Sachverhalt
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Sachverhalt
Was seither geschah Neues aus der Rechtsprechung ’rund um die Pflanze‘ CIOPORA Deutschland e.V. Mitgliederversammlung 2013 Thomas Leidereiter, LL.M. Hannover, 22. Februar 2013 Rechtsberatung. Steuerberatung. Luther. Agenda I. ‚Fortsetzung folgt‘ oder: ‚Gala Schnitzer II.‘ – EuGH, Urt. v. 19.12.2012, C-534/10 P II. ‚Extrablatt, Extrablatt: Deutschland verstößt gegen das Völkerrecht!‘– BPatG, Beschl. v. 6.9.2012, 36 W (pat) 1/10 – Waldrebsorte Fond Memories III. ‚Ohne Schutz nix los‘: Sortenschutzverletzung durch Lizenzierung nicht geschützter Sorte? – LG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2012, 4a O 96/11 IV. ‚Eine lange Geschichte‘ – EuG, Urt. v. 18.9.2012 verb. Rs. T-133/08, T-134/08, T-177/08, T-242/09 V. ‚Ein guter Name setzt sich durch‘ – HABM, Beschl. v. 19.12.12, Nr. 6590 C – DISCUS VI. ‚Was ist denn jetzt noch?‘ – EPA, Vorlageverfahren G 2/12 – Getrocknete Tomate II VII. ‚Was soll das Kosten?‘ – Update zu SUMCOL 01 – EuGH, Urt. v. 20.4.2010, C-38/09 P 2 I. ‚Fortsetzung folgt‘ oder: ‚Gala Schnitzer II.‘ EuGH, Urteil vom 19.12.2012, C-534/10 P http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=131975&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1360692 3 I. Gala Schnitzer II. Wir erinnern uns – Sachverhalt: Sortenschutzanmeldung Malus Mill „Gala Schnitzer“ im Jahr 1999. CPVO verlangt Vorlage von Pflanzenmaterial für die technische Prüfung beim Bundessortenamt (BSA). Empfangsbestätigung für Material wird vom BSA erteilt. Zusätzlich wird ein ‚phytosanitäres Zertifikat‘ verlangt. Anmelder übermittelt Europäischen Pflanzenpass (‘PP’) an das BSA. BSA akzeptiert den Pflanzenpass, erwartet aber weiteres Zertifikat. 4 I. Gala Schnitzer II. Wir erinnern uns – Sachverhalt: Anmelder informiert BSA, dass kein Zertifikat beigebracht werden könne, weil das Material virusinfiziert gewesen sei. BSA informiert das CPVO über geplantes Entwurzeln und schlägt vor, dass der Anmelder aufgefordert wird, neues Material einzusenden. CPVO stellt fest, dass Anforderung von Pflanzenmaterial unklar gewesen sei und erlaubt Neueinsendung. Schutzerteilung trotz der Einwendungen eines Wettbewerbers und seines Lizenznehmers. 5 I. Gala Schnitzer II. Wir erinnern uns: Entscheidung des EuG – T-135/08 „Dieses Ermessen umfasst das Recht des CPVO, falls es dies für erforderlich erachtet, die Voraussetzungen, denen es die Prüfung eines Antrags auf gemeinschaftlichen Sortenschutz unterwirft, zu präzisieren, sofern die Frist, innerhalb deren der Steller dieses Schutzantrags der an ihn gerichteten Aufforderung im Einzelfall nachzukommen hat, nicht abgelaufen ist.“ Schutzerteilung für ‚Gala Schnitzer‘ ist rechtmäßig. 6 I. Gala Schnitzer II. Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012) Zur Frage ob das Gericht Tatsachen „nachprüfen“ darf „Der Gerichtshof hat zu Art. 63 [GMV], der mit Art. 73 [GemSortVO] im Wesentlichen wortgleich ist, wiederholt entschieden, dass es dem Gericht obliegt, die Rechtmäßigkeit …. dadurch zu überprüfen, dass es die von den Beschwerdekammern vorgenommene Anwendung des Unionsrechts insbesondere auf den ihnen vorliegenden Sachverhalt einer Kontrolle unterzieht.“ 7 I. Gala Schnitzer II. Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012) Zur Frage ob ein Verstoß gegen Art. 55(4) GemSortVO vorliegt Art. 55(4) GemSortVO: Das Amt bestimmt durch allgemeine Regelung oder Aufforderung im Einzelfall, wann, wo und in welcher Menge und Beschaffenheit das Material für die technische Prüfung sowie Referenzmuster vorzulegen sind. Verstoß wg. gesonderter Anforderung des Zertifikats? 8 I. Gala Schnitzer II. Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012) Zur Frage ob ein Verstoß gegen Art. 55(4) GemSortVO vorliegt „Zunächst ist nämlich darauf hinzuweisen, dass zum einen die Aufgabe des CPVO durch eine wissenschaftliche und technische Komplexität der Bedingungen für die Prüfung von Anträgen auf gemeinschaftlichen Sortenschutz gekennzeichnet ist, so dass ihm bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben ein Ermessensspielraum einzuräumen ist.“ Wieder einmal: Ermessensspielraum (vgl. SUMCOL 01). 9 I. Gala Schnitzer II. Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012) Zur Frage ob ein Verstoß gegen Art. 55(4) GemSortVO vorliegt „Zum anderen unterliegt das CPVO als Einrichtung der Union dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, nach dem es ihm obliegt, alle relevanten Aspekte einer Sache sorgfältig und unparteiisch zu prüfen und alle für die Ausübung seines Ermessens erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände zusammenzutragen.“ CPVO muss alle Aspekte selbständig zusammentragen. 10 I. Gala Schnitzer II. Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012) Zur Frage ob ein Verstoß gegen Art. 55(4) GemSortVO vorliegt „Im Licht dieser Feststellungen ist erstens darauf hinzuweisen, dass das CPVO … bestimmt, wann, wo und in welcher Menge und Beschaffenheit das Material für die technische Prüfung sowie Referenzmuster vorzulegen sind. Diese Bestimmung kann … nicht dahin ausgelegt werden, dass sie das CPVO daran hindert, das zu prüfende Pflanzenmaterial und die schriftlichen Nachweise betreffend dieses Pflanzenmaterial getrennt anzufordern.