Gesundheitswesen Schweiz 2013 Der Spitalmarkt im

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Gesundheitswesen Schweiz 2013 Der Spitalmarkt im
Global Research
Swiss Issues Branchen
August 2013
Gesundheitswesen Schweiz 2013
Der Spitalmarkt im Wandel
Credit Suisse Global Research
Impressum
Herausgeber
Giles Keating
Head of Research for Private Banking and Wealth Management
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Dr. Oliver Adler
Head Economic Research
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Redaktionsschluss
24. Juli 2013
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Copyright
Die Publikation darf mit Quellenangabe zitiert werden.
Copyright © 2013 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr
verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.
Autoren
Andreas Christen
Philipp Hänggi
Dr. Christian Kraft
Damian Künzi
Dr. Manuela Merki
Jan Ruffner
Mitwirkung
Viktor Holdener
Daniel Leicht
Swiss Issues Branchen
Credit Suisse Global Research
Inhalt
Management Summary
5
Branchenlandschaft Gesundheitswesen
7
Nachfrage nach Gesundheitsleistungen
Angebot an Gesundheitsleistungen
Regulierung und Politik im Gesundheitswesen
7
10
13
Schweizer Spitalmarkt
16
Neue Spitalfinanzierung und die Rolle der Kantone
Nachfrage nach Spitalleistungen
Angebot an Spitalleistungen
Spitalimmobilien
Fazit: Vom Spital zum Gesundheitszentrum
16
21
24
33
39
Swiss Issues Branchen
3
Credit Suisse Global Research
Geschätzte Leserinnen und Leser
Seit über 10 Jahren analysiert die Credit Suisse das Schweizer Gesundheitswesen periodisch in
Form von volkswirtschaftlichen Publikationen. Das hat einen guten Grund: Das Gesundheitswesen ist eine der grössten Branchen der Schweizer Volkwirtschaft und ein ausserordentlicher
Wachstumssektor mit zunehmender Bedeutung. Unsere letzte Publikation zum Thema bot eine
strukturelle und regionalökonomische Gesamtschau der Branche und liegt nun bereits drei Jahre zurück. Für ein Update ist es daher höchste Zeit, denn in den letzten drei Jahren wurden gesundheitspolitische Prozesse angestossen, die das Gesundheitswesen markant verändern werden. Reformen im Gesundheitswesen werfen hohe Wellen und lösen hochpolitische und emotionale Debatten aus.
Die 2012 eingeführte neue Spitalfinanzierung ist ohne Zweifel die weitreichendste und am
meisten diskutierteste regulatorische Änderung. Aus diesem Grund bietet die vorliegende Studie
neben einer volkswirtschaftlichen Gesamtschau über das Gesundheitswesen auch eine detaillierte Behandlung des Spitalmarktes. Wir zeigen unter anderem auf, wie dicht und komfortabel
das Netz der Grundversorgung ist und inwiefern sich dieses geographisch mit dem zukünftigen
Nachfragewachstum deckt. Spezielle Beachtung schenken wir zudem den Spitalimmobilien,
denn das neue Regulierungsregime bringt insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung grosser Investitionsprojekte einschneidende Änderungen mit sich.
Spitäler müssen die Finanzierungsgrundlagen für Investitionen neu selbst erwirtschaften. Dabei
sollte es auch öffentlichen Spitälern möglich sein, den Kredit- und Kapitalmarkt für die Investitionsfinanzierung zu nutzen. In diesem Zusammenhang hat die Credit Suisse in den letzten Jahren systematisch Know-how zur Spitalfinanzierung aufgebaut und kann den Schweizer Spitälern
als langfristiger Finanzierungspartner zur Verfügung stehen – auch wenn der Weg zum privaten
Fremdkapital aufgrund von anhaltenden regulatorischen Unsicherheiten noch steinig ist.
Ich wünsche Ihnen eine spannende und anregende Lektüre.
Urs P. Gauch
Leiter KMU-Geschäft Schweiz
Swiss Issues Branchen
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Credit Suisse Global Research
Management Summary
Nachfrage und Angebot im
Gesundheitswesen wachsen stetig
(Branchenlandschaft Gesundheitswesen, S. 7–15)
Die Nachfrage nach Gesundheit kennt praktisch keine Obergrenze, besonders nicht, wenn es
um Leben oder Tod geht. In unserer Gesellschaft herrscht Konsens, dass die wichtigsten Gesundheitsdienstleistungen allen zugänglich sein müssen. Ein Grossteil der Ausgaben wird daher
über die obligatorische Krankenkasse und den Staat von der Gemeinschaft getragen und nicht
unmittelbar vom Patienten als Leistungsbezüger bezahlt. Eine persönliche Budgetrestriktion
existiert daher kaum. Mit dem technologischen Fortschritt entstehen immer neue (teure) Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten. Ohne ein Regulierungsregime, welches auf einen effizienteren Einsatz von Ressourcen oder – bis zu einem gewissen Grad – einer Dämpfung der
Nachfrage abzielt, explodieren deshalb die Gesundheitsausgaben. Davon profitieren zwar die –
oftmals vor Konkurrenz geschützten – Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen, die in der
Summe einer der grössten Arbeitgeber der Schweiz ausmachen. Letztlich sind ungebremst
wachsende Ausgaben aber unverantwortlich und gefährden langfristig die gesellschaftliche Solidarität.
Neue Spitalfinanzierung
bewegt das Gesundheitswesen
(Neue Spitalfinanzierung und
die Rolle der Kantone,
S. 16–20)
Angesichts der historischen Entwicklung der Ausgaben im Gesundheitswesen ist klar, dass die
bisherige Gesundheitsgesetzgebung den Effizienzaspekt zu wenig berücksichtigte. Die nationale
Gesundheitspolitik hat das erkannt und mit der neuen Spitalfinanzierung, welche Anfang 2012
eingeführt wurde, einen vielversprechenden Schritt gemacht. Mit der Teilrevision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) soll die Transparenz bei Spitalleistungen und Kosten verbessert
und die unternehmerische Flexibilität der Spitäler gefördert werden. Zudem sollen im Gesundheitswesen systematisch ein Qualitätswettbewerb implementiert und die Kosten gedämpft werden. Ob der Wettbewerb wie vom Gesetzgeber erwünscht auch tatsächlich einsetzen wird, ist
noch offen. Momentan lässt sich beobachten, dass die Kantone die KVG-Revision nicht einheitlich umsetzen, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen dürfte. Das schafft nicht nur bei Spitälern und Gesundheitspolitikern, sondern auch bei Anbietern von privatwirtschaftlichen Finanzierungslösungen wie den Banken und anderen Akteuren des Kapitalmarkts (z.B. institutionelle
Anleger) erhebliche Unsicherheiten.
Konsolidierung als Folge
eines höheren Wettbewerbsdrucks erwünscht…
(Nachfrage nach und Angebot
an Spitalleistungen, S. 21–33)
Unter der Annahme, dass der Wettbewerb dereinst tatsächlich spielt, werden im stark distanzgebundenen Spitalmarkt Aspekte wie die künftige Entwicklung der regionalen Nachfragevolumina und der Versorgungsdichte eine wichtigere Rolle spielen als heute. Die laufende Verschiebung des Spitalangebots vom stationären in den ambulanten Bereich dürfte sich zwar fortsetzen, was die durchschnittliche Behandlungsdauer und damit die nötige Bettenkapazität weiter
reduzieren wird. Die Nachfrage nach dem eigentlichen von den Spitälern bereitgestellten Gut
«Gesundheit» wird aber aller Wahrscheinlichkeit nach weiter zunehmen. Das zu erwartende
Wachstum fällt in den einzelnen Regionen demografisch bedingt jedoch höchst unterschiedlich
aus. Künftig dürften die Nachfrage gemäss unserem Prognosemodell vor allem im äusseren
Agglomerationsgürtel von Zürich, in der Zentralschweiz und abgesehen von den Kernstädten
Genf und Lausanne auch in der Genferseeregion wachsen. Vor allem in Regionen mit einem
niedrigen Nachfragewachstum und einer hohen Versorgungsdichte dürften gerade kleinere Spitäler gezwungen sein, klug zu spezialisieren und mit anderen Institutionen – auch interkantonal –
zu kooperieren, um im Wettbewerb um Patienten bestehen zu können.
… und dank luxuriöser Spitalerreichbarkeit gut verkraftbar
(Regionale Versorgungssituation und Erreichbarkeit,
S. 26–28)
Diese Entwicklung führt zwangsläufig zu einem Konsolidierungsprozess, was aber nicht heisst,
dass Leistungen künftig nur noch hochzentralisiert in unübersichtlichen und anonymen «Riesenspitälern» erbracht werden. Sollte der Wettbewerb tatsächlich im gewünschten Mass einsetzen,
müssen sich einzelne Spitäler künftig besser überlegen, welche Leistungen sie anbieten sollten.
Das dürfte mancherorts zur Verlagerung von Spitalabteilungen in regionale Zentren führen und
wohl auch da und dort zur kompletten Schliessung eines Betriebs. Dies wird ebenso zwangsläufig politische Nebengeräusche verursachen. Die Bevölkerung hat hohe Ansprüche an die zeitliche Erreichbarkeit von Spitälern, und diese stellen regional z.T. wichtige Arbeitgeber dar. Objektiv betrachtet ist die heutige Versorgungssituation jedoch luxuriös: Trotz der schwierigen Topografie der Schweiz können gemäss unseren Berechnungen 98.4% der Bevölkerung mit dem
Auto ein Allgemeinspital innerhalb von 20 Minuten erreichen. Viele kleine Spitäler bieten eine
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Credit Suisse Global Research
breite Palette an Behandlungen an, was zur Folge hat, dass vielerorts bestimmte Behandlungen
nur selten durchgeführt werden. Es ist jedoch unbestritten, dass die Qualität einer spezifischen
Behandlung in einem Spital vielfach mit deren Fallzahl steigt. Aus diesem Grund ist der wohl unvermeidliche Konsolidierungsprozess nicht nur aus Effizienz-, sondern auch aus Versorgungsund Qualitätssicht wünschenswert.
Grosser Investitionsstau bei
Spitalimmobilien…
(Veraltete Baustruktur in neuer
Welt, S. 34–36)
Um in einem wettbewerblich geprägten Umfeld erfolgreich bestehen zu können, ist eine günstige Positionierung in einem wachsenden Markt vorteilhaft. Noch wichtiger sind dem Spitalbetrieb
dienliche und finanzierbare Immobilien. Sie sind unverzichtbar für den Spitalbetrieb wie auch als
Herberge für Patienten. Doch die zum Teil in die Jahre gekommenen Betreiberimmobilien stehen vor grossen finanziellen Herausforderungen. Denn während sich die Ausgaben für Spitalleistungen gegenüber 1995 fast verdoppelt haben, bewegten sich die Investitionen in Um- und
Neubauten von Allgemeinspitälern 2011 nur 8% über dem Niveau von 1995.
… führt zu Projektierungsboom mit stellenweise fraglicher Finanzierbarkeit
(Spitalimmobilien, S. 36–39)
Die Versäumnisse in der Vergangenheit müssen nun nachgeholt werden. Schweizweit sind zurzeit gemäss unseren Berechnungen Bauprojekte im Umfang von knapp 9 Mrd. CHF absehbar.
Damit stehen für die kommenden 5 bis 15 Jahre Investitionsabsichten im Raum, die dem Bauvolumen der letzten 17 Jahre entsprechen. Das geplante Volumen dürfte erst die Spitze des
Eisberges an Plänen sein, die noch in den Schubladen von Spitälern und Planern schlummern.
Diesen Investitionsbedarf zu finanzieren und gleichzeitig die Kosten zu reduzieren, wird eine der
grössten Herausforderungen der Zukunft sein. Der infrastrukturelle Rucksack der Spitäler ist in
den einzelnen Kantonen indes unterschiedlich gut gepackt. Entsprechend treten die Spitäler im
Hinblick auf die Finanzierbarkeit der Infrastruktur zum Teil mit erheblich unterschiedlich langen
Spiessen in den Wettbewerb. Sofern es die öffentlichen Finanzen zulassen, wird dies dazu führen, dass zunächst ein subventionierter Niveauausgleich stattfinden wird, bevor Kantone das
weitere Wirtschaften den Spitälern überlassen werden. Das bedeutet seinerseits, dass die volle
Kraft des Wettbewerbs erst langfristig richtig einsetzen wird und es bis dahin zwischen unterschiedlich privatwirtschaftlich orientierten Kantonen und zwischen öffentlichen und privaten Spitälern Verzerrungen geben wird, die das Risiko von Fehlinvestitionen bergen.
Neues Umfeld bietet auch
viele Chancen
(Fazit: Vom Spital zum Gesundheitszentrum, S. 39–40)
Doch die Herausforderungen, vor denen Spitäler und Kantone stehen, sind lösbar. Gute Ärzte
und Mitarbeiter, Spezialisierung, Kooperationen, ausgewogene Formen der privatwirtschaftlichen Finanzierung und die richtige geografische Positionierung sind die zukünftigen Erfolgsfaktoren. Konkurrierende Spitäler müssen sich, unterstützt von der kantonalen und idealerweise
interkantonal koordinierten Spitalplanung, miteinander abstimmen und ein komplementäres Angebot bereitstellen. Eine weitere Möglichkeit besteht im Ausbau von Grössenvorteilen an einem
Standort, während weitere Standorte als Satelliten zur Erstversorgung betrieben werden. In der
Summe muss dadurch nicht zwingend Personal oder Leistungsumfang reduziert werden, aber
die Kosten dürften sinken und die Qualität z.T. gar zunehmen. Im Spital der Zukunft ist neben
guten Ärzten und Pflegepersonal daher auch unternehmerisches Handeln gefragt.
Swiss Issues Branchen
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Credit Suisse Global Research
Branchenlandschaft Gesundheitswesen
Nachfrage nach Gesundheitsleistungen
Überblick und Entwicklung
Gesundheit als wichtigstes
Gut
Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. Kein Wunder ist die Gesundheit
den allermeisten Leuten sprichwörtlich das wichtigste Gut. Die Bevölkerung stellt hohe Ansprüche an das Gesundheitswesen und ist bereit, viel dafür auszugeben. Mit zusätzlichem Wohlstand
wächst daher die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen überproportional. Innovationen
aus verschiedensten Bereichen – etwa der Gentechnik, der Materialwirtschaft oder der Informations- und Kommunikationstechnologie – werden durch die Nachfrage des Gesundheitswesens
getrieben und treiben ihrerseits die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen.
Gesundheitswesen ist eine
Wachstumsbranche
Die Kosten des Gesundheitswesens belaufen sich auf 11%, die Wertschöpfung auf knapp 5%
des Bruttoinlandproduktes (2011). Es ist somit eine der grössten Branchen der Schweizer Wirtschaft. Während die Gesamtausgaben im Jahr 1995 noch 36 Mrd. CHF betrugen, stiegen sie
bis ins Jahr 2011 bereits auf 65 Mrd. CHF an, was einem durchschnittlichen nominalem
Wachstum von 3.8% pro Jahr entspricht (Abbildung 1). Das Wachstum dürfte sich in Zukunft
fortsetzen. Die eidgenössische Finanzverwaltung rechnet damit, dass der Ausgabenanteil des
Gesundheitswesens am BIP bis 2060 auf 16% zunehmen dürfte. Auch in mittlerer Frist wird
sich die Branche dynamisch entwickeln. So weist das Gesundheitswesen in der mittelfristigen
Chancen-Risiken-Bewertung der Credit Suisse unter allen Schweizer Branchen den zweithöchsten Wert aus – übertroffen nur von der ebenfalls gesundheitsnahen Pharmabranche.1
Abbildung 1
Abbildung 2
Ausgabenentwicklung Gesundheitswesen
Gesundheitsausgaben nach Leistungserbringern
In Mio. CHF; 2011: provisorische Zahlen
Anteil an Gesundheitsausgaben, 1995 (innerer Kreis), 2011 (äusserer Kreis)
70'000
Ambulante Behandlung
Stationäre Behandlung
Krankenhäuser
Übrige Ausgaben
7.2%
60'000
8.5%
50'000
7.9%
9.5%
36.0%
35.3%
17.5%
40'000
20'000
7.1%
7.3% 7.4%
10'000
6.0%
Sozialmedizinische
Institutionen
17.1%
17.5%
0
1995
1997
1999
2001
2003
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Gesundheitsausgaben fallen zu einem Drittel in Spitälern an
1
2
2005
2007
2009
Zahnärzte
Nichtärztliche ambulante
Versorger
15.7%
30'000
Ärzte
Apotheken, Drogerien
Staat, Versicherer,
Stiftungen etc.
2011
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Die Spitäler decken mit einem Anteil von 36.0% an den gesamten Gesundheitsausgaben den
grössten Teil der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen ab (Abbildung 2).2 Der zweitgrösste
Teil der Nachfrage fällt auf die ambulanten Versorger mit einem Anteil von 30.8%. In diese
Gruppe fallen zum Beispiel Ärzte mit einem Anteil von 17.5%, Zahnärzte (6.0%) und nichtärztliche ambulante Versorger wie Physiotherapeuten (7.3%). Die drittgrösste Kostenkomponente
sind sozialmedizinische Institute. Diese beinhalten Alters- und Pflegeheime sowie Institutionen
für Behinderte und für Suchtkranke (17.5%). Sozialmedizinische Institutionen wie Pflegeheime
Die Chancen-Risiken-Bewertung misst die strukturellen Stärken und Schwächen der einzelnen Wirtschaftszweige systematisch, um eine Aussage über ihr mittelfristiges
Wachstumspotenzial – unter Berücksichtigung der Risiken – treffen zu können. Quelle: Credit Suisse (2013): Branchenhandbuch 2013 – Strukturen und Perspektiven.
Wenn nachfolgend nicht anders definiert, beziehen sich Prozentanteile auf die absoluten Gesundheitsausgaben und nicht auf den Anteil der Ausgaben am BIP.
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Credit Suisse Global Research
gewannen in den letzten Dekaden aufgrund der demografischen Alterung sowie der abnehmenden Bereitschaft bzw. Möglichkeit, Pflegeleistungen innerhalb der Familie zu erbringen, immer
stärker an Bedeutung. Während deren Kosten 1995 noch einen Anteil von 15.7% der gesamten Gesundheitsausgaben ausmachten, waren es im Jahr 2011 bereits 17.5% (Abbildung 2).
Der Anteil der Ausgaben für Ärzte an den gesamten Gesundheitskosten nahm in dieser Zeitperiode ebenfalls leicht zu. Er stieg in erster Linie wegen der stärkeren Nachfrage nach den
Diensten der Spezialärzte von 17.1% auf 17.5%. Die Nachfrage nach zahnärztlichen Dienstleistungen entwickelte sich mit einem jährlichen Wachstum von 2.5% unterdurchschnittlich, der
Kostenanteil sank von 7.4% auf 6.0%. Die Entwicklung im Spitalbereich wird im Schwerpunktteil der Studie eingehend diskutiert.
Bestimmungsfaktoren der Nachfrage
Ein Grund für die kontinuierliche Ausweitung der Gesundheitsnachfrage ist das Bevölkerungswachstum. Die Schweiz verzeichnete zwischen 2000 und 2011 aufgrund der starken Zuwanderung eine Zunahme der Bevölkerung von durchschnittlich 0.9% pro Jahr, was die Nachfrage
nach Gesundheitsdienstleistungen steigen liess. Die Zuwanderung dürfte sich in naher Zukunft
höchstens geringfügig abschwächen. Wir gehen in unserem Prognosemodell davon aus, dass
die Schweizer Bevölkerung bis 2040 mit durchschnittlich 0.6% pro Jahr wachsen wird. Damit
ist absehbar, dass die Gesundheitsausgaben weiter ansteigen werden.
Bevölkerungswachstum
treibt Gesundheitsausgaben
Abbildung 3
Abbildung 4
Demografische Entwicklung bis 2040 und Gesundheitskosten nach Altersklassen
Anteil Versicherte und Anteil Kosten unterteilt nach
Hochkostenfällen (HKF)
Bevölkerung nach Altersklassen, in Tausend; Kosten in Tausend CHF pro
In Prozent
Einwohner (2010)
700
2000
2011
2040
Kosten in Tausend Franken pro Einwohner
100
(rechte Achse)
100%
600
80
500
Anteil Versicherte
Anteil Kosten
80%
70
60
400
60%
47%
50
300
40
40%
30
200
20
100
0
0-4
10-14 20-24 30-34 40-44 50-54 60-64 70-74 80-84 90-94
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Demografische Alterung
erhöht die Gesundheitskosten
26%
20%
20%
10
0
3
93%
90
4%
3%
0%
Keine HKF
HKF 0
HKF 1
8%
0%
HKF 2
Quelle: Engler (2011): Management von Hochkostenfällen, Credit Suisse
Ein zweiter Nachfragetreiber des Gesundheitssektors ist die demografische Alterung. Der Begriff bezeichnet die Erhöhung des Durchschnittalters einer Bevölkerung, wobei dazu sowohl eine
steigende Lebenserwartung als auch das Älterwerden der geburtenstarken Jahrgänge (Babyboomer) beitragen. Das Bundesamt für Statistik erwartet zwischen 2011 und 2040 einen Anstieg der Lebenserwartung von 82.5 auf 86.8 Jahre. Gleichzeitig wird sich die BabyboomerGeneration in den nächsten Jahren in den Ruhestand begeben. 2040 wird mehr als jeder vierte
Schweizer über 65 Jahre alt sein; 2010 waren es nur 17% (Abbildung 3). Das Ausmass des
Effekts einer alternden Bevölkerung auf die Gesundheitskosten ist unter Gesundheitsökonomen
allerdings ein umstrittenes Thema. Beobachten lässt sich, dass die Gesundheitskosten pro Kopf
mit zunehmendem Alter steigen (Abbildung 3). Das liegt einerseits an einer höheren Sterblichkeit (Mortalität) in den ältesten Bevölkerungskohorten, weil besonders in den letzten Lebensjahren vor dem Tod die Gesundheitskosten – altersunabhängig – dramatisch ansteigen.3 Auf diese
sogenannten Sterbekosten hat die demografische Alterung kaum kostentreibende Auswirkun-
Die Gesundheitsausgaben im letzten Lebensjahr (Sterbekosten) sind etwa zehnmal höher als die jährlichen Gesundheitsausgaben von Überlebenden. Mehr zum Thema
siehe Felder (2012): Gesundheitsausgaben und demografischer Wandel. In Bundesgesundheitsblatt 2012/5.
