Friedrich-Ebert-Anlage in Heidelberg

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Friedrich-Ebert-Anlage in Heidelberg
Friedrich-Ebert-Anlage in Heidelberg
Promenade und Prominente
Gabriele Dörflinger
2009
Inhaltsverzeichnis
1 Allgemeines
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2 Alter Bahnhof
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3 Adenauerplatz
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4 Westlicher Teil der Ebert-Anlage
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5 Ebert-Platz
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6 Östlicher Teil der Ebert-Anlage
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7 Klingenteichstrasse
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Allgemeines
Der Schmied Christoph Seidel legte um 1790 an den zerstörten südlichen Stadtmauern einen Weg zwischen Gärten und dem Berghang an.
Der Hoffmeister-Stadtplan von 1812 zeigt, dass die nördliche Seite völlig
unbebaut war. Auf der Südseite finden wir zunächst die Wirthschaft v.
Lösch (Ebert-Anlage 6), dann etwa in Höhe der Nr. 16 das Bürgerliche Schießhaus, das nicht mit dem Schießtor zu verwechseln ist, und
zum Schluss in Höhe des Schießtores Sattler-Müllers Wirtschaft. Weitere Gebäude sind nicht vorhanden. Erst 1830 wurde dieser Weg zur
Leopoldstrasse ausgebaut.
Nach Eröffnung des Heidelberger Bahnhofs 1840 an ihrem westlichem
Ende wurde die Strasse in nur drei Jahrzehnten fast vollständig bebaut.
Der Gymnasialprofessor Adam Leber (1806-1884), Vater des Augenarztes Theodor Leber (1840-1910), baute mehrere Häuser in der Anlage,
um sie anschliessend zu verkaufen. Heute würde man ihn vermutlich als
üblen Spekulanten beschimpfen, seinerzeit rühmte man aber seine Aufbauleistung für die Stadt.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Leopoldstrasse in Friedrich-EbertAnlage umbenannt.
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Alter Bahnhof
Das alte Bahnhofsgebäude wurde — wie alle Bauten der Badischen Bahn
bis 1849 — von Friedrich Eisenlohr entworfen. Eisenlohr kümmerte sich
auch um sämtliche Details der Ausstattung bis hin zu den Türdrückern.
Den bekanntesten Entwurf Eisenlohrs findet man bei der Schwarzwälder
Kuckucksuhr. Das Häuschen imitiert das Eisenlohrsche Streckenwärterhaus.
Zwanzig Jahre später wurde der Bahnhof um das Gebäude der Odenwaldbahn erweitert. Die Bahnlinie querte nur durch Schranken gesichert
die Rohrbacherstraße, fuhr durch den Gaisbergtunnel — der erst nach
dem 2. Weltkrieg zum Straßentunnel gewandelt wurde — an der Peterskirche vorbei durch den Schlossbergtunnel zum Karlstor.
1955 wurde der Hauptbahnhof nach Westen verlegt und 1961 das jetzige
Gebäude von Jakob W. Mengler erbaut.
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Die Villa Manesse in der Ebert-Anlage 4 wurde um 1860 von Wilhelm
Waag für die Badische Eisenbahnverwaltung erbaut. Direkt über dem
Tunneneingang befindet sich eine Loggia.
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Adenauerplatz
Der alte Zugang über die Alte Brücke verlor seine Bedeutung; die großen
Hotels siedelten sich in Bahnhofsnähe an. Am Anfang des 20. Jahrhunderts finden wir in Bahnhofsnähe die Hotels: Hotel Schrieder (jetzt
Crowne Plaza), Grand Hotel (viele Jahre dann Polizeipräsidium), Europäischen Hof, Hotel Viktoria (jetzt Juristisches Seminar), Bayrischer
Hof, Hotel Reichspost (jetzt Horten-Kaufhof).
• Das erste Hotel war das Hotel Schrieder (Kurfürstenanlage 1), das
um 1840 unmittelbar neben dem Bahnhof gebaut wurde.
Der Dichter Iwan Turgenjew zählte zu den Gästen, wenn er seinen
Arzt Nikolaus Friedreich besuchte.
• Das Victoria Hotel (Ebert-Anlage 6-10, jetzt Juristisches Seminar)
bestand ab 1861. Das Haus Nr. 6 wurde 1842 und das Haus Nr.
8 1847 errichtet. 1868 kam das Haus Nr. 10 — vom Architekten
Alfred Bluntschli geplant — dazu.
• 1862 wurde der Europäischer Hof (Ebert-Anlage 1a) von Joseph
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Schrieder erbaut. Als der König von Siam 1907 Heidelberg besuchte, wo seine Söhne studierten, logierte er im Europäischen Hof.
• Als letztes Hotel kam 1876-77 das Grand Hotel in der Rohrbacher
Str. 11 dazu.
Botanischer Garten
1834 – 1875 befand sich zwischen Leopoldanlage und Bismarckplatz der
5. Botanische Garten der Universität.
An seiner Stelle finden wir
• Adenauerplatz 1
1922-23 von Franz Sales Kuhn für eine Bank erbaut.
