nullenergie-gebäude - die nächste generation energieeffizienter
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nullenergie-gebäude - die nächste generation energieeffizienter
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Bundesamt für Energie BFE NULLENERGIE-GEBÄUDE DIE NÄCHSTE GENERATION ENERGIEEFFIZIENTER BAUTEN (IEA ECBCS ANNEX 52 / IEA SHC TASK 40) Jahresbericht 2012 Autor und Koautoren beauftragte Institution Adresse Telefon, E-mail, Internetadresse BFE Projekt-/Vertrag-Nummer BFE-Projektleiter Dauer des Projekts (von – bis) Datum Dr. Monika Hall, Prof. Armin Binz Institut Energie am Bau, HABG, FHNW St. Jakobs-Str. 84, CH-4132 Muttenz +41-61-4674561, monika.hall@fhnw, www.fhnw.ch 103324/154384 Rolf Moser, Andreas Eckmanns 01.11.2009 – 31.10.2013 09.01.2013 ZUSAMMENFASSUNG Die Diskussion über „nearly zero energy building“ und „net zero energy building” ist immer noch hoch aktuell. Ohne eine Festlegung des „Nullpunktes“ kann weder das „net zero energy building” noch das „nearly zero energy building“ definiert werden. Ziel des Forschungsprojektes ist es, eine Definition für ein Nullenergiegebäude zu erarbeiten. Die gängigste Definition für ein Nullenergiegebäude ist, dass ein Nullenergiegebäude die primärenergetische Netto-Jahresbilanz für alle Betriebseinrichtungen (Gebäudetechnik, Beleuchtung und Betriebsenergie) durch lokal erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen erfüllt. Die Graue Energie ist in der Nullbilanz nicht enthalten. Der Standard kann für Neubauten, Modernisierungen sowie für verschiedene Gebäudekategorien angewendet werden. Die Bilanzierung ist gebäudebezogen. Eine Erweiterung der Bilanzgrenze auf Nullenergiegebäude im Verbund (Ausgleich von mehreren Gebäuden) oder durch Zukauf von Anteilen an z.B. einer Windkraftanlage bzw. von „grünem“ Strom, erlaubt es auch Gebäude mit eingeschränkter Möglichkeit der Eigenproduktion die Null zu erreichen. Nullenergiegebäude weisen gegenüber einem Niedrigenergie- und Minergie-A Gebäude die niedrigste Life Cycle Energy auf. Während die Netzbelastung für Nullenergiegebäude am höchsten ist. Der Nullwärmeenergiestandard Minergie-A ist erfolgreich eingeführt. Bei diesem Standard ist der Bedarf für Beleuchtung und Betriebsenergie in der Netto-Jahresbilanz ausgeschlossen. Die Analyse der ersten 125 Minergie-A Gebäuden zeigt, dass viele verschiedene Energiekonzepte möglich sind. Die mittlere Primäranforderung des Heizwärmebedarfs der 125 Minergie-A Gebäude liegt bei 60 ± 12 % Qh,li des Grenzwertes nach SIA 380/1 (2009). Für die Kennzahl Wärme muss im Mittel 30 ± 6 kWhECH/(m2 a) kompensiert werde und die Graue Energie der Gebäude beträgt durchschnittlich 40 ± 5 kWhp,nren/(m2 a). Projektziele Ziel des Projektes ist es einen Standard für Nullenergiegebäude festzulegen. Da der Begriff Nullenergiegebäude momentan nicht klar definiert ist, müssen eindeutige Definitionen, Anforderungen und Systemgrenzen erarbeitet werden. Optimierung der Gebäudehülle und -technik gehen damit einher. Durch die Einbettung des schweizerischen Projekts in das internationale Forschungsprojekt IEA Annex 52/Task 40 "Towards Net Zero Energy Solar Buildings (NZEB)" [1], erfolgt ein internationaler Informationsaustausch. Die Ziele für 2012 sind Weiterführung der Datenbank für Nullenergiegebäude in der Schweiz