Analyse_Österreich Trend_Sep.11

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Analyse_Österreich Trend_Sep.11
ATV Österreich.Trend
ATV Österreich.Trend
11. Welle, September 2011
Dr. Peter Hajek
Mag. Alexandra Siegl, MSc.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung der Studie ........................................................................................................ 2
Wirtschaftliche Stimmung ...................................................................................................... 2
Sonntags- und Kanzlerfrage ................................................................................................... 3
Zufriedenheit mit der Regierung ............................................................................................ 5
Demokratiezufriedenheit und Gerechtigkeitsempfinden ...................................................... 5
Eurokrise ................................................................................................................................ 6
Studiengebühren.................................................................................................................... 7
Korruption in Österreich ........................................................................................................ 8
ATV Österreich.Trend
Beschreibung der Studie
Seit Anfang 2009 publizieren ATV und Peter Hajek gemeinsam den ATV Österreich.Trend, eine quartalsmäßige
Umfrage unter wahlberechtigten Österreichern. Diese an den ARD-DeutschlandTrend angelehnte Erhebung
gibt ein Abbild der politischen Großwetterlage sowie aktueller Themen im Land.
Im Rahmen der elften Welle des ATV Österreich.Trend wurden von 23. bis 28. September 2011 1.000
Österreicherinnen und Österreicher repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ab 16 Jahren zu ihren
Einstellungen befragt. Die Schwankungsbreite der Ergebnisse beträgt maximal +/- 3,1 Prozent.
Wirtschaftliche Stimmung
Eurokrise noch nicht im Alltag der Menschen angekommen
Eurokrise, Abstürze an den Börsen, Gerüchte über eine neuerliche Rezession – all das ist bislang nicht in der
Lebensrealität der Österreicherinnen und Österreicher angekommen. So sehen sich 59% der Bevölkerung in
guter wirtschaftlicher Lage, 7% sogar in sehr guter Lage. 27% der Befragten bewerten die persönliche
Wirtschaftslage als weniger gut, weitere 6% als dezidiert „schlecht“.
Negativer sehen die eigene Lage niedrigere Bildungssegmente, mit der Regierung Unzufriedene, FPÖSympathisanten, Frauen, Über-50-Jährige sowie Menschen mit Migrationshintergrund.
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Wirtschaftliche Lage im Land weiterhin negativ bewertet
Die Einschätzung der landesweiten wirtschaftlichen Lage ist ebenfalls unbeeinflusst durch jüngste Gerüchte um
eine weitere Eskalation der Eurokrise. Sie wird von einer knappen Mehrheit als positiv eingeschätzt, jedoch nur
von 2% als „sehr gut“. Als „weniger gut“ bewerten die Lage 38% der Österreicherinnen und Österreicher, 9%
bezeichnen sie als „schlecht“. Schlechter bewerten sie Situation wiederum die oben beschriebenen Gruppen,
sowie Menschen, die sich selbst in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage sehen.
Sonntags- und Kanzlerfrage
Kanzlerfrage: Politische Affären schaden Faymann, Spindelegger und Strache
Die Parteichefs der drei größeren Parteien verlieren alle in der Kanzlerfrage. Hintergrund sind wohl die
aktuellen politischen (Korruptions-)Affären, mit denen mit Ausnahme der Grünen derzeit alle Parteien mehr
oder weniger stark kämpfen. In diesem Umfeld gewinnt erwartungsgemäß Grünen-Chefin Glawischnig dazu,
und auch Josef Bucher, der Skandale, in die das (damalige) BZÖ verwickelt war, eher in der Sphäre der FPÖ
verortet sieht, kann von der derzeitigen Situation etwas profitieren. Eine Mehrheit von 34% der Menschen
sieht jedoch keinen der genannten Kandidaten als geeigneten Kanzler, was das Misstrauen in die politische
Führung des Landes mehr als deutlich macht.
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Am stärksten in der eigenen Parteiwählerschaft kann FPÖ-Chef Strache punkten, ihn würden 79% der FPÖWähler zum Kanzler wählen. Werner Faymann vereint 71% seiner Parteiwählerschaft hinter sich, Michael
Spindelegger würden 58% der ÖVP-Wähler zum Kanzler wählen. Grünen-Chefin Glawischnig würden 38% der
Grün-Wähler gerne im Kanzleramt sehen, Josef Bucher 29% der BZÖ-Wähler.
