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12
hintergrund
ver.di publik 12 | dezember 2011
ver.di publik 12 | dezember 2011
Bloß nicht
absaufen
arbeitsdruck | Die einen schleppen sich zur Arbeit, obwohl sie krank
sind. Andere verausgaben sich jahrelang, brechen zusammen und sind am Ende
ihrer Kräfte. So geht es vielen Beschäftigten, Leiharbeitern wie Schichtarbeitern,
Betriebsräten, Sekretärinnen, Erzieherinnen. Von ihnen ist in den Medien
selten die Rede. Die normale Arbeitswelt ist nicht so spektakulär wie die der
Promis, aber keineswegs weniger dramatisch
von Michaela Böhm (text) und Nele Brönner (illustrationen)
„Sobald ich krank bin, stecke ich in einem Zwiespalt. Einerseits weiß ich, dass es mir
nicht gut tut, mit triefender Nase und verstopften Nasennebenhöhlen arbeiten zu
gehen. Auch die Patienten beschweren sich, viele haben ein angeschlagenes Immunsystem
oder Krebs. Eine kranke Physiotherapeutin ist für sie ein Risiko.“ Andererseits, sagt
die 40-Jährige, sei es undenkbar zu fehlen, wenn die ohnehin knapp besetzte Abteilung
durch Urlaub und Krankheit auf ein Minimum ausgedünnt ist. Würde sie ausfallen,
müsste ihre Arbeit von den Kollegen erledigt werden und das ginge nur mit noch
mehr Überstunden. „Ich habe ihnen gegenüber ein schlechtes Gewissen.“
Ja, ich bin krank zur Arbeit gegangen
Sich krank zur Arbeit zu quälen, nennen Wissenschaftler Präsentismus. Die Physiotherapeutin ist kein Einzelfall. Verschiedene Untersuchungen kommen immer zum gleichen
Ergebnis. Ob der dgb-Index oder die Befragung einer Krankenkasse – etwa 75 Prozent
sagen: Ja, im vergangenen Jahr ist es vorgekommen, dass ich krank zur Arbeit gegangen
bin. Gar nicht so selten auch gegen den Rat des Arztes. Warum tut das jemand? Weil
die Arbeit sonst liegen bleibt. Aus Rücksicht auf die Kollegen. Das sind zwei Gründe,
die am häufigsten genannt werden.
„Wir werden alle anpacken müssen, bis die gnädige Frau wieder geruht, zur Arbeit
zu kommen.“ Es sind die abfälligen Bemerkungen der Chefin, die jeden kranken Beschäftigten in der Abteilung als Simulanten abstempelt, die dazu führen, dass man
zur Arbeit geht, obwohl es besser wäre, das Bett zu hüten, findet die Physiotherapeutin.
Seit Jahren schielen Unternehmen auf die Fehlzeiten ihrer Beschäftigten, disziplinieren
mit Rückkehrgesprächen, belohnen die Gesunden, bestrafen die Kranken, immer mit
dem Ziel, die Fehlzeiten zu senken. „Die Antwort darauf ist Präsentismus“, sagt der
Gesundheitswissenschaftler Rolf Rosenbrock vom Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin. Kranke arbeiten, sie sind präsent, im Betrieb, auf der Dienststelle,
im Büro. Und Arbeitgeber glauben, ein gutes Unternehmen sei eines mit niedrigen
Fehlzeiten. Falsch gedacht. „Fehlzeiten sind wie ein Fieberthermometer“, sagt Bernhard
Badura, emeritierter Professor für Gesundheitswissenschaften an der Universität
Bielefeld. So wie das Thermometer nur die Temperatur anzeigt und nichts über die
Ursache weiß, sagen auch Fehlzeiten nichts über den Gesundheitszustand der Belegschaft.