“ Versendung zweier Schreiben war zulässig. 11 I. Gala Schnitzer II. Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012) Zur Frage ob ein Verstoß gegen Art. 55(4) GemSortVO vorliegt „…angesichts des Umstands, dass das CPVO, …der … Ansicht war, dass seine ursprüngliche Aufforderung Ungenauigkeiten enthalte, oblag es dem CPVO, das KSB aufzufordern, ihm Pflanzenmaterial zu übersenden, das den in einer neuen Aufforderung im Einzelfall dargelegten Anforderungen entsprach... “ CPVO durfte dem Anmelder weitere Einreichung gestatten, weil es sich „unklar ausgedrückt“ hatte. 12 II. ‚Extrablatt, Extrablatt: Deutschland verstößt gegen das Völkerrecht!‘ BPatG, Beschluss vom 06.09.2012 36 W (pat) 1/10 – Waldrebsorte Fond Memories http://juris.bundespatentgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bpatg&Art=en&Datum=20129&Seite=5&nr=23994&pos=83&anz=90&Blank=1.pdf 13 II. Deutschland und das Völkerrecht Sachverhalt 23.04.2008: Antrag auf Erteilung von nat. Sortenschutz für Clematis florida „Fond Memories“ 01.06.2004: Erstmalige Abgabe von Vermehrungsmaterial/Erntegut zu gewerblichen Zwecken in Großbritannien Zurückweisung des Antrags durch Bundessortenamt, Widerspruch durch Antragstellerin, Zurückweisung des Widerspruchs, Beschwerde zum Bundespatentgericht (BPatG) 14 II. Deutschland und das Völkerrecht Rechtsrahmen Art. 6(1) UPOV 1991 „(1) [Kriterien] Die Sorte wird als neu angesehen, wenn am Tag der Einreichung des Antrags auf Erteilung eines Züchterrechts Vermehrungsmaterial oder Erntegut der Sorte i) im Hoheitsgebiet der Vertragspartei, in der der Antrag eingereicht worden ist, nicht früher als ein Jahr und ii) im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei als der, in der der Antrag eingereicht worden ist, nicht früher als vier Jahre oder im Fall von Bäumen und Reben nicht früher als sechs Jahre durch den Züchter oder mit seiner Zustimmung zum Zwecke der Auswertung der Sorte verkauft oder auf andere Weise an andere abgegeben wurde.“ 15 II. Deutschland und das Völkerrecht Rechtsrahmen Art. 6(3) UPOV 1991 „(3) ["Hoheitsgebiet" in bestimmten Fällen] Zum Zwecke des Absatzes 1 können alle Vertragsparteien, die Mitgliedstaaten derselben zwischenstaatlichen Organisation sind, gemeinsam vorgehen, um Handlungen in Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten dieser Organisation mit Handlungen in ihrem jeweiligen eigenen Hoheitsgebiet gleichzustellen, sofern dies die Vorschriften dieser Organisation erfordern; gegebenenfalls haben sie dies dem Generalsekretär zu notifizieren.“ 16 II. Deutschland und das Völkerrecht Rechtsrahmen § 6 Abs. 1 SortG „(1) Eine Sorte gilt als neu, wenn Pflanzen oder Pflanzenteile der Sorte mit Zustimmung des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers vor dem Antragstag nicht oder nur innerhalb folgender Zeiträume zu gewerblichen Zwecken an andere abgegeben worden sind: 1. innerhalb der Europäischen Union ein Jahr, 2. außerhalb der Europäischen Union vier Jahre, bei Rebe (Vitis L.) und Baumarten sechs Jahre.“ 17 II. Deutschland und das Völkerrecht Entscheidung Zur Zulässigkeit Beschwerde ist beim Bundessortenamt einzureichen – trotz des scheinbar abweichenden Wortlauts von § 34 I SortG („findet die Beschwerde an das Patentgericht statt“). - Argument: Abhilfemöglichkeit gemäß §§ 36 SortG, 73 Abs. 3 S. 1 PatG. Zustellung von Entscheidungen an ausländische Antragsteller (hier: in die NL) hat per Einschreiben/Rückschein zu erfolgen. 18 II. Deutschland und das Völkerrecht Entscheidung Zur Begründetheit Die Zurückweisung ist trotz eines Verstoßes gegen UPOV 1991 wirksam, denn § 6 Abs. 1 SortG (1997) ist rechtsgültig, obwohl die Vorschrift gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen verstößt, die Deutschland durch die Unterzeichnung von UPOV 1991 eingegangen ist. 19 II. Deutschland und das Völkerrecht Entscheidung Zur Begründetheit Argumentationskette: Art. 6(1) UPOV 1991 hat unverändert (im Vergleich zu den früheren Akten) zum Ziel, nur Handlungen im „Antragsland“ zu erfassen, damit die Sorten zunächst im Ausland erprobt werden können. § 6 Abs. 1 SortG knüpft entgegen der Regelung in Art. 6(1) UPOV aber nicht an Gebiet der „Vertragspartei“ (= Deutschland), sondern an den Vertrieb innerhalb der EU an. 20 II. Deutschland und das Völkerrecht Entscheidung Zur Begründetheit Die Abweichung von § 6 Abs. 1 SortG zu UPOV 1991 lässt sich nicht unter Rückgriff auf Art. 6(3) UPOV rechtfertigen. Die Voraussetzungen von Art. 6(3) UPOV sind nicht erfüllt. Es fehlt schon an einem „gemeinsamen Vorgehen der Mitgliedstaaten“. Auch die Regelungen der GemSortVO erfordern keine Bezugnahme auf das Gebiet der EU in § 6 Abs. 1 SortG. Das System des gemeinschaftlichen Sortenschutzes besteht parallel zum und unabhängig vom nationalen Sortenschutz in Deutschland. 21 II. Deutschland und das Völkerrecht Entscheidung Zur Begründetheit Allerdings führt der Verstoß gegen UPOV 1991 nicht zur „Nichtigkeit“ von § 6 Abs. 1 SortG, denn - UPOV gewährt keinen unmittelbaren Schutz für Bürger und Unternehmen in den „Vertragsparteien“ (Ländern); - es besteht kein Anwendungsvorrang von UPOV; - es ist keine anderweitige Auslegung von § 6 Abs. 1 SortG (gegen dessen Wortlaut) erlaubt, und - es ist keine Rechtsfortbildung durch das Gericht wider den Wortlaut des Gesetzes möglich. 