Die Kaliumhydrogenphosphat-induzierte Nephropathie des Hundes

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Die Kaliumhydrogenphosphat-induzierte Nephropathie des Hundes
Vet. Pathol. 17: 720-737 (1980)
Die Kaliumhydrogenphosphat-induzierteNephropathie des Hundes.
11. Glomerulare Veranderungen
P. SCHNEIDER,
R. MULLER-PEDDINGHAUS,
G. PAPPRITZ,G. TRIEB,G. TRAUTWEIN
und
H. UEBERBERG
Abteilung fur Experimentelle Pathologie, Dr. Karl Thomae GmbH, Biberach/RiB, und
Institut fur Pathologie, Abteilung fur Immunpathologie, Tierarztliche Hochschule Hannover,
Hannover, BRD
Potassium Hydrogen Phosphate Induced Nephropathy in the Dog. 11. Glomerular
Alterations
Abstract. A disseminated atrophy of the proximal tubule accompanies KzHP04-induced
nephropathy in dogs. These pathologic processes cause glomerular changes that pass through
different inflammatory stages and terminate in glomerular sclerosis.
Experimental animals, design of the experiment and methods have been described [ 151.
During the 14-week study we determined the amount of urine (24 hours), protein (mg/dl),
protein excretion (mg protein/24 hr) and the macro- and microprotein fraction in the urine by
SDS-polyacrylamide gel electrophoresis. Clinical examinations were at 15, 66, and 85 days.
Beagle dogs treated with 0.8 g KzHP04/kg body weight developed significant glomerular
selective and unselective proteinuria. During the experiment the macroproteins in the urine
decreased markedly, and at the last examination (day 85) glomerular proteinuria was no
longer detectable by electrophoresis.
Morphologically, there were only slight glomerular changes in the biopsy material taken at
four weeks. Widespread lesions at 14 and 38 weeks were dilatation of Bowman’s space,
thickening of the basement membrane, increase in mesangial matrix, interposition of nonargentophilic mesangial matrix into the glomerular basement membrane, protein deposits in
the mesangium and parietal basement membrane, formation of crescents, shrinkage of the
glomeruli with collapse of glomerular tufts, and finally glomerular sclerosis. The parietal
epithelial cells contained cytoplasmic areas that were free of organelles and contained
microfilamentous and fine-granular material. These areas were close to the capsular basement
membrane. Bundles of filaments within parietal epithelial cells had contact with the basement
membrane, thus resembling hemidesmosomes.
The sequelae of tubular atrophy are retention of glomerular filtrate and dilatation of
Bowman’s space, followed by compression and shrinkage of the glomerular tufts, and inflammatory processes within the glomerulus. The latter may be characterized as mesangio-sclerosing, mesangio-proliferative, membrano-proliferative, and extra-capillary glomerulonephritis.
The decrease of urinary protein excretion towards the end of the experiment may be related
to intratubular lysosomal digestion of cellular and amorphous components.
720
Phosphat-Nephropathie 11
72 1
Im Verlauf der KzHP04-induzierten Nephropathie des Hundes kommt es zur
disseminierten Atrophie des proximalen Tubulus [ 151. Die Atrophie fuhrt zum
vollstandigen Untergang des Tubulus, zu dessen Obliteration und zum Basalmembrankollaps. Infolge dieser Prozesse kommt es zum Ruckstau des Primarharnes und
dadurch zur Dilatation der Bowman’schen Kapsel. Die betroffenen Glomerula
unterliegen auBerdem verschiedenen fortschreitenden Alterationen, die uber entzundliche Stadien in eine Glomerulosklerose munden.
In jungerer Zeit haben die spontanen Glomerulonephritiden des Hundes zunehmendes wissenschaftliches Interesse geweckt und auch durch vergleichende Betrachtungsweise an Bedeutung gewonnen [ S , 7, 9-12, 17, 191. Demgegenuber gibt es nur
vereinzelt Ergebnisse, die uber spontane und experimentelle Glomerulosklerosen des
Hundes Auskunft geben [4, 171.
Im folgenden mochten wir die an unserem experimentellen Model1 gewonnenen
Resultate beschreiben, nicht zuletzt unter besonderer Berucksichtigung der Herkunft
und Entstehungsweise der parietalen Basalmembran. Auf Besonderheiten der tubularen Basalmembran wurde bereits hingewiesen [ 151.
Material und Methoden
Tiermaterial, Versuchsanordnung und Methoden wurden bereits im 1. Teil dieser Arbeit
[ 151 beschrieben.
