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Macher & Märkte 7 WirtschaftsEcho · FEBRUAR/MÄRZ 2010 Zum Lunch mit … CLAUDIA EHRY VON ILKA ENNEN Unternehmen C laudia Ehry hat Glück. Sie hat einen Berater, der immer Zeit für sie hat. 24 Stunden am Tag. Auch am Wochenende. Und wenn die Frontfrau der Darmstädter Y-PR-Agentur im Dickicht des Geschäftslebens nicht weiß, was gut ist für die Zukunft ihres Unternehmens und was nicht, dann lässt sie ihren Ratgeber entscheiden. „Okay, mach’s irgendwie“, sagt sie dann im Zwiegespräch. „Aber mach’s möglichst richtig.“ Nicht immer führt die Entscheidung ihres langjährigen Vertrauten zum erwünschten Erfolg. Trotzdem zweifelt die Firmenchefin nicht an seiner Beratungs-Kompetenz. „Alles hat seinen Sinn. Irgendeinen Zipfel Gutes gibt es immer“, sagt sie voller Überzeugung. Gott wird wissen, was er tut. Die Y-PR GmbH wurde 1995 von Claudia Ehry gegründet. Die im Darmstädter Stadtteil Eberstadt ansässige Public-Relations-Agentur beschäftigt sechs Mitarbeiter und hat sich spezialisiert auf die Themen Tourismus, Hotellerie, Gastronomie, Verkehr, Freizeit, Verbraucherausstellungen, Gesellschaft und Soziales sowie Kirche. Kunden sind unter anderem die Maritim Hotelgesellschaft, Darmstadt Marketing, DER Deutsches Reisebüro und die Landeszentrale für Umweltaufklärung Rheinland-Pfalz. Mit beiden Beinen fest im Leben „Der Glaube beeinflusst mein Leben. Ich sehe alles aus einer höheren Warte“, sagt die aktive Katholikin. Gott ist aber nicht für alles zuständig. Schon gar nicht für das kleine Einmaleins des PublicRelations-Geschäftes. Das beherrscht Claudia Ehry auch ohne Hilfe von oben und verteilt beim Lunch im Egelsbacher FlughafenRestaurant Schuhbeck’s Check Inn zuallererst eine Info-Mappe ihrer Firma mit Imagebroschüre, Block und Sudoku-Spiel. Claudia Ehry wirkt nicht wie ein gutgläubiges Naivchen, das vergeistigt in spirituelle Ebenen abgetaucht ist. Die Frau steht mit beiden Beinen fest im Leben. Und als Unternehmerin bedeutet ihr der berufliche Erfolg alles. Seit 15 Jahren ist die 58-jährige die First Lady einer GmbH mit überwiegend weiblicher Belegschaft. PR sei ein Frauenberuf, sagt Ehry. „Es bewerben sich wenige Männer. Und wenn eine Frau das Sagen hat, sind es noch weniger.“ Y-PR ist ein Familienbetrieb. Ehemann Peter hält der Chefin den Rücken frei. Als Mann fürs Unkreative kümmert sich der Ruheständler um die Verwaltung, ordnet die Finanzen und das Personal. Claudia Ehry legt Wert auf strikte Aufgabentrennung. „Wir sind beide Erstgeborene“, sagt sie. „Wir können nicht zusammenarbeiten, weil jeder Chef sein will.“ Ihren Mann als Mit-Inhaber an der Gesellschaft zu beteiligen, kommt der Agenturgründerin nicht in den Sinn. „Es stand nie an“, sagt sie bestimmt. „Es ist m e i n e Firma.“ [Infobox] Mundgerechte Infos auf der Speisekarte Claudia Ehry – Die Chefin der Eberstädter Agentur Y-PR schätzt Diplomatie und baut auf festgezurrte Abläufe – Der Glaube spielt eine große Rolle Die Darmstädterin weiß, was sie will. Im Alltagstrott stundenlang am Herd zu stehen, gehört nicht dazu. Ehry ist ein Fan von Fertigprodukten, die ein Lieferant tiefgekühlt nach Hause bringt. „Bei uns kocht sehr viel Bofrost“, sagt sie, lacht, und erinnert sich, dass ihre Kinder von Mamas Kochkünsten nicht ausnahmslos begeistert waren und Fischstäbchen aus dem Eisschrank bevorzugten. Die Salat-Freundin, die bei Schuhbeck’s ein Blatt-Werk mit Parmaschinken, Scampis und ZitronenChili-Backhendl bestellt, isst auch nicht alles. Sie hasst Spinat, ohne genau zu wissen, warum. Gut, dass der rohe Küchengruß-Lachs zwar von stechendem Grün begleitet wird, es sich dabei aber nicht um Popeye-Gemüse, sondern um eine Kreation aus Algen und Avocado-Wasabi-Dip handelt. Claudia Ehry Ein Prost auf die PR: Claudia Ehry beim Lunch mit ECHO-Redakteurin Ilka Ennen im Egelsbacher Flughafen-Restaurant Schuhbeck’s Check Inn. FOTOS: ALEXANDER HEIMANN [Person] Die in Frankfurt geborene Claudia Ehry (58) lebt nach Zwischenstationen in Köln und Stuttgart seit 1975 in Darmstadt. Nach ihrem Redaktionsvolontariat bei der Deutschen Verlagsanstalt und der Cannstatter Zeitung Anfang der 70er Jahre arbeitete sie als Redakteurin bei der Allianz Lebensversicherung in Stuttgart. Mit 25 Jahren holte sie auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nach und schrieb im Anschluss fünf