Rechtspflegedelikte Falsche Verdächtigung, 164 I - law

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Rechtspflegedelikte Falsche Verdächtigung, 164 I - law
21.10.2006
Rechtspflegedelikte
Aussagedelikte
Falsche
Verdächtigung
Strafvereitlung
Vortäuschen einer
Straftat
153 ff.
164
258
145d
Falsche Verdächtigung, 164 I


I = Straftaten; II = Owis
 Geschützte RGs
Rechtspflege
Verdächtigter, wg. 165
o
o

kein verhaltensgebundenes Delikt!
 Richtigstellung durch Täter = strafloser Versuch



vor Zugang d. Beschuldigung bei Behörde = (+)
vor Abschluss d. behördlichen Vernehmung = (+) gem. hM.
 nach Abschluss d. Vernehmung aber vor behördlichem Tätigwerden = (+) gem. 158 analog
1) Adressat
2) THdlg.
3) Tobj.

Konstellationen
o
o
o

Anzeige gg. Unbekannt (-)  145d
Eigene Verdächtigung (-)  145d
Verdächtigung e. Toten (-)  189
 Selbstbegünstigungsmotivation d. Täters  teleolog. Reduktion?
 Einzelfallbetrachtung:

- Teleolog. Red. (+), bei Schweigen/ Leugnen/ ausdrückl. Bezichtigen, wenn ein Dritter als Täter nicht in Frage
kommt (nur Alternative Verdächtigter oder Täter)
- aber: 164 (+), bei Verfälschung d. Beweislage
145d II Nr. 1 subsidiär
4)  Unwahrheit d. Verdächtigung = maßgebl. ist Unrichtigkeit d. die Verdachtgrundlage bildenden Tatsachen
1. Fall
Verdächtiger ist an behaupteter
Tat NICHT beteiligt
2. Fall
3. Fall
Verdächtigter hat Tat begangen, Verdächtiger hat Tat begangen,
wird aber durch unrichtiges
aber es werden
Beweismaterial belastet
Erschwerungsgründe behauptet
 allg.M.: (+)
 (str.)
h.L.: (+), da aus
Rechtsstaatsprinzip folgt, dass
auch ein Straftäter Anspruch
darauf hat, nicht durch falsches
Beweismaterial belastet zu
werden
Rspr.: (-), da nach teleolog.
Auslegung keins d. geschützten
RGs verletzt ist:
- Rechtspflege nicht, da
Strafverfahren zu recht
durchgeführt wird
- Verdächtigter nicht, da durch
Tatbegehung nicht mehr
schutzwürdig
5) Vorsatz
a) Vorsatz
b) ddII bzgl. Unwahrheit
c) Absicht (= ddI + ddII)
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 allg.M.: (+)
21.10.2006
Vortäuschen einer Straftat, 145d
 Abgr. 145d zu straflosem "Aufbauschen" einer tatsächlich begangenen Tat
 145d II Nr. 1 = muss die rechtswidrige Tat objektiv begangen worden sein
 hM.: (-), da Teleologie (Schutz d. Strafverfolgungsorgane vor unnützer Inanspruchnahme) auch hier
einschlägig
 145d II Nr. 1 = auch durch Verschaffung eines falschen Alibis?
mM.: (+), da schon Abbringen d. Behörde von d. richtigen Spur Gefahr e. Mehraufwandes begründet
hM.: (-), sofern Verfolgungsorgane nicht unmittelbar auf eine falsche Fährte gebracht werden.
Strafvereitlung, 258 I

Alternativen
I (Verfolgungsvereitlung) = Straftat bis rechtskräftiges Urteil
II (Vollstreckungsvereitlung) = Urteil bis Verjährung d. Vollstreckung, 79 ff.
  Zahlung einer fremden Geldstrafe?
o
o



kein verhaltensgebundenes Delikt
Grenze zw. Versuch + Vollendung = 10 Tage
 Mittelbare Täterschaft
 mbT durch Täter (-), da kein "anderer" iSd. 258
 aber: auch kein 26 als "wesensgleiches Minus", da täterschaftl. Begehung in der Form straflos sein soll gegeben
1) Straftat e. Anderen = alle Strafbarkeitsvoraussetzungen + Verfahrensvoraussetzungen
[ungeschr.TBM;  staatl. Strafverfolgungsanspruch muss bestehen]
2) Vereitlungshdlg. = jedes Verhalten, durch das die Bestrafung ganz oder teilweise endgültig unmöglich
gemacht oder für geraume Zeit verzögert wird; ausreichende Zeitspanne = 8 – 16 Tage
3) Vereitlungserfolg

