039-048 Dippold - Bezirk Oberfranken
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039-048 Dippold - Bezirk Oberfranken
Ein aufsässiger Türmer Zu den Bedingungen kleinstädtischer Musikpraxis im frühneuzeitlichen Franken von Günter Dippold Musikgeschichte, will sie nicht bloße Kompositionsgeschichte sein, hat sich auch mit der musikalischen Praxis vergangener Epochen zu beschäftigen. Als Hochschullehrer hat der Jubilar hierzu Bedeutsames beigetragen, sind doch auf seine Anregung hin Studien zur Geschichte der Musik in bayerischen Klöstern1 oder am markgräflichen Hof zu Bayreuth2 entstanden. Kloster und Fürstenhof – diese beiden Orte von Musik bestimmen die Forschung. Das kleinstädtische oder gar dörfliche Musikleben hingegen fand eher das Interesse der Regionalgeschichts-, der volkskundlichen und der Volksmusikforschung3. Der vielseitige und vielgefragte Musiker der frühneuzeitlichen Kleinstadt, der Türmer, galt weithin als besserer Nachtwächter, der bestenfalls von seiner Türmerstube herab gefällige Weisen blies. Daß solche Klischees an der Wirklichkeit vorbeigehen, daß in Wirklichkeit die Türmer umfassend tätige Berufsmusiker waren, auf der Geige versiert wie auf dem Horn, dem Zink, der Posaune und der Trompete, ist erst in den letzten Jahrzehnten deutlich herausgearbeitet worden. Eine besonders gut erforschte Region ist hier die Oberpfalz, namentlich deren nördliche Hälfte. Erst jüngst haben Barbara Polaczek und Johann Wax in einer grundlegenden Studie den Forschungsstand zusammengefaßt und erweitert4; obendrein wird das Thema in der Oberpfalz seit 2000 durch das Erste Deutsche Türmermuseum Vilseck auch in Form einer Dauerausstellung der interessierten Öffentlichkeit präsentiert5. 1 2 3 4 5 Musik in bayerischen Klöstern 1: Beiträge zur Musikpflege der Benediktiner und Franziskaner (= Schriftenreihe der Hochschule für Musik München 5), Regensburg 1986; Klaus Mohr, Die Musikgeschichte des Klosters Fürstenfeld (= Musik in bayerischen Klöstern 2; Schriftenreihe der Hochschule für Musik München 8), Regensburg 1987. Gotthart Schmidt, „Johann Balthasar Kehl und Johann Wilhelm Stadler. Zur Musikgeschichte Bayreuths im 18. Jahrhundert“, in: Archiv für Geschichte von Oberfranken 46 (1966), S. 183–240; Herbert Küffner, „Eine Augsburger Sammelhandschrift als Quelle zur Geschichte der Bayreuther Hofmusik“, in: Archiv für Geschichte von Oberfranken 49 (1969), S. 103–196. Werner Greve, Art. „Stadtpfeifer“, in: MGG2 Sachteil 8, Kassel u. a. 1998, Sp. 1719– 1732; ders., Art. „Turmmusik“, in: MGG2 Sachteil 9, Kassel u. a. 1998, Sp. 1082–1086. In der ersten Auflage der MGG erscheint das Lemma „Stadtpfeifer“ auffälligerweise erst im Supplement (Heinrich W. Schwab, in: MGG 16, Kassel 1976, Sp. 1731–1743); das Stichwort „Turmmusik“ fehlt. Barbara Polaczek und Johann Wax, Glockenschlag und Hörnerklang. Türmer in der Oberpfalz, Amberg 2002. Zum Museum ebd., S. 106–111. 40 Günter Dippold In Franken hingegen stehen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, derartige Untersuchungen aus6. Es ist bezeichnend, daß 1933 ein Oberpfälzer Autor Türmer für eine Spezialität seiner Heimat hielt, die es in Franken nicht gegeben habe 7. Die Quellen, die von Türmern berichten, sind freilich, was deren Musizieren angeht, nur bedingt aussagekräftig. Die Türmerordnung einer Stadt und die Eidformel für den Türmer geben zwar Hinweise, sind aber mit dem Mangel jeder normativen Quelle behaftet: Sie verraten, was der Türmer hätte tun sollen, nicht unbedingt, was er wirklich tat; sie beschreiben, was ihm vorgeschrieben und was verboten, aber nicht, was ihm möglich war. Immerhin läßt sich mancherorts aus den Dienstanweisungen für den Türmer ablesen, wie sich die Aufgabenfelder nach und nach erweiterten. So beschäftigt sich die Türmerordnung von Lichtenfels, die 1563 aufgezeichnet wurde, aber erheblich älter sein mag, lediglich mit dem Wachdienst des Türmers8, der hier – wie in den meisten fränkischen Städten – auf dem Torturm der Stadtmauer, nicht auf dem Kirchturm lebte9. Nach Bewaffneten und nach Bränden in Stadt und Land hatte er Ausschau zu halten, und je nach Vorfall hatte er die Bürgerschaft durch bestimmte Signale zu alarmieren; überdies hatte er zwischen Mitternacht und Tagesanbruch jede volle Stunde mit dem Horn anzuzeigen – ein Zeichen, das in der stockdunklen Stadt den Bürgern die Sicherheit geben sollte, daß er wache und sie vor Feuer und Feinden behüte. 