Gemeindepsychiatrische Versorgung in England
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Gemeindepsychiatrische Versorgung in England
Gemeindepsychiatrische sektorisierte Versorgung in England – ein Modell für Deutschland? Dr Kai Treichel Gegenwärtig wird vermehrt über die Notwendigkeit der Einführung einer personenzentrierten gemeindepsychiatrischen Versorgung in Deutschland debattiert (1, 10). Teilweise wird auch auf das System oder Teilbereiche der Versorgung in England verwiesen (7, 8,15). In der Tat blickt England auf eine jetzt mehr als 20jährige Erfahrung mit einem flächendeckenden, fast ausschließlich gemeindepsychiatrisch ausgerichteten Versorgungsmodell zurück. Dieses Modell unterscheidet sich jedoch signifikant von dem aktuellen System der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Eine Bestandsaufnahme erscheint daher sinnvoll. Politische Rahmenbedingungen Zentrale Institution der (psychiatrischen) Gesundheitsversorgung ist der 1948 gegründete staatliche Gesundheitsdienst, National Health Service (NHS). Die Verwaltung und Finanzierung des NHS erfolgt über verschiedene Steuerungsgremien direkt aus dem Gesundheitsministerium (Department of Health, DH). Die Krankenersorgung nicht durch Krankenhäuser, Krankenkassen oder Kassenärztliche Vereinigungen, sondern durch insgesamt über 400 sog. NHS Trusts wahrgenommen, davon von 180 für psychiatrische Versorgung (Mental Health Trusts). Krankenhäuser, Gesundheitsämter, Hausärzte, Apotheker, Krankenpflegedienste und andere ambulante Dienste wurden unter einem Dach sektoral zusammengelegt, um eine bessere Koordinierung zu erreichen. Der Sicherstellungsauftrag ist an die Primary-Care Trusts (PCT) übergegangen, die damit die Verantwortung für die Bereitstellung von ambulanter und hausärztlicher Versorgung übernommen haben und die vertraglichen Beziehungen mit den Leistungserbringern regeln. Jeder Einwohner hat kostenlosen Zugang zur psychiatrischen Versorgung, es gibt jedoch kein Recht auf freie Arztwahl. Der Hausarzt (general practitioner, GP) als Primärarzt fungiert als "gatekeeper" in einem System strikter Trennung von allgemeinmedizinischer und fachärztlicher Versorgung (Primary-Care Trust bzw. Sekundary-Care Trust). Diese systempolitische Rolle sichert der Gruppe der Hausärzte großen Einfluss in den PCTs. Klinisch verbindliche Richtlinien und Standards spielen eine gewichtige Rolle in der Versorgung und werden vom National Institute of Clinical Excellence (NICE) oder durch das Ministerium erstellt. Die direkte Steuerung des NHS durch das Gesundheitsministerium und seine Organe erzeugt eine vergleichsweise hohe Regulationsdichte (11). Finanzierung In Abwesenheit öffentlicher Krankenkassen wird das Budget des Gesundheitssystems zu 90% aus der (Einkommens-)steuer finanziert, zusätzlich durch Patientenzuzahlungen und andere staatliche Einnahmen (z.B. Tabaksteuer). Die Finanzierung wird im Haushaltsplan der Regierung für drei Jahre festgelegt. Das Gesamtbudget des NHS belief sich 2004 auf 7,6% des Bruttosozialproduktes (ca. £68.7 Mrd. bzw. €100 Mrd.) und lag damit deutlich unterhalb des europäischen Durchschnitts von 8,9% (Deutschland 10.7% BSP) Während die Primary Care Trusts (PCT) die Budgets direkt über eine Regulierungsbehörde (Strategic Health Authorities) vom Ministerium zugeteilt bekommen, müssen die Mental Health Trusts mit den sektoralen PCTs ihr Budget vertraglich verhandeln. Ein Sektor umfasst dabei meist ca. 300.000 Einwohner. Die Verträge beinhalten in der Regel ein jährliches Globalbudget, es werden z.T. aber auch Aufenthaltspauschalen oder Einzelleistungspreise vereinbart. Bis zu 10% kauft der NHS mittlerweile extern privat ein, d.h. insbesondere stationäre Akutversorgung, aber auch rehabilitative Angebote wie betreutes Wohnen werden zunehmend von privaten Dienstleistern erbracht Ca. 15% der Bevölkerung sind in den privaten Krankenversicherungen versichert. Psychiatriereform Eine erste Reformbewegung mit rehabilitativen Zielen formierte