22 III. ‚Ohne Schutz nix los‘: Sortenschutzverletzung durch Lizenzierung nicht geschützter Sorte? – LG Düsseldorf, Urteil vom 11.12.2012, 4a O 96/11 nicht online verfügbar 23 III. Ohne Schutz nix los Sachverhalt Der Kläger ist Inhaber Gemeinschaftssorte LEMON SYMPHONY der botanischen Art Osteospermum ecklonis. Der Beklagte ist Gärtnermeister und war ehemals als Züchter bei der XY GmbH angestellt. 24 III. Ohne Schutz nix los Sachverhalt Der Beklagte stellte am 26.11.2001 einen Antrag auf gemeinschaftlichen Sortenschutz für SUMOST 01; ebenfalls eine Osteospermum-Sorte. Das CPVO hat den Antrag für SUMOST 01 zurückgewiesen, weil diese Sorte mit Sorte LEMON SYMPHONY übereinstimme. 25 III. Ohne Schutz nix los Sachverhalt Der Kläger nahm die XY GmbH wegen Verletzung der Sortenschutzrechte an LEMON SYMPHONY vor den Düsseldorfer Gerichten in Anspruch. Die XY GmbH wurde wegen Sortenschutzrechtsverletzung verurteilt (BGH, Urteil vom 23.04.2009 - Xa ZR 14/07). Nichtigkeitsverfahren für LEMON SYMPHONY schwebt noch (s. unten IV.). 26 III. Ohne Schutz nix los Sachverhalt Kläger behauptet, der Beklagte habe nicht nur XY GmbH, sondern auch Dritten eine Lizenz an der Sorte SUMOST 01 erteilt, so dass auch er für Sortenschutzverletzungen durch den Vertrieb der Sorte hafte. Kläger verlangt Auskunftserteilung über mit Dritten abgeschlossene Lizenzverträge für die Vermehrung / Vermarktung von SUMOST 01. 27 III. Ohne Schutz nix los Entscheidung Zur angeblichen Haftung wegen Lizenzerteilung „Voraussetzung eines derartigen Auskunftsanspruchs ist somit immer, dass der Anspruchsgegner das Sortenschutzrecht des Anspruchstellers verletzt.“ „Eine derartige Sortenschutzverletzung stellt die bloße Lizenzgewährung …, auf welche sich der Kläger ausschließlich bezieht, jedoch nicht dar, denn dabei handelt es sich um keine der in Art. 13 Abs. lit. a) bis g) GemSortVO enumerativ genannten Handlungen.“ 28 III. Ohne Schutz nix los Entscheidung Artikel 13 GemSortVO (2) … bedürfen die nachstehend aufgeführten Handlungen in Bezug auf Sortenbestandteile oder Erntegut der geschützten Sorte … der Zustimmung des Inhabers: a) Erzeugung oder Fortpflanzung (Vermehrung), b) Aufbereitung zum Zweck der Vermehrung, c) Anbieten zum Verkauf, d) Verkauf oder sonstiges Inverkehrbringen, e) Ausfuhr aus der Gemeinschaft, f) Einfuhr in die Gemeinschaft, g) Aufbewahrung zu einem der unter den Buchstaben a) bis f) genannten Zwecke. 29 III. Ohne Schutz nix los Entscheidung Zur angeblichen Haftung wegen Lizenzerteilung Zum Sortenschutz bei noch nicht erteiltem Schutzrecht: „Insbesondere setzt auch der in § 37 Abs. 3 SortG geregelte Entschädigungsanspruch voraus, dass die entsprechende Sorte auch tatsächlich erteilt wird…“ „Damit lässt sich jedoch auch nicht feststellen, dass der Beklagte mit der durch den Kläger behaupteten Lizenzerteilung die Verletzung der Klagesorte zumindest gefördert und damit eine Sortenschutzverletzung mitverursacht hat.“ 30 III. Ohne Schutz nix los Entscheidung Zur angeblichen „Störerhaftung“ „Zwar ist auch derjenige ‚Verletzer‘ und damit tauglicher Schuldner sämtlicher … Ansprüche, der die Verwirklichung des Benutzungstatbestandes durch einen Anderen objektiv ermöglicht oder fördert…, wobei für die Haftung grundsätzlich an jede vorwerfbare Mitverursachung der Rechtsverletzung einschließlich der ungenügenden Vorsorge gegen solche Verstöße angeknüpft werden kann...“ 31 III. Ohne Schutz nix los Entscheidung Zur angeblichen „Störerhaftung“ „Unabhängig davon, ob im Sortenschutzrecht … anders als im Patentrecht an einer noch nicht erteilten Sorte überhaupt wirksam eine Lizenz erteilt werden kann, bedurfte jedenfalls weder die XY GmbH noch die XY B.V. einer derartigen Lizenz, denn mangels Erteilung des Schutzes für die Sorte „SUMOST 01“ standen und stehen dem Beklagten jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gegen diese keine Ansprüche wegen einer Sortenschutzverletzung zu“. 32 IV. ‚Eine lange Geschichte‘ – EuG, Urteil vom 18.9.2012 verb. Rs. T-133/08, T-134/08, T177/08, T-242/09 http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=127061&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1458899 33 IV. Eine lange Geschichte Sachverhalt Der Kläger ist Züchter unter Anmelder der Gemeinschaftssorte SUMOST 01 der botanischen Art Osteospermum ecklonis. Beklagt ist das CPVO. Der Streithelfer ist Inhaber der Gemeinschaftssorte LEMON SYMPHONY. 34 IV. Eine lange Geschichte Sachverhalt Der Kläger stellte am 26.11.2001 einen Antrag auf gemeinschaftlichen Sortenschutz für SUMOST 01. Das CPVO hat den Antrag für SUMOST 01 zurückgewiesen, weil diese Sorte mit Sorte LEMON SYMPHONY übereinstimme. Allerdings zeigten sich zwischen der amtlichen Sortenbeschreibung von LEMON SYMPHONY und späteren Beschreibungen Unterschiede; z.B. ‚Haltung der Triebe‘: 1997 ‚aufrecht (1)‘ – 2002 ‚halbaufrecht bis waagerecht (4)‘. 35 IV. Eine lange Geschichte Sachverhalt Der Kläger beantragte zunächst die Aufhebung des Sortenschutzes für LEMON SYMPHONY (kurz auch „LS“) wegen fehlender Beständigkeit, Art. 21 GemSortVO. Es stellte sich jedoch heraus, dass es sich bei dem für die technische Prüfung von LEMON SYMPHONY im Jahre 1997 „eingesandten Vermehrungsmaterial … um knospige Verkaufsware handelt[e], die mit Wachstumsregulatoren behandelt und gestutzt wurde.