Hallo zusammen,

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Hallo zusammen,
Hallo zusammen,
jetzt bin ich mittlerweile seit 3 Monaten in Kanada, das erste Semester neigt sich dem Ende entgegen
und ich hab es immer noch nicht geschafft, mich mal daheim zu melden. Die Idee mit dem blog habe
ich anfangs dann doch sehr schnell verworfen – mein Leben bietet nicht genug Stoff für konstant
gutes Unterhaltungsniveau, außerdem würde das ja kontinuierliche Disziplin von mir erfordern und so
komme ich euch per Mail ja entgegen (push anstand pull Prinzip!).
Wo soll man da anfangen?
Nachdem ich am 18.08. von vielen von euch in grandioser Art und Weise verabschiedet worden bin
(Zwei Banditen auf dem Scheideweg), wurde es ernst…
Zunächst einmal hat am Sonntag Michi nach erfolgtem Aufräumen (ach ja, wer hatte eigentlich noch
mal die tolle Idee mit dem geschreddertem Papier als Verpackungsmaterial? Ich muss mich noch
persönlich bedanken…) als erster von uns beiden das Weite gesucht und ist nach Münster gefahren,
wo er in den nächsten Wochen ein Praktikum bei der Provinzial in der Schulungsabteilung absolviert
hat. (Zitat MIchi’s Vater: Die Perlen in der Schulungsabteilung sind richtig heiß.) Natürlich hatten wir
beide nach so langer Zeit gemeinsamen Wohnens mehr als eine Träne zu vergießen, aber wie das so
unter Männern ist, haben wir uns mit einem schlichten „Tschüß war nett!“ verabschiedet.
Für mich ging es dann nach einer letzten Nacht am nächsten Tag zurück nach Ebstorf, wo noch letzte
Dinge erledigt werden mussten (just-in-time halt, wie immer). Am Freitag, den 24.08., war es dann
soweit. Habe mich mit Florentin Neumann (dem ITler aus Paderborn, der mit mir an die Carleton
geht) und 2 anderen Paderbornern (Tim Niemeier und Lukas Geise - beide an der University of
Ottawa) am Düsseldorfer Flughafen getroffen, um uns dann gemeinsam auf die Reise nach Ottawa
via New York zu machen. Kleine Anekdote am Rande: Florentin und ich durften unseren Kaffee am
Flughafen zusammen mit Thomas Doll und seiner Freundin genießen. Er mit lila farbener Pornobrille
und sie halt typische Fußballerische – bauch- und hirnfrei.
Wie gesagt, der Plan war es zunächst ein paar Tage in
New York zu bleiben, um dann per Greyhound weiter
nach Ottawa zu fahren. Leider hatten Florentin und ich
keinen Platz in der hiesigen residence bekommen (die
Geschichte meines Studilebens) und mussten uns
somit noch auf eigens um eine Unterkunft bemühen.
Deshalb haben wir uns dann kurzfristig entschieden,
den Aufenthalt in NY zu verkürzen und direkt am
selben Abend nach Kanada weiterzufahren. Einzige
Unsicherheit: Ankunft war um 20:45 Ortszeit, der letzte
Greyhound fuhr um 22:30 und JFK und Busbahnhof
sind ca. 45min auseinander. Lukas, der schon häufiger in USA war hat
uns nahe gelegt doch noch eine Nacht in NY zu bleiben, da man ja vor
allem nicht einschätzen könnte wie lange die Einreise dauern würde.
Haben dann noch kurzerhand beim Zwischenstopp in London (neben
duty free Gin selbstverständlich) uns noch um ne Unterkunft für
dieselbe Nacht gekümmert. Um die Geschichte abzukürzen, die
Einreise hat uns nicht wirklich Zeit gekostet und wir hätten es locker
zum Bus geschafft. So sind wir dann aber doch noch in den Genuss
eines überteuerten Motels gekommen (DANKE Lukas!).