und Analyse der Konzepte Weiterentwicklung von Ansätzen zur Definition von Nullenergiegebäuden (Net ZEB) Weiterführung der Auswertung der Anträge für MINERGIE®-A Zertifizierungen Unterschiede von Minergie-A und Nullenergiegebäuden aufzeigen Durchgeführte Arbeiten und erreichte Ergebnisse Definition von Nullenergiegebäuden Die Nullbilanz eines Gebäudes kann auf verschiedenen Level beruhen (Bild 1). Eine Analyse von knapp 300 weltweit bestehenden Nullenergiegebäuden [2] zeigt, dass die meisten Definitionen darauf beruhen, dass die Netto-Jahresbilanz der gesamten Betriebsenergie Null wird. Hierfür wird der Bedarf für Heizung, Kühlung, Warmwasser, Lüftung, Hilfsbetriebe, Beleuchtung, Arbeitsgeräte, Haushaltsgeräte, etc. der Produktion von Energie aus erneuerbaren Quellen gegenübergestellt. Zur Berechnung der Netto-Jahresbilanz bieten sich zwei Varianten an (Bild 2). Bild 1 Level verschiedener Nullenergiestandards. Bild 2 Verschiedene Varianten zur Berechnung der Netto-Jahresbilanz [3]. 2/6 Nullenergie-Gebäude – die nächste Generation energieeffizienter Bauten, Monika Hall, FHNW, Institut Energie am Bau, Muttenz, 2012 Bilanzgrenzen von Nullenergiegebäuden Der Begriff Nullenergiegebäude ist gebäudebezogen („Net ZEB am Gebäude“). Er fokussiert auf das einzelne Gebäude mit lokaler Energieerzeugung. Damit muss die lokale Energieerzeugung an/auf dem betrachteten Gebäude („footprint“ [4]) oder an/auf funktional zum Gebäude gehörigen Bauten auf der Parzelle erfolgen („on-site“ [4]), z.B. auf dem Garagendach oder an einer Stützmauer (Bild 3). Quelle: Minergie Bild 3 Quelle: Minergie Nullenergiegebäude: “footprint”, “on-site”. Diese sehr enge gebäudebezogene Bilanzgrenze stösst im Vollzug jedoch sehr schnell an Grenzen, da einzelne Gebäude aus verschiedenen Gründen nicht die Möglichkeit haben, vor Ort genügend Energie zu produzieren. Aus diesem Grund sind auch andere Bilanzgrenzen denkbar (Bild 4). Der Bilanzausgleich zwischen mehreren zusammengehörigen Gebäuden, z.B. von einer Überbauung, führt zu einer Nullenergieüberbauung. Nicht jedes Gebäude muss für sich die Nullbilanz erreichen. Über- und Unterdeckungen werden im Verbund ausgeglichen („Net ZEB durch Verbund“). Eine weitere Möglichkeit ist der Kauf von Anteilen z.B. an einer Windkraftanlage. Die anteilsmässige erzeugte Energie der Windkraftanlage kann in die Bilanz angerechnet werden. Mit dieser Variante wird die strenge Definition der lokalen Energieerzeugung auf der Parzelle erweitert. Produzierte Energie aus Gemeinschaftsanlagen mit verschiedenen Teilhabern, z.B. einer Photovoltaikanlage auf einem Parkhaus, können somit angerechnet werden. Die Nullbilanz wird nicht mehr direkt am Gebäude sondern durch Anteile an standortfernen Anlagen erreicht („Net ZEB durch Anteile“). Ohne Eigenproduktion oder einer Beteiligung kann ein Nullenergiegebäude nur durch Zukauf von „grüner“ Energie realisiert werden („Net ZEB durch Zukauf“). Bild 4 Bilanzgrenzen für verschiedene Nullenergiegebäudetypen. 