Schreiben des Aufsichtsrats an die Aktionäre

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Schreiben des Aufsichtsrats an die Aktionäre
Balda Aktiengesellschaft • Bergkirchener Str. 228 • 32549 Bad Oeynhausen
Bad Oeynhausen, 19. Juni 2013
Sehr geehrte Aktionärinnen, sehr geehrte Aktionäre der Balda AG,
am 18. Juli dieses Jahres könnte es zu weitreichenden Veränderungen in unserer
Gesellschaft kommen. Für diesen Tag hat der Aktionär Elector GmbH zu einer
außerordentlichen Hauptversammlung nach Berlin, den Sitz des Aktionärs,
eingeladen. Einem entsprechenden Verlangen hatte das Amtsgericht Bad
Oeynhausen stattgegeben. Nach meinem Eindruck geht es bei dieser
Hauptversammlung nur vordergründig um die vollständige Neubesetzung des
dreiköpfigen Aufsichtsrates der Balda AG durch Vertreter der Elector GmbH, die
nach eigenen Angaben 29,9 % des Grundkapitals und damit der Stimmrechte hält.
Es gibt Indizien, dass die Neubesetzung des Gremiums nur der Auftakt für eine
grundlegende Veränderung der strategischen Ausrichtung unseres Unternehmens
ist. Deshalb ist es sehr wichtig, dass alle Aktionärinnen und Aktionäre über diese
Hintergründe informiert sind und in möglichst großer Zahl ihre Stimmrechte auf der
Hauptversammlung ausüben oder über einen Stimmrechtsbevollmächtigten ausüben
lassen.
Zu den Fakten: Der geschäftsführende Gesellschafter der Elector GmbH, Dr.
Thomas van Aubel, hat am 10. Januar 2013, also wenige Tage nach Übernahme
eines Aktienpakets an unserer Gesellschaft, in der Regionalzeitung „Neue
Westfälische“ eine Veränderung der Unternehmensstrategie pauschal angekündigt,
diese aber nicht konkretisiert. Bis heute hat Elector keine näheren Angaben zu ihren
strategischen Absichten gemacht – trotz wiederholter Nachfragen von Medien und
trotz öffentlicher Aufforderung durch die Balda AG. Auch in einer
Börsenpflichtmitteilung vom 29. Januar 2013, zu der Elector gesetzlich verpflichtet
war, machte Elector keine konkreten Angaben, obwohl gerade diese Pflichtmitteilung
der Offenlegung der strategischen Ziele der Beteiligung an Balda dienen soll.
In den Medien und im Kapitalmarkt wird seit Monaten spekuliert, dass Elector
beabsichtige, die Balda-Gruppe auf den Bereich Solarenergie auszurichten. Zudem
wird Herr Thomas Krupke, ehemaliger Vorstand der jetzt insolventen Berliner
SOLON AG, als neuer Unternehmenslenker für die Balda AG vermutet. Diese
Spekulationen rühren von dem Umstand her, dass Herr Dr. van Aubel seit vielen
Jahren in dieser Industrie geschäftlich engagiert ist. So war er bis zum Jahr 2009
Aufsichtsratsvorsitzender des Solarunternehmens Q-Cells SE, das 2012 in die
Insolvenz gehen musste. Bis heute verfügt Herr Dr. van Aubel über eine Vielzahl von
Beteiligungen und Engagements in den Bereichen Solarindustrie und regenerative
Energien, in vielen Fällen in geschäftlicher Verbindung mit Herrn Krupke. Einen Teil
Balda Aktiengesellschaft • Bergkirchener Str. 228 • 32549 Bad Oeynhausen
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Vorstand: Dominik Müser
Aufsichtsrat: Dr. Michael Naschke
(Vorsitzender)
seiner Tätigkeiten in diesen Branchen können
außerordentlichen Hauptversammlung entnehmen.
Sie
der
Einladung
zur
Anstatt Transparenz über die strategischen Absichten herzustellen, hat Elector seit
Jahresbeginn mit Nachdruck versucht, den Aufsichtsrat unserer Gesellschaft
mehrheitlich zu besetzen. Wurde in der Börsenpflichtmitteilung vom 29. Januar 2013
noch von einer „angemessenen Repräsentation“ gesprochen, liefen die
Bestrebungen des Aktionärs stets darauf hinaus, die Mehrheit im Aufsichtsrat zu
stellen. So hat Elector nach dem Rücktritt der beiden Aufsichtsratsmitglieder YuSheng Kai und Ted Gerlach mit Wirkung zum 28. Februar 2013 den Antrag beim
Amtsgericht Bad Oeynhausen gestellt, die Vakanzen durch zwei eigene Kandidaten
zu ersetzen, namentlich durch Herrn Dr. van Aubel selbst und durch Frau Frauke
Vogler. Frau Vogler war bis 2012 Aufsichtsratsmitglied der insolventen Q-Cells SE
und ist zudem als Steuerberaterin für Herrn Dr. van Aubel tätig.