Der Immigration officer hat sich dann bildungstechnisch auch gleich
von der besten Seite gezeigt. Neben den üblichen Fragen wollte er
natürlich auch noch wissen wie lange wir bleiben. Auf die Antwort
Ottawa kam dann:“ Ja, aber in welcher Stadt?“ – „Ähm, Ottawa ist
bereits die Stadt. Es ist die Hauptstadt dieses anderen Landes auf
diesem Kontinent. Das mit dem Ahornblatt in der rotweißen Flagge. Ich
bin ja nicht von hier, aber ich glaube ihr habt sogar eine gemeinsame Grenze, du Trottel“. Gut
letzteren Teil, habe ich mir nur gedacht und habe ihn höflich daraufhin gewiesen, dass Ottawa in
Canada ist. Er:“ J, das wusste ich. Ich wollte euch nur testen.“ Na klar!
Den folgenden Samstag haben wir dann damit verbracht NY an einem Tag zu besichtigen. Noch leicht
gejetlagged reduzierte sich das aber auf Times Square, Broadway runterlaufen, dann schnell mal
wirkliche amerikanische Kultur bei Mc Donalds genießen. Anschließend waren wir die nächsten 3
Stunden chillig im Central Park und haben weißbeinigen Bürohengsten beim samstäglichen
Softballspielen zugeschaut. Hier dann mal der erste Unterschied zu Deutschland: erstens wäre
Fußfall gespielt worden, aber was noch mehr auffiel: kein Bier! Man wusste das je bereits vorher mit
dem Verbot des öffentlichen Trinkens, aber das dann live so vorgeführt zu bekommen ist ja dann noch
mal etwas Anderes. Anschließend sind wir dann vorbei am Ground Zero, um dann die kostenlose
Fähre zu Staten Island zu nehmen – vorbei an der Freiheitsstatue mit einem fabelhaften Blick auf den
Big Apple. Abends sind wir dann noch in der Grand Central Station, dem weltweit größten Bahnhof,
gewesen, um uns dann um 23 Uhr auf dem Weg per Greyhound nach Ottawa zu machen.
Die Fahrt war wenig spektakulär. Halt enge Sitze, vor mir dann auch noch ignorante Québecois, die
ihre Sitze trotz meiner Knie in deren Rücken nach hinten stellen mussten. Davon abgesehen hatten
wir nen coolen Fahrer (vom Typ Großvater). Nach Fartantritt hat er uns über die Spielregeln auf
seinem Bus aufgeklärt. „The moment we leave NY I will turn off the light. But if you want to read there
is a light above of you which you can switch on. If you turn the switch and the light doesn’t come on
immediately…it is broke”. Morgens verabschiedte er uns in Canada mit den Worten „Ok, folks – I hope
you had a pleasant ride. My name is Soundso and if nobody told you „I love you“ today – I do, have a
nice day.” In Ottawa angekommen, habe ich Florentin erstmal in die Kunst des Subwayessens (oder
viel mehr auf englisch Bestellens) eingeweiht. Oder wer weiß von euch auf Anhieb was Gewürz- oder
Salatgurke heißt? Nach dem dieses Bedürfnis gestellt war, brauchten wir noch ein Dach über dem
Kopf. Sind dann ins „Ottawa Backpackers Inn“ gezogen und haben uns direkt wohl gefühlt. Das
Mädel, was uns eingecheckt hat, kam aus Deutschland, heißt Iris und „worked und traveled“ gerade
durch Canada. So konnten wir natürlich unsere unglaublichen Englischkenntnisse gleich mal nicht
anwenden. Auch in den nächsten Tagen war es
eher noch Canada light. Im Hostel hatte sich sehr
viele Exchangestudents eingefunden, die schon
vorab Ottawa kennen lernen wollten. Und
irgendwie hatten sich die deutschprachigen wohl
entschlossen, alles in dasselbe Hostel zu ziehen.
So saßen wir an einem der ersten Abende doch
mit 15 Leuten auf der Veranda, von denen sage
und schreibe 11 zumindest deutsch verstehen
konnten. Abgesehen davon haben wir unsere
ersten Tage damit verbracht den Tourikram zu
„erledigen“, die Uni für erste administrative Dinge
zu besuchen (Immatrikulation, Kurswahl,…) und
uns natürlich auf die Wohnungssuche zu
begeben.
