Jede Übung in der Rhythmischen Sportgymnastik ist wie ein kleines
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Jede Übung in der Rhythmischen Sportgymnastik ist wie ein kleines
TRAINERFORUM Eva Pfaff „Jede Übung in der Rhythmischen Sportgymnastik ist wie ein kleines Theaterstück, das man auf die Fläche bringt.“ Interview mit Karina Pfennig, Team-Chefin Rhythmische Sportgymnastik Gruppe und Bundestrainerin Nachwuchs in der Rhythmischen Sportgymnastik (RSG) im Deutschen Turner Bund (DTB) Freude daran. Wahrscheinlich haben Sie schon Kinder gesehen, die Musik hören, sie interpretieren möchten und sich dazu bewegen. Wenn man so will, sind das die „optimalen Kandidaten“ für die Rhythmische Sportgymnastik . Karina Pfennig (31) war aktive Gymnastin und erwarb anschließend den ATrainerschein. Danach arbeitete sie über zehn Jahre als Trainerin am Bundesstützpunkt Bremen und zeitweise mit der Nationalmannschaft der Schweiz. 2013 wurde sie zur Teamchefin der Nationalmannschaft Rhythmische Sportgymnastik Gruppe berufen und zeichnet daneben verantwortlich für die Entwicklung von Einzel-Gymnastinnen im Juniorenbereich des DTB. Wir trafen Karina Pfennig während des Weltcups in Stuttgart und sprachen über ihre Arbeit und die Vorbereitung der Heim-Weltmeisterschaft im Jahr 2015 am selben Ort. C..Matthias Wiatrek Ja, wenn man solche Kinder – auf Video – beobachtet, geht einem das Herz auf. Sie sehen aus wie kleine, passionierte Tänzer. Dieser Aspekt gehört zu uns, wir sind eine extrovertierte Sportart. Tänzer und Gymnastinnen präsentieren sich gerne vor Publikum. Jede Übung in der RSG ist wie ein kleines Theaterstück, das man auf die Fläche bringt. Eingegangen: 3.5.2014 Frau Pfennig, seit Juli 2013 arbeiten Sie als Teamchefin mit der Nationalmannschaft Rhythmische Sportgymnastik Gruppe zusammen. Wer gehört zu Ihrem Trainerteam? Bei der Nationalmannschaft Gruppe arbeiten wir mit Bundestrainerin Natalia Stsiapanova und Ballettmeister Wladimir Komkow zusammen. Im Bereich Nachwuchs übernehme ich die Koordinierung und Führung der Juniorinnen, die bei ihren Heimtrainern an den Stützpunkten trainieren ... ... wie funktioniert Ihre Arbeit mit den Gymnastinnen? Der größte Teil meiner Zeit fließt in die Trainingsarbeit mit der Nationalmannschaft Gruppe. Für den Nachwuchs mache ich deutschlandweite Sichtungen, Kadertests und Lehrgänge. Besonders talentierte Gymnastinnen laden wir zu uns ein und schauen, ob wir sie bei der Gruppe oder im Einzelbereich einsetzen können. Aber die meisten Kinder kennen wir sowieso schon, weil es in Deutschland nur eine begrenzte Auswahl an Gymnastinnen gibt. 58 LEISTUNGSSPORT 3/2014 Ab welchem Alter beginnt das Leistungstraining in der RSG? Wir gehören zu den Sportarten, die schon früher als andere mit Leistungstraining beginnen. Jedoch sind die individuellen Voraussetzungen einer angehenden Gymnastin wichtiger als ein konkretes Alter ... ... was gehört zu diesen „individuellen Voraussetzungen“? Für unsere Sportart braucht ein Kind ein relativ großes Maß an Konzentration, es muss Korrekturen der Trainer verstehen können und eine gewisse Disziplin mitbringen. Im Turnen und gerade in der Rhythmischen Sportgymnastik sollte ein Kind zumindest verstehen, was man von ihm möchte. Das hört sich ziemlich strikt