Zur Uberprufung der Korrelation morphologischer Glornerulabefunde und funktioneller
Parameter wurden zusatzlich an den Urinen der Tiere des 14-Wochen-Experimentes
eiweiflanalytische Untersuchungen durchgefuhrt. Dabei folgten wir den Angaben von [lo].
Erfasst wurden Urinmenge (24-Stunden-Urin),mg/dl-EiweiB, und Protein-Ausscheidungsrate
(mg Protein/24 Stunden). AuBerdem erfolgte eine qualitative und semiquantitative Analyse
der Makro- und Mikroproteinfraktion im Urin mittels der SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese (SDS-PAGE). Untersuchungszeitpunkte: vor Versuchsbeginn, am 15., 66. und 85.
Versuchstag. Die Flachen der bei Auswertung der SDS-PAGE gewonnenen Densitograrnme
wurden, getrennt nach Makroproteinen (MG > 70.000) und Mikroproteinen (MG < 70.000),
planimetriert.
Der EinfluB des K2HP04auf die zeitabhangige Veranderung der genannten Parameter
wurde statistisch zu erfassen versucht. Dabei dienten als Auswertungsverfahren: Berechnung
von beschreibenden Statistiken; einfache Varianzanalyse; Prufung auf Homogenitat von
Versuchsstreuungen (Bartlett-Test);Berechnung von Grenzdifferenzen.Als Rechenhilfsmittel
stand ein Kompaktrechner “Hewlett Packard 2 100” mit entsprechenden Auswertungsprogrammen zur Verfiigung. Die programmierten Algorithmen sind in statistischen Standardwerken
ausfiihrlich beschrieben [l, 14, 161.
Ergebnisse
Urinanalyse
Bei statistischer Analyse der Parameter Urinmenge, mg/dl-EiweiR, mg Protein/
24-Stunden 1aBt sich festhalten, daR keine verallgemeinerungswurdigen Zeitmuster
erkennbar sind, da bei groBer biologischer Variabilitat auch der an Kontrolltieren
gewonnenen Ergebnisse die Versuchsstreuungen sehr hoch sind. Die Ermittlung des
Schneider ef al.
122
G
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1
A
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1
Abb. 1: SDS-PAGE, Densitogramme. Markerproteine: IgG (G; MG 160 000); Transferrin
(T; MG 90 000); Albumin (A; MG etwa 65 000); Lysozym (L; MG 13 500) (Mikroproteinurie:
Harnproteine kleiner als Albumin; Makroproteinurie: Harnproteine groRer als Albumin). a.
Physiologische Proteinurie (Mikroproteinurie)bei einem Beagle vor Aufnahme in den Versuch.
b. Selektive bis unselektive Proteinurie (Makroproteinurie) bei dem gleichen Beagle, neun
Wochen nach oraler Behandlung mit K2HP04 (0,8 g/kg KGW/die). c. Physiologische Proteinurie mit niedrigem Anteil an Mikroproteinen bei dem gleichen Beagle, 13 Wochen nach
Behandlung.
Fig. 1: SDS-PAGE, densitogram. Marker proteins: IgG (G; MW 160,000); transferrin (T;
MW 90,000); albumin (A; MW about 65,000); lysozyme (L; MW 13,500) (rnicroproteinuria:
urinary protein smaller than albumin; macroproteinuria: urinary protein larger than albumin).
a. Physiological proteinuria (microproteinuria) in beagle before experiment. b. Selective to
unselective proteinuria (macroproteinuria) in same beagle, nine weeks after oral treatment
with K2HP04(0.8 g/kg body weight/day). c. Physiological proteinuria with small microprotein
fraction in same beagle, 13 weeks after treatment.
spezifischen Gewichtes ergab zu keinem Zeitpunkt pathologische Werte. Das spezifische Gewicht lag stets zwischen 1.020 und 1.030.
Demgegenuber entwickelten sich bei allen funf mit KzHPOI behandelten Beagles,
deren Urin mittels der SDS-PAGE untersucht wurde, wahrend des Versuchsablaufes
eindeutige, glomerulare Proteinurien. Nach qualitativer Analyse der dabei im Urin
auftretenden Makroproteine handelte es sich dabei um selektive und unselektive
Proteinurien maSigen bis starken Auspragungsgrades (selektive Proteinurie: Ausscheidung von Albumin und Proteinen mit Molekulargewichten bis 160 000, z.B.
IgG; unselektive Proteinurie: Ausscheidung von Albumin, IgG und EiweiRen, deren
Molekulargewicht hoher als 160 000 ist.)