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Credit Suisse Global Research
gen. Anderseits nimmt mit dem Alter auch die Gebrechlichkeit (Morbidität) und Pflegebedürftigkeit der Überlebenden zu. Ob die Alterung der Gesellschaft über diesen Zusammenhang zu höheren Kosten führt, hängt massgeblich davon ab, ob die Bevölkerung die gewonnenen Lebensjahre in Gesundheit oder Krankheit verbringt.4 Über alle Altersklassen summiert dürfte die Alterung dennoch einen gewissen Anstieg der gesamten Gesundheitsausgaben verursachen, und
es ist unbestritten, dass eine alternde Gesellschaft vor allem im Bereich der Langzeitpflege zusätzliche Nachfrage mit entsprechenden Kostenfolgen auslöst.
Hochkostenfälle
Die Gesundheitskosten in der Schweiz sind stark konzentriert. Knapp 7% aller Versicherten
verursachen über 50% der Kosten. Die Hälfte der Versicherten generiert weniger als 900
CHF Gesundheitsausgaben pro Jahr und verursacht ungefähr 7% der Gesamtausgaben.
Verantwortlich für diese Konzentration sind sogenannte Hochkostenfälle (HKF). Hochkostenfälle werden definiert als Versicherte, welche Kosten zwischen 10'000 und 20'000
CHF (HKF0), zwischen 20'000 und 50'000 CHF (HKF1) und über 50'000 CHF (HKF2)
pro Jahr auslösen (Abbildung 4). Bei den meisten Hochkostenfällen handelt es sich um
ältere Personen. So stammt fast die Hälfte der HKF1-Fälle aus der Altersgruppe der 71bis 90-Jährigen. Bei den HKF2-Patienten generieren die 51- bis 80-Jährigen 70% der
Kosten. Bei jüngeren Personen ist der Anteil der Hochkostenfälle zwar um einiges geringer, dafür ist die Behandlung dieser Patienten im Durchschnitt teurer.
Technologischer Fortschritt
und angebotsinduzierte
Nachfrage
Stärker als die demografischen Faktoren trägt der technologische Fortschritt zum Ausgabenwachstum im Gesundheitsbereich bei. Zwar können bereits bestehende Heilungsmöglichkeiten
durch medizinisch-technische Entwicklungen günstiger bereitgestellt werden. Der technologische Fortschritt erschliesst aber beständig neue Behandlungs- und vor allem Diagnosemöglichkeiten, welche oft in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden und somit
automatisch zu einer höheren Nachfrage führen. In diesem Zusammenhang beobachtet man
auch das Phänomen der «angebotsinduzierten Nachfrage». Dabei schafft das Angebot, zum
Beispiel die Entwicklung eines bahnbrechenden Medikaments, auch gleich seine Nachfrage.
Diesem Automatismus liegt eine Informationsasymmetrie zugrunde. Die Anbieter von Gesundheitsleistungen sind zum Teil in der Lage, die Nachfrage nach ihren Leistungen zu beeinflussen,
weil sie im Normalfall einen Informationsvorsprung gegenüber den Patienten besitzen. Ein in
diesem Kontext oft diskutiertes Beispiel ist die Ärztedichte (mehr dazu im Kapitel «Regulierung
und Politik im Gesundheitswesen»).
Fehlende Budgetrestriktion
führt zu Mehrkonsum
Die Nachfrage wird durch die Ausgestaltung des Finanzierungssystems zusätzlich angetrieben.
Der Patient bezahlt durchschnittlich nur etwa einen Viertel der Kosten direkt. Der Rest wird
durch die obligatorische Krankenversicherung, andere Sozialversicherungen und Steuern finanziert. Die individuellen Kosten fallen in der Konsumentscheidung daher weniger ins Gewicht,
was Patienten eher veranlasst, auch sehr teure Behandlungen in Anspruch zu nehmen. Entsprechend ist empirisch festzustellen, dass die Gesundheitsausgaben stärker mit der gesamtwirtschaftlichen Einkommensentwicklung als dem individuellen Einkommen zusammenhängen.5
Nichtdemografische Faktoren hauptverantwortlich für
Kostenwachstum
Es stellt sich immer wieder die Frage, welcher der oben genannten Faktoren der wichtigste
Kostentreiber im Gesundheitswesen ist. So wird geschätzt, dass in der Schweiz zwischen 1992
und 1999 rund drei Viertel des Kostenanstiegs durch den technologischen Fortschritt, die Mengenausweitung und den erweiterten Leistungskatalog verursacht wurden.6 Das Bevölkerungswachstum und die demografische Alterung trugen dagegen nur geringfügig zum Kostenwachstum bei. Zerlegt man überschlagsmässig mit ähnlicher Methodik den Kostenanstieg zwischen
2000 und 2010, findet man ähnliche Resultate: Knapp 60% des Ausgabenwachstums ist (inflationsbereinigt) mit anderen als demografischen Faktoren zu erklären.
4
5
6
Mehr zur sogenannten Kompression der Morbidität siehe Kapitel «Spitalmarkt Schweiz – Nachfrage nach Spitalleistungen».
Colombier (2012): Ausgabenprojektionen für das Gesundheitswesen bis 2060.
Beck (2004): Risiko Krankenversicherung – Risikomanagement in einem regulierten Krankenversicherungsmarkt.
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Angebot an Gesundheitsleistungen
Überblick und Entwicklung
Gemessen an Arbeitskräften eine der grössten Branchen der Schweiz
Parallel zur Nachfrage wuchs das Angebot im Gesundheitswesen in den letzten Jahren nicht
minder stark (Abbildung 5). Die Branche ist einer der grössten Arbeitgeber der Schweiz und
verzeichnete von 2001 bis 2011, gemessen in Vollzeitäquivalenten, ein Wachstum von 28%
(2.5% p.a.). 74% der gut 300'000 Beschäftigten im Gesundheitswesen sind im stationären
Bereich beschäftigt. Dessen leicht unterdurchschnittliches Wachstum beruht auf einem Zuwachs von 37% (3.2% p.a.) im Bereich der Alters- und Pflegeheime und einer Zunahme von
knapp 23% bei den Krankenhäusern. In der gleichen Zeit nahm die Beschäftigung in Arztpraxen
von Allgemeinmedizinern schätzungsweise um knapp 2% ab, während die Beschäftigung in
Facharztpraxen um 59% (4.7% p.a.) zunahm. Die Zahnarztpraxen verzeichneten knapp einen
Fünftel mehr Beschäftigte.
Abbildung 5
Beschäftigung im Gesundheitswesen
Vollzeitäquivalente nach Subbranchen; 2011: Subbranchen im ambulanten Bereich geschätzt
400'000
350'000
300'000
Krankenhäuser
Arztpraxen für Allgemeinmedizin
Zahnarztpraxen
Physiotherapie
Übriges Gesundheitswesen
Alters- und Pflegeheime
Facharztpraxen
Psychotherapie und Psychologie
Spitex, Hebammen etc.
2001
2008
250'000
200'000
150'000
100'000
50'000
0
2005
2011
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Konzentrationsprozess in
den meisten Subbranchen
Die Entwicklung der Anzahl Betriebe im Gesundheitswesen war in den letzten Jahren rückläufig.
Im Kontext der massiv gewachsenen Beschäftigung lässt sich daraus eine Konzentration im
Gesundheitswesen ablesen. Diese Entwicklung war aber nicht in allen Teilbereichen gleichermassen stark. Der Konsolidierungseffekt kann vor allem im stationären Bereich, bei den Arztpraxen sowie der Spitex beobachtet werden. Eine Erklärung für diese Entwicklung findet sich
nicht zuletzt im zunehmenden politischen Druck zur Kostenreduktion. Leistungserbringer sehen
sich dadurch gezwungen, Synergien zu nutzen und Skaleneffekte zu realisieren. Im Folgenden
gehen wir spezifisch auf das Angebot der Ärzte und Zahnärzte sowie die Alters- und Pflegeheime ein. Auf die Spitäler ist im Schwerpunktteil der Studie ein besonderes Augenmerk gerichtet.
Ärzte
Hohe Ärztedichte, grosse
regionale Unterschiede
2012 waren knapp 17'000 Ärzte im ambulanten Sektor tätig. Die Zahl der Ärzte wuchs seit der
Jahrtausendwende um durchschnittlich 1.4% pro Jahr. Dieses Wachstum fiel zwar – kaum
überraschend – dynamischer aus als das Bevölkerungswachstum (0.9% p.a.), liegt aber deutlich unter dem Wachstum der gesamten Gesundheitsausgaben (3.8% p.a.) (Abbildung 6). Die
Ärztedichte lag 2011 bei 2 Ärzten pro 1'000 Einwohner, was im internationalen Vergleich einem
sehr hohen Wert entspricht. Der Wert verdeckt aber immense regionale Unterschiede bei der
Ärztedichte. Urbane und Westschweizer Kantone weisen tendenziell eine hohe Dichte auf. SpitSwiss Issues Branchen
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Credit Suisse Global Research
zenreiter ist Basel-Stadt mit 4 Ärzten pro 1'000 Einwohner. Damit kommen in Basel-Stadt auf
1'000 Einwohner viermal mehr Ärzte als in den Innerschweizer Kantonen sowie Appenzell Innerrhoden (Abbildung 7).
Abbildung 6
Abbildung 7
Entwicklung der Arztbranche im Vergleich
Ärztedichte nach Kanton, 2011
Index 2000 = 100; Strukturbruch im Jahr 2008
Ambulant tätige Ärzte pro 100'000 Einwohner
160
Bevölkerung
Ärzte im ambulanten Sektor
Gesundheitsausgaben
Umsatz pro Arzt
150
140
130
120
110
100
90
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quelle: FMH, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Basel-Stadt
Genf
Zürich
Waadt
Basel-Landschaft
Bern
Schweiz
Zug
Schaffhausen
Tessin
Neuenburg
Graubünden
St. Gallen
Solothurn
Appenzell A. Rh.
Aargau
Luzern
Wallis
Jura
Glarus
Thurgau
Freiburg
Schwyz
Nidwalden
Obwalden
Appenzell I. Rh.
Uri
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Verschiebung von der Allgemein- zur Spezialmedizin
In der Ärztebranche zeigt sich eine auffällige Verschiebung zwischen Allgemein- und Spezialmedizin. Die Zahl der Arztpraxen für Allgemeinmedizin ging von 1998 bis 2008 um 2.3% pro Jahr
zurück. Im gleichen Zeitraum wuchs die Zahl von Facharztpraxen um 2.0% pro Jahr. Die FMHÄrztestatistik deutet darauf hin, dass sich der Trend nach 2008 fortsetzte. 2008 gaben 35.1%
der ambulant tätigen Ärzte als Hauptfachgebiet Allgemeinmedizin, Innere Medizin oder Allgemeine Innere Medizin an. Dieser Anteil ging bis 2012 auf 34.7% leicht zurück. Faktoren wie die
hohen Präsenzzeiten, Notfalldienste, mangelnde Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten
beeinträchtigen die Attraktivität der Allgemeinmedizin. Zudem sind die Verdienstmöglichkeiten in
der Spezialmedizin oftmals höher.
Einzelpraxis vorherrschend,
Bedeutung nimmt aber ab
Die Praxislandschaft ist sehr kleinbetrieblich strukturiert. 60% der Ärzte im ambulanten Bereich
waren 2012 in einer Einzelpraxis tätig. Gruppenpraxen (gemeinsame Praxis), Praxisgemeinschaften (Zusammenschluss mehrerer Praxen) sowie Ärztenetzwerke ermöglichen die Nutzung
von Synergien und eine bessere Auslastung von Praxisräumlichkeiten, Infrastruktur und Personal. Sie finden daher zunehmend Verbreitung. Angesichts des steigenden Kostendrucks dürften
die Vernetzung der Gesundheitsdienstleister und die Übernahme von Kostenverantwortung
(HMO-Praxen) weiter zunehmen, auch wenn die Förderung von Managed-Care-Modellen 2012
an der Urne verworfen wurde (vgl. Kapitel «Regulierung und Politik im Gesundheitswesen»).
Der Altersdurchschnitt und
der Frauenanteil steigen
Branchenvertreter machen laufend auf einen drohenden Ärztemangel aufmerksam: Das Durchschnittsalter der Ärzteschaft stieg in den vergangenen Jahren stetig an und belief sich 2011 auf
53.4 Jahre. Der Frauenanteil nahm ebenfalls zu und betrug 2012 knapp 34%. Die Nachfrage
nach Teilzeitarbeit und flexiblen Arbeitszeitmodellen steigt dadurch an. Die rege Einwanderung
ausländischer Ärzte hat bisher eine flächendeckende Ärzteknappheit verhindert. Dies trotz dem
Zulassungsstopp, welcher bei Einführung der Personenfreizügigkeit mit dem Ziel der «Kostendämpfung» als flankierende Massnahme eingeführt wurde. Leidtragende dieser Wettbewerbsverzerrung zugunsten der etablierten Ärzte sind vor allem junge Mediziner, denen die Eröffnung
einer eigenen Praxis erschwert wird (vgl. Text-Box zum Ärztestopp, S. 15).
Zahnärzte
Unterdurchschnittliche Kostenentwicklung
In der Schweiz arbeiteten 2011 4'120 Zahnärzte in freier Praxis. Ihre Zahl nahm seit der Jahrtausendwende mit einem Wachstum von 1.6% pro Jahr stärker zu als die Zahl der übrigen ambulant tätigen Ärzte (1.4% pro Jahr). Die Kosten entwickelten sich mit einem jährlichen Wachstum von 2.8% allerdings unterdurchschnittlich (zum Vergleich Ärzte: 3.6% p.a.; GesundheitsSwiss Issues Branchen
11
Credit Suisse Global Research
kosten total: 3.8% p.a. seit 2000). Im Gegensatz zu den Ärzten ist die Zahnarztdichte in der
Schweiz im internationalen Vergleich gering. 2011 kamen in der Schweiz auf 10'000 Einwohner
lediglich 5 Zahnärzte, gegenüber beispielsweise 8 in Deutschland oder 6 in Frankreich (beide
2010). Ein wahrscheinlicher Grund dafür ist die Tatsache, dass Zahnärzte hierzulande – im Gegensatz zu den meisten anderen Industriestaaten – nur ein paar ausgewählte Leistungen über
die obligatorische Krankenpflegeversicherung abrechnen dürfen. Deshalb sind die Schweizer
Zahnärzte einem intensiven Wettbewerb ausgesetzt, der nicht wie bei den Ärzten nur über die
Qualität, sondern auch über den Preis (Taxpunktwert) der Leistungen läuft. Aufgrund der grösseren unternehmerischen Freiheit sind Faktoren wie die konsequente Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse oder der Auftritt am Markt (beispielsweise Werbung oder Gestaltung einer attraktiven Website) zentral.
Die zahnmedizinische Versorgung wird weitestgehend durch Zahnarztpraxen sichergestellt, in
denen auch Dentalhygieniker, Dental- und Prophylaxeassistenten, administrative Angestellte
und allenfalls Assistenzzahnärzte arbeiten. 95% der Praxen sind Mikrobetriebe mit weniger als
10 vollzeitäquivalenten Stellen (VZÄ). Die durchschnittliche Praxisgrösse stieg in der Vergangenheit leicht an (2008: 4.7 VZÄ; 1998: 4.0). Grössere Einheiten bieten Vorteile aufgrund der
hohen Investitionskosten, der gemeinsamen Nutzung von Infrastruktur und medizinischem Hilfspersonal und können zudem dem Wunsch der Kunden nach langen Öffnungszeiten, guter Erreichbarkeit und umfassendem Leistungsangebot besser entgegenkommen. Die vermehrte
Präsenz von Zahnarztzentren und die Zuwanderung ausländischer Ärzte verstärken die Konkurrenz. Seit Inkrafttreten der bilateralen Verträge sind Diplome aus EU- und EFTA-Ländern formell anerkannt. Die Zuwanderung füllt gewisse Angebotslücken, die sich aufgrund der alternden
Ärzteschaft sowie der wachsenden Frauen- und Teilzeitarbeitsquote öffnen.
Trends: Grössere Praxen,
mehr ausländische Zahnärzte
Alters- und Pflegeheime, ambulante Pflege
Die Schweiz verfügte 2011 über 92'500 stationäre Plätze in Alters- und Pflegeheimen, die sich
auf 1'585 Betriebe verteilten. Altersheime sind allerdings ein Auslaufmodell. Von den gut
81'000 Beschäftigten der Branche entfielen 2011 nur noch 740 auf Altersheime. Von 2006
bis 2011 reduzierte sich die Zahl der Betreuungsplätze in Altersheimen, während diejenige in
Pflegeheimen um 6% (1.2% p.a.) zunahm (Abbildung 8). Ein Grund für den Rückgang der Altersheimplätze ist der Boom bei der professionellen Betreuung zu Hause, beispielsweise durch
die Spitex.
Auslaufmodell Altersheim
Abbildung 8
Abbildung 9
Entwicklung der Alters- und Pflegeheime
Wachstum von Spitex und Alterskohorte 65+
Index7 2006 = 100
Veränderung zum Vorjahr in Prozent
VZÄ Altersheime
Betreuungsplätze Altersheime
120
VZÄ Pflegeheime
Betreuungsplätze Pflegeheime
110
5%
100
4%
90
3%
80
2%
70
1%
60
Wachstum VZÄ Spitex
Wachstum Bevölkerung 65+
0%
2006
2007
2008
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
7
6%
2009
2010
2011
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Die Statistik enthält 2006 einen Strukturbruch, was einen Vergleich mit früheren Jahren verunmöglicht. Deshalb sind nur die Werte ab 2006 berücksichtigt. Die starken
Schwankungen bei den Altersheimen in den Jahren 2009–2011 sind teilweise auf Erhebungsunterschiede zurückzuführen.
Swiss Issues Branchen
12
Credit Suisse Global Research
Spitex als Effizienztreiber
Der Verbleib in den eigenen vier Wänden ist der Alterskohorte 65+ ein grosses Bedürfnis. Bedient wird dieses Bedürfnis vom Spitexbereich, der 2011 16'500 vollzeitäquivalente Stellen
umfasste und in der Zeit von 2000 bis 2011 ein Wachstum von 4.8% p.a. verzeichnete. Im selben Zeitraum wuchs die Alterskohorte der über 65-Jährigen mit 1.9% (Abbildung 9). Der Trend
zur professionellen Betreuung zu Hause führt dazu, dass die Menschen zum Zeitpunkt einer allfällig nötigen stationären Betreuung älter sind als früher und zugleich auch pflegebedürftiger,
weshalb sie gleich in ein Pflege- und nicht erst in ein Altersheim eintreten. Man kann diese
Entwicklung daher auch als Optimierung der «Prozesskette» verstehen: Solange es irgendwie
noch geht, bleibt man zu Hause und wechselt erst ab einer bestimmten Betreuungsintensität in
ein Heim. Eine sinnvolle Entwicklung, wie eine Studie im Auftrag des Spitexverbandes zeigt.8
Diese besagt, dass ein Heim ab einem Pflegebedarf von 60 bis 120 Minuten pro Tag kostengünstiger (effizienter) ist als eine ambulante Betreuung. Nicht zuletzt aus Kostengründen wird
der möglichst lange Verbleib zuhause auch vom Staat mittels Spitexförderung und Kostenübernahmebestimmungen unterstützt.
Gestiegene Ansprüche erhöhen die Kosten
Die höhere Pflegebedürftigkeit bei Heimeintritt zieht wachsende Ansprüche an Infrastruktur und
Betrieb nach sich. Diesen Folge zu leisten, ist mit höheren Kosten verbunden. Rund 57% der
Pflege- und Altersheime sind öffentliche Institutionen oder werden direkt vom Staat subventioniert. Die restlichen 43% sind privat finanziert und erhalten keine Subventionen. Sie positionieren sich stärker im Premiumsegment. Staatliche Institutionen sind wegen des zunehmenden
Spardrucks gezwungen, Kosten zu senken, und können deshalb in diesem Segment nur beschränkt mit den Privaten konkurrieren.
Regulierung und Politik im Gesundheitswesen
Starke Abhängigkeit von
regulatorischen Entscheiden
Die Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen sind stark reguliert. Regulatorische Vorgaben
schränken in vielen Bereichen den Marktzugang ein – nicht zuletzt im Interesse der Patienten –
und schützen so einerseits bestehende Anbieter vor Wettbewerb. Anderseits determinieren sie
auch die Grenzen des unternehmerischen Spielraums. Die Preise im Gesundheitswesen sind
weitgehend staatlich administriert. Der Wettbewerb richtet sich dadurch stärker auf Qualitätsmerkmale und infolge mangelnder Mess- und Vergleichbarkeit vor allem auf Ausstattungs- und
Mengenaspekte (z.B. welches Spital welche Behandlungen anbietet).
Komplexe Kompetenzaufteilung
Immer wieder ist zu hören, dass das Gesundheitswesen Sache der Kantone sei. Jedoch haben
auch Bund und Gemeinden wichtige Kompetenzen und Aufgaben, was sich selbst in der Kostenaufteilung widerspiegelt (Abbildung 10). Die Arbeitsteilung zwischen den drei staatspolitischen Ebenen ist äusserst komplex und für Aussenstehende kaum zu durchschauen.9 In den
letzten Jahren wurden gewisse Reformen angestossen, welche unter anderem die Herstellung
klarer Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zum Ziel haben. Oftmals geschieht dies über
Reformen des Krankenversicherungsgesetzes (KVG), welches das wichtigste Gesetz im
Schweizer Gesundheitswesen darstellt. Obwohl dem Namen nach nur ein Versicherungsgesetz,
regelt es faktisch weite Teile des Gesundheitswesens. Um die Entwicklungen im Schweizer Gesundheitsmarkt besser zu verstehen, ist es deshalb hilfreich, sich einen Überblick über die wichtigsten Revisionen dieses inoffiziellen Schweizer Gesundheitsgesetzes der letzten Jahre zu verschaffen. Diese zielten meist darauf ab, Schwächen des Systems zu beheben. Dazu gehören
unter anderem eine mangelnde Transparenz im Hinblick auf Qualität und Kosten, fehlende statistische Grundlagen, durch Fehlanreize verursachte Ineffizienzen, mangelnde Koordination zwischen Kompetenzträgern und vereinzelt auch eine mangelhafte Qualität.
Das KVG befindet sich in
ständigem Wandel
In diesem Kontext wurden bisher drei Teilrevisionen des 1996 in Kraft gesetzten KVG lanciert.