an. Welche Inhalte machen Ihre Sportart für Kinder und Jugendliche interessant? Grundsätzlich gehört die RSG zu den kompositorischen Sportarten. Kinder lernen am Anfang, mit den unterschiedlichen Geräten zu hantieren und kreativ umzugehen. Außerdem hat unsere Sportart eine starke Verbindung zum Tanzen, es geht um schöne Bewegung und die Bis zur Aufführung eines schönen „Theaterstücks“ braucht es einige Zeit des Trainings. Wonach richten Sie den Einstieg in den Leistungsaufbau in der Jugend? In der RSG machen wir einen altersgemäßen, stetig gesteigerten Aufbau der Leistung. Und der ist von Kind zu Kind unterschiedlich, besonders beim Training für die Einzel-Disziplinen. Es gibt begabte Kinder, die schon im Junioren-Bereich – und später im Elitebereich – so effizient arbeiten, dass sie weniger Trainingsstunden pro Tag brauchen. Andere dagegen brauchen viel mehr Zeit, machen sich z.B. gerne langsam warm und benötigen gefühlte 1000 Versuche für eine Übung. Insofern variiert die Menge an Training von Typ zu Typ und darauf müssen wir uns als Trainer einstellen. Mit welcher Disziplin fangen die Mädchen an und auf welchen Inhalten liegt die Konzentration am Anfang? Die kleinen Mädchen fangen immer mit den Einzel-Disziplinen an, das ist die Basis der Rhythmischen Sportgymnastik. Eine Eingliederung in eine Gruppe folgt erst später. International turnt man die Gruppe erst ab dem Junioren-Bereich, d.h., diese Mädchen sind 12 bis 14 Jahre alt. Zu Anfang des leistungssportlichen Trainings stehen die Themen Beweglichkeit und Dehnung auf dem Programm. Dazu kommt das Techniktraining. Das Geschick mit dem Handgerät kann und sollte man den Kindern relativ früh beibringen. In dieser Zeit gilt es, die Kinder mit den Basis-Gerättechniken vertraut zu machen, sich mit den Geräten anzufreunden. TRAINERFORUM Gibt es weiteres technikorientiertes Training und warum legen Sie besonderen Wert auf die Technik? Zu dem Bereich Technik gehören auf jeden Fall die körpertechnischen Elemente. Dazu zählen wir u.a. schön gestreckte Füße, gestreckte Knie, gestreckte Arme und die allgemeine Haltung beim Turnen. Technik ist nicht nur wichtig, ohne sie hat man keine Chance! Es ist egal, wie talentiert man ist, wenn man keine Technik hat, kann man bei dem heutigen Niveau nicht mehr konkurrieren … … können Sie das genauer erklären? Während einer Übung muss eine Gymnastin – im Einzel oder noch mehr in der Gruppe – schnelle Entscheidungen treffen, exakt und schnell handeln können. Gleichzeitig soll der Auftritt schön, weich und elegant aussehen. Bevor man irgendetwas Kreatives vorzeigen kann, gilt es jedoch, präzise Techniken zu erarbeiten. D.h., in der RSG müssen jeder Abwurf, jedes Fangen und alle Bewegungen mit jedem einzelnen Gerät gelernt, trainiert und verinnerlicht werden. Das klingt nach Training ohne Ende. Wie sieht die Technikschulung in der Rhythmischen Sportgymnastik aus? Die kleinen Mädchen lernen am Anfang Grundtechniken. D.h., sie werden z.B. mit Basisgerättechniken vertraut gemacht. Bei den älteren, den erfahrenen Gymnastinnen integrieren wir Technikelemente in Teile einer Übung. Auf diesem Niveau trainieren wir die Dinge zusammen, denn die Athletinnen beherrschen komplexere Bewegungen und können auf mehrere Korrekturen reagieren. C..imago/Pressefoto Baumann „Für unsere Sportart braucht ein Kind ein relativ großes Maß an Konzentration, es muss Korrekturen der Trainer verstehen können und eine gewisse Disziplin mitbringen.