Sonntagsfrage: SPÖ wieder vor FPÖ
Die jüngsten Aktivitäten der SPÖ, insbesondere der Vorstoß zu einer Vermögenssteuer, haben die Partei in der
Wählergunst wieder vor die FPÖ manövriert. Die Diskussion um ÖBB- oder ASFINAG-Inserate dürfte der SPÖ
derzeit nicht schaden.
Der FPÖ haben im Gegenzug mediale Berichte über problematische Parteimitglieder und deren Aussagen,
sowie die „part-of-the-game“-Affäre geschadet.
Die ÖVP verliert sukzessive an Boden, was auf die Skandale rund um die Ex-Regierungsmannschaft von
Wolfgang Schüssel – und dessen Rücktritt als Nationalratsabgeordneter – zurückzuführen ist. Zudem wirkt die
Partei derzeit nicht geeint und thematisch wenig Sattelfest.
Die Grünen halten sich stabil auf gutem Niveau, das BZÖ setzt in der Eurokrise auf Wirtschaftskompetenz und
kann im Vergleich zum Juni wieder zulegen.
Betrachtet man die Wählerstruktur der Parteien, so fällt auf, dass die SPÖ wieder bei den Unter-30-Jährigen
punktet, die ÖVP dagegen vorwiegend ältere Menschen anspricht – was wenig zukunftsträchtig erscheint. Was
den Bildungsstand betrifft, wird vor allem die SPÖ stark von niedrigeren Bildungssegmenten präferiert, was auf
die gute Presse in den Boulevardmedien zurückgeführt werden kann, währenddessen sich höher Gebildete am
stärksten von den Grünen angesprochen fühlen.
Auffallend ist, dass jene, die mit der Regierungsarbeit zufrieden sind, hauptsächlich SPÖ wählen würden, die
ÖVP kann ich nur wenig Stimmen auf sich vereinen (Rohdaten: SPÖ 49% : ÖVP 19%).
Ein Warnsignal für die Regierung sollte allerdings sein, dass die mit der Wirtschaftslage Unzufriedenen
überproportional zur FPÖ tendieren, was den politischen und wirtschaftlichen Ausblick auf das Jahr 2012 für
die beiden Systemparteien wenig erfreulich erscheinen lässt.
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Zufriedenheit mit der Regierung
Drei Viertel der Bevölkerung mit Regierung unzufrieden
Stabile Unzufriedenheit herrscht seit Monaten mit der Arbeit der Regierung. Nur jeder Fünfte ist mit der
großen Koalition zufrieden. Auch in den Parteiwählerschaften von SPÖ und ÖVP herrscht nicht nur
Zufriedenheit. So sind 48% der SPÖ-Sympathisanten und ganze 71% der ÖVP-Sympathisanten (!) mit der
Regierungsarbeit weniger bis gar nicht zufrieden.
Besonders unzufrieden sind Menschen in schwieriger wirtschaftlicher Lage, Wähler von FPÖ und Grünen,
politisch Unentschlossene, sowie mittlere und höhere Altersgruppen und höhere Bildungssegmente.
Demokratiezufriedenheit und Gerechtigkeitsempfinden
Menschen mit Demokratie weiterhin unzufrieden
52% der Österreicherinnen und Österreicher sind mit der Demokratie im Land unzufrieden – es waren
allerdings schon einmal mehr. Mitten in der Diskussion um das Sparpaket im Winter 2010 lag die
Unzufriedenheit bei ganzen 60%. Nichtsdestotrotz sollte eine Situation, in der die Mehrheit der Bevölkerung
mit der Demokratie im Land unzufrieden ist, nicht unterschätzt werden.
Besonders kritisch sind wiederum Menschen in schlechter wirtschaftlicher Lage, Menschen, die mit der
Regierungsarbeit unzufrieden sind, sowie Wähler der FPÖ und ältere Menschen.
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Gerechtigkeitsempfinden sackt ab
Ganze 54% der Österreicherinnen und Österreicher sind der Meinung, dass es im Land nicht gerecht zugeht.