Die erste Teilrevision brachte im Jahr 2001 vorwiegend technische Revisionen. Der Fokus der
zweiten Teilrevision lag auf mengenwirksamen Korrekturen, die kostendämpfend wirken sollten.
Kernstücke waren unter anderem die Neuregelung der Spitalfinanzierung sowie die Aufhebung
des Kontrahierungszwangs (Verpflichtung der Krankenkassen mit allen Leistungserbringern Ver-
8
9
Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) im Auftrag des Spitexverbands (2006): Grenzen von Spitex aus ökonomischer Perspektive.
Ein guter Überblick findet sich bei Kocher (2010): Kompetenz- und Aufgabenteilung Bund – Kantone – Gemeinden, in Gesundheitswesen Schweiz 2010– 2012.
Swiss Issues Branchen
13
Credit Suisse Global Research
träge abzuschliessen). Aufgrund verschiedener Differenzen zwischen National- und Ständerat
scheiterte diese Revision jedoch. Daher versuchte man, die weniger umstrittenen Revisionspunkte in verschiedene Pakete zusammenzufassen. Eines dieser Revisionspakete beinhaltete
die Spitalfinanzierung (siehe detailliert: Unterkapitel «KVG-Teilrevision zur Spitalfinanzierung»)
und die Förderung von Managed Care. Beide Vorlagen wurden vom Parlament angenommen,
jedoch scheiterte die Managed-Care-Vorlage in der Referendumsabstimmung. 2008 verabschiedeten beide Räte zudem die Neuordnung der Pflegefinanzierung.
Abbildung 10
Abbildung 11
Kostenträger im Gesundheitswesen
Entwicklung der Versichertenmodelle
Anteile der Kostenträger in Prozent
Anteile der verschiedenen Modelle in Prozent
7%
4%
5%
2%
Private
Haushalte
21%
Out of pocket und
andere
Sozialversicherungen
Privatversicherungen
Bund
32% 22%
Staat
62%
6%
7%
80%
60%
Kantone
Gemeinden
34%
Unternehmen
100%
Standardmodell gemäss KVG
Modelle ohne Ärztenetz und Vertrag (Listenmodelle, telemedizinische Modelle)
Modelle mit Ärztenetz und Vertrag (Hausarzt und HMO-Modelle)
Kranken- und
Unfallversicherung
AHV, IV und andere
40%
20%
0%
2004
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
2006
2008
2010
2012
2013
Quelle: Forum Managed Care, Credit Suisse
Managed Care: ein Kompromiss zur Kostendämpfung?
Managed Care ist ein Instrument zur Leistungssteuerung im Gesundheitswesen. Die finanzielle
Verantwortung tragen dabei die Versicherer und die Leistungserbringer gemeinsam. In der
Schweiz sind Health Maintenance Organizations (HMO) die am häufigsten praktizierte Form von
Managed Care. Der Patient verpflichtet sich dabei, ausser in Notfällen, zuerst die HMO aufzusuchen. Diese leitet ihn bei Bedarf an andere Gesundheitsdienstleister weiter, mit denen sie
vernetzt ist. Die damit verbundene eingeschränkte Arztwahl wird durch tiefere Prämien kompensiert. Seit 2004 nimmt der Anteil der Versicherten zu, welche sich für ein Managed-Care-Modell
entscheiden, (Abbildung 11). Das Parlament erkannte in diesem Modell ein Kostensenkungspotenzial und wollte daher Anreize schaffen, damit noch mehr Versicherte dieses Modell wählen.
Das Schweizer Stimmvolk lehnte die Vorlage bei einer Referendumsabstimmung im Jahr 2012
aus Angst vor der Einschränkung der freien Arztwahl ab.
Pflegefinanzierung: Entlastung der Patienten und
Stärkung des unternehmerischen Aspekts
Seit 1.1.2011 gilt die neue Regelung der Pflegefinanzierung. Das Ziel der neuen Regelung ist
die finanzielle Entlastung der Patienten. Mit der Neuordnung der Pflegefinanzierung und dem
damit verbundenen Übergang von der Objekt- zur Subjektfinanzierung10 gewinnen bei den Pflegeheimen die betriebswirtschaftliche Unternehmensführung und die Bildung von Rückstellungen
für zukünftige Investitionen weiter an Bedeutung. Bei der Neuregelung wurde die Verteilung der
Kosten zugunsten der Patienten verändert. Der Kostenanteil des Patienten beläuft sich im neuen System auf maximal 20% des höchsten Beitrags der Krankenkassen. Diese bezahlen einen
Betrag, der in der Krankenpflege-Leistungsverordnung geregelt ist. Den Rest der Pflegekosten
bezahlt die öffentliche Hand.11 Zusätzlich sind die Investitionskosten nun Teil der Pflegekosten,
was, zusammen mit der Kompetenz, die Investitionen selbst zu planen, den Leistungserbringern
mehr unternehmerische Freiheit bringt.
Gesundheitspolitische Prioritäten des Bundesrats
Der regulatorische Rahmen des Schweizer Gesundheitswesens wird auch künftig eine Reihe
von Revisionen durchlaufen. So hat der Bundesrat Anfang 2013 seine gesundheitspolitischen
10 Einfach ausgedrückt wird bei der Objektfinanzierung der Leistungserbringer finanziert, bei der Subjektfinanzierung die anspruchsberechtigte Person.
11 Die Regelungen betreffen nur Heime, die auf der kantonalen Liste stehen. Für die Kosten in anderen Heimen muss der Patient vollumfänglich selbst aufkommen.
Swiss Issues Branchen
14
Credit Suisse Global Research
Prioritäten bis zum Jahr 2020 vorgestellt.12 Als wichtigste Problembereiche identifiziert der Bericht die künftige Zunahme an chronischen Krankheiten, eine für die künftigen Herausforderungen nicht gerüstete Versorgungsstruktur, die Finanzierbarkeit sowie mangelnde Transparenz
und Steuerbarkeit. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, definierte der Bundesrat die
vier Handlungsfelder Transparenz, Chancengleichheit, Versorgungsqualität und Lebensqualität,
zu denen zwölf Ziele mit je drei Massnahmen gehören. Diese Gesamtschau soll eine Basis für
die Diskussion über die Gestaltung der Gesundheitspolitik und der künftigen Strukturen der
Prävention und Versorgung bieten. Die aufgeführten Massnahmen sind eher allgemein gehalten, geben aber eine Idee darüber, in welche Richtung künftige Revisionen gehen könnten. Unter anderem sollen mit Effizienzsteigerungen in verschiedensten Bereichen bis zu 20% der Kosten eingespart werden. Die Massnahmen greifen teilweise auch Anliegen verschiedener Volksinitiativen auf, welche sich Mitte 2013 in der Pipeline befanden, z.B. die Initiative «Ja zur Hausarztmedizin» und die Initiative zur Einheitskrankenkasse.
Ärztestopp
Im Jahr 2002 hat der Bundesrat die Begrenzung der Neuzulassungen von Ärzten eingeführt. Der Hintergrund waren steigende Gesundheitskosten in Kombination mit der neu
eingeführten Personenfreizügigkeit, aufgrund welcher man einen Ansturm ausländischer
Ärzte befürchtete. Studien zeigen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Ärztedichte und der Inanspruchnahme von ärztlichen Dienstleistungen besteht.13 Hier ist ein
markanter Unterschied zu anderen Branchen beobachtbar, in denen üblicherweise mit der
Anzahl Marktteilnehmer auch der Wettbewerbsdruck steigt und folglich die Kosten bzw. die
Preise sinken. Der Grund für diesen Unterschied liegt in der im Gesundheitswesen besonders ausgeprägten Informationsasymmetrie in Kombination mit der solidarischen Finanzierung der individuellen Gesundheitskosten über die Krankenkasse und den Staat. Der Wissensvorsprung kann den Arzt dazu verleiten, dem Patienten zusätzliche und/oder teurere
Behandlungen schmackhaft zu machen, welche der Patient – von der Franchise und dem
Selbstbehalt abgesehen – nicht selbst bezahlen muss. So kann der Arzt potenzielle Umsatzeinbussen aufgrund vermehrten Wettbewerbsdrucks zu einem gewissen Grad kompensieren (sogenannte «angebotsinduzierte Nachfrage»).
Der Ärztestopp war ursprünglich als Provisorium gedacht, galt aber acht Jahre für Allgemeinmediziner und bisher zehn Jahre für Fachärzte. Vor dem Hintergrund der Abstimmung
zur Managed-Care-Vorlage vom Juni 2012, von der man sich kostendämpfende Effekte
versprach, wurde der Ärztestopp für Spezialärzte nicht verlängert. Da die Vorlage abgelehnt
wurde und seit Aufhebung des Zulassungsstopps Ende 2011 die Anzahl Zahlstellenregistriernummern (ZSR-Nummern)14 enorm anstiegen, führte der Bundesrat den Ärztestopp für
Fachärzte ab 1. Juli 2013 für drei weitere Jahre erneut ein. Er will damit den Kantonen
wieder die Möglichkeit geben, die Facharztzulassungen bei Bedarf drosseln zu können. Die
Massnahme des Ärztestopps ist politisch jedoch stark umstritten und aus ökonomischer
Perspektive fragwürdig. Daher schlagen verschiedene Gesundheitspolitiker und Ökonomen
alternative Massnahmen vor, um den angebotsinduzierten Kostenanstieg bei den Ärzten zu
beschränken und Effizienzanreize zu schaffen. Dazu gehören z.B. verschiedene Formen der
Lockerung des Vertragszwangs (Leistungserbringer und Versicherer wären in der Wahl
ihrer Vertragspartner frei), die Versteigerung von Zulassungen (Auktionsmodell) oder differenzierte Taxpunktwerte (je höher die Ärztedichte in einer Region, desto niedriger der Tarmed-Tarif). Jedoch sind solche Massnahmen politisch nicht minder umstritten als der Ärztestopp.
12 Bundesamt für Gesundheit (2013): Die gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrates – Gesundheit 2020.
13 Für mehr Informationen zum Thema siehe Trageser et al. (2012). Effizienz, Nutzung und Finanzierung des Gesundheitswesens.
14 ZSR-Nummern ermöglichen es den Ärzten, ihre Leistungen über die Grundversicherung abzurechnen, und sind somit faktisch Voraussetzung für das Führen einer Praxis.
Swiss Issues Branchen
15
Credit Suisse Global Research
Schweizer Spitalmarkt
Neue Spitalfinanzierung und die Rolle der Kantone
KVG-Teilrevision zur Spitalfinanzierung
Eine der grössten Revisionen der letzten Jahre
Im Jahr 2007 verabschiedete das Parlament mit der Teilrevision des KVG zur Spitalfinanzierung
eine der grössten Revisionen des Gesundheitswesens der letzten Jahre. Diese Revision ist
wichtigster Grund, weshalb sich diese Studie nachfolgend schwerpunktmässig mit dem Spitalmarkt auseinandersetzt. Mit dem teilrevidierten KVG soll die Transparenz bei Spitalleistungen
und Kosten verbessert sowie die unternehmerische Flexibilität der Spitäler gefördert werden.
Zudem sollen im Gesundheitswesen systematisch ein Qualitätswettbewerb implementiert und
die Kosten gedämpft werden. Das neue System bedeutet den Übergang von einer Objekt- zu
einer Subjektfinanzierung. Im Wesentlichen beinhaltet die KVG-Revision folgende Punkte: Erstens werden die stationären Leistungen in Spitälern und Geburtshäusern neu mittels einer Fallpauschale anstelle einer Tagespauschale abgegolten. Zweitens werden öffentliche und private
Spitäler aus Finanzierungssicht gleich behandelt. Drittens werden die Kosten neu zu mindestens
55% auf die Kantone und höchstens 45% auf die Versicherer verteilt. Diese neuen Finanzierungsmodalitäten bedeuten gleichzeitig eine Abkehr von der Defizitdeckung durch die Kantone.
Als nächster wichtiger Punkt ist die schweizweit freie Spitalwahl zu nennen. Um diese sinnvoll zu
ermöglichen, bedarf es eines Monitorings mittels Qualitätsindikatoren. Der letzte Pfeiler ist die
kantonale Spitalplanung.
Mehr Effizienz und Transparenz dank Fallpauschalen
Die Änderungen der Finanzierungsmodalitäten spielen eine zentrale Rolle im neuen System.
Neu erhält jedes Spital pro Fall eine fixe Pauschale. Diese berechnet sich aus einem Basispreis
(auch Baserate: durchschnittliche Kosten über alle Krankheitsbilder), der in jedem Kanton möglichst einheitlich sein sollte, sowie einer Gewichtung, die je nach Art und Schweregrad der Behandlung variiert (SwissDRG bzw. Swiss Diagnosis Related Groups). Die momentane Ausgestaltung des SwissDRG ist nicht endgültig. So beschreiben die Fallgewichte in der aktuellen
Version (für 2013: 2.0) nicht in jedem Fall alle tatsächlichen Kostenunterschiede. Daher wird
das System laufend weiterentwickelt und verfeinert. Die Änderungen der Finanzierungsmodalitäten zielen darauf ab, die Effizienz bei der Leistungserbringung zu erhöhen. Unter anderem soll
so die durchschnittliche Behandlungsdauer, die in der Schweiz im internationalen Vergleich hoch
ist, gesenkt werden. In der Pauschale sind auch die Investitionskosten, welche neu nicht mehr
vom Kanton, sondern von jedem Spital selbst getragen werden müssen, sowie die Kosten für
die Aus- und Weiterbildung der nichtuniversitären Berufe inbegriffen. Die optimale Baserate orientiert sich an derjenigen eines effizient geführten Spitals im jeweiligen Kanton. Die entsprechenden Kriterien für ein effizientes Spital legt der Kanton fest.
Öffentliche und private Spitäler buhlen um einen Platz
auf der Spitalliste
Im Mittelpunkt des neuen Systems steht die kantonale Spitalliste, die im Rahmen der Bedarfsund Spitalplanung erstellt wird. Auf dieser Liste stehen die sogenannten Listenspitäler, welche
gewisse Bedingungen erfüllen und mit der Idee der neuen Spitalfinanzierung konform sind. Bei
diesen Bedingungen handelt es sich primär um Qualitäts- und Effizienzkriterien. Entscheidend
ist, dass sich neu neben den öffentlichen auch private Spitäler unter den – theoretisch – gleichen Ausgangsbedingungen für einen Listenplatz bewerben können. Die Patienten können
dann aus den Spitälern auf der Liste ihres Wohnkantons frei wählen. Befindet sich ein Spital auf
einer ausserkantonalen Liste, jedoch nicht auf derjenigen des Wohnkantons, müssen der
Wohnkanton und der Versicherer die Kosten jedoch nur soweit tragen, wie sie auch im Wohnkanton im teuersten Spital angefallen wären. Was darüber liegt, bezahlt der Patient selbst oder
eine Zusatzversicherung. Bei einer Behandlung in einem Listenspital tragen die Kantone im
neuen Regime mindestens 55% der Betriebskosten und die Versicherer 45%. Die Kantone haben bis 2017 Zeit, den Kostenteiler dahingehend anzupassen.
Vertrags- und Ausstandsspitäler
Spitäler, welche nicht auf einer Spitalliste stehen, können mit den Versicherern einen Vertrag
aushandeln. In solchen sogenannten Vertragsspitälern wird die Behandlung dann zu 45% von
der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) und zu 55% von der Zusatzversicherung
Swiss Issues Branchen
16
Credit Suisse Global Research
bezahlt. Gelingt es einem Spital nicht, sich mit den Versicherern auf einen Vertrag zu einigen, so
werden die dort in Anspruch genommenen Leistungen von einer Zusatzversicherung oder vom
Patienten vollständig selber bezahlt. Solche Spitäler werden als Ausstandspitäler bezeichnet
(Abbildung 12).
Abbildung 12
Die neue Spitalfinanzierung
Spitalfinanzierung nach der KVG-Revision 2007
Grund- oder
Zusatzversicherter Patient
Zusatzversicherter Patient
Zusatzversicherter
im Listenspital
im Ausstandsspital
Patient im Vertragsspital
Gemeinwirtschaftliche
Leistungen
(z.B. universitäre Ausbildung
und Forschung)
Betriebsaufwand inkl.
Investitionen
Zusatzleistungen (Halb-)
Privatpatient
Kanton
55% zulasten
Wohnsitzkanton
Kanton
Kanton
Zusatzversicherung/
Patient
Zusatzversicherung/
Patient
45% zulasten der OKP
max. 45% zulasten der
OKP
Zusatzversicherung/
Patient
Zusatzversicherung/
Patient
Quelle: Credit Suisse
SwissDRG ist das Kernstück der neuen Spitalfinanzierung
Zum Konzept der neuen Spitalplanung gehört, dass der Kanton jedem Listenspital einen Leistungsauftrag zuteilt. Dazu erstellt er mithilfe des SwissDRG Leistungsgruppen und weist diese
dann den Spitälern zu. Die Zuweisung eines Leistungsauftrags ist nur qualitativer und nicht
mengenmässiger Natur. So bietet jedes Spital idealerweise letztlich nur dasjenige Leistungsspektrum an, das es auch wirtschaftlich und mit der nötigen Qualität anbieten kann. Natürlich
berücksichtigt der Kanton bei der Verteilung des Leistungsauftrags die Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Die Spitäler haben daher den Anreiz, ihr Angebot kosteneffizient zu gestalten, um die entsprechenden Leistungsaufträge vom Kanton zu erhalten. Mit diesem System sollen Spitäler dazu angehalten werden, nicht benötigte Kapazitäten abzubauen. Langfristig soll im
Idealfall jedes Spital nur noch diejenigen Leistungen anbieten, die es auch effizient erbringen
kann und die effektiv (medizinisch begründet) nachgefragt werden. Somit wird für jedes Spital
eine Bedarfsplanung auf der Basis von Qualität und Wirtschaftlichkeit nötig. Damit dies möglich
ist, müssen die Spitäler die Kosten und administrative und medizinische Daten ausweisen.
Der Qualitätswettbewerb
bedingt Qualitätsindikatoren
Für den Qualitätswettbewerb sind Qualitätsindikatoren nötig. Das Bundesamt für Gesundheit
hat bereits deren drei15 erarbeitet und passt sein System (CH-IQI, aktuelle Version: 3.1) laufend
an. Die Qualitätsindikatoren sollen einen Vergleich der Spitäler untereinander ermöglichen und
für den gewünschten Wettbewerb sorgen. Die Patienten wählen dann idealerweise ein Spital
aufgrund seiner Qualität in der jeweils nachgefragten Behandlung aus.
Die Baserate als Effizienzmesser
Wie oben bereits erwähnt, ist die Baserate – die schweregradbereinigte Fallpauschale – ein
zentrales Element der neuen Spitalfinanzierung. Sie wird durch Verhandlungen der Spitäler mit
den Versicherern ermittelt. Der Basispreis sollte für alle Spitäler (oder zumindest für alle desselben Typus) im Kanton gleich sein. Der jeweilige Kanton kann das Verhandlungsresultat in letzter
Instanz gutheissen oder nötigenfalls selbst bestimmen (wie im Kanton Zürich für die Spitalliste
2012 geschehen). Der Vergleich der schweregradbereinigten Fallkosten pro Spital ermöglicht
die gewünschte Kostentransparenz, was im alten System kaum gegeben war. Spitäler mit
15 Fallzahlen, Mortalitätsrate und Informationen zu Behandlungsverfahren.
Swiss Issues Branchen
17
Credit Suisse Global Research
Durchschnittskosten unterhalb der Baserate können im neuen System Gewinne erzielen. Diejenigen mit höheren Kosten schreiben Verluste und müssen sich bemühen, Kosten zu senken.
Sinkende Baserates ermöglichen Kostendämpfung
Die Vertragspartner können die Baserates jährlich neu verhandeln. Dadurch soll zwischen Versicherern und Spitälern eine Verhandlungsdynamik entstehen, die das Kostenwachstum zwar
nicht stoppen, aber idealerweise dämpfen kann. Der Krankenkassenverbund «Einkaufsgemeinschaft HSK» hat in einem ersten Vergleich der Baserates von 2012 und 2013 festgestellt, dass
die meisten – insbesondere die höchsten – Baserates eine sinkende Tendenz aufweisen. Für
die anfangs effizienten Spitäler besteht jedoch ein gewisser Anreiz, die Kosten nach oben verzerrt auszuweisen. Daher ist bis zu einem gewissen Grad zu erwarten, dass sich die Kosten der
teureren Spitäler zwar mit der Zeit nach unten bewegen, diejenigen der günstigeren Spitäler –
trotz potenzieller Effizienzgewinne – aber gleich bleiben oder sogar leicht steigen könnten. Diese
Entwicklung lässt sich zumindest für die Periode 2012–2013 beobachten (Abbildung 13).
Abbildung 13
Abbildung 14
Gegenüberstellung der Baserates 2012 und 2013
Rechtsformen öffentlicher Spitäler
HSK-Baserates in CHF
Anteile je Rechtsform in Prozent
11'000
Erhöhung der Baserate
2003
Einfache Gesellschaft
10'000
Teil der Verwaltung
9'000
Öffentliche Stiftung
2007
2013
2013
Zweckverband
Privater Verein
8'000
Unselbst. öff. Anstalt
Private Stiftung
7'000
Aktiengesellschaft
6'000
6'000
Senkung der Baserate
7'000
8'000
9'000
10'000
Selbst. öff. Anstalt
11'000
0%
2012
Quelle: Einkaufsgemeinschaft HSK, Credit Suisse
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
Quelle: Avenir Suisse, Credit Suisse
Umsetzung auf kantonaler Ebene
Kantone in einer Mehrfachrolle
Den Kantonen kommt im Schweizer Gesundheitssystem eine wichtige und anspruchsvolle Rolle
zu. Sie sind gleichzeitig Regulator, Leistungserbringer und Kostenträger. Diese Dreifachrolle
führt bei der Umsetzung der neuen Spitalfinanzierung, welche durch die Kantone erfolgt, zu
Ziel- und Interessenkonflikten. So könnten Kantone beispielsweise aus Gründen der Strukturerhaltung ein Interesse haben, die Baserates hoch zu halten, um so ineffiziente Spitäler indirekt zu
subventionieren. Gleichzeitig haben die Finanzdirektoren den Auftrag, generell die Kosten des
Kantons im Rahmen zu halten. Sie haben daher ein Interesse an möglichst tiefen Baserates.