“ „Die kleinen Mädchen fangen immer mit den Einzel-Disziplinen an, das ist die Basis der Rhythmischen Sportgymnastik. Eine Eingliederung in eine Gruppe folgt erst später. International turnt man die Gruppe erst ab dem Junioren-Bereich, d.h., diese Mädchen sind 12 bis 14 Jahre alt.“ Als Trainer beobachten Sie Ihre Gymnastinnen beim Training genau. Welche Rolle spielen Korrekturen oder Instruktionen? Ohne Instruktion geht es nicht. Bei älteren Athletinnen macht man weniger Elemente vor, sondern korrigiert und instruiert sie mehr von der Seite ... ... für mich hörten sich die Korrekturen wie Schimpfen an, der Ton ist schon ... ... streng (Lachen)! Es kommt immer darauf an, wie die Mädchen drauf sind. An manchen Tagen kommen sie in die Halle und das Training läuft (wie) von alleine. Wenn wir aber merken, dass die Gymnastinnen z.B. träge sind, Fehler machen oder die Geräte verlieren, werden wir schon mal lauter. Insofern sind unsere Instruktionen von der Verfassung der Athletinnen abhängig. Wie viele Gymnastinnen gehören der Nationalmannschaft Gruppe an? Die Nationalmannschaft Gruppe besteht aus 12 Kader-Athletinnen, von denen fünf auf einer Fläche gemeinsam Übungen turnen. Aus diesen 12 wählen wir dann jeweils die Hauptmannschaft. Nach welchen Kriterien wählen Sie die fünf Gymastinnen für einen Wettkampf aus? Die Auswahl der RSG-Gruppe geschieht aufgrund der Trainingsleistungen. Zusätzlich beobachten wir die Mädchen im Wettkampf, denn dort soll die Gruppe eine schöne Übung zeigen. Insgesamt suchen wir nach einer guten Mischung von Trainings- und Wettkampf-Leistungen. Denn eine Gruppe funktioniert in der RSG nur, wenn alle fünf hochkonzentriert gemeinsam trainieren und zusammen im Wettkampf auftreten. Welche Aufgaben haben die restlichen sieben Athletinnen, die nicht für den Wettkampf nominiert werden? Wer aktuell nicht bei einem Wettkampf eingesetzt wird, muss sich fit und bereit halten. In der RSG-Gruppe haben wir auch eine Art Ersatzbank-Mädchen, die sich entweder durch Leistung in die Mannschaft hocharbeiten oder bei Verletzung oder Krankheit ihrer Kolleginnen sofort einsatzbereit sein müssen. Da passiert es schon mal, dass eine unverhofft zu ihrem Einsatz kommt. Versauern da manche Talente nicht auf der Ersatzbank? Nein, in der RSG versauern keine Talente. Im Laufe eines Jahres müssen wir die Gruppe öfter LEISTUNGSSPORT 3/2014 59 TRAINERFORUM und arbeiten an der Perfektionierung der Choreografie. C..imago/Michael Weber Was verstehen Sie unter spezifischem Krafttraining und wie setzen Sie es in der RSG-Gruppe ein? Das spezifische Krafttraining nutzen wir in der RSG gleichzeitig zur Leistungssteigerung und Gesunderhaltung. An Tagen mit zwei Trainingseinheiten beginnen wir morgens mit einem gymnastischen Kraftprogramm, das speziell auf die Anforderungen der RSG abgestimmt ist. Das ist eine Mischung aus Ballett am Boden, viel Spreizen sowie Stärkung der Bauch- und Rumpfmuskulatur. Als Hilfsmittel arbeiten wir mit Gummibändern und Gewichtsmanschetten an den Beinen. verändern, Gymnastinnen auswechseln. Insofern kann grundsätzlich