 258, 13 durch Polizei, StA
 Garantenstellung durch "private" Kenntnisnahme einer Straftat durch Strafverfolgungsbeamte?
 Strafverteidiger = Teleolog. Reduktion
1) Allein d. Umstand d. Verteidigung schließt 258 nicht aus, d.h. kein Freispruch "um jeden Preis"; vgl. 138a I
Nr. 3 StPO
2) aber: 258 (-) jedenfalls bei ordnungsgem./ pflichtgem. Verteidigerhandelns entsprechend den Befugnissen
nach StPO
[A] Einheit d. Rechtsordnung; 258 steht in einer Art Akzessorietätsverhältnis zur StPO
3) Prozessuale Befugnisse
 Strafverteidiger: Versuch d. 258 bei Ladung eines zweifelhaften Zeugen
hM.: Versuchsbeginn erst mit Beginn d. Aussage d. Zeugen
[A] zw. Ladung + Aussage steht noch d. autonome Entscheidung d. Zeugen = Verteidiger hat noch nicht alles
getan
4) Vorsatz
5) Vereitlungsabsicht = Wissenselement d. Absicht reicht aus (BGH)
 Pers. Strafaufhebungsgrund d. 258 IV (auch zugunsten d. Anstifters gem. 11 I)
113, Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte




 Teleologie = Unwiderlegbare Vermutung einer Affekthandlung d. Täters (Privilegierender Zweck)
Gefährdungsdelikt
immer vor 240 prüfen!
Regelbeispiele in 113 II
I. Tatbestand
1) Amtsträger (11 I Nr. 2) der zur Vollstreckung berufen ist, vgl. 114
 insbes. Polizei + Gerichtsvollzieher (= immer anprüfen!)
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2) Tatsituation

bei Irrtum: 16 II beachten
a) Diensthandlung = konkrete zielgerichtete Vollstreckungshandlung iSe. Einzelmaßnahme (zB. auch
allg. Verkehrskontrolle); enge Auslegung!
b) "bei"


Beginn = mit objektiver Erkennbarkeit d. Vollstreckungshandlung
Ende = mit tatsächlichem Abschluss d. Vollstreckungshandlung [zB. bei Pfändung mit Verlassen d.
räuml. Machtbereichs]
3) Thdlg. = Gewalt (enge Auslegung!) oder Drohung mit Gewalt
 Dohung/ Gewalt unterhalb d. erforderlichem Intensitätsgrad


d.h. 113 (-)
240 auch (-), da sonst Privilegierung d. 113 unterlaufen würde
4) Vorsatz
II. Objektive Bedingung d. Strafbarkeit
 113 III:  Rechtmäßigkeit d. Diensthandlung
mM.: verwaltungsrechtl. Rechtmäßigkeitsbegriff (EGL, Form. R., Mat. R.)
hM.: spezieller strafrechtlicher Rechtmäßigkeitsbegriff
1) Zuständigkeit d. Amtsträgers
2) Wesentl. Förmlichkeiten
3) Keine Ermessensfehler
[A] nach d. mM. wären Vollstreckungsbeamte zu häufig d. vollen Notwehrrecht ausgesetzt
 Irrtum d. Amtsträgers über RM d. Diensthandlung


über tatsächliche Voraussetzungen = RM (+)
über rechtliche Voraussetzungen = (str.)
 Irrtum d. Täters über RM d. Diensthandlung
 irrtümliche Annahme d. RM


113 (-) gem. 113 III 2
240 (-) wg. 113 III 2 gesperrt
 irrtümliche Annahme d. RW = spezielle Verbotsirrtumsregelung gem. 113 IV
Vereiteln d. Zwangsvollstreckung, 288
  Teleologie = Schutz d. materiell-rechtl. Vermögensposition von Gläubigern
 Täter = Vollstreckungsschuldner
 hM.: strafbegründendes täterbezogenes Merkmal iSd. 28 I
1) Drohende ZV = aus Verhalten d. Gläubigers muss ersichtlich sein, dass er die ZV ernstlich betreiben will,
zB. dringende Mahnung, Klageerhebung
2) Durchsetzbarer materiell-rechtl. Anspruch [ungeschr. TBM; wg. Schutzzweck]
3) Bestandteile d. Schuldnervermögens = alle d. Vollstreckung unterliegenden Gegenstände
4) Tathandlung
5) Vorsatz
6) Befriedigungsvereitlungsabsicht (dd I + II)
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Aussagedelikte


