flugunfallkommission gutachten und vorschläge
Transcription
flugunfallkommission gutachten und vorschläge
FLUGUNFALLKOMMISSION Büro: Radetzkystraße 2 1031 W I E N Telefax: 713 03 26 Tel.: 71162 Kl. 9200, 9201, 9204 Wien, am 2. Oktober 1997 Pr.Zl. 84.387/8-FUK/97 GUTACHTEN UND VORSCHLÄGE betreffend den Flugunfall mit dem Hubschrauber Type Bölkow BO 105C, Kennzeichen D-XXXX, am 10. Februar 1995 um ca. 10:57 Uhr UTC *) Parzelle Biberstein, Gmd. Hittisau, Vorarlberg Zusammensetzung der Flugunfallkommission (bestellt mit Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 21. März 1995, Pr.Zl. 74.387/4-FUK/95): Dr. Alfred GANSER Leiter Harald MAYER Sachverständiger für Flugbetrieb Hans BARANEK Sachverständiger für Flugbetrieb DDipl.Ing. Dr. Walter SPERR Sachverständiger für Luftfahrzeugtechnik Der Flugunfall wurde im vereinfachten Verfahren untersucht. *) Alle in diesem Bericht angeführten Zeiten entsprechen Universal Coordinated Time (Lokalzeiten wurden entsprechend geändert). -2- INHALTSÜBERSICHT Seite ALLGEMEINES ....................................................................................................... 3 1. UNTERSUCHUNG .................................................................................................. 4 1.1 1.1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11 1.12 1.12.1 1.12.2 1.12.3 1.13 1.14 1.15 1.15.1 1.15.2 1.15.3 1.15.4 1.15.5 1.15.6 1.16 Flugverlauf ................................................................................................................ 4 Flugvorbereitung ....................................................................................................... 5 Verletzung von Personen .......................................................................................... 5 Beschädigung des Luftfahrzeuges ............................................................................ 6 Andere Beschädigungen ........................................................................................... 6 Besatzung .................................................................................................................. 6 Luftfahrzeug .............................................................................................................. 6 Flugwetter ................................................................................................................. 7 Navigationsanlagen ................................................................................................... 7 Funksprechverkehr .................................................................................................... 7 Flugplatz- und Bodeneinrichtungen .......................................................................... 8 Flugschreiber ............................................................................................................. 8 Prüfung des Bruches ................................................................................................. 8 Lage des Bruches ...................................................................................................... 8 Zustand des Bruches ................................................................................................. 9 Zustand der Schutzhelme ..........................................................................................12 Angaben über Feuerausbruch ....................................................................................13 Andere Angaben .......................................................................................................13 Technische Untersuchung .........................................................................................14 Allgemeines ..............................................................................................................14 Kufengestelle und Rumpfboden ................................................................................15 Heckausleger und Leitwerk ......................................................................................18 Triebwerke und Regler ..............................................................................................19 Instrumente und Ausrüstung .....................................................................................20 Versuche mit Seilkappvorrichtung ............................................................................21 Sonstiges ...................................................................................................................21 2. BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN .............................................25 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 Beurteilung ................................................................................................................25 Schlußfolgerungen ....................................................................................................27 Unfallart ....................................................................................................................27 Unfallursachen ..........................................................................................................27 3. 3.1 3.2 VORSCHLÄGE ........................................................................................................28 Sofortmaßnahmen .....................................................................................................28 Vorschläge der Flugunfallkommission .....................................................................28 -3- ALLGEMEINES Luftfahrzeug Hubschrauber Type BO 105C, Kennzeichen D-XXXX Triebwerk 2 Turbinentriebwerke Allison C20B Eigentümer Bundesministerium Halter Fliegergruppe Besatzung Pilot, männlich, 39 Jahre, tot Passagiere Arzt, männlich, 43 Jahre, schwer verletzt Sanitäter, männlich, 38 Jahre, schwer verletzt Unfallort Biberstein, Gemeinde Hittisau, Vorarlberg Koordinaten 47°27' O, 10°04' N, Seehöhe ca. 950 m MSL Datum und Zeitpunkt des Unfalls 10. Februar 1995, ca. 10:57 Uhr Art des Fluges Rettungsflug -4- Phase des Fluges Endanflug Datum und Zeitpunkt des Verständigung des Bereitschaftsdienstes 10. Februar 1995, 11:08 Uhr Datum und Zeitpunkt des Eintreffens am Unfallort 11. Februar 1995 um ca. 11:30 Uhr Teilnehmer an der Untersuchung Flugunfallkommissionsmitglieder: Obstlt. Harald Mayer, Dr. Walter Sperr Sonstige Personen: Beamte der Kriminalabteilung Vorarlberg Beamte des