Zur Uni noch eine kleine Anmerkung in Sachen Unterschiede: Wir sind das erste Mal an einem
Freitag um 16 Uhr da gewesen. Nicht nur, dass alle Büros noch offen waren, nein darüber hinaus
waren die Mitarbeiter auch noch freundlich und haben uns keinen Kopf dafür abgerissen, dass wir in
letzter Minute noch mal die Kurswahl geändert haben. Also das ist was, was ich in Deutschland
vermissen werde: Servicegedanke an der Uni. Wie gesagt, es war Freitag um 16 Uhr!
Danach stand Wohnungssuche an. Sehr frustrierend! Musste mich dann doch schnell von der Idee der
Studenten WG in Uninähe verabschieden. Häufig wird hier Häuserweise vermietet, wobei dann einer
Vertragspartner wird. Und einfach Zimmer in solchen Häusern zu mieten…da war leider kaum
Angebot da. Hab dann versucht irgendwie was in Downtown Ottawa zu finden - dann wenigstens in
Kneipennähe ;-) Auch hier war das Angebot nicht so überragen. Hauptproblem: die meisten Vermieter
wollen halt gerne einen 12 Monatsvertrag damit sie nicht im Winter oder noch schlimmer im Sommer
Term auf Nachmietersuche gehen müssen. Bin dann dazu übergegangen auch Zimmer anzuschauen,
die von Privatfamilien vermietet werden. Hat zwar den Nachteil, dass mit den Vermietern in einem
Haus wohnt, aber die sind weitaus flexibler was die Mietkonditionen angeht. Und ich wollte mir
unbedingt die Möglichkeit offen halten im Winter in die Residence zu ziehen um dann den Vorteil des
untertunnelten Campus vollends ausnutzen zu können. Aber warum haben hier eigentlich alle Katzen
im Hause!?! Man man man, denkt doch mal an die Allergiker.
Hatte bis jetzt ein Zimmer bei ner Familie in 15min Entfernung zu Fuß zur
Uni. Kann so natürlich keine Parties feiern und 1000de von Frauen mit nach
Hause bringen, aber hey...
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die haben nen absolut geiles Badezimmer (riesen Dusche,
Jacuzzi,...)
• Home Cinema im Keller mit angeschlossener Playstation
• ich hab nen eigenen Kühlschrank
• WLAN
• Miete ist $450/Monat Æ Im Wohnheim wären es hier $700 ohne
Essen
Æ Somit bleiben mit pro Monat $250 extra
Eingezogen bin ich am letzten Samstag vor dem Semesterstart, dem 01. September. Sehr kurz vor
knapp, da nen langes Wochenende war und die meisten Vermieter weggefahren sind. So auch meine.
War natürlich schön, die ersten Tage hier meine Ruhe zu haben. Abgesehen von mir wohnt hier noch
nen anderer Student, Sergej Campos Rodriguez. Geboren in Canada, aufgewachsen in Charlotte
/USA, die Familienwurzeln liegen aber eigentlich in Guatemala, was ja bei dem Vornamen eindeutig
ist ;-) Er studiert ebenfalls an der Carleton und zwar Physik im ersten Semester. Ist auch mal so
schlappe 17 Jahre alt (ok, seit 2 Wochen ist er 18) aber überhaupt nicht nerdy oder geeky. Sehr
ungewöhnlich für nen Physiker.
