automobil entwicklung 1/00
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Simultaneous Engineering Tokio Motor Show Honda ›FCX‹: Der erste Prototyp eines künftigen Brennstoffzellen-Fahrzeugs der Marke, das 2003 serienreif sein soll. Bild: Honda Nippons Comeback? Zahlreiche Konzeptstudien, ein neuer KreiskolbenMotor von Mazda, ein innovatives CVT-Getriebe von Nissan – die Technik-Akzente der Tokio Motor Show setzten diesmal die japanischen Automobilhersteller. Bei der Ausstellung vor zwei Jahren hatten noch die Deutschen für Schlagzeilen gesorgt: BMW zeigte die Studie ›Z07‹ (den heutigen Z8), Mercedes den mächtigen ›Maybach‹ und VW einen Sportwagen mit 16Zylinder-Mittelmotor in W-Anordnung. Bei der 33. Ausgabe der Show im Makuhari Convention Center schossen diesmal wieder die Japaner ihr von früher gewohntes NeuheitenFeuerwerk ab. Einzige Ausnahme: der Bugatti EB 18/4 ›Veyron‹, vierte und vorerst letzte Studie der wiedererweckten Edelmarke, die Volkswagen innerhalb eines Jahres auf die Motorsalons der Welt stellte. Im Gegensatz zu den beiden Limousinen und dem auf der IAA enthüllten Sportwagen EB 18/3 ›Chiron‹ entstand das Tokio-Schaustück nicht bei Italdesign (Giugiaro), sondern unter Leitung von Hartmut Warkuss direkt in Wolfsburg. Warum er selbst Hand anlegte und einen vor allem am Heck sehr bulligen Karosseriekörper auf die Räder stellte, begründete der oberste VW-Designer so: »Der Frankfurter Wagen war uns nicht Bugatti-like 60 Automobil-Entwicklung · Januar 2000 genug. Er sah ein wenig aus wie eine ›plattgeklopfte‹ Version der Limousine aus Genf.« VW-Chef Dr. Ferdinand Piëch bestätigte in Tokio, daß VW spätestens im zweiten Halbjahr 2003 mit der Manufaktur von jährlich 52 Wagen am Bugatti-Stammsitz in Molsheim (Elsaß) beginnen werde. Der Preis – sehr wahrscheinlich wird es mit einem Sportwagen losgehen – soll bei einer Million Mark liegen. mann-Studie handelt es sich beim Lexus ›SC‹ um ein Mitglied der neuen Fahrzeuggattung ›Coupé/ Cabrio‹. Innerhalb von 20 Sekunden läßt sich das Vario-Dach im Kofferraum verstauen – dann sei noch Platz für zwei Golf-Taschen, versichert Toyota. Die Konstruktion erweckte ob ihrer Ähnlichkeit mit dem SLK-Dach vor Ort reichlich Argwohn bei Daimler-Chrysler-Managern und Karmann-Chef Rainer Thieme. Ebenfalls das Werk der Brüsseler Toyota-Stylisten war der ›NCSV‹, eine aufregende Mischung aus Coupé und Kombi, die vor allem im Bereich der Radhäuser stark an den Audi ›TT‹ erinnerte. Von ganz anderem Zuschnitt zeigte sich der witzige ›Will VI‹, ein Viertürer für junge Leute zwischen 20 und 30. Bei Nissan überschattete der eisenharte ›Revival Plan‹ des von Renault nach Japan entsendeten Kostenkillers Carlos Ghosn die Aktivitäten auf dem Salon. Dort waren die echten Neuheiten auch eher rar. Noch am interessantesten die Studie ›XVL‹, eine gefällige Limousine auf Basis der neuen ›L‹-Plattform. Von den Außenabmessungen liegt der heckgetriebene XVL zwischen Toyota sorgte mit acht Studien für Aufsehen Unter den japanischen Ausstellern erregte Toyota mit insgesamt acht Konzeptstudien das größte Aufsehen. Allen voran die fast serienreife Studie des Lexus ›Sport Coupé‹, das als ›Lexus SC 430‹ im Jahr 2001 in Serie gehen soll. Für das Design zeichnete das in Brüssel beheimatete European Office of Creation (EPOC) verantwortlich. In dessen Studios entstand zuvor unter der Ägide des Griechen Sotiris Kovos schon der ›Yaris‹. Ähnlich wie beim Mercedes ›SLK‹ oder der auf der IAA gezeigten Kar- 3er- und 5er-BMW, als Motorisierung sieht das Unternehmen einen V6 