Mit Karate bleiben Sie auch im Alter fit

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Mit Karate bleiben Sie auch im Alter fit
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© Gesundheitstipp; 17.01.2012; AusgabenNr. 1
Mit Karate bleiben Sie auch im Alter fit
Isabelle Meier, Redaktion K-Tipp
Viele Karateschulen bieten Kurse für Senioren an. Karate fördert nicht nur
Beweglichkeit und Gleichgewicht - sondern auch das Gedächtnis.
Heian Shodan!», ruft der 69-jährige Rico Rusconi aus Zürich in den Raum. Dann macht
er einen Schritt nach vorne und schlägt einem unsichtbaren Gegner die Handkante an
die Schläfe. Acht weitere Senioren tun es ihm gleich. Seit drei Jahren geht Rusconi in
einen Karatekurs für Senioren.
Zu Beginn des Trainings im Zürcher Asia Sport Center machen die Teilnehmer jeweils
Übungen, die das Gleichgewicht verbessern. Auch die Beweglichkeit und die Fähigkeit
zur Koordination werden trainiert. Dazu gehören das Dehnen der Muskeln, Jonglieren
und Liegestütze. Dann gehts zur Sache: Mit lauten Rufen üben Rico Rusconi und die
anderen Teilnehmer den Kata – eine Abfolge von Schlägen und Schritten gegen einen
unsichtbaren Gegner. Rusconi ist begeistert: «Dank Karate bin ich beweglicher. Und
mein Sinn fürs Gleichgewicht hat sich verbessert.» Er habe zwar jeweils Muskelkater,
«aber es tut einfach gut».
Auch andere Karateschulen bieten Kurse für Senioren an. Peter Schwob vom
Karateverein Shushin Karate Do in Brugg AG bestätigt, dass das Interesse älterer
Neueinsteiger gestiegen sei: «Vor 10 Jahren waren von hundert Mitgliedern zwei oder
drei im Seniorenalter. Heute sind es bereits 25 Prozent.»
Studie zeigt: Karate hält auch den Geist fit
Kein Wunder: Karate fördert auch Geist und Gedächtnis. Dies bestätigten Forscher der
Universität Regensburg (D) im letzten Herbst in einer Studie. Sie hatten karatebegeisterte Senioren mit solchen verglichen, die nur den Körper oder einzig ihr Hirn
trainierten. Nach den Trainings absolvierten die Studienteilnehmer Tests: Die KarateSenioren im Alter von 67 bis 93 Jahren konnten sich Dinge viel besser merken als die anderen Gruppen. Der Grund, so die Forscher: Beim Karate muss man die zum Teil
komplexen Bewegungsabläufe der Katas lernen. Die Forscher kommen zum Schluss,
dass Karate Körper und Geist bis in hohe Alter fit halten kann.
Karate sei für Senioren gut geeignet, wirbt auch Verbandsarzt René Zenhäusern von der
Swiss Karate Federation für die Kurse: «Denn man kann die Bewegungen beliebig
langsam ausführen.» Das Risiko für Verletzungen sei gering. Zudem hat «die
verbesserte Beweglichkeit auch einen psychischen Vorteil», doppelt Mauro Richina vom
Asia Sport Center nach: «Das Training stärkt auch das Selbstvertrauen der Senioren,
weil man sich im Alltag plötzlich wieder besser bewegen kann.» Das gilt auch für andere
asiatische Kampfsportarten wie Kung-Fu und Tai-Chi.
Allerdings eignet sich nicht jeder asiatische Kampfsport für Einsteiger im Seniorenalter.
Mauro Richina sagt: «Dazu gehören jene Sportarten, die Würfe oder Rollen voraussetzen.» So schlage man im Judo bei Schulterwürfen zum Teil hart auf der Matte auf.
Judo oder Aikido seien deshalb nur bedingt zu empfehlen (siehe Tabelle).
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Mit Ausdauersport kombinieren
Sportarzt Walter O. Frey von Movemed an der Zürcher Uniklinik Balgrist sieht allerdings
auch beim Karate Grenzen für Senioren. Man müsse die körperliche Verfassung
berücksichtigen. Wer an einer Hüftarthrose oder Osteoporose leide, sollte auf Karate
verzichten. Zudem hatten Untersuchungen des Berner Inselspitals gezeigt, dass bereits
fast jeder zweite jugendliche Karatesportler Hüftbeschwerden hat.
Frey: «Bei Senioren sollte nicht die sportliche Leistung im Vordergrund stehen, sondern
das Erhalten der körperlichen Fähigkeiten.» Der Arzt empfiehlt, Karate mit einem
Ausdauersport zu kombinieren – zum Beispiel mit Langlauf, Velofahren, Schwimmen
oder Nordic Walking: «Damit schützt man auch das Herz.»
TIPPS: Überfall: Ein paar Karatestunden helfen wenig
Viele Karateschulen bieten Selbstverteidigungs-Kurse für Senioren an. Fachleute raten von solchen
Schnellbleichen ab.
Marcel Graf von der Zürcher Kantonspolizei sagt: Einen Angriff könne man nur abwehren, «wenn man erlernte
Verhaltensweisen und Handgriffe auf Knopfdruck abrufen kann». Das gelinge aber in den wenigsten Fällen und
führe oft in eine Gewaltspirale.
Man solle besser die Forderungen des Täters erfüllen, so Graf: «Das heisst, du bekommst die Brieftasche, aber
nicht mich.» Besser sei es, Gefahren rechtzeitig ein-zuschätzen, sich abzugrenzen und den Konflikt gewaltfrei
zu lösen.
Auch Karatelehrer Peter Schwob räumt ein: «Es ist blauäugig zu denken, dass man als Senior den Hauch einer
Chance hat gegen eine Gruppe von aggressiven Jugendlichen.» Wenn man aber angerempelt werde und
stürze, könne das Training einen Knochenbruch verhindern. Das gebe älteren Menschen etwas mehr
Sicherheit, sich in Menschenmengen zu bewegen. Ein weiterer Vorteil des Trainings: Senioren begegnen
einem potenziellen Angreifer selbstsicherer.
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