Darüber hinaus stellen Spitäler in vielen Regionen wichtige Arbeitgeber dar. Falls ein Spital oder
einzelne Spitalabteilungen aus wirtschaftlichen Gründen schliessen müssten – was aus Wettbewerbs- oder Effizienzsicht unter Umständen erwünscht ist –, könnte der betroffene Kanton versucht sein, aus regionalpolitischen Gründen strukturerhaltend einzugreifen.
Keine einheitliche Umsetzung der KVG-Revision
Zu den Zielen der neuen Spitalfinanzierung gehört es auch, mithilfe des Wettbewerbs bestehende Strukturen zu verändern. Die konkrete Umsetzung der KVG-Revision beinhaltet in einigen
Kantonen aber Spezifikationen, welche diesem Ziel der Reform eher entgegenlaufen und den
Wettbewerb mitunter verzerren.16 Ein Beispiel sind hier Fonds, die aus der Zusatzversicherung
oder anderen Gewinnen finanziert werden.17 Die Idee dabei ist, einen gewissen Prozentsatz des
16 Kritisch äusserten sich verschiedene Gesundheitsökonomen wie beispielsweise Felder (2013): Marktsteuerung als wichtigster Faktor in der Gesundheitsversorgung? Präsentation anlässlich der Trendtage Gesundheit Luzern vom 27. Februar 2013; Leu (2012): Neue Spitalfinanzierung – Umsetzungsprobleme in den Kantonen. Präsentation
im Rahmen des Forums Gesundheit Schweiz vom 15. Mai 2012 in Zürich; sowie Oggier (2011): Interview mit Der Bund vom 15. September 2011.
17 Die nachfolgend genannten Beispiele beziehen sich auf Ende Juni 2013. Gesetzliche Änderungen nach diesem Zeitpunkt konnten nicht berücksichtigt werden.
Swiss Issues Branchen
18
Credit Suisse Global Research
Gewinnes aus den Behandlungen von Zusatzversicherten in einen Fonds zu zahlen, welcher dazu dient, defizitären Spitälern unter die Arme zu greifen. Ein solcher Fonds könnte dem Ziel einer vom Gesetzgeber gewünschten Restrukturierung der Spitallandschaft entgegenlaufen. Im
Kanton Zürich konnte die Bevölkerung bereits über ein solches Konstrukt abstimmen. Der sogenannte Zukunfts- und Unterstützungsfonds wurde an der Urne abgelehnt. Dieser Fonds war
vor allem dazu gedacht, das universitäre Kinderspital zu stützen, welches aufgrund seiner Funktion als Kinderspital eine inhärent andere Kostenstruktur aufweist als ein Allgemeinspital. Diese
Unterschiede werden mit dem SwissDRG nicht hinreichend genau erfasst. Mit der Weiterentwicklung des SwissDRG soll solchen Umständen in absehbarer Zeit jedoch Rechnung getragen
werden. Ein weiteres Beispiel für eine umstrittene Umsetzung der KVG-Revision stellt die Genehmigungspflicht für Spitalinvestitionen dar. In einem wettbewerblichen Umfeld ist ein gewisser
Grad an Flexibilität für die Unternehmen unabdingbar. Eine Genehmigungspflicht für Investitionen beschneidet diese. Zudem sind die Investitionskosten in den Fallpauschalen bereits inbegriffen, womit die Spitäler das Investitionskapital selbst verdienen. Dass sie dieses auch selbständig verwalten und investieren können sollten, erscheint zielführend.
Mengensteuerung vom
Bundesgericht erlaubt
Mindestfallzahlen gehören aus marktwirtschaftlicher Sicht ebenfalls zu den umstrittenen Massnahmen. Sie dienen im Rahmen der Spitalplanung dazu, gewisse Leistungsaufträge nur zu erteilen, wenn die Anzahl der entsprechenden Leistungsbezüge hoch genug ist, um so Effizienz zu
gewährleisten. Beispiele von Mindestfallzahlen finden sich unter anderen in den Kantonen Zürich, Luzern und Zug. Eine verwandte Massnahme sind Mengenbegrenzungen bei gut ausgelasteten Spitälern. Sie sorgen dafür, dass Spitäler mit schlechter Auslastung von Patientenüberweisungen aus ausgelasteten Spitälern profitieren können. Beispiele für Mengenbegrenzungen
sind u.a. in den Kantonen Tessin und Zug zu finden. Diese Kantone geben als Grund für diese
Massnahme die Vermeidung von medizinisch nicht notwendigen Behandlungen an. Das Bundesgericht hat in diesem Fall befunden, dass Mengenbegrenzungen dem neuen KVG nicht widersprechen. Die Limitierung der Anzahl der Zusatzversicherten ist eine spezifische Form von
Mengenbegrenzung. Sie nützt die Tatsache aus, dass Gewinne vor allem im Bereich der Zusatzversicherung realisierbar sind und verteilt diese Potenziale auf die Spitäler im Kanton. Diese
Form von Mengenbegrenzungen findet sich u.a. in den Kantonen Tessin und Waadt. Weitere
unter Experten umstrittene Massnahmen sind zusätzliche Subventionen, Globalbudgets für einzelne Spitäler, die Beanspruchung des öffentlichen Beschaffungswesens, der Zwang für Privatspitäler zur Übernahme der Personalvorschriften von öffentlichen Spitälern, der Ausschluss des
Belegarztsystems und das Überstrapazieren des Begriffs gemeinwirtschaftliche Leistungen.
Gemeinwirtschaftliche Leistungen lassen Interpretationsspielraum
Der Kanton finanziert auch die Ausbildung von Ärzten an Universitätskliniken und andere sogenannte gemeinwirtschaftliche Leistungen wie beispielsweise die Transplantationskoordination,
die Führung eines Krebsregisters oder die Sicherstellung von Spitalkapazitäten aus regionalpolitischen Gründen. Es sei hier erwähnt, dass die Definition von gemeinwirtschaftlichen Leistungen
nicht einheitlich interpretiert wird und hier ein entsprechendes Potenzial für eine nichtsinngemässe Umsetzung des neuen KVG besteht. Diese Kostenkategorie könnte beispielsweise für
kantonale Investitionsbeiträge oder Defizitdeckungen zweckentfremdet werden. Im Kanton Basel-Stadt werden diverse als gemeinwirtschaftliche Leistungen deklarierte Kosten erstattet. Der
Kanton definiert somit, was er unter gemeinwirtschaftlichen Leistungen versteht. Auch wenn die
einzelnen Positionen nicht immer unumstritten sind, so existiert im Kanton Basel-Stadt zumindest ein expliziter Benchmark, der nur noch geringen Spielraum für unterschiedliche Interpretationen zulässt.
Zusammenarbeit kann Effizienz bringen
Laut Gesundheitssystemforschung sind Versorgungsregionen für 1 bis 1.5 Millionen Menschen
optimal.18 In der Schweiz planen die Kantone ihre Spitalversorgung, obwohl praktisch kein Kanton diese Grösse erreicht. Wird zu kleinräumig geplant, ist die Gefahr gross, dass Spitäler keine
betriebsoptimale Grösse erreichen oder monopolartige Strukturen entstehen. Bei grösseren
Versorgungsregionen könnte man gleichzeitig von den Vorzügen des Wettbewerbs wie auch von
Skaleneffekten profitieren. Die neue Spitalfinanzierung zielt daher implizit auch auf eine inter-
18 So sprach z.B. der Verband der Schweizer Spitäler H+ bereits 2005 davon, dass man anstelle von 26 verschiedenen Gesundheitssystemen auch 5 bis 7 Versorgungsregionen bilden könnte. Siehe Gächter (2006): Ausserkantonale Hospitalisation: Eine Tür zu mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen?
Swiss Issues Branchen
19
Credit Suisse Global Research
kantonale Zusammenarbeit ab. Eine interkantonale Versorgungs- und Spitalplanung gewährt
mehr Freiraum bei der Definition und Zuteilung der Leistungsaufträge.
Beispiele interkantonaler
Zusammenarbeit in der
Zentral-, Nordwest- und
Westschweiz
In der Nordwest- und der Zentralschweiz findet schon lange interkantonale Zusammenarbeit
statt. Die Kantone Aargau, Basel-Stadt, Baselland und Solothurn haben z.B. einen gemeinsamen Versorgungsbericht und streben einen Gesundheitsraum Nordwestschweiz an. In der Zentralschweiz existiert unter anderem das Projekt LUNIS. Es ist eine Zusammenarbeit der Kantone
Luzern und Nidwalden. Ziel ist es, eine gemeinsame Spitalregion zu schaffen. Ein Beispiel für
eine etwas weniger weitgehende Zusammenarbeit findet sich in den Kantonen Freiburg, Waadt
und Wallis. Der Kanton Waadt betreibt zwei interkantonale Spitäler: das Hôpital Intercantonal de
la Broye zusammen mit dem Kanton Freiburg und das Hôpital du Chablais mit dem Kanton Wallis. Diese Beispiele sind nur eine Auswahl der interkantonalen Zusammenarbeit. Sobald die
Kantone, Versicherer und Spitäler mehr Erfahrungen mit dem neuen KVG haben, ergeben sich
im Idealfall vermehrt solche interkantonalen Projekte.
Die Zeit wird zeigen, ob die
Umsetzung der Revision die
erhofften Früchte trägt
Ob und in welchem Rahmen das neue KVG mehr Wettbewerb und tiefere Kosten mit sich
bringt, wird sich erst mittelfristig zeigen, wenn die Akteure in ihrer Zusammenarbeit etwas eingespielter sind. Das Ziel der verbesserten Transparenz hängt massgebend von dieser Zusammenarbeit wie auch der Entwicklung von Qualitätsindikatoren ab. Auch die Weiterentwicklung
des SwissDRG-Systems ist entscheidend auf dem Weg zu einem effizienteren Gesundheitssystem. Erste Beobachtungen zu den Auswirkungen lassen sich dennoch machen: Wie oben aufgezeigt, ermittelte die Einkaufsgemeinschaft HSK ein erstes Indiz für die Kostendämpfung in
Form von teilweise sinkenden Baserates. Die oft geäusserte Befürchtung einer hohen Anzahl
«blutiger Entlassungen»19 hat sich jedenfalls nicht bewahrheitet.
Klare Entwicklung in Richtung Eigenständigkeit
Im Zusammenhang mit dem Wunsch nach mehr Wettbewerb spielt auch die Frage nach
der geeigneten Rechtsform der Spitäler eine wichtige Rolle. Wie oben ausgeführt, benötigen die Unternehmen in einem wettbewerblichen Umfeld eine gewisse betriebliche Flexibilität und Selbständigkeit. Diese Aspekte sind unter bestimmten Rechtsformen der Spitäler
besser gewährleistet als unter anderen. Ist ein Spital Teil der öffentlichen Verwaltung, ist
die strategische Flexibilität wohl weniger stark ausgeprägt, als wenn es unter dem Dach
einer Aktiengesellschaft operieren kann. Die Rechtsform ist aber auch im Kontext der privatwirtschaftlichen Finanzierung, wie sie unter dem neuen Regime vorgesehen ist, ein entscheidendes Kriterium. Potenzielle Kreditgeber erachten Spitäler nur dann als interessante
Partner, wenn diese als Unternehmen mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit mit hinreichender Haftbarkeit auftreten können. Bezüglich der Rechtsform änderte sich in den letzten zehn Jahren einiges (Abbildung 14). Die meisten öffentlichrechtlichen Spitäler sind
heute entweder selbständige öffentlichrechtliche Anstalten (34%), Aktiengesellschaften
(31%) oder private Stiftungen (13%). Der Anteil an Spitälern, die Teil der öffentlichen
Verwaltung (noch 2%, 2007: 8%) oder unselbständige Anstalten (noch 7%, 2007: 13%)
sind, nahm stark ab. So ist das Universitätsspital Lausanne das einzige verbliebene Unispital, das noch Teil der öffentlichen Verwaltung ist. Diese Entwicklung zeigt, dass Kantone
und Spitäler die Notwendigkeit der strategischen Flexibilität vielerorts erkannt haben und
entsprechend handeln. Berücksichtigt man bei dieser Betrachtung noch die privaten Spitäler, so verstärkt sich dieses Bild. Aktiengesellschaften machen dann 41%, private Stiftungen 14% und die selbständigen öffentlichrechtlichen Anstalten 26% aus. Unter den privaten Spitälern sind sogar rund 76% Aktiengesellschaften und 16% private Stiftungen.
19 Von blutigen Entlassungen spricht man, wenn Patienten zu früh aus der stationären Behandlung entlassen werden, so dass sie ein weiteres Mal eingewiesen werden
müssen.
Swiss Issues Branchen
20
Credit Suisse Global Research
Nachfrage nach Spitalleistungen
Überblick und Entwicklung
Zentraler Teil des Schweizer Gesundheitswesens
Wie bereits im ersten Teil der Studie dargestellt, machen Krankenhäuser die grösste Kostengruppe innerhalb des Schweizer Gesundheitswesens aus. 23 Mrd. CHF oder 36% der gesamten Schweizer Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen entfielen 2011 auf die Krankenhäuser, alleine 28% der Gesundheitsausgaben oder rund 18 Mrd. CHF auf Allgemeinspitäler.
Die Ausgaben für Spitalleistungen sind von 1995 bis 2011 um 3.9% pro Jahr gewachsen und
damit etwas stärker als für das ganze Gesundheitswesen (3.8% pro Jahr). Neben den Allgemeinspitälern werden vor allem die Dienstleistungen von psychiatrischen Kliniken, Rehabilitationskliniken und diversen Spezialkliniken nachgefragt (Abbildung 15). Ein Grossteil der Nachfrage entfällt dabei auf die stationäre Versorgung. Obwohl dieser Anteil seit Jahren sinkt, machte er 2011 immer noch 70% der Kosten aller Allgemeinspitäler aus.
Abbildung 15
Abbildung 16
Spitalausgaben nach Krankenhaustyp
Prognose-Szenarien Spitalausgaben bis 2040
Mrd. CHF; 2011: provisorische Zahlen
Mrd. CHF
25'000
20'000
Allgemeine Krankenhäuser
Psychiatrische Kliniken
Rehabilitationskliniken
Andere Spezialkliniken
80
Konstanter Trend Pro-Kopf-Kosten
Abgeflachter Trend Pro-Kopf-Kosten
Nur demografischer Effekt
70
60
50
15'000
40
10'000
30
20
5'000
10
0
0
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse provisorische
2000
2005
2010
2015
2020
2025
2030
2035
2040
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Grossteil der Spitalnachfrage stammt von Über-60Jährigen
Die Nachfragetreiber für Spitalleistungen sind dieselben wie im restlichen Gesundheitswesen.
Die Zunahme der Bevölkerung und des Wohlstands, die demografische Alterung und der Mehrkonsum infolge der hohen Ansprüche an die Gesundheit fördern in Kombination mit dem technischen Fortschritt und der solidarischen Finanzierung der individuellen Kosten den Konsum von
Spitalleistungen. Wie im übrigen Gesundheitswesen stammt ein Grossteil der Nachfrage nach
Spitalleistungen von den ältesten Bevölkerungskohorten. Diese Konzentration ist besonders im
stationären Bereich ausgeprägt. Während im ambulanten Gesundheitswesen 2010 die Über60-Jährigen rund 41% der Nachfrage generierten, waren es bei den stationären Spitalleistungen 56%, obwohl diese Altersklassen nur 22% der Gesamtbevölkerung stellten.
Grosser Prognosebedarf,
jedoch grosse Prognoseunsicherheit
Die Kosten im Spitalwesen werden auch mittel- bis langfristig weiter zunehmen. Die zukünftigen
Volumina sind allerdings sehr schwierig zu prognostizieren. Zu gross ist die Unsicherheit über
die künftige regulatorische Ausgestaltung des Gesundheitswesens. Besonders die Entwicklung
des für die Gesundheitskosten wichtigen Faktors des medizinisch-technologischen Fortschritts
ist kaum vorherzusehen. Gerade im Spitalbereich sind Prognosen zum künftigen Nachfragevolumen trotz der hohen Prognoseunsicherheit jedoch unabdingbar. Werden z.B. grössere Verschiebungen in den Nachfragevolumina oder auch in der Nachfragestruktur über die nächsten
20–30 Jahre erwartet, hat das weitreichende Bedeutung. Auf Ebene der Spitäler sind solche
Einschätzungen zum Beispiel im Hinblick auf Investitionen in Spitalimmobilien zentral (vgl. Kapitel «Spitalimmobilien»); auf Ebene der Kantone im Hinblick auf die Spitalplanung.
Swiss Issues Branchen
21
Credit Suisse Global Research
Nur ein Drittel des Nachfragewachstums direkt durch
Demografie verursacht
Wie wir im Kapitel «Bestimmungsfaktoren der Nachfrage» ausführten, verursachen Bevölkerungswachstum und demografische Alterung nur einen kleineren Teil des Wachstums bei den
gesamten Gesundheitskosten direkt. Dies gilt auch für den Spitalmarkt. Eine Überschlagsrechnung zeigt, dass für die Periode zwischen 2000 und 2010 nur gut ein Drittel des Kostenanstiegs im Spitalwesen direkt demografischen Faktoren wie der Alterung oder dem Bevölkerungswachstums zurechenbar sind.20 Die nichtdemografischen Faktoren sind allerdings wie gesagt kaum prognostizierbar. Um eine – im engen Rahmen des Möglichen – zuverlässige Prognose für die nächsten 25 Jahre machen zu können, beschränken wir uns daher auf die relativ
«sicher» prognostizierbaren Komponenten des Nachfragewachstums, namentlich Bevölkerungswachstum und Altersstruktur.21 Dabei frieren wir die Kosten pro Kopf und Alterskohorte auf dem
Niveau von 2010 ein und multiplizieren diese Werte mit dem prognostizierten künftigen Bevölkerungsstand pro Alterskohorte.
Prognosemodell geeignet,
um regionale Wachstumsunterschiede zu erfassen
Unser Demografie-Modell ist nicht dafür konstruiert, das Niveau der Spitalausgaben zu prognostizieren, sondern die künftigen regionalen Wachstumsunterschiede abzuschätzen (vgl. Kapitel «Regionale Spitalnachfrage heute und in Zukunft»). Hätten wir im Jahr 2000 mit dem oben
beschriebenen Modell die schweizweiten Spitalausgaben für das Jahr 2010 prognostiziert, hätten wir den Nachfragevolumenanstieg um den Faktor 3.2 massiv unterschätzt. Um das Niveau
der Kosten zu prognostizieren, müsste man über die demografische Komponente hinaus zusätzliche Annahmen treffen, wie sich die technologie- und politikinduzierten Kosten oder Ersparnisse
entwickeln. Veränderungen bei diesen Annahmen führen zu grösseren Prognoseunterschieden.
Gesundheitskosten: Demografischer Effekt überschätzt?
Unter Gesundheitsökonomen herrscht mehr oder weniger der Konsens, dass der hohe
Kostenanteil der älteren Bevölkerungskohorten nicht in erster Linie aufgrund des Alters an
sich, sondern zu einem wichtigen Teil aufgrund der in diesen Kohorten durchschnittlich
höheren Mortalität herrührt, was in diesen Altersklassen zu einer Häufung von Hochkostenfällen führt (vgl. Kapitel «Bestimmungsfaktoren der Nachfrage»). Dies entkräftet jedoch die
Tauglichkeit der Altersstrukturentwicklung als Prognoseparameter nicht per se, denn die
Frage nach der Kausalität interessiert in unserem Kontext nur bedingt. Die Fortschreibung
der aktuellen Pro-Kopf-Ausgabenprofile auf künftige Altersverteilungen dürfte den rein
demografisch bedingten Kostenanstieg zwar etwas überschätzen. Empirische Untersuchungen zeigen z.B., dass aufgrund des medizinisch-technologischen Fortschritts und eines gesünderen Lebenswandels eine Kompression sowohl der Morbidität als auch der Mortalität stattfindet. Das heisst man erwartet eine längere Dauer von beschwerdefreien Lebensjahren und eine Konzentration der Sterbefälle in immer höheren Alterskohorten. Die
Stärke dieses Kompressionseffekts auf die Gesundheitsausgaben ist gemäss bisheriger
Evidenz jedoch nicht eindeutig feststellbar.
Änderungen bei Annahmen
verursachen grosse Prognoseunterschiede
Abbildung 16 zeigt rudimentär die künftige Entwicklung der Spitalkosten unter verschiedenen
solchen Annahmen. Im ersten Szenario (konstanter Trend) gehen wir davon aus, dass die Spitalkosten pro Kopf und Alterskategorie im selben Ausmass wachsen wie durchschnittlich zwischen 1997 und 2010. Szenario zwei (abgeflachter Trend) unterstellt leicht tiefere Wachstumsraten, und Szenario drei (nur demografischer Trend) geht davon aus, dass die Pro-KopfAusgaben konstant bleiben (das nachfolgend verwendete Modell). Das erste Szenario geht von
der unrealistischen Annahme aus, dass politische Massnahmen wie z.B. die neue Spitalfinanzierung keinen Einfluss auf die Kostenentwicklung haben. Unter dieser Annahme steigen die gesamten Spitalkosten jährlich um 4.1% (2000–2010: 3.8% pro Jahr). Das zweite Szenario basiert auf der Annahme, dass politische Reformen einen gewissen dämpfenden Einfluss auf die
künftige Kostenentwicklung haben. Unter diesen Annahmen steigt die Nachfrage (nominal)
20 Berechnung der Schätzung analog zu Beck (2004): Risiko Krankenversicherung – Risikomanagement in einem regulierten Krankenversicherungsmarkt.
21 Wir verfügen diesbezüglich über eine eigens erstellte Prognose bis zum Jahr 2040. Die Prognose basiert dabei auf Annahmen zur Geburtenziffer, Sterblichkeit, Migration
und Einbürgerungsquote des Bundesamtes für Statistik. Die mit der grössten Unsicherheit verbundene Variable ist dabei die Migration.
Swiss Issues Branchen
22
Credit Suisse Global Research
jährlich um 3.4%.22 Die dritte Kurve bildet das rein demografisch bedingte Nachfragewachstum
ab. In diesem Szenario legen die Spitalausgaben jährlich um 1.4% zu.
