Arbeitsfähigkeit erhalten: das Projekt „Netzwerk Epilepsie und

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Arbeitsfähigkeit erhalten: das Projekt „Netzwerk Epilepsie und
Veranstaltungsdokumentation zum
BGW forum 2011 – Gesundheitsschutz in der Behindertenhilfe
Hamburg, 5. bis 7. September 2011
PlenumE2
Arbeitsfähigkeit erhalten: das Projekt „Netzwerk Epilepsie
und Arbeit“
Karen Sorgenfrei
Netzwerk Epilepsie und Arbeit, München
Das Netzwerk Epilepsie und Arbeit 1 berät und begleitet epilepsiekranke Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber bei epilepsiebedingten Problemen am Arbeitsplatz. Es gibt
verschiedene Situationen, in denen die Epilepsie am Arbeitsplatz eine Rolle spielen kann: So
sind häufig nach einem Anfallsereignis im Betrieb die Kolleginnen und Kollegen regelrecht
geschockt und verunsichert. Oder es können aufgrund von Anfällen risikoreiche Tätigkeiten
Hinweis: Dieser Fachbeitrag liegt in der Verantwortung der Autorin oder des Autoren.
nicht mehr ausgeführt werden. Falls keine Fahrtauglichkeit besteht, sind bestimmte Aufgaben
nicht mehr möglich. In solchen Situationen sind die Betroffenen und deren Umfeld meist ratlos,
ob oder wie es überhaupt weitergehen kann.
An dieser Stelle steht das Netzwerk Epilepsie und Arbeit dem Betroffenen und/oder seinem
Arbeitgeber beratend und unterstützend zur Seite. In einem ersten Gespräch wird zunächst
ermittelt, welche Schwierigkeiten aufgrund der Epilepsie am Arbeitsplatz bestehen. Mit
Erlaubnis des Betroffenen wird mit dem behandelnden Neurologen Kontakt aufgenommen, um
eine genaue Diagnose bezüglich des Anfallsbildes sowie eine Behandlungsprognose zu
erhalten. Dies kann unter Umständen eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, wenn der
Neurologe zum Beispiel aufgrund einer neu aufgetretenen Epilepsie die Behandlung erst
beginnt, da die Medikamente langsam aufdosiert werden. Erst wenn die Diagnose feststeht,
sollte eine Gefährdungskategorie nach den Berufsgenossenschaftlichen Informationen (BGI)
5852 festgelegt werden. Nachdem der Behandlungsstand optimiert ist, werden bei einer
Arbeitsplatzbegehung die individuellen Risiken hinsichtlich des Selbst- und
Fremdgefährdungspotenzials bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeit aufgrund der Epilepsie
ermittelt. Die BGI 585 liefern hier wichtige Anhaltspunkte, da anhand der festgelegten
Gefährdungskategorie und des Berufsbildes eine Empfehlung gegeben wird. Aufgrund der
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Beobachtungen am Arbeitsplatz erstellt der zuständige Betriebsarzt – meist in Zusammenarbeit
mit dem behandelnden Neurologen und einer Fachkraft für Arbeitssicherheit – eine
Gefährdungsbeurteilung für den epilepsiekranken Arbeitnehmer. In dieser werden die Risiken
konkret benannt und bestimmte Tätigkeiten gegebenenfalls ausgeschlossen. Beispielsweise
sollten keine Arbeiten in ungesicherten Höhen über einem Meter erfolgen, bis eine zweijährige
Anfallsfreiheit nachgewiesen werden kann. Um in der Gefährdungsbeurteilung
ausgeschlossene Tätigkeiten bei nachgewiesener Anfallsfreiheit wieder zu ermöglichen, kann
entsprechend der in den BGI 585 angegebenen Fristen bereits eine Nachuntersuchung
schriftlich vereinbart werden. Mit einer so erstellten Gefährdungsbeurteilung stellt der
Arbeitgeber sicher, dass alle notwendigen Maßnahmen zur Arbeitssicherheit getroffen wurden.
Trotz der Möglichkeit, bestimmte Aufgaben aus dem Berufsalltag auszugliedern und somit eine
Weiterbeschäftigung zu ermöglichen, ist Epilepsie mit manchen Berufsbildern nur schwer
vereinbar: Das ist zum Beispiel bei der Arbeit als Zimmerer angesichts der Absturzrisiken der
Fall oder bei der Tätigkeit als Busfahrer aufgrund der Fremdgefährdung. Für Epilepsiekranke in
diesen Berufsfeldern steht in den meisten Fällen eine berufliche Umorientierung an.
Das Netzwerk Epilepsie und Arbeit entwickelt derzeit bundesweit regionale Fachteams, die
Epilepsiekranke vor Ort interdisziplinär beraten und begleiten, um möglichst viele
Arbeitsverhältnisse erhalten zu können.
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Nähere Informationen zu dem Projekt unter http://www.epilepsie-arbeit.de
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Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit: BGI
585 – Empfehlungen zur Beurteilung beruflicher Möglichkeiten von Personen mit Epilepsie. Carl
Heymanns Verlag, 2007
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