Mehr Sicherheit bei der Dialyse

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Mehr Sicherheit bei der Dialyse
Klinikum
Mehr Sicherheit bei der Dialyse
Neues System überwacht indessen Herz und Kreislauf
Ein neues Verfahren zur
Überwachung des Kreislaufs
während einer Dialysebehandlung haben Mediziner
der Universität Jena zusammen mit dem Institut für Biomedizinische Technik der
Technischen Universität Ilmenau und der medis GmbH
entwickelt. Es misst verschiedene Kreislauf-Parameter.
„Das Verfahren ist nicht-invasiv und online-fähig und gewährleistet eine kontinuierliche Überwachung bei höchstmöglichem Komfort für Patienten und Personal“, hebt
Prof. Dr. Günter Stein, Direktor der Klinik für Innere Medizin IV (KIM IV), hervor.
Schäden vermeiden
Während einer Blutwäschebehandlung treten häufig Blutdruckabfälle auf – und
zwar plötzlich und ohne Vorzeichen. Es kommt zu Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Schweißneigung
und Herzrasen, sogar Bewusstlosigkeit kann eintreten. Abgesehen von der akuten Beeinträchtigung wirkt
sich ein wiederholt auftretender Abfall des Blutdrucks auf
längere Zeit sehr ungünstig
aus. „Das kann unmittelbar
zu gesundheitlichen Schäden
wie neurologischen Ausfällen
oder Herzinfarkt führen“, so
Stein.
Manuell reicht nicht aus
Die bisherigen Überwachungsmöglichkeiten gefährdeter Patienten seien unzureichend. Manuelle Blutdruckmessungen vor und
nach der Dialyse und zweibis dreimal während der Behandlung genügten nur für
stabile Patienten, jedoch
nicht für Menschen mit Begleiterkrankungen wie zum
Beispiel Diabetes, meint der
Mediziner.
Die von den Jenaer und Ilmenauer Wissenschaftlern
entwickelte Methode liefert
dem behandelnden Arzt wähUni-Journal Jena 05/01
Um auch eine Optimierung
der
Dialysebehandlung
selbst, der Herz-KreislaufMedikation und der oft
schwierigen
Bestimmung
des Optimalgewichts zu erreichen, sind jedoch weitere
klinische Untersuchungen
nötig. Diese bilden nun den
Schwerpunkt in der Kooperation zwischen dem Institut für
Biomedizinische Technik der
TU Ilmenau und dem Funktionsbereich Nephrologie an
der KIM IV.
sul
Für die Patienten ist die Kreislaufüberwachung während der Dialyse mit dem
neuen System bequem, sicher und unkompliziert.
Foto: Scheere
rend der Blutwäsche kontinuierlich Informationen über
den Kreislaufzustand des Patienten und erlaubt es ihm
auf längere Sicht, Behandlungsparameter wie Körpergewicht und Herz-KreislaufMedikamente optimal für den
Betroffenen einzustellen. Ein
Alarmsystem ermöglicht es,
bei kritischen Herz-KreislaufZuständen oder bei Herzrhythmusstörungen frühzeitig einzugreifen.
Nach Angaben von Prof.
Günter Stein liefen die bisherigen Tests mit dem neuen
System Erfolg versprechend.
Über 100 Patienten mit der
Tendenz zu niedrigem Blutdruck wurden in klinische
Tests an der KIM IV und dem
KfH-Dialysezentrum in Jena
einbezogen. In 83 Prozent der
Fälle konnten drohende Phasen des Blutdruckabfalls
rechtzeitig vor der Ausbildung
von Symptomen erfasst und
behandelt werden.
Weitere Studien
„Das Monitoring wird von
den Dialysepatienten gut toleriert und verbessert das
Wohlbefinden, die Behandlungssicherheit und die Langzeitprognose der Patienten“,
resümiert Klinikdirektor Stein.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Günter Stein
Tel.: 03641/939148
Fax: 939235
E-Mail: guenter.stein@
med.uni-jena.de
Skelett
Anatomisch naturgetreu,
direkt vom natürlichen Knochen
abgeformt, wird dieses Skelett auch
die Faksimile-Edition genannt.
Hergestellt aus unzerbrechlichem
Kunststoff, alle Gelenke beweglich montiert.
Arme und Beine sind leicht abnehmbar,
der Schädel (ebenfalls abnehmbar)
ist in 3 Teile zerlegbar.
Gesamthöhe
(einschließlich des fahrbaren
Sicherheitsstativs)
ca. 180 cm
Unser Preis:
Nur DM 399,-
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Klinikum
Kunstherz: Lebensretter aus Titan
Die Wartezeit auf ein Spenderherz wird überbrückt
tion besteht, können bei einigen Patienten Kunstherzen
zum Einsatz kommen.“ Dabei
wägen die Ärzte stets das Risiko ab, welche Therapieform
die günstigste ist.
Nur etwa 30 dieser Kunstherzen werden derzeit jährlich in Deutschland verpflanzt,
in den vergangenen sechs
Monaten drei davon allein an
der Jenaer Uniklinik. „Diese
Maschinen sind in technischer Hinsicht heute exzellent, erreichen aber selbstverständlich niemals die optimale Funktion wie das natürliche
Organ“, erklärt Herzchirurg
Wahlers. Dabei ist diese Therapieform mit erheblichen
Kosten verbunden.