Ach ja, das wichtigste hatte ich ja noch vergessen. Die Familie ist sportverrückt! Vater Fußballtrainer
und beide Kinder spielen in diversen Teams. Fußball im Sommer und Eishockey bzw. Ringette im
Winter. Warum ist das wichtig? Aufgrund des Fanatismus kam ich in den Genuß einiger pay per view
Fernsehsender. So konnte ich an meinem ersten Tag hier gleich mal Dortmund gegen Rostock live
schauen. Über das Semester konnte ich somit per Wochenende 2 Live Spiele (Freitag, Samstag) und
ein aufgezeichnetes (Samstag) sehen. Gut mit Zeitumstellung (minus 6 Stunden) hieß das dann am
Samstag frühes Aufstehen und nahezu unmögliches Biertrinken (um 9:30 hab selbst ich Skrupel ;-))
So, und dann ging das Semester los. Folgende Kurse habe ich belegt:
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Essentials of Business Finance
Intermediate Accounting and Control (das englische Kosten- und Leistungsrechnung)
Supply Chain Management
Introduction to Organizational Theory
International Monetary Problems
5 Kurse sind das Maximum was man hier per Term belegen kann. Und selbst dann sieht der
Stundenplan sehr leer aus. Pro Kurs hat man eine 3 stündige Vorlesung. Für Business Finance und
Accounting hatte ich noch ein Tutorial. Aber diese Leere im Stundenplan war doch sehr trügerisch wie
sich noch heraus stellen sollte. Habe letzten Endes nur 4 Kurse zum Ende geführt, weil mich zum
einen der eine Prof total genervt hat, so dass ich entschieden habe, dass ich schlechte VWL
Vorlesungen auch in Paderborn hören kann und dass ich außerdem, wenn ich weiterhin hingehe
meine Lebenszeit drastisch verkürze, da ich mich fortwährend über den Typ aufregen muss.
Kommen wir doch mal zu den Unterschieden zum Paderborner Unileben:
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Das Unijahr teil sich in 3 Trimester (Fall September-Dezember, Winter Januar-April, Summer
Mai - August). Grundsätzlich wird hier aber nur der Fall und Winter Term absolviert, um dann
im Sommer zu arbeiten, um das Geld für die Studiengebühren zu verdienen.
Frühester Kurs fängt um 8:35 an (geradezu lachhaft, wenn man da an die 7:30 Vorlesungen
Mathe am Donnerstag und Freitag in Paderborn denkt ;-))
Spätesten Kurse für mich waren von 6-9 abends (andere hatten sogar von 7-10)
Die Professoren kommen hier fast nahtlos aus der Praxis und arbeiten zum Teil noch
nebenher. Daher die z.T. sehr späten Kurse. Viele von denen haben auch nur einen
Lehrauftrag, so dass sie ihre Zeit nicht zwischen Forschung und Lehre aufteilen müssen. 3
von den 5 Profs waren auch wirklich begeistert davon zu lehren.
Business Studenten haben hier freitags frei (gut, ich hatte Montag, Mittwoch und Freitag)
Kursgröße variiert von 30 bis 60, als sehr angenehmen Verhältnisse im Vergleich zu
Paderborn (ich erinnere Mal an die VWL B Vorlesung mit 1100 anderen Studenten)
Das Verhältnis zu den Profs ist damit ein ganz anderes. Sie kennen einen beim Namen, man
nennt sie beim Vornamen. Darüber hinaus gibt es ja im englischen auch kein Du/Sie. Führt
dazu, dass im Unterricht viel mehr Fragen gestellt werden – vor allem Verständnisfragen.
Nach meinen Beobachtungen werden hier die Sprechstunden auch viel häufiger genutzt und
nicht nur, um administratives zu klären, sondern tatsächlich um über das Kursmaterial zu
sprechen.
Kurse basieren auf einem Textbuch. Der Kauf ist in den meisten Fällen auch Pflicht. Und sie
Bücher sind schweineteuer. Hab keines meiner Bücher unter 100$ kaufen können. Die
Bücherformate sind unmöglich (einfach riesig!). Wenn man dann also mal 15 Seiten lesen soll
denkt man, das sei ja nichts. Aber 15 Seiten in diesem großen Format plus in fremder
Sprache können sich ganz schön ziehen, obwohl die Sprache insgesamt vergleichsweise
unwissenschaftlich ist. Es wird sehr viel mit Praxisbeispielen (vor allem kanadischer Firmen
gearbeitet). Soll heißen, dass nach der Lektüre wirklich jeder das Gelesene verstanden haben
sollte. In jedem Kurs wird hier ethisches Handeln sehr stark in den Vordergrund gerückt.
