Internationale Regulierungsansätze im Diamanten

Transcription

Internationale Regulierungsansätze im Diamanten
Internationale Regulierungsansätze im Diamanten- und
Goldbergbau
Dr. Heidi Feldt
Vortrag 10./11.November 2009 Franz Hitze Haus Münster
Seminar: Sozial- und Umweltstandards bei der Produktion von Schmuck
Die vorhergehenden Vorträge haben sich eingehend mit den Problemen, die beim
Goldbergbau und bei der Gewinnung von Diamanten auftreten, auseinandergesetzt.
Mein Beitrag konzentriert sich auf internationale Ansätze, durch Standards und
freiwillige Selbstverpflichtungen zur Lösung dieser Probleme beizutragen.
Dazu sei vorab angemerkt:
Internationale Standards und Übereinkommen gibt es bereits zu den meisten
Problemfeldern, ihr Wirkungsgrad und die Verbindlichkeit sind jedoch unterschiedlich.
Zu den rechtlich verbindlichen Übereinkommen, die von fast allen Staaten dieser Welt
ratifiziert worden sind, zählen die Kernarbeitsnormen1 der Internationalen
Arbeitsorganisation, ebenso wie die Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen
über die bürgerlichen, politischen Rechte sowie die wirtschaftlichen, sozialen und
kulturellen Rechte. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Umweltkonventionen, die für
den Bergbausektor relevant sind,2 viele dieser Konventionen wurden jedoch nur von
einer begrenzten Anzahl von Staaten unterzeichnet.
Die Liste soll in erster Linie aufzeigen, dass es bereits eine ganze Reihe von Normen
und Standards gibt. Das Problem der mangelnden Umwelt- und Sozialverträglichkeit im
Bergbau liegt daher nicht im Fehlen von Standards sondern in deren mangelhaften
Umsetzung.
An dieser Stelle setzen fast alle der branchen- produkt- oder problembezogenen
freiwilligen Initiativen und Multistakeholderprozesse in diesem Industriesektor an.
1
Die Kernarbeitsnormen umfassen Verbot der Zwangsarbeit, Verbot der schlimmsen Formen
der Kinderarbeit, Verammlungsfreiheit, das Recht auf kollektive Tarifverhandlung sowie das
Verbot von Diskriminierung am Arbeitsplatz.
2
Diese umfassen u.a. die Konvention über die biologische Vielfalt (1992), Convention on civil
liability for damages resulting from activities dangerous to the environment,1993, Convention on
the prevention of marine pollution by dumping of wastes and other matter, 1972, Convention for
the prevention of marine pollution from land based sources, 1974, Convention on wetlands of
international importance (Ramsar Konvention), 1995, Convention concerning the protection of
the world cultural and natural heritage, 1972, Convention on Environmental Impact Assessment
in a trans-boundary context und die Aarhus Convention on access to information, public
participation in decision-making and access to justice in environmental matters, 1998.
1
Viele dieser Initiativen versuchen die Lösung eines ganz spezifischen Problems. Dazu
gehören z.B. die Extractive Industry Transparency Initiative (EITI) und die Voluntary
Principles on Security and Human Rights.
Ziel von EITI ist die Transparenz von Zahlungen der extraktiven Industrie an die
Regierungen herzustellen. Korruption und Bestechnung im Bergbau- und Erdöl/Erdgassektor in rohstoffreichen Ländern sollen so eingedämmt werden in der
Hoffnung, dass dadurch mehr Mittel für Entwicklung freigestellt werden.3
Anliegen der Voluntary Principles ist die Beachtung der Menschenrechte bei
Bergbauvorhaben in Konfliktregionen. Gleichzeitig soll der Notwendigkeit,
Bergbaubetriebe und die Menschen, die dort arbeiten, zu sichern, Rechnung getragen
werden. Beide Initiativen sind Multistakeholderprozesse, in denen Regierungen,
Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten.