Landesgendarmeriekommandos Vorarlberg Vertreter des Bundesgrenzschutzes Kurze Darstellung des Unfalls Während eines Rettungsfluges zu einem Langlaufunfall im Bereich Hittisau kollidierte der Hubschrauber, Kennzeichen D-XXXX ("XXXXX") mit den quer zur Flugrichtung verlaufenden Zugseilen einer Materialseilbahn. Beim darauffolgenden Aufprall des Hubschraubers auf einen schneebedeckten Wiesenboden wurde der Pilot getötet, die beiden anderen Insassen schwer verletzt. Am Hubschrauber entstand Totalschaden. -5- 1. U N T E R S U C H U N G 1.1 FLUGVERLAUF Der Flugverlauf einschließlich des Unfallherganges wurde aufgrund der Aussagen der Augenzeugen in Verbindung mit den Erhebungen der Flugunfallkommission am Unfallort sowie den Angaben von Vertretern des Landesgendarmeriekommandos Vorarlberg wie folgt rekonstruiert: Der vorliegende Rettungseinsatz wurde durch einen Langlaufunfall einer deutschen Urlauberin ausgelöst. Diese war am 10.02.95 um etwa 10:00 Uhr gestürzt und nicht mehr gehfähig. Sie wurde von Begleitpersonen auf der Langlaufloipe Balderschwang-Hittisau nördlich des Flusses Bolgenach im Bereich Gerisgschwend ca. 300 m südlich der Landesstraße L5 Hittisau-Balderschwang erstversorgt. Um 10:45 Uhr alarmierte ein Langläufer im Wege der Grenzkontrollstelle Balderschwang die Rettungszentrale in Kempten. Um 10:52 Uhr landete der Rettungshubschrauber "XXXXX" an der Grenzkontrollstelle zur Orientierung über die Lage der Verletzten. Um 10:55 Uhr hob D-XXXX wieder ab und flog in einer Höhe von 50-70 m GND und ca. 50 m Abstand entlang der Landesstraße L5 in Richtung Hittisau. Die Fluggeschwindigkeit war gering und betrug etwa 60 - 70 km/h (33-40 kt). Dabei überquerte er den Talpunkt der Materialseilbahn von Gerisgschwend (1020 m NN) zur Alpe Eugster (1075 m NN). Ca. 200 bis 300 m westlich davon kurvte D-XXXX über links auf etwa Ostkurs. Dabei und in der Folge wurde die Flughöhe über Grund von ca. 50-70 m gleichgehalten und der Hubschrauber in einen leichten, ungleichförmigen Sinkflug gebracht. Vermutlich noch im Stadium des Erkundungsfluges kollidierte der Hubschrauber in Normalfluglage mit dem umlaufenden Zugseil der oa. Materialseilbahn in einer Höhe von ca. 60 m über Grund. Beide Zugseilenden rissen durch den Aufprall an der talseitigen Umlenkscheibe. Die Seile blieben an dem vorderen Biegerohr im Bereich der Kufen am Hubschrauber hängen. Bei abnehmender Höhe vergrößerte sich die Längsneigung und es kam ca. 250 m östlich -6der Stelle der Seilkollision um ca. 10:57 Uhr zum Aufprall am Boden. Der Pilot kam dabei ums Leben, die beiden anderen Insassen wurden schwer verletzt. Am Luftfahrzeug entstand Totalschaden. 1.1.1 Flugvorbereitung Die erforderliche Flugvorbereitung wurde offensichtlich durchgeführt. 1.2 VERLETZUNG VON PERSONEN Art der Verletzung 1.3 Besatzung Passagiere Dritte tödlich 1 - - schwer verletzt 2 - - BESCHÄDIGUNG DES LUFTFAHRZEUGES Am Luftfahrzeug entstand Totalschaden. 1.4 ANDERE BESCHÄDIGUNGEN Erheblicher Sach- und Flurschaden an der Unfallstelle. 1.5 BESATZUNG Pilot, männlich, 39 Jahre, deutscher Staatsbürger. Inhaber des Berufshubschrauberpilotenscheines Nr. XXX, ausgestellt am 22. Juni 1978 vom Luftfahrtbundesamt, gültig bis 6. November 1995. Typenberechtigungen: BO 105, SA 330J Besondere Berechtigungen: IFR seit 6. Juli 1988 Flugerfahrung insgesamt: 4.507 h 36 min, davon 9 h 15 min innerhalb der letzten 30 Tage auf Unfallmuster: 1.281 h 28 min bei 4.413 Starts, davon 4 h 50 min bei 35 Starts innerhalb der letzten 30 Tage -7- 1.6 LUFTFAHRZEUG Hubschrauber Type BO 105C, Kennzeichen D-XXXX Hersteller: Messerschmidt-Bölkow-Blohm Werknummer/Baujahr: S 553 / 1981 Betriebsstunden: 4766 h 10 min Triebwerk 2 Turbinentriebwerke Hersteller: Allison Type: DDA 250-C20B Werknummer/Baujahr: L/H: CAE-834380 / R/H: CAE-820796F / Betriebsstunden: L/H: 3.343 h 85 min TSO R/H: 3.485 h 28 min TSO Rotor Hauptrotorblätter Type/WNr.: 2117 / 2120 / 2138 / 2154 Hauptrotorkopf Type/WNr.: S-118 Hauptgetriebe Type/WNr.: 327 Heckrotorblätter Type/WNr.: 1614 / 1665 Heckrotorkopf Type/WNr.: 102 Heckgetriebe Type/WNr.: 344 Bordpapiere: Eintragungsschein in Luftfahrzeug-Rolle Band X Blatt XXXXX, ausgestellt vom Luftfahrtbundesamt Braunschweig am 18.12.1981 Lufttüchtigkeitszeugnis, ausgestellt vom Luftfahrtbundesamt Braunschweig am 18.12.1981. Nachprüfschein Nr. XXXXX, ausgestellt am 10.06.1994, von Firma Motorflug BadenBaden bei einer Gesamtbetriebszeit von 4.493 h Bewilligung für eine Luftfahrzeugfunkstelle für D-XXXX, ausgestellt am 24.08.1990 von der Deutschen Bundespost. Als Bundesluftfahrzeug war eine Haftpflichtversicherung nicht erforderlich. -8- 1.7 FLUGWETTER Gemäß Mitteilung des Deutschen Wetterdienstes, Flugwetter-Warte München vom 13.02.95 an die GSF-Süd herrschten am 10.02.95 um die Mittagszeit im Raum Oberallgäu-Bregenzerwald sehr gute Sichtflugbedingungen. Die Sichtweiten waren über 50 km. Die Hälfte des Himmels war mit dünnen, durchscheinenden Cirren bedeckt. In diesem Raum war auch keine Wetterverschlechterung zu erwarten. 1.8 NAVIGATIONSANLAGEN Nicht betroffen. 1.9 FUNKSPRECHVERKEHR Nicht betroffen. 1.10 FLUGPLATZ- UND BODENEINRICHTUNGEN Nicht betroffen. 1.11 FLUGSCHREIBER Nicht vorgeschrieben / nicht eingebaut. Der eingebauter Notsender (ELT) war nicht eingeschaltet. 1.12 PRÜFUNG DES BRUCHES 1.12.1 Lage des Bruches Der unmittelbare Unfallbereich war ein nach NW abfallender Wiesenhang ohne Baumbestand. Der Untergrund bestand aus weichem Moorboden, die Wiesenoberfläche war mit kompaktem Altschnee bedeckt. Gegen NW war der Wiesenhang durch einen Fluß begrenzt. Dieser Fluß trägt die Bezeichnung "Bolgenach" und fließt von O nach W. Zur Bolgenach hin war der Untergrund zunehmend mit Gebüsch und Stauden bestanden. Am gegenüberliegenden Bachufer wechselte aufgelockerter Fichtenbestand mit kleinen Lichtungen ab. Dort stieg das Gelände zur Landesstraße L5 zunehmend an. -9Das Hauptwrack lag ca. 50 Meter SW des Flusses "Bolgenach". An beiden Ufern dieses Flusses lagen kleine Strukturteile. An dem SW Ufer des Flusses wurden kleine Lackteile festgestellt und von hier zu dem Wrack wurden dann die Teile immer größer. Rotorteile waren auch auf der Nordseite des Baches erkennbar. An der Unfallstelle steckte der Hubschrauber in übergeschlagener Position, d.h. mit 110° in der Erde. Die Rumpflängsachse wies in Richtung 270°. Das rechte Kufengestell war aufgelöst, im Bereich der vorderen Biegerohre war ein mehrfach verwickeltes