Besonders im Accounting fand ich fortwährend Aufgaben wie: Dein Boss sagt dir, dass du die
Vorräte nicht so, sondern so bewerten sollst, da es sich hier um eine besondere Situation
handelt blablabla Was machst du? Der Boss war natürlich immer darauf aus, das
Betriebsergebnis zu beschönigen und dabei das Recht zu biegen. Und wir als ethische
Accountants konnten so etwa natürlich nicht zulassen ;-)
Die Endnote basiert hier nicht bloß auf einem Final – nein, dass wär ja zu einfach. Hier
arbeitet man recht kontinuierlich über das Semester. Kapitel lesen, Aufgaben lösen,
Assignments schreiben, Projekte, Zwischenklausuren, In class tests, Quizzes, Gruppenarbeit,
Essays, mündliche Noten,… Hat den Nachteil, dass man recht kontinuierlich mit Studieren
beschäftigt ist, aber den Vorteil, dass man zum Zeitpunkt der final exams schon einen Teil
seiner Note sicher hat und außerdem den Stoff schon komplett gelesen hat. Für solch
undisziplinierte Lerner wie mich ist dieser Tritt in den Hintern sehr nervig, aber hilfreich. Es
werden auch nicht in allen Fächern finals geschrieben. Einige meiner Komilitionen hat nur 1-2
final exams.
Exams: Fand ich im Vergleich einfacher. Wenn es nicht gerade mathematisch angehauchte
Fächer sind (Accounting, Finance), hat man einen Großteil Multiple Choice. Und die MC
Struktur ist wesentlich einfacher als in Paderborn. Wo wir meistens 5 Antworten haben, von
denen wir nicht wissen, wie viele richtig sind und wir bei falschen Antworten auch
Maluspunkte bekommen, hatte ich hier stets 4 Antworten von denen immer genau eine richtig
war. Und die Antworten waren auch sprachlich nicht so gemein gestellt. 2 waren meist total
abwegig, so dass es meist 50:50 war. Also war man hier stets gut beraten den Überblick über
das Gelernte zu behalten und die Dinge anstellen auswendig zu lernen einfach wieder zu
erkennen.
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Die Notenskala hier ist:
o 90-100 A+
o 85-89 A
o 80-84 Ao 70-79 B (+ and – Grenzen irgendwo in dem Bereich)
o 60-69 C
o 50-59 D
Also gute Noten schreiben ist hier schon vergleichsweise einfacher.
Obwohl hier 23,000 Studenten sind, ist der größte Raum lächerliche 400 Mann stark. Es wird
halt in kleineren Klassen unterrichtet. Häufig gibt es zu einem Kurs verschiedene Sections, die
z.T. von anderen Profs angeboten werden.
Wo es bei uns in der Bib doch sehr gesittet zugeht und man schon häufig schräg angeschaut
wird, wenn man niest oder Windows beim Hochfahren die Eingangsmelodie spielt, habe ich
hier mehrfach Leute telefonieren hören oder ein Gruppen meeting abhalten sehen. In
derselben Regelmäßigkeit habe ich mich dann mal als Spielverderber aufgeführt und die
Herrschaften gebeten aufzuhören oder nach draußen zu gehen. Größe und Alter haben hier
eindeutig meine Autorität unterstützt.
Die Studierenden sind hier viel internationaler, was zum einen daran liegt, dass Canada ja ein
typisches Einwandererland ist aber zum andern auch viel mehr international Studenten ihr
Studium hier absolvieren, was bei den Gebühren schon recht erstaunlich ist.
Gebühren: als Inländer zahlt man hier … als internationaler Student (also jemand, der seinen
kompletten Studiengang hier absolviert)
Außerdem habe ich auch das Gefühl, dass hier sehr viel mehr körperlich behinderte
Studenten zugegen sind. Was zum einen an der idealen Infrastruktur der Uni liegen mag,
vielleicht aber auch Ausprägung des kanadischen Verständnisses von Chancengleichheit ist.