Für den Sektor, den wir auf dieser Tagung betrachten, sind weitere Initiativen von
unmittelbarer Bedeutung:
 Kimberley Zertifizierungsprozess,
 Zertfizierung der Handelskette in der Edelstein- und Goldproduktion und –
verarbeitung (Responsible Jewellery Council),
 Standardsetzung im Goldbergbau (Initiative on Responsible Mining
Assuarance),
 Unterstützung von umwelt- und sozialverträglichem Kleinstbergbau (Alliance for
Responsible Mining mit ihrem Standard Zero for Fair Trade Artisanal Gold and
associated Silver and Platinum, andere Fair Trade Initiativen).
Ich will im Folgenden kurz auf die einzelnen Initiativen eingehen:
Kimberley Prozess
Durch die Veröffentlichungen von NRO über die Finanzierung von Kriegen und
Aufständen durch sogenannte Blutdiamanten geriet der Diamantenhandel allgemein
und vor allem das südafrikanische Unternehmen de Beers, das über 65 % der
weltweiten Diamantenproduktion klassifiziert und verkauft, unter öffentlichen Druck.
Dies führte 2000 zu einem ersten Treffen von NRO, der Diamantenindustrie und
einigen Produzentenländern in Kimberley, Rep. Südafrika, auf dem die Kontrolle des
Diamantenhandels diskutiert wurde. Das Kimberley Process Certification Scheme
(KPCS) ist das Ergebnis dieser dreijährigen intensiven Verhandlungen, die in
Kimberley ihren Anfang nahmen. Der zentrale Gedanke des Zertifizierungssystems ist,
dass nur jene Diamanten gehandelt werden, die durch ein Zertifikat belegen können,
dass sie nicht aus Kriegsquellen kommen.
Das Zertifizierungssystem ist seit Januar 2003 in Kraft. Obwohl der Handel mit illegalen
Diamanten von weltweit 4 % (2003) nach Einführung des KPCS auf 1% gesunken ist,
3
www.eitransparency.org
2
ist das Zertifizierungssystem nur in Ländern mit guter Regierungsführung (Südafrika,
Botswana, Namibia) wirklich umgesetzt worden, während es in undemokratischen und
fragilen Staaten (Demokratische Republik Kongo (DRC), Angola) zumindest nur sehr
fehlerhaft umgesetzt wird. Auf Erfolge und Schwachstellen des Kimberley Prozess wird
Herr Paes vom BICC ausführlich eingehen.
Im Hinblick auf die internationale Standardsetzung sei hier nur datauf verwiesen, dass
sich im Umfeld des KPCS Initiativen gebildet haben, die den Schritt von den
sogenannten
“Konfliktfreien
Diamanten”
des
Kimberley
Prozess
zu
“Entwicklungsdiamanten” (from conflict free to development diamonds) gehen wollen.
Hund (2008) hat die unterschiedlichen Initiativen für die Madison Diamonds Working
Group4 zusammengestellt. Sie unterscheidet Initiativen, die auf verschiedenen Ebenen
ansetzen:
 Verbesserung der Situation der Menschen im Kleinst- und informellen Bergbau
(Mwadui Community Diamond Partnership, Diamonds for Development Liberia,
Peace Diamond Alliance, Sierra Leone, Fair Trade Initiativen u.a. aus
Deutschland und den USA, Diamond Development Initative, Egmont Group und
die Initiative Communities and Small-Scale Mining (CASM5) der Weltbank),
 Unternehmensinitiativen, Standards und Zertifikate oder Verhaltenskodizes wie
z.B. der Responsible Jewellery Council oder De Beers Best Practice Principles,
 Charity Initiativen wie Green Diamonds, Diamonds for Africa oder Dreams of
Africa, die durch Rückspenden und Projektunterstützung, durch
Diamantenhandel negativ betroffene Gemeinschaften in ihrer Entwicklung
unterstützen wollen. Ihr Fokus liegt nicht auf der Verbesserung der
Produktionsbedingungen sondern allgemein auf der Durchführung von
Entwicklungsprojekten in Afrika.