Stahlseil mit Durchmesser 8,5 mm erkennbar. Dieses Seil wies einige örtliche Beschädigungen auf, außerdem war es im Bereich der rechten Kufe getrennt (Schnitt mit Bergeschere Lizen). Bei dem Seil handelt es sich um eine Konstruktion mit Hanfseele. Von der Aufschlagstelle des Hubschraubers zog sich das Seil weiter bis über die Bolgenach und verlor sich im Wald. Entlang des Ufers der Bolgenach waren im Unfallsbereich kleine Strukturteile im Schnee verstreut. Dort war auch das Gegenende des Zugseils erkennbar. Darüber hinaus befanden sich im Hauptwracksbereich weitere zwei verschieden lange Seilabschnitte, welche offensichtlich von dem Zugseil stammten. Knoten an den Enden eines dieser Seile deuten darauf, daß diese Abschnitte im Zuge der Bergung der Insassen zum Anheben des Hubschrauberwracks verwendet worden sind. Sohin war ein authentischer Befund zum Ursprungszustand der Zugseile an der Unfallstelle nicht möglich. Zur technischen Untersuchung wurden zwei Seilproben sichergestellt. 1.12.2. Zustand des Bruches Durch den Aufprall war der gesamte vordere KABINENBEREICH des Hubschraubers zurückgestaucht und die Bodenschale aufgeplatzt. Der Kabinenvorbau und die Plexiverglasung waren vollständig zerstört. Im Bereich der Rumpfbodenstruktur war auch der Tank aufgerissen. Der gesamte Kraftstoffvorrat war ausgeflossen. Eine Überprüfung der Restkraftstoffmenge war nicht möglich. - 10 Das Wrack steckte ca. 1 m tief im Moorboden. Der Mast und der HAUPTROTORKOPF waren im wesentlichen unbeschädigt. Die Verkleidung des Hauptgetriebes war von vorne her eingedrückt. Die Ansteuerelemente von den Servos zu den Wippen unterhalb der Taumelscheibe waren auf der linken Seite des Geräts angeordnet. Von diesen Ansteuerstangen war die hintere abgerissen. Die Ansteuerhebel der Taumelscheibe waren unbeschädigt. Die vier umlaufenden Steuerstangen waren unbeschädigt. Die Ansteuerhörner zu den einzelnen Blättern waren ebenfalls nicht beschädigt. Die Blattfarbenbezeichnung war im Umlaufsinn ROT, GELB, GRÜN und BLAU. Zwei Hauptrotorblätter (ROT, GELB) waren im Zuge der Bergung der Insassen abgeschnitten worden und lagen neben dem Hauptwrack. Zwei weitere Hauptrotorblätter waren teilweise zersplittert im Schnee südlich des Hauptwracks eingegraben. Die beiden frei zugänglichen Rotorblätter zeigten mechanische Beschädigungen der Blattenden. Die eingegrabenen Blätter waren teilweise gebrochen. Das abgeschnittene Rotorblatt ROT (S/N 2154) zeigte eine im wesentlichen unbeschädigte Struktur, das Ende war auf einer Länge von ca. 10 cm zerstört (Kontakt mit festem Hindernis, Auflösung der GFK-Struktur). Das abgeschnittene Rotorblatt GELB (S/N 2117) wies an seinem Ende Zerstörungen mit Substanzverlust über mehr als 20 cm Länge auf, ca. 120 cm einwärts waren Spuren mechanischer Einwirkungen erkennbar (Schnitte, Lackabschürfungen und Farbauftragungen, Hinweise auf Kontakt mit Blechstrukturteilen). Die gesamte hintere Blattkante war aufgeplatzt. Das Rotorblatt GRÜN (ohne S/N) war vorerst vollständig im Schnee begraben. Erst nach teilweisem Freilegen zeigte sich, daß es der Länge nach aufgeplatzt und insgesamt um fast 90 Grad nach aufwärts gebogen war. Nach Anheben des Wracks löste es sich aus seiner Verbindung mit dem Blattfuß. Das Rotorblatt BLAU (ohne S/N) war vom Rotorkopf getrennt, seine Reste lagen ca. 2 m südlich des Hauptwracks. Die Blattstruktur war fast vollständig zersplittert (Aufschlagschaden). - 11 - Die vorderen Enden beider Landekufen staken fast bis zum Biegerohr im Boden. An beiden Kufen waren Schneebretter montiert. Die LINKE KUFE wies keine erkennbaren Beschädigungen auf. Allerdings waren im Übergang zwischen vorderem Biegerohr und Kufe charakteristische Lackabschürfungen erkennbar, welche von ihrer geometrischen Ausbildung her auf Kontakt mit einem Zugseil schließen ließen. Eine schräge Lackabschürfung auf der Vorderfront des horizontalen Teils des Biegerohrs konnte als Hinweis auf einen ähnlichen Kontakt gewertet werden. Die RECHTE KUFE war am hinteren Biegerohr aus ihrer Verankerung gerissen (Spannbänder zerstört). Sie lag an der Unfallstelle ca. 30° zur Hubschrauberlängsachse derart verdreht, daß auf eine Drehbewegung der Zelle um die Längsachse im Uhrzeigersinn geschlossen werden kann. In dem Beschädigungsbereich waren zwei Schrägstützen des Schneebretts abgerissen (Gewaltbruch, aufschlagbedingt). Am vorderen Biegerohr der rechten Kufe waren zwei charakteristische, fast 25 cm lange, etwa parallel verlaufende kräftige Schürfspuren mit massiven Materialabtragungen sichtbar. An dieser Stelle müssen zwei Seile quer zur Hubschrauberlängsachse vorbeigeschürft sein. Der an das Biegerohr anschließende Rumpfboden wies eine mehr als 100 cm lange, ähnliche Schürfmarken auf. Im Bereich beider Kufen lag verknäuelt das abgerissene Zugseil der Materialseilbahn Eugster. Der Heckrotor war am Übergang zum HECKAUSLEGER abgerissen. Er lag sonst kaum beschädigt ca. 80 m westlich des Hauptwracks im Schnee. In diesem Bereich fand sich auch der abgerissene Stabilisator. Beide Heckrotorblätter zeigten Beschädigungen, welche auf den Aufprall im Schnee ohne Drehmoment schließen ließen (Verbiegungen um die schwache Achse). Das Rumpfende des Hubschraubers war am Übergang zur Seitenflosse abgerissen, die Verkleidung des Wellentunnels fehlte, die Heckrotorantriebswelle war herausgezogen und mehrfach verbogen. Das beschädigte Rumpfende war massiv nach rechts verdreht, im Stauchbereich war der Abdruck eines Hauptrotorblatts nachweisbar. Die Trennstelle des Rumpfendes lag ca. 300 cm hinter der Mastmitte. Zwecks Klärung des Hauptrotorkontakts am Heckausleger wurden eine Reihe von Materialproben sichergestellt. - 12 Die HECKROTORWELLE selbst war nicht mehr kraftschlüssig mit dem Hauptgetriebe verbunden. Ca. 30 cm vor ihrem Ende war die Welle flachgedrückt und um 90 Grad verbogen. In diesem Bereich wiesen gelbe Farbauftragspuren und Schürfspuren auf Kontakt mit einem Hauptrotorblatt hin. Wegen der Unzugänglichkeit des Wracks waren an der Unfallstelle keine weiterführenden technischen Untersuchungen möglich. Das Kraftstoffsystem war wegen des aufgeplatzten Haupttanks völlig leer. Eine Kontrolle der beiden HYDRAULIKSYSTEME zeigte, daß beide Anlagen gefüllt und dicht waren. Das im Cockpitbereich erkennbare Öl dürfte aus Undichtheiten des Hauptgetriebes stammen. Der Kraftstoffregler (N2-Regler) des linken Triebwerks war in Position 70 % Leistung blockiert (Linearactuator TELAIR), der N1-Regler des rechten Triebwerks war in Position 90 % festgeklemmt. Zur Position der INSASSEN war feststellbar, daß der Sanitäter links vorne in Flugrichtung saß, um auch als Navigator zu fungieren. Der Pilot saß rechts vorne, auf dem Quersitz hinter dem Piloten saß der Arzt. Im Laderaum war Platz für zwei Krankenliegen. Im Cockpit war keine Doppelsteueranlage eingebaut. Ein Befund zu den Schalter- und Hebelstellungen im Cockpitbereich war an der Unfallstelle nur bedingt möglich. Erkennbar war: Fahrtmesser 0, Walzenhorizont 30° links bank, Drehzahlmesser 0, Frequenz COM 1 121,950 MHz und NAV1 109,60 MHz, ADF 467,0XX KHz. 1.12.3 ZUSTAND DER SCHUTZHELME Östlich des Hauptwracks war auf einer Tragbahre medizinische Ausrüstung des Hubschraubers gelagert. Zu diesem Equipment gehörten u.a. zwei Helme. Der erste geprüfte Helm war der des Sanitäters. Auf diesem Helm war im Innenfutter ablesbar: Hersteller GENTEX Corporation Carbondale, Pasadena 18407, Part-Nr. 01040084, Dimension XL (90 ?). Dieser Helm zeigte äußerlich keine erkennbaren mechanischen Beschädigungen, das Visier war hochgeklappt, seine Verkleidung zeigte an der Frontseite massive schwarze Aufschmierungen von Kunststoffteilen, ähnliche Schäden waren am rechten - 13 Ohrschutz erkennbar. Die Innenausrüstung des Helms war unbeschädigt. Der zweite Helm wurde als jener des Piloten identifiziert. Der Helm war mit einer Hörsprechgarnitur ausgestattet, das Visier war hochgeklappt und fixiert. Die Ohrmuscheln waren unbeschädigt. Die Hörsprechgarnitur fehlte teilweise, das Kabel war abgerissen. Links oben zeigte der Helm im Bereich zwischen dem oberen Ende der Visierschiene und der rückwärtigen Kabeleinführung eine ca. 10 cm lange und 4 cm breite Delle, deren Tiefe auf ca. 20 mm geschätzt wurde. Im hinteren Helmbereich zeigte diese Delle weitere Lackzersplitterungen, welche darauf deuten, daß der Helm auch in diesem Bereich eingedrückt war. Es muß daher von einer massiven Beschädigung des Helms durch äußere mechanische Einflüsse ausgegangen werden. Diese Beschädigungen haben aber offensichtlich nicht auf das Innere durchgeschlagen. Im inneren Bereich war der Styroporschutz (ca. 18 mm stark) zersprungen, aber nicht durchgeschlagen. Ebenso fehlten Blutspuren im Inneren, welche auf Schädelverletzungen schließen ließen. Der Helm des Arztes befand sich nach Aussagen der Flugrettungswacht in KEMPTEN und konnte nicht geprüft werden. Nach Angaben von Vertretern des LFZ-Halters wies der Helm folgende Schäden auf: Er hatte auf dem Visier Eindruckspuren, von der Visierschiene ausgehend war oberhalb des linken Ohrschutzes ein Riß erkennbar. Im rückwärtigen Dombereich des Helms war ebenfalls ein Riß vorhanden. Diese Rißkombination hat gemeinsam zu einer Destabilisierung der gesamten Helmkalotte geführt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß aus der Sicht der drei Helmbeschädigungen von Krafteinwirkungen von der linken Seite her ausgegangen werden muß. 1.13 ANGABEN ÜBER FEUERAUSBRUCH Kein Feuerausbreich nach dem Aufschlag. 1.14 ANDERE ANGABEN Die Erhebungen der Flugunfallkommission zum Piloten haben ergeben, daß dieser am - 14 Morgen des Unfalltages ausgeschlafen war und nicht unter Alkoholeinfluß stand. Die Ruhezeit vor dem Dienstantritt hat 8 Stunden oder mehr betragen. Eine Überschreitung der zulässigen Dienststunden konnte nicht festgestellt werden. Für den Einsatz gilt grundsätzlich das folgende Verfahren: Der Rettungshubschrauber steht in zweiminütiger Abrufbereitschaft nahe dem Krankenhaus und wird durch die Rettungsleitstelle alarmiert. Nach dem Start fliegt der Pilot anhand einer Karte 1:500 000 in das Einsatzgebiet. Der Sanitäter hat die Detailkarte vom Einsatzgebiet griffbereit und unterstützt den Piloten bei der Navigation, insbesonders im Einsatzgebiet. An Bord des Hubschraubers wurde folgendes Kartenmaterial gefunden: ICAO-Karten 1:500 000 von Nürnberg, Frankfurt/Main, Stuttgart, München Österreich und Schweiz Segelflugkarte 1:300 000 Schweiz. Generalkarten 1:200 000 Deutschland 01, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 25 und 26. Karten 1:50 000 vom Landkreis Oberallgäu, Oberallgäu/Kleinwalsertal. Kompaßwanderkarte 1:50 000 vom Begrenzerwald/Westallgäu. Karten 1:50 000 "Alpen-Tiefflughindernis-Karte" Hindelang, Lindau und Immenstadt im Allgäu. Das Hindernis findet sich auf der ICAO-Karte Österreich 1:500 000 sowie auf der Alpen-Tiefflughindernis-Karte 1:50 000 Immenstadt im Allgäu. Diese Karten waren zusammen mit anderen in einer Tasche verpackt. Frei liegend und mit Kerosin durchtränkt war die Kompaßwanderkarte, in der das Hindernis allerdings nicht eingetragen war. Einer der Staukästen im Hubschrauber war noch intakt, der zweite war zerstört (Montageort: Kabinenrückwand). Verbrauchte Ausrüstung wurde gemäß den Angaben des Betreibers des Hubschraubers üblicherweise immer ergänzt. Es kann davon ausgegangen werden, daß die standardmäßige Ausrüstung geladen war. Außer den in der Liste angeführten Geräten befanden sich in dem Hubschrauber vermutlich noch ein Handfunkgerät, ein Telefon und Kleingeräte (für Gewichtskontrolle vernachlässigbar). - 15 - Die Rekonstruktion der Schwerpunktlage des LFZ zum Unfallzeitpunkt zeigte, daß sowohl Gewicht als auch Schwerpunktlage innerhalb der zulässigen Bereiche lagen. 1.15 TECHNISCHE UNTERSUCHUNG 1.15.1 Allgemeines Am 06.03.95 fand in der BGS Werft Oberschleißheim eine Zerlegeprüfung des Wracks des Hubschraubers D-XXXX statt. Zweck der Untersuchung war es, ergänzende technische Untersuchungen am Wrack des Hubschraubers D-XXXX durchzuführen. Schwerpunkte dieser Untersuchungen waren (a) die Kontrolle der Seilkontaktzone, (b) die Prüfung der Bruchzone des Heckauslegers, (c) die Zuordnung einzeln aufgefundener Bauteile und (d) die Rekonstruktion der Triebwerksleistung zum Auftreffzeitpunkt durchzuführen. Zu diesem Zweck wurde das Wrack vorerst an einem Kran lagerichtig aufgehängt. Die durchgeführte Kontrolle der Reste der Hauptrotorblätter ergab außer den bereits an der Unfallstelle dargestellten Beschädigungen keine Hinweise auf Kontakt mit einem Seilbahnseil. Ein an der Unfallstelle ca. 50 m NO des Hauptwracks aufgefundenes Rotorbeplankungsstück konnte der Stoßkante der Blattunterseite ca. 99 cm innerhalb des Blattendes zugeordnet werden (ohne konkrete Blattkorrelation wegen der massiven Zerstörungen der Blattenden). Weder am Rotorkopf noch an der Taumelscheibe und an den zugehörigen Steuerstangen waren Hinweise auf Kontakt mit Fremdkörpern erkennbar. 