Heuschreckenbefall im Skigebiet Schwemmalm deutsch

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Heuschreckenbefall im Skigebiet Schwemmalm deutsch
Heuschreckenbefall in Alpinen Lagen: Die Massenvermehrung der
Sibirischen Keulenschrecke im Gebiet der Schwemmalm (Ulten)
Sektion Pflanzenschutz
Heuschreckenplagen stellen schon seit biblischen Zeiten ein Problem für den
Menschen
dar.
Auch
noch
zu
Beginn
der
Neuzeit
waren
einfallende
Heuschreckenschwärme im historischen Tirol Auslöser von Hunger und Not. In
montanen oder alpinen Lagen Südtirols finden wir Heute dagegen, verschiedene
Feldheuschreckenarten, die in der Regel so leben, dass es zu keinen merkbaren
Schäden kommt, obwohl einige von ihnen in großer Zahl vorhanden sind und als
potentielle Schädlinge gelten.
Bei unseren heimischen Arten kommt es nicht zum Zusammenschluss großer
Schwärme, wie dies bei den im Spätmittelalter einfallenden Wanderheuschrecken
der Fall war. Diese verursachten nach starker Vermehrung meist großflächige
Schäden in ihren Einzugsgebieten. Die heimischen Arten rotten sich lediglich zur
Paarung
für
kurze
Zeit
vor
Ort
zusammen.
Eine
der
häufigsten
Feldheuschreckenarten Südtirols ist die bei uns ausschließlich in alpinen bis
hochalpinen
Lagen
vorkommende
Sibirische
Keulenschrecke
(Gomphocerus
sibiricus).
Abb. 1: Männchen der Sibirischen Keulenschrecke Gomphocerus sibiricus.
Ab dem Jahr 2004 ist sie auf den Flächen des Skigebietes Schwemmalm (2000 m;
Gemeinde Ulten/Südtirol) in Massen aufgetreten worauf hin es im Juli/August 2005
zu Kahlfraß auf den Almweiden kam und das Vieh vorzeitig zu Tal gebracht werden
musste. 2006 wiederholte sich das Phänomen. Über das Befallsauftreten und über
Erfahrungen bei Untersuchungen vor Ort soll an dieser Stelle berichtet werden.
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Biologie und Verhalten
Die so genannte Keulenschrecke (nur Männchen tragen an den Vorderextremitäten
die namensgebenden Keulen; Abb. 1) ist sowohl in alpinen Höhenstufen (Alpenraum
bis Karpaten) als auch in Osteuropäischen und zentralasiatischen Gebieten
beheimatet. Auf Grund ihres Kältebedürfnisses kommt sie in den Alpen
ausschließlich über 1800 m über NN vor.
Es gibt bereits aus früherer Zeit, beispielsweise in Sibirien oder dem Engadin um
1930,
Berichte
über
eine
Massenvermehrung
dieser
Heuschreckenart.
In
Zentralasien gilt sie sogar als Getreideschädling. Dieses einbrütige Insekt schlüpft ab
etwa Mitte/Ende Mai aus den überwinternden Eipaketen und durchläuft eine
Larvalentwicklung von etwa 4 bis 6 Wochen, ab Anfang Juli ist die Geschlechtsreife
der Adulttiere schließlich erreicht.
Abb. 2: Almweide im Sommer 2007 im Gebiet der äußeren Schwemmalm mit Kahlfraß am Pflanzenbestand; Beispiel für
krautige Pflanzenarten die neben Gräsern bevorzugt von der Keulenschrecke verzehrt werden.
Befallsentwicklung ab 2006
Seit dem Beginn der Massenvermehrung im Jahre 2004 waren im Gebiet der
Schwemmalm laut unseren Erhebungen Südwest-exponierte Lagen besonders stark
befallen. Dichteerhebungen mit Hilfe des Streifnetzes haben gezeigt, dass sich 2007
die Befallslage gegenüber dem Vorjahr (2006: geschätzte 100-150 Individuen/m²)
deutlich verbessert hatte. 2007 wurden hier deutlich weniger Tiere beobachtet.
Dagegen war in höher gelegenen Südost-exponierten Lagen (Pistengelände und
Randflächen) bis 2400 m über NN erstmals eine Zunahme der Dichte festzustellen
(Abb. 3). Ab 2008 war der Befall im gesamten Befallsgebiet rückläufig; Schäden an
2
der
Vegetation
(Abb.
2)
sind
seitdem
ausgeblieben
(Stand
2011).
Die
Keulenschrecke ist jedoch weiterhin die häufigste Feldheuschreckenart in diesem
Gebiet geblieben.
Beobachtungen und Versuchsergebnisse 2006-2008
Wie wir schon 2006 feststellen konnten bevorzugen die Weibchen für die Eiablage
abgestorbene Gräserhorste die vermutlich von Trockenschäden herrührten. Hier
wurden während der Sommermonate versuchsweise mineralischer Dünger auf
Kleinparzellen ausgebracht um über die Stickstoffzufuhr eine Eiablage zu verhindern.
