Literatur als kultureller Brückenschlag
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Literatur als kultureller Brückenschlag
Regionalkultur ZO/Av U Donnerstag, 7. Januar 2010 26 Hinwil Im Rahmen einer interkulturellen Zusammenarbeit treffen chinesische Übersetzer auf Schweizer Autoren Literatur als kultureller Brückenschlag Im Übersetzerhaus Looren in Wernetshausen sind derzeit drei chinesische Übersetzer zu Gast. Heute Abend treffen sie zum ersten Mal «ihre» Schweizer Autoren Lukas Bärfuss und Daniel Goetsch. «Hier kommt die Welt ins Haus» Gabriela Frischknecht Der Chinesen liebstes Buch aus schweizerischem Literaturschaffen ist – eigentlich kaum verwunderlich – der Johanna-Spyri-Klassiker «Heidi». Mehr als dreissig chinesische Verlage haben die Abenteuer des helvetischen Waisenmädchens verlegt. Doch die Schweizer Literaturszene hat weitaus mehr und vor allem auch Zeitgenössisches zu bieten. Ein mehrjähriges Projekt sorgt mit Unterstützung der Pro Helvetia und weiteren Stiftungen seit letztem Jahr dafür, dass dies auch in China bemerkt wird. Involviert in dieses Projekt ist auch das Übersetzerhaus Looren in Wernetshausen, das hoch über Hinwil thront. Seit Sonntag beherbergt es drei chinesische Übersetzer, allesamt gestandene Professoren für Germanistik, die an Universitäten in China lehren. In den nächsten Monaten werden sie Werke der Schweizer Autoren Lukas Bärfuss und Daniel Goetsch in die chinesische Sprache übersetzen. Zeitgenössisches zu wenig präsent Einer von ihnen ist Chen Zhuangying, Professor für Germanistik und stellvertretender Dekan an der Fremdsprachen-Universität Schanghai. Er hat gerade Bärfuss’ ersten Roman «Hundert Tage» gelesen und ist beeindruckt, wie der durch seine Theaterstücke bekannt gewordene Dramatiker den ruandischen Völkermord thematisiert. «Bärfuss zeigt, dass die Spannungen nicht unbedingt in erster Linie als ethnischer Konflikt zu sehen sind, sondern auch politisch mo- Fundgrube für Germanisten: Chen Zhuangying blättert in der Bibliothek des Übersetzerhauses in einer Fachschrift. (fri) tiviert waren», sagt Chen beim Gespräch in der Bibliothek des Übersetzerhauses. «Auch die Kolonialmächte trugen Schuld daran», ergänzt Chen, der auch schon Prosatexte von Hugo Loetscher, Adolf Muschg und Peter Bichsel übersetzt hat. «Natürlich kennt man in China die renommierten Autoren der deutschen Literatur, man liest Kafka, Mann, Dürrenmatt oder Frisch, aber die zeitgenössische Literatur ist nicht genügend präsent.» Das Projekt von Pro Helvetia sei darum ein wertvoller Beitrag, die deutsche Gegenwartsliteratur in China zu fördern. «Ich kann die Gedanken des Autors gut nachempfinden», sagt Chen auf die Frage, wie er sich den Zugang zu Bär- fuss’ Roman verschaffe. Nützlich sind ihm dabei auch die beiden Studienjahre in Bern, in denen er sich gründlich mit der Schweizer Kultur und Denkweise auseinandersetzte. Nur durch Übersetzungen könne das chinesische Volk an andere Kulturen herangeführt werden, ist Chen überzeugt. «Die gemeinsame Zukunft unserer beiden Länder hängt von Menschen ab, die fähig sind, sich in die jeweils andere Kultur einzufühlen; sonst sind Konflikte programmiert.» Übersetzung braucht Feingefühl Auf Übersetzungsschwierigkeiten macht Chen Zhuangying – der Vorname wird im Chinesischen jeweils nachgestellt – bereits gefasst. «Natürlich gibt es deutsche Begriffe, die man nicht