1618 wurde das Gebot hinzugefügt, der Türmer habe nicht nur, wie bis dahin gebräuchlich, am Morgen und am Abend vom Turm zu blasen, sondern auch zu Mittag. Die 1662 revidierte Ordnung nannte erstmals die Kirchenmusik als Aufgabenfeld. Überdies setzte der Stadtrat fest, daß bei Hochzeiten der Türmer das alleinige Recht hatte, die Musik auszurichten, während die Bürger bei anderen Festlichkeiten auch fremde Musikanten engagieren konnten. 1714 wurde diese Bestimmung zu Gunsten des Türmers abgeändert: Künftig hatte er bei allen Gelegenheiten den Vorrang vor auswärtigen Musikanten.10 6 Eine Zusammenfassung des Forschungsstandes bei Horst Steinmetz und Armin Griebel, Das große nordbayerische Blasmusikbuch. Oberfranken, Wien und München 1990, S. 11–21 mit Anmerkungen S. 174 f. 7 Ferdinand Hoffmann, „Von den Türmern der nördlichen Oberpfalz“, in: Die Oberpfalz 27 (1933), S. 127–131, hier S. 130. 8 Frühe Belege zu Turmwächtern und ihrer Funktion als Stadtmusikanten bei Heinrich W. Schwab, Die Anfänge des weltlichen Berufsmusikertums in der mittelalterlichen Stadt. Studie zu einer Berufs- und Sozialgeschichte des Stadtmusikantentums (= Kieler Schriften zur Musikwissenschaft 24), Kassel, Basel, London 1982, S. 29–32. 9 Eine Ausnahme stellte etwa Bamberg dar, wo die Türmer auf den Türmen der beiden Pfarrkirchen saßen. Dazu Siegfried Bachmann, „Über die Stadtpfeifer bei Alt-St.-Martin“, in: Fränkische Blätter 6 (1954), S. 99 f.; Karl Schnapp, Stadtgemeinde und Kirchengemeinde in Bamberg vom Spätmittelalter bis zum kirchlichen Absolutismus (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bamberg 5), Bamberg 1999, S. 97–99; Petra Mayer, „Als der Türmer die Feuerglocke schlug“, in: Fränkischer Tag (Ausgabe A) vom 1.2.2003, S. 14. 10 Heinrich Meyer, „Allerlei von den Lichtenfelser Stadtpfeifern“, in: Lichtenfelser Tagblatt vom 30.8.1958, S. 7. Ein aufsässiger Türmer 41 Gerade mit Blick auf die 1662 anläßlich des Dienstantritts eines neuen Türmers abgefaßte Ordnung wird die Problematik dieser Quellengattung deutlich. Wenngleich hier die Kirchenmusik und das Monopol für die Hochzeitsmusik erstmals genannt sind, so wäre doch der Schluß verfehlt, der Türmer hätte zuvor an feierlichen Gottesdiensten nicht mitgewirkt oder als Stadtmusiker keine Privilegien genossen. Mehr Aussagekraft als normative Quellen besitzen für die Alltagsgeschichte üblicher Weise behördliche oder kommunale Rechnungen. Im Fall der Türmer ist ihr Quellenwert freilich gering, da die musikalischen Aktivitäten zumeist von Privatleuten bestellt und bezahlt wurden. Aus öffentlichen Kassen erhielt der Türmer seine Besoldung und allenfalls gelegentlich besondere Zuwendungen, wenn er etwa das neue Jahr „anblies“, wobei im frühen 17. Jahrhundert nicht selten Türmer in einer fremden Stadt gastierten11. Des öfteren ist in der Forschung eine prosopographische bzw. genealogische Herangehensweise gewählt worden. Die Rekonstruktion von Türmerfamilien, die diesen Beruf zuweilen über Jahrhunderte ausübten, spielt dabei eine wesentliche Rolle, und die musikalische Tradition gilt als Besonderheit. Daß ein Beruf in der Familie vererbt wurde, ist jedoch, zumal in der Frühneuzeit, alles andere als ungewöhnlich. Begabung, Sozialisation, rechtliche oder faktische Bevorzugungen sind, zusammengenommen, stets die Erklärung. Daß der Türmerberuf in einer Familie über mehrere Generationen zu Hause war, das