Mit Fortschreiten des Experimentes oder gegen Versuchsende hin fielen die
UrineiweiR-Werte stark ab. Zum Zeitpunkt der AbschluRuntersuchung (85. Versuchstag) konnten mittels SDS-PAGE keine glomerularen Proteinurien mehr nachgewiesen werden. Die Abbildungen la-c sowie 2a und b veranschaulichen die
geschilderten Verhaltnisse. Die Darstellung der Mittelwerte (Abb. 2b) gibt allerdings
die Eindeutigkeit der Befunde nicht so pragnant wieder, wie sie nach qualitativer
Einschatzung tatsachlich ist (Abb. la-c). Dies ist vor allem darauf zuruckzufuhren,
daR zum 2. Untersuchungszeitpunkt bereits drei von funf Hunden praktisch schon
wieder normale Proteinwerte besaRen und die Gipfelwerte der beiden ubrigen Tiere
daher nicht zum Ausdruck kommen.
Phosphat-Nephropathie I1
123
Die mittels der SDS-PAGE nachgewiesenen Mikroproteine nahmen innerhalb der
vorgegebenen Versuchsdauer stetig ab. Dieser Trend lieR sich jedoch statistisch nicht
sichern, da sich die zeitabhangige Veranderung der Flachenwerte innerhalb der
Versuchsstreuung abspielt.
Morphologische Befunde
Wahrend die Ausdehnung des Gesamtnierenschadens mit fortschreitender Versuchsdauer zunimmt, ist anhand der glomerularen Lasionen keine besondere Zeitabhangigkeit zu erkennen. Zu den jeweiligen Untersuchungszeitpunkten (14. und 38.
Woche) fanden sich die verschiedenen pathogenetischen Stadien nebeneinander in
verschiedenen Glomerula, aber nicht innerhalb eines Glomerulums. Die nach vier
Wochen vorgefundenen Lasionen (Biopsie) erschienen jedoch relativ geringfugig
(unterschiedlich deutliche Dilatation des Bowman’schen Kapselraumes, geringe Verbreiterungen der Basalmembran) und stellten beginnende Veranderungen dar. Dies
entspricht den bereits fur die proximalen Tubuli geschilderten Verhaltnissen.
Gegenuber den Kontrolltieren (Abb. 3a), bei denen pathologische Befunde nicht
erhoben werden konnten, finden sich bei K2HP04 behandelten Beagles zum Zeitpunkt der 14. bzw. 38. Woche starke Verbreiterungen der Basalmembran, Kapillarverengungen, Mesangiomatrixvermehrung, Hyperzellularitat der Mesangiumzellen,
Schwellung und Vermehrung der parietalen und viszeralen Epithelzellen sowie
haufig, jedoch nicht immer Dilatation der Bowman’schen Kapsel (Abb. 3 b ) .
Feinstrukturell konnen in derart alterierten Glomerula Podozyten beobachtet
werden, die unter Verlust der FuRchenfortsatze breitflachig der verdickten, kapillaren
Basalmembran anliegen. Die Mesangiumzellen erscheinen vermehrt und sind auch
in der Schlingenperipherie zu finden. Basalmembran und Mesangiomatrix sind in
Dichte und Struktur kaum voneinander zu unterscheiden.
Die derart veranderten Glomerula unterliegen einer zunehmenden Schrumpfung,
die mit fortschreitenden Basalmembranverbreiterungen, Mesangiomatrixvermehrung
und -verdichtung sowie Schlingenkollaps einhergeht (Abb. 4). Sowohl in der Basalmembran wie Mesangiomatrix kommen unterschiedlich starke Calciumsalzinkrustationen in Form spharischer, lamellarer Korper oder amorpher Prazipitate vor. Sie
fallen vor allem im Bereich des GefaRpoles auf (Abb. 3 b ) . Hochgradige Glomerulumalterationen finden sich stets vereinzelt, jedoch gehauft nach Ablauf von 38
Versuchswochen. Oft kommt es zur Aufsplitterung und Verdopplung der viszeralen
Basalmembran (Abb. 5 ) , wobei die kapillare Lamelle undeutlich und teilweise
maskiert erscheint. Zwischen den beiden Basalmembran-Lamellen 1aRt sich nun in
exzessivem Umfang die Interposition von pathologisch veranderter, nicht versilberbarer Mesangiomatrix und zellorganellenreichen, hochaktiven Mesangiumzellen
nachweisen. Die Mesangiomatrix zeigt ein sehr heterogenes Bild. Sie besteht aus
einem Mixtum von flockigem, filamentarem und faserigem Material.