für Täterkreis d. 153 I  154 I = Quali
beachten:
- Aussagenotstand = 157 I
- Eidesunmündigkeit = 157 II
 157 NICHT auf Anstifter anwendbar, da keine Zwangslage iSd. Vorschrift anzunehmen; aber 158 anwendbar!
153 I
154 I
(genauso: 156)
1) Zuständige Stellen = zB. Patentamt, parl. UA;
NICHT StA oder Polizei, 161a I 3 StPO
2) Falsche Aussage
1) Zuständige Stellen
2) Falsche Aussage
a)  Inhaltl. Unrichtigkeit
a)  Inhaltl. Unrichtigkeit
b)  Potentielle Urteilsrelevanz
b)  Potentielle Urteilsrelevanz
3) Eidesleistung
3) Täterkreis = Zeugen + Sachverständige
4) Täterkreis = Zeugen + SV + Partei im Zivilprozess
4) Vorsatz
gem. 425 ZPO
4) Vorsatz
 SZM = 158 I
1) Berichtigung
2) Rechtzeitigkeit = abstellen auf d. jeweils instanzbeendende Urteil
 Inhaltl. Unrichtigkeit
(relevant bei Falschaussage auch über äußere Tatsachen oder Werturteile beim SV)
mM. (subjektive T.): Falschheit, wenn die Aussage nicht mit dem subj. Vorstellungsbild/ Wissen übereinstimmt.
[A] Systematik zu 64c StPO, 392 ZPO = "nach bestem Wissen"
mM. (Pflichtt.): Falschheit, wenn Aussagender seiner Pflicht zur Wahrheitsfindung beizutragen nicht gerecht wird
(ie. er seine Verständnis- und Erinnerungskräfte nicht voll nutzt).
hM. (Objektive T.): Falschheit, wenn Aussage nicht mit d. objektiven Wirklichkeit übereinstimmt.
[A] Schutzzweck: Rechtspflegeschutz
[A] Systematik zu 160 = Vortäter soll gerade obj. falsch Aussagen + subj. gutgläubig sein
 Potentielle Urteilsrelevanz = Umfang d. Wahrhheitspflicht erstreckt sich nur auf Aussagen, die nach d.
Regeln d. jeweiligen Prozesses den Gegenstand d. Vernehmung bilden sollen, d.h. konkrete Tat/
Prozessgegenstand iSd. 264 StPO
 Tatbegriffe:
materielles Recht
 enge Auslegung
= einzelne Handlungen
Relevanz: Konkurrenzen
prozessuales Recht
 weite Auslegung
(D) Gesamter geschichtlicher Lebenssachverhalt der
bei natürlicher Betrachtungsweise zusammen gehört.
Kriterien: enger zeitlicher + räumlicher + sachlicher
Zusammenhang
Relevanz: Anwendungsbereich, 153 ff. StPO
160


 Teleologie = Strafbarkeitslücken schließen, die sich aus Fehlen d. mbT. ergeben
Prüfung:
 anprüfen: 154, 26 [Täter ging von Vorsatzlosigkeit d. VM aus]
  Anstiftervorsatz als "wesensgleiches Minus" enthalten
hM.: grds. (+), aber (-), wenn gerade entgegen gesetzlicher Wertung; hier wird mbT. iFd. 160 gerade
milder bestraft als Anstiftung
1) Tat eines anderen
a) Obj. TB gem. 153, 154, 156
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b)  Subj. TB = Gutgläubigkeit d. Täters als TBM erforderlich?
hL.: (+), aber sonst 160, 22, 23 I gegeben.
[A] 160 hat Ersatzfunktion für mbT.
Rspr.: (-), sondern nur subj. ungeschr. TBM
[A] Wortlaut
[A] Teleologie = Schließung von Strafbarkeitslücken
[A] Erfolgsunrecht gegeben = Vollendungsstrafbarkeit sachgerecht
2) Verleitung =  bloße Verursachung ausreichend?
3) Vorsatz = muss sich auch auf Gutgläubigkeit d. zu Verleitenden beziehen (hM., Inkongruenz von subj. + obj.
TB)
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Beleidigungsdelikte