1.15.2 KUFENGESTELL UND RUMPFBODEN Die Prüfung des rechten Schneebretts zeigte, daß in seinem rechten vorderen Ende tiefe Einschnitte lagen, in welchen auch Seilspuren erkennbar waren. Diese Einschnitte dürften durch Hineinschlagen des Seils im Zuge des Aufpralls des Hubschraubers am Boden eingetreten sein. Andernfalls hätte, wie eine Rekonstruktion der Seilspuren, die entlang des rechten Biegerohrs erkennbar waren, gezeigt hat, an der rechten Kufe ein wesentlich längeres Stück herausgeschnitten werden müssen. Solche Nachweise waren an der rechten Kufe nicht erkennbar. Im Rumpfbodenbereich vor dem Spant (4V) waren vom ausfahrbaren Scheinwerfer an nach hinten zahlreiche Lackabschürfungen erkennbar, welche auf Seilberührung zurück- - 16 führbar waren. Des weiteren waren in Strukturbereichen bis ca. 80 cm vor dem Biegerohr Kontaktspuren rekonstruierbar (Lackabschürfungen). Der Spurenwinkel lag in dieser Zone zwischen 20 und 30 Grad (links schiebend). Die Rekonstruktion der Relativlage zwischen Seil und rechtem Kufengestell wurde durch Zusammenlegen von abgeschnittener Kufe und Biegerohr im Anschlußbereich des rechten Biegerohrs versucht. Im Bereich des rechten vorderen Auftritts war ein heterogenes Spurenbild erkennbar. Dieses Spurenbild manifestierte sich einerseits in ca. 200 mm langen Schürfspuren auf der Vorderkante des Biegerohrs über einer Breite von ca. 12 mm. Diese Spuren waren relativ wenig tief eingeschürft, zeigten stark ausgeprägte Riefen und teilweise weißliche Aufträge von Fremdmaterial (aus Seil?). Der dreieckige Übergangsklotz des Auftritts zum Biegerohr war mehrfach aufgeschürft. Zum Auftritt hin wies dieser Klotz zwei parallele, fast 35 mm tiefe Kerben auf, in die eindeutig das Zugseil der Seilbahn Alpe Eugster paßte. Der Auslauf der Schürfspur am äußeren Biegerohr wies einen relativ breiten Streubereich der Spuren auf. Die breit auslaufende (Erst) Spur war schwächer ausgeprägt als die mehr nach oben und hinten umgelenkte (End)Spur. Dieses Spurenbild ist gut mit einem Einfädeln eines etwa quer liegenden Seils korrelierbar, das im weiteren Bewegungsablauf vom Hubschrauber mitgeschleppt und V-förmig zusammengezogen wird. Die Erstpur ist unter schwächerer, die letztgenannte Spur ist unter hoher Relativkraft hervorgerufen worden (Abfangen des Hubschraubers). Die Untersuchung des Rumpfbodens im vorderen Kabinenbereich ergab folgende Spuren: Ab einer Distanz von ca. 85 cm vor der Vorderkante des vorderen Biegerohrs (ab der 2. Schnellverschlußschraube des Bodenblechs) waren Schürfspuren im Lack erkennbar, welche durch ihre Struktur auf Kontakt mit dem Seil zurückzuführen waren. Die Höhe dieses Kontaktpunkts konnte etwa mit der Höhe der Befestigungsschrauben des Biegerohrs mit dem Rumpfgestell gleichgesetzt werden. Ausmessen an einem Vergleichshubschrauber ergab einen Bodenabstand von 63 cm ab Aufstandsfläche. - 17 Von dem in Rede stehenden Bodendeckel fehlte bis auf einen etwa 10 cm breiten Rand die ganze mittlere Zone. An der rechten Kante dieses Deckels waren auf ca. 25 cm Länge massive Anstreifspuren erkennbar. Gleichartige Spuren waren auf der linken Seite nicht nachweisbar. Die visuelle Prüfung des Ausschnittes der Zone des Kabinenbodens, welche durch den Deckel abgedeckt werden sollte, erbrachte massive Spuren einer Seilberührung, insbesondere im Rumpfspant (4V) vor dem Biegerohr. An dieser Stelle waren mehrfache Einprägungen und Schürfspuren von vorbeilaufenden Seilen erkennbar. Diese Spuren waren sogar an einem rechts der Mittellinie des Hubschraubers montierten Funk-Umschaltrelais erkennbar. Die Spuren zogen sich von der rechten Kante des Bodenausschnitts beginnend quer über den ganzen Rumpf und waren auf der linken Seite nicht erkennbar. Zusätzlich war eine Seilschürfspur an der Blechkante ca. 13 cm innerhalb des Bodenausschnitts erkennbar. Die Flucht der geschilderten Seilspuren paßte gut mit den Beschädigungen an dem Biegerohr und den Aufstiegshilfen überein. Das linke vordere Biegerohr zeigte unterhalb und außerhalb des Auftritts vorne Schürfspuren, welche teilweise mehr als 5 mm tief waren. Im einzelnen folgte: Eine ca. 40 mm breite Schürfspur an der äußeren unteren Kante des vorderen Aufstiegs (U-Profil). Diese Beschädigung zeigte eine dreifache halbrunde Einkerbung, welche in ihrer Struktur auf Seilkontakt zurückgeführt werden könnte. Ca. 90 mm außerhalb dieser Zone lagen eine linsenförmige, ca. 25 mm lange, 5 mm breite Hauptschürfspur und 15 mm darunter abgleitende Nebenschürfspuren. Die Hauptschürfspur war ca. 0,50 mm tief. Ca. 200 mm weiter links der vorgenannten Spur war eine insgesamt ca. 80 mm lange, ca. 30 Grad gegen die Längsachse des Biegerohrs verlaufende leichte (nur den Lack durchgeschlagene) Längsschürfspur zu erkennen. Von dieser ablaufend war nach einwärts und auswärts ein charakteristisches Spurenbild erkennbar, welches oberflächliche Lackabschürfungen mit teilweise relativ massiven Kratzspurenbild verband. - 18 Weitere 200 mm weiter außerhalb lag der Übergangspunkt zwischen Biegerohr und Beschlag für die Halterung des Kufenrohrs. In dieser Kante lag eine Kontaktspur von ca. 50 mm Länge und 8 mm Breite. Hier war die A1-Struktur des Biegerohrendes fast 5 mm tief eingeschliffen, der Randbereich zeigte starke Materialaufstauchungen und grobes Schuppen-Spurenbild. Von diesem Punkt auswärts laufend, waren in Richtung ca. 20 Grad gegen die Kufenlängsachse noch leichte Lackschürfspuren über eine Länge von ca. 100 mm erkennbar (diffuses Schürfspurenbild). Diese Spur im Übergangsbereich zwischen Biegerohr und Kufenkontur zeigt ein überlagertes Verformungsbild des Schürfmaterials. Es hat den Anschein, wie wenn eine ursprünglich vorhandene Einschürfung von einer zweiten überdeckt worden wäre. Abheben der äußerlich erkennbaren Haupt-Schuppenspuren zeigte eine darunter liegende zweite Schürfspur, welches Erscheinungsbild die Theorie der "ZweiSeilberührung" unterstützen würde. Als nächste Prüfung wurde eine Schnur durch das Kufengestell eines intakten Hubschraubers (Kz. D-XXXX) so gelegt, daß auf die räumliche Relativlage zwischen den Seilen und dem Hubschrauber geschlossen werden konnte. Gemessen wurde dann der Vertikalabstand der Schnur jeweils an der Außenkante des Auftritts. An der rechten Kufe war er ca. 500 mm, an der linken Kufe war er 430 mm. Der Abstand zwischen Außenkante-Auftritt