“ Die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung war nach Auskunft des Bundessortenamtes daher gefährdet. 36 IV. Eine lange Geschichte Sachverhalt „Die technische Prüfung wurde später im Laufe des Jahres 1997 trotzdem durchgeführt, ohne dass das Bundessortenamt heute noch bestätigen kann, ob sie unmittelbar an dem vom Streithelfer versandten Pflanzenmaterial vorgenommen wurde oder an Stecklingen, die auf der Grundlage dieses Materials gewonnen wurden, wie ein in der Akte enthaltener handschriftlicher Vermerk vom 30. Januar 1997 zu bestätigen scheint, der lautet: ‚Das Bundessortenamt hat Stecklinge genommen, abwarten, TK 30/01/97‘.“ 37 IV. Eine lange Geschichte Sachverhalt Kläger beantragte daher Nichtigerklärung von LS nach Art. 20 GemSortVO. Diese habe nie in der beschriebenen Form existiert. Im Jahr 2007 ändert das CPVO die Sortenbeschreibung von LS unter anderem im Merkmal ‚Haltung der Triebe‘ von ‚aufrecht (1)‘ in ‚halbaufrecht bis waagerecht (4)‘. Kläger legte Beschwerden ein gegen die Änderung der Sortenbeschreibung LS, Zurückweisung des Aufhebungsantrags LS und Zurückweisung von SUMOST 01 (Verf. T-133/08, T-134/08 und T-177/08); die Zurückweisung des Nichtigkeitsantrags LS (Verfahren EuG T-242/09); 38 IV. Eine lange Geschichte Sachverhalt Verf. T-242/09 vor dem CPVO - Beschwerdegründe des Klägers: Die technische Prüfung von LEMON SYMPHONY sei nicht an ordnungsgemäßen Pflanzenmaterial vorgenommen worden. Entweder sei sie an behandelten Pflanzen oder an Stecklingen erfolgt. In beiden Fällen seien die festgestellten Merkmalsausprägungen nicht dem Genotyp der Sorte entsprungen. Daher sei Unterscheidbarkeit nach Art. 7 GemSortVO nicht festgestellt worden und der Sortenschutz für nichtig zu erklären. Es sei einer „nicht existierenden“ Sorte Schutz erteilt worden. - 23.01.2008: Mdl. Verhandlung und Zurückweisung der Beschwerde. 39 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Zur Amtsermittlung in Nichtigkeitsverfahren „Daher ist zunächst festzustellen, dass Art. 76 der Verordnung, der die Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen betrifft, vom Wortlaut her auf das Verfahren vor der Beschwerdekammer aufgrund einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des CPVO, mir der der Antrag eines Beteiligten auf Nichtigerklärung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes abgelehnt wurde, nicht anwendbar ist, da dieses Verfahren nicht unter die Art. 54 und 55 der Verordnung fällt.“ Kein Amtsermittlung im Nichtigkeitsverfahren 40 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Zur Amtsermittlung in Nichtigkeitsverfahren „Da ein Nichtigkeitsverfahren nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag eines Beteiligten eingeleitet wird, trägt dieser nach den Art. 76 und 81 der Verordnung in Verbindung mit ihrem Art. 20 die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der Nichtigerklärung erfüllt sind.“ „…ist es Sache der Partei, die sich auf die Nichtigkeit beruft, die Tatsachen vorzutragen und die Beweise vorzulegen, aus denen sich ihres Erachtens ergibt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 20 der Verordnung erfüllt sind.“ 41 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Zur „Beibringungslast“ in Nichtigkeitsverfahren „Teilt das CPVO ihre Auffassung nicht, hat diese Partei zumindest konkrete und durch Beweise untermauerte Anhaltspunkte zur Stützung ihres Vorbringens zu liefern.“ „Insoweit hält es das Gericht jedoch für angebracht, auf die Beschwerdekammer des CPVO … die Rechtsprechung des Gerichtshofs anzuwenden, nach der dem Antrag einer Partei auf prozessleitende Maßnahmen nicht stattgegeben werden kann, wenn sie keinen hinreichenden Anfangsbeweis anbietet, der die Anordnung derartiger Maßnahmen gerechtfertigt erscheinen lässt.“ 42 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Zur gerichtlichen Nachprüfung in Nichtigkeitsverfahren „Festzustellen ist vielmehr, dass der Kläger mit diesem Vorbringen, anders als er geltend macht, in Wirklichkeit erreichen will, dass das Gericht den Sachverhalt und die einschlägigen Beweise neu beurteilt.“ Was grundsätzlich nicht zu beanstanden ist! „Insoweit ist daher zu unterscheiden, ob die Tatsachenfeststellungen und -würdigungen der Beschwerdekammer das Ergebnis komplexer Bewertungen im Bereich der Botanik oder der Genetik sind, die besondere Sachkenntnis oder besonderes wissenschaftliches oder technisches Wissen erfordern.“ 43 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Zum geprüften Material und „allgemein bekannten Tatsachen“ „…genügt jedoch der Hinweis, dass die Beschwerdekammer mit ihren Ausführungen … es sei „gängige Praxis, alle in einer Prüfung verwendeten Sorten aus Stecklingen zu vermehren, die zum selben Zeitpunkt gewonnen werden, um sicherzustellen, dass alle Materialien dasselbe physiologische Alter aufweisen“, implizit, aber zweifelsfrei die Feststellung getroffen hat, dass dies auch vorliegend der Fall war.