Badura hat sich im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
(baua) 285 Studien zum Phänomen des Präsentismus angeschaut und sich einen
Überblick über den Stand der Forschung verschafft. Mit dem Ergebnis, dass viele
Gründe dahinterstecken können, warum jemand krank zur Arbeit geht. Etwa hoher
Zeitdruck, viel Verantwortung, knapp besetzte Teams, Pflichtgefühl gegenüber Patienten,
Klienten und Kunden, oder der Druck, Zielvorgaben erreichen zu müssen. Auch Führungskräfte spielen eine Rolle. Sie nehmen ihre Krankenstände mit, wie eine Studie
bei Volkswagen zeigte. Soll heißen: Kaum war ein Vorgesetzter in eine andere Abteilung
gewechselt, schnellte dort der zuvor niedrige Krankenstand so in die Höhe wie in
seiner alten Abteilung. Umgekehrt verhielt es sich genauso.
Bis nichts mehr geht
Die Unternehmen sollen ruhig weiterhin Fehlzeiten messen, sagt Badura. Aber nicht
mit dem Ziel, sie zu senken. Denn wer angeschlagen ist und trotzdem arbeitet, leistet
weniger, macht mehr Fehler, ist häufiger in Unfälle verwickelt, steckt Kollegen an.
Mehr noch: Präsentismus kann zu chronischen Krankheiten und Burnout führen. Das
ist teuer, rechnet eine Studie im Auftrag der Felix-Burda-Stiftung vor. Ein kranker Arbeitnehmer, der sich auskuriert, kostet pro Jahr knapp 1 200 Euro, einer, der trotz
Krankheit am Arbeitsplatz auftaucht, das Doppelte. Die einen arbeiten mit Fieber an
der neuen Präsentation, andere beißen sich mit Rückenschmerzen durch den Arbeitstag
oder schlucken Medikamente gegen die Migräne. Alarmzeichen des Körpers werden
betäubt und ignoriert. Nadine Jakob, Redakteurin bei einer Lokalzeitung, hatte sie
gar nicht registriert. Über Jahre nicht. Bis nichts mehr ging.
Die Journalistin macht ihre Arbeit gern, denkt sich Kolumnen aus und neue Serien,
ist abends oft unterwegs, wie das so üblich ist im Lokaljournalismus. 60 Stunden pro
Woche, das kommt häufig vor. Jung, engagiert, ehrgeizig, der Traum jeden Chefs.
Unter vier Augen erklärt ihr der eines Tages, dass es nichts wird mit der zugesicherten
Gehaltserhöhung. Ihre Arbeit lasse zu wünschen übrig. Sie ist wie vor den Kopf
geschlagen. Prompt schläft sie schlecht, liegt grübelnd wach und ist morgens wie
gerädert. Vier Monate später wird sie in eine andere Redaktion versetzt. Mit der Begründung, sie könne sich dort neu bewähren. Nach sechs Jahren Redakteursarbeit
eine neue Probezeit? „Mir ist himmelangst geworden: War das der erste Schritt zur
Kündigung?“
Was passiert hier? Im Gegensatz zu den alteingesessenen Redakteuren erhält die
junge Kollegin kein Tarifgehalt, der Verlag hat sich aus der Tarifbindung gestohlen.
Sie empfindet die unterschiedliche Bezahlung als ungerecht und ihre Leistung nicht
adäquat honoriert. Statt Anerkennung gibt es die als Strafe empfundene Versetzung.
Ein klassischer Fall von beruflicher Gratifikationskrise. Dieses Modell hat der Medizinsoziologe Johannes Siegrist von der Universität Düsseldorf entwickelt und in vielen
Studien bestätigt. Vereinfacht gesagt stimmt das Verhältnis von Geben und Nehmen
nicht. „Wer sich jahrelang verausgabt, aber nicht die erhoffte Belohnung erhält, hat
ein doppelt so hohes Risiko, an einer Depression zu erkranken“, so Siegrist. Belohnung
kann eine ordentliche Bezahlung sein, ein Aufstieg, eine Festanstellung oder die
Sicherheit, den Arbeitsplatz zu behalten, aber auch Wertschätzung und Anerkennung.
Fehlt nur einer dieser Bausteine, steigt das Risiko für eine Depression.