kam vor, ebenso wie es Dynastien von Scharfrichtern und Hirten, von Metzgern und Schmieden, von Juristen und evangelischen Pfarrern gab. Genauso begegnen wir aber Türmern, deren Eltern und Kinder auf andere Weise ihren Lebensunterhalt verdienten. Die bedeutsame Frage nach Heiratskreisen, mit deren Hilfe man den sozialen Standort der Türmer deutlicher bestimmen könnte, wurde dagegen noch zu wenig gestellt. Die aussagekräftigsten Quellen sind in der Regel die Protokollbücher des jeweiligen Stadtrats. Hier finden sich Einträge, wenn etwa die Stadtoberen über die Bitte ihres Türmers um Gehaltszulage berieten, wenn sie seine Klagen über die Konkurrenz fahrender Musikanten behandelten oder wenn sie ihn wegen der Vernachlässigung seiner Dienstpflichten, insonderheit der Nachtwache, ermahnten. Das Bemühen von Türmern um Gehaltszulage konnte verschiedene Gründe haben. Da die überwiegende Mehrzahl der Türmer das Bürgerrecht nicht besaß, partizipierte sie weder an den kommunalen Weideflächen noch am Brau- und Schankrecht der vollberechtigten Einwohner. Der ausgedehnte Dienst erschwerte ohnedies einen landwirtschaftlichen Nebenerwerb. Er müsse „täglichen alles umbs Gelt erkaufen“, klagte 1700 der Staffelsteiner Türmer Johann Josua Kisel12, und er deutete damit an, daß er eben Nahrungsmittel nicht selbst anbauen oder produzieren könne. Dabei war die Nutzung eines Ackers und einer Wiese anfangs noch 11 Diverse Belege bei Karl-Sigismund Kramer, Volksleben im Hochstift Bamberg und im Fürstentum Coburg (1500–1800). Eine Volkskunde auf Grund archivalischer Quellen (= Beiträge zur Volkstumsforschung 15; Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte IX, 24), Würzburg 1967, S. 86 f. 12 Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 28, Prot. von 1700 März 12. 42 Günter Dippold Teil seiner Besoldung13, während seine Nachfolger statt dessen eine Zahlung erhielten14. Weiterhin kam ein Türmer dann nicht umhin, um eine Gehaltsaufbesserung nachzusuchen, wenn das Musizieren unmöglich war. So war es eine schwere Zeit für den Staffelsteiner Türmer Georg Paul Bamberger, als nach dem Tod des Kaisers 1711 eine Trauerzeit angeordnet wurde, während derer Tanzveranstaltungen untersagt waren. Es blieb ihm nichts übrig, als „mit wehemütigen Bitten“ um eine Gehaltszulage an den Stadtrat heranzutreten15. Doch weniger solche Bitten sind aussagekräftig als vielmehr die Beratungen über normwidriges Verhalten des Türmers. Das soll der nachgehend dargestellte Fall belegen: die Geschichte eines Türmers in Staffelstein, der, offenbar von einem ungewöhnlichen künstlerischen Selbstwertgefühl beseelt, mit dem Stadtrat über Jahre hinweg immer wieder aneinandergeriet, bis dieser schließlich den Türmer aus seinem Amt jagte. * 1705 entließ der Staffelsteiner Rat seinen aus Marktbreit stammenden Türmer Johann Josua Kisel, nachdem – so das Ratsprotokoll – „von Tag zu Tag clagen wider ihne“ eingelaufen seien; obendrein habe sein Sohn sich einen Diebstahl zu Schulden kommen lassen.16 Alsbald fand sich mit Georg Paul Bamberger aus Ochsenfurt ein qualifizierter Nachfolger.17 Doch auch über ihn wurden nach einigen Jahren Beschwerden laut. Er solle „besseren Fleiss und Sorge auf seine Nachtwachten und Abblassen hinfuhro tragen“, ermahnten ihn die Ratsherren 1710.18 Als er 1721 einen Krämer beleidigte, nahmen sie dies zum Anlaß, ihm den Dienst aufzukündigen, zumal er „in der Kirchen gar nichts mehr zu gebrauchen“ sei.19 Kurz darauf gelang es, mit Joseph Ludwig Kreutner einen Nachfolger zu finden, dem der Stadtrat sogleich eine kostenträchtige Gefälligkeit erwies. Als er klagte, daß „die Stuben ufn Thurn gewältige Höhe habe und harth zu heizen seye“, ordneten die Ratsherren sogleich an, daß ein Zimmermann die neue Decke einziehen solle.20 Über die Herkunft Kreutners ist nichts bekannt.21 Über sein Leben bis 1721 wissen wir lediglich, daß er bereits eine Ehefrau hatte, als er nach Staffelstein kam, 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 27, Prot. von 1699 Okt. 1. Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 28, Prot. von 1705 Mai 29. Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 29, Prot. von 1711 Juli 17. Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 28, Prot. von 1705 Mai 2. Ebd., Prot. von 1705 Mai 29. Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 29, Prot. von 1710 Mai 2. Ebd., Prot. von 1721 Mai 8. Ebd., Prot. von 1721 Okt. 24. Belege für den Familiennamen könnten nach Thüringen weisen: Kraydner sind im frühen 18. Jahrhundert in Ellrich bei Nordhausen in Thüringen nachzuweisen, Kräutner in Gräfenhain bei Gotha. Matrikel der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1 (1690 –1730), bearb. von Fritz Juntke, Halle 1960, S. 98; Album Academiae Vitebergensis. Jüngere Reihe Teil 3 (1710 –1812), bearb. von Fritz Juntke, Halle 1966, S. 97. Ein aufsässiger Türmer 43 und daß er evangelisch war. Um den Dienst in der katholischen Stadt zu erlangen, mußte er versprechen, seinen Glauben zu wechseln. Doch es gingen mehr als vier Jahre ins Land, bis er sein Versprechen einlöste.22 Gleichwohl erfreute sich Kreutner einigen Ansehens. Im Januar 1725 beantragte er beim Bamberger Domkapitel, das die Herrschaft über Staffelstein ausübte, eine Gehaltserhöhung, zum einen wegen der „theuren Zeiten“, zum anderen, weil er die Instrumente für die Kirchenmusik aus eigener Tasche zu kaufen habe, und zum dritten, weil er „zur Nachtwach und anderen ihme obliegenden Diensten einen Gesellen unterhalten“ müsse. Der Staffelsteiner Amtsverweser, zur Stellungnahme aufgefordert, lobte Kreutner: „Wegen seiner ehrlichen und guten Aufführung“ sei ihm die Zulage zu gönnen. Tatsächlich gestattete das Domkapitel die Mehrung von 60 auf 68 Gulden im Jahr. Ende 1725 jedoch wurden Klagen über Kreutners Dienst laut. Er hatte nicht, wie es ihm vorgeschrieben und allgemein üblich war, zu jeder vollen Stunde in der Nacht geblasen und damit den Bürgern Sicherheit vermittelt. Immerhin hatte in Staffelstein 1684 ein Großbrand 330 Gebäude in der Stadt vernichtet23. Überdies habe Kreutner den Morgen- und den Abendsegen nicht ordnungsgemäß „ausgeblasen“.24 Umgekehrt hatte 1726 Kreutner zu klagen. Die fremden Spielleute und die Bürger, die an den Jahrmärkten musizierten, waren ihm ein Dorn im Auge, denn sie entzögen ihm seine Nahrung – eine Klage, die so mancher Türmer erhob. Offenbar erließ der Rat ein entsprechendes Mandat, das zugleich den Musikern in der Bürgerschaft das „Aufwarthen und Spihlen“ nur an den Jahrmärkten gestattete.25 1731 wandte Kreutner sich sogar an das Bamberger Domkapitel und beschwerte sich, er werde vielfach übergangen, wenn man Musik brauche, und für manche Tätigkeiten in der Stadt werde er nicht ausreichend bezahlt. Ausgiebig nahmen die vier Bürgermeister und die Ratsherren Stellung, und dieser Brief gewährt uns Einblick in die Lebenswirklichkeit eines Türmers.26 So wie die Dörfer um eine Stadt dem Bierbann unterlagen, also nur das von den Bürgern gebraute Bier ausschenken durften, führte die Bamberger Regierung während des 18. Jahrhunderts in manchen Amtssprengeln auch einen Musikbann ein. Einzig der Türmer der Amtsstadt mit seinen Gesellen, Lehrlingen und von ihm bezahlten Musikanten durfte bei bestimmten Anlässen, namentlich bei Hochzeiten und Kirchweihen, musizieren. Der Staffelsteiner Türmer hatte freilich das Unglück, daß zwar die Pfarrei sehr ausgedehnt war, das Amt aber sehr klein. Lediglich drei Dörfer gehörten zum Sprengel des Amts Staffelstein, und nur hier konnte der Türmer seinen Musikbann 22 23 24 25 26 Staatsarchiv Bamberg, B 86, Nr. 56, fol. 388v. Heinrich Karl, Staffelsteiner Chronik, Staffelstein 1905, S. 283f. Staatsarchiv Bamberg, B 86, Nr. 56, fol. 388v. Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 30, Prot. von 1726 Juli 27. Ebd., Prot. von 1731 Apr. 6. 