jede jederzeit drankommen. Und wenn wir als Trainer nach Leistung entscheiden, können jüngere Gymnastinnen nachrücken. Sowie sie besser sind, erhalten sie eine Chance. Alle wissen, dass sie sich ihren Platz in dieser Mannschaft erarbeiten können. Das teile ich ihnen in Gesprächen explizit mit und mir ist die leistungsorientierte Atmosphäre im Team auch wichtig. Wie schaffen Sie es, dass die „Hinterbänkler“ jederzeit einsetzbar sind? Während der Saison findet das gesamte Training gemeinsam statt. Daher turnen alle die gleichen Übungen, machen die gleichen Wechsel und Körpertechniken. Insofern haben wir ständig den Überblick und können jeweils die leistungsstärksten Gymnastinnen einsetzen. Sie sprechen von einem hochkomplexen Gefüge, das viel Trainingsarbeit verlangt. Wie viel trainieren Sie mit der Gruppe und wie ist das Training aufgebaut? Generell trainieren wir ab dem JuniorenBereich fünf- bis sechsmal pro Woche. Pro Tag trainieren wir zwischen 5 und 8 Stunden mit der Nationalmannschaft Gruppe. Darin eingeschlossen sind Aufwärmen, spezifisches Krafttraining und Ballett-Einheiten, die Teil des Trainings sind. Während wir bei den jüngeren Gymnastinnen das Training zeitlich begrenzen, arbeiten wir so lange mit der Gruppe, bis die jeweiligen Inhalte und Ziele für den Tag erreicht sind. So kann eine Aufgabe wie „drei fehlerfreie Übungen“ je 60 LEISTUNGSSPORT 3/2014 nach Tagesform der Gruppe mehr oder weniger lang dauern, im Zweifel Stunden ... ... warum muss ein Stück so perfekt sein? Diese Perfektion, eine Übung fehlerfrei zu turnen, macht unsere Sportart aus. Denn Fehler werden von den Kampfrichtern hart bestraft, es gibt sehr hohe Punktabzüge. Und das wirkt sich am Ende auf die Platzierung aus. Wie reagieren die Gymnastinnen, wenn Fehler ein vermeintlich perfektes Theaterstück untergraben? Unsere Mädchen (müssen) im Wettkampf lernen, mit Fehlern umzugehen – z.B. fallengelassene Geräte schnell wieder aufzunehmen und die Übung trotzdem zu Ende zu turnen. Danach besprechen und arbeiten wir an etwaigen Fehlern und gehen danach in den zweiten Durchgang. Lassen Sie uns über die sportliche Planung bei der Nationalmannschaft Gruppe sprechen. Wie bauen Sie eine Saison auf? Am Anfang eines Trainingsjahres beginnen wir mit dem allgemeinen Aufbau – also spezifischem Krafttraining, Dehnung und Körpertechniken. In dieser Vorbereitungszeit erstellen wir auch die Choreografie für die Gruppe. Dabei gilt es, Übungen mit den Fähigkeiten der verfügbaren Mädchen abzustimmen. Im nächsten Schritt fangen wir an, Teile der Choreografie mit Musik zu turnen. Nach und nach turnen wir halbe und irgendwann ganze Übungen. Während der Wettkampfsaison konzentrieren wir uns auf komplette Durchgänge Welche Inhalte folgen in der zweiten Trainingseinheit am Nachmittag? Die Nachmittagseinheiten beginnen wir mit Ballett und intensiver Dehnung. Danach machen wir sogenannte Diagonalen, d.h. Übungen für die Balance, für Stände und ein Einspringen. Dann folgt die Arbeit mit den Geräten, mit denen wir einzelne Gerättechniken oder Wechsel trainieren. Im Hauptteil der Trainingseinheit steht das Übungstraining, bei dem die Gruppe einige Durchgänge der Übungen durchführt. Zum Ende dieser Trainingseinheit gehen die Gymnastinnen an die Sprossenwand, um