• Sofienstr. 12 – Villa Friedreich
1877-1879 von Heinrich Lang für den Internisten Nikolaus Friedreich gebaut.
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Westlicher Teil der Ebert-Anlage
Am Ende des 19. Jahrhunderts war die breite, von Kastanien gesäumte
Allee eine gern benutzte Promenade. Die Polizeiverordnung schrieb vor:
Dienstboten in Begleitung von Kindern dürfen die unmittelbar längs des Promenadenwegs gelegenen Bänke nicht benutzen, der Eintritt in den Stadt- und den Neptungarten ist
ihnen untersagt
Kinderwagen dürfen nur auf dem hinter der südlichen Baumreihe der Anlage hinziehenden Wege und niemals nebeneinander gefahren werden.
(Zerfaß, Heidelberg wie es früher war, S. 14)
Auf der linken Seite der westlichen Hälfte finden wir repräsentative
Wohnhäuser, auf der rechten zahlreiche Hotels und Pensionen.
Ebert-Anlage 6 – Teil des Jur. Seminars
An dieser Stelle finden wir bereits im Stadtplan von 1812 die Weinwirtschaft von Lösch außerhalb der Stadt.
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Ebert-Anlage 5
Georg Gottfried Gervinus (1805 - 1871), Literaturhistoriker und
einer der Göttinger Sieben erwarb 1863 das von Adam Leber errichtete Haus und bewohnte es bis zu seinem Tod 1871.
Das Erdgeschoss mietete der Mathematiker Leo Koenigsberger
(1837 - 1921) in seiner ersten Heidelberger Periode (1870 - 1873).
Im 2. Stock wohnte von 1864 bis 1873 der Historiker Wilhelm Wattenbach, der 1874 einen Ruf nach Berlin annahm.
Ebert-Anlage 7
Hermann Helmholtz (1821 - 1894) lebte ab 1859 bis zur Fertigstellung des Friedrichbaus 1863 hier.
Ludwig Häusser, der Historiker der Pfalz, war der Hausbesitzer
von 1861 bis zu seinem Tod 1867.
Ebert-Anlage-14
Hier bin ich mir nicht völlig sicher, ob in den alten Adressbüchern
das jetzige Haus Nr. 14 oder das Vorgängergebäude von Nr. 12
gemeint ist. Das Haus besitzt zahlreiche Mieter; die Nr. 14 ist durch
den hinteren Querriegel recht geräumig.
Hier finden wir:
• 1865–1873 Hermann Köchly, klassischer Philologe, früher
Oberlehrer an der Kreuzschule und Prinzenerzieher in Dresden
• 1868–1869 Prof. Otto Becker, Augenarzt
• 1885–1889 den Mathematiker Leo Koenigsberger
Ebert-Anlage 22
Hier befand sich von 1900 bis 1921 das Hotel Metropole mit 60
Betten.
Ebert-Anlage 24
Der Mathematiker Max Noether (1844-1921), Vater der berühmten
Emmy Noether, lebte im SS 1867 als Student hier.
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Ebert-Platz
1705 wurde der 3. Botanische Garten der Universität durch Daniel Nebel
auf dem Ebertplatz angelegt. 1805 verlegte man den Garten hinter das
ehemalige Dominikanerkloster; nur das Arboretum verblieb am Platz.
Das Areal war vertieft, 1848 schüttete man es auf mit der Konsequenz,
dass die Bäume eingingen.
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Ebert-Anlage 27
Der Originalzustand des 1913 gebauten Hauses wurde vor wenigen
Jahren weitgehend wiederhergestellt.
Bei den Mietern finden wir: den Anatom Prof. Friedrich Arnold (1869–1871), den Philosophen Kuno Fischer (1872–1874), der
später in der Plöck seine Villa erbaute, und den Orientalisten Gustav Weil (1873–1874).
Generell war die Leopoldstr. bei neuberufenen Professoren recht
beliebt.
Plöck 55 – Chemisches Laboratorium
1854/55 durch Heinrich Lang für Robert W. Bunsen erbaut. In der
ersten Etage befand sich Bunsens Wohnung bis 1888.
Robert Wilhelm Bunsen (1811-1899) kam 1850 nach Heidelberg.
Damit begann die Glanzzeit der Naturwissenschaften in Heidelberg.
Ebert-Anlage 26 – Weinhandlung Fehser seit 1896
Der Mathematiker Alfred Pringsheim (1859-1941) wohnte 1870-72
in diesem Haus. Er studierte und promovierte unter Koenigsberger.
Seine Tochter Katja heiratete Thomas Mann.
Der Literaturwissenschaftler Max von Waldberg — bei dem Josef
Göbbels promovierte — wohnte zu Beginn seiner Heidelberger Zeit
von 1889 bis 1898 hier.
Ebert-Anlage 29 – AOK
1899 als Bank gebaut, wurde das Haus mehrfach erweitert.
Im Vorgängerbau, der dem Kaminfeger Friedrich Mai gehörte,
wohnte R. W. Bunsen von 1852 bis zur Fertigstellung des Chemischen Instituts 1855.