Regionale Spitalnachfrage heute und in Zukunft
Regionale Nachfrageunterschiede sind demografisch
bedingt
Geht man davon aus, dass innerhalb der Alterskohorten der generelle Gesundheitszustand in
den einzelnen Regionen der Schweiz ähnlich ist und eine höhere Spitaldichte nicht zu einer höheren Spitalnachfrage pro Kopf führt, basieren regionale Unterschiede beim Nachfragevolumen
auf der Bevölkerungsgrösse und der Altersstruktur. Unter diesen Annahmen sind wir in der Lage, die Spitalnachfrage geografisch genau zu lokalisieren. Konkret multiplizieren wir für jede
Gemeinde die Anzahl Personen pro Alterskohorte mit den für jede Alterskohorte landesweit
durchschnittlichen Spitalkosten.23 Diese Schätzung dürfte die reale Spitalnachfrage sehr gut beschreiben: So korrelieren die auf diese Weise errechnete Spitalnachfrage und die registrierte
Fallzahl – zumindest auf kantonaler Stufe – sehr eng.24
Spitalnachfrage konzentriert sich in den Zentren
Abbildung 17 visualisiert für jede Gemeinde die geschätzten Gesundheitsausgaben für Spitalleistungen, die im Umkreis von 15 Minuten Fahrzeit (Auto) rund um den Gemeindemittelpunkt
anfallen. Die mittlere Gemeinde der Schweiz fragte 2011 im Umkreis von 15 Minuten Spitaldienstleistungen in der Höhe von rund 185 Mio. CHF nach. Wenig überraschend konzentriert
sich die Spitalnachfrage in den städtischen Zentren und den Agglomerationen. Besonders gross
ist die Gesamtnachfrage in den grossen Städten Zürich, Genf, Lausanne, Basel und Bern, wo
im Umkreis von 15 Minuten Werte von bis zu 1.6 Mrd. CHF erreicht werden. Kleinere Nachfrageschwerpunkte bilden die Städte Luzern, St. Gallen, Biel und Lugano (350 Mio. bis 700 Mio.
CHF). Gegen den Alpenraum und den Jura hin fällt die Nachfrage rasch ab (z.T. unter 1 Mio.
CHF pro 15-Minuten-Radius).
Abbildung 17
Abbildung 18
Regionale Verteilung der Spitalnachfrage 2011
Nachfragewachstum bis 2040
Geschätzte Gesundheitsausgaben (2011) für stationäre und ambulante Spital-
Wachstumsprognose Gesundheitsausgaben (2011–2040) für stationäre und
behandlungen im Radius von 15 Minuten pro Gemeinde
ambulante Spitalbehandlungen im Radius von 15 Minuten pro Gemeinde
Sehr hoch
Hohes Wachstum
Überdurchschnittlich
Überdurchschnittlich
Unterdurchschnittlich
Unterdurchschnittlich
Sehr tief
Tiefes Wachstum
Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geostat
Regionale Unterschiede im
Nachfragewachstum demografiebedingt
Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geostat
Mit Hilfe der oben beschriebenen Prognosemethode (nur demografischer Trend) lässt sich abschätzen, wie die Spitalnachfrage in den kommenden Jahren in einzelnen Regionen relativ zum
Schweizer Mittel wachsen wird (Abbildung 18). Dies wiederum lässt gewisse Aussagen zur
künftigen regionalen Versorgungssituation und allfälligen Verschiebungen der Konkurrenzsitua-
22 Dabei nehmen wir ad hoc an, dass das Kostenwachstum pro Kopf künftig um rund einen Viertel tiefer liegt als in den letzten Jahren. Die Prognose dürfte dadurch in etwa
im Rahmen des aktuellen Referenzszenarios der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) liegen. In diesem Szenario geht die EFV davon aus, dass der Anteil der gesamten Gesundheitskosten am BIP bis ins Jahr 2060 von 11.3% (2009) auf 15.8% ansteigen wird.
23 Man könnte dieses Modell noch mit der Berücksichtigung der Geschlechter verfeinern. Eine regionale Prognose dürfte dadurch nur marginal an Genauigkeit gewinnen.
24 Korrelationskoeffizient von 0.996.
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23
Credit Suisse Global Research
tion unter den Spitälern zu. Unser Prognosemodell erlaubt es, von den unsichersten Annahmen
zum künftigen Kostenwachstum – z.B. in Bezug auf das regulatorische Regime oder den technologischem Fortschritt – abzusehen, ohne an Aussagekraft zu verlieren. Die genannten Faktoren haben zwar einen entscheidenden Einfluss auf das Nachfragevolumen, dürften die Entwicklung der regionalen Nachfrageunterschiede jedoch nur bedingt beeinflussen.
Genfer und Zürcher Agglomerationsgebiete: Dynamisches Wachstum
Das Ausgabenwachstum dürfte sich insgesamt in den kommenden Jahren dynamisch weiterentwickeln, jedoch mit unterschiedlichen regionalen Ausprägungen. Die Bevölkerung und damit
die Ausgaben für Spitalleistungen dürften, dank der wirtschaftlich starken Anziehungskraft, vor
allem im äusseren Agglomerationsgürtel von Zürich, im Grossteil der Zentralschweiz sowie östlich des Genfersees – und damit ausserhalb der Zentrumsversorgungsgebiete – überproportional stark wachsen. Im Kanton Zürich dehnt sich die Bevölkerung, getrieben durch die gute Verkehrsanbindung, grossflächig immer weiter aus. Besonders hoch ist das Nachfragewachstum
am Rande des Einzugsgebietes, wo sich zum Bevölkerungswachstum eine höhere Zahl älterer
Einwohner gesellt, z.B. im Glatt- und Furttal sowie im Knonaueramt. Weniger dynamisch wächst
die Nachfrage in den Seegemeinden. Auch die Genferseeregion wächst – abgesehen von den
eigentlichen Städten Genf und Lausanne – überproportional. Der Wohnraummangel und die
entsprechend hohen Preise führen zu einem hohen Bevölkerungsdruck auf die Regionen südöstlich und nordwestlich des Sees. Die Spitalnachfrage dürfte vor allem in den Regionen Nyon,
Gros de Vaud, Morges und besonders stark im Walliser sowie Waadtländer Chablais zulegen.
Zentralschweiz: Wachstum
fast flächendeckend überdurchschnittlich
In der Zentralschweiz wächst die Bevölkerung auf der Achse Luzern–Seetal–Zug–Einsiedeln–
March/Höfe sehr stark. Auch die Gemeinden südlich des Vierwaldstädtersees in Ob- und
Nidwalden und die Lorzenebene wachsen dynamisch. Getrieben wird dieses Wachstum durch
die verkehrstechnische Erreichbarkeit Richtung Zürich und die steuerliche Attraktivität. Die alternde Bevölkerungsstruktur fördert die Nachfrage nach Spitalleistungen zusätzlich. Wenig dynamisch entwickelt sich die künftige Nachfrage vor allem im Kanton Uri und im Entlebuch.
Mittelland und Nordwestschweiz: Nur an den Rändern dynamisch
Der Wohnraummangel und die entsprechend hohen Immobilienpreise in der Genferseeregion
und der Region Zürich führen an den Rändern des Mittellandes zu einem beträchtlichen Bevölkerungsdruck. Dadurch dürfte die künftige Spitalnachfrage vor allem im Kanton Freiburg stark
steigen. Ebenfalls ein relativ kräftiges Nachfragewachstum ist im Kanton Aargau zu erwarten.
Die eher nachfrageschwachen Kantone Jura und Neuenburg werden auch in Zukunft keinen
Nachfrageschub verzeichnen. Auch im Kanton Bern und im Raum Basel bleibt die Dynamik in
den kommenden Jahren praktisch flächendeckend verhalten.
Ostschweizer und Tessiner
Zentren: Leicht überdurchschnittliches Wachstum
In der Ostschweiz wächst die Nachfrage besonders in der Region Kreuzlingen und im Sarganserland. Unterdurchschnittlich entwickelt sich die Nachfrage in den Gemeinden am Alpstein,
aber auch im Umkreis der Stadt St. Gallen. Ausserhalb der Region Chur muss das Bündnerland
mit einer unterdurchschnittlichen Nachfrageentwicklung rechnen. Im Kanton Tessin entwickelt
sich die Nachfrage in den bevölkerungsstarken Regionen Bellinzona und Lugano im Rahmen
des nationalen Durchschnitts oder leicht darüber.
Angebot an Spitalleistungen
Überblick und Entwicklung
Eine der grössten Branchen
der Schweiz
In der Schweiz gab es 2011 300 Spitäler, die an insgesamt 494 Standorten tätig waren und
über 141'000 Mitarbeiter (VZÄ) beschäftigten. Darunter befanden sich 120 Allgemeinspitäler
an 210 Standorten. Diese waren für rund 112'000 Arbeitsplätze verantwortlich, wovon rund
16'500 mit Ärzten und 47'700 mit Pflegepersonal besetzt waren (in VZÄ).25 Die Spitäler stellen
damit nicht nur die grösste Anbietergruppe aller Gesundheitsdienstleister dar, sondern sind gemessen an der Beschäftigung einer der grössten Arbeitgeber der Schweiz.
25 Hinzu kommen noch rund 6'900 nicht von den Spitälern angestellte Belegärzte.
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24
Credit Suisse Global Research
Grossteil des Angebots aus
den Zentrumsspitälern
2011 gab es in der Schweiz unter den Allgemeinspitälern 5 Universitätsspitäler, 25 weitere
Zentrumsversorger und 90 Grundversorgungsspitäler. Das Bundesamt für Statistik teilt diese
Spitäler nach ihrem Leistungsumfang und nach versorgungspolitischen Gesichtspunkten in fünf
Gruppen ein (Zentrumsspitäler 1 und 2, Grundversorger 1–3).26 Zentrumsspitäler behandelten
rund 61% der stationären Patienten, Grundversorger die restlichen 39%. Die Grössenunterschiede sind beträchtlich. Das Universitätsspital in Genf behandelte 2011 als grösstes Spital der
Schweiz rund 55'000 Patienten (stationäre Fälle), wohingegen neun Spitäler weniger als 1'000
Fälle verzeichneten. Neben den Allgemeinspitälern gab es 2011 49 psychiatrische Kliniken, 43
Rehabilitationskliniken sowie 88 Spezialkliniken in den Bereichen Chirurgie, Gynäkologie/Neonatologie, Pädiatrie, Geriatrie und anderen Feldern.
Staat dominiert bei Allgemeinspitälern, Private bei
Spezialkliniken
Die öffentliche Hand nimmt im Spitalbereich aus historischen Gründen eine wichtige Rolle ein.
2011 waren 31% aller Allgemeinspitäler private, 69% öffentliche oder subventionierte Betriebe.27 Der Markt der Reha- und Spezialkliniken ist dagegen deutlich stärker privatwirtschaftlich
geprägt. 2011 betrug der Anteil der Privatkliniken bei diesen Betrieben 67% bzw. 76%. Vor
allem bei den Allgemeinspitälern sind gemessen an der durchschnittlichen Fallzahl die Privatbetriebe vielfach kleiner als die öffentlichen Betriebe.
Privatspitäler profitieren
von der neuen Spitalfinanzierung
Vor der Einführung der neuen Spitalfinanzierung mussten Privatspitäler auf den kantonalen Finanzierungsanteil, von dem die öffentlichen Spitäler profitierten, verzichten. Privatspitäler fokussierten sich daher stärker auf Premiumangebote und versuchten sich durch Qualität insbesondere in Bezug auf Komfortleistungen in Unterbringung und Verpflegung abzugrenzen. Dies
drückt sich unter anderem in einem viel höheren Anteil an halbprivat und privat versicherten Patienten aus (2011: 63% gegenüber 18% in öffentlichen Spitälern). Unter dem neuen Regulierungsregime ist die Gleichbehandlung von privaten und öffentlichen Spitälern besser gewährleistet. Erhalten private Spitäler einen Listenplatz, sind sie in Bezug auf die Abgeltung ihrer Leistungen zumindest theoretisch mit den öffentlichen Spitälern gleichgestellt. Gewisse Wettbewerbsverzerrungen zugunsten öffentlicher Spitäler dürften hingegen faktisch bestehen bleiben.
Abbildung 19
Abbildung 20
Verschiebung stationär zu ambulant
Konzentrationsprozess Allgemeinspitäler
Betten pro Mitarbeiter, Index 1998 = 100
Mitarbeiter pro Spital, Index 1998 = 100; Anzahl Spitäler
100
Betten pro Mitarbeiter (Zentrumsversorger)
Betten pro Mitarbeiter (Grundversorger)
90
Anzahl Grundversorger (rechte Achse)
VZÄ pro Grundversorger (Index)
Anzahl Zentrumsversorger (rechte Achse)
VZÄ pro Zentrumsversorger (Index)
200
200
180
160
160
120
140
80
120
40
80
70
60
100
50
1998
2000
2002
2004
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Verschiebung vom stationären in den ambulanten Bereich
2006
2008
2010
0
1998
2000
2002
2004
2006
2008
2010
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Die Abkehr von kosten- hin zu leistungsabhängigen Finanzierungssystemen hat in Kombination
mit dem medizinischen Fortschritt in den letzten Jahren zu einem starken Rückgang der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer und zu einer Verschiebung vom stationären in den ambulanten
Bereich geführt. Neben einem Rückgang der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer in Zentrumsund vor allem in Grundversorgungsspitälern (–15%, bzw. –36% zwischen 1998 und 2011)
26 Die Typologie versucht, qualitative Unterschiede (z.B. Ausbildungstätigkeit, technische Infrastruktur) stärker zu berücksichtigen als quantitative (z.B. Bettenzahl).
27 Als private Betriebe gelten Spitäler, die sich als privatrechtlich bezeichnen und weder über eine Betriebsgarantie noch über eine garantierte Defizitdeckung durch die öffentliche Hand verfügen.
Swiss Issues Branchen
25
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drückte sich dies auch in der Entwicklung der Bettenzahl aus. Diese war infolge der Verschiebung von stationären hin zu ambulanten Behandlungen sowohl absolut als auch pro Mitarbeiter
rückläufig. Hier zeigt sich, dass der Strukturwandel bei den Grundversorgern schneller voranging als bei den Zentrumsversorgern (Abbildung 19). Im internationalen Vergleich hat die
Schweiz trotz dieses Strukturwandels nach wie vor eine sehr hohe durchschnittliche Spitalaufenthaltsdauer. Es wird generell erwartet, dass die neue Spitalfinanzierung den Strukturwandel weg von stationären hin zu ambulanten Behandlungen nochmals intensivieren dürfte und
damit auch die nach wie vor hohe durchschnittliche Aufenthaltsdauer weiter sinkt.
Konzentrationsprozess bei
Allgemeinspitälern
Im Bereich der Allgemeinspitäler fand in den letzten Jahren ein deutlicher Konzentrationsprozess
statt. Die Reduktion der Aufenthaltsdauer dürfte diesen Prozess wesentlich begünstigt haben.
Bei den Spezialkliniken war der Konzentrationsprozess wesentlich schwächer ausgeprägt. Die
Zahl der Allgemeinspitäler ging zwischen 2000 und 2011 von 184 auf 120 zurück (–35%), die
Zahl der Spezialkliniken blieb mehr oder weniger konstant. Dieser Rückgang ist jedoch nicht
ausschliesslich auf die Schliessung von Spitalbetrieben zurückzuführen, sondern auch auf die
rechtliche Zusammenführung verschiedener Standorte. Im gleichen Zeitraum stieg die Anzahl
Fälle pro Allgemeinspital deutlich an, was sich auch in einer höheren Beschäftigtenzahl pro Spital widerspiegelt. Der Konzentrationsprozess war indes bei Grundversorgungsspitälern deutlich
ausgeprägter als bei Zentrumsversorgern (Abbildung 20).
Regionale Versorgungssituation und Erreichbarkeit: Nachfrageperspektive
Im internationalen Vergleich hohe Spitaldichte
Die Schweiz weist im internationalen Vergleich nicht nur eine hohe durchschnittliche Aufenthaltsdauer auf, sondern ganz generell auch eine hohe Spitaldichte. Dies trotz der Tatsache,
dass in den letzten 15 Jahren rund ein Drittel aller Spitäler – zumindest als rechtlich selbständige Betriebe – von der Landkarte verschwanden. Neben einer vergleichsweise hohen Personaldichte ist auch die Dichte pro Einwohner und vor allem die Dichte im Vergleich zur Landesfläche
hoch. Die internationalen Vergleichszahlen der OECD lassen nur einen Vergleich aller Krankenhäuser zu (und nicht eine isolierte Betrachtung der Allgemeinspitäler), sprechen aber nichtsdestotrotz eine deutliche Sprache. In der Schweiz gab es 2009 auf 1 Million Einwohner rund 40
Spitäler. Das ist die achthöchste Spitaldichte pro Einwohner in allen OECD-Ländern. Betrachtet
man die geografische Spitaldichte, ist diese in der Schweiz gar am vierthöchsten. Nur in
Deutschland, Japan und Südkorea gibt es mehr Spitäler pro Quadratkilometer.
Frage nach Anzahl Spitäler
hat nicht nur betriebswirtschaftliche Dimension
Die Diskussion um die optimale Anzahl Spitäler respektive die Spitaldichte ist stark durch regionale Versorgungs- und Beschäftigungs- sowie durch zeitliche Erreichbarkeitsaspekte geprägt.
Wie im Gesundheitswesen generell steht auch das Spitalwesen im Spannungsfeld zwischen
Konzentration und Spezialisierung auf der einen Seite sowie der Nähe zu Kunden bzw. Patienten auf der anderen Seite. Arbeitsteilungs-, Effizienz-, aber auch Qualitätsüberlegungen wirken
dabei oftmals in Richtung Konzentration der Leistungserstellung, während die notwendige Nähe
zum Patienten, der Versorgungsauftrag, aber auch politische Kräfte der Konzentration entgegenwirken. Angesichts der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen und der im internationalen
Vergleich hohen Spitaldichte kam in der Vergangenheit immer wieder die Forderung auf, dass
die Zahl der Allgemeinspitäler in der Schweiz zu verkleinern sei. Prominent ist beispielsweise die
von verschiedenen Gesundheitsökonomen mehrfach geäusserte pointierte Einschätzung, dass
50 Allgemeinspitäler (oder sogar noch weniger) in der Schweiz aus betriebswirtschaftlicher und
versorgungstechnischer Sicht genügen würden.
Hohe Ansprüche an Erreichbarkeit
Die Bürger haben an die Erreichbarkeit der Spitäler jedoch hohe Ansprüche. Gemäss einer Online-Umfrage der politisch neutralen Plattform Vimentis unter knapp 30'000 Personen waren
2010 71% der Auffassung, dass ein Krankenhaus nicht mehr als 30 Minuten vom Wohnort
entfernt sein darf.28 Gut ein Drittel ist der Auffassung, dass ein Spital innerhalb von 20 Minuten
erreichbar sein muss. Die Frage, ob die Anzahl Spitäler reduziert und auf weniger Standorte zusammengefasst werden soll, beantworteten im Jahr 2010 zwei Drittel ablehnend.
28 Quelle: www.vimentis.ch
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Hervorragende Spitalerreichbarkeit in der Schweiz
Eine detaillierte Erreichbarkeitsanalyse zeigt, dass die oben verwendeten, international vergleichbaren Kennzahlen nicht trügen. Trotz der schwierigen Topografie der Schweiz können
gemäss unseren Berechnungen 99.8% der Bevölkerung vom Mittelpunkt ihrer Wohngemeinde
aus mit dem Auto ein Allgemeinspital innerhalb von 30 Minuten erreichen. Immer noch 98.4%
der Bevölkerung sind in der Lage, ein Spital innerhalb von 20 Minuten und 94.0% innerhalb von
15 Minuten zu erreichen (Abbildung 21). Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man betrachtet,
wie viele Spitäler vom Gemeindemittelpunkt aus innerhalb von 30 Minuten erreicht werden können. Knapp drei Viertel der Bevölkerung können im Radius von einer halben Stunde unter acht
oder mehr Spitälern aussuchen (Abbildung 22).
Abbildung 21
Abbildung 22
Fahrzeit bis zum nächsten Allgemeinspital*
Anzahl in 30 Minuten erreichbarer Allgemeinspitäler
Fahrzeit in Minuten (Auto), vom Gemeindemittelpunkt aus
Anzahl in 30 Min. per Auto vom Gemeindemittelpunkt aus erreichbarer Spitäler
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6 - 10
1-3
11 - 15
16 - 30
4-5
31 - 45
6-10
11-15
46 - 60
16-25
*inkl. Gesundheitszentren mit Rettungs-/Notfalldienst; Quelle: Bundesamt für
Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geostat
Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geostat
Nur sehr wenige Versorgungslücken
Nimmt man den individuell exakten Wohnort als Ausgangspunkt und berücksichtigt man Stau
und sonstige Verkehrsbehinderungen, kommen diese Zahlen natürlich etwas tiefer zu liegen.
Dennoch kann man ohne Zweifel folgern, dass eine sehr grosse Mehrheit der Bevölkerung in
der Lage ist, ein Spital in weniger als 15 Minuten Fahrzeit zu erreichen. In den peripheren Regionen der Alpen gibt es zwar einige Gemeinden, von denen aus das nächstgelegene Spital
nicht innerhalb einer halben Stunde erreicht werden kann. Diese beschränken sich jedoch auf
rund zwei Dutzend und sind bevölkerungsarm. Damit wären – nähme man die erwähnten Umfrageergebnisse als Messlatte – die Präferenzen der Bevölkerung wohl klar erfüllt.
Auch Spitzenmedizin ist
schnell erreichbar
Die Spitalgrundversorgung ist also schweizweit in einem äusserst hohen Grad sichergestellt.
Aber auch Spitäler, die in der Lage sind, kompliziertere Eingriffe vorzunehmen, sind von einem
grossen Teil der Bevölkerung rasch zu erreichen. Zentrumsversorgungsspitäler können von
mehr als 90% der Bevölkerung innerhalb einer halben Stunde erreicht werden. Universitätsspitäler können immer noch von rund der Hälfte der Bevölkerung innert 30 Minuten und von rund
einem Viertel innert 15 Minuten erreicht werden.
Konzentrationsprozess wird
sich fortsetzen
Der in Abbildung 20 dargestellte Konzentrationsprozess war bisher vor allem durch eine juristische und administrative Zusammenlegung von Spitälern geprägt, weniger durch eine tatsächliche räumliche Konzentration der medizinischen Leistungserbringung. Diese dürfte künftig jedoch vermehrt einsetzen. Vor allem kleinere Spitäler werden wohl stärker unter Druck kommen,
ihre Angebotspalette einzuschränken und sich stärker auf einzelne Leistungen zu spezialisieren.