sich bereits in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und politischer Wille führte zu einer Änderungen der Prämissen im Gesetz für psychisch Kranke (Mental Health Act) 1959. Die Novelle besagte, daß das Krankenhaus ein Ort der Behandlung sein sollte, und nicht notwendigerweise der Verwahrung. Die Kommunen wurden zu regionalen Angeboten (z.B. Wohnen) verpflichtet. Aber erst nach den Auseinandersetzungen der 70er Jahre über ein medizinisches vs. soziologisches Krankheits-und Versorgungsmodell begann der eigentliche Prozess der Deinstitutionalisierung und mit einer erneuten Reform des Mental Health Act (1983) nahm die Vision einer gemeindenahen Versorgung Gestalt an (4). Das Gesetz bestimmt die Orientierung auf die Gemeindepsychiatrie und damit auf Verbesserung der Sozialdienste, Wohnortnähe der psychiatrischen Dienste, Multiprofessionalität und Vernetzung. Behandlung sollte möglichst außerhalb von Institutionen und auf freiwilliger Basis erfolgen. Damit verbunden wurden die Patientenrechte gestärkt. Aufgrund der staatlichen Struktur des NHS wurde die gemeindepsychiatrische Psychiatriereform als politische Initiative innerhalb kürzester Zeit ab Ende der 80er Jahre umgesetzt. Bis 1995 waren alle großen Anstalten (Asylums) geschlossen. Die staatliche Budgetierung der Ausgaben hat im Verlauf jedoch medizinische Leistungen in England lange Zeit strikt rationiert. Dadurch kam es zu Qualitätsverlusten in der psychiatrischen Versorgung insbesondere durch Mangel an stationären Kapazitäten bei gleichzeitiger personeller Unterausstattung der Gemeindepsychiatrischen Zentren. In den letzten Jahren hat die englische Regierung diesen systematischen Fehler erkannt und deshalb mehrere Milliarden Pfund zusätzlich in die psychiatrische Versorgung geleitet, um insbesondere personell und konzeptionell aufzustocken (9) . Personal Die Anzahl der leitenden Fachärzte (Consultants) in der Psychiatrie liegt in England deutlich unter dem europäischen Durchschnitt, es besteht Facharztmangel (6). Es wurden jedoch große Anstrengungen unternommen um Personalkapazitäten mit einem Sonderbudget aufzubauen. So erhöhte sich die Zahl der Consultants von 1997-2004 um 42,9% auf jetzt ca. 1800, davon halten jedoch nur ca. 100 die Zusatzbezeichnung Psychotherapie Klinische Psychologen sind bisher noch nicht so zahlreich in die Versorgung eingebunden wie in Deutschland, ihre Zahl liegt bei ca. 5500. Auch bei den psychiatrischen Pflegekräften ist die Personalsituation eher angespannt, obwohl auch hier ein Zuwachs von fast 20% seit 1997 zu verzeichnen ist. In nicht unerheblichem Maße ist das NHS auf Zeitarbeitskräfte angewiesen. Dies führt jedoch nicht selten zu Beeinträchtigung der Qualität und Sicherheit der insbesondere stationären Akutversorgung. Das National Institute for Mental Health in England (NIMHE) hat daher jüngst seine National Mental Health Strategie veröffentlicht. Ihr Zweck ist es, eine hinreichende Anzahl an Mitarbeitern mit angemessenen Qualifikationen sicherzustellen, die gut motiviert den Bedürfnissen der Patienten gerecht werden können (15). Grundzüge der gemeindepsychiatrischen Versorgung Ab Anfang der 90er Jahre begann der Aufbau von gemeindepsychiatrischen Zentren (Community Mental Health Centre, CMHT) und erste Strukturleitlinien zur Versorgung psychisch Kranker an ihrem Wohnort wurden vom Gesundheitsministerium veröffentlicht (3 ). Jedes CMHT versorgt einen definierten Sektor seines Bezirkes, die sog. catchment area. Das typische Einzugsgebiet einer catchment area in London entspricht ca. 90 -110.000 Einwohner. Die Aufgaben der CMHTs sind: Begutachtung u. (ggf. stationäre) Aufnahme von Patienten, multidisziplinäre Behandlung, Allokation eines Fallmanagers („CareCoordinator“) und Erstellung eines Behandlungs-und Betreuungsplans ("careplans"). Es wird dann nach erfolgter Erstbehandlung über die Entlassung aus dem Service oder der Transfer in die Langzeitbehandlung (ggf. unbefristet) entschieden. Die Behandlung erfolgt im