 Abstrakte Gefährdungsdelikte = "Eignung zur Herabwürdigung" reicht
Zwingende Prüfungsreihenfolge: 187  186  185
187 (Verleumdung)  bei beweisbar unwahrer Tatsache
1) Tobj.
2) Tatsache
3) Unwahr
4) Ehrenrührig

Verkehrskreis d. Adressaten berücksichtigen
5) Tathandlung


Adressat muss Dritter sein
verbale oder schriftl. Äußerung [Kundgabecharakter]
 Tathandlung: Teleolog. Red. für "Beleidigungsfreie Sphäre"
 Voraussetzungen:
1) Äußerung im Kreis d. engsten Vertrauten
2) Vertraulichkeit gewährleistet
3) Täter nicht bösgläubig
[wohl bei 187 immer (-)]
6) Vorsatz
7) d.d. II bzgl. Unwahrheit
[= "wider besseres Wissen"]
186 (Üble Nachrede)  bei Nichterweislichtkeit e. Tatsache
I. Tatbestand
1) Tobj.
2) Tatsache
3) Ehrenrührig
4) Tathandlung
5) d.ev.
II. Obj. Bedingung d. Strafbarkeit
 Nichterweislichkeit d. Wahrheit d. Tatsache


Beweisbarkeit = Strafausschließungsgrund
Nichtbeweisbarkeit geht zu Lasten d. Täters (= Ausnahme von in dubio pro reo!)
185 (Beleidigung)  Werturteile + Tatsachen

 Schutzgut: Ehre, normativ-faktischer Begriff (= innere + äußere Ehre, hM.)
1) Tobj. = alle lebenden Menschen (beleidigungsfähig)
 Beleidigungsfähigkeit Toter
 hM.: (-), da Sondervorschrift d. 189
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 Beleidigungsfähigkeit von Personengesellschaften [d. Kollektivs]?
 hM. (Kollektivlehre): (+), wenn die Personengesellschaft eine rechtl. anerkannte gesellschaftl.
Funktion erfüllt + einen einheitl. rechtl. Willen bilden kann.
(+) bei
o
o
GmbH
Gewerkschaften
(-) bei
o
o
o
o
Hobbyvereine
Polizei als solche (anders: Polizeigewerkschaft)
Anwälte
Familie (hM.)
 Beleidigung e. Einzelnen unter einer Kollektivbezeichnung
 (+), wenn sich die Beleidigung nach d. obj. Sinn nicht nur auf das Kollektiv sondern auf die
Mitglieder als Einzelpersonen selbst bezieht. 3 Fallgruppen:

Äußerung bezieht sich auf alle Angehörigen d. Personengruppe

Äußerung meint zwar nicht alle, aber einen Teil d. Personengruppe

 jedes Mitglied beleidigt, wenn Gruppe abgrenzbar
 jedes Mitglied beleidigt, wenn Gruppe kleiner abgrenzbarer Kreis
nur Einzelpersonen erkennbar gemeint
 nur diese beleidigt
2) Werturteil oder Tatsachenäußerung
3) Ehrenrührig = Verkehrskreis d. Opfers beachten
4) Kundgabe = auch konkludent; ggü. Ehrträger
 Vollendung d. Ehrdelikts
 BGH: Kundgabe + Kenntnisnahme + geistiges Erfassen d. ehrenrührigen Inhalts
5) Unverdientheit d. Missachtung

Werturteil
o
o

Grds. (+)
Ausn. (-), wenn Werturteil abgesichts eines konkreten Fehlverhaltens geäußert wird und in
diesem Zusammenhang angemessen ist
Tatsachenäußerung
o
o
Grds. (-), wenn Tatsache wahr
Ausn. (+), wenn 192 als Erweiterung d. 185 [= Formalbeleidigung]
6) Vorsatz
193: Wahrnehmung berechtigter Interessen (= besonderer RF-Grund)
 Anwendbarkeit bei 187, 189
 hM.: grds. (-) da bewusste Lüge + Formalbeleidigung; lediglich (+) wenn Angeklagter zur Verteidigung 187
begeht.
1) Wahrnehmung d. in 193 genannten Interessen
2) Berechtigte Wahrnehmung = geeignet, erforderlich, angemessen
3) Absicht berechtigte Interessen Wahrzunehmen
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