Dieser Prozess wird indes politisch kaum geräuschlos über die Bühne gehen. Die Ansprüche
der Schweizer Bevölkerung an die zeitliche Erreichbarkeit von Spitälern sind äusserst hoch, und
in einzelnen Regionen stellen Spitäler wichtige Arbeitgeber dar. Entsprechend intensiv dürfte bei
allfälligen Schliessungen von Spitalabteilungen oder gar Spitälern die politische Debatte sein.
Swiss Issues Branchen
27
Credit Suisse Global Research
Konzentrationsprozess
auch aus Versorgungssicht
eine Chance
Tatsächlich dürfte dieser Konzentrationsprozess aber nicht nur aus Effizienz-, sondern auch aus
Qualitätsgründen und damit aus Versorgungssicht wünschenswert sein – vor allem in Anbetracht der heute fast schon luxuriös anmutenden Erreichbarkeit der Spitäler. Es ist weitgehend
unbestritten, dass die Behandlungsqualität eines Spitals bei vielen Eingriffen mit den entsprechenden Fallzahlen korreliert.29 Eine Spezialisierung und kooperative Arbeitsteilung unter Spitälern dürfte daher sowohl zu Effizienz- als auch Qualitätsgewinnen führen, ohne dass die Erreichbarkeit unter ein akzeptables Mass fällt. Auch der Effekt auf die Arbeitsplätze sollte nicht
dramatisiert werden. Die Nachfrage nach Spitaldienstleistungen wird auch künftig ansteigen.
Dies dürfte innerhalb der meisten Versorgungsregionen selbst unter Berücksichtigung potenzieller Effizienzgewinne die Nachfrage nach Spitalpersonal aufrechterhalten. Anders ausgedrückt:
Arbeitsplätze gehen nicht verloren, sondern verlagern sich bloss in die regionalen Zentren.
Versorgungsdichte und Wettbewerbssituation: Angebotsperspektive
Regional unterschiedliche
Versorgungsdichte
Angesichts der hohen Spitalerreichbarkeit überrascht die Aussage nicht, dass die Allgemeinspitäler in der Schweiz heute mehr oder weniger dort stehen, wo sich die Nachfrage konzentriert.
Dennoch gibt es bezüglich der Versorgungsdichte regionale Unterschiede (Abbildung 23). Die
Karte visualisiert für jede Gemeinde die Spitalnachfrage im Verhältnis zum Spitalangebot im
Akutbereich (gemessen anhand der Spitalbeschäftigung) im Umkreis von 60 Minuten Fahrdistanz.30 Aus Patientensicht bedeutet eine hohe Spitaldichte eine gute Versorgung. Aus Spitalsicht – gerade im neuen, stärker wettbewerbsorientierten Umfeld – deutet eine hohe Versorgungsdichte auf stärker umkämpfte Märkte und höhere Wettbewerbsintensität hin. Abbildung
23 nimmt eher die Anbietersicht ein, wohingegen die Abbildung 21 und 22 eher die Nachfrager- bzw. die Patientensicht darstellen.
Indikator für die Wettbewerbssituation
Selbstredend stellt Abbildung 23 eine Vereinfachung der Realität dar. Wir nehmen für alle Spitäler und damit auch implizit für unterschiedliche Spitalleistungen ein einheitliches Einzugsgebiet
an. In der Realität dürften die Einzugsgebiete für höher spezialisierte Leistungen mangels Alternativangeboten grösser sein als für Standardprozeduren. So gibt es in der Schweiz gegenwärtig
nur drei Zentren für Herztransplantationen (Zürich, Bern, Lausanne). Auch können mit dieser
Darstellung weitere regionale Spezialisierungen auf bestimmte Fachgebiete nicht berücksichtigt
werden. Eine weitere Vereinfachung ist die Gleichsetzung der Spitalbeschäftigung mit dem Angebot und die Nichtberücksichtigung der Anzahl Betten.31 Dadurch vernachlässigen wir zum
Beispiel regional unterschiedliche Verhältnisse bezüglich ambulanter bzw. stationärer Behandlung. Nichtsdestotrotz stellt die Karte einen guten ersten Indikator für die Versorgungsdichte
und damit die heutige Wettbewerbssituation dar.
Versorgungsdichte in den
Zentren am grössten
Abbildung 23 zeigt, dass die Versorgungsdichte in erster Linie in den grossen Städten hoch ist
und in den Agglomerationen mit zunehmender Distanz zum Zentrum abnimmt. Dies ist nicht
überraschend: In den Städten befindet sich die Zentrumsversorgung, welche geografisch stark
konzentriert sowohl eine breite Palette an spezialmedizinische Leistungen, aber auch Grundversorgung anbietet. Jedoch gibt es auch zwischen den Zentren Unterschiede. So ist die Versorgungsdichte in Zürich tiefer als in Genf, Basel, Lausanne oder Bern. Aufgrund eines hohen Anteils an – in der Analyse nicht berücksichtigten – ausländischen Patienten dürfte die tatsächliche
Nachfrage nach Spitaldienstleistungen besonders in Genf und Basel leicht höher liegen als vom
Modell berechnet. Entsprechend überschätzt Abbildung 23 die tatsächliche Versorgungsdichte
in diesen Städten wohl etwas. Mehr zum Anteil ausländischer Patienten siehe Abbildung 25.
Hohe Dichte an Universitätsspitälern in der Westschweiz
Zwischen dem Osten und dem Westen der Schweiz gibt es, wie in Abbildung 23 ersichtlich, ein
klares Gefälle der Versorgungsdichte. Dafür verantwortlich ist unter anderem die innert kürzester Fahrdistanz erreichbare hohe Zahl an Universitätsspitälern in der westlichen Landeshälfte
29 Vgl. Heberer, Weber und Todorov (2012): Nutzung und Nutzen von Qualitätsindikatoren.
30 Wir berücksichtigen die Anzahl vollzeitäquivalenter Spitalstellen und die Nachfrage, welche von jedem Gemeindemittelpunkt aus mit dem Auto innert 60 Minuten zu erreichen ist. Um der Tatsache gerecht zu werden, dass die Überwindung von Distanzen Zeit kostet, wird sowohl das Angebot als auch die Nachfrage mit zunehmender Fahrzeit exponentiell abdiskontiert. Die zugrunde liegende Exponentialfunktion orientiert sich dabei am effektiven Fahrverhalten der Bevölkerung (Quelle: Mikrozensus Mobilität
und Verkehr 2010).
31 Das Personal ist zumindest kostenseitig dennoch der zentrale Angebotsfaktor. 2011 machten die Personalkosten durchschnittlich 63% des Betriebsaufwands aus, die
Investitionskosten hingegen nur 8%. Ausserdem korreliert die Mitarbeiterzahl äusserst eng mit der Bettenzahl.
Swiss Issues Branchen
28
Credit Suisse Global Research
(vgl. Abbildung 24). So haben Universitätsspitäler eine fast doppelt so hohe Mitarbeiterzahl pro
stationären Fall wie die restlichen Spitäler (selbst übrige Zentrumsspitäler). Die Gründe für diese
hohe Personalintensität an Universitätsspitälern sind einerseits die grössere Angebotsbreite besonders im hochspezialisierten Bereich, anderseits die deutlich höhere Forschungs- und Ausbildungsaktivität.32
Abbildung 23
Allgemeinspitäler: Angebot in Relation zur Nachfrage (Versorgungsdichte)
Geschätzte Spitalausgaben (2011) pro Spitalbeschäftigte in Allgemeinspitälern (2011, VZÄ)* im Radius von 60 Minuten Fahrzeit (Auto) pro Gemeinde, gewichtet**
Hohe Versorgungsdichte
Überdurchschnittliche Versorgungsdichte
Unterdurchschnittliche Versorgungsdichte
Tiefe Versorgungsdichte
* Schätzung basierend auf Betriebszählung 2008 und Kennzahlen Schweizer Spitäler 2011. Berücksichtigt wurden VZÄ (ohne Belegpersonal) im Akutbereich der Allgemeinspitäler und der Kinderspitäler, **Ausgaben und Beschäftigte abhängig von Fahrzeit exponentiell abdiskontiert; Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für
Statistik, Credit Suisse, Geostat
Heutige Versorgungsdichte und künftiges Nachfragewachstum
Künftiges Wachstum korrespondiert nur bedingt mit
Standorten
Erzielt das neue Spitalfinanzierungsregime die beabsichtigte Wirkung, stehen die Spitäler in den
nächsten Jahren in einem verstärkten Wettbewerb um Patienten. Um eine erste Einschätzung
zur künftigen Marktsituation machen zu können, müssen wir aber nicht nur die heutige regionale
Versorgungsdichte, sondern auch die künftige Nachfrageentwicklung berücksichtigen. Ein Blick
in die Zukunft zeigt, dass das regionale Muster der heutigen Spitalstandorte nicht überall mit
dem des künftigen Nachfragewachstums übereinstimmt (Abbildung 24). In gewissen Regionen
stehen die Spitäler da, wo die Bevölkerung voraussichtlich auch besonders stark wachsen wird.
Auf der anderen Seite erfahren Gebiete mit einer gegenwärtig hohen Versorgungsdichte wie die
grossen Stadtzentren ein klar unterdurchschnittliches Nachfragewachstum. Mithilfe einer kombinierten Betrachtung der heutigen Versorgungsdichte (Abbildung 23) und des künftigen Nach-
32 Den Aspekt der Forschung und Lehre berücksichtigen wir bei der Berechnung, indem wir die Beschäftigtenzahl mit dem Anteil der Kosten im Akutbereich (exklusive der
Lehr- und Forschungskosten) an den Gesamtkosten gewichten.
Swiss Issues Branchen
29
Credit Suisse Global Research
fragewachstums (Abbildung 24) können wir die regionalen Spitalmärkte grob in vier Kategorien
unterteilen:
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Kategorie 1: Märkte mit unterdurchschnittlicher Versorgungsdichte und überdurchschnittlichem Nachfragewachstum
Kategorie 2: Märkte mit überdurchschnittlicher Versorgungsdichte und überdurchschnittlichem Nachfragewachstum
Kategorie 3: Märkte mit überdurchschnittlicher Versorgungsdichte und unterdurchschnittlichem Nachfragewachstum
Kategorie 4: Märkte mit unterdurchschnittlicher Versorgungsdichte und unterdurchschnittlichem Nachfragewachstum
Abbildung 24
Nachfragewachstum bis 2040 und Standorte der Allgemeinspitäler
Wachstumsprognose Gesundheitsausgaben (2011–2040) für Spitalbehandlungen im Radius von 15 Minuten pro Gemeinde; Spitalstandorte 2011
Hohes Wachstum
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Überdurchschnittliches Wachstum
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Tiefes Wachstum
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Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geostat
Tiefe Versorgungsdichte
und hohes Wachstum:
Metropolregion Zürich
Zur ersten Kategorie gehören in erster Linie grosse Teile der Metropolregion Zürich, nicht jedoch die Stadt Zürich sowie die Regionen südwestlich und südlich von ihr. Der Aargauer Spitalmarkt findet sich mehrheitlich in dieser Kategorie. In der Zentralschweiz ordnen wir fast den
gesamten Kanton Schwyz, die Region Sursee/Seetal und die Lorzenebene dazu. In der Ostschweiz sind dies in erster Linie das Rheintal, das Sarganserland, die Region Wil und praktisch
der gesamte Thurgau. In der Westschweiz gehören einzig das Unter- und Mittelwallis und teilweise das Waadtländer Chablais zur ersten Kategorie.
Hohe Versorgungsdichte
und hohes Wachstum: Umland der Genferseeregion
In die zweite Kategorie fallen Regionen mit einer hohen Versorgungsdichte und stark überdurchschnittlich erwartetem Nachfragewachstum. Dazu gehören in erster Linie grosse Teile der
Waadt und praktisch der ganze Kanton Freiburg. Viele Gemeinden südlich und südwestlich der
Stadt Zürich sind aufgrund einer im nationalen Vergleich überdurchschnittlich hohen Versorgungsdichte ebenfalls dieser Kategorie zuzuordnen. In der Zentralschweiz vereinen die Stadt
Swiss Issues Branchen
30
Credit Suisse Global Research
Luzern sowie die Kantone Ob- und Nidwalden eine überdurchschnittliche Versorgungsdichte mit
einem relativ starken erwarteten Nachfragewachstum.
Hohe Versorgungsdichte
und tiefes Wachstum: Die
Zentren
In die dritte Kategorie fallen Märkte mit einer gegenwärtig hohen Versorgungsdichte und einem
unterdurchschnittlichen erwarteten Wachstum. Hierzu gehören die Agglomeration Bern, das
Baselbiet, das Appenzellerland mit der Stadt St. Gallen sowie grosse Teile Graubündens. Aber
auch die Stadtzentren aus den ansonsten wachstumsstarken Metropolregionen – Zürich,
Lausanne und Genf – finden sich in dieser Marktklassifizierung wieder.
Tiefe Versorgungsdichte
und tiefes Wachstum: Meist
ausserhalb der grossen
Agglomerationen
In die vierte Kategorie fallen vor allem Gebiete ausserhalb der grossen Agglomerationsgürtel.
Die Versorgungsdichte ist dort im nationalen Durchschnitt heute unterdurchschnittlich, und das
künftige Nachfragewachstum dürfte vergleichsweise bescheiden ausfallen. Dazu gehören unter
anderem grössere Teile des Jurabogens, die Berner und Luzerner Voralpen, die zentralen Alpentäler, das Toggenburg und der Kanton Schaffhausen.
Versorgungsdichte und
Nachfragewachstum nur
zwei Erfolgsfaktoren unter
vielen
Diese Unterteilung soll einen ersten Hinweis auf künftige Unterschiede bei der Wettbewerbsintensität geben. Je tiefer die heutige Versorgungsdichte und je höher das zu erwartende Nachfragewachstum, desto geringer ist die künftige Wettbewerbsintensität – und umgekehrt. Damit
sei nicht impliziert, dass Spitäler in weniger stark umkämpften Märkten eine Garantie auf Erfolg
haben oder dass Spitäler in Märkten mit hoher Versorgungsdichte und geringem Nachfragewachstum vor einer schwierigen Zukunft stehen. Erstens gehört die Spitalbranche mit hoher
Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft zu den wachstumsstarken Branchen der Schweiz. Die Spitalnachfrage dürfte daher selbst in Regionen mit unterdurchschnittlich starkem Wachstum zum
Teil durchaus beträchtlich zunehmen. Zweitens sind Versorgungsdichte und künftiges Marktwachstum nicht die einzigen Erfolgsdeterminanten. Eine hohe Effizienz bei der Betriebsführung,
ein qualitativ hochstehendes Angebot und eine strategisch kluge Spezialisierung sind oft wichtigere Erfolgsfaktoren als der Sättigungsgrad der regionalen Märkte. Gerade im neuen Umfeld
mit der schweizweit freien Spitalwahl haben Spitäler die Chance, ihr Einzugsgebiet mit einer erfolgreichen Spezialisierungsstrategie deutlich über die Standortregion auszuweiten.
Exkurs: Interkantonale Patientenströme
Markt stark kantonal geprägt
Ein Aspekt, der bei der Betrachtung der Spitalmarktsituation berücksichtigt werden muss, ist die
interkantonale Patientenwanderung. Obige Berechnungen zur Versorgungsdichte berücksichtigen keine Kantonsgrenzen. Aufgrund der bisherigen regulatorischen Ausgestaltung der Schweizer Spitallandschaft war der Markt jedoch bis vor kurzem stark an kantonale Grenzen gebunden.
Bis Ende 2011 griff der Wohnkanton eines Patienten bei ausserkantonalen Eingriffen finanziell
nur ein, wenn die benötigte Behandlung im Wohnkanton nicht verfügbar war oder es sich um
einen Notfall ausserhalb des Wohnkantons handelte. Für nicht notfallmässige ausserkantonale
Behandlungen musste eine vorgängige Kostengutsprache eingeholt werden, diese bis anhin in
30% der Fälle mit einem negativen Entscheid.33
Nur 16% der Patienten
werden ausserkantonal
behandelt
Die Analyse der interkantonalen Patientenströme zeigt daher, dass sich 2011 nur rund 16%
aller Schweizer Patienten (stationär) nicht in ihrem Wohnkanton behandeln liessen. Rund 4%
der Fälle fielen dabei weder im Wohnkanton noch in einem Nachbarkanton an, und lediglich 3%
aller Patienten stammten aus dem Ausland. Die Quoten der ausserkantonalen Hospitalisationen
schwanken von Kanton zu Kanton sehr stark. Der Anteil war in Appenzell Innerrhoden mit 54%
am grössten. Am kleinsten war der Anteil mit 5% im Kanton Bern.
Grösste Netto-Exporteure
von Spitaldienstleistungen
sind Kantone mit Unispitälern
Gemessen an den gesamten durch die jeweils eigene Kantonsbevölkerung verursachten Fällen
sind die Kantone mit Universitätsspitälern und die Kantone Appenzell Ausserrhoden sowie
Graubünden die grössten Netto-Exporteure von Spitaldienstleistungen. Nur in drei Kantonen
machten diese Nettoströme 2011 mehr als 20% der im jeweiligen Kanton domizilierten Nachfrage aus (Abbildung 25).
33 Obsan (2012): Séjours hospitaliers hors du canton de domicile. Description des flux de patients et analyse des déterminants.
Swiss Issues Branchen
31
Credit Suisse Global Research
Abbildung 25
Dienstleistungs-Exportbilanzen kantonaler Spitalmärkte
Ausserkantonale Patienten (stationäre Fallzahlen, netto) im Verhältnis zu den Fällen, welche die eigene Kantonsbevölkerung
insgesamt verursacht
80%
Nachbarkantone
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Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Wie stark nehmen Patientenströme zu?
Mit dem Inkrafttreten der neuen Spitalfinanzierung 2012 haben grundversicherte Personen unter den Listenspitälern – mit kleinen Einschränkungen – in der ganzen Schweiz die freie Wahl
(vgl. Unterkapitel «KVG-Teilrevision zur Spitalfinanzierung»). Die regulatorische Segmentierung
der kantonalen Spitalmärkte nimmt dadurch ab. Daher ist zu erwarten, dass die interkantonalen
Patientenströme zunehmen dürften. Das genaue Ausmass der künftigen Patientenbewegung ist
jedoch schwierig abzuschätzen, da viele Faktoren beim Entscheid mitspielen, ob eine Behandlung innerkantonal oder extrakantonal durchgeführt wird. Ein 2012 erschienener Bericht des
Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) findet empirische Belege dafür, dass die
Kantonsgrösse, die Region sowie die Art des Spitals und des Eingriffs eine Rolle spielen, ob eine Behandlung inner- oder extrakantonal stattfindet. Internationale Studien zeigen auch, dass
der jeweilige Hausarzt einen entscheidenden Einfluss auf die Spitalwahl haben kann.34
Ausserkantonales Nachfragepotenzial aus Distanzgründen
Ein Faktor, der für die Schweiz bisher kaum untersucht werden konnte – aber vor allem bei Basiseingriffen mutmasslich einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit ausserkantonaler Behandlungen hat – ist die Nähe des Wohnorts eines Patienten zum jeweiligen Spital. Aufgrund der
geografisch geringen Grösse der meisten Kantone und der hohen Spitaldichte liegen Spitäler
jenseits der Kantonsgrenze für viele Patienten näher als innerkantonale Krankenhäuser. Wie
sich das neue KVG tatsächlich auf die distanzinduzierten Patientenströme auswirken wird, muss
sich erst noch zeigen. Bereits heute approximativ abschätzbar ist hingegen das distanzinduzierte
ausserkantonale Nachfragepotenzial. Dazu berechnen wir, wie viele Personen innerhalb eines
Kantons ein beliebiges ausserkantonales Spital per Individualverkehr schneller erreichen können, als das nächstgelegene innerkantonale Spital.
8% der Nachfrage findet
ausserhalb des Entstehungskantons ein näheres
Spital
Unter diesen Annahmen beträgt dieses Potenzial 8% der gesamten Schweizer Nachfrage. Dies
deutet darauf hin, dass die interkantonalen Patientenströme im Grundversorgungsbereich zumindest aus Distanzgründen mit dem Regimewechsel vorerst höchstens marginal zunehmen
dürften. Angesichts dieser eher tiefen Zahl ist es wenig überraschend, dass die Kantonsgrenzen
die geografischen Einzugsgebiete der jeweiligen kantonalen Spitalmärkte im Grossen und Ganzen relativ gut beschreiben (Abbildung 26).
34 Obsan (2012): Séjours hospitaliers hors du canton de domicile. Description des flux de patients et analyse des déterminants.
Swiss Issues Branchen
32
Credit Suisse Global Research
Abbildung 26
Ausserkantonale Erreichbarkeit der Grundversorgung
Gemeinden, von deren Mittelpunkt aus ein ausserkantonales Allgemeinspital (inkl. Gesundheitszentren mit Rettungs/Notfalldienst) per Auto schneller erreichbar ist als ein innerkantonales
Spital innerhalb Wohnkanton näher
Spital ausserhalb Wohnkanton näher
Quelle: Bundesamt für Statistik, Bundesamt für Gesundheit, Credit Suisse, Geostat
Spitalimmobilien
Implikationen des neuen Finanzierungsregimes
Spitalimmobilien: Unverzichtbar und dennoch vernachlässigt
Spitalimmobilien sind Betreiberimmobilien. Die Immobilie ist auf ihren Nutzen zugeschnitten und
untrennbar mit dem Spitalbetrieb verbunden. Die effiziente Flächenplanung bei heterogener
Raumstruktur, die Notwendigkeit kurzer Wege und die haustechnischen Grundlagen für den
Einbau hochtechnologischer und sensibler Geräte stellen hohe bautechnische Anforderungen an
die Immobilie. Damit sich der Patient trotz der technisch-ökonomischen Anforderungen im Spital
wohl fühlt und dieses auch noch schnell erreichen kann, sollte der Spitalbetrieb zudem architektonisch ansprechend verpackt sein und über eine hohe Lagegüte verfügen, deren Parameter je
nach Spitaltyp variieren. Zuletzt, aber nicht weniger bedeutend sind Spitäler wichtige Arbeitgeber. Entsprechend müssen die Liegenschaften zusätzlich zu den ohnehin schon hohen und zum
Teil konträren Anforderungen auch noch gute Arbeitsbedingungen bieten. Summa summarum
wundert es somit nicht, dass der Planungsprozess von Spitälern lang, aufwendig und konfliktgeladen ist, dass der Bau teuer ist und bauliche Veränderungsprozesse langsam vonstattengehen.
