BJV-Schwarzwildtagung

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BJV-Schwarzwildtagung
Schwarzwildsymposium des BJV
„Nehmen Sie Ihre Jagdgenossen mit ins Boot“
Mit fast 350 Teilnehmern führte der BJV ein Schwarzwildsymposium im oberfränkischen Bad Staffelstein durch.
Schwarzwildexperten aus der Praxis und der Wissenschaft gaben Tipps, wie es gelingen kann, die hohen Bestände
intelligent zu bejagen und nachhaltig zu dezimieren. Dabei wurde deutlich, dass die Zusammenarbeit der Jäger untereinander, aber auch mit ihren Jagdgenossen, in ganz Bayern noch verstärkt werden muss.
N
ach einem Spitzenwert von rund
62.000 Stück im
Jagdjahr 2008/2009 ist die
Schwarzwildstrecke
2010
wieder leicht gesunken. Die
Zahlen sind aber immer
noch alarmierend hoch, und
die Tendenz bleibt steigend.
Dementsprechend nehmen
auch die Schwarzwildschäden weiter zu – in manchen
Regionen so drastisch, dass
Reviere kaum noch einen
Pächter finden. Besonders
prekär stellt sich die Lage
in den fränkischen Bezirken
dar, wo über die Hälfte der
bayerischen Gesamtstrecke
erlegt wird. Anlass für den
BJV, sein Schwarzwildsymposium im oberfränkischen
Bad Staffelstein durchzuführen. Dass das Thema
aber weit über die Grenzen
Frankens hinaus brisant ist,
bewiesen die rund 350 Teilnehmer, die aus ganz Bayern angereist waren. Neben
den vielen Jägerinnen und
Jägern des BJV waren auch
Vertreter des bayerischen
Landwirtschaftsministeriums, der Höheren Jagdbehörden, des Landkreises und
der Kommunen, der Bayerischen Staatsforsten sowie
Dr. Claudia Bieber machte deutlich:
Das Erlegen älterer Bachen trägt
kaum zur Bestandsdezimierung bei.
„Wir müssen viel früher eingreifen!“
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Landesjagdberater Gerhart Zwirglmaier, BJV-Präsident Jürgen Vocke, BJV-Vizepräsident Dr. Günther Baumer, BJV-Vizepräsident Enno Pieinig, die Schwarzwildberater Franz Loderer, Forstdirektor Hubert Weikhart und Reinhard Landgraf
sowie Bauernverbandsvertreter Franz Brütting vom Bezirksverband Oberfranken (v. l.)
der Ämter für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten
gekommen.
Begrüßt wurde das Publikum von BJV-Präsident Prof.
Dr. Jürgen Vocke und dem
Vorsitzenden der BJV-Kreisgruppe Bad Staffelstein,
Dr. Dieter Erbse. Der Leiter
des Arbeitskreises Schwarzwild, BJV-Vizepräsident Enno
Piening, moderierte die Veranstaltung.
Die Referenten, hauptsächlich Experten aus der Praxis,
legten die Problematik dar
und gingen der Frage nach,
wie die Bestände effektiv reguliert werden können.
Ein Patentrezept gebe es
nicht, konstatierte Landesjagdberater Gerhart Zwirglmaier gleich zu Anfang. Fest
stehe, dass die bayerischen
Jäger zusammenhalten und
die Sache revierübergreifend
angehen müssten. Dabei sei
das gegenseitige Vertrauen
zwischen Jägern und Landwirten äußerst wichtig.
Wo im Schwarzwildbestand
sollen wir aber eingreifen?
