Marktübersicht: Biochips Protein-Microarrays – Technologie und
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Marktübersicht: Biochips Protein-Microarrays – Technologie und
Marktübersicht 742 Marktübersicht: Biochips Protein-Microarrays – Technologie und Anwendungen Angelika Lueking1*, Christoph Hüls2, Helmut E. Meyer1,2 und Dolores J. Cahill1,2,3, 1Ruhr-Universität 3The Bochum, Medizinisches Proteom-Center, Bochum, 2PROTAGEN AG, Dortmund, Centre for Human Proteomics, Royal College of Surgeons in Ireland, Dublin 2, Irland. Einleitung Die Microarray-Technologie hat bei der Analyse des Genoms und der Genexpression einen großen Informationsgewinn geleistet. Hierbei wird die schnelle und hochparallele Detektion einer Vielzahl spezifisch bindender Analysemoleküle in einem einzigen Experiment ermöglicht. Oligonukleotid- und cDNA-Microarrays, welche eine Vielzahl individueller Gene auf Filter- oder Glasoberflächen repräsentieren, sind mittlerweile weit verbreitet und werden zur Expressionsprofil-Analyse von beispielsweise Knochenmark, Gehirn, Prostata, Herz und komplexen Krankheiten wie Krebs oder rheumatoider Arthritis eingesetzt. Diese breite Nutzung der cDNA-Microarrays hat sich auch in erheblichem kommerziellen Erfolg niedergeschlagen. So ist nach einer renommierten Marktstudie für cDNA-Biochips im Jahr 2003 ein Umsatz von ca. 700 Millionen US$ vorausgesagt (Frost & Sullivan, 2001). Trotz des großen Erfolges, der mit DNAMicroarrays erzielt wird, sind es aber die Proteine und nicht die mRNA, die die eigentliche Funktion der Gene bestimmen. Im Vergleich der mRNA und der Proteine in einer Zelle wird schnell deutlich, dass die Komplexizität der Protein-Welt sehr viel größer ist. Ist die mRNA ein einheitlich aus vier Nukleotiden aufgebautes Molekül, so stellen sich die Proteine durch den Aufbau aus 20 Aminosäuren viel heterogener dar. Zusätzlich tragen alternative Spleissvorgänge, Protein- und Peptidspaltungen, die Bildung von Multi-Protein-Komplexen, sowie posttranslationale Modifzierungen wie Glykosylierungen, Acetylierungen oder Phosphorylierungen dazu bei, dass fünf bis zehn mal mehr unterschiedliche Proteine als Gene in einem Organismus oder Gewebe präsent sind. Idealerweise würde man nun einen Protein-Microarray, bestehend aus immobilisierten und voll aktiven, funktionalen Proteinen in hoher Dichte erwarten, mit dem sich die Bereiche von Genfunktion und -re- gulation entschlüsseln und die Analyse komplexer Krankheiten untersuchen lassen. Da die volle Funktionalität von Proteinen von ihrer nativen Faltung, post-translationalen Modifizierungen, der Präsenz von Bindungspartnern oder der korrekten Zell-Lokalisierung abhängig ist, ist die Herstellung aktiver Proteine schwierig und nach wie vor eine noch nicht gelöste Herausforderung. Darüber hinaus hat natürlich auch die Immobilisierung (und die damit verbundene Oberflächenchemie) einen Einfluss auf die Aktivität der Proteine. Trotz dieser noch zu lösenden Aufgaben haben die ersten Protein-Biochips ihre Markteinführung erlebt. In der Zukunft werden den Protein-Biochips wie den cDNA-Biochips ein erheblicher wirtschaftlicher Erfolg voraus gesagt. So gehen unterschiedlliche Markt-Reports von einem Umsatz für Protein Biochips von ca. 400 bis 700 Millionen US$ im Jahr 2007 aus (Frost & Sullivan 2002 und Select Biosciences 2003). Protein Ressourcen Um Protein-Biochips anfertigen zu können, ist es erforderlich, die benötigten Proteine zur Verfügung zu haben. Zur Generierung von tausenden unterschiedlichen Proteinen sind verschiedene