Ebert-Anlage 32
Hier befand sich ab 1903 die Familienpension Johnson, von Franziska der Frau des Kapitäns resolut geführt. Sie ging während des
1. Weltkrieges in die Pension Continentale über.
Ebert-Anlage 32 – Hotel Anlage
Das Hotel wurde 1890 erbaut.
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Östlicher Teil der Ebert-Anlage
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts siedeln sich auf der Südseite
der Straße zahlreiche Bierkeller an. Der nördliche Berghang bot ideale
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kühle Lagermöglichkeiten. Den Bierkellern folgten die Verbindungskneipen und Verbindungshäuser.
Mit dem Bau der Odenwaldbahn 1863 erfolgte der Tunnelbau. Der Zugang zu den Südgrundstücken wurde durch die Bahntrasse behindert.
Bei der Nr. 44 gab es sogar eine Unterführung.
Im westlichen Teil der Leopoldstraße wurde das Areal zwischen der Straße und den Gleisen als Anlage mit Bäumen und Blumenrabatten gestaltet. Leider hat sich inzwischen dieser Park auf einen Parkplatz reduziert.
Kiosk
Als Vorgänger stand ein Schweizer Milchhäuschen in der Anlage.
Ebert-Anlage 35
Der Vorgängerbau wurde 1856 errichtet. Er beherbergte von 18811932 das Literatencafé Haeberlein.
Ebert-Anlage 37
Eines der vielen Grundstücke Adam Lebers. Von 1954 bis 1920
befindet es sich im Besitz des Theologen Daniel Schenkel (ab 1863
Kirchenrat) und seiner Erben.
Ebert-Anlage 39
Von 1854–1863 im Besitz Heinrich von Gagerns; danach ein Sprachlehrinstitut (Karl Philippe) und von 1902 bis 1956 die Pension
Harrer.
Ebert-Anlage 41
Der prominenteste Mieter ist von 1861 bis 1867 der Theologe Richard Rothe.
Hölderlingymnasium
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ist das Grundstück unbebaut.
Ebert-Anlage 45
Der großherzogliche Bezirksbauinspektor Wilhelm Waag bebaut
1857/58 das Grundstück für sich selbst.
Ebert-Anlage 44 – Riesenstein
Das vormalige Gasthaus Müller-Wirth ist seit 1883 im Besitz der
Studentenverbindung Saxo-Borussia. Die Zeichnung zeigt den Zustand 1886.
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Ebert-Anlage 50
Von 1932 bis 1942 residiert die Studentenverbindung Stauffia in
dem Haus; danach finden wir hier bis 1981 die Hochschule für Musik.
Ebert-Anlage 62 – Verbindung Karlsruhensia
Der Bierkeller von 1850 geht 1922 in den Besitz der Verbindung
über.
Ebert-Anlage 56
Der Vorgängerbau war von 1867 bis 1931 Bierkeller.
Ebert-Anlage 57
Das Haus gehörte von 1878 bis 1903 dem Anatomen und Morphologen Carl Gegenbaur.
Ebert-Anlage 61 – Villa Seitz
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Das von dem Großherzoglichen Baubeamten (Architekt) Friedrich
Seitz 1895 errichtete Haus steht anfangs unmittelbar an der alten
Bahntrasse.
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Klingenteichstrasse
Klingenteichstr. 2
Das ca. 1865 gebaute Haus bewohnte von 1870 bis 1872 der Philosoph Eduard Zeller. Ddann wurde er nach Berlin berufen; Kuno
Fischer war sein Nachfolger.
Klingenteichstr. 4 – Suevia-Haus
Nachdem das Vereinslokal des bereits 1810 gegründeten Corps Suevia im ,,Eisenhardt’schen Keller” sich zunehmend als zu klein erweist, ersteht in nur zweijähriger Bauzeit an gleicher Stelle und
nach den Plänen des Mannheimer Architekten Rudolf Tilessen
1911 das neue Corpshaus.
Die Zeichnung zeigt den Eisenhardt’schen Keller 1886
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Klingenteichstraße 6
Das Haus wurde 1863 für den Universitätsmaler Georg Ph. Schmitt
errichtet. Das Fliesenbild auf der Front des Hauses stellt eine Allegorie der Kunst dar. Ganz oben im Garten baute er noch ein
Atelier. Sein Sohn Guido wurde in England als Portrait- und Landschaftsmaler berühmt. Er kehrte nach Heidelberg zurück und lebte
bis zu seinem Tod 1921 in diesem Haus.
1924 bis 1940 wurde das Haus von dem Dichter Alfred Mombert
(1872–1942) bewohnt.
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Zur Friedrich-Ebert-Anlage finden Sie die WWW-Seite
Leopoldstraße in Heidelberg unter
http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/˜f25/homo-heid
/heidelberg/leograf.htm
mit Informationen zu den Hausbesitzern und prominenten Mietern.
Versehen mit zahlreichen Bildern und einen Fotorundgang.
Außerdem können Sie sich für jedes Jahr zwischen 1840 und 2000 den
Bebauungszustand der Ebert-Anlage anzeigen lassen.
Umseitig: Ausschnitt aus dem Stadtplan von 1897
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