Spreizen, Beinhaltekraft und zusätzliches Krafttraining für die Bauch- und Rückenmuskeln zu machen. Lassen Sie uns über den Aufbau einer Gruppenübung sprechen. Wie entsteht eine Choreografie? Die Trainer suchen gemeinsam mit einer professionellen Choreografin die Musik für eine Übung aus. Dann unterbreitet die Choreografin einige Vorschläge und stellt eine Übung zusammen. Die Trainer arbeiten an der Gestaltung der Übung mit, indem sie z.B. sagen, welche Wechsel oder Zusammenarbeit sie gerne hätten. Gehört ein Choreograf zur RSG? RSG-Teams arbeiten mit unterschiedlichen Choreografen zusammen und einige Trainer entwickeln die Übungen selbst. Für uns macht das die Bundestrainerin der Gruppe, Frau Stsiapanova. Sie ist eine sehr gute, weltbekannte Choreografin. Neben ihrer Trainertätigkeit hat sie das Talent, schöne Choreografien auszuarbeiten und das nutzen wir natürlich gerne für die Nationalmannschaft. Zu einem Auftritt in der RSG gehören teure Kleider. Wer entwirft und produziert die? Unsere Anzüge lassen wir von professionellen Schneiderinnen in Russland nähen, die fertigen die schönsten Teile. Wir bringen unsere Vorstellungen in Sachen Farbe ein, informieren die Schneiderin über das Gerät und schicken ihr die Musik. Anhand dieser Informationen schickt die Schneiderin mir mehrere Entwürfe auf Papier. Darüber beraten wir uns im Team und suchen den schönsten und zur Choreografie passenden Anzug aus. TRAINERFORUM Woher haben Sie als Trainer das Gespür für Choreografien und die künstlerische Note? Das Team der RSG besteht aus professionell ausgebildeten Trainern, die sich – z.T. aufgrund der eigenen Herkunft – in verschiedenen Kulturen auskennen. Dazu verlangt unsere künstlerische Sportart neben den kulturellen auch geschichtliche, musische und landestypische Kenntnisse. Wir können z.B. alle Tanzrichtungen tanzen, zu jedem Volkstanz ein paar Schritte vormachen ... ... was bringt landestypische Musik in der Rhythmischen Sportgymnastik? Dieses Jahr finden z.B. die Europameisterschaften in Baku, Aserbaidschan, und die Weltmeisterschaften in Istanbul, Türkei, statt. Da werden wir – zumindest für eine Übung – landestypische Musik auswählen und die Choreografie darauf anpassen. Insgesamt wurden die Auftritte der Turnerinnen in den letzten Jahren wesentlich dynamischer und mit schwierigen Elementen angereichert. Und so langsam wird es in der RSG zur Tradition, folkloristische Stücke aufzuführen. Dieser Trend und weitere tiefgreifende Veränderungen in der RSG stehen auch in Verbindung mit der früheren Top-Gymnastin Alina Kabaeva und der russischen Chef-Trainerin Irina Viner. Ein Beispiel dafür gab es bei den Olympischen Spielen in Athen 2004. Gerade mal drei Wochen vorher passte Kabaeva ihre Ball-Kür an die landestypische Folklore an. Das kam fantastisch beim Publikum an, die Halle tobte. Wie ist das Verhältnis zu der internationalen Konkurrenz? Wir pflegen eine gute Mischung aus Freundschaft und Konkurrenz. Da wir uns alle schon lange kennen, tauschen wir uns nach den Wettkämpfen aus. Wir hören uns um, berücksichtigen die allgemeine Meinung und nutzen sie für die Weiterentwicklung unserer Gymnastinnen. Beispielsweise sagte man über unsere KeulenÜbung: „Die Keulen der Deutschen waren der Hammer!