Am Ende der glomerularen Prozesse stehen exzessive Hyperzellularitat, Mesangiosklerose (Abb. 6) bzw. vollstandige Glomerulosklerose und -nekrose. Das Bild
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Abb. 2: Planimetrische Auswertung des Makroproteinanteils der Densitogramme von Harnproteinen nach SDS-PAGE (Flache unter der Kurve in cm'). Zeitabhangige Veranderung der
Proteinurie KnHP04-behandelter Beagles wahrend des Experimentes. a. Einzelwerte (Tiere
Nr. 1-5). b. Mittelwerte. Die obere und untere Vertrauensgrenze wurde aus den Werten von
Kontrolltieren errechnet, fur die keine zeitabhangigen Veranderungen der Harnproteine
gefunden wurden. Der Anstieg der Makroproteine ist signifikant (P=5%).
Fig. 2 Planimetric evaluation of densitogram of urinary macroprotein after SDS-PAGE
(surface under curve in cm'). Time-related change in proteinuria of KsHP04-treated beagles
during experiment. a. Individual values (dogs no. 1-5). 6. Mean values. Upper and lower
confidence limits calculated from values for control dogs with no time-related changes in
urinary protein. Rise in macroprotein is significant (P = 5%).
Phosphat-Nephropathie 11
125
Abb. 3 Sernidiinnschnitte. a. Kontrolltier; norrnales Glomerulum. b. KaHP04-behandelter
Hund. Dilatation des Bowman’schen Kapselraumes, Schrumpfung des Glomerulums. Deutliche Verdickung der Basalmembranen. Vermehrung und Schwellung der Podozyten. 14
Wochen nach KzHP04-Applikation.Silber-Methenaminnach Movat.
Fig. 3 Semithin sections. a. Control dog; normal glomerulus. b. KnHP04-treated dog.
Dilatation of Bowman’s space, shrinkage of glomerulus. Distinct thickening of basement
membrane. Proliferation and swelling of podocytes. 14 weeks after K2HP04treatment. Movat’s
silver methenamine.
wird unter Verlust zellularer Elemente beherrscht von massenhafter Anreicherung
mesangialer Matrix.
Auffallende Veranderungen finden sich gelegentlich im Bereich der parietalen
Basalmembran (Abb. 7). Durch die Pearse-Trichrom-Farbung konnen in der Basalmembran durch “Orange C” darstellbare Proteinablagerungen nachgewiesen werden.
Diese Proteinablagerungen sind nicht versilberbar. Durch die Movat-Farbung 1aRt
sich eine Aufsplitterung der Basalmembran, die das oft halbmondformig prazipitierte,
homogene Material umschlieot, nachweisen. Elektronenmikroskopisch kann gezeigt
werden, daR es zur Interposition einer gegeniiber dem Basalmembran-Material vollig
andersartig strukturierten Substanz kommt. Die Proteinablagerungen bestehen aus
feingranularem Material und einer homogenen bis flockigen Grundsubstanz. Demgegeniiber besitzen die Basalmembran-Lagen parallel geordnete Filamentebiindel.
Haufig proliferieren-meist
herdformig-die
Epithelzellen der Bowman’schen
726
Schneider et al.
Abb. 4 Glomerulumschrumpfung und Schlingenkollaps. Einzelne Schlingen mit noch
normaler Basalmembran. Vermehrung und Verdichtung der Mesangiomatrix. Inset: Semidiinnschnitt. Starke Verdickung der kapsularen Basalmembran und Schwellung der parietalen
Epithelzellen. 14 Wochen nach KuHP04-Applikation.Movat-Farbung. Strich = 1 pm.
Fig. 4 Glomerular shrinkage, collapse of tufts. Individual tufts still have normal basement
membrane. Increase and compression of mesangial matrix. Bar = 1 pm. Inset: Semithin
section. Thickening of capsular basement membrane and swelling of parietal epithelial cells.
14 weeks after KzHP04treatment. Movat’s silver methenamine.
Abb. 5: Stadium wie bei membranoproliferativer Glomerulonephritis. Spaltung der Basalmembran in ein PuBeres (BMa) und inneres, rarefEiertes (BMi) Blatt. Zellorganellreiche
Mesangiumzellen (M) und stark alterierte, flockig-filamentare Mesangiomatrix (MM). Podozyt
(P). Geschwollene Kapillarendothelzellen (K). Inset: Semidiinnschnitt. Mesangiomatrix nicht
versilberbar. Ultrastrukturell dargestellte Schlinge (Pfeil). 38 Wochen nach KzHP04-Applikation. Movat-Farbung. Strich = 1 pm.
