Die Nordseehäfen machen das Rennen, der Osten holt auf
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Die Nordseehäfen machen das Rennen, der Osten holt auf
BRANCHEN & MÄRKTE Die Nordseehäfen machen das Rennen, der Osten holt auf Alternative Transportwege von China nach Osteuropa In der Untersuchung der verschiedenen Transportwege wird deutlich, dass die Schiene für die sichere und effiziente Beschaffung aus China heute (noch) keine relevante Rolle spielt, aber ein zu beobachtendes Entwicklungspotenzial besitzt. Aus diesem Grund konzentrieren sich Verlässlichkeit und Effizienz der gesamten Lieferkette derzeit stark auf die Auswahl des geeignetsten Hafens zum Warenumschlag. ROI-Vorstand Hans-Georg Scheibe konstatiert einen zunehmenden Bedarf an verlässlichen Entscheidungsfaktoren für die Auswahl des geeigneten Transportweges: »In den vergangenen Jahren waren Transportweg-Entscheidungen vor allem termingetrieben, um Brüche in der Lieferkette zu vermeiden.« Unter dem Gesichtspunkt einer ganzheitlichen Optimierung seien jedoch auch andere Faktoren kostenrelevant. Rotterdam gehört zu den Top-Häfen, über die China-Importe nach Osteuropa abgewickelt werden. 28 Zentrale Gründe für die Hafenwahl. Nach der Befragung werden Tschechien, Polen, Ungarn, die Slowakei und Rumänien als die fünf wichtigsten Länder in Osteuropa mit zu beliefernden Werken genannt. Die Untersuchung zeigt, dass rein geografische Daten jedoch nicht für eine bevorzugte Importhafenwahl genügen. Beispielsweise müsste sonst das rumänische Constanza eine herausragende Stellung einnehmen und statt sinkender Volumina starke Zuwächse verzeichnen. Aber was sind dann die zentralen Punkte, die über die Hafenwahl entschieden? Die Mehrheit der Befragten erachtet neben der Hafengröße diverse andere Kriterien gleichermaßen als sehr wichtig oder wichtig. Die höchste Wichtigkeit wird den Kosten des Hafens und des Nachlaufs, der Bearbeitungszeit des Containers im Hafen sowie der Nachlaufzeit vom Hafen bis zum Werk zugerechnet. Auch die Schiffsfrequenzen und die Laufzeit über die Gesamtstrecke wurden als sehr wichtige zusätzliche Kriterien angegeben. Dagegen hat die Verzollung weniger Einfluss auf die Hafenauswahl. In mehr als 60 Prozent der Fälle werden Importe aus China nach Osteuropa über vier große Nordseehäfen abgewickelt – Hamburg, Bremen/Bremerhaven, Rotterdam und Antwerpen. »Hamburg funktioniert, warum soll ich das ändern?« ist ein Originalzitat aus der Umfrage. Eine auffallend hohe Bewertung hat auch das slowenische Koper. Gründe dafür sind die »bessere Kostensituation« und eine Foto: Port of Rotterdam / Grafiken: ROI/CC/Udo Zelmer Ende 2012 haben die ROI Management Consulting AG und die Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) in einer Studie alternative Transportrouten von China nach Zentral- und Osteuropa untersucht. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Produktionsstandorte in Osteuropa möglichst effizient aus China versorgt werden können. ChinaContact dokumentiert die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung. CHINACONTACT 5 ⁄ 2012 CC_05_2012_Druckerei.indd 28 20.04.2012 13:34:18 Uhr BRANCHEN & MÄRKTE Beurteilung der Importhäfen nach Wichtigkeit Kosten (Hafen u. Nachlauf) Chinesische Exporthäfen: Häufigkeit der Nutzung 66% Bearbeitungszeit des Containers 26% 57% Nachlaufzeit (Hafen bis Werk) 54% Zuverlässigkeit (z.B. konstante Bearbeitungszeiten) 53% Sicherheit (Beschädigung/Verlust) 32% 29% 49% Verfügbarkeit (Betriebszeiten, Streik) 42% 44% Verzollung 24% 12% Shenzhen 11% Qingdao 8% 15% Xiamen 8% 18% 3% Yantian 8% Ningbo 8% Dalian 9% 9% 30% 18% Hongkong 9% 38% 39% Shanghai 3% 6% 6% 31% 50% Anbindung des Hafens (Bahn,LKW, Schiff) 3% 9% 2% 29% Relative Häufigkeit 8% 7% Tianjin 3% 4% 6% Xingang 5% Chiwan Hafengröße 16% 19% 5 sehr wichtig 47% 4 3 2 9% 9% 1 eher unwichtig Quelle: ROI / BVL im Vergleich zum Jahr 2010 weiter beschleunigte Abfertigung von Importen. Die Wahl des Exporthafens wurde in der Studie nur quantitativ abgefragt. 18 Prozent der Befragten bevorzugen 4% Nansha 2% Shekou 2% Quelle: ROI / BVL Shanghai für die Verschiffung, gefolgt von Hongkong und Shenzhen. Einzelbewertung spricht Bände. Ein zentraler Bereich der Untersuchung – und sicherlich der spannendste Teil DIE KUNST, LOGISTIK ANDERS ZU SEHEN CHINACONTACT für die Hafenbetreiber – ist die Einzelbeurteilung der Häfen nach den einzelnen Kriterien. Die Gewinner nach diversen Kriterien sind die Häfen Antwerpen, Hamburg, Rotterdam, Bremen/Bremerhaven, Gdansk und www.blg.de 29 5 ⁄ 2012 CC_05_2012_Druckerei.indd 29 20.04.2012 13:34:19 Uhr BRANCHEN & MÄRKTE Einschätzung der Häfen nach ausgewählten Kriterien Kosten (Hafen u. Nachlauf) Antwerpen (BE) Bearbeitungszeit des Containers Anbindung (Bahn, LKW, Schiff) 4,1 4,1 Hamburg (DE) 3,8 3,6 Bremen/Brhv. (DE) 3,6 Rotterdam (NL) 3,6 4,1 4,2 3,5 3,9 Danzig (PL) 4,0 4,5 Koper (SL) 4,0 3,2 3,6 4,1 3,0 3,2 Constantza (RO) 4,0 4,0 3,0 Varna (BG) 4,0 4,0 3,0 Odessa (UA) 2,5 2,5 Ilyichevsk (UA) 1,0 3,0 5 sehr zufrieden 4 3 2 4,5 3,0 1 eher unzufrieden Quelle: ROI / BVL Nord- und Ostseehäfen zufrieden. Koper, Odessa, Constanza und Varna erhielten eine neutrale Bewertung. Die Zuverlässigkeit des Hafens Ilyichevsk wurde als sehr niedrig eingestuft. Verzollung. Die besten Werte für die Verzollung erhielten die Nordseehäfen sowie der Hafen Koper. Den Häfen Odessa und Ilyichevsk wurde auch beim Thema Verzollung eine schlechte Performance bescheinigt. Gesamtbewertung und Trends. Der Favorit ist die Nordsee: Auf Basis der Online-Umfrage ist heute Hamburg der am häufigsten ausgewählte Hafen für die Beschaffung aus China – trotz großer Entfernung und hohen Preisen. Mehr als 25 Prozent der Befragten wählten Hamburg als Importhafen für die Versorgung ihrer osteuropäischen Werke aus. Als Begründungen für die Nutzung des Hamburger Hafens gaben die Befragten Zuverlässigkeit, kurze Bearbeitungszeiten des Containers, gute Anbindung des Nachlaufverkehrs, hohe Verfügbarkeit in Bezug auf die Betriebszeiten und Streiks sowie die reibungslose Verzollung an. Aber auch die Nordseehäfen Antwerpen, Rotterdam und Bremen/Bremerhaven