44 Günter Dippold behaupten. Zwar hatte der Türmer auch andere Dörfer in der Nähe durch sein Wachen zu schützen, aber aus diesen Orten hatte er keine Einnahmen. Unzufrieden war Kreutner mit dem allzu bescheidenen Aufwand, der bei manchen Hochzeiten und Beisetzungen getrieben wurde. Doch der Rat legte Wert darauf, daß es ganz im Belieben des Einzelnen liege, ob er solche Anlässe „schlecht oder stattlich“ begehe. Weiter klagte Kreutner, daß ihm bei kirchlichen Festen, bei denen er mitwirken müsse, die Instrumente nicht gestellt würden; dieses Problem hatte er bereits 1725 angesprochen. Der Rat aber beharrte darauf, jeder Handwerker müsse sein eigenes Werkzeug mitbringen, das gelte auch für den Türmer. Immerhin waren die Stadtväter bereit, ihm „wegen vieler Festivitäten“ ein geringes Benutzungsentgelt, ein so genanntes „Saitengeld“, zu zahlen. Für seine verpflichtende Mitwirkung bei Prozessionen und Bittgängen aber werde er nichts bekommen. Das Hauptärgernis für Kreutner bildete allerdings die Nachtwache, die er nicht selbst hielt, sondern die er durch Hilfspersonal erledigen ließ, das er selbst zu besolden hatte. Dafür erhalte er schließlich eine Zulage, entgegnete der Rat. Der Ton des Schreibens zeigt, daß die Chemie zwischen den Stadtoberen und dem Türmer nicht mehr stimmte. Man dürfe ihm nicht nachgeben, beschwor der Stadtrat das Domkapitel. „Wann mann [...] ihme den Finger reichet, so verlanget er die ganze Hand zu haben“. Man habe seine „Kunsterfahrenheit“ zu sehr gewürdigt, so daß er sich jetzt „stuzig und hochmütig“ gebärde. Der Rat ließ es den Türmer spüren, daß man ihm die Beschwerde in Bamberg verübelte. Wenige Monate später drohte man ihm die Kündigung an, wenn er die Nachtwache nicht klaglos versehe, im Kirchendienst nicht eifriger werde und sich noch einmal weigere, zum Morgen-, Mittag- und Abendgebet zu blasen. Nachdem er „sich kurz besonnen“ hatte, kündigte Kreutner Besserung an.27 Keine zwei Jahre später entließ ihn der Rat, ohne daß wir um den Anlaß wüßten.28 Im Ratsprotokoll ist lediglich die Rede von „seiner Pertinacität und so offt verübten Wiederspänstigkeith“. Nun kroch Kreutner zu Kreuze, doch die Stadträte wiesen ihn ab.29 Freilich wurde in der frühen Neuzeit nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht war.30 Sei es, daß man keinen Ersatz fand, sei es, daß man sich doch erbarmte – Kreutner blieb jedenfalls vorerst im Dienst.31 27 28 29 30 Ebd., Prot. von 1731 Aug. 31. Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 31, fol. 28r (1733 Mai 2). Ebd., fol. 40v (1733 Juni 12). Für die Arbeitsweise in Kommunen des 18. Jahrhunderts gilt mutatis mutandis, was Ernst Schubert für die Behörden der fränkischen Territorien festgestellt hat: „Trägheit, Bequemlichkeit, Saumseligkeit, schleppender Instanzenzug und bisweilen auch, plötzlich hervorbrechend, ein Ansatz von energischem Handeln, der schnell wieder erlahmt – das alles wäre nicht weiter bedenklich [...]; jedoch in diesen ganzen Schlendrian mischen sich unübersehbare Züge von Korruption, Bestechlichkeit, Eigennutz“. Ernst Schubert, Arme Leute, Bettler und Gauner im Franken des 18. Jahrhunderts (= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte IX, 26), Neustadt a. d. Aisch 21990, S. 325. 31 Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 31, fol. 48v (1733 Nov. 18). Ein aufsässiger Türmer 45 Die Unzufriedenheit auf beiden Seiten hielt allerdings an. Im April 1734 ermahnte der Stadtrat Kreutner erneut wegen der nachlässigen Nachtwache und legte fest, künftig habe er für jedes unterlassene Blasen eine Strafe zu zahlen.32 Als ein halbes Jahr später Kreutner erneut vor den Ratsherren stand und diese ihm die altbekannten Versäumnisse vorhielten, kam es zum Eklat. Der städtische Diener hätte Reue zeigen müssen, statt dessen platzte Kreutner der Kragen. „Er habe als ein Musicant gelehrnet“, erklärte er selbstbewußt, „und nicht als ein Thürner oder