Direkteinspritzer-Benziner vor. Eine Besonderheit des Fahrzeugs: das an Bord der Studie installierte ›EXTROID-CVT‹ – ein stufenloses Getriebe für Hecktriebler mit Drehmomenten von bis zu 500 Newtonmetern. Statt eines SchubgliederBandes übernimmt bei der Box eine Kombination aus je zwei Eingangsund Ausgangsscheiben sowie Kraftübertragungs-Rollen die Weiterleitung des Kraftflusses in Richtung Hinterräder. Simultaneous Engineering Tokio Motor Show Erstmals eingesetzt wird das neue CVT in der japanischen ›Cedric/Gloria‹-Reihe. Gegenüber einem konventionellen Vierstufen-Automat soll es laut Nissan den Verbrauch um bis zu zehn Prozent senken können. Die bizarresten Konzeptstudien der Tokioer Show stellte diesmal Honda. Etwa den fast zwei Meter hohen ›Fuya-Jo‹ (zu deutsch: schlaflose Stadt). Innen sitzen die Passagiere halbstehend auf barhocker-ähnlichen Sesseln, das Lenkrad wurde im Stil eines Plattentellers gehalten, die Instrumententafel ähnelt dem Mischpult eines Discjockeys. meisten Konkurrenten schon 2003 serienreif sein soll. Der Technologieträger fiel durch sein extremes Cabforward-Design (kurzer Überhang vorn, langer Überhang hinten) auf und bringt die gesamten Technik im Motorraum und Sandwichboden des Chassis unter. Bei der Gewinnung des Wasserstoffs setzt Honda im übrigen zunächst auch auf die ReformerLösung mit Methanol als PrimärTreibstoff. Daihatsu und Suzuki verblüfften mit Mini-Roadstern. Der Daihatsu ›Kopen‹ schaut wie eine Mini-Version des Audi TT aus. Einen Heckspoi- Die Hecktür verwandelt sich zur Laderampe Weitaus größere Chancen auf eine Realisierung hat der ›Spocket‹, ein Entwurf des Honda-Designstudios Los Angeles. Ein zugleich sportliches wie verwandlungsfreudiges Auto. In einem ersten Schritt läßt sich Spocket durch das Versenken des Heckfensters und das Zurückschieben des Daches in einen offenen Zweisitzer verwandeln. Genauso gut klappt aber auch die Umwandlung zum Pick-up, wobei sich die Hecktür zu einer Laderampe ausfahren läßt. Schließlich verbergen sich hinter der Spritzwand zur Kabine noch zwei Notsitze, die bei Bedarf den Spocket zum 2+2-Sitzer werden lassen. Neben diesen Concept-Studien stand auf dem Honda-Stand mit dem ›FCX‹ der erste Prototyp eines künftigen Brennstoffzellen-Fahrzeugs der Marke, das im Gegensatz zu den ler wie das große Vorbild aus Ingolstadt braucht der Japaner jedoch nicht. Schließlich leistet sein aufgeladener 660 Kubikzentimeter-Motor gerade einmal 64 PS. Der ›EV-Sport‹ von Suzuki wurde dagegen als zweisitziger HybridSportwagen konzipiert. Der von GM entwickelte Elektroantrieb mit Nickel-Hydrid-Batterien sitzt in einem separaten Hilfsrahmen im Heck untergebracht. Unter der vorderen Haube befindet sich zusätzlich ein 0,4 Liter großer Zweizylinder-Verbrennungsmotor, der an ein CVT-Getriebe gekoppelt wurde. Im Normalbetrieb treibt der als Zero Emission Vehicle ausgewiesene EV Sport die Hinterräder mit Elektro Power an. Der Verbrennungsmotor schaltet sich nur bei fallender Batteriespannung zu, um noch das Erreichen der nächsten Ladestation zu ermöglichen. Ebenfalls von Suzuki stammte der ›MR-Wagon‹, ein Micro-Van (3,40 Meter lang) im MonospaceDesign und mit Dreizylinder-Aluminium-Mittelmotor in Unterflur-Bauweise. Mitsubishi zeigte in Tokio die neueste Version des GeländewagenKlassikers ›Pajero‹. Nun mit selbsttragender Karosserie statt separatem Kastenrahmen und Einzelrad-Aufhängungen vorne und hinten. Bislang hat der Pionier in Sachen ➔ Nissan-Studie ›XVL‹, eine Limousine auf Basis der neuen ›L‹-Plattform: Sie verfügt über das EXTROID-CVT, ein stufenloses