Immer wieder wird gefordert, mehr Bachen zu schießen. Zwirglmaier stellte die
Schlüsselfunktion der Leitbache deutlich heraus. Fehle diese, habe das nicht nur
verwaiste Frischlinge, sondern eine ganze führungs-
lose Rotte zur Folge, woraus
wiederum große Schäden
resultierten. Das bedeute
aber nicht, dass gar keine
Bachen geschossen werden
dürften. „Natürlich müssen
wir Bachen schießen“, so der
Landesjagdberater. „Und das
sogar in unbegrenzter Zahl,
solange der Mutterschutz
Vorrang hat und die Leitbache geschont wird.“
Die
Achilles-Ferse
der
Schwarzwildbestände liegt
laut Dr. Claudia Bieber vom
Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der
Veterinärmedizinischen Universität Wien allerdings woanders: bei den Frischlingen.
„Beteiligen Sie sich am BJV-Schwarzwildmonitoring und melden Sie Ihre
Zahlen über das Intranet“, rief Wolf
Pösl die Anwesenden auf.
„Wir müssen Frischlinge schießen, als
wollten wir sie ausrotten“, postulierte
der ehemalige Revierförster Norbert
Happ aus Nordrhein-Westfalen.
Rechtliche Tipps zur Gestaltung der
Jagdpachtverträge im Hinblick auf
Wildschäden kamen von Rechtsausschussvorsitzender Barbara Frank.
Anhand von Modell-Rechnungen machte sie deutlich,
dass ältere Bachen bei guten Ernährungs- und Witterungsbedingungen nicht
zum Populationswachstum
beitrügen. „Das vorrangige
Erlegen alter Bachen macht
keinen Sinn“, so Bieber. „Wir
müssen viel früher eingreifen!“
Der große Tagungssaal des Bildungszentrums Kloster Banz in Bad Staffelstein war bis auf den letzten Platz gefüllt.
Das sieht Wolf Pösl, Leiter
des Schwarzwildringes (SWR)
Wässernachtal,
genauso.
Eine Bestandsregulierung sei
nur effektiv, wenn der Anteil
der geschossenen Frischlinge
an der Strecke mindestens 80
Prozent ausmache, sagte er.
Der ehemalige Revierförster
Norbert Happ aus NordrheinWestfalen, der die Situation
in der Hegegemeinschaft
Kottenforst-Süd schilderte,
wiederholte seine Parole:
„Wir müssen die Frischlinge
bejagen, als ob man sie ausrotten wolle!“
Dies allein bringt aber
laut Pösl noch nicht den
gewünschten dauerhaften
Erfolg: Um den Bestand effektiv abzusenken, müssten
wir ihn zuerst kennen. Dies
sei nur mit einem landesweiten Monitoring ansatzweise
zu erreichen, wie es der BJV
vor zwei Jahren ins Leben
gerufen hat. Pösl rief die
Anwesenden dazu auf, sich
daran zu beteiligen. „Melden
Sie Ihre aktuellen Zahlen
aus dem Jagdjahr 2009/2010
über das BJV-Intranet“, forderte er. Von großem Wert
seien auch die regionalen
Schwarzwildringe, in denen
die Daten laufend abgeglichen und besprochen werden müssten.
Der Leiter des SWR Bad Kissingen,
Schwarzwildberater Reinhard Landgraf, riet:
„Nehmen Sie unbedingt
schon bei der Gründung Ihre
Jagdgenossenschaften mit
ins Boot!“
Dass die Jäger eng mit den
Landwirten
zusammenarbeiten müssten, um dem
Schwarzwild und den Wildschäden Herr zu werden,
postulierte auch Bauernverbandsvertreter Franz Brütting vom Bezirksverband
Oberfranken. Der Informationsaustausch hinsichtlich Wildschäden, gefährdeter Bereiche, Milchreifezeit
beim Getreide oder des Standes des Abschusses im Jahresverlauf müsse intensiviert
werden, forderte er. Des Weiteren sollten beide Parteien
offen sein gegenüber neuen
Bejagungsmethoden,
und
die Landwirte sollten bei
den
revierübergreifenden
Dr. Stefan Rauh vom Fachverband
Biogas sprach über den Energiepflanzenanbau für Biogasanlagen und dessen Einfluss aufs Wild.