Nachtwächter, darauf habe er nicht gelehrnet, er wolte sein Music versehen als Stattmusicus, die Nachtwacht könte er nicht versehen“. Gern verzichte er auf das – mit 4 Gulden in der Tat bescheidene – Entgelt für seine Nachtwache. Der Stadtrat hielt entgegen, dies sei eine Kündigung, die man gerne annehme. Bis Jahresende habe Kreutner abzuziehen.33 Zwei Monate gingen ins Land, da bat Kreutner an Heiligabend, eine Woche vor seinem Dienstende, den Rat, ihn zu behalten. Der Stadtrat freilich blieb bei seiner Entscheidung. Ungewöhnlich dabei war, daß dieser Beschluß nicht, wie die meisten, einstimmig fiel, sondern nur „per maiora“34; Kreutner hatte also, wie es scheint, Fürsprecher unter den Ratsherren. Es mag sein, daß einzelne Ratsmitglieder seine musikalischen Fähigkeiten zu beurteilen und zu würdigen vermochten und den daraus resultierenden Gewinn für die Stadt höher einschätzten als die Ärgernisse, die aus dem Verhalten Kreutners erwuchsen. Jedenfalls hatte der Türmer es verstanden, sich durch Patenschaften35 Rückhalt im Rat zu verschaffen: Er bat einflußreiche Personen oder deren Familienmitglieder, die Patenstelle bei seinen Kindern – neun kamen zwischen 1721 und 1740 zur Welt – zu übernehmen, und diese willigten ein. Das erste in Staffelstein geborene Kind hob der Sohn des Ratsherrn, Steuereinnehmers und Organisten Johann Matthäus Löffler aus der Taufe, das zweite eine Tochter des Amtsverwesers Friedrich Jakob Sündermahler (1680–1750) – eine andere Tochter wurde Patin eines weiteren Kindes –, das dritte eine Tochter des Ratsherrn und Wirts Johann Georg Wachter. Ein Fürsprecher Kreutners scheint überdies Pfarrer Johann Reich, von 1726 bis 1758 in Staffelstein, gewesen zu sein: Er verwandte sich für den Konvertiten noch, als 1740 der Stadtrat geschlossen seine Entfernung aus dem Dienst verfügt hatte36. Schon früher gibt es Hinweise auf Kreutners Ansehen bei Geistlichen: Stellvertretender Pate seines 1729 geborenen Sohnes wurde ein Staffelsteiner Benefiziat, und 1734 übernahm der Pfarrer von Mürsbach im Itzgrund die Patenstelle. Ende 1735 wurde die Drohung, Kreutner zu entlassen, nicht Wirklichkeit: Kreutner blieb im Amt, ohne daß ein förmlicher Ratsbeschluß gefaßt wurde. Nach zweieinhalb Jahren allerdings setzte er sein Dienstverhältnis wieder aufs Spiel. 32 33 34 35 Ebd., fol. 68v (1734 Apr. 2). Ebd., fol. 87r–88r (1734 Sept. 24). Ebd., fol. 93v (1734 Dez. 12). Die Taufeinträge für die Kinder Kreutners in Archiv des Erzbistums Bamberg, Kirchenbücher Staffelstein, Bd. 2, pag. 49, 62, 75, 114, 137, 154, 174, 193, 210. 36 Staatsarchiv Bamberg, B 86, Nr. 68, fol. 24r. 46 Günter Dippold Am 1. Mai 1737 kam der Wandermusikant Georg Adam Seel aus Nürnberg mit seinen drei Söhnen nach Staffelstein. Als er hörte, daß der Amtsverweser Friedrich Jakob Sündermahler Namenstag habe, witterte er ein Geschäft. Mit Genehmigung des amtierenden Bürgermeisters veranstaltete er zu Ehren Sündermahlers „ein Abentmusic“. Dann zogen Seel und seine Söhne zum Pfarrhaus, zur Kaplanei und zum Haus eines Bürgermeisters und brachte den Bewohnern ein Ständchen. Da stürmte Kreutner mit gezogenen Degen heran, schlug auf die Musikanten ein, demolierte die Geige von Georg Adam Seel, verletzte einen der Söhne an der Hand. Wer ihnen gestattet habe, in der Stadt zu musizieren, herrschte Kreutner seine Konkurrenten an, und als diese sich auf die Genehmigung durch den Bürgermeister beriefen, titulierte Kreutner diesen Würdenträger, mit dem er immerhin durch Patenschaft verbunden war, als Hundsfott, der gar nichts zu erlauben habe. Seel beschwerte sich tags darauf beim Stadtrat. Kreutner, hinzu gerufen, zeigte keine Reue. Es sei sein Recht gewesen, die fremden Musikanten anzugreifen. Der Vorfall sei bezeichnend für Kreutners „Stutz, Trutz, Ungehorsamb und Impertinenz“, befanden die Ratsmitglieder. Wenn man ihn länger in der Stadt dulde, werde es noch ein Unglück geben. Einmütig beschloß