Fig. 5 Same stage as membranoproliferative glomerulonephritis. Basement membrane split
into outer (BMa) and inner, rarified (BMi) lamina. Organelle-rich mesangial cells (M) and
greatly altered, flocculent-filamentous mesangial matrix (MM). Podocyte (P). Swollen capillary
endothelial cells (K). Inset: Semithin section. Non-argentophilic mesangial matrix. Arrow
marks area shown ultrastructurally. 38 weeks after treatment with K2HP04. Movat’s silver
methenamine. Bar = 1 pm.
121
Abb. 6 Veranderung wie in Abb. 5 und Entwicklung zur Glomerulosklerose. Ergastoplasmareicher Podozyt (P). Regressiv veranderte, vakuolisierte Mesangiumzelle (M). Verodung
des Glomerulums durch stark vermehrte, mit groben Filamenten durchsetzte Mesangiomatrix
(MM). Basahembran (Pfeile). 38 Wochen nach K2HPO4-Applikation. Strich = 1 pm.
Fig.6 Changes as in Fig. 5 and development to glomerular sclerosis. Podocyte rich in
endoplasmic reticulum (P). Regressively altered, vacuolated mesangial cell (M). Destruction
of glomerulus by excessive coarsely filamentous mesangial matrix (MM). Basement membrane
(arrows). 38 weeks after treatment. Bar = 1 pm.
Abb. 7: Bowman’sche Kapsel. Spaltung der Basalmembran in ein inneres (BMi) und ein
auReres Blatt (BMa). Dazwischen liegt das im Inset (Semidiinn, Movat-Farbung) dargestellte,
nicht versilberbare, feingranulare Hyalin. Parietale Epithelzelle (E). 14 Wochen nach K2HP04Applikation. Strich = 1 pm.
Fig.7: Bowman’s capsule. Basement membrane split into inner (BMi) and outer (BMa)
lamina. Between them, inset: non-argentophilic, finely granular hyalin. Parietal epithelial cell
(E). 14 weeks after treatment. Semithin section, Movat’s silver methenamine. Bar = 1 pm.
730
Schneider et al.
Abb. 8: Parietale Epithelzellen mit organellenfreiem Areal, das einen intrazellularen “See”
(S) bildet. Elektronendichte Zone im Bereich der zur Basalmembran gerichteten Zellmembran.
Basalmembran (BM) hochgradig verdickt. 38 Wochen nach K2HPO4-Applikation. Strich = 1
Pm.
Fig. 8: Parietal epithelial cells. Organelle-free area forms intracellular “lake” (S). Electrondense zone near cell membrane oriented toward greatly thickened basement membrane (BM).
38 weeks after treatment. Bar = 1 pm.
Abb. 9 Parietale organellenreiche Epithelzellen (E) aus einem Bereich mit Halbmondbildung (Crescent). In Richtung der stark verbreiterten Basalmembran (BM) organellenfreie
Areale mit zahlreichen Filamenten die sich zu elektronendichten Biindeln vereinigen.
Zwischen den Epithelzellauslaufern Lakunen (L), die Basalmembran-artiges Material enthalten und mit der Basalmembran in Verbindung stehen. Elektronendichte, filamentare Zone an
der Zellmembran (Pfeile). Strich = 1 pm.
Fig. 9 Parietal epithelial cells (E) with many organelles from area with crescent formation.
Toward enlarged basement membrane (BM) are areas free of organelles, with numerous
filaments that form electron-dense bundles. Between epithelial cell outgrowths are lacunae (L)
that contain basement membrane-like material and are connected with basement membrane.
Electron-dense filamentous zone at cell membrane (arrows). Bar = 1 pm.
732
Schneider et al.
Abb. 1 0 Hemidesmosom-ahnliche Verbindung (HD) zwischen parietaler Epithelzelle (E)
und Basalmembran (BM) im Bereich einer organellenfreien, intrazytoplasmatischen Zone, die
Basalmembran-artiges Material enthalt. Golgiapparat (G). Inset: Filamentose Verbindung
zwischen Epithelzelle und Basalmembran im Bereich des “Hemidesmosoms.” Deutlicher Spalt
zwischen Zelle und Basalmembran. Strich = 1 pm.
Fig. 1 0 Connection resembling hemidesmosome (HD) between parietal epithelial cell (E)
and basement membrane (BM). Intracytoplasmic zone, free of organelles, contains material
resembling basement membrane. Golgi apparatus (G). Inset: Filamentous connection between
epithelial cell and basement membrane near “hemidesmosome.” Distinct cleft between cell
and basement membrane. Bar = 1 pm.