Die Änderung der Spielregeln im Hinblick auf Planung und Finanzierung, wie es am 1. Januar
2012 geschehen ist, erhöht die Komplexität zusätzlich.
Unterschätzter Investitionsbedarf
Die neue Ordnung verlangt von allen Spitälern, dass sowohl technische als auch bauliche Investitionen über die eigenen Einnahmen finanziert werden. In welcher Form das genau geschieht,
bleibt umstritten. Für das Jahr 2012 hat der Bundesrat den Investitionskostenzuschlag auf 10%
der schweregradbereinigten Fallzahl festgesetzt. Ab 2013 sollen die tatsächlichen Anlagenutzungskosten der Spitäler gemäss Kostenausweisen Grundlage für die Abgeltungshöhe sein.
Doch diese rückwärtsgerichtete Sichtweise unterschätzt die zukünftigen Kosten, weil vielerorts
zu wenig investiert wurde und die Anlagenutzungskosten tief ausfallen. Der Schritt vom Globalbudget zu ertragsabhängigen Investitionsmöglichkeiten birgt somit grosse Herausforderungen
für Spitäler und Kantone.
Unternehmerische Freiheit
ja, aber wie viel?
Die logische Konsequenz aus den neuen Regelungen ist, dass Spitäler, die ihr Investitionspotenzial selbst erwirtschaften, die Investitionen auch selber tätigen. Hierzu benötigen die SpitalSwiss Issues Branchen
33
Credit Suisse Global Research
gesellschaften Verfügungsrechte über ihre Liegenschaften, die sie vom Kanton, der in der Regel Alleineigentümer der Spital AG bleibt, in ganz unterschiedlichen Ausmassen erhalten. Häufig
wechseln die Liegenschaften den Eigentümer im Baurecht. So ist zum Beispiel am 1. Januar
2011 in Luzern die Mehrheit der Gebäude im Baurecht an das Kantonsspital übergegangen.
Sowohl als Alleineigentümer der Spitalgesellschaft als auch als Baurechtsgeber halten sich somit die meisten Kantone die Einflussnahme auf das Immobilienmanagement der Spitäler über
zwei Kanäle offen, was die private Finanzierung von Investitionen erschwert. Der Kanton Aargau
geht im Hinblick auf die unternehmerische Freiheit etwas weiter und hat den Kantonsspitälern
die betriebsnotwendigen Liegenschaften inklusive der Grundstücke als Sacheinlage im Rahmen
einer Aktienkapitalerhöhung übertragen. Diese Vorgehensweise wird in ähnlicher Form auch in
anderen Kantonen angestrebt. Sie soll die Eigenkapitaldecke der Spitäler stärken und die Aufnahme von Fremdkapital ermöglichen. Der Kanton Aargau sichert die finanzielle Zukunft der
Spitäler aber dennoch ab, indem er sich vorbehält, Finanzierungshilfen für Bauinvestitionen über
einen Zeitraum von 12 Jahren zu leisten.
Rückblick: Investitionen in Spitalimmobilien
Veraltete Baustruktur in
neuer Welt
Doch grosse Varianz gibt es nicht nur bezüglich Rechtsform der Spitalgesellschaften, Einflussnahme der Kantone und Ausmass der Verfügungsrechte über die Betriebsliegenschaften, sondern auch hinsichtlich deren Zustände. Grundsätzlich wurde in den vergangenen 20 Jahren zu
wenig investiert. Politische Prozesse und die finanzielle Haushaltslage waren ausschlaggebend
dafür, wo, wann und wie viel in die bauliche Infrastruktur investiert wurde. Das Immobilienmanagement wurde nicht überall gleich professionell betrieben, notwendige Investitionen haben
sich aufgestaut, und viele Liegenschaften sind nicht mehr zeitgemäss. Während sich die Ausgaben für Spitalleistungen gegenüber 1995 fast verdoppelt haben, bewegten sich die Investitionen in Um- und Neubauten von Allgemeinspitälern 2011 nur 8% über dem Niveau von 1995 –
mit starken und haushaltsabhängigen Schwankungen dazwischen (Abbildung 27). Vor allem die
Neubauinvestitionen, die im langfristigen Mittel nur knapp ein Drittel der Bauinvestitionen ausmachen, sind von 1995 bis 2004 im Trend von 227.6 Mio. CHF auf 69.6 Mio. CHF gesunken,
kurzfristig bis 2008 wieder auf 272.6 Mio. CHF angestiegen und seitdem wieder markant eingebrochen. Im Mittel der Jahre 1995 bis 2003 hatten die Spitalbauinvestitionen insgesamt noch
einen Anteil von 5.3% an den Spitalausgaben. Im Folgezeitraum 2004 bis 2011 ist dieser Anteil
auf 3.4% gesunken. Im Vergleich zur mengenmässig zunehmenden Inanspruchnahme von Spitalleistungen infolge fortschreitender Technologie und höheren Wohlstandes sind die Investitionen in bauliche Infrastruktur ins Hintertreffen geraten.
Abbildung 27
Bauinvestitionen und Spitalausgaben allgemeiner Spitäler
Anteil der Investitionen an den Ausgaben (linke Skala); Ausgaben und Investitionen, indexiert, 1995 = 100 (rechte Skala)
Investitionen/Ausgaben: Neubau
Investitionen/Ausgaben: Umbau
Mittelwert Investitionen/Ausgaben
Spitalausgaben (rechte Achse)
Bauinvestitionen Spitäler (rechte Achse)
7%
6%
200
180
5%
160
4%
140
3%
120
2%
100
1%
80
0%
60
1995
1997
1999
2001
2003
2005
2007
2009
2011
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Swiss Issues Branchen
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Credit Suisse Global Research
Zentralschweiz: Immobilien
gut in Schuss
Das Ausmass des Investitionsstaus variiert erheblich zwischen den Kantonen. Die Spitäler sind
dadurch mit ganz unterschiedlichen infrastrukturellen Voraussetzungen in die neue Finanzierungswelt gestartet. Abbildung 28 zeigt die Summe der Bauinvestitionen der Jahre 1994 bis
2011 in Relation zu den Hospitalisierungen im Jahre 2011 nach Kantonen. Auffällig ist die starke Investitionstätigkeit – relativ zu den Fallzahlen – aller Zentralschweizer Kantone mit Ausnahme von Schwyz. Gut in Schuss ist zum Beispiel das Kantonsspital Glarus, das zwischen 1993
und 2004 gesamthaft renoviert wurde. Der Kanton Zug investierte rund 200 Mio. CHF in den
Spitalneubau des Kantonsspitals in Baar. Damit startet der Kanton mit einem der modernsten
Spitäler in den neuen Wettbewerb. Das muss jedoch nicht zwingend ein Vorteil sein. In der neuen Welt sind die Abschreibungen des Anlagekapitals aus den Fallpauschalen zu erwirtschaften.
Können gewisse Kapazitäten nicht ausgelastet werden und generieren keine Einnahmen, lasten
die Abschreibungen dennoch schwer auf dem Budget. Nicht ganz so eindeutig ist der Fall des
Kantonsspitals Uri, das 1997 einen Anbau erhielt, wo zukünftig aber auch das Hauptgebäude
aus dem Jahr 1963 einem Ersatzneubau weichen soll. Auch das Kantonsspital Obwalden in
Sarnen wurde 1996 erweitert. Der neue Bettentrakt ist zudem weit fortgeschritten und dürfte
noch 2013 fertiggestellt werden.
Solothurn: Umstrittene
Subventionierung des Bürgerspitals
Neben den Zentralschweizer Kantonen bewegt sich Solothurn ebenfalls unter den investitionsstärksten Kantonen. Nachdem in den letzten Jahren kräftig mit Neubau und Erweiterung in das
Kantonsspital Olten investiert wurde, hat das Stimmvolk 2012 dem Kredit über 340 Mio. CHF
für den Neubau des Bürgerspitals in Solothurn zugestimmt. Der Kanton dürfte die Finanzierung
des Neubaus übernehmen und die neuen Liegenschaften erst nach deren Inbetriebnahme an
die Spitalgesellschaft übergeben. Dieses Vorgehen wird einerseits gerade von Privatspitälern als
Wettbewerbsverzerrung im neuen System wahrgenommen, das doch ursprünglich auf gleiche
Bedingungen für alle Akutspitäler abzielte. Andererseits zeigt dieser Fall genau das Problem für
Spitäler, die mit veralteter Baustruktur erhöhten Investitionskosten gegenüberstehen, für deren
Finanzierung sie zunächst jedoch im neuen Finanzierungssystem eine Grundlage schaffen müssen.
Abbildung 28
Bauinvestitionen in Allgemeinspitäler 1994-2011 nach Kanton
Summe der Jahre 1994–2011 nach Neubau und Umbau pro Hospitalisierung im Jahre 2011
22'000
Neubauinvestitionen pro Fall
20'000
Umbauinvestitionen pro Fall
18'000
16'000
14'000
12'000
10'000
8'000
6'000
4'000
2'000
0
GL UR SO ZG OW BS LU NWZH GE CH TG BL FR GR BE SG VD NE VS SH AG AI TI SZ JU AR
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Die doppelte Last der vernachlässigten Immobilien
Vor allem Spitäler, deren Liegenschaften in der Vergangenheit nicht professionell bewirtschaftet
wurden, sind nun mit einer doppelten Last konfrontiert: Erstens ist der bauliche Nachholbedarf
aufgrund der Versäumnisse per se gross. Zweitens wächst die Bedeutung der baulichen Infrastruktur im zunehmenden Wettbewerb um Patienten, weil die Attraktivität eines Spitals auch
vom Gebäudezustand abhängt. Darüber hinaus lassen sich in modernen Gebäuden Spitalbetrieb
Swiss Issues Branchen
35
Credit Suisse Global Research
und Unterhaltskosten optimieren, was angesichts der steigenden Effizienzanforderungen an Relevanz gewinnt. Viele Spitäler werden investieren müssen, um zumindest den Spitalbetrieb zu sichern und sekundär die Effizienz des Betriebs zu steigern. Sie haben jedoch die grosse Chance,
dies mit Blick auf die neue Welt sehr zielgerichtet zu tun. Andere Spitäler wollen investieren, um
über Effizienzsteigerungen in der zukünftigen Konsolidierung der Spitallandschaft bestehen zu
können. Dadurch entsteht eine Kombination aus zwingend notwendigen und wettbewerbsgetriebenen Investitionsbestrebungen, die zusammen mit unsicheren Finanzierungsaussichten
auch das Risiko von Fehlinvestitionen bergen. Diese werden durch die anhaltende Verlagerung
in den ambulanten Bereich noch verstärkt, denn dadurch sinkt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer, und dem stationären Teil droht die Überdimensionierung. Seitens der Kantone
scheint das Geschehen derzeit noch von der Seitenlinie aus beobachtet zu werden. Es besteht
jedoch die Gefahr, dass die Kantone aus Angst vor Fehlinvestitionen früher oder später wieder
eingreifen. Das wäre ein Rückschritt im Prozess, denn die Kantone müssen sich die Frage gefallen lassen, ob sie wirklich besser in der Lage sind, Fehlinvestitionen zu vermeiden als die dem
Markt und der Nachfrage sehr viel näheren Spitäler.
Ausblick: Projektierte Investitionsvolumen
Infrastruktureller Nachholbedarf
Das Volumen an konkret geplanten und von Allgemeinspitälern öffentlich kommunizierten Bauprojekten beläuft sich derzeit auf rund 6 Mrd. CHF, wovon der Löwenanteil auf Neubauprojekte
entfällt. Hinzu kommt der geplante Umbau des Unispitals Zürich in der Grössenordnung von 2.8
Mrd. CHF über die nächsten 15 Jahre, wodurch das Volumen auf knapp 9 Mrd. CHF ansteigt.
Damit stehen für die kommenden 5 bis 15 Jahre Investitionsabsichten im Raum, die dem Bauvolumen der letzten 17 Jahre entsprechen. Das geplante Volumen dürfte erst die Spitze des
Eisberges an Plänen sein, die noch in den Schubladen von Spitälern und Planern schlummern.
Unter der zusätzlichen Berücksichtigung von Unterhaltsarbeiten ist davon auszugehen, dass der
tatsächliche Investitionsbedarf von Allgemeinspitälern in den nächsten 15 bis 20 Jahren das
heute bekannte Projektvolumen um einiges übertrifft.
Abbildung 29
Zukünftige Investitionsschwerpunkte von Spitalbauten
Absehbares Projektvolumen pro Fallzahl (2011) in CHF;
Abweichung des absehbaren Volumens von der Summe der Bauinvestitionen in Allgemeinspitäler der Jahre 1995–2011
Projekte vs. Volumen 95-11
—
> 81%
—
41% - 80%
—
1% - 40%
•
-39% - 0%
•
•
•
•
-79% - -40%
•
< -80%
Projektvolumen/Fallzahl
—
> 16'001
—
—
—
•
—
•
—
—
•
•
•
7'224 - 10'000
•
•
•
10'001 - 16'000
4'001 - 7'223
2'001 - 4'000
< 2'000
•
—
—
—
•
•
•
•
Quelle: Credit Suisse, Bundesamt für Statistik
Swiss Issues Branchen
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Credit Suisse Global Research
Grosser Nachholbedarf in
der Nord- und Ostschweiz
Abbildung 29 setzt das Volumen langfristig geplanter Bauprojekte in das Verhältnis zur kantonalen Fallzahl im Jahr 2011 und zeigt die Abweichung dieses Volumens von den Bauinvestitionen
der Vergangenheit. Dadurch lassen sich die künftigen regionalen Investitionsschwerpunkte identifizieren. Besonders hoch sind absehbare Investitionen aufgrund der langfristigen Umbaupläne
des Unispitals in Zürich und im Kanton Uri, wo der geplante Ersatzneubau des Hauptgebäudes
bei vergleichsweise geringer Fallzahl stark ins Gewicht fällt. Gross ist der Nachholbedarf im
Kanton St. Gallen, wo über die kommenden 20 Jahre eine Investitionssumme von 1 Mrd. CHF
im Raum steht. Grundsätzlich übertreffen die langfristigen Investitionspläne das vergangene
Bauvolumen der letzten 17 Jahre in den Kantonen mit grösseren Projekten markant. Eine Ausnahme bildet der Kanton Solothurn, wo nach dem Neubau des Spitals Olten nun die Pläne für
das Bürgerspital auf dem Tisch liegen, dessen veranschlagte Kosten von 340 Mio. CHF unter
dem Niveau der Vergangenheit liegen. Das Grossprojekt Riviera-Chablais fällt hingegen wenig
ins Gewicht, weil die Finanzierung auf die zwei Kantone Waadt und Wallis aufgeteilt wird.
Finanzierung: Wer soll das
bezahlen?
Die Relation der Investitionen zur Fallzahl verdeutlicht zudem, wie es um die Finanzierbarkeit
zukünftiger Investitionen steht, wenn nur die Einnahmen aus der Fallkostenpauschale berücksichtigt würden. Im Falle des Kantons St. Gallen lag die schweregradbereinigte Fallzahl im Jahr
2011 zum Beispiel bei knapp 54'000 Fällen. Unter der Annahme einer Basisrate von 9'400
CHF pro Fall und einer Investitionskostenpauschale von 11% ergibt sich für die Allgemeinspitäler die Investitionsmöglichkeit von 55.8 Mio. CHF. Mit diesen Parametern würde die Amortisation der geplanten Investition von 1 Mrd. CHF unter der Annahme von 100% Fremdkapital und
3.7% Kapitalkosten 30 Jahre dauern – ohne laufende Unterhaltsarbeiten oder Zusatzinvestitionen in medizinische und nichtmedizinische Anlagen, Software, Fahrzeuge etc. Glücklicherweise
ist dieses auf die Fallpauschale ausgerichtete Szenario in den meisten Spitälern deshalb unrealistisch, weil mit einem gewissen Anteil von Zusatz- und Privatversicherten im Patientenmix die
Wirtschaftlichkeit aufgrund der höheren Margen gesteigert werden kann. Weiter führt auch eine
Spezialisierung auf komplexere Bereiche der Medizin zu einer verbesserten Profitabilität. Somit
können grosse Investitionen in der Realität auch schneller amortisiert werden.
Limitierte Budgets zwingen
Kantone zur finanziellen
Freiheit ihrer Spitäler
Wie soll dieses Finanzierungsproblem anders gelöst werden, als dass die Kantone auch in der
neuen Welt für die Investitionsversäumnisse der Vergangenheit aufkommen? Und warum haben
Kantone überhaupt einen Anreiz, Spitäler in die finanzielle Freiheit zu entlassen, die letztlich den
kantonalen Leistungsauftrag erfüllen müssen? Die Antwort ist simpel: Die steigenden Kosten im
Gesundheitswesen und limitierte Budgets zwingen auch die Kantone, den Leistungsauftrag aus
der Effizienzperspektive zu betrachten. Gleichzeitig ist der Nachholbedarf stellenweise jedoch so
gross, dass es verantwortungslos wäre, infrastrukturell veraltete, aber leistungsstarke Spitäler
von heute auf morgen finanziell fallen zu lassen. Sofern es die öffentlichen Finanzen zulassen,
wird dies dazu führen, dass zunächst ein subventionierter Niveauausgleich stattfinden wird, bevor Kantone das weitere Wirtschaften den Spitälern überlassen werden. Das bedeutet, dass die
volle Kraft des Wettbewerbs erst langfristig richtig einsetzen wird und es bis dahin zwischen unterschiedlich privatwirtschaftlich orientierten Kantonen und zwischen öffentlichen und privaten
Spitälern Verzerrungen geben wird. Zudem dürfen Kantone den herrschenden Standortwettbewerb nicht aktiv unterstützen und sollten kantonsübergreifenden regionalen Lösungen eine
Chance geben. Ansonsten verunmöglichen sie durch politisch motivierte Eingriffe Effizienzsteigerungen, die sie selbst zur Budgetentlastung benötigen. Ein nächster wichtiger Schritt in Richtung wirtschaftlich eigenständiger und gleichzeitig qualitativ hochstehender Spitäler der Zukunft
dürfte somit die Entflechtung der kantonalen Mehrfachrollen sein.
Blick nach vorne: Herausforderungen und viele Chancen
Probleme sind nicht unlösbar
Doch die Probleme, die sich aus der Kombination veralteter Baustruktur und neuem Finanzierungssystem ergeben, sind durchaus lösbar. Gerade in Bezug auf ihr Immobilienmanagement
können Spitäler die neue Selbständigkeit schon heute unternehmerisch nutzen. Erstens können
sie im Hinblick auf einen Rückzug der öffentlichen Hand aus der Infrastruktur- und Anlagenutzungskostenfinanzierung andere Fremdkapitallösungen anstreben. Wie Spitalverwaltungen haben auch Banken in den letzten Jahren Know-how für Spitalfinanzierungen aufgebaut und können entsprechende Lösungen anbieten. Voraussetzung dafür ist betriebswirtschaftliche Transparenz, eine klare Positionierung im neuen Umfeld und strategische Antworten auf zukünftige
Swiss Issues Branchen
37
Credit Suisse Global Research
Herausforderungen. Konsolidieren lässt sich all dies in einem Businessplan, der auf der Suche
nach Finanzierungen die betriebswirtschaftliche Visitenkarte des Spitals darstellt. Das Ausmass
dessen, was sich an Projekten finanzieren lässt, ist dann letztlich eine Funktion aus Ertrag, Eigenkapital und der Entpolitisierung des Spitalwesens. Dass Spitäler den Kapitalmarkt für Finanzierungen nutzen können, muss auch im Interesse der Kantone sein. Denn nur die freie Wahl
der Kapitalgeber wird den Spitälern die unternehmerische Unabhängigkeit ermöglichen, die
Kantone zur Entlastung ihrer Budgets benötigen. Scheitern private Finanzierungen, wird der
Kanton wieder einspringen müssen.
Zusatzdienstleistungen mit
Potenzial
Zweitens können private Investoren die Eigentümerrolle des Kantons in nicht betriebsnotwendigen Teilbereichen übernehmen. Wird realistischerweise davon ausgegangen, dass der unternehmerische Spielraum im Bereich der Kernleistungen aufgrund des Leistungsauftrages vom
Kanton eingeschränkt bleibt, ist der Spielraum an Zusatzdienstleistungen, die privat bereitgestellt werden könnten, dennoch gross. Je nach Immobilienstruktur kann eine Unterteilung in betriebsnotwendige Liegenschaften mit Akut- und Grundversorgung im Eigentum der Spitalgesellschaft und nicht betriebsnotwendige Liegenschaften erfolgen, in denen Zusatzdienstleistungen
angeboten werden. Deren Veräusserung an Investoren birgt, adäquate Rahmenbedingungen
vorausgesetzt, für beide Parteien Chancen.
Patientenhotel als ausgelagerte Immobilie
Dem Spital hilft die Veräusserung nicht betriebsnotweniger Liegenschaften, das Eigenkapital zu
stärken, um jene Investitionen fremdfinanzieren zu können, die seine Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Gleichzeitig steigern Zusatzdienstleistungen – sofern richtig konzipiert – die Attraktivität
von Spitälern. Mögliche Felder von Auslagerungen und Kooperationen mit privaten Anbietern in
separaten Liegenschaften sind Präventiv- und Rehabilitationsmassnahmen, medizinische
Dienstleistungszentren mit niedergelassenen Ärzten oder Beherbergungsformen wie z.B. Patientenhotels. Diese können Patienten beherbergen, die nicht mehr intensiv in der Spitalabteilung
betreut werden müssen, jedoch noch medizinische Überwachung benötigen, sowie Angehörige.
Die Wirkung eines privaten Patientenhotels kann selbst dann eine doppelt positive Auswirkung
auf das Spital haben, wenn keine Bestandesliegenschaft zur Umnutzung bereitsteht und ein
Neubau erfolgen muss. Erstens sinken die Pflegekosten, weil die Unterbringungskosten aufgrund geringerer Pflegeintensität und geringerer medizinischer Infrastruktur im Patientenhotel
tiefer ausfallen. Zweitens erhöht das Spital seine Anziehungskraft im Wettbewerb, indem es die
Patientenbedürfnisse in den Vordergrund stellt und dank indirekt erhöhter Bettenkapazität die
Fallzahlen steigern kann. Im Falle eines Neubaus ist verfügbares Bauland in unmittelbarer Nähe
zu den betriebsnotwendigen Liegenschaften die Voraussetzung für diese Teilprivatisierung.