“. Aufgrund der durchweg positiven Rückmeldung beschlossen wir, die damalige Übung ein weiteres Jahr bei Wettkämpfen zu zeigen. „Das Team der RSG besteht aus professionell ausgebildeten Trainern, die sich – z.T. aufgrund der eigenen Herkunft – in verschiedenen Kulturen auskennen. Dazu verlangt unsere künstlerische Sportart neben den kulturellen auch geschichtliche, musische und landestypische Kenntnisse.“ „Alle zwei Jahre wechseln die Geräte, die vom internationalen Verband, der Fédération Internationale de Gymnastique (FIG), vorgegeben werden. Jede RSG-Gruppe muss zwei Übungen turnen.“ der RSG, was den Kampfrichtern gefällt. Die internationalen Richter kommen auch zu uns oder zu unserer deutschen Kampfrichterin und machen kritische Anmerkungen. Müssten Kampfrichter nicht neutral sein und Abstand halten? Nein, aus meiner Sicht arbeiten wir alle an der Entwicklung unserer Sportlerinnen und der Sportart. Zwar ist bei uns eine subjektive Beurteilung von Übungen im Spiel, aber anhand von objektiven Kriterien versuchen wir, eine gerechte Bewertung der Leistungen zu fördern. Dazu müssen wir jede Übung auf Formblättern aufzeichnen und den Kampfrichtern übergeben. Außerdem beobachten sie die Gymnastinnen bereits beim Training, um einen Eindruck von den Übungen zu erhalten ... ... ist das wie ein Drehbuch? Ja, so kann man das nennen. Auf Formblättern wird jede Übung im Detail beschrieben, sodass die Kampfrichter sie Schritt für Schritt verfolgen und bewerten können. Darin steht z.B. jede Bewegung, alle Elemente, die Wechsel und wo welche Zusammenarbeit kommt. Das Ausarbeiten der Formblätter ist schon sehr aufwändig, aber diese Beschreibung hilft den Kampfrichtern, sich schneller zurechtzufinden. Wer füllt diese Formblätter für die Wettkampfübungen aus? Für die Ausarbeitung der Formblätter kooperieren wir mit unserer Kampfrichterverantwortlichen für Deutschland. Sie besucht unser Training, macht sich Notizen und dann bereiten wir die Formblätter vor. Wir besprechen, ob wir auf die Höchstpunktzahl kommen können, oder welche Veränderungen aus ihrer Sicht sinnvoll sind, um die Punktzahl zu steigern. Schon in der Vorbereitung ist es also für uns wichtig, die Kampfrichter um ihre Empfehlungen zu bitten. Welche Aspekte einer Übung fließen in die Bewertung beim Wettkampf ein? Die Gesamtnote einer Übung setzt sich aus der Schwierigkeit – „Difficulty“ – und der Ausführung – „Execution“ – mit jeweils maximal 10 Punkten zusammen. ... welche „Schwierigkeiten“ sind das? Die D-Note (D = Difficulty) beinhaltet die technische Schwierigkeit, dazu gehören: – Körpertechniken (Sprünge, Stände, Pirouetten) Wonach richtet sich die Wahl der Geräte für eine Gruppe? Alle zwei Jahre wechseln die Geräte, die vom internationalen Verband, der Fédération Internationale de Gymnastique (FIG), vorgegeben werden. Jede RSG-Gruppe muss zwei Übungen turnen. Die erste besteht aus einem einheitlichen Gerät, beispielweise fünf Paar Keulen. Die zweite Übung verlangt eine Kombination von Geräten, also z.B. drei Bälle und zwei Bänder. C..Tom Bloch In der RSG bewerten Kampfrichter die Leistungen der Athletinnen. Haben Sie Kontakt zu den Richtern? Mit den internationalen Kampfrichtern gibt es einen guten Kontakt. Für unsere Arbeit sind ihre Einschätzungen wichtig und wir beziehen sie in unsere