Nadine Jakob geht es schlecht. „Hat der Wecker geklingelt, hab ich geheult, wenn
ich an die Arbeit dachte.“ Sie hat Magen- und Kopfschmerzen, ist dünnhäutig und
aggressiv. Sie macht Fehler im Job, selbst leichte Texte gehen ihr schwer von der Hand,
sie zieht sich immer mehr zurück, beantwortet keine E-Mails und keine Anrufe mehr
von Freunden, und zweifelt, ob Journalismus überhaupt der richtige Beruf ist für sie.
Einkaufen, kochen, Tisch decken – das geht oft über ihre Kräfte. Sie ist am Ende,
müde, erschöpft, ohne Energie. Als eine Freundin sie fragt, wie es ihr geht, und sie
in Tränen ausbricht und nicht mehr aufhören kann zu weinen, weiß sie, dass etwas
mit ihr nicht stimmt.
Und sie ahnt nicht, dass es ein Jahr dauern wird, bis sie
wieder arbeiten kann. Der Hausarzt
schreibt sie krank, der Psychiater
diagnostiziert einen chronischen Erschöpfungszustand. Nadine Jakob ist
34 Jahre und hat eine Depression als Reaktion auf
die Belastung im Job.
Von Burnout sprechen Psychiater ungern. „Burnout sagt jemand, der
das Wort Depression vermeiden möchte“, erklärt Professor
Thomas Reker, Chefarzt der Psychiatrie in der lwl-Klinik Münster, in einem Hörfunkinterview. Tatsächlich ist es so, dass Burnout – zu spät erkannt – zu einer depressiven
Erkrankung führen kann. Und die psychosomatischen Kliniken behandeln Ausgebrannte
wie jeden anderen Depressiven.
Nadine Jakob beginnt eine Verhaltenstherapie, ist sechs Wochen lang in einer psychosomatischen Klinik, kündigt den alten Job, bewirbt sich auf eine neue Stelle und
zieht in eine andere Stadt. Heute geht es ihr gut: Sie hat normale Arbeitszeiten und
bekommt Tarifgehalt, genießt die Wertschätzung in der Redaktion, schaltet ihr Handy
auch mal ab und gönnt sich Ruhephasen.
Die Journalistin wurde krank, fiel aus, brauchte Monate, um wieder Fuß zu fassen.
So geht es auch vielen anderen, Leiharbeitern und Schichtarbeitern, Betriebsräten,
Sekretärinnen, Erzieherinnen. Von ihnen ist in den Medien selten die Rede. Dort geht
es vielmehr um die Prominenten.
Den Starkoch Tom Mälzer hat es erwischt, den Skispringer Sven Hannawald, den
Rapper Eminem, den Fußballtrainer Ralf Rangnick – sie alle waren am Ende ihrer Kräfte.
Burnout wirkt wie eine Promi-Krankheit, wie das i-Tüpfelchen der Jetlag-Karrieristen.
So ist es nicht. „Aber ich bin für jeden Prominenten dankbar, der den Mut hat, sich
zu outen“, sagt Gesundheitswissenschaftler Bernhard Badura. Noch immer sind seelische
Störungen ein Tabu. Nach harter Arbeit körperlich kaputt zu sein, werde akzeptiert.
Nicht aber geistige und seelische Erschöpfung.
Überwacht bis hin zu den Pinkelzeiten
Die Arbeitswelt hat sich geändert. Doch für die neuen Belastungen, solche, die an
den Nerven zerren und die Psyche quälen, gibt es noch keinen Schutz. Wer ständig
großem Lärm ausgesetzt ist, wird schwerhörig. Das ist bekannt. Deshalb gibt es eine
Lärmschutzverordnung. Wer dauernd schwer trägt, riskiert einen Bandscheibenvorfall.
Deshalb gibt es Hebehilfen. Doch wer Tag für Tag überwacht wird und kontrolliert bis
hin zu den Pinkelzeiten, der … Nein, dafür gibt es noch keinen Schutz.
Ständige Kontrolle hat System in Callcentern. Teamleiter können sich jederzeit und
unbemerkt in die Telefonate der Kolleginnen einschalten, erzählt eine Betriebsrätin.