Allgemeinen freiwillig, es gibt jedoch auch die Möglichkeit der Behandlungsverpflichtung in der Gemeinde (11) . Die Arbeit erfolgt in multidisziplinären Teams. Ein Team umfasst Ärzte, Sozialarbeiter, psychiatrische Fachschwestern, Psychologen, Ergotherapeuten, Team manager, und Sekretärin. Die Teamstärke variiert je nach o.g. Funktion und Anzahl der betreuten Patienten und reicht von ca. 5 bis zu 20 Mitgliedern. Typische Teamfunktionen sind Begutachtung, Krisenintervention, home treatment, Rehabilitation und Langzeit-Intervention (2). Im Idealfall kann ein CMHT auf all diese verschiedenen Teams mit geringem bürokratischem Aufwand jederzeit zurückgreifen. Kontinuierliche Versorgung und careplan Eines der herausragenden Instrumente ist der Rahmenplan zur Behandlung in der Gemeinde, der sog Care Programme Approach (CPA). Er wurde 1991 von der Regierung als Richtschnur für gemeindepsychiatrische Versorgung eingerichtet, mit dem Ziel der Sicherstellung von Qualität in der Praxis (14). Er umfasst die Bestimmung gesundheitlicher und sozialer Hilfsbedürfnisse, einen schriftlicher Behandlungs- und Betreuungsplan (Care Plan), Allokation einer Bezugsperson (Care Coordinator) mit regelmäßigem Kontakt und die Anberaumung von Review-Treffen bei Krankenhausentlassungen. Die systematische Revision erfolgt in der Folge je nach Betreuungs- und Behandlungsintensität in Intervallen von 6-12 Monaten. Teilnehmer an den Reviewtreffen sollten nicht nur Patienten und Behandler sondern auch sind Angehörige, Betreuer und Mitarbeiter anderer sozialen Dienste sein. Der Care Coordinator hält den persönlichen Kontakt zum Patienten und ist meist als psychiatrische Fachschwester oder Sozialarbeiter ausgebildet. Die Funktion beinhaltet insbesondere auch die Zusammenführung und Koordination der verschiedenen medizinischen, psychiatrischen, sozialen, öffentlichen und privaten Leistungen am Patienten. Das wichtigste Instrument hierfür ist der Behandlungsplan (careplan). Es handelt sich um ein 10-15 seitiges Dokument, zunehmend digitalisiert, in dem die Kernbereiche der Behandlung beschrieben werden und die Bedürftigkeit des Patienten eingeschätzt und Ziele definiert werden. Typischerweise deckt der careplan folgende Kernbereiche ab: Wohnen, Finanzen/Beihilfen, Arbeit/Weiterbildung, Aktivitäten/Freizeit, Psychische Gesundheit, Physische Gesundheit, Risiko, Rückfall-Präventionsplan, Krisenplan. Es ist die Aufgabe des Care Coordinators sicherzustellen, dass der Patient alle verfügbaren und im careplan definierten Hilfen erhält. Der Psychiater behandelt sowohl in der Gemeinde als auch stationär, er folgt somit dem Patienten, den er selber einweist oder unterbringt und auch wieder entlässt. Die Rolle des Psychiaters innerhalb eines gemeindepsychiatrischen Teams wandelt sich jedoch. Seine Tätigkeit als hochqualifizierter klinischer Experte erhält neben den eigenen therapeutischen Aktivitäten auch zunehmend andere Schwerpunkte wie Teamfortbildung, Qualitätssicherung, und auch Leitungsaufgaben (sog. service development) innerhalb des Trusts. Dies erfordert für die psychiatrische Ausbildung, daß Weiterbildungskandidaten besonders auf Führungs- und Fortbildungsaufgaben besser vorbereitet werden müssen. Auch die Versorgungsforschung hat einen großen Stellenwert im klinischen gemeindepsychiatrischen Alltag (13). Jeder Arzt hat reservierte Zeit um Audits (Studien) zum effizienten und patientenbezogenen Bewerten und Anwenden der besten verfügbaren Krankenversorgung zu praktizieren. Diese Studien werden u.a. vom Kings Fund, Royal College of Psychiatry und National Institute for Mental Health (NIHME) gefördert. Stationäre Behandlung Seit Beginn der Deinstitutionalisierung wurden alle alten Krankenanstalten (Asylums) geschlossen. Das Modell der psychiatrischen Abteilungen an Allgemeinkrankenhäuser hat sich nur begrenzt durchgesetzt. Meist haben CMHTs ihre eigenen sektoralen stationären Einheiten, häufig auf dem Gelände von Universitäts- oder Allgemeinkrankenhäusern. Die