Investorenalbtraum: Unterinvestiert, unterschiedlich
reguliert und subventioniert
Die immobilienspezifischen Herausforderungen sind somit insgesamt gross: Die Spitäler sind
mit ganz unterschiedlichen infrastrukturellen Voraussetzungen in die neue Finanzierungswelt
gestartet. Entsprechend unterschiedlich – im Ganzen jedoch sehr hoch – fällt der zukünftige
Investitionsbedarf aus. Zum Teil wird dieser noch durch Kantone subventioniert, doch grösstenteils streben die Kantone – sofern noch nicht geschehen – die finanzielle Freiheit der Spitäler
und ihrer Liegenschaften an, weil dies langfristig ihren Haushalt entlastet. Für eine private
Fremdfinanzierung dürften einige der Grossprojekte, die noch im alten System geplant wurden,
im Hinblick auf Eigenkapital und Tragbarkeit überdimensioniert sein. Die überstürzte Planung
von grossen Bauprojekten birgt somit das Risiko von Fehlinvestitionen und fehlenden Mitteln für
medizinische Anlagen. Spitäler brauchen zunächst Zeit, um Eigenkapital aufzubauen und um
Projekte zu entwickeln, die zukünftigen Bedürfnissen entsprechen und gleichzeitig finanziell
tragbar sind. Eine hybride Eigentümerstruktur der Liegenschaften mit betriebsnotwendigen
Kerngebäuden im Eigentum der Spitalgesellschaft und Zusatzdienstleistungen in nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften in privater Hand kann Teilaspekte dieser Probleme lösen. Investoren sind jedoch aufgrund der politischen und emotionalen Komponenten, die in der Natur von
Spitalimmobilien liegen, zurückhaltend.
Dennoch: Markt im Umbruch bietet Chancen
Doch eine frühe Besetzung dieses neuen Geschäftsfeldes verspricht Wettbewerbsvorteile und
bietet unweigerlich auch Chancen, sofern das Potenzial und die Risiken einer Gesundheitsimmobilie richtig beurteilt werden. Analog zu Abklärungen bei üblichen Immobilieninvestitionen gilt
es die Marktbedingungen, die Makro- und Mikrolage und die bauliche Substanz und die Ertragslage zu bewerten. Hinzu kommt eine politische Komponente, die eng mit der Makrolage und
den Marktbedingungen verzahnt ist und besonders für Allgemeinspitäler der Grundversorgung
Swiss Issues Branchen
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Credit Suisse Global Research
relevant ist. Sind diese aufgrund ihrer geografischen Lage für ein grosses Einzugsgebiet ohne
grosse Konkurrenz gut erreichbar, arbeiten sie wirtschaftlich und bieten sie ein breites Spektrum
der medizinischen Grundversorgung in hoher Qualität an, dann sind sie für den Kanton elementarer Bestandteil zur Erfüllung des Leistungsauftrages und damit quasi gesetzt für die kantonale
Spitalliste.
Ein erfolgreiches Spital
wird nicht leer stehen
Hinzu kommt, dass es aufgrund der demografischen Alterung kaum einen anderen Markt gibt,
für den sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein derart kontinuierliches Nachfragewachstum prognostizieren lässt wie im Gesundheitswesen. Mit anderen Worten: Ein Spital,
das sich schon heute als Gewinner der anhaltenden Strukturbereinigung identifizieren lässt, wird
morgen sicher nicht leer stehen. Diese Wachstumsperspektive vermag die schlechte Umnutzungsmöglichkeit, die in der spezifischen Gebäudestruktur von Spitalimmobilien begründet ist, je
nach Fall teilweise bis vollständig zu kompensieren. Ebenso klar ist, dass die Gesundheitskosten
mit der demografischen Alterung, technologischem Fortschritt und steigendem Wohlstand zunehmen werden, so dass Rationalisierungen auf allen nichtmedizinischen Ebenen – zu denen
auch die Bereitstellung der Liegenschaften zählt – zwingend werden erfolgen müssen, um Einschränkungen bei den medizinischen Leistung verhindern zu können.
Notwendiger Dialog: Über
alles reden und Ängste
ernst nehmen
Der Marktzutritt für Investoren ist dafür steinig. Neben der Identifikation aussichtsreicher Spitäler
muss der Dialog mit dem Kanton als Eigentümer und der Spitalverwaltung als Betreiberin gesucht werden. Weil es sich um ein gesellschaftlich sensibles Thema handelt, sind Interessenkonflikte, Vorbehalte und Ängste vorprogrammiert, und die Kommunikation ist entscheidend.
Zahlreiche Public-Private-Partnership-Projekte (PPP) sind in anderen öffentlichen Bereichen
aufgrund von unklaren Aufgabenteilungen, Zielkonflikten und zu hohem Koordinationsaufwand
gescheitert. Von Investoren ist in diesem neuen Markt Kreativität und Pioniergeist gefragt. Die
Kantone ihrerseits müssen die unternehmerischen Freiheiten der Spitalgesellschaften im Hinblick auf ihr Immobilienmanagement und auf private Zusatzangebote klar definieren und respektieren sowie potenzielle Investoren als Allianzpartner bei der Bewältigung künftiger Herausforderungen verstehen.
Fazit: Vom Spital zum Gesundheitszentrum
Ohne Eingriffe werden Kosten aus dem Ruder laufen
Die Ausgaben für Spitalleistungen werden zulegen, weil die Bevölkerung wächst, altert und für
das höchste Gut «Gesundheit» grundsätzlich eine hohe Zahlungsbereitschaft hat. Weil Krankenkassen zum grossen Teil unbeschränkt für Behandlungen aufkommen, gibt es aus individueller
Sicht wenige Ausgabenbeschränkungen. Löhne werden zudem steigen, und ob es gelingt, die
Preise für medizinische Produkte und Geräte im Zaum zu halten, bleibt ungewiss. Unsere Prognoseansätze verdeutlichen, wie die Spitalausgaben weiter steigen werden, wenn niemand etwas unternimmt. Weil es verantwortungslos ist, die Kosten von Spitalleistungen sehenden Auges aus dem Ruder laufen zu lassen, versucht der Gesetzgeber mit der neuen Spitalfinanzierung
Anreize zu setzen, um Leistungen effizienter bereitzustellen. Ob diese KVG-Revision die erhofften Früchte tragen wird, kann erst in ein paar Jahren klar beurteilt werden. Bereits heute zeichnet sich jedoch ab, dass die Umsetzung nicht überall so reibungslos abläuft, wie man es sich
vielleicht mancherorts erhoffte.
Hohe Spitaldichte nicht
ausschlaggebend für Qualität
Schweizer Spitäler haben international eine hohe Reputation. Der hohe Standard der medizinischen Ausbildung, die attraktiven Arbeitsbedingungen und die hohe Lebensqualität in der
Schweiz wirken als Magnete für hervorragende Ärzte, die in Kombination mit der richtigen Infrastruktur letztlich für die gesamte Leistungsqualität ausschlaggebend sind. Die ausserordentlich gute Erreichbarkeit der Spitäler, die auf dem sehr dichten Grundversorgungsnetz basiert, ist stark auf die Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichtet, die sich mehrheitlich ein Spital
in unmittelbarer Nähe zum Wohnort wünscht. Doch im Gegensatz zur Qualität von Ärzten und
Pflegepersonal ist eine hohe Zahl an Spitälern nicht ausschlaggebend für die Leistungsqualität.
Vor allem für kleinere, wenig spezialisierte Spitäler wird es in Zukunft schwierig werden, die nötige Infrastruktur auf der Basis geringer Fallzahlen aufrechtzuerhalten. Problematisch wird es
besonders dann, wenn kleine Spitäler mit vergleichbaren Leistungsspektren sich in wachstumsschwachen Regionen die Patienten gegenseitig streitig machen.
Swiss Issues Branchen
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Credit Suisse Global Research
Erfolgsfaktoren: Ärzte,
Spezialisierung, Kooperation, Lage
Werden in diesem Umfeld Standortverlagerungen oder Anpassungen des Leistungsangebotes
diskutiert, kochen die Emotionen schnell hoch und verunmöglichen eine sachliche Argumentation über die Chancen, die der wachsende Spitalmarkt vielen Beteiligten und allen voran den
Patienten bietet. Im Falle von räumlichen Ansammlungen konkurrierender Spitäler ist die Frage
der Zukunft nicht, ob Leistungen angeboten werden, sondern wo, in welcher Form, von wem
und vor allem wie finanziert. Gute Ärzte und Mitarbeiter, Spezialisierung, Kooperationen und die
richtige geografische Positionierung sind die zukünftigen Erfolgsfaktoren. Konkurrierende Spitäler müssen sich, unterstützt von der kantonalen und idealerweise interkantonal koordinierten
Spitalplanung, miteinander abstimmen und ein komplementäres Angebot bereitstellen
(Abbildung 30).
Abbildung 30
Vom Spital zum Gesundheitszentrum
Hypothetisches Spital mit hybrider Eigentümerstruktur und Zusatzdienstleistungen
Immobiliengesellschaft:
Unabhängiges Management der Liegenschaften,
inklusive Veräusserungsmöglichkeiten an Dritte, IT, Facility Management
Kernleistungen
(Leistungsauftrag Kanton):
Akut- und Grundversorgung;
Spezialisierungen auf/mit Spitälern
im Umkreis abgestimmt
Ambulant:
Medizinisches
Dienstleistungszentrum mit niedergelassenen Ärzten
Rehabilitation
Private
Bereitstellung
Spitalgesellschaft: Verwaltung, Kosten-/
Leistungskontrolle, DRG-Abrechnung
Private
Bereitstellung
Private
Bereitstellung
Business: Büroräume und Infrastruktur für Fachkongresse
Patienten- und
Personalbedürfnisse
Genuss: Wellness, gastronomische Vielfalt
Dienstleistungen: Apotheken, Coiffeur, Kiosk, Medizinprodukte
Private
Bereitstellung
Beherbergung: Zusatzangebote für Patienten und Familien; Personalhäuser
Medizinische
Dienstleistungen
Prävention, z.B.:
Seniorengymnastik
Gewichtsreduktion
Nikotinentwöhnung
Quelle: Credit Suisse
Heute braucht es Unternehmergeist, um in Zukunft
investieren zu können
Eine weitere Chance besteht im Ausbau von Grössenvorteilen an einem Standort, während alternative Standorte als spezialisierte Satelliten zur Erstversorgung betrieben werden. In der
Summe muss dadurch nicht zwingend Personal oder Leistungsumfang reduziert werden, aber
die Kosten dürften sinken und die Qualität z.T. gar zunehmen. Im Spital der Zukunft ist neben
guten Ärzten und Pflegepersonal daher auch unternehmerisches Handeln gefragt. Die Akutund Grundversorgung wird im Beispiel der Abbildung 30 vom Kanton in Auftrag gegeben und
von der Spitalgesellschaft, deren Hauptaktionär im Falle von Allgemeinspitälern häufig ebenfalls
der Kanton ist, betrieben. Die Spitalgesellschaft konzentriert sich damit auf ihre Kernkompetenz
der medizinischen Leistungserbringung. Über Angebot und Auslagerung einzelner Dienstleistungen kann die Spitalgesellschaft ihre Ertragskraft stärken, was für die Finanzierung medizinischer Anlagen und betriebsnotwendiger Liegenschaften immer wichtiger wird. Schliesslich spiegelt sich die Notwendigkeit zur Neupositionierung und die schwache Investitionstätigkeit der
letzten 15 bis 20 Jahre auch in den Bauprojekten vieler Spitäler wider. Bei einigen Kantonsspitälern besteht heute ein Nachholbedarf. Der Investitionsbedarf ist hoch. Die Zusammenlegung
von Standorten und die Neuausrichtung von Leistungsbereichen erfordert zusätzlich Umbauund Erweiterungsarbeiten. Zurzeit sind Bauprojekte im Umfang von knapp 9 Mrd. CHF absehbar – der tatsächliche Investitionsbedarf der kommenden 15–20 Jahre dürfte jedoch noch einiges darüber liegen. Diesen Investitionsbedarf zu finanzieren und gleichzeitig die Kosten zu reduzieren, wird eine der grössten Herausforderungen des Spitals der Zukunft sein.
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Credit Suisse Global Research
Offenlegungen
Bestätigung
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Distribution von Research-Berichten
Wo im Bericht nicht anders vermerkt, wird dieser Bericht von der Schweizer Bank
Credit Suisse AG verteilt, die der Zulassung und Regulierung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht untersteht. Australien: Dieser Bericht wird von der
Credit Suisse AG, Sydney Branch (CSSB) (ABN 17 061 700 712 AFSL
226896), ausschliesslich an «Wholesale-Kunden», definiert nach s761G des
Corporations Act 2001, verteilt. CSSB übernimmt keine Gewähr, noch macht sie
Zusicherungen zur Wertentwicklung der in diesem Bericht erwähnten Finanzprodukte. Bahamas: Der vorliegende Bericht wurde von der Schweizer Bank Credit
Suisse AG erstellt und im Namen der Credit Suisse AG, Nassau Branch, verteilt.
Diese Niederlassung ist ein bei der Securities Commission der Bahamas eingetragener Broker-Dealer. Bahrain: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse AG,
Bahrain Branch, verteilt, die über eine Zulassung der Central Bank of Bahrain
(CBB) als Investment Firm Category 2 verfügt und von dieser reguliert wird.
Brasilien: Die hierin enthaltenen Angaben dienen lediglich zu Informationszwecken und sollten nicht als ein öffentliches Angebot für Wertpapieren in Brasilien
verstanden werden. Hierin erwähnte Wertschriften sind möglicherweise nicht bei
der brasilianischen Börsenaufsicht CVM (Comissão de Valores Mobiliáros) registriert. Deutschland: Die Credit Suisse (Deutschland) AG untersteht der Zulassung und Regulierung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin). Sie verbreitet Finanzanalysen an ihre Kunden, die durch ein mit ihr
verbundenes Unternehmen erstellt worden sind. Dubai: Diese Informationen
werden von der Credit Suisse AG, Dubai Branch, verteilt, die über eine ordnungsgemässe Lizenz der Dubai Financial Services Authority (DFSA) verfügt und
unter deren Aufsicht steht. Finanzprodukte oder -dienstleistungen in diesem
Swiss Issues Branchen
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Credit Suisse Global Research
Zusammenhang richten sich ausschliesslich an Grosskunden mit liquiden Mitteln
von über USD 1 Mio., die über ausreichend Erfahrung in Finanzfragen verfügen,
um sich im Sinne eines Grosskundengeschäfts in Finanzmärkten engagieren zu
können, und die regulatorischen Kriterien für eine Kundenbeziehung erfüllen.
Frankreich: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse (France) verteilt. Diese ist
ein Anbieter von Investitionsdienstleistungen und verfügt über eine Zulassung der
Autorité de Contrôle Prudentiel (ACP).. Die Credit Suisse (France) untersteht der
Aufsicht und Regulierung der Autorité de Contrôle Prudentiel und der Autorité
des Marchés Financiers. Gibraltar: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse
(Gibraltar) Limited verteilt. Die Credit Suisse (Gibraltar) Limited ist eine unabhängige Gesellschaft, die zu 100 % im Besitz der Credit Suisse ist. Sie untersteht
der Regulierung der Gibraltar Financial Services Commission. Guernsey: Dieser
Bericht wird von der Credit Suisse (Guernsey) Limited verteilt, einer unabhängigen Rechtseinheit, die in Guernsey unter der Nummer 15197 und unter der
Anschrift Helvetia Court, Les Echelons, South Esplanade, St Peter Port, Guernsey, eingetragen ist. Die Credit Suisse (Guernsey) Limited ist zu 100% im Besitz
der Credit Suisse AG. Sie wird von der Guernsey Financial Services Commission
überwacht. Der jeweils aktuelle testierte Jahresabschluss ist auf Anfrage erhältlich. Indien: Der Vertrieb des vorliegenden Berichts erfolgt durch die Credit
Suisse Securities (India) Private Limited («Credit Suisse India»), die vom Securities and Exchange Board of India (SEBI) beaufsichtigt wird unter den SEBIRegistrierungsnummern INB230970637, INF230970637, INB010970631 und
INF010970631 und deren Geschäftsadresse wie folgt lautet: 9th Floor, Ceejay
House, Plot F, Shivsagar Estate, Dr. Annie Besant Road, Worli, Mumbai 400
018, Indien, Tel. +91-22 6777 3777. Italien: Dieser Bericht wird in Italien
einerseits von der Credit Suisse (Italy) S.p.A. verteilt, einer gemäss italienischem
Recht gegründeten und registrierten Bank, die der Aufsicht und Kontrolle durch
die Banca d'Italia und CONSOB untersteht, sowie andererseits von der Credit
Suisse AG, einer Schweizerischen Bank mit Lizenz zur Erbringung von Banking
und Finanzdienstleistungen in Italien. Japan: Dieser Bericht wird von Credit
Suisse Securities (Japan) Limited, Financial Instruments Dealer, Director-General
of Kanto Local Finance Bureau (Kinsho) No. 66, Mitglied der Japan Securities
Dealers Association, Financial Futures Association of Japan, Japan Investment
Advisers Association und Type II Financial Instruments Firms Association,
ausschliesslich in Japan verteilt. Credit Suisse Securities (Japan) Limited wird
diesen Bericht nicht ausserhalb Japans verteilen oder in Länder ausserhalb
Japans weiterleiten. Jersey: Der Vertrieb des vorliegenden Berichts erfolgt durch
die (Guernsey) Limited, Jersey Branch, die von der Jersey Financial Services
Commission beaufsichtigt wird. Die Geschäftsadresse der Credit Suisse (Guernsey) Limited, Jersey Branch, in Jersey lautet: TradeWind House, 22 Esplanade,
St Helier, Jersey JE2 3QA. Katar: Diese Information wird von der Credit Suisse
Financial Services (Qatar) L.L.C verteilt, die über eine Bewilligung der Aufsichtsbehörde für den Finanzplatz Katar (QFCRA) verfügt und von dieser reguliert wird
(QFC Nr. 00005). Alle Finanzprodukte oder Finanzdienstleistungen im Zusammenhang mit diesem Bericht sind nur für Geschäftskunden oder Vertragspartner
(gemäss Definition der Aufsichtsbehörde für den Finanzplatz Katar (QFCRA))
zugänglich. Zu dieser Kategorie gehören auch Personen mit einem liquiden
Vermögen von über USD 1 Mio., die eine Einstufung als Geschäftskunden
wünschen und die über genügend Kenntnisse, Erfahrung und Verständnis des
Finanzwesens verfügen, um sich an solchen Produkten und/oder Dienstleistungen zu beteiligen. Luxemburg: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse (Luxembourg) S.A. verteilt. Diese ist eine luxemburgische Bank, die über eine Zulassung der Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF) verfügt
und von dieser reguliert wird. Mexiko: Die im Bericht enthaltenen Informationen
stellen kein öffentliches Angebot von Wertschriften gemäss dem mexikanischen
Wertschriftengesetz dar. Der vorliegende Bericht wird nicht in den mexikanischen
Massenmedien angeboten. Der Bericht enthält keine Werbung im Zusammenhang mit der Vermittlung oder Erbringung von Bankdienstleistungen oder Anlageberatung auf dem Hoheitsgebiet Mexikos oder für mexikanische Staatsbürger.
Russland: Das in diesem Bericht angebotene Research ist in keiner Art und
Weise als Werbung oder Promotion für bestimmte Wertpapiere oder damit zusammenhängende Wertpapiere zu verstehen. Dieser Research-Bericht stellt
keine Bewertung im Sinne des Bundesgesetzes über Bewertungsaktivitäten der
Russischen Föderation dar. Der Bericht wurde gemäss den Bewertungsmodellen
und der Bewertungsmethode der Credit Suisse erstellt. Singapur: Dieser Bericht
wurde zur Verteilung in Singapur ausschliesslich an institutionelle Anleger, zugelassene Anleger und erfahrene Anleger (wie jeweils in den Financial Advisers
Regulations definiert) erstellt und herausgegeben und wird von der Credit Suisse
AG, Singapore Branch, auch an ausländische Anleger (gemäss Definition in den
Financial Advisers Regulations) verteilt. Aufgrund Ihres Status als institutioneller
Anleger, zugelassener Anleger, erfahrener Anleger oder ausländischer Anleger ist
die Credit Suisse AG, Singapore Branch, in Bezug auf finanzielle Beratungsdienstleistungen, die die Credit Suisse AG, Singapore Branch, gegebenenfalls für
Sie erbringt, von der Einhaltung bestimmter Compliance-Anforderungen gemäss
Financial Advisers Act, Chapter 110 of Singapore («FAA»), den Financial Advisers Regulations und den massgeblichen, im Rahmen dieser Gesetze und Bestimmungen herausgegebenen Mitteilungen und Richtlinien befreit. Spanien:
Dieser Bericht wird in Spanien von der Credit Suisse AG, Sucursal en España,
verteilt. Diese ist ein durch die Banco de España autorisiertes Unternehmen
(Registernummer 1460). Thailand: Der Vertrieb des vorliegenden Berichts
erfolgt durch die Credit Suisse Securities (Thailand) Limited, die von der Securities and Exchange Commission, Thailand, beaufsichtigt wird und unter der Adresse 990 Abdulrahim Place Building, 27/F, Rama IV Road, Silom, Bangrak, Bangkok Tel. 0-2614-6000 eingetragen ist. Vereinigtes Königreich: Dieser Bericht
wurde von der Credit Suisse (UK) Limited und der Credit Suisse Securities (Europe) Limited herausgegeben. Die Credit Suisse Securities (Europe) Limited und
die Credit Suisse (UK) Limited verfügen beide über eine Zulassung der Financial
Services Authority und stehen unter deren Aufsicht. Sie sind der Credit Suisse
zugehörige, aber rechtlich unabhängige Gesellschaften. Der Schutz privater
Kunden durch die Financial Services Authority gilt nicht für Investitionen oder
Dienstleistungen, die durch eine Person ausserhalb des Vereinigten Königreichs
angeboten werden. Das Financial Services Compensation Scheme gilt nicht,
wenn der Emittent seine Verpflichtungen nicht erfüllt.
USA: WEDER DER VORLIEGENDE BERICHT NOCH KOPIEN DAVON DÜRFEN IN DIE VEREINIGTEN STAATEN VERSANDT, DORTHIN MITGENOMMEN ODER AN US-PERSONEN ABGEGEBEN WERDEN.
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