3/6 Nullenergie-Gebäude – die nächste Generation energieeffizienter Bauten, Monika Hall, FHNW, Institut Energie am Bau, Muttenz 2012 Datenbank und Analyse von schweizerischen Nullenergiegebäude [5] Bislang liegen Daten von 83 bestehenden bzw. sich im Bau befindenden Gebäuden (58 EFH, 19 MFH, 5 Verwaltungen und 1 Schule) in der Schweiz vor (Bild 5). Die meisten Gebäude weisen ein Minergie-P Zertifikat auf, etwa die Hälfte der Gebäude sind Minergie-A zertifiziert bzw. provisorisch zertifiziert. Die Liste der Gebäude erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit von Gebäude mit Eigenenergieproduktion in der Schweiz. Der Elektrizitätsbedarf für Betriebseinrichtungen und Beleuchtung, wird pauschal auf 34 kWhECH/(m2a) für die Kategorie Wohnen festgelegt. Der Durchschnitt des Primärenergiebedarfs liegt bei 27 ± 9 kWhECH/(m2a). 29 Gebäude erfüllen die Netto-Jahresbilanz eines Nullenergiegebäudes, 48 sind Nullwärmeenergiegebäude, 4 sind Nullheizenergiegebäude und 2 Gebäude weisen keine Nullbilanz auf. Es werden 15 resp. 18 verschiedene Kombinationen von Wärmeerzeugern für Heizung und zur Warmwassererwärmung eingesetzt. Wobei eine Wärmepumpe alleine oder in Kombination mit einem anderen Erzeuger bei 77% der Gebäude für die Heizung eingesetzt wird und bei 63% der Gebäude zur Warmwassererzeugung. Knapp die Hälfte der Einfamilienhäuser verfügt über eine thermische Solaranlage zur Unterstützung der Warmwassererwärmung und zum Teil der Heizung. Weitere verwendete Energieträger sind Holz, Pellet, Elektrizität und Fernwärme. Die Gebäude zeigen, dass eine Vielzahl an Energiekonzepten für Nullenergiestandards zur Verfügung stehen. Die beiden Standards Nullwärme- und Nullenergiegebäude werden nicht nur von Neubauten erreicht, sondern auch von modernisierten Gebäuden sowie von verschiedenen Gebäudekategorien. Damit sind die verschiedenen Nullenergiestandards auf Neubauten, Modernisierungen und verschiedene Gebäudekategorien anwendbar. Bild 5 Primärenergetischer Bedarf und Produktion der betrachteten 83 Gebäude. Erfahrungen aus den ersten zertifizierten MINERGIE®-A Gebäuden [5, 6] Seit dem Start des Minergie-A Standards im März 2012 sind 125 Minergie-A Gebäude zertifiziert bzw. provisorisch zertifiziert. Mit der bilanzierten Null der Kennzahl Wärme ist der Minergie-A Standard, auch im internationalen Kontext, immer noch der erste Gebäudestandard, der ein Nullwärmeenergiegebäude fordert. Auch mit dem Einbezug der Grauen Energie ist Minergie-A Vorreiter. Eine Auswertung der ersten Anträge gibt einen Überblick über die Planungswerte der einzelnen Gebäude (Tab. 1). Gebäude mit niedrigem Heizwärmebedarf sowie ein hoher Einsatz von erneuerbaren Energien bei den Heiz- und Warmwassersystemen bilden die Basis für die zertifizierten Gebäude. Die Kennzahl Wärme wird in den meisten Fällen über das Gegenrechnen der Elektrizitätsproduktion durch eine Photovoltaikanlage erreicht. 4/6 Nullenergie-Gebäude – die nächste Generation energieeffizienter Bauten, Monika Hall, FHNW, Institut Energie am Bau, Muttenz, 2012 Tab. 1: Auswertung der ersten 125 zertifizierten Minergie-A Gebäude. Anforderung Auswertung (125 Gebäude) Primäranforderung 90% Qh,li Der Mittelwert der zertifizierten und provisorisch zertifizierten Gebäude liegt bei 60 ± 12% des Grenzwertes nach SIA 380/1 (2009). Kennzahl Wärme ECH = 0 kWh/(m2 a) Die Kennzahl Wärme (gewichtete Endenergiebedarf) ist abhängig von dem effektiven Heizwärmebedarf und der eingesetzten Gebäudetechnik für Heizung, Warmwasser und Lüftung/Hilfsbetriebe. Aus diesem Grund ist der auszugleichende, gewichtete Endenergiebedarf bei jedem Gebäude verschieden hoch und