werden jeweils von mehr als zehn Prozent der Befragten bevorzugt genutzt, um Lieferungen von China nach Osteuropa abzuwickeln. Die Häfen Constanza, Koper, Bremen und Triest haben derzeit die größte Aufmerksamkeit als theoretische Alternativen. Bei Verbesserung 30 von wichtigen Entscheidungskriterien wie Schiffsfrequenzen und Senkung der Seefrachtraten könnten sie möglicherweise Zuwachsraten erzielen. Auch Gdansk bietet ein großes Potenzial dank der Verbesserung der Infrastruktur in den vergangenen Jahren sowie der guten Verkehrsanbindung innerhalb Polens und nach Tschechien. 2011 hat sich das Containervolumen von Gdansk fast verdoppelt. Dennoch sind die Seelaufzeiten hoch und die Schifffahrtfrequenzen noch zu gering. Die Ukraine hat Nachholbedarf: Die beiden Häfen Odessa und Ilyichevsk am Schwarzen Meer zeigen im Schnitt die niedrigste Bewertung. Erwähnenswert für zukünftige Entscheidungen ist der Hafen Wilhelmshaven an der deutschen Nordsee. Im August 2012 soll dort ein Eurogate Container Terminal mit 18 Metern Wassertiefe in Betrieb genommen werden. In den kommenden Jahren könnte zudem das griechische Piräus an Bedeutung gewinnen, da seit 2008 die Hälfte des Handelsverkehrs von der chinesischen Reederei Cosco abgewickelt wird und Infrastrukturinvestitionen geplant sind. Zahlreiche weitere Faktoren für umfassende Supply-Chain- Betrachtungen, wie die Nachlaufzeiten, die Anbindung an verschiedene Verkehrsträger, der Einsatz von verschiedenen Incoterms und anderem sind in der ausführlichen Studie nachzulesen.Diese kann, mit Verweis auf den Artikel in ChinaContact per E-Mail kostenlos bestellt werden: [email protected] Grafik: ROI/CC/Udo Zelmer Koper. Im Schnitt schneiden die Häfen Odessa und Ilyichevsk am Schlechtesten ab. Sämtliche italienischen Häfen, Istanbul und Rjieka haben keinerlei Beurteilung erhalten und werden somit nicht eingehender diskutiert. Kosten (Hafen und Nachlauf). Die beste Bewertung aus Kostensicht erhalten die Häfen Antwerpen und Gdansk sowie die Schwarzmeerhäfen Constanza und Varna. Die großen Nordseehäfen Hamburg, Bremen/Bremerhaven, Rotterdam und der adriatische Hafen Koper liegen im Mittelfeld der Bewertung. Der Hafen Odessa, am Schwarzen Meer, weist die schlechteste Kostenbewertung auf. Bearbeitungszeit des Containers. Bezüglich der Container-Bearbeitungszeiten im Hafen bekommen alle Nordseehäfen sowie die Häfen Constanza und Varna eine gute Bewertung. Koper schneidet durchschnittlich ab, deutlich vor Odessa und Ilyichevsk. Das Schlusslicht Ilyichevsk erhält eine besonders schlechte Bewertung. Verfügbarkeit. Die beste Verfügbarkeit bezüglich der Betriebszeiten und Streiks wurde den Häfen Constanza und Varna bescheinigt. Auch sämtliche Nordseehäfen und Gdansk an der Ostsee schnitten gut ab. Koper und Odessa zeigten niedrigere Einstufungen, die Verfügbarkeit von Ilyichevsk wurde mit »eher unzufrieden« eingeschätzt. Zuverlässigkeit. Die Befragten waren mit der Zuverlässigkeit (verlässlichen Bearbeitungszeiten) der CHINACONTACT 5 ⁄ 2012 CC_05_2012_Druckerei.indd 30 20.04.2012 13:34:22 Uhr