Nicht zuletzt aktuelle Polit-Affären dürften zu diesem Eindruck beigetragen haben, doch auch Menschen in
problematischer wirtschaftlicher Lage empfinden das Gesamtsystem als ungerecht. Betrachtet man die
Parteiwählerschaften, so finden vor allem Sympathisanten von FPÖ und BZÖ und politisch Unentschlossene,
dass es im Land alles in allem nicht gerecht zugeht. Zudem empfinden ältere Menschen und niedrigere
Bildungssegmente die Situation stärker als ungerecht.
Eurokrise
Österreicher glauben nicht an Untergangsszenarien
Daran, dass im kommenden Jahr Länder die Eurozone verlassen werden, glaubt nur jeder Fünfte, die
Österreicherinnen und Österreicher sind bei diesem Thema also überwiegend (Zweck)optimistisch.
Auch das Szenario, dass der Euro die Krise ganz insgesamt nicht überleben könnte, und die Mitgliedsländer
wieder zu ihren alten Landeswährungen zurückkehren, kann sich nur eine Minderheit vorstellen.
Etwas besser könnten sich eine Rückkehr zum Schilling lediglich Wähler von FPÖ und BZÖ, sowie Über-50Jährige vorstellen.
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Studiengebühren
Mehrheit für Studiengebühren
68% der Österreicherinnen und Österreicher sind für Studiengebühren, eine starke Mehrheit von 48% will diese
aber nicht vom Staat, sondern von den Universitäten eingehoben und dort verwendet sehen. Vor allem Wähler
von ÖVP, FPÖ und BZÖ, sowie ältere Menschen stehen diesem Modell positiv gegenüber. Gegen
Studiengebühren treten vor allem Grün-Sympathisanten und junge Menschen ein. Im Mittelfeld bewegen sich
SPÖ-Sympathisanten: sie sind zu 24% für Studiengebühren, die vom Staat eingehoben werden, zu 42% für von
den Universitäten eingehobene Gebühren und zu 28% gegen Studiengebühren.
Betrachtet man Unterschiede nach Bildungsabschlüssen, so sind höhere Bildungssegmente etwas stärker als
der Durchschnitt für von den Universitäten eingehobene Studiengebühren (54%) sowie gegen Studiengebühren
(29%), unterdurchschnittlich plädiert diese Gruppe für Studiengebühren, die vom Staat eingehoben werden
(15%).
Geteilte Meinungen zu Volksbefragung
Was die Idee betrifft, eine Volksbefragung über die Wiedereinführung von Studiengebühren abzuhalten, sind
die Österreicherinnen und Österreicher geteilter Meinung. Während 46% das für eine gute Idee halten,
wünschen sich 49% eine Entscheidung auf politischer Ebene ohne Volksbefragung.
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Korruption in Österreich
Politik von Mehrheit der Bevölkerung als korrupt eingeschätzt
Die jüngsten Polit-Skandale haben ihre Spuren hinterlassen. So kommt die Politik im Vergleich mit anderen
Organisationen und Personengruppen beim Thema Korruption eindeutig am schlechtesten weg. Auf einer Skala
von 1 „gar nicht anfällig“ bis 10 „sehr anfällig“ ergab sich für die Politik ein Mittelwert von 7,4, was die
Anfälligkeit für Korruption betrifft. Auf Platz 2 des Negativ-Rankings liegen – nicht zuletzt im Lichte der
Vorwürfe rund um Inserate in Massenmedien - die Medien. Verhältnismäßig hohes Vertrauen genießen Justiz
und Wissenschaft.
Die Justiz wird überdurchschnittlich kritisch von BZÖ- und Grün-Wählern (Mittelwert 4,7 und 4,5) sowie von
Menschen mit Migrationshintergrund (4,6) bewertet.
Die Medien wiederum werden von höher Gebildeten (6,6) und damit korrelierend von Grün-Wählern (6,5)
stärker für Korruption anfällig gehalten.
Wissenschaftler & Experten, die öfter Öffentlichkeitswirksam auftreten, werden insbesondere von FPÖWählern (4,3) kritisch betrachtet.
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