einfach eins zu eins in die chinesische Sprache übersetzen kann», sagt Chen und lacht. «Kein Chinese versteht zum Beispiel die Redewendung ‹wie ein Elefant im Porzellanladen› in der wörtlichen Übersetzung.» Allzu detaillierte sexuelle Schilderungen würden in China ein Tabu verletzen. Hier sei sprachliches Feingefühl gefragt. Lukas Bärfuss persönlich zu treffen, ist für den hervorragend Deutsch sprechenden Chen eine Bereicherung. «Ich stelle ihn mir als aufgeschlossenen Menschen, seriös, mit ausgeprägtem Tiefsinn vor. Mit der Übersetzung von «Hundert Tage» wird Chen gleich nach seiner Rückkehr nach Schanghai am Das Übersetzerhaus Looren in Wernetshausen bietet seit fünf Jahren Übersetzern aus aller Welt die Möglichkeit, an einem ruhigen Ort mit gesicherter Infrastruktur an ihren literarischen Übersetzungen zu arbeiten. Welche Sprachen involviert sind, spielt dabei keine Rolle, wie Geschäftsführerin Gabriela Stöckli erklärt. «Oft ist nur schon ein geheizter Ort mit einer funktionierenden Internetverbindung ein grosser Gewinn, um in Ruhe arbeiten zu können.» Ihren Alltag beschreibt Stöckli als sehr bereichernd. «Das Übersetzerhaus ist hier zwar sesshaft, dafür kommt die Welt ins Haus.» Konflikte entstünden dabei selten. «Man spürt, dass die Leute weltgewandt sind und viel reisen, sie haben Lust und sind bemüht sich in die Gemeinschaft einzugliedern. Für Gabriela Stöckli sind Übersetzer ein wichtiger Faktor für den interkulturellen Austausch. «Verglichen mit Autoren haben sie weniger ein Sendungsbewusstsein, sie sind vielmehr Kulturträger und Dienstleister in einem.» (fri) Das Gespräch der Autoren Lukas Bärfuss und Daniel Goetsch mit ihren chinesischen Übersetzern ist öffentlich und findet heute Abend um 19.30 Uhr im Übersetzerhaus Looren in Wernetshausen statt. Sonntag beginnen. Publiziert wird das Buch allerdings erst nächstes Jahr, in Verbindung mit einer Lesereise der beiden Schweizer Autoren durch China. An der dieses Frühjahr stattfindenden Expo in Schanghai stellen Peter Stamm und Monique Schwittert die jeweiligen Übersetzungen ihrer Werke vor. Ihre chinesischen Übersetzer gastierten vor einem Jahr im Übersetzerhaus. Hinwil Der Wernetshauser Hornist Claudio Flückiger tritt am Sonntag in Rüti auf Uster «Das Horn ist gefragt als Nischeninstrument» Kunstschaffende wagen Grenzgang Die Klangfarbe war es, die den damals zehnjährigen Claudio Flückiger am Horn faszinierte. Inzwischen verdient der Musikstudent aus Wernetshausen sein Brot mit diesem Instrument. Claudio Flückiger: Dieses Hornkonzert gehört glücklicherweise zu jenen Werken, die man als professioneller Hornist sowieso beherrschen muss, wenn man bei einem Orchester ein Probespiel absolvieren muss. Es gehört also zu meinem Repertoire. Auch üben gehört zum Musikeralltag. Wie sieht das bei Ihnen aus? Vom 9. bis 24. Januar stellen Kunstschaffende aus Zürich-Witikon unter dem Titel «Artistimisti en route» in der Villa Grunholzer in Uster ihre Werke aus. Die 14 Mitglieder von Artistimisti arbeiten mit verschiedenen künstlerischen Medien wie Malerei, Grafik, Plastik, Keramik oder Fotografie. Artistimisti sind eine Interessengemeinschaft, die ursprünglich alle im Zürcher Quartier Witikon arbeiteten oder lebten. Erstmals stellten sie 1991 gemeinsam aus, nun wagen sie erstmals den Sprung aus dem Quartier und machen den Schritt über die Stadtgrenzen hinaus. Die Vernissage