rechts und Außenkante-Auftritt links war 1640 mm (gemessen entlang der Rumpfkontur). Als Kontrollmaß außen wurde der Abstand des Kufengestells mit 2500 mm gemessen. Die Oberkanten der Auftritte waren an einem intakten Hubschrauber jeweils 500 mm. Der Horizontalabstand vom Spant (4V) bis zum Rumpfbug wurde mit 1210 mm ermittelt. Wird die Neigung der Seillinie am Kontaktpunkt vernachlässigt, liefert dies eine Rechtsquerlage des Hubschraubers nach dem Hängenbleiben in den Seilen von etwa 5 Grad. Dies würde zusammen mit der diskutierten Schiebetendenz Rumpfvorderteils mit den links, abgeleitet Seilen auf aus den Erstkontaktspuren des das Einleiten einer Rechtskurve als Ausweichbewegung nach Erkennen des oberhalb der Zugseile verlaufenden Tragseils schließen lassen. - 19 1.15.3 HECKAUSLEGER UND LEITWERK Ein Versuch der Rekonstruktion der Einschlagposition des Hauptrotors in die Heckrotorwelle ergab folgendes: Die Einschlagspur lag ca. 300 mm von der Flanschverbindung zwischen Heckrotorwelle und Heckrotor-Umlenkgetriebe entfernt. Die 300 mm wurden auf dem Vergleichshubschrauber D-XXXX markiert und konnten relativ gut mit dem Ende intakter Blätter korreliert werden. Sohin erscheint gesichert, daß ein Herunterschlagen von Hauptrotorblättern diese Beschädigung erreicht haben kann. Ein im Streukegel der Wrackteile etwa 10 m westlich des Hauptwracks aufgefundenes Blechstück mit Schraubenschnellverschlüssen konnte dem hinteren Ende des HeckrotorWellentunnels zugeordnet werden. Es handelte sich um das rechte hintere Ende des Wellentunnels. Die Besichtigung des Wracks und Einsicht in den Parts-Katalog zeigte, daß es sich bei dem an der Unfallstelle aufgefundenen ca. 55 x 45 mm messenden Blechteil um eine Komponente des Spant 590 handelt. Dieser Teil bildet den 45-Grad-Übergang von Tailboom zur Seitenflosse und damit den Abschlußspant des Tailbooms. In diesem Bereich sind - in Flugrichtung gesehen - links oben schwere Zerstörungen erkennbar gewesen. Außerdem läuft dort die abgerissene Antriebswelle des Heckrotors vorbei. Es erscheint möglich, daß nach Deformation der Gesamtstruktur die noch drehende Welle des Heckrotorantriebs hier durch Drehen weitere Beschädigungen erzeugt hätte. Die ebenfalls im Streukegel der Wrackteile etwa 10 m westlich des Hauptwracks aufgefundenen Rippenteile mit den noch ablesbaren Aufschriften P/N 105-30571-11 und P/N 105-30571-12 konnten von der Firma EUROCOPTER laut Stellungnahme vom 09.03.95 als Bruchstücke der Nasenrippe bzw. der Endrippe der rechten Höhenflosse im Schnitt (H3), d.h. etwa in der Mitte der Flosse, identifiziert werden. Zusammen mit den Feststellungen am Heckausleger und an der Heckrotorwelle läßt dies den Schluß zu, daß im Zug des Aufschlaggeschehens ein Hauptrotorblatt den Tailcone bei Spant 590 zerstört hat. - 20 1.15.4 TRIEBWERKE UND REGLER Drehen beider Triebwerke im Bereich des Exhaust (N2) ergab Drehbarkeit beider Arbeitsturbinen. Die Bendix-Welle des LINKEN TRIEBWERKS war ebenfalls abgerissen, sie zeigte die typischen 45-Grad Schubbruchzacken am Umfang. Aus diesen kann geschlossen werden, daß hohes Drehmoment in Zusammenhang mit der Zerstörung gewirkt hat. An diesem Antrieb war erkennbar, daß nachträgliche Axialbelastungen zu einer Beschädigung des getriebeseitigen Flansches geführt haben. Der N1-Regler des linken Triebwerks stand auf 87 %. Die untere Madenschraube hatte ca. 2 oder 3 mm Luft gegen den Anschlag. Der N2-Regler des linken Triebwerks (Einbau links) stand bei ca. 70 %, das Reglergestänge war durch den Aufschlag blockiert. Der obere Magnetstopfen des linken Triebwerks zeigte praktisch sauberes Bild. Der untere Magnetstopfen des linken Triebwerks zeigte etwas Schlamm, aber ansonsten keinerlei Kontamination. Nach Ausbau zeigte die Hauptantriebswelle des RECHTEN TRIEBWERKS (BendixWelle) einen Bruch im Bereich des triebwerksseitigen Flansches. Auf der Welle war die S/N 276 ablesbar. Der Bruch selbst manifestierte sich in einer wellenförmigen Ausbildung mit mehrfachen Einrissen, Längsrissen in Teilbereichen und vollständig zerschlagenen Schubzacken. Dies deutet auf einen Torsionsbruch unter Überlast. Am N1-Regler des rechten Triebwerks waren am Anzeigesegment ca. 90 % Leistung erkennbar. Das Segment war nicht am Anschlag (Madenschraube) angelaufen. Der N2-Regler des rechten Triebwerks stand bei ca. 70 %. Die Kontrolle des rechten oberen Magnetstopfens des rechten Triebwerks zeigte minimale Schlamm-Mengen und einen ca. 0,4 mm langen, 0,2 mm breiten magnetischen Partikel. Der untere Magnetstopfen des rechten Triebwerks zeigte mittelstarke - 21 Schlammablagerungen, aber keine Kontamination mit magnetischen Teilchen. Zusammenfassend kann aus den durchgeführten Untersuchungen der Schluß gezogen werden, daß beide Triebwerke mit reduzierter Reiseleistung gearbeitet haben. Hinweise auf mechanische Mängel an der Triebwerksanlage konnten nicht gefunden werden. 1.15.5 INSTRUMENTE UND AUSRÜSTUNG Hebel- und Schalterstellungen bzw. der Anzeigen im Cockpit: Pitch Stick Brandhahn 1 Brandhahn 2 VHF / ON / VOL 75 % NAV / ON / VOL 30 % TPX / ON ADF / ON ADF / Preset / VOL 75 % ADF Seefunkpeiler FuG8 / OFF ELT Notsender Fahrtmesser Horizont Höhenmesser Homing Slave Meter Uhr RMI / 045° / VOR / 021° Mastmoment Torque RPM VOR / Center / Flags ON Öltemperaturen EGT N1 (zerstört) Kraftstoffdruck : gedrückt, beweglich : gebrochen : gesichert : aktiviert : 121,95 MHz : 109,60 MHz : Kennung 0020 : 467,0XX KHz : 249,560 KHz : NORMAL : Kanal 455 G/U : OFF :0 : frei : 8530 ft, QNH 1002 HPa : COMM / LO :0 : 06:19 Uhr : ADF 162° / FLAG ON :0 :0/0 :0/0 : OBS 160° :0/0/0 : 40° / 20° : 60 % / 0 % :0/0 1.15.6 VERSUCHE MIT SEILKAPPVORRICHTUNG Von der Firma BRISTOL AEROSPACE wurde angeboten, Versuche mit Cable-Cuttern an Seilproben aus den unfallkausalen Zugseilen durchzuführen. Die Versuche wurden an zwei parallelen Seilen von etwa 5 m Länge und 25 cm Abstand ausgeführt. Bei den Seilproben handelte es sich um Originalabschnitte aus der Materialseilbahn Eugster. Es - 22 wurden Versuche mit 90° und 60° Auftreffwinkel durchgeführt. Als Kappmesser wurde ein Gerät verwendet, das zum Einbau auf den Hubschraubertyp BO 105 geeignet war. Die Seile wurden bei allen Versuchen einwandfrei durchtrennt (siehe hiezu Beilage). Die an den Seilenden gemessenen Zuglasten während des Durchschlagens der Seile lagen zwischen 1600 lbs und 2300 lbs. Beschädigungen sind an der Kappvorrichtung keine aufgetreten. Laut