Dr. Josef Bauer stellte die neu installierten BJV-Wildschadensberater für
die einzelnen Regierungsbezirke vor,
die vom BJV geschult worden waren.
Der Frischlingsanteil
an der Strecke muss
noch erhöht werden
Bewegungsjagden
mitwirken, so Brütting. Um die
Bejagung innerhalb der großen Maisschläge zu erleichtern, könnten mithilfe der
entsprechenden Förderung
in Zusammenarbeit Schussschneisen angelegt werden
(s. S. 31).
Die Schneisen stellen auch
für Dr. Stefan Rauh vom
Fachverband Biogas einen
möglichen
Ausweg
aus
dem Dilemma dar. Trotz
laufender Erforschung von
wildfreundlichen Alternativpflanzen konnte er den
Jägerinnen und Jägern nicht
viel Hoffnung machen, dass
die Energiepflanze Nummer
eins, der Silomais, in naher
Zukunft abgelöst werde.
Bewegungsjagden
früh genug planen
Tipps zur Organisation und
Durchführung von Bewegungsjagden kamen von
Forstdirektor Hubert Weikhart, ebenfalls Schwarzwildberater und Leiter des SWR
„Hoher Steigerwald“, Wolf
Pösl und Gerhart Zwirglmaier. „Sie sollten mindestens
ein halbes Jahr vor dem Jagdtermin mit der Planung beginnen“, riet Weikhart. Pösl
stellte die besondere Rolle
des Jagdleiters heraus, der
unbedingt deutlich machen
solle, welche Sauen frei sind.
„Da die Leitbache selbst für
erfahrene Jäger manchmal
nur schwer zu erkennen
ist, lieber gleich nur Frischlinge bis zu einer gewissen
Gewichtsklasse frei geben“,
sagte er. Zwirglmaier ging
näher auf den Hundeeinsatz
ein und forderte in diesem
Zusammenhang, „Schwarzwildübungsgatter“ auch in
Bayern zu installieren.
Auf die Erleichterungen bei
der Trichinenuntersuchung
ging BJV-Vizepräsident und
Amtstierarzt Dr. Günther
Baumer ein. „Seit November 2010 darf jeder Jäger mit
gültigem Jahresjagdschein
die Probe entnehmen“, sagte
er. Dies gilt allerdings nur,
wenn das Wildbret nicht an
Wildbearbeitungsbetriebe
abgegeben wird. Voraussetzung ist eine entsprechende Schulung, wie sie zum
Beispiel die BJV-Landesjagdschule anbietet.
Rechtliche Hinweise rund
um den Pachtvertrag bekamen die Anwesenden von der
Vorsitzenden des BJV-Rechtsausschusses, Rechtsanwältin
Barbara Frank. Bei Neuverträgen gelte grundsätzlich
Vertragsfreiheit, betonte sie.
Bereits bestehende Verträge
könnten an veränderte und
für den Pächter nicht mehr
zumutbare Verhältnisse angepasst werden. „Bei Jagdbezirken mit einem erhöhten
Wildschadensrisiko
sollte
man immer versuchen, bereits im Pachtvertrag genau
zu beschreiben, welche Flächen
wildschadensersatzpflichtig sein sollen und welche nicht“, betonte sie. Auch
könnten Klauseln in den
Vertrag aufgenommen werden, die den Revierpächter
dazu verpflichten, sich an
revierübergreifenden Bewegungsjagden zu beteiligen.
Schließlich stellten Franz
Loderer, Schwarzwildberater im Regierungsbezirk
Oberbayern, und BJV-Ausschussvorsitzender Dr. Josef
Bauer, ehemaliger Leitender
Landwirtschaftsdirektor, die
Bayerischen Schwarzwildberater und die neu installierten BJV-WildschadensberaS. Schlicht
ter vor.
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