Bettenzahlen sind bewusst niedrig gehalten, so daß fast durchgängig Voll- oder Überbelegung besteht. Ein typisches sektorales Einzugsgebiet von ca. 300.000 Einwohnern in London hat etwa 48 Akutbetten für Erwachsenpsychiatrie auf 3 Stationen, d.h. 16 Betten pro CMHT(12). Die Stationen sind meist geschlossen und konzeptionell in erster Linie zur Akutbehandlung eingerichtet. Das therapeutische Angebot und die Personalausstattung sind ausreichend, obwohl es hier starke Kontraste zwischen den verschiedenen Trusts geben kann. Die durchschnittliche Verweildauer liegt bei ca. 4-6 Wochen, da nicht wenige Patienten nach dem Unterbringungsgesetz eingewiesen werden und entsprechend langwierige Behandlungsverläufe haben. Ambulante Psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung "Niedergelassene" freiberufliche Fachärzte für Psychiatrie und/oder Psychotherapie gibt es im Bereich der öffentlichen Gesundheitsversorgung überhaupt nicht. Die ambulante psychiatrische Versorgung erfolgt ausschließlich durch die angestellten multidisziplinären Teams in den Community Mental Health Centern (CMHTs) und durch verschiedene kommunale und private Sozialdienste. Im Unterschied zu Deutschland beschränkt sich die psychiatrische Versorgung aber hauptsächlich auf ICD10-Diagnosegruppen F0-F3 und F7. Psychotherapeutische Behandlung ist im Allgemeinen nicht Teil der fachärztlichen Behandlung im NHS und wird primär von psychologischen Psychotherapeuten und weitergebildeten Krankenschwestern vorgehalten. Der Schwerpunkt liegt hierbei meist auf der Verhaltenstherapie. Der Bedarf übersteigt jedoch bei Weitem das Angebot. Die Versorgung der Patienten aus den ICD10-Diagnosegruppen F4-F6, in Deutschland bisher noch genuin dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie zugeordnet, geschieht in England unter weitgehendem Ausschluss der Psychiatrie und der CMHTs. Diese Patienten mit leichten Depressionen, Angststörungen, Anpassungsstörungen, Essstörungen, psychosomatischen Erkrankungen oder milden Persönlichkeitsstörungen werden von den Hausärzten (GP) häufig selbst behandelt oder (seltener) an Spezialzentren außerhalb der Gemeindepsychiatrischen Versorgung überwiesen. GPs können sich auch auf die Versorgung psychiatrischer Patienten spezialisieren. Häufig sind diesen Praxen dann sog GP-councellor assoziiert, die eine Art niedrigschwelliger stützender Therapie anbieten. Zusätzlich hat sich in den letzten 15 Jahren die Rolle der „PracticeNurse“ etabliert, die selbstständig in der hausärztlichen Praxis die Versorgung von chronisch Kranken und Neuaufnahmen von Patienten übernimmt und je nach Erfahrung und Ausbildung selbstständig Medikamente nach Richtlinien verschreibt. Schlussfolgerungen: Die im britischen National Health Service praktizierte gemeindenahe, aus einer Hand koordinierte und stationäre Aufnahme vermeidende Versorgung psychisch Kranker hat zweifellos viele Vorzüge. Die Einzelbetreuung durch einen care coordinator garantiert häufigen Kontakt zum Patienten in seinem Wohnumfeld und ist direkt präventiv wirksam. Damit reduziert sich die Häufigkeit und von stationären Aufenthalten, die Behandlung wird kosteneffizienter. Der strukturierte und umfassende Behandlungsplan incl. Krisenmanagement (CPA) ist ein hervorragendes Instrument der Qualitätssicherung. Die öffentliche, koordinierte Finanzierung im NHS hat offensichtlich Vorteile im klinischen Alltag, da zeitraubende und komplizierte Abstimmungsprozesse oder Anträge an Krankenkassen oder Krankenhausträger zur Finanzierung von Einzelleistungen, Tagespauschalen etc. entfallen. Nicht zuletzt hat auch die Versorgungsforschung einen großen Stellenwert und gewährleistet stetige Integration von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Wandel in den klinischen Alltag. Überbürokratisierung, Personalengpässe und „Verwaltung“ von Patienten sind potentielle Schwachstellen des Systems. Die Wahlfreiheit der Patienten wird in einer sektorisierten Versorgung per definitionem deutlich