am Samstag, 9. Januar, von 16 bis 20 Uhr wird von den Ustermer Musikern Sabine Furrer und Andreas Gada begleitet. Um 17 Uhr führt die Kunsthistorikerin Valéeria Jakob Tschui in die Ausstellung ein. (zo) Man braucht sehr viel Kraft beim Ansatz. Darum ist die Zeit fürs Üben beschränkt. Wenn ich die Kraft gut einteile, schaffe ich drei Stunden täglich. In Kürze Spielen Sie das erste Mal zusammen mit der Camerata Schweiz unter der Leitung von Giovanni Bria? Sie spielen seit Ihrem zehnten Lebensjahr Horn. Wie haben Sie zu diesem Instrument gefunden? Ja, das Engagement kam über einen anderen Hornisten zustande. Weil alle professionelle Musiker sind, genügte eine Probe. In erster Linie ging es darum, dass wir uns über Tempi und Übergänge einig wurden. Letztes Wochenende haben wir das Programm bereits in Lachen und Männedorf präsentiert. Wie fast jeder Schüler habe ich damals zwei Jahre Blockflötenunterricht erhalten. Das war ein guter Einstieg in die Musik, man lernte Notenlesen, wurde im Takt geschult. Das Horn habe ich bei einer Instrumentenvorstellung kennengelernt und war sofort fasziniert von der Klangfarbe. Mir war sofort klar, dass es dieses und kein anderes Instrument sein musste. mir aber gar nicht so wichtig. Zentral ist nicht das Diplom, vielmehr schätze ich die Möglichkeit, zu lernen, unterrichtet zu werden und daneben doch genügend Zeit zu haben für die Praxis. Wie sieht denn Ihr Praxisalltag aus? Horn ist gewissermassen ein Nischeninstrument. Das hat den Vorteil, dass ich viele Anfragen als Solist und Begleiter für Konzerte bekomme. Daneben absolviere ich ein Praktikum im Opernhaus, das auf zwei Jahre befristet ist. Dort werde ich gut betreut und erhalte auch Unterricht – eine ideale Einführung ins Orchesterleben. Ich denke, das ist wesentlich wichtiger als ein Konzert- oder Solistendiplom. Gabriela Frischknecht Am Sonntag spielen Sie zusammen mit der Camerata Schweiz das 4. Hornkonzert von Mozart. Haben Sie das Stück schon in den Fingern? Für Horn gibt es erstaunlich viel Sololiteratur. Gibt es eine Epoche, die Sie speziell bevorzugen? Tatsächlich haben die meisten grossen Komponisten für Horn geschrieben, ZO/AvU Seite: 26 Neben dem Studium genügend Zeit für die Praxis: Der erst 22-jährige Claudio Flückiger ist gefragter Solist und Begleiter. (fri) seien es Solo-, Doppel-, oder gar Tripelkonzerte. Aber auch Kammermusikliteratur ist reichlich vorhanden. Mir liegt die Romantik ganz gut, daneben spiele ich auch gerne barocke Stücke, wo ich dann auf Natur- oder Barockhorn wechsle. Sie studieren seit 2006 an der Zürcher Hochschule der Künste bei Radovan Vlatkovic. Ist ein Ende des Studiums absehbar? Ich habe mittlerweile die Stufe Master of Performance erreicht. Das Ende ist Konzertkollegium Rüti mit Alena Cherny, Katharina Egli, Claudio Flückiger, Giovanni Bria und der Camerata Schweiz am Sonntag, 10. Januar, um 17 Uhr in der reformierten Kirche Rüti. Tanz mit Beats und Klängen Mönchaltorf. Am Sonntag, 10. Januar, um 12 Uhr präsentiert der aus Giacobbo/Müller bekannte Martin O. im Mönchhof sein Programm «Der mit der Stimme tanzt». (zo) Lustspiel und Krimi in einem Rüti. Am Dienstag, 12. Januar, um 20 Uhr gastiert das Theater des Kantons Zürich im Gasthof Löwen und präsentiert Heinrich von Kleists Lustspiel «Der zerbrochene Krug». Vorverkauf in der Papeterie Köhler AG, Rüti, unter Telefon 055 251 40 40. (zo)