Phosphat-Nephropathie 11
133
Kapsel unter Halbmondbildung (Crescent formation). Die Zellen liegen dachziegelartig ubereinander, sind Zellorganellen-reich und besitzen insbesondere ein gut
ausgebildetes, rauhes endoplasmatisches Retikulum und massenhaft freie Ribosomen. Scharf vom organellenhaltigen Zytoplasma abgegrenzt befinden sich intrazytoplasmatische Areale, die ausschliefllich mikrofilamentares und feinflockiges Material enthalten (Abb. s), das dem der Basalmembran ahnelt. Im Bereich der wie
“Grundsubstanzseen” geformten Areale Iassen sich elektronendichte, rnit feinen
Filamenten durchsetzte Zonen an der Basalmembran-seitigen Zellmembran erkennen. In Nachbarschaft zu solchen Bezirken konnen hin und wieder Interzellularspalten und Invaginationen der Epithelzellen beobachtet werden. Diese Lakunen
sind gleichfalls mit Basalmembran-artigem Material angefullt (Abb. 9) und stehen
mit der Basalmembran in Verbindung. Die den lakunenartigen Interzellularspalten
benachbart liegenden Zytoplasmabezirke sind ebenfalls frei von Organellen und
enthalten neben Basalmembran-ahnlichem Material, dichte, teils sehr kompakte und
umfangreiche Filamentenbundel, die sich an der Basalmembran-seitigen Zellmembran konzentrieren. Diese Filamentenbundel und elektronendichten Zonen bilden
an der Zellmembran rnit der Basalmembran Kontakte, die Hemidesmosomen
gleichen (Abb. 10). Der jeweils sichtbare Spalt zwischen Epithelzelle und Basalmembran ist von Filamenten durchzogen, die wiederum auf der Seite der Basalmembran
zu kompakten, elektronendichten Zonen kondensieren.
Immunfluoreszenz
Alle untersuchten Beagles (12 Tiere einschliefilich der Kontrollen) wiesen mesangial, vor allem in Gefafipolnahe, geringe Ablagerungen von IgM auf. Acht Tiere
zeigten bei gleicher Lokalisation ebenfalls nur geringe C3-Ablagerungen.
Diskussion
Erst in letzter Zeit wurden Versuche unternommen, die Glomerulopathien yon
Tieren [ 191 und insbesondere die Glomerulonephritiden des Hundes [ 1 11 pathogenetisch einzuordnen und zu klassifizieren. Wir waren ebenfalls bestrebt, die in
unserem experimentellen Model1 erhobenen Befunde nosologisch einzuordnen. Vor
dem Versuch einer solchen Einordnung stellt sich zunachst die Frage nach der
Pathogenese der glomerularen Alterationen. Am Anfang steht sehr wahrscheinlich
eine Tubulusatrophie [ 151, die zur Obliteration des Tubulus und zum BasalmembranKollaps fuhren kann. Folge eines solchen Geschehens sind Ruckstau des Primarharnes und Dilatation der Bowman’schen Kapsel. Diese initialen Ereignisse verursachten nicht nur einen Kollaps des Schlingenkonvolutes rnit nachfolgender Verodung des Glomerulums. Ein solcher Prozess ware bei einem Schlingenkollaps zu
envarten gewesen [ 131. Durch die so entstandene Hypoxie resultierte in einem solchen
Fall ein extrem verlangsamter Abbau von Basalmembran-Material und Mesangiomatrix mit konsekutiver Anreicherung dieser Strukturen. Demgegenuber fanden wir
unter dem EinfluB von K2HP04neben regressiven Veranderungen Zeichen erhohter
134
Schneider et al.
zellularer Aktivitat, erkenntlich an Hyperzellularitat, Organellenreichtum (rauhes
endoplasmatisches Retikulum, Ribosomen, Golgi-Apparat) - Hinweise fur gesteigerte Basalmembran-Synthese. Anderseits sahen wir auch Zustande, in denen das
Zusammenfallen des Glomerulums und nahezu vollstandiger Kollaps der Kapillarschlingen vorzuherrschen schien (Abb. 4). Wir nehmen daher eher an, daR beide
Phanomene, Synthesesteigerung und Abbauhemmung von Basalmembran und Mesangiomatrix, ineinandergreifen konnen. Es gibt Hinweise fur die gleichzeitige Existenz solcher Prozesse [ 131.