“ 44 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Zum geprüften Material und „allgemein bekannten Tatsachen“ „Gestützt auf ihre eigene Erfahrung hat die Beschwerdekammer nämlich festgestellt, dass die von ihr als „gängig“ eingestufte Praxis der Vermehrung durch Stecklinge auf alle bei der technischen Prüfung verwendeten Sorten angewandt werde, um sicherzustellen, dass alle Materialien dasselbe physiologische Alter aufwiesen.“ 45 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Zu „allgemein bekannten Tatsachen“ „Es handelt sich hierbei um die Feststellung einer Tatsache, die die Beschwerdekammer als allgemein bekannt ansieht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs in Rechtsstreitigkeiten über die Gemeinschaftsmarke brauchen die Stellen des HABM in ihren Entscheidungen aber nicht den Beweis für die Richtigkeit allgemein bekannter Tatsachen zu erbringen.“ „Daher ist diese Feststellung einer allgemein bekannten Tatsache mangels Beweises des Gegenteils zu bestätigen.“ 46 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Zum Merkmal ‚Haltung der Triebe‘ „Nach den Angaben des Bundessortenamts ergibt sich die Ausprägungsstufe „aufrecht“ für die Beschreibung des Merkmals „Haltung der Triebe“ bei LEMON SYMPHONY im Jahr 1997 aus dem Vergleich dieser Sorte mit den Referenzsorten im Versuchsanbau und der Feststellung, dass LEMON SYMPHONY die „aufrechteste“ der Sorten gewesen sei, an denen in jenem Jahr Versuche vorgenommen worden seien.“ 47 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Zum Merkmal ‚Haltung der Triebe‘ „In der Folge hätten die zunehmende Zahl von Sorten der Art Osteospermum ecklonis und die Änderung der Prüfungsrichtlinien das Bundessortenamt veranlasst, eine Anpassung dieser Beschreibung durch Angabe der Ausprägungsstufe „halbaufrecht bis waagerecht“ vorzuschlagen.“ 48 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Zum Merkmal ‚Haltung der Triebe‘ „Es handele sich nicht um eine inhaltliche, die Identität der Sorte berührende Änderung der Beschreibung, sondern um eine bloße Änderung der ursprünglich gewählten Kennzeichnung, die nicht die Identität der Sorte verändere, sondern nur ihre bessere Beschreibung ermögliche, vor allem mittels ihrer Abgrenzung von anderen Sorten derselben Art.“ „Das Gericht hält diese Erläuterungen für hinreichend ausführlich und überzeugend, um dem Widerlegungsversuch, den der Kläger mit seinem Vorbringen unternommen hat, ohne Weiteres standzuhalten.“ 49 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-242/09 Die Klage in Sachen T-242/09 wird zurückgewiesen. Das Rechtsmittel ist unter dem Aktenzeichen C-546/12 P beim EuGH anhängig und auf sechs Rechtsmittelgründe gestützt. Es bleibt abzuwarten, wie lange es bis zu einer Entscheidung durch den Gerichtshof dauert. 50 IV. Eine lange Geschichte Sachverhalt Verf. T-133/08, T-134/08 und T-177/08 vor dem CPVO - September 2007: telefonische Anfrage wegen Termin Anfang Dezember. - 20.09.2007: Kläger: Termin ist in diesen Sachen nicht sinnvoll, bevor nicht über Nichtigkeitsantrag entschieden ist. - 09.10.2007: Vorankündigung der Ladung mit Bitte um Empfangsbestätigung. - 17.10.2007: Entscheidung BeschwKammer: die Verfahren werden nicht ausgesetzt. - 19.10.2007: Weitere Einwände des Klägers gegen mdl. Verhandlung. 51 IV. Eine lange Geschichte Sachverhalt Verf. T-133/08, T-134/08 und T-177/08 vor dem CPVO - 29.10.2007: Versendung der Ladung durch BeschwKammer. - 06.11.2007: Zugang der Ladung beim Kläger. - 29.11.2007: Mitteilung Kläger, dass er nicht an mdl. Verh. teilnimmt. - 4.12.2007: Mdl. Verhandlung und Entscheidung der BeschwKammer ohne den Kläger. 52 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-133/08, T-134/08 und T-177/08 Zur Ladungsfrist und zur Ladung „Vorliegend wird in den drei angefochtenen Entscheidungen weder vom CPVO noch vom Streithelfer in Abrede gestellt und zudem von der Beschwerdekammer ausdrücklich eingeräumt, dass die Mindestladungsfrist von einem Monat gemäß Art. 59 Abs. 1 Satz 2 der Durchführungsverordnung nicht eingehalten wurde.“ „Das Fax der Beschwerdekammer vom 9. Oktober 2007 kann nach seiner Überschrift und seinem Wortlaut keinesfalls die Funktion einer ordnungsgemäßen und fristgerechten Ladung des Klägers erfüllt haben, zumal es nicht in der Verfahrenssprache abgefasst war und seinem Empfänger nicht … zugestellt wurde.“ 53 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-133/08, T-134/08 und T-177/08 Zur Ladungsfrist und zur Ladung „Da diese Mindestladungsfrist nicht eingehalten wurde, wurde der Kläger nicht ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer geladen.“ „Das Nichterscheinen des Klägers in dieser mündlichen Verhandlung gestattete es der Beschwerdekammer daher nicht, das Verfahren in seiner Abwesenheit fortzusetzen. Nach Art. 59 Abs. 2 der Durchführungsverordnung darf das Verfahren nämlich nur dann in absentia fortgesetzt werden, wenn ein „ordnungsgemäß“ geladener Beteiligter nicht erschienen ist.“ 54 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-133/08, T-134/08 und T-177/08 Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör „Der in den drei Rechtssachen geltend gemachte Klagegrund, mit dem eine Verletzung dieser Vorschrift und des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt wird, ist somit begründet und ist geeignet, zur Aufhebung der drei angefochtenen Entscheidungen zu führen.“ „Keines der Argumente des CPVO und des Streithelfers vermag dieses Ergebnis in Frage zu stellen.