Arbeit ein. Schließlich entscheidet in LEISTUNGSSPORT 3/2014 61 TRAINERFORUM – Tanzschritt-Folgen – Risiko (hohe Würfe mit dynamischen Elementen mit Rotation darunter) und – Mastery (außerordentliches Können mit Gerät). All diese Inhalte werden auf das Formblatt aufgeschrieben und dem Kampfgericht übergeben. Die Kampfrichter für die D-Note bewerten, was tatsächlich davon geturnt wurde, und geben daraufhin die Note für die Schwierigkeit. Und wie kommt die Note für die Ausführung (Execution) zustande? Die „Execution“ beinhaltet künstlerische (artistische) Fehler und technische Fehler, die von maximal 10 Punkten abgezogen werden. Künstlerisch wird die Einheit der Komposition, Bewegung zur Musik, der Körperausdruck und die Raumausnutzung (Vielfalt) bewertet und die jeweiligen Fehler abgezogen... ... wie wir gehört haben, streben Gymnasten nach Perfektion und jedwede Fehler werden bestraft. Welche technischen Fehler bestrafen Kampfrichter? Technisch bringen folgende Fehler einen Abzug in der Note: – Musik – z.B. wenn die Harmonie zwischen Musik und Bewegung am Ende der Übung durch einen Geräteverlust fehlt bzw. verloren geht. – allgemeine Fehler – z.B. Gleichgewichtsverlust, unkorrekte Haltung eines Körperteils, Ausführungsfehler bei den Körpertechniken (Sprünge, Stände, Drehungen). Dazu zählen z.B. schwerfällige Landung bei den Sprüngen, Absetzen der Ferse oder Verlust der Körperachse bei den Ständen und Pirouetten, unerlaubte Preakrobatische Elemente oder Geräteverluste. Abzüge in der Grundtechnik gibt es für die Handhabung der Handgeräte, z.B. Knoten im Seil oder Band, stolpern über ein Handgerät, unkorrektes Rollen (mit Prellen) des Balls, Stützen des Balls mit dem Unterarm oder eine unklare Bandzeichnung, Bandende liegt ungewollt am Boden. TAB. 1 D.h., jegliche Fehler werden von einer IdealNote von maximal 20 Punkten abgezogen. senen Trainern, die vom Rand her kommentieren, schon mal lauter werden ... Gibt es für den Wettkampf Vorgaben bei der Zusammenstellung einer Choreografie? Je nach Altersklasse, Einzel- oder Gruppen-Disziplin muss man eine bestimmte Anzahl an Elementen zeigen. Die Anzahl der Elemente ist nach oben hin beschränkt, nach unten hin frei wählbar. D.h., wenn maximal neun Elemente erlaubt sind, kann man auch acht, sieben oder weniger turnen. Das macht natürlich keiner, denn alle wollen im Wettkampf die volle Anzahl an Elementen ausschöpfen. ... ist das nicht verwirrend für die Athletinnen? Nein, die Gymnastinnen wissen, wer gemeint ist, und da reagiert jeder auf jeden. Im Training äußern wir unsere Kritik der Reihe nach. Die meisten Korrekturen gehen zielgerichtet an diejenige, die einen Fehler gemacht hat. Wenn mehrere Sachen nicht klappen, gelten die Korrekturen für die ganze Mannschaft. Diesen Umgang und die Korrekturen sind die Gymnastinnen von klein auf gewohnt und sie brauchen diese Art von Feedback. Kann man diese Elemente frei wählen oder ist das auch reguliert? Die Auswahl der Elemente ist je nach Altersgruppe und Einzel bzw. Gruppe wiederum unterschiedlich. Jedoch muss die Anzahl der Elemente der technischen Gruppen – Stände, Drehungen und Sprünge – ausgewogen sein. D.h., als Trainer entscheiden wir je nach Stärken der Gymnastinnen, ob sie maximal vier oder mindestens drei (oder zwei) Elemente