Angaben der Firma BRISTOL AEROSPACE stellen Seilspannungen zwischen 3000 und 4000 lbs keine Probleme für den Hubschraubertyp BO 105 dar. 1.16 SONSTIGES LUFTFAHRTHINDERNIS Die Materialseilbahn Gerisgschwend - Alpe Eugster KG Hittisau wurde 1956 errichtet. Für die Anlage waren folgende Seilbahndaten gegeben: Talstation Koordinaten 47°27'21" N, 10°03'33" O, Geländehöhe ca. 1020 m NN, Bergstation Koordinaten 47°26'52" N, 10°03'29" O, Geländehöhe ca. 1075 m NN. Die Horizontallänge war mit ca. 950 m, der höchste Bodenabstand war mit ca. 105 m etwa in Seilbahnmitte, wo der Bolgenachtobel gequert wird, angegeben. Die Anlage wurde von der Firma L. STEURER in A-6933 Doren errichtet. Der Antrieb befindet sich auf der Bergstation. Das Tragseil ist eine Spiralkonstruktion mit 14 mm Durchmesser, 19 x 2,8 drähtig mit einer Zugfestigkeit von 1420 N/mm² und einer Bruchlast von ca. 170 KN. Das Zugseil mit einem Originaldurchmesser von 7,5 mm ist am 18.09.85 gerissen und wurde 1986 durch ein neues Seil mit einem Nenndurchmesser von 8,5 mm ersetzt. Dieses Zugseilpaar war am Unfallstag noch in Betrieb. Das neue Zugseil hatte die Normbezeichnung 8,5 A 1570 KR ÖNORM M 9533, woraus folgende technische Daten ableitbar sind: Machart Litzenseil mit Hanfseele bestehend aus 6 Litzen zu je 1 Kerndraht und 6 Außendrähten, Nennfestigkeit 1570 N/mm², Kreuzschlag rechtsgängig mit einer Bruchlast von 41,9 KN. Bei dem Seildraht handelt es sich um den Typ 0,9 x 1570 ÖNORM M 9503 bk (blank) aus der Stahlsorte RC15 nach ÖNORM M 3110. - 23 Dem Genehmigungsbescheid des BMFV Zl 22.451/8-I/51-1983 der Materialseilbahn Gerisgschwend - Eugster vom 18.10.83 war zu entnehmen, daß die gegenständliche Anlage "... ein Luftfahrthindernis im Sinne des § 85 Abs. 2 lit.(a) des Luftfahrtgesetzes, BGBl.Nr. 253/1957, geltende Fassung darstellt, dessen Kennzeichnung im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt und zum Schutz der Allgemeinheit gemäß § 95 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes unbedingt erforderlich ist ..." "... der Eigentümer der landwirtschaftlichen Materialseilbahn Gerisgschwend - Eugster wird gemäß § 95 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes zur Duldung folgender Kennzeichnungsmaßnahmen verpflichtet ..." "... im Bereich der Talstation ist eine Kugel-Warnanlage, bestehend aus Warnkugeln mit Durchmesser 1 m, Farbe signalorange, Farbwert RAL 2005, zu errichten, durch welche Warnanlage die Sehnenrichtung der Materialseilbahn in Richtung Alpe Eugster angedeutet wird ..." "... im Bereich der am Gegenhang befindlichen Stütze ist eine analoge KugelWarnanlage zu errichten, durch welche in korrespondierender Weise die Sehnenrichtung in Richtung Talstation angedeutet wird ..." "... die Durchführung der vorgeschriebenen Kennzeichnungen obliegt gemäß § 95 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes dem Bundesamt für Zivilluftfahrt, in Schnirchgasse 11, 1030 Wien ..." "... bei der Durchführung der Kennzeichnungen und bei deren in Hinkunft zu besorgenden Pfleglicherhaltung ist im Einverständnis mit dem Seilbahneigentümer bzw. mit der Abteilung für Seilbahn- und Aufzugstechnik des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vorzugehen ..." "... sämtliche Maßnahmen zur Durchführung der Kennzeichnungen müssen unter Einhaltung der einschlägigen Sicherheitsvorschriften vorgenommen werden ..." "... sämtliche anfallende Kosten für Lieferungen und Leistungen, Instandhaltung der - 24 vorgeschriebenen Kennzeichnungen, sowie etwaiger Schäden im Zusammenhang mit den Kennzeichnungsmaßnhamen oder deren Pfleglicherhaltung, sind dem Eigentümer oder sonst Betroffenen vom Bundesamt für Zivilluftfahrt zu ersetzen ..." "... die Kennzeichnungen sind vom Bundesamt für Zivilluftfahrt bis Ende 1984 auszuführen und in Hinkunft pfleglich zu erhalten ..." Mit Schreiben Zl Ib-529-94 vom 26.08.94 teilte das Amt der Vorarlberger Landesregierung den Eigentümern der landwirtschaftlichen Materialseilbahn Gerisgschwend - Eugster mit, daß "... ab 01.07.94 der Landeshauptmann zuständige Behörde zur Erteilung von Ausnahmebewilligungen für die Errichtung von Luftfahrthindernissen ist. Der zutreffende Akt wurde vom BMFV daher (an die Vorarlberger Landesregierung) abgetreten ..." In diesem Zusammenhang wurde "... um Mitteilung (gebeten), ob die in Rede stehende Seilbahn in unveränderter Form und mit der verfügten Kennzeichnung betrieben wird ..." Laut Aktenvermerk der Anlageneigner wurde dieses Schreiben per 30.08.94 schriftlich in dem Sinne beantwortet, daß die Anlage weiterhin in Betrieb stehe. Wieweit seither Prüfungen des Zustandes der Luftwarnanlagen vorgenommen worden sind und von welcher Stelle ggf. Instandsetzungsarbeiten veranlaßt wurden, konnte nicht geklärt werden. Die Anlage ist als Luftfahrthindernis im AIP AUSTRIA unter RAC 5-4-A-58 vom österreichischen Bundesamt für Zivilluftfahrt als "gekennzeichnet" publiziert und in der zutreffenden Karte der Luftfahrthindernisse per 1995 eingetragen (RAC 5-4-3). Am 12.05.95 wurde die Talstation der Materialseilbahn Gerisgschwend -Eugster visitiert. Ihre Orientierung wurde mit 184° rekonstruiert. Bei dieser Gelegenheit wurde ein ca. 2 m langes, abgerissenes Stück des Zugseils sichergestellt. Beide Bruchenden - 25 wiesen starke Kräuselbildung und Drahtverschiebungen in den Litzen auf. Dies ließ auf die Wirkung einer dynamischen Schockwelle als Bruchursache schließen. Spätere mikroskopische Prüfungen der Drahtbrüche ergab das Vorhandensein von plastischen Einschnürungen und Gewaltbruchflächen, welche auf die Wirkung hoher axialer Zugbelastungen als Bruchursache schließen ließen. Zum Untersuchungszeitpunkt wurde eine Hinderniswarnanlage in folgendem Zustand vorgefunden: Talseitig: Eine Kugelwarnanlage bestehend aus zwei Warnkugeln mit Durchmesser von 1 m. Die Warnkugeln waren an ihrer Unterseite noch blaß orangefarbig, an ihrer Oberseite jedoch gänzlich von UV-Licht ausgeblichen. Bergseitig: Eine Kugelwarnanlage bestehend aus fünf Warnkugeln. Die Warnkugeln waren an ihrer Unterseite noch blaß orangefarbig, an ihrer Oberseite jedoch gänzlich von UV-Licht ausgeblichen. Aus der Lage der Reste der abgerissenen Zugseile wurde der Kollisionspunkt des Hubschraubers D-XXXX mit der Anlage auf ca. 250 m südlich der Talstation und die Verbindungslinie des Kollisionspunktes mit dem Seil und der Endlage des Wracks mit ca. 105° bestimmt. Der Hubschrauberaufschlag erfolgte ca. 250 m