“ 55 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-133/08, T-134/08 und T-177/08 Zum Ausbleiben des Klägers in der Verhandlung „Jedenfalls kann die Weigerung des Klägers, zur mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2007 zu erscheinen, nicht als rechtsmissbräuchlich betrachtet werden. Der Kläger hatte im Gegenteil einen berechtigten und stichhaltigen Grund, die Aussetzung des Verfahrens in den drei fraglichen Rechtssachen vor der Beschwerdekammer zu beantragen, bis eine Entscheidung ergangen ist, mit der das Nichtigkeitsverfahren beendet wird.“ 56 IV. Eine lange Geschichte Urteil in Sachen T-133/08, T-134/08 und T-177/08 Zur Durchführung der mdl. Verhandlung ohne den Kläger „Der Kläger hatte somit einen berechtigten und stichhaltigen Grund, sich der Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2007 zu widersetzen. Umgekehrt hat die Vorsitzende der Beschwerdekammer, aus welchen tieferen Gründen auch immer, einen unangemessenen oder sogar rechtsmissbräuchlichen Gebrauch von ihren Befugnissen gemacht, indem sie trotz der vernünftigen und stichhaltigen Einwände des Klägers daran festhielt, an diesem Termin eine mündliche Verhandlung durchzuführen.“ 57 V. ‚Ein guter Name setzt sich durch‘ – HABM, Beschluss vom 19.12.12, Nr. 6590 C – DISCUS http://oami.europa.eu/LegalDocs/Cancellation/en/C007089964_3216.pdf 58 V. Ein guter Name setzt sich durch Sachverhalt Gemeinschaftsmarke Nr. 7 089 964 „DISCUS” (Wort) (“CTM”) wurde am 25.07.2008 angemeldet und am 18.05.2009 für ‚lebende Pflanzen, Teile lebender Pflanzen, Saatgut und Schnittblumen‘ in Klasse 31 eingetragen. Am 07.05.2012 hat Antragsteller die Nichtigerklärung der CTM beantragt. Zum einen wegen eines absoluten Schutzhindernisses nach Art. 52(1)(a) GMV: die CTM sei rein beschreibend und damit in Verletzung von Art. 7(1)(c) GMV eingetragen worden. Zudem beruft er sich auf das relative Schutzhindernis unter Art. 53(2) GMV, nämlich eine Verletzung des Gemeinschaftssortenschutzrechts Nr. 21483 “DISCUS” nach Art. 53(2)(d) GMV. Die Sorte wurde am 17.12.2007 geschützt. 59 V. Ein guter Name setzt sich durch Sachverhalt Dem Nichtigkeitsantrag vorausgegangen war, dass der Inhaber der CTM beim CPVO Einwendungen gegen die Festsetzung der Sortenbezeichnung „DISCUS“ im Jahre 2010 für die Gemeinschaftssorte Nr. 28986 „DISCUS” der botanischen Art Lolium perenne L. erhoben hatte, so dass ein Verfahren über die Änderung der Sortenbezeichnung eingeleitet wurde. Trotz Aufforderung durch den Antragsteller wurden die Einwendungen nicht zurückgezogen. 60 V. Ein guter Name setzt sich durch Rechtliche Argumente Der Antragsteller argumentiert, die CTM sei identisch mit der älteren Sortenbezeichnung „DISCUS”, registriert als Gemeinschaftssorte Nr. 21483 der botanischen Art Triticum aestivum L. emend. Fiori et Paol. (Winterweizen). Die Bezeichnung „DISCUS” sei daher rein beschreibend für die von der Markenanmeldung erfassten Waren. Zudem beruft sich der Antragsteller auf das relative Schutzhindernis, d.h. eine Verletzung der Rechte an der Sortenbezeichnung „DISCUS“. 61 V. Ein guter Name setzt sich durch „Intervention“ des CPVO Das CPVO nahm den Fall zum Anlass, sich mit dem HABM in Verbindung zu setzen. Dies hat dazu geführt, dass eine Änderung des Handbuchs des HABM zur aktuellen Gemeinschaftsmarkenpraxis vorgenommen wurde. Auf den Seiten 33 bis 35 wurden Regelungen zum Umgang mit Sortenbezeichnungen und zur Nutzung des CPVO Variety Finder durch die Prüfer des HABM aufgenommen. 62 V. Ein guter Name setzt sich durch „Intervention“ des CPVO Nach der Darstellung im Handbuch des HABM sollen Sortenbezeichnungen in Anlehnung an Art. 20(1)(a) UPOV 1991 eine generische Bezeichnung darstellen („Die Sorte ist mit einer Sortenbezeichnung als Gattungsbezeichnung zu kennzeichnen“). Nach Art. 7(1)(c) GMV sind von der Eintragung ausgeschlossen, „Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, … oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können.“ 63 V. Ein guter Name setzt sich durch Entscheidung „In the present case, applicant has shown that the word “DISCUS” is registered for Triticum aestivum L. emend. Fiori et Paol. as a plant variety under No 21 483 in the register of the CPVO. It was registered on 17/12/2007 which is before the filing date of the contested CTM. The contested CTM is registered for living plants and parts of living plants, sowing seeds, cut flowers. These are all goods that have a direct link to the plant variety in question. As the contested CTM is identical to the registered plant variety, it must be considered descriptive at the time of the application for the goods of the registration.” 64 V. Ein guter Name setzt sich durch Wo ist der ‚Haken‘? Im deutschen Markenrecht wurden Sortenbezeichnungen als absolute Schutzhindernisse durch das SortG 1985 abgeschafft. § 13 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG eröffnet lediglich einen Löschungsanspruch gegenüber prioritätsjüngeren Registermarken. Es besteht nicht einmal ein Widerspruchsrecht, der Inhaber der Sortenbezeichnung muss vielmehr Klage erheben. 