Ich als verbliebenes Mitglied des Aufsichtsrats hatte dagegen bei Gericht den Antrag
gestellt, die Vakanzen mit zwei unabhängigen Personen zu besetzen, die in keiner
persönlichen oder geschäftlichen Beziehung zu unserer Gesellschaft stehen. Dabei
handelt es sich um die Diplom-Betriebswirtin Irene Schetelig, die über langjährige
Erfahrungen in international tätigen börsennotierten Unternehmen verfügt, sowie um
den Unternehmer Wilfried Niemann, der seit mehr als 30 Jahren einen
ostwestfälischen Zulieferer der Möbelindustrie führt.
Das Amtsgericht Bad Oeynhausen und in zweiter Instanz das Oberlandesgericht
(OLG) Hamm sind der Argumentation der Gesellschaft vollumfänglich gefolgt. Die
persönliche Befähigung und die Unabhängigkeit von Frau Schetelig und Herrn
Niemann stehen demnach außer Frage. So stellte das Amtsgericht Bad Oeynhausen
in seinem Beschluss vom 22. Februar 2013 fest:
„Die seitens des Aufsichtsratsvorsitzenden vorgeschlagenen Mitglieder Schetelig und
Niemann erfüllen die persönlichen Voraussetzungen an die Bestellung von
Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 100 Aktiengesetz. Insbesondere stehen sie in
keinem besonderen Bezug, weder zu der Balda AG noch zu Aktionären derselben.
Diese Voraussetzung ist bei den seitens der Elector GmbH vorgeschlagenen
Kandidaten insbesondere bei dem vorgeschlagenen Dr. Thomas van Aubel nicht
ersichtlich. Dieser steht in einem engen Bezug zur Hauptaktionärin. Es ist insofern
eine fehlende Unabhängigkeit zu befürchten.“
Das OLG Hamm stellte im Beschwerdeverfahren zu der geforderten Bestellung von
Frau Vogler folgendes fest:
„Die Entscheidung des Amtsgerichts, die Tätigkeit des Aufsichtsrats angesichts der
derzeitigen streitigen Situation im Unternehmen nicht durch die Bestellung eines
einem Großaktionär nahestehenden Mitglieds zu belasten, erscheint (…) von
sachlichen Erwägungen geleitet und am Interesse der Gesellschaft ausgerichtet.“
Ungeachtet dieser gerichtlichen Bewertungen verlangte Elector am 4. April 2013 die
Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung. Deren einziger Zweck soll
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die komplette Neubesetzung des Aufsichtsrats durch eigene Kandidaten des
Aktionärs sein. Der Vorstand der Balda AG lehnte dieses Verlangen ab, da Elector
die Eilbedürftigkeit der vorgeschlagenen Beschlüsse nicht dargelegt hatte und
Aufsichtsratswahlen auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung erfolgen
sollen, was auch weiterhin beabsichtigt ist. Eilbedürftigkeit ist aber die
Voraussetzung, um die erheblichen Kosten für eine außerordentliche
Hauptversammlung zu rechtfertigen, die aus dem Vermögen aller Aktionäre bezahlt
werden muss.
Nachdem das Amtsgericht Bad Oeynhausen die Elector GmbH ermächtigt hat, selbst
die außerordentliche Hauptversammlung einberufen zu dürfen, liegt die Zuständigkeit
für bestimmte Fragen der Vorbereitung der Veranstaltung bei Elector. Die
Gesellschaft macht sich diese Einberufung nicht zu eigen – nicht zuletzt vor dem
Hintergrund der laufenden Beschwerde gegen die Ermächtigung.