Jahre als freie Mitarbeiterin für das ECHO vor allem Gerichtsreportagen und Reiseberichte. Mitte der 80er Jahre schlüpfte die Journalistin in die Rolle der PR-Beraterin. Weil ihr ausgewiesenes Know-how wichtig ist, ließ sich die Firmenchefin weiter ausbilden: bei der Deutschen Akademie für Public Relations zur geprüften PR-Beraterin und bei der IHK Darmstadt zur zertifizierten Trainerin. Claudia Ehry engagiert sich ehrenamtlich in ihrer Kirchengemeinde St. Josef und im weltweiten Touristikerverband Skål. Die Parisliebhaberin ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Mundgerechte Informationen will die PR-Beraterin den früheren Kollegen aus der Medienwelt servieren. Vor einem Vierteljahrhundert hat die Print-Redakteurin die Seiten gewechselt und ist zur Auftragsschreiberin geworden. Weil sich die Prozesse der Gerichtsreporterin nie nach dem Zeitplan ihrer Babysitter richteten. Die zweifache Mutter hat den Spagat zwischen Vollzeitjob und Familienglück versucht. Aupair-Mädchen und Tagesmütter verschlissen. Es funktionierte nicht. „Das war damals noch schwieriger als heute“, erinnert sich Ehry. Dass es gut so war, das weiß sie heute. Die Tragödien um Mord, Totschlag und sexuellen Missbrauch seien nicht spurlos an ihr vorbeigegangen. „Es war eine prägende Zeit, weil ich mit dramatischen Schicksalen konfrontiert worden bin.“ Hartnäckig, aber stets freundlich Die Arbeit als Geschäftsfrau mit selbstbestimmtem Terminkalender ist nicht weniger zeitintensiv. Ehry berichtet von exzessiven Arbeitsphasen und einem geduldigen Ehemann: „Manchmal motzt er, aber er hat es immer ertragen.“ Wenn Y-PR für seine Auftraggeber Nachrichten verkauft, ruft Ehry persönlich Zuständige und NichtZuständige an, schreibt E-Mails, hakt nach. Hartnäckig, aber freundlich. Die Zufriedenheit der Kunden sei das wichtigste Kriterium für ihre Arbeit, sagt die Chefin. Solange sie die Öffentlichkeitsarbeiter nicht dazu missbrau- chen, die Wahrheit zu verdrehen. „Wir lügen nicht“, sagt Ehry bestimmt. „Wir legen großen Wert auf Ehrlichkeit und Fairness.“ Die Wahr-Sagerin beherrscht auch die Gabe der Diplomatie. Mit markigen Sprüchen will sie nicht in der Zeitung stehen. Darmstadt Marketing, für die Y-PR Projektaufträge abwickelt, bezeichnet die Kommunikatorin als „angenehmen Kunden“. Das Thema Parkgebühren in der Innenstadt möchte sie nicht kommentieren. „Ich will mich nicht auf saloppe Weise in eine gravierende Diskussion einklinken. Das ist ein Kapitel für sich.“ Und hätte Ehry den Darmstädter Oberbürgermeister Walter Hoffmann als Kunden, sie würde ihm raten, sich mehr zu schützen, eine Pause einzulegen. „Es ist nicht gut, immer negativ in der Zeitung zu stehen. Darüber müsste man mal reden.“ Zur Not auch im Morgengrauen. Ehrys Start in den Tag ist justiert wie ein Messgerät. Um 5.15 Uhr klingelt der Wecker. Auf die Morgengymnastik folgen die Lektüre des ECHO und der Kaffee. Anschließend geht sie eine halbe Stunde Joggen. Abweichung am Wochenende gibt es nicht, sagt die Frühaufsteherin. Claudia Ehry liebt Strukturen und festgezurrte Abläufe. Die Leistungen ihrer Agentur ordnet sie in Modulen und bietet sie nach dem BaukastenPrinzip an. Die normierten Arbeitsabläufe sind das erste, was ein neuer Mitarbeiter verinnerlichen muss, weil der Kopf frei sein soll für die wichtigen Dinge: „Sie geben uns die Freiheit, kreativ zu sein.“ Hirngespinste entwickelt die Einfallsreiche nur im Kundenauftrag. Wünsche, Ziele, Visionen treiben sie nicht voran. Weder beruflich noch privat. „Mir gefällt mein Leben so wie es ist.“ Claudia Ehry ist ein Das-Glas-ist-halbvoll-Typ, der das Leben positiv sieht und im Schwarz und Weiß die Zwischentöne erkennt. Auch an die unternehmerische Bergund Talfahrt hat sie sich gewöhnt. „Ich trage vieles mit größerer Ruhe, als ich das früher gemacht habe.“ In Finanzkrisenzeiten habe es Gewinne und Verluste gegeben. Ehry weiß, dass es auch wieder aufwärts gehen wird. „Es funktioniert auf Dauer nicht, wenn Unternehmen an der Kommunikation sparen.“ Und falls doch mal wieder schwierige berufliche Zeiten drohen, trifft Ehry ihren persönlichen Berater beim regelmäßigen Sonntags-Termin in der St. Josefs-Gemeinde, legt ihr Schicksal in seine Hände und sagt: „Dein Wille geschehe.“ Schließlich weiß Gott, was in der Geschäftswelt das wichtigste ist: Am Ende des Jahres schwarze Zahlen zu schreiben.