65 V. Ein guter Name setzt sich durch Wo ist der ‚Haken‘? Anknüpfungspunkt ist Art. 4(4)(c) MarkenRL, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, andere als Kennzeichenrechte als relative Schutzhindernisse vorzusehen. Kann die GMV in Ansehung der MarkenRL anders auszulegen sein? Was ist in den einzelnen Mitgliedstaaten und mit nationalen Sorten? Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. GRUR wird aktiv. 66 VI. ‚Was ist denn jetzt noch?‘ – EPA Vorlageverfahren G 2/12 – Getrocknete Tomate II https://register.epo.org/espacenet/application?number=EP00940724&lng=en&tab=doclist 67 VI. Was ist denn jetzt noch? Sachverhalt Patentanmeldung ursprünglich für: „1. ein Verfahren zum Züchten von Tomatenpflanzen, die Tomaten mit verringertem Fruchtwassergehalt erzeugen, umfassend die Schritte: 1. Kreuzen von mindestens einer Lycopersicon esculentum-Pflanze mit einem Lycopersicon spp., um Hybridsamen zu erzeugen; 2. Sammeln der ersten Generation von Hybridsamen; 3. Züchten von Pflanzen aus der ersten Generation von Hybridsamen; 68 VI. Was ist denn jetzt noch? Sachverhalt Patentanmeldung ursprünglich für: 4. Bestäuben der Pflanzen der jüngsten Hybridgeneration; 5. Sammeln der Samen, die von der jüngsten Hybridgeneration erzeugt wurden; 6. Züchten von Pflanzen aus den Samen der jüngsten Hybridgeneration; 69 VI. Was ist denn jetzt noch? Sachverhalt Patentanmeldung ursprünglich für: 7. Gestatten, dass die Pflanzen über den Punkt des normalen Reifens hinaus an dem Stängel verbleiben; und 8. Durchmustern auf verringerten Fruchtwassergehalt, wie durch die verlängerte Konservierung der reifen Frucht und Faltung der Fruchthaut angezeigt.“ „15. Tomatenfrucht, gekennzeichnet durch eine Fähigkeit der natürlichen Dehydratisierung, während sie sich auf einer Tomatenpflanze befindet…“ 70 VI. Was ist denn jetzt noch? Sachverhalt Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des EPA G1/08, 19.12.2010: „1. A non-microbiological process for the production of plants which contains or consists of the steps of sexually crossing the whole genomes of plants and of subsequently selecting plants is in principle excluded from patentability as being "essentially biological" within the meaning of Article 53(b) EPC.” 71 VI. Was ist denn jetzt noch? Sachverhalt Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des EPA G1/08, 19.12.2010: „2. Such a process does not escape the exclusion of Article 53(b) EPC merely because it contains, as a further step or as part of any of the steps of crossing and selection, a step of a technical nature which serves to enable or assist the performance of the steps of sexually crossing the whole genomes of plants or of subsequently selecting plants.” Kein Schutz für Verfahren, welche die Kreuzung/Selektion von Pflanzen beinhalten. 72 VI. Was ist denn jetzt noch? Sachverhalt Anschließend: Beschränkung des Patentanspruchs auf: „A tomato fruit of the species Lycopersicon esculentum which is naturally dehydrated, wherein natural dehydration is defined as wrinkling of skin of the tomato fruit when the fruit is allowed to remain on the plant after a normal ripe harvest stage, said natural dehydration being generally unaccompanied by microbial spoilage.“ 73 VI. Was ist denn jetzt noch? Sachverhalt Erneute Vorlage an Große Beschwerdekammer mit folgenden Fragen: 1. Kann sich der Ausschluss von im Wesentlichen biologischen Verfahren zur Züchtung von Pflanzen in Artikel 53 b) EPÜ negativ auf die Gewährbarkeit eines Erzeugnisanspruchs auswirken, der auf Pflanzen oder Pflanzenmaterial wie eine Frucht gerichtet ist? 74 VI. Was ist denn jetzt noch? Sachverhalt Erneute Vorlage an Große Beschwerdekammer mit folgenden Fragen: 2. Ist insbesondere ein Anspruch, der auf Pflanzen oder Pflanzenmaterial gerichtet ist, bei denen es sich nicht um eine Pflanzensorte handelt, auch dann gewährbar, wenn das einzige am Anmeldetag verfügbare Verfahren zur Erzeugung des beanspruchten Gegenstands ein in der Patentanmeldung offenbartes im Wesentlichen biologisches Verfahren zur Züchtung von Pflanzen ist? 75 VI. Was ist denn jetzt noch? Sachverhalt Erneute Vorlage an Große Beschwerdekammer mit folgenden Fragen: 3. Ist es im Rahmen der Fragen 1 und 2 relevant, dass sich der durch den Erzeugnisanspruchs verliehene Schutz auf die Erzeugung des beanspruchten Erzeugnisses durch ein im Wesentlichen biologisches Verfahren für die Züchtung von Pflanzen erstreckt, das nach Artikel 53 b) EPÜ als solches nicht patentierbar ist? 76 VI. Was ist denn jetzt noch? Zum Rechtlichen Die Einsprechende hat zwischenzeitlich ihren Einspruch zurückgenommen, so dass lediglich über die Beschwerde des Patentinhabers zu entscheiden ist. Daher wird – auch in Stellungnahmen Dritter – geltend gemacht, dass es aus Rechtsgründen ausgeschlossen sein sollte, dass die Technische Beschwerdekammer die Situation des Patentinhabers gegenüber der Einspruchsabteilung verschlechtert (Verbot der sog. reformatio in peius). 77 VI. Was ist denn jetzt noch? Zum Rechtlichen Vorläufige, nicht bindende Stellungnahme des Berichterstatters: „On the contrary, the board of appeal would be entitled to decide in the context of the main request that the exclusion from patentability of essentially biological processes for the production of plants in Article 53(b) EPC is a bar to the patentability of a product claim for a plant which is produced by an essentially biological process and deny patentability of the product claims for that reason.