einer technischen Gruppe turnen sollen. Aufgrund dieser Vorgaben sind wir heute freier in der Auswahl der Körpertechniken und können mehr Wert auf das Künstlerische legen. Hat die RSG-Gruppe eine Führungsperson? Für die Gruppe wählen wir die erfahrenste Gymnastin als Kapitänin. Sie ist quasi die rechte Hand des Trainers und gibt innerhalb der Gruppe Anweisungen, die sofort befolgt werden (müssen). Zusätzlich zu unseren Anweisungen von außen hält die Kapitänin die Fäden innerhalb der Gruppe in der Hand und leitet sie. Wie schaffen Sie es als Trainer, die Gruppe im Training zu korrigieren und Instruktionen zu geben? Je nachdem, was auf der Fläche passiert, gibt es unterschiedliche Korrekturen. Manchmal wird ein Athlet exklusiv korrigiert, z.B. wenn unser Ballett-Meister, Herr Komkow, einer Athletin zuruft: „Jetzt Schulterblatt halten“. So eine Anmerkung gilt dann explizit für eine Athletin, die diese Instruktion schon kennt. Ansonsten geben wir präzise Korrekturen auf Fehler, die die Athletinnen machen. Sowie wir einen Fehler erblicken, wird er während des Trainings angemahnt. Da kann es bei fünf Gymnastinnen auf der Fläche und drei detailverses- Wettkampfsaison Nationalmannschaft Gruppe 2014 Datum Ort Nation 26.02.14 06.03.14 22.03.14 11.04.14 30.05.14 09.06.14 28.06.14 09.08.14 05.09.14 22.09.14 16.10.14 Moskau Thiasis Stuttgart Pesaro Minsk Baku Berlin Sofia Kazan Izmir Berlin RUS FRA GER ITA BLR AZE GER BUL RUS TUR GER Quelle: www.gymmedia.de/gymmedia-kalender/2014/RG 62 LEISTUNGSSPORT 3/2014 Event Grand Prix Grand Prix Weltcup Weltcup Weltcup Europameisterschaften Deutsche Gruppen-Meisterschaften Weltcup Weltcup Weltmeisterschaften Grand Prix „Berlin Masters“ Kommen wir noch auf die Jahresplanung in der RSG zu sprechen. Wann steigen Sie in das Training ein und welches sind die Höhepunkte in der Saison? Im Herbst erstellen wir neue Choreografien, die wir über den Winter einstudieren. Bis zum Start der Wettkampfsaison Ende Februar (s. Tab. 1) müssen alle Übungen sitzen, denn während der Saison haben wir weniger Zeit für ausgiebiges Techniktraining. In der RSG haben wir mit der EM und der WM zwei Höhepunkte pro Jahr. Nach der EM folgt eine Woche Urlaub, danach fahren wir die Intensität für den Rest der Saison wieder hoch. 2015 kommt die WM in die Porsche-Arena nach Stuttgart. In der Vorbereitung findet gerade der Weltcup in Stuttgart statt. Was erhoffen Sie sich davon? Wir möchten uns beim Heim-Weltcup und nächstes Jahr bei der WM bestmöglich präsentieren. Ich persönlich hoffe, dass unser hartes Training belohnt wird und wir an die internationale Spitze anschließen können. Den Mädchen wünsche ich, dass sie die Atmosphäre und den Auftritt in der Halle genießen können. Wie gesagt, Gymnastinnen präsentieren ihre Übung gerne auf großer Bühne und das möchten wir auch im Sinne unserer Sportart tun. Vielen Dank für die Einblicke in Ihre Sportart beim Weltcup in Stuttgart. Für Ihren weiteren Weg und die Heim-Weltmeisterschaften in Stuttgart 2015 wünschen wir Ihnen viel Erfolg! * Die Autorin Eva PFAFF ist Diplom-Psychologin und DTB-A-Trainerin. Von 1980 bis 1993 spielte sie als Tennisprofi auf der WTA-Tour. Anschrift: Eva Pfaff, Friedrich-Ebert-Str. 8, 61462 Königstein E-Mail: [email protected]; www.eva-pfaff.de