Auf den Flächen mit Südwest-Ausrichtung wurden außerdem Bekämpfungsversuche
mit natürlichen Gegenspielern und einem natürlichen Insektizid angelegt. Bis 2009
wurden
nun
regelmäßig
Erhebungen
über
die
Dichteentwicklung
der
Heuschreckenpopulationen durchgeführt.
Abb. 3 Käfige für die Testung von natürlichen Gegenspielern (2007); befallene Südostpiste (Muteck) im Früherbst 2007.
Laut den ersten Auswertungen im Jahr 2008 waren die Wirkungsgrade aller
geprüften Verfahren unzureichend. Weitere Erhebungen bzw. eine Fortsetzung der
Versuche waren auf Grund des geringen Befallsdruckes in den Jahren 2006 und
2007 angelegten Versuchsparzellen nicht mehr möglich. Trotzdem konnten wir unter
Berücksichtigung
von
Ergebnissen
verschiedener
früherer
Untersuchungen
(Literaturhinweise s. unten), Sachverhalte die mit dem außergewöhnlichen Befall
zusammenhängen klären.
So hatte sich bei den Erhebungen vor Ort gezeigt, dass innerhalb des großen
Einzugsgebietes „neue“ Befallsherde entstehen können von denen aus große
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Flächen besiedelt werden. 2007 wurde eine Verlagerung des Befalls in bisher nicht
betroffene Flächen festgestellt. Laut unserer Einschätzung wäre demnach eine
Regulierung auf dem gesamten Befallsgebiet, auch mit sehr wirksamen Verfahren
nicht möglich gewesen. Durch Bekämpfungsmaßnahmen hätten im günstigsten Fall
lediglich die Kernzonen (Pistengelände, Skiwege) für kurze Zeit vor Fraßschäden
geschützt werden können. Der starke Befall weit ab vom eigentlichen Pistengelände
und Schilderungen über Massenvermehrungen im Engadin in den 30er Jahren des
vorigen Jahrhunderts weisen darauf hin, dass wir es mit einem „natürlichen“
Phänomen zu tun haben. Die Bewirtschaftung der Skipiste stand demnach in keinem
Zusammenhang mit den Ursachen für die Massenvermehrung.
Ursachen
Wieso es gerade im und um das Gebiet der Schwemmalm zu einer so beachtlichen
Massenvermehrung gekommen ist kann mit den speziellen lokalen klimatischen
Besonderheiten (siehe unten) nicht ausreichend begründet werden. Die Sibirische
Keulenschrecke ist auf ähnlich gelegenen Südtiroler Almweiden ebenfalls stark
verbreitet; die äußeren Bedingungen wären auch hier gegeben gewesen; vermutlich
spielten aber auch andere Faktoren, wie z.B. die Präsenz von Gegenspielern, wie
Räuber aber vor allem Parasiten und Krankheiten eine zusätzliche Rolle.
Die Ursachen, die für die Massenvermehrung der Sibirischen Keulenschrecke
verantwortlich waren, liegen vermutlich in den besonderen klimatischen Bedingungen
der Jahre 2003 und 2004 sowie der Jahre zuvor. Auch der Rückgang der
Individuenzahlen
ab
2008
ist
laut
unserer
Einschätzung
der
Witterung
zuzuschreiben.
So förderten die auf Grund von früheren Trockenschäden abgestorbenen
lückenhaften Bürstlings-Bestände, die Ablage von Eipaketen in südexponierten
Hängen in Kammnähe. Derart exponierte Flächen sind besonders in Kammlagen im
Hochwinter durch Triebschnee bedeckt und schützen so die Eipakete. Andererseits
wintern diese durch ihre Hangneigung in Folge einer hohen Sonneneinstrahlung früh
aus und bieten eine besonders lange Vegetationszeit in der eine Entwicklung der
Keulenschrecke möglich ist. Die Trockenheit während der Vermehrungszeit 2003 und
2004 ermöglichte eine optimale Entwicklung der Jungtiere während des Frühjahrs.
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2008 war der kalte regenreiche Sommer vermutlich für den Befallsrückgang
verantwortlich.
Stellt die Sibirische Keulenschrecke eine Gefahr für die Almbewirtschaftung in
Südtirol dar?
Massenvermehrungen der Sibirischen Keulenschrecke sind auch in Zukunft möglich.
Die meisten der in ähnlichen Lagen vorkommenden Heuschreckenarten sind dazu
aber nicht in der Lage; ihnen fehlt das nötige Vermehrungspotential. Dieses aber
besitzt
die
Keulenschrecke
entscheidende
und
Voraussetzung
für
einige wenige
andere
Massenvermehrungen
alpine
ist
Arten.
jedoch
Die
das
Zusammenspiel besonderer klimatischer Bedingungen, die, wie sie am Beispiel
„Schwemmalm“ geschildert wurden, über mehrere Jahre vorliegen müssen. Von
diesen besonderen Gegebenheiten ist es abhängen, ob es in Zukunft wiederum zu
einer Massenvermehrung der Sibirischen Keulenschrecke in den alpinen Lagen
Südtirols kommen wird.
Literatur
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Laimburg
Pflanzenschutz
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