So funktioniert’s:
Prof. Dr. Thorsten
Wahlers erläutert an
Hand eines Herzmodells, wie das Kunstherz angeschlossen
wird. Das Gerät
selbst wird dann im
Bauchraum des Patienten „verstaut“,
nur die Batterie
muss er extern tragen.
Erhebliche Kosten
Foto: Kasper
Für einen im Einzelfall notwendigen Einsatz von Kunstherzen bei schwer herzkranken Patienten plädiert der Jenaer Herz-, Thorax- und Gefäßchirurg Prof. Dr. Thorsten
Wahlers: „Diese HightechMaschinen aus einer SpezialTitanlegierung sind zwar bestenfalls ein zeitweiliger Ersatz
für das lebende Organ, aber
für viele Patienten die einzige zuverlässige Überlebenschance, um die Wartefrist bis
zu einer Herztransplantation
zu überbrücken.“
Allerdings gebe es in
Deutschland noch viel zu wenige Spezialzentren, die für
den Kunstherz-Einsatz technisch und personell ausgerüstet seien, und die hohen Kosten, die mit dieser Therapie
verbunden sind, würden nur
unzureichend erstattet.
„Das dürfen aber nicht die
Kriterien sein“, so Wahlers,
„für uns geht es nur um ein
Ziel: Patientenleben zu retten.“ Derzeit ist Wahlers’ Kli-
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nik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie an der Uni Jena
nur eine von nicht einmal einem Dutzend Einrichtungen
in Deutschland, die über das
nötige Spezialistenteam und
die technische Ausstattung
für die Kunstherz-Therapie
verfügen.
Risiken genau abwägen
Die Kardiologen unterscheiden zwischen Systemen, die eine verbliebene
Restfunktion des Patientenherzen – etwa nach einem
schweren Infarkt – unterstützen, und solchen, die die
Pumpleistung eines schwerst
geschädigten Organs vollständig ersetzen. „Wir versuchen zunächst immer, das eigene Herz des Patienten zu
erhalten und ihm ein Weiterleben damit zu ermöglichen“,
erklärt Prof. Wahlers die ärztliche Strategie. „Nur wenn die
einzige Überlebensperspektive in einer Herztransplanta-
Allein das Kunstherz kostet
über 100 000 Mark, und die
aufwändige Operation und
die anschließende intensivmedizinische Betreuung kosten abermals eine fünfstellige Summe. „Die Behandlung
dieser Patienten ist für unsere Klinik in wirtschaftlicher
Hinsicht nicht kostendeckend, aber es wäre nicht verantwortbar, das Leben eines
Menschen gegen Geld aufzurechnen“, lenkt Wahlers den
Blick auf eine gesundheitspolitisch-ethische Debatte.
So versuchte sein Team am
7. März zunächst, den 43-jährigen Familienvater Dieter
Schmalfuß in einer elfstündigen Notoperation mit einem
unterstützenden Kunstventrikel außerhalb des Körpers –
einem so genannten „Berlin
Heart“ –, vier Bypässen der
Herzkranzgefäße und einer
wiederhergestellten Herzklappe zu retten. Schmalfuß
war nach einem schweren
Herzinfarkt und kardiogenem
Schock aus dem Klinikum in
Plauen per Hubschrauber
nach Jena verlegt worden.
Allerdings stellte sich
schon am nächsten Tag heraus, dass bei ihm diese Versorgung nicht ausreichte und
er erneut operiert werden
musste, um ihm ein dauerhaftes System, ein so genanntes „TCI Heartmate“, einzusetzen. 20 Spezialisten
kämpften um das Leben des
Patienten: „Das ist wie ein
fein abgestimmtes Räderwerk zwischen Chirurgen,
Kardiotechnikern, Anästhesisten und Intensivmedizinern und -pflegern“, schildert
Prof. Thorsten Wahlers. „Wir
arbeiten Hand in Hand und
können uns blind aufeinander
verlassen.“
Eurotransplant hilft
Anfang April ging es Dieter
Schmalfuß schon wieder den
Umständen entsprechend
gut, und er erwartete noch
für den selben Monat die Entlassung aus der Klinik. – Vorerst, denn nun heißt seine
langfristige Perspektive Herztransplantation. Prof. Wahlers: „Wir haben ihn schon bei
Eurotransplant
gemeldet.
Derzeit beträgt die Wartezeit
auf ein Spenderorgan allerdings circa acht bis 16 Monate, eine Zeit, die unser Patient so nicht überlebt hätte.“
Die Eurotransplant-Zentrale
hat ihren Sitz in der niederländischen Stadt Leiden und koordiniert für Mitteleuropa die
Entnahme und Vergabe von
Spenderorganen, neben Herzen vor allem Nieren, Lebern
und Lungen.
All dies hat Dr. Dieter Poleske schon hinter sich. Der
67-jährige niedergelassene
Hausarzt war im vergangenen Jahr nach mehreren
schweren
Herzinfarkten
selbst zum Patienten geworden und erhielt am 16. Juni
2000 zunächst ein Kunstherz.
Am 21. März dieses Jahres
wurde ihm nun erfolgreich ein
Spenderherz eingepflanzt.
Ob er wieder voll arbeiten
kann, muss sich erst noch
erweisen, aber auf ausgedehntere Spaziergänge mit
seiner Frau in der freien Natur freute er sich schon während der Genesung im Krankenhaus.
wh
Uni-Journal Jena 05/01