damit muss die Kennzahl Wärme auf unterschiedlichem Niveau „Null“ werden. Der Mittelwert dieses auszugleichenden, gewichteten Endenergiebedarfs liegt bei 30 ± 6 kWhECH/(m2 a). Graue Energie Ep,nren ≤ 50 kWh/(m2 a) Der Mittelwert beträgt 40 ± 5 kWhEPnren/(m2 a). Nur bei einem Gebäude muss Stromproduktion der PV-Anlage zur Einhaltung des Grenzwertes gegengerechnet werden. Rund 70% der betrachteten Gebäude erhält den Label Zusatz „ECO“. Von Minergie-A zum Nullenergiegebäude Minergie-A ist ein Nullwärmeenergiegebäude. Der Unterschied zum Nullenergiegebäude liegt in der Berücksichtigung der Betriebsenergie in der Netto-Nullbilanz (Bild 1). Bei der Betrachtung der Life Cycle Energy – Summe aus Grauer Energie und Netto-Betriebsenergie – weist das Nullenergiegebäude einen geringeren Wert auf (Bild 6). Dagegen ist die monatliche Gleichzeitigkeit von Elektrizitätsverbrauch und Produktion durch eine Photovoltaikanlage für ein Minergie-A Gebäude höher als für ein Nullenergiegebäude (Bild 7). Bild 6 Life Cycle Energy für verschiedene Gebäudestandards. 5/6 Nullenergie-Gebäude – die nächste Generation energieeffizienter Bauten, Monika Hall, FHNW, Institut Energie am Bau, Muttenz 2012 Bild 7 Monatliche Netzbelastung von Minergie-A und Nullenergiegebäuden [9]. Internationale Zusammenarbeit Im Rahmen des Forschungsprojekts wird im Projekt IEA Annex 52/Task 40 "Towards Net Zero Solar Energy Buildings (NZEB)" mitgearbeitet. 2012 wurden im Rahmen der Schweizer Projektarbeit 4 Vorträge und ein Poster auf nationalen und internationalen Tagungen vorgestellt [5-8]. Bewertung 2012 und Ausblick 2013 Das nationale Forschungsprojekt ist Ende 2012 abgeschlossen. 2013 ist die Teilnahem an den beiden letzten internationalen Meetings des Tasks 40/Annex 52 noch vorgesehen. Hierbei wird noch das Thema der Netzinteraktion untersucht. Referenzen & Publikationen [1] Towards Net Zero Energy Solar Buildings (NZEB). Final Draft, IEA ECBCS Annex 52, SHC Task 40, 2008 [2] Musall E. et al.: Net Zero Energy Solar Buildings: An Overview and Analysis on Worldwide Building Projects. Tagungsband EuroSun, Graz, 2010, www.enob.de [3] Sartori I., Napolitano A., Voss K.: Net zero energy buildings: A consistent definition framework. Energy and Buildings, 48 (2012) S. 220-232, www.enob.de [4] Marszal A.J., Bourrelle J.S., Musall E., Heiselberg P., Gustavsen A., Voss K.: Netz zero Energy Buildings – Calculation Methodologies versus national Building Codes. Euro Sun Graz (A), 2010, www.enob.de [5] Hall M.: Was ist ein Nullenergiegebäude? Tagungsband brenet 17. Status Seminar, Zürich (CH), 2012 [6] Hall M.: One year of Minergie-A – Switzerland takes a big step towards Net ZEB. Tagungsband ZEMCH International Conference, Glasgow (UK) 2012 und Tagungsband Passivhaus Tagung, Brüssel (B), 2012 [7] Hall M., Berggren B.: Embodied Energy of Net Zero Energy Buildings. Poster/Tagungsband Internationale Passivhaus Tagung, Hannover (D), 2012 [8] Hall M.: Nullenergiegebäude – die nächste Generation energieeffizienter Bauten. Erfolgskontrolle der kantonalen Energiepolitik, Bern (CH), 2012 [9] Hall M.: Von Minergie-A zu Nullenergiegebäuden. Bauphysik 34 (2012), Heft 5, 2012, S. 197 - 203 6/6 Nullenergie-Gebäude – die nächste Generation energieeffizienter Bauten, Monika Hall, FHNW, Institut Energie am Bau, Muttenz, 2012