westlich der Materialseilbahnstraße. Die rekonstruierte Richtung zwischen Seilkollision und Wracklage führt über den mittleren von zwei Bäumen am nördlichen Ufer der Bolgenach. Laut Zeugenangaben soll der Hubschrauber diese Bäume im Zuge der Absturzbewegung gestreift haben. Trotz Nachsuche waren aber keine Nachweise über einen Baumkontakt des Geräts zu gewinnen (z.B. abgerissene Äste usw.). Der Abstand zwischen Wracklage und den erwähnten Bäumen wurde mit ca. 100 m geschätzt, die Höhendifferenz zwischen Aufschlagpunkt und Baumwipfel war ca. 30 m. Daraus läßt sich ein Abstiegwinkel von ca. 17 Grad ermitteln, wenn der Zeugenaussage "Baumberührung" gefolgt wird. Gemäß einer Rekonstruktion des Geländeschnitts des Seilverlaufs verlief das Tragseil mehrere Meter oberhalb des Zugseilpaares. Das Zugseilpaar hatte einen - 26 Horizontalabstand von ca. 1,20 m (Seilscheibendurchmesser). Die Höhe des Kollisionspunkts wurde aus dem Geländeschnitt mit ca. 60 m ermittelt. An dieser Stelle verlief das Zugseilpaar annähernd waagrecht. 2. BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN 2.1 BEURTEILUNG Das LFZ war nach deutschem Recht ordnungsgemäß zum Verkehr zugelassen. Eine Haftpflichtversicherung war nicht erforderlich. Für das LFZ war ein gültiges Lufttüchtigkeitszeugnis ausgestellt. Der verantwortliche Pilot war im Besitz der zur Durchführung des gegenständlichen Fluges erforderlichen Berechtigungen. Sie waren am Unfallstag gültig. Die Flugerfahrung des Piloten kann als hoch beurteilt werden. Hinweise auf eine physische und psychische Beeinträchtigung des Piloten während des Fluges liegen nicht vor. Der Gesamtzustand, die Ausrüstung und der Wartungszustand des LFZ entsprachen den zutreffenden Lufttüchtigkeitsforderungen. Die Gesamtmassen und die Schwerpunktlage waren innerhalb der vorgeschriebenen Limits. Das LFZ war zum Zeitpunkt der Seilberührung vollständig. Sämtliche mechanische Schäden an der Struktur und an den Komponenten sind durch den Kontakt mit zwei Zugseilen der Materialbahn Alpe Eugster und durch den Aufschlag eingetreten. Keine der durchgeführten technischen Untersuchungen betreffend Lagesteuersystem, Triebwerkszustand, Treibstoffsystem usw. erbrachte Hinweise darauf, daß technische Mängel als Unfallursache angesehen werden können. Die Spurenanalyse an dem Wrack hat ergeben, daß von einem Kontakt mit zwei Seilen der Dimension ca. 8,5 mm ausgegangen werden muß. Für diese Überlegung spricht die - 27 Tatsache des relativ ausgebreiteten Spurenbildes auf den Biegerohren und am Rumpfboden. Zusätzlich wird diese Auffassung durch das zweifache Abreißen der Zugseile an der talseitigen Umlenkrolle unterstützt. Die erste Seilberührung erfolgte an der Unterseite der Rumpfnase in einer Höhe von 630 mm über der Kufenunterkante und ca. 360 mm hinter der Rumpfnase. Der Kontakt zwischen Hubschrauber und den beiden Zugseilen der Materialbahn Alpe Eugster erfolgte etwas links schiebend (20 bis 30 Grad) und mit einer Rechtsquerlage von ca. 5 Grad. Dies läßt auf ein (zu spätes) Erkennen vermutlich des oberhalb verlaufenden Tragseils nach rechts (Süden) schließen. Aus der Lage der abgerissenen und mitgeschleppten Seile und dem Aufschlagpunkt des Hubschraubers kann auf eine Anflugrichtung von ca. 105 Grad geschlossen werden. Ein Maßvergleich der Beschädigungszone am Heckausleger anhand eines intakten Hubschraubers BO 105 ergab, daß die vorgefundenen Blechbeschädigungen und die Zerstörung der Heckrotorantriebswelle durch das Ende eines Hauptrotorblatts bewirkt worden ist (Einschlag ca. 300 mm vor dem Ende der Heckrotorantriebswelle). Dieser Schaden ist mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zuge des Aufpralls eingetreten. Beschädigungen am Heckrotor, welche auf Seilberührung oder sonstige Fremdkörpereinwirkungen unter aufrechtem Drehmoment schließen ließen, waren nicht erkennbar. Beide "Short-Drive-Shaft" der Triebwerke waren abgerissen. Nach Demontage zeigten beide Bruchflächen sowohl Torsionswirkungen als auch axiale Stauchwirkungen. Aus diesem Erscheinungsbild kann abgeleitet werden, daß Triebwerksleistung zum Zeitpunkt des Aufschlags verfügbar war. Aus diesen Gründen wurde auf eine detaillierte Zerlegeprüfung der Triebwerke verzichtet. Bei der gegenständlichen Materialseilbahn handelte es sich um ein Luftfahrthindernis, für das Kennzeichnungsmaßnahmen vorgeschrieben waren. Der Zustand der Kennzeichnung war nicht mehr geeignet, den Piloten auf das Hindernis hinzuweisen. - 28 - Die Seile der Seilbahn waren verwittert und gegen den heterogenen Hintergrund für den Piloten nicht erkennbar. In der vom Piloten verwendeten Karte war das Hindernis nicht eingezeichnet, in der an Bord befindlichen ALPFEN-TIEFFLUGHINDERNIS-KARTE, Blatt "10" Immenstadt im Allgäu, 1:50.000 war es jedoch eingetragen. Warum sie bei der letzten Zwischenlandung nicht eingesehen wurde, kann nicht beurteilt werden. Aufgrund der Rahmenbedingungen wie Einflugwinkel, Einfluggeschwindigkeit, Seildurchmesser, Qualität sowie der Ergebnisse von durchgeführten Seilkappversuchen kann geschlossen werden, daß der Unfall bei Vorhandensein einer Einrichtung am Hubschrauber wahrscheinlich vermieden worden wäre. 2.2 SCHLUSSFOLGERUNGEN 2.2.1 Unfallart Kollision mit Seilhindernis. 2.2.2 Unfallursachen - Nicht ordnungsgemäß instandgehaltene Hinderniskennzeichnung (Kennzeichnung gegen den weißen Schneehintergrund aus der Luft nciht wahrnehmbar) - Befliegen eines nicht bekannten Geländes mit einer Karte, in der Luftfahrthindernisse nicht vollständig eingetragen bzw. nicht als solche gekennzeichnet sind. 3. V O R S C H L Ä G E 3.1 SOFORTMASSNAHMEN Nicht erforderlich, da das Luftfahrthindernis durch den Vorfall zerstört wurde und seither nicht wieder errichtet worden ist. - 29 - 3.2 VORSCHLÄGE DER FLUGUNFALLKOMMISSION Luftfahrzeuge, die aufgrund ihres Einsatzprofiles regelmäßig in Bodennähe operieren, sollten mit Vorrichtungen ausgerüstet werden, die entweder helfen, Hindernisse zu erkennen und/oder die Gefahr der Beschädigung des Luftfahrzeuges verringern. Hinderniswarnsysteme werden derzeit entwickelt bzw. sind in Erprobung. Kabelkappvorrichtungen sind erhältlich und der Unfall wäre wahrscheinlich aufgrund des für eine solche Vorrichtung günstigen Seilkontaktpunktes verhindert worden. (Eine ähnliche Empfehlung erging bereits anläßlich eines Flugunfalles eines Hubschraubers Type Bell 206 in Kanada). Der Leiter der Flugunfallkommission Dr. Alfred GANSER