Sport an der Uni wird groß geschrieben: dank der Uniteams kommt auf jeden Fall schon mal
Schoolpride auf. Carleton University ist derzeit fünfacher Meister im Basketball. Die
Infrastruktur ist dementsprechend gut: Gym, Pool, Sauna, Ice Rink, Indoor Soccer Halle in der
auch alles möglich andere stattfindet (La Crosse,…) Basketballcourt,… alles kostenlos zur
Nutzung für Studenten
Alle in allem war der erste Term aber sehr, sehr schön. Habe tatsächlich mal wieder studiert und nicht
einfach auf die Klausur gelernt. Habe auch das Gefühl, dass hier mehr hängen geblieben ist.
Neben dem universitären geht es natürlich auch darum Land und Leute kennen zu lernen. Hierbei
waren die anderen Exchangers weitaus aktiver als ich muss ich gestehen. Lag vielleicht daran, dass
ich viele der Ziele schon kannte und ich auch weiß, dass das hier nicht mein letzter Aufenthalt in
Canada sein wird. Mit den Einheimischen ist das so eine Sache. Zum einen ist da der
Altersunterschied – die fangen hier mit 17-18 an zu studieren. Darüber hinaus muss ich sagen, dass
sie im ersten Moment sehr aufgeschlossen und freundlich sind, sich aber darüber hinaus nicht wirklich
tiefer für einen interessieren. Natürlich ist das generalisierend und ich habe auch andere kennen
gelernt. Natürlich hängt man zuweilen auch in der internationalen Clique fest, da die ähnliche
Vorstellungen davon haben wie eine Studentenwoche aussehen sollte (Heute feiern gehen?)
Kommen wir also mal zu weiteren Unterschieden – diesmal im alltäglichen Leben:
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Es gibt kein anständiges Brot
Mittags wird kalt (oder ein warmer Snack), abends warm gegessen
Man verbringt seine Zeit mit facebook und nicht mit studivz
Man gibt schon sehr viel fürs Ausgehen aus. Alkohol ist unglaublich teuer! Außerdem gibt es
in den Liquor Stores auch nur Markenalkohol und keine billig Aldi Variante wie den guten
Zaranoff.
Milch und Käse sind hier fast Luxusgüter. Die Preise hauen schon rein.
Kanadier trinken Jaegerbombs was ein Glas Energy mit eine, versenkten Kurzen
Jägermeister ist. Man man man….
Stichwort Nationalstolz: das Maple Leaf findet man hier überall (Pullover, Schreibmaterial,
Aufkleber, Flaggen, als Tätowierung,…) Habe die kandaische Nationalhymen auch schon
häufiger gehört, als die deutsche während der WM.
Der Musikgeschmack weicht doch deutlich vom europäischen ab. Geht man hier raus
bekommt man hier sehr häufig diesen Residenz Scheiß – Techno, Dance, Elektro, House,…
Ein Sappho habe ich hier vergeblich gesucht. Es gibt hier zwar einen Rock/Metal Laden, aber
selbst da bleibt die Indiesucht ungestillt.
Man nutzt hier das Taxi doch schon häufiger. Die Busse fahren um 12:30 das letzte Mal. Taxi
fahren ist hier auch nicht so teuer. An der Uni stehen auch immer 3-4 Taxen rum.
Clubs, Pubs schließen um 2 Uhr. Das hat natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Zeit, zu
der man Rausgehen geschweige denn anglühen muss. Speziell die Spanier und
Südamerikaner kommen darauf so gar nicht klar.
So weit erstmal zu den Unterschieden. Was ist sonst noch passiert?
Im Oktober hat mich meine Mutter besucht und mir
Ottawa noch mal auf eine ganz andere Weise nahe
gebracht: die Spuren meiner kanadischen Kindheit.