eingeschränkt. Bei einer auch nur ansatzweise flächendeckenden Übertragung des englischen Modells auf Deutschland würde sich für Leistungserbringer und Patienten gravierende bis existentielle Veränderungen ergeben. Um parallele Strukturen zu vermeiden und Kosten zu reduzieren müssten konsequenterweise die Krankenhäuser ihre stationären Betten- und Personalkapazitäten merklich herunterfahren und in den Wettbewerb mit den derzeitigen ambulanten Anbietern von Leistungen, also den Fachärzten für Psychiatrie und Psychiatrie und psychologischen Psychotherapeuten treten. Diese wären besonders betroffen: Weder scheint ihre juristische (freiberuflich), noch die inhaltliche (unvernetzte Einzelleistungen) oder die wirtschaftliche (selbstständig) Basis in einem echten gemeindepsychiatrischen Modell erhaltbar. Inhaltlich erfolgt zusätzlich in England die Versorgung der Patienten mit leichten Depressionen, Angststörungen, Anpassungsstörungen, Essstörungen oder psychosomatischen Erkrankungen meist außerhalb der Gemeindepsychiatrie durch Hausärzte oder Spezialzentren. Eine solche Entwicklung in Deutschland würde die Attraktivität des Faches Psychiatrie und Psychotherapie für junge Ärzte wahrscheinlich deutlich mindern (5). Die Vorstellung, bestimmte (positive) Teilbereiche der sektorisierten gemeindepsychiatrischen Versorgung in England "kopieren" zu können, ohne das derzeitige deutsche gesundheitsökonomische System der Finanzierung, Versorgung und Verwaltung zu tangieren, erscheint wenig realistisch. In der Debatte über eine effektive und effiziente gemeindepsychiatrische Reform der Versorgung Psychisch Kranker sollte daher stärker berücksichtigt werden, daß damit wahrscheinlich zwangslaufig auch die Grundzüge der gegenwärtigen stationären und ambulanten psychiatrischen Krankenversorgung in Deutschland, deren Finanzierung und die ärztliche Selbstverwaltung in Frage gestellt werden. Literatur: 1. Aktion Psychisch Kranke. Initiative zur Gründung einer Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrische Versorgung. Bonn, 2005 2. Behre T, Puschner B, Kilian R, Becker T. Home treatment für psychische Erkrankungen. Nervenarzt (2005) 76:822-831 3. Department of Health. Building Bridges. London, 1995 4. Department of Health. Mental health Act. London, 1983 5. Calliess I, Treichel K. Quo vadis Psychiatrie und Psychotherapie? Nervenarzt (2003) 12:11601162 6. Genkeer L. London’s Mental Health Workforce. A review of recent developments. Kings Fund. London, 2003 7. Kunze H, Becker T, Priebe S. Reform of psychiatric services in Germany: hospital staffing directive and commissioning of community care. Psychiatric Bulletin (2004) 28: 218-221 8. Luengen M, Gerber A, Vogel P, Püllen J, Damian G, Seidel-Kwem, Lauterbach KW. Wettbewerb, Qualität und freien Zugang zu Krankenhäusern: Was können England und Deutschland voneinander lernen? Das Krankenhaus. 2005:421-424 9. Mental Health Care Group Workforce Team. National Mental Health Workforce Strategy, London, Department of Health, 2004 (DH Publications no. 40276) 10. Ministerium für Gesundheit Land Brandenburg. Psychosoziale Versorgung stärker vernetzen. Potsdam, 2004 11. Montgomery J. Mental Health. In: Healthcare Law. University Press. Oxford, 2003 12. Oxleas NHS Trust. Community Services Data Review. London, 2005 13. Thornicroft G. National Service Framework for Mental Health. Psychiatric Bulletin (2000), 24, 203-206 14. Warner L. Review of the Literature on the Care Programme Approach. The Sainsbury Centre for Mental Health. London, 2005 15. World Health Organisation. Humanressourcen und Ausbildung im Bereich psychische Gesundheit. Info-Papier Europäische Ministerielle WHO-Konferenz. Helsinki, 2005 Der Autor ist FA für Psychiatrie und Psychotherapie, Gesundheitsökonom (ebs) und derzeit International Fellow des Britischen Gesundheitsministeriums Korrspondenzadresse: Dr Kai Treichel Oxleas NHS Mental Health Trust Community Mental Health Services 2 Blean Grove SE20 8QU London,UK email: [email protected]