Getriebe für Hecktriebler mit Drehmomenten von bis zu 500 Newtonmetern. Bild: Nissan Kreiskolben-Motor ›Renesis‹: Das Zweischeiben-Aggregat des RX-EVOLOV leistet 280 PS und erreicht ein maximales Drehmoment von 226 Newtonmetern bei 8 000 Umdrehungen pro Minute. Bild: Mazda Automobil-Entwicklug · Januar 2000 61 Simultaneous Engineering Tokio Motor Show Daihatsu Kopen: MiniaturVersion des Audi TT auf japanisch. Bei 760 Kilogramm Gewicht reichen 64 PS aus, um den Zweisitzer auf 180 Kilometer pro Stunde zu beschleunigen. Das vollautomatische Vario-Verdeck ist ein Merkmal teurerer Modelle. Bild: Daihatsu Toyota Origin: Typisch japanisches Retro-Auto. Das Showcar erschien zur Feier des 100millionsten Produktionsjubiläums von Toyota und nimmt die Formen des Bestsellers ›Crown‹ wieder auf. Bild: Toyota 62 Automobil-Entwicklung · Januar 2000 den des Briten Martin Leach, der mittlerweile als Chef des europäischen Vehicle Centers zu Ford nach Köln wechselte. Wer dachte, der Kreiskolben-Motor habe nach dem Export-Stopp des ›RX-7‹ keine Zukunft mehr, sah sich angenehm enttäuscht. Denn das Zweischeiben-Aggregat des RXEVOLOV gründet zwar auf dem ›13B‹-Triebwerk des RX7, kommt je- men von zweimal 654 Kubikzentimetern (entspricht 2,6 Litern Hubraum) und wartet als Novum mit seitlich angeordneten Ansaug- (je drei pro Kammer) und Auslaßkanälen (je zwei) auf. Zudem verfügt der Wankel über ein dreistufiges, variables AnsaugSystem, vergrößerte Querschnitte der Ein- und Auslaßkanäle, doppelwandige Auslaßkrümmer, einen um Mazda haucht dem Wankel neues Leben ein doch auch ohne Turboaufladung auf eine Leistung von 280 PS bei 9 000 Umdrehungen pro Minute. Das maximale Drehmoment von 226 Newtonmetern liegt bei 8 000 Umdrehungen pro Minute – Rekordwerte für einen nicht-aufgeladenen Serien-Wankel. Zudem erfüllt das Triebwerk mit Namen ›Renesis‹ die japanischen Standards für Low Emission Vehicles und weist einen um 40 Prozent niedrigeren LeerlaufKonsum als der RX7 auf. Das neueste Mitglied im ›RotaryClub‹ verfügt über ein Kammervolu- 14 Prozent erleichterten Läufer und nochmals optimierte Dichtungen. Das maximale Drehmoment von mageren 226 Newtonmetern fällt bei 8 000 Umdrehungen pro Minute an – im Charakter einem Rennwagen ähnelnd – die den Sechsstufen-Automat zu hektischer Betriebsamkeit verleiten dürften. Sollte der Mazda, der an den viersitzigen Porsche-Sportwagen ›989‹ erinnert, tatsächlich zur Serienreife gelangen, wird sich die Wankel-Fangemeinde noch bis mindestens 2003 gedulden müssen. ➔ Benzin-Direkteinspritzung über 600 000 GDI-Motoren gebaut – auch im Pajero kommt ein solches Aggregat (mit 3,5 Litern Hubraum) alternativ zu einem 3,2-Liter-Turbodiesel zum Einsatz. Die Studien ›SUW Advance‹ und ›SUW Compact‹ standen bereits auf der IAA und wurden in Tokio neben dem neuen ›SUW Active‹ gleich noch einmal gezeigt. Der ›Compact‹ verblüffte nochmals durch sein Erscheinungsbild, das dem kommenden ›New Mini‹ von BMW und Rover wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Unterm Blech sitzt der zur Zeit kleinste GDI-Motor (1,1 Liter), ergänzt um eine Start-Stopp-Automatik, die den Motor im Leerlauf automatisch abschaltet. Dieses Paket ging im nur für den Heimatmarkt bestimmten Kompaktmodell ›Pistachio‹ bereits in Serie. Für den sehr leichten (unter 1 000 Kilogramm) Zweitürer gibt Mitsubishi einen Verbrauch von 3,3 Litern pro 100 Kilometer im japanischen City-Zyklus an. Mazda brachte mit der viertürigen Sportwagenstudie ›RX-EVOLOV‹ ein absolutes Highlight zur Premiere. Die technische Leitung lag in den Hän-