Wo haben wir gewohnt? In welcher Kirche hat mein
Vater gearbeitet? Welche Plätze haben wir oft
besucht? Da ich mich kein Stück daran erinnern
konnte (war hier ja im Alter von 0,5-3 Jahre), war das
sehr interessant für mich. Außerdem haben wir
meine Cousine in ihrem neuen Haus besucht. Habe
gleich da noch mit Pieter (Nicoles und Daves Sohn)
Vaddern mal beim Anbringen einer Deckenlampe
geholfen. Einfache Größenvorteile! Erinnerte mich
stark an die Kräfte zehrende Aktion im Paderborner
Wohnzimmer (nicht wahr Mark, Michi!)
Am 31.10. habe ich zum ersten Mal „richtiges
Halloween“ gefeiert. Ganze Häuser wurden umgeschmückt, Kürbisse standen vor den Türen… und
wir waren natürlich auch ein wenig verkleidet.
Im November hat es hier das erste Mal geschneit und seitdem nicht mehr getaut. Soll heißen, das hier
Massen von Schnee liegen. Selbst für kanadische Verhältnisse sei das eher ungewöhnlich und früh.
Die optimistischen Behauptungen meiner Vorgänger – bis Januar kommt da nichts – sind also bereits
widerlegt. Der erste Blizzard ist auch schon über Ottawa hinweg mit -27 C war es da auch ganz schön
kalt. Selbst Busse sind nicht mehr gefahren. Ich freue mich schon auf Januar, wenn es hier wirklich
Winter werden soll. Kleine Anekdote: Als es langsam kühler wurde wollte ich mir nen Wintermantel
zulegen. Die Verkäuferin erwiderte nur, dass sie die erst Ende November bekämen wollte aber schon
wissen wo ich hinführe. Sie nähme an, irgendwo wo es jetzt kalt sei. Mein verzweifelter Blick nach
draußen und die Behauptung, dass es jetzt schon kalt sei wurde mit einem „dann warte mal bis
Januar!“ abgetan.
Im Dezember habe ich mein Portemonnaie eingebüßt. Natürlich hatte ich gerade an dem Tag noch
Geld abgehoben. Abgesehen vom Pass und meiner kanadischen Versicherungskarte war ich also
blank. Jetzt ist aber alles in die Wege geleitet und bis auf meinen Führerschein und Perso habe ich
auch alles schon wieder. Dennoch ärgerlich.
Am 19.12. habe ich meine letzte Klausur geschrieben und bin am 21.12. ins Flugzeug nach Victoria
gestiegen, um Weihnachten mit meinem Vater zu verbringen. Auf dem Rückweg werde ich nahe Banff
gastieren, um Silvester in den Rockies mit Iris zu feiern. Das ist das „Work & Travel“ Mädel. Freu mich
schon auf Skifahren und wahrscheinlich auch eine Hundeschlittentour, da sie derzeit für ein
Unternehmen arbeitet, das ebensolche anbietet. Die letzten Tage bevor das Semester am 07.01.
wieder losgeht, werde ich in Calgary bei meiner Tante verbringen. Und dann ziehe ich für den
Winterterm ins Wohnheim ein.
Im neuen Jahr freue ich mich schon auf Winterlude (ein Winterfest hier), Schlittschuh laufen auf dem
hiesigen Kanal, Springbreak, wahrscheinlich eine Tour nach Boston,… Jetzt heißt aber erstmal
Weihnachten genießen und abschalten, lesen, 10 Grad warmes Wetter in Victoria genießen…
Wünsche euch allen frohe Festtage wo immer ihr auch steckt. Hoffe eure letzten Monate waren
annähernd so schön wie meine – aber keine Angst, ich komme auf jeden Fall wieder (das ist glaube
ich die mir meist gestellte Frage). Ich werde versuchen euch im kommenden Jahr kontinuierlicher auf
dem Laufenden zu halten. Rutscht gut rein und fallt nicht zwischen die Jahre! Viel Spass auf dem
Uelzer Weihnachtsball, auf dem Paderborner Weihnachtsmarkt bei der „Stop“-Bude oder in Kempten
beim Gospelkonzert.
Euer Ole