Die Vielfalt der Initiativen wirkt nicht nur verwirrend – sie ist es. Ich möchte hier zwei
Initiativen herausgreifen, die unterschiedliche Ansätze repräsentieren. Auf Fair Trade,
seine Ansätze und Möglichkeiten, werde ich in diesem Beitrag nicht weiter eingehen,
da Herr Siepelmeyer dazu wesentlich mehr ausführen kann als ich.
4
Hund, Kirsten 2008: Making Diamonds Work for Development – An Overview of Initiatives,
Project Engage, Juli 2008. Siehe:
http://www.madisondialogue.org/Hund_SRK_MadisonDialogue_v6.pdf
Madison Dialogue ist eine sektorübergreifende Initiative zur Förderung der Kommunikation
zwischen Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Gruppen zur Förderung von Best Practice
und nachhaltiger Entwicklung im Bereich der Förderung von Gold, Diamanten und anderen
Mineralien.
5
http://www.artisanalmining.org/index.cfm
3
Der Responsible Jewellery Council (RJC) ist eine reine Unternehmensinitiative, die
ethische, menschenrechtliche, soziale und Umweltstandards in der Zulieferkette der
Schmuckindustrie bzw. des Schmuckhandwerks etablieren will. 2005 gegründet
gehören dem RJC 130 Mitglieder an. Basis sind die Principles and Code of Practices,
die zur Zeit überarbeitet werden. Der neue Code soll noch in diesem Jahr veröffentlicht
werden. Geplant ist dann, dass sich bis 2011 alle Mitglieder des RJC durch
unabhängige Kontrollen auf der Grundlage des Codes zertifizieren lassen. Die
Fortschritte waren bisher zäh und die Umsetzung geht nur sehr, sehr langsam von
statten. Interessant ist der Ansatz jedoch, da er wirklich versucht, die ganze
Zulieferkette zu berücksichtigen.
Die andere Initiative, die Initiative Initiative on Responsible Mining Assurance (IRMA),
ist im Gegensatz zum RCJ ein Multistakeholderprozess, in dem Unternehmen und
Nichtregierungsorganisationen vertreten sind (allerdings keine Regierungsinstanzen).
Ziel ist die Verbesserung der sozialen und Umweltbedingungen unter denen der
industrielle Goldbergbau stattfindet. Dementsprechend sind die großen
Bergbauuntzernehmen wie Rio Tinto und Newmont Mitglied dieser Initiative.
2006 in Vancouver, Kanada, gegründet, war IRMA eine ganze zeitlang blockiert, da
Unternehmensverbände den Fortschritt der Standardentwicklung blockierten.
Mittlerweile hat man sich darauf geeinigt, dass die Verbände das Gremium verlassen
und nur die interessierten Unternehmen direkt mitarbeiten. Seit Mitte 2009 hat die
Initiative neue Dynamik entfaltet und ist zur Zeit dabei, die Standards und damit die
Grundlage für das Zertfizierungssystem zu definieren. Die Standards umfassen
Themen wie: die Rechte indigener Völker, der Umgang mit Zyanid und Quecksilber,
Arbeiterrechte, Transparenz der Zahlungen etc.
Der Vorteil von IRMA ist, dass sowohl NRO aus dem Norden wie aus dem Süden (z.B.
Peru), Unternehmen wie Gewerkschaften Mitglieder sind und dass die zentralen
Probleme des Goldbergbaus adressiert werden.
Die Auflistung zeigt: das Rad braucht nicht neu erfunden werden, es gibt bereits eine
Vielzahl von Initiativen, die auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen. Fair Trade kann so
etwas wie ein Premium Standard für den Kleinbergbau werden, IRMA ein
Basisstandard für den industriellen Goldbergbau. Ich denke, dass es sinnvoll ist, sich
stärker in diesen internationalen Initiativen auch von deutscher Seite zu engagieren.
4