der Rat, Kreutner müsse Seel den Schaden ersetzen, und kündigte ihm fristlos.37 Es wiederholte sich das schon zweimal Geschehene. Kreutner bat um Verzeihung – diesmal in schriftlicher Form –, der Rat zeigte sich unerbittlich38, um wenig später doch Milde walten zu lassen. Büßen sollte Kreutner aber, und so ließ man ihm als Preis für die gewährte Gnade die Wahl, ein Jahr ohne Bezüge zu arbeiten oder 32 Tage für die Stadt unentgeltlich zu „schantzen“39. Kreutner entschied sich für die Erdarbeiten.40 Die Fronten zwischen dem Türmer, vom Selbstwertgefühl eines Virtuosen beseelt und von wirtschaftlichen Nöten angetrieben, und dem Stadtrat, der sich dem städtischen Diener himmelhoch überlegen dünkte, blieben verhärtet. Im Oktober 1739 schließlich war es den Ratsherren zu viel. Joseph Ludwig Kreutner führe sich seit Jahren „trutzig, stutzig, wiederspänstig und ungehorsamb“ auf, und obendrein sei er pflichtvergessen. Sechs Mal habe man ihn schon entlassen, was offenbar nicht in jedem Fall aktenkundig wurde. Stets habe er Besserung gelobt, aber tatsächlich sei er immer aufsässiger geworden. Er habe nachts zur vollen Stunde ein Hornsignal zu geben, zum Gebetläuten mittags und abends auf dem Zink und der Posaune zu blasen und in der Fasten- und Adventszeit zu bestimmten Anlässen auf der Trompete und dem Waldhorn zu spielen. All das habe er allzu oft versäumt. Drei Vorladungen vor den Stadtrat habe er nicht Folge geleistet, statt dessen verlasse er ohne Genehmigung des Stadtrats die Stadt, wie er wolle. Die Stadtväter hatten offenkundig genug. In Gegenwart aller kommunalen Würdenträger – sogar die Viertelmeister und die Sechzehner wurden hinzuge37 38 39 40 Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 31, fol. 180v–181r (1737 Mai 2). Ebd., fol. 187v (1737 Jun. 7). Ebd., fol. 202v (1737 Aug. 9). Ebd., fol. 204v (1737 Aug. 23). Ein aufsässiger Türmer 47 zogen – gebot man Kreutner, innerhalb eines Vierteljahres seine Stelle zu räumen, nach neunzehnjähriger Dienstzeit.41 Wie gewöhnlich sprach sich die Kündigung eines städtischen Dieners schnell herum, so daß sich nach wenigen Tagen Johann Fröba (um 1704–1762)42, Sohn des Türmers auf der Festung Rosenberg ob Kronach und selbst „gelehrnter, auch in der Frembte geübter Musicant“, um die frei werdende Stelle bewarb.43 Auch der Lichtenfelser Stadttürmer Johann Christoph Reinhard (1699–1749)44, ein gebürtiger Staffelsteiner, wäre gern in seine Heimatstadt gewechselt. Der Stadtrat freilich gab dem stellenlosen Fröba den Vorzug vor dem bereits versorgten Reinhard.45 Kreutner versuchte währenddessen ein letztes Mal, seine Stelle zu retten. Vom Stadtrat konnte er nichts mehr erhoffen, das war klar. Also wandte er sich an das Bamberger Domkapitel. Kraft landesherrlicher Befugnis sollten die Domherren den Stadtratsbeschluß umstoßen. Immerhin habe er doch „zu seiner Seelen Heyl den Lutherthumb verlassen“, und nun verstoße ihn der Rat „mit 8 Kindern und Frau von der Nahrung“. Es gebe gar keinen Grund dafür. Um dies zu bekräftigen, legte er ein Leumundszeugnis vor, das ihm der Pfarrer und dessen Kaplan ausgestellt hätten.46 Doch die Staffelsteiner konterten geschickt. Sie ließen den Stadtschreiber die Kreutner betreffenden Stellen aus dem Ratsprotokollbuch herausschreiben47, listeten weitere Verfehlungen Kreutners und seiner Angehörigen auf und sandten dieses Sündenregister nach Bamberg. Der „incorrigibel und unbändige“ Türmer bereite schon seit Jahren „viele Unruhe, Mühe und Vertrißlichkeiten“. Man habe ihn „ermahnet, gewarnet, corrigiret, gestraffet und etliche Mahl cassiret“48, aber nichts habe geholfen. Er versehe sowohl tags- als nachtsüber den Wachdienst nachlässig; schon zweimal habe es in Staffelstein, einmal im nahen Ebensfeld gebrannt, ohne daß er ein Signal gegeben habe – er sei „kaum auf Thurn zu erweckhen gewesen“. Die „Abblasung bey dem Ave Maria Leuthen morgens und abendts, dann Fasten und Adventszeit mit Zinckhen und Posaunen“ unterlasse er ganz. An Sonnund Feiertagen gehe er, anstatt am Gottesdienst in der Pfarrkirche mitzuwirken, lieber in die benachbarten Klöster Banz und Langheim, wo ihm sein Auftritt gewiß eigens vergütet wurde. Trotz obrigkeitlichen Verbots habe er „an Sonn- und heyl[ige]n Festtägen in Bierhäusern gantze Nächt fort bis an hellen Tag gespiehlet, und da der Cent-Richter [...] dahin geschickht worden, diesen sambt anderen Zech-Brüdern fortzuschaffen, hat Greitner mit Schimpff und Spoth-Reden sich 41 Ebd., fol. 320r–v (1739 Okt. 30). 