Turniere gegen andere Universitäten mitmachen. Ein wichtiger Tipp: Am
Anfang des Jahres gibt es einen Fair, bei dem sich alle Societies vorstellen. Lass dich
nicht abschrecken. Such dir ein, zwei aus und bleibe dabei! Alle sind sehr freundlich und
freuen sich über Mitglieder. Die Hild-Bede- Movie Society und auch die Hillwalking
Society fan dich besonders toll. Jeden Samstag sind Trips (manche bis Schottland)
organisiert, man sieht viel vom Land und es ist nicht teuer.
Generelle Praktische Tipps:
-
Nimm dir ein schönes Kleid mit oder einen Anzug für Formals.
Englisches Konto bei Lloyds oder Barkleys ist ganz leicht zu eröffnen
Billiger Handy-Tarif: Giffgaff (Internet-Anbieter)
Bill Bryson is life (das ist die library – viel Freude mit Öffnungszeiten 24/7)
Englisches Essen kann, aber muss nicht gut sein
Robinsons auf der North Road ist eine gute Anlaufstelle für Obst-und Gemüse aus
der Region; oder der Markt am Samstag
Zum Weggehen sind Fabio’s (Erasmus Treffpunkt), Klute (Voted worst nightclub
in Europe, hat aber gute alte Musik zum Mitsingen) und die College Bars
(billig/bezahlbar) sehr cool
Fazit:
Alles in allem hat mir Durham sehr sehr gut gefallen. Das liegt vor allem an den vielen
Leuten aus Europas sonnigem Süden, die ich jetzt meine Freunde nenne. Es sind ganz
einfach die Menschen, die Erasmus machen. Es ist eigentlich egal, wo du hingehst. Ganz
ehrlich. Hab viel, viel Spaß in Durham! Den wirst du haben! Ganz bestimmt. Ich freue
mich, dir weitere Fragen zu deinem Durham-Aufenthalt zu beantworten, weil ich
nämlich neidisch bin, dass du ihn noch vor dir hast. Trau dich unter:
[email protected].
Liebe Grüße, Anna Lena