“ Entscheidungen sind immer auch Ausdruck des Zeitgeists 78 VII. ‚Was soll das Kosten?‘ – Update zu SUMCOL 01 – EuGH, Urteil vom 20.4.2010, C-38/09 P http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=81360&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1388355 79 VII. Was soll das Kosten? Sachverhalt Der Kläger hat die Sorte SUMCOL 01 der botanischen Art Plectranthus ornatus im Jahr 2001 zum gemeinschaftlichen Sortenschutz angemeldet. Die Sortenschutzanmeldung wurde vom CPVO zurückgewiesen, da die Sorte sich angeblich nicht deutlich von einer am Antragstag allgemein bekannten Sorte unterschied. Die vom Kläger erhobene Beschwerde wurde ebenfalls zurückgewiesen. 80 VII. Was soll das Kosten? Sachverhalt Sowohl die Klage zum Gericht der Europäischen Union als auch das Rechtsmittel zum Gerichtshof der Europäischen Union waren erfolglos. EuGH: „Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht… nicht zu einer umfassenden Nachprüfung verpflichtet war; es konnte sich vielmehr in Anbetracht der wissenschaftlichen und technischen Komplexität auf die Kontrolle offensichtlicher Beurteilungsfehler beschränken.“ 81 VII. Was soll das Kosten? Sachverhalt Die Kosten wurden dem Kläger auferlegt. CPVO macht in zweiter Instanz Kosten i.H.v. EUR 26.287,59 geltend. - Anwaltskosten „pauschal EUR 15.000 “ für den ersten Anwalt im gerichtlichen Verfahren (dieser ist später krankheitsbedingt ausgeschieden). - EUR 2.000 für das Kostenfestsetzungsverfahren, in dem ebenfalls ein Anwalt tätig ist. 82 VII. Was soll das Kosten? Zur Sache Laufendes Verfahren, in dem sich zeigen wird: - ob Vertretung durch ersten Anwalt tatsächlich stattgefunden hat (dieser wurde gegenüber dem Gerichtshof nicht als solcher benannt); - ob ein Pauschalhonorar von EUR 15.000,00 für die Vertretung „notwendig“ war; - ob eine anwaltliche Vertretung des CPVO im Kostenfestfestsetzungsverfahren zulässig ist bzw. deren Kosten zu erstatten sind; - ob Anwaltshonorare zu Stundensätzen von EUR 350,00 und EUR 400,00 angemessen sind; - inwieweit die geltend gemachten Kosten schon vorgerichtlich zu belegen sind. 83 VII. Was soll das Kosten? Zur Sache − Es gilt aber grundsätzlich: „Da das Unionsrecht keine Gebührenordnung kennt, hat der EuGH die Gegebenheiten des Einzelfalls frei zu würdigen und dabei das wirtschaftliche Interesse der Parteien am Ausgang des Rechtsstreits, den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits, seine Bedeutung im Hinblick auf das Unionsrecht sowie den Schwierigkeitsgrad der Rechtssache und den Arbeitsaufwand, den das streitige Verfahren den tätig gewordenen Bevollmächtigten und Beiständen verursachen konnte, zu berücksichtigen.“ 84 Fazit 85 Fazit Es treten immer größere Hemmnisse auf, Entscheidungen des Gemeinschaftlichen Sortenamtes gerichtlich prüfen zu lassen. Hinsichtlich „komplexer botanischer Sachverhalte“ besteht ein „weites Ermessen“ des Gemeinschaftlichen Sortenamtes. CPVO hat weites Ermessen auch bei Anforderung von Prüfmaterial. Unklar ist, wann überhaupt vollständige Überprüfung durch das Gericht stattfindet. Was sind „komplexe botanische Sachverhalte“, was nicht? 86 Fazit Es treten immer größere Hemmnisse auf, Entscheidungen des Gemeinschaftlichen Sortenamtes gerichtlich prüfen zu lassen. Wenn die Entscheidung LEMON SYMPHONY/SUMOST 01 bestätigt würde, wäre es möglich, dass das CPVO und das Gericht europäischen Union allgemein bekannte Tatsachen ohne weitere Prüfungsmöglichkeit (für den EuGH) unterstellen. Es besteht ein immenses Kostenrisiko (Kostenerstattung); neben den ohnehin erheblichen Kosten, die für die eigene sachgerechte Vertretung anfallen. 87 Fazit Es treten immer größere Hemmnisse auf, Entscheidungen des Gemeinschaftlichen Sortenamtes gerichtlich prüfen zu lassen. Selbst bei erfolgreicher Klage erfolgt regelmäßig nur Zurückverweisung, so dass die Verfahren fortgesetzt werden. Immense Verfahrensdauer (4,5 Jahre von der ersten Klage im April 2008 bis zum Urteil des EuG am 18.09.2012). 88 Fazit Im Heimatmarkt deutscher Züchter gelten „strengere“ Vorschriften zur Sortenschutzanmeldung als durch UPOV vorgesehen. Die Lizenzierung zum Sortenschutz angemeldeter Sorten muss gesetzlich vorgesehen werden (national und europäisch). Die Sortenbezeichnung muss auch gesetzlich als absolutes Schutzhindernis für „entsprechende“ Markenanmeldungen vorgesehen werden. Kommt es zur Patenterteilung für die „schrumpelige Tomate“? 89 Ihre Fragen Vielen Dank! Ihr Ansprechpartner Thomas Leidereiter, LL.M. (Cardiff) Rechtsanwalt Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Gänsemarkt 45 20354 Hamburg Telefon +49 40 180 67 12961 [email protected] 92 Unsere Standorte national Berlin Essen Hannover München Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Friedrichstraße 140 Gildehofstraße 1 Berliner Allee 26 Karlstraße 10-12 10117 Berlin 45127 Essen 30175 Hannover 80333 München Telefon +49 30 52133 0 Telefon +49 201 9220 0 Telefon +49 511 5458 0 Telefon +49 89 23714 0 Telefax +49 30 52133 110 Telefax +49 201 9220 110 Telefax +49 511 5458 110 Telefax +49 89 23714 110 [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] Dresden Frankfurt a. M. 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