Ob sie es tun, ist zweitrangig. Dass sie es jederzeit tun könnten, weiß jeder Callcenter-Agent. Das diszipliniert. Darüber hinaus gibt es limitierte Pinkelzeiten. Vier
Minuten am Tag. Überschreitet man die, muss man sich im Vier-Augen-Gespräch
mit dem Chef rechtfertigen. Kontrolliert wird alles. Ob sich jemand pünktlich
einloggt, wie lang er braucht, um das dsl-Paket zu verkaufen, ob das Telefon
länger als zehn Sekunden geklingelt hat, bis das Gespräch angenommen wurde.
Länger darf es nicht dauern, lautet die Vorgabe des Auftraggebers. Sonst ist
die Prämie futsch und das Callcenter muss eine Strafe zahlen. Der Auftraggeber
ist womöglich unzufrieden, wandert ab zur Konkurrenz, die Jobs sind in
Gefahr. Es liegt ganz allein an euch, sagt der Arbeitgeber, ob ihr auch
morgen noch hier arbeiten könnt. Für 1 350 Euro brutto. Strengt
euch an, „das Team Anja muss mal reinhauen“.
Druck durch Kontrolle, um Leistung zu erzwingen, das gibt es in der Projektarbeit
nicht. Projektarbeiter, etwa in der IT-Branche, arbeiten selbstständig, ohne
dass ein Vorgesetzter anweist und kontrolliert. Oft gibt es nicht einmal Stechuhren. Der Entscheidungsspielraum ist groß. Ganz
so, wie es Arbeitswissenschaftler für gutes
Arbeiten immer empfohlen haben.
Fragt sich nur, warum ein Viertel
der it’ler Anzeichen von chronischer Erschöpfung zeigt, zwei
Drittel nach der Arbeit nicht abschalten können und die Mehrheit meint,
ihre Arbeit sei auf Dauer nicht durchzuhalten, wie eine
Untersuchung des Instituts Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen
ergab. Fragt sich, warum it’ler stark von Burnout bedroht sind.
Der Druck ist subtil, die Menschen werden indirekt gesteuert, sagen Sozialwissenschaftler, die analysiert haben, welche Managementmethoden dort angewandt werden.
Beschäftigte sollen agieren wie Unternehmer. Dazu werden teilautonome Einheiten,
Profitcenter und kleinere GmbHs organisiert. „Dann wird gesagt: Hier ist Euer Markt!
Ihr wisst selbst am besten, was zu tun ist. Bitte legt los“, erklärt der Philosoph Stephan
Siemens. Bezahlt wird nicht mehr nach Arbeitszeit, sondern fürs Ergebnis.
Tut, was ihr für richtig haltet, das klingt gut. Frei von Vorgaben sind die abhängig
Beschäftigten, die nun denken und handeln sollen wie Unternehmer, dennoch nicht.
Das Unternehmen erwartet Gewinne, setzt Rendite- und Umsatzziele fest, bricht sie
herunter auf jede Einheit. Wird das Ziel verfehlt, droht die Auslagerung oder Schließung
der Abteilung. Jeder Einzelne spürt den Druck, arbeitet mehr und länger. Der Kunde
darf nicht warten, der Kunde muss zufrieden sein. Damit er bleibt. Da stört die eigene
Krankheit nur, da frisst der Arztbesuch Zeit, die man dringend für den Kunden bräuchte.
Und schon wird das Kranksein verschwiegen, ignoriert, bagatellisiert. Für Krankheit
ist kein Platz.
Die Mitglieder des Teams setzen sich gegenseitig unter Druck. Wie können wir noch
effektiver sein? Können wir uns erlauben, einen mitzuschleppen, der weniger leistet?
Sie arbeiten bis zum Rand der Erschöpfung. Und dort wartet Burnout, sagt Stephan
Siemens.