Vor dem Entstehen einer panglomerularen Sklerose finden sich bei der K2HP04bedingten Nephropathie verschiedene pathogenetische Stadien, die auch Komponenten der bei Hunden vorkommenden Glomerulonephritiden sein konnen. Wir beobachteten Basalmembranverbreiterung, Mesangiomatrixvermehrung, Mesangiumzellproliferation und Vordringen von Mesangiumzellen und Mesangiomatrix in
die Peripherie der Kapillarschlingen unter Einschieben in die kapillare Basalmembran sowie Verdoppelung derselben. Ferner registrierten wir auch extrakapillare
Proliferationen von parietalen Epithelzellen (sogenannte Halbmondbildung, “Crescents”). Alle diese genannten Lasionen konnen (entsprechend der oben genannten
Reihenfolge) bei der membranosen, mesangialsklerosierenden, mesangial-proliferativen, membranoproliferativen oder extrakapillaren Glomerulonephritis festgestellt
werden [ 11, 191. Eine einheitliche Klassifizierung und Einordnung der hier nachgewiesenen Glomerulopathie erscheint nicht moglich.
Ein vergleichbares Spektrum glomerularer Lasionen wurde bei klinisch gesunden
Hunden mit manifester Proteinurie gefunden [ 171. Die Autoren vertraten die Ansicht,
daR die Ahnlichkeit der beobachteten Alterationen mit denen, die fur verschiedene
Formen der Glomerulonephritis beschrieben worden sind, einfach die begrenzte
Reaktionsweise glomerularer Strukturen gegenuber schadigenden Einflussen reflektiert.
Immunfluoreszenzmikroskopisch konnten wir bei den untersuchten Beagles keine
wesentlichen Mengen von Immunglobulin- und C3-Ablagerungen nachweisen. Nach
[ 131 gehoren alle glomerularen Prozesse, die nicht rnit Zellvermehrung oder immunologischen Reaktionen ablaufen, in den Formenkreis der Glomerulosklerosen. Wir
stimmen hiermit uberein, da wir keine Hinweise fur immunologische Vorgange
erhalten haben (auch nicht den Nachweis ultrastrukturell darstellbarer “dense deposits”), jedoch stets das Einmunden der pathogenetischen Prozesse in die Glomerulosklerose verfolgen konnten. Andererseits erscheint es nicht unberechtigt, solch
produktive Reaktionsformen, die mit Zellvermehrung und erhohter, zellularer Aktivitat einhergehen, als Komponenten entzundlicher Vorgange einzustufen.
Die Erwartung, daB sich eine so ausgepragte Nephropathie in bestimmten, Urinanalytischen Parametern (Urinmenge, mg/dl-EiweiR, mg Protein/24-Stunden) widerspiegelt, erfullte sich nicht. Die haufig mangelhafte Korrelation klinischer, Urinanalytischer und morphologischer Befunde bei Hunden rnit Nierenerkrankungen ist
bekannt [9]. Demgegenuber erschien die qualitative HarneiweiRanalyse ergiebiger.
Phosphat-Nephropathie 11
135
Nach dieser qualitativen Analyse der Urinproteine ergab sich die Frage, warum
die wahrend des 16wochigen Experimentes aufgetretene Makroproteinurie nach
signifikantem Anstieg wieder abnahm, so da8 gegen Ende des Versuches keine
Proteinurie mehr festzustellen war. Folgende Moglichkeiten sind in Betracht zu
ziehen: 1. Durch die sich entwickelnde Glomerulosklerose ist eine Proteinpassage
durch das glomerulare Filter nicht mehr moglich; eingeschrankte glomerulare Filtrationsrate; 2. Tubulusatrophie und tubularer Basalmembran-Kollaps verhindern die
Ausscheidung der Proteine; 3. Durch intratubulare, lysosomale Digestion unterliegen
die Proteine einer Hydrolyse.
Nach [ 131 nimmt bei zunehmender Glomerulosklerose auch die Proteinurie zu,
d.h. eine Verbreiterung der Basalmembran ist nicht unbedingt mit einer Abnahme
der Permeabilitat verbunden. Zweitens finden sich im Falle der Tubulusatrophie
verschiedene Entwicklungsstadien mit sehr unterschiedlicher Einengung des Tubuluslumens. Ein volliges Verhindern einer Proteinausscheidung erscheint zweifelhaft.
Wir sind daher der Ansicht, da8 neben letzterem die lysosomale Verdauung des
Protein-haltigen Tubulusinhaltes eine bedeutsame Rolle spielt, nachdem infolge des
lysosomalen Tubulusepithelunterganges hydrolytische Enzyme freigesetzt wurden
[ 151. Ein solcher Mechanismus wird auch bei menschlichen Nierenerkrankungen
angenommen [8].