42 Lebensdaten in Archiv des Erzbistums Bamberg, Kirchenbücher Staffelstein, Bd. 2, pag. 639. 43 Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 31, fol. 323r (1739 Nov. 6). 44 Lebensdaten in Archiv des Erzbistums Bamberg, Kirchenbücher Staffelstein, Bd. 1, pag. 208; Kirchenbücher Lichtenfels, Bd. 11, pag. 184f.; Bd. 18, pag. 18. 45 Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 31, fol. 323v–324r (1739 Dez. 4). 46 Staatsarchiv Bamberg, B 86, Nr. 68, fol. 23v–24r (1740 März 2). 47 Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 32, fol. 2v–3r (1740 Jan. 22). 48 Hier im Sinne von: entlassen. 48 Günter Dippold etlichmahl wiedersetzt, Centrichter hätte ihme nit das Geringste zu befehlen, hier in Wirthshaus seye kein Centgerichts-Stuben etc. etc.“. Weiterhin halte Kreutner „schlechte Kinderzucht“: Seine Söhne seien wiederholt in Gärten eingestiegen und hätten Obst gestohlen. Als man einen Sohn deswegen „in das Narrenhaus sperren“ wollte, habe Kreutner dies nicht zugelassen, sondern selbst die Strafe angetreten. Ein anderer Sohn entwendete aus dem „Garthenlusthäusel“ eines Bürgermeisters sechs Druckgraphiken; als er „mit etlichen Stockhschlägen abgestraffet werden“ sollte, widersprach der Türmer und bot an, „selbst die Schläg zu halten“, also erneut die Strafe auf sich zu nehmen. Ein prügelnder Vater hätte sicherlich mehr Verständnis bei den Stadtoberen gefunden als der seine Kinder derart schützende. Die Frau des Türmers schließlich habe einen „Schänd- und Schimpf-Brief“ an denjenigen Bürgermeister geschrieben, den 1737 schon ihr Mann beleidigt hatte.49 Die Argumente des Stadtrats verfehlten ihre Wirkung nicht: Das Domkapitel, das sich sogar in seiner Plenarsitzung mit dem Fall des Türmers befaßte, beschloß, es habe bei der Kündigung sein „ohnabänderliches Verbleiben“, statt Kreutner solle „ein anderes taugliches [...] subiectum auf- und angenommen werden“.50 Am 5. Mai 1740 trat der neue Türmer sein Amt an.51 Kreutner freilich blieb in der Stadt, angeblich um sein an Bürger gegen Zins verliehenes Vermögen wieder einzutreiben und sich um eine neue Stelle umzusehen. Der Rat jedoch wollte den Störenfried nicht mehr in der Stadt dulden und ließ seinen Hauswirt sogar in Haft nehmen. Hilfesuchend appellierte Kreutner ans Domkapitel, doch erneut stellten sich die Domherren auf die Seite des Stadtrats. Man solle Kreutner einen Termin nennen, zu dem er spätestens abzuziehen habe.52 Am 24. Oktober 1740 brachte Kreutners Frau einen Sohn zur Welt – das neunte lebende Kind –, den der Mesner der Pfarrkirche aus der Taufe hob.53 Dann verliert sich die Spur Joseph Ludwig Kreutners. Ob er anderswo eine Stelle fand, wissen wir nicht. Seine Querelen mit dem Rat lagen letztlich in der Überlastung des Tag und Nacht geforderten, zwischen Nachtwache, Kirchendienst und weltlichen Festen hin und her gerissenen, unterschiedlichen Einkommensquellen nachjagenden Türmers begründet. Der Fall Kreutners ist insofern nicht untypisch für die Lage vieler derartiger Stadtmusikanten im 18. Jahrhundert. 49 50 51 52 53 Staatsarchiv Bamberg, B 86, Nr. 68, fol. 24r– 25v (1740 März 2). Staatsarchiv Bamberg, L 47 Staffelstein, Nr. 32, fol. 16r. Ebd., fol. 17v. Staatsarchiv Bamberg, B 86, Nr. 68, fol. 183r–184v (1740 Sept. 13). Archiv des Erzbistums Bamberg, Kirchenbücher Staffelstein, Bd. 2, pag. 210.