Auf einmal wird man aussortiert
Höchstleistungen sollen sie bringen. Tun sie das nicht, versucht man sie loszuwerden. Markus Weiler, 38, ist seit vielen Jahren bei einem großen it-Unternehmen beschäftigt. Bei der jährlichen Leistungsbewertung wird er auf
70 Prozent heruntergestuft. Das heißt soviel wie Versetzung gefährdet. Die
Guten erreichen das Doppelte. Schulungen werden dem Informatiker verweigert, er bewege sich unterhalb der geforderten Leistung, man bietet
ihm einen Aufhebungsvertrag an. „Ich habe mich auf einmal alt gefühlt,
wie aussortiert, hatte Sorge, meine Arbeit und meinen guten Ruf als Informatiker
zu verlieren.“ Nichts ist gut genug, was er tut, alles schlecht. Er bekommt Angstattacken,
das Herz rast, der Atem geht stoßweiße, er hat Schweißausbrüche, das Gefühl, keine
Luft mehr zu bekommen, er beginnt in Meetings zu
stottern oder verstummt völlig.
Was mit Markus Weiler geschieht,
ist kein Missgeschick, das hat
System. In Unternehmen werden
so genannte Low Performer
identifiziert, Minderleister, auch
Deadwood, totes Holz genannt.
Die Methode stammt aus den usa
h i n t e r g r u n d 13
Anonymer Selbstest und mehr
„Zeitbombe Arbeitsstress – Befunde, Strategien, Regelungsbedarf“ ist der Titel des neuen Jahrbuchs „Gute Arbeit 2012”, herausgegeben von Lothar Schröder (ver.di) und HansJürgen Urban (IG Metall). Jeder und jede zweite Beschäftigte leidet heute unter starkem
Zeit- und Termindruck. Arbeitszeiten laufen aus dem Ruder. Chronische Erschöpfungen
und Burnout nehmen zu. Im neuen Jahrbuch geht es um eine gründliche Analyse und
gewerkschaftliche Gegenkonzepte. Die ver.di-Sonderausgabe ist zu bestellen unter
http://innotech.verdi.de/
Wie sich Betriebsräte vor Burnout schützen können und was sie für Betroffene im Betrieb tun können, darum geht es in der Broschüre der IG Metall „Ausgebrannt – Betriebsräte als Lotsen für Betroffene“ von Michaela Böhm. www.igmetall.de/shop,
Suchbegriff: Burnout.
Der Selbsttest der Verwaltungsberufsgenossenschaft ist kostenlos, wird anonym ausgefüllt und sofort ausgewertet.
www.banane-design.de/temp/cconsult/burnout-test/index.php
und dient dazu, die Schlechtesten und die Besten zu identifizieren. Nach der Faustformel
70-20-10. Danach machen 70 Prozent ihre Arbeit ordentlich, 20 Prozent sind Spitzenleister,
der Rest Zitronen. Weg damit. Also wird einer mürbe gemacht. Er wird so lange zu
Gesprächen zitiert, es werden ihm so lange seine Fehler vorgehalten, es werden so
lange seine Leistungen kritisiert, bis er von selbst geht. Markus Weiler ist wegen
Depression neun Monate krank, lässt sich in einer Klinik behandeln. Und kehrt zurück.
So ist es oft. Die Menschen werden seelisch krank, sie fallen aus, lassen sich behandeln
und therapieren, kommen wieder „und finden exakt die Verhältnisse vor, die sie krank
gemacht haben“, sagt der Politikwissenschaftler Claus Leggewie im Deutschlandradio.
Das kann nicht die Lösung sein. „Es geht darum, die Menschen nicht nur widerstandsfähiger, sondern auch widerständiger zu machen gegen Verhältnisse, die sie immer
wieder krank machen werden.“
Allein schafft das keiner. Das geht nur gemeinsam. Indem in Betrieben offen über
Burnout gesprochen wird und sich Betroffene nicht mehr verstecken müssen. Indem
Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräte aufdecken, mit welchen Methoden Druck
ausgeübt wird, der Menschen krank macht. Nicht die oder der Einzelne muss lernen,
Nein zu sagen und Grenzen zu setzen, wie das Ratgeber suggerieren. Vielmehr müssen
Belegschaften den Unternehmen Grenzen setzen.