Hin und wieder fanden wir unter Verdoppelung der parietalen Basalmembran
intrakapsulares, nicht versilberbares Hyalin (Abb. 7), das feinstrukturell dem granularen Material entspricht, welches als sogenanntes vaskulares oder glomerulares
Hyalin bevorzugt bei der menschlichen fokalen, glomerularen Sklerose (Diabetes
mellitus) beobachtet werden kann [ 181. Eine Synthese dieses Hyalins durch ortsstandige Zellen wurde von den letztgenannten Autoren angenommen.
In Bereichen organellenreicher, vergrofierter parietaler Epithelzellen und in Bezirken mit halbmondformigen Epithelzellproliferaten fielen uns Areale auf, die durch
intracytoplasmatische organellenfreie Zonen, Basalmembran-Material enthaltende
Interzellularraume, zur Basalmembran divergierende Tonofilamentenbundel und
Hemidesmosomen charakterisiert waren (Abb. 8- 10). Hemidesmosomen, bekannte
Kontakte zwischen Epidermiszellen und epidermaler Basalmembran [2, 61, haben
wir an normalen Nierenstrukturen niemals beobachten konnen. Besonders pragnant
erschienen die intrazellularen, scharf von der Umgebung abgesetzten Areale, die
jeweils wie ein See, der Grundsubstanz enthalt, geformt schienen. Gleichartige
Veranderungen lieRen sich auch an Tubulusepithelzellen nachweisen [ 151.
Wahrend es als umstritten gilt, auf welche Weise und von welchen Zellen die
tubulare Basalmembran gebildet wird, so wird demgegenuber angenommen, da8 als
Syntheseort der glomerularen Basalmembran die Epithelzellen in Frage kommen.
Verschiedene Autoren registrierten in erweiterten Zisternen des Ergastoplasmas
viszeraler und parietaler Epithelzellen charakteristische “Sekretkorper,” die Ahnlichkeit mit Basalmembran-Material besaRen [3, 131. Wir konnten an unserem
Material derartige Sekretionsprozesse nicht beobachten. Wir sind jedoch davon
136
Schneider et al.
uberzeugt, daR die von uns beschriebenen Zustande der intrazellularen “Seebildung”
(also der intracytoplasmatischen Anreicherung eines Materials, das dem der Basalmembran gleicht oder ahnelt) und das Fixieren dieser Areale an die Basalmembran
durch Tonofibrillen und Hemidesmosomen Sequestrations- und Ausschleusungsvorgange von Basalmembran-Material darstellen. Wir stellen uns vor, daR dies pathologische Sekretionsleistungen entdifferenzierter Epithelzellen sein konnten [ 151. Auf
diese Weise kommen exzessive Basalmembran-Verbreiterungen und Massenzunahmen der tubularen und glomerularen Basalmembran zustande.
Zusammenfassung
Nach 14- oder 38-wochiger oraler Applikation von 0.8 g KzHPOJkg Korpergewicht an
Beagle-Hunden kam es zur disseminierten Atrophie des proximalen Tubulus. Infolge dieser
Prozesse entwickelten sich Glomerulaveranderungen, die iiber verschiedene entziindliche
Stadien in eine Glomerulosklerose miindeten. Im Spektrum der Veranderungen fanden sich
u.a. Komponenten der mesangialsklerosierenden, mesangial-proliferativen, membranoproliferativen und extrakapillaren Glomerulonephritis. Klinisch entwickelten sich wahrend des
Experimentes glomerulare Proteinurien, die jedoch mit Fortschreiten des Experimentes oder
gegen Versuchsende (14. Woche) wieder verschwanden.
Da im Zustand der Glomerulosklerose eher eine Steigerung der Proteinurie envartet werden
kann, wird postuliert, daB das Versiegen einer UrineiweiB-Ausscheidungzu Versuchsende mit
der intratubularen, lysosomalen Digestion zellularer und amorpher Bestandteile im Zusammenhang stehen konnte.
In parietalen Epithelzellen fanden sich intrazellulare organellenfreie Zonen, die mikrofilamentares und feinflockiges, Basalmembran-artiges Material enthielten. Die Epithelzellen
hielten durch Hemidesmosomen einen engen Kontakt mit der kapsularen Basalmembran
aufrecht. Auf die Rolle der glomerularen parietalen und der tubularen Epithelzellen bei der
Bildung von Basalmembranmaterial wird hingewiesen.
Danksagung
Fur die ausgezeichnete technische Mitarbeit danken wir den Herren M. Kasper, R. Stoldt,
W. Schiissler, U. Breuer und E. Maier.
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