So hat der Aufsichtsrat der Balda AG insbesondere kein Verständnis für die Wahl
von Berlin als Ort der Hauptversammlung und wertet diese Entscheidung der Elector
als ausgesprochen aktionärsunfreundlich. Balda hat seit jeher Hauptversammlungen
in Ostwestfalen abgehalten, wo unsere Gesellschaft seit vielen Jahren über
zahlreiche treue Aktionärinnen und Aktionäre verfügt. Diesen Aktionärinnen und
Aktionären wird die Teilnahme an einer so wichtigen Veranstaltung, die unter
Umständen die Zukunft der Balda-Gruppe grundlegend beeinflussen wird, erheblich
erschwert. Es ist offenbar das Kalkül von Elector, auf eine Hauptversammlung mit
möglichst geringer Präsenz zu setzen, die zudem nahezu unter Ausschluss der
Öffentlichkeit, ergo ohne regionale Medien, stattfinden soll. Warum sonst flieht
Elector nach Berlin?
Meine Aufsichtsratskollegen und ich haben durchaus Verständnis, dass ein Aktionär
mit einer signifikanten Beteiligung an der Balda AG im Aufsichtsrat angemessen
vertreten sein möchte. „Angemessen“ kann jedoch nicht bedeuten, dass weniger als
30 % des Aktienkapitals alle Sitze im Aufsichtsrat besetzen und mehr als 70 % des
Aktienkapitals von der Repräsentanz ausgeschlossen bleiben. Sollte Elector von
dieser Forderung abrücken, kann über eine für alle Beteiligten tragfähige Lösung des
Konflikts gesprochen werden.
Die Besetzung des Aufsichtsrats unserer Gesellschaft mit drei Vertretern von Elector
würde diesem Aktionär dagegen eine nahezu uneingeschränkte Machtfülle verleihen.
Änderungen in der Besetzung des Vorstands und damit Veränderungen in der
Unternehmensstrategie wären mühelos durchsetzbar. Das befremdliche Verhalten
von Elector – das Schweigen zu strategischen Fragen, der unbedingte Wille, den
Aufsichtsrat zu dominieren und die Wahl Berlins als Veranstaltungsort – müssen den
Schluss nahelegen, dass genau dieses Szenario geplant ist.
Deshalb geht es am 18. Juli nicht allein um die Besetzung des Aufsichtsrats, sondern
um die Zukunft der Balda AG. Es geht um die Entscheidung über zwei Konzepte und
Vorgehensweisen, die unterschiedlicher nicht sein können.
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Auf der einen Seite stehen Vorstand und Aufsichtsrat mit klarer Fokussierung
auf die weitere Unternehmensentwicklung, dem Willen zu weiteren, wohl
abgewogenen Akquisitionen und einem klarem Dividendenbekenntnis, das
Elector wiederum als pflichtwidrig kritisiert hat.
Auf der anderen Seite steht die Elector GmbH mit dem erkennbar festen
Willen, die Balda AG beherrschen zu wollen, ohne Ziele oder nächste Schritte
zu benennen. Aus der Kritik von Elector an der Dividendenankündigung lässt
sich allenfalls schließen, dass der Kontostand des Unternehmens möglichst
ungeschmälert bleiben soll – für was auch immer.
Unser Unternehmen hat in den vergangenen eineinhalb Jahren eine erfreuliche
Entwicklung verzeichnet, von der alle Aktionäre – auch und gerade die Elector GmbH
– in Form erheblicher Wertsteigerungen ihrer Investments profitiert haben. Die vom
Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats eingeschlagene Wachstumsstrategie
zeigt klare Erfolge. Sie, verehrte Aktionärinnen und Aktionäre, haben diese Strategie
vergangenes Jahr mit großer Mehrheit gebilligt, und an dieses Votum fühlen wir uns
gebunden. Im Übrigen hat auch Elector ihre Investitionsentscheidung zu einem
Zeitpunkt getroffen, als die Buy-and-Build-Strategie von Balda bereits umgesetzt
wurde und als insbesondere die Akquisitionen der US-Kunststoffspezialisten Balda
C. Brewer und Balda HK Plastics bereits getätigt worden waren – Zukäufe, die
Elector jetzt als risikobeladen darstellt.
Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
ich bitte Sie, an der außerordentlichen Hauptversammlung der Balda AG
teilzunehmen oder, falls Ihnen dies nicht möglich sein sollte, Ihre Stimmen auf einen
Bevollmächtigten der Gesellschaft bzw. auf die Aktionärsvereinigungen zu
übertragen. Wenn Sie organisatorische Fragen haben, steht Ihnen das Investor
Relations-Team unserer Gesellschaft gerne zur Verfügung.
Am 18. Juli wird über die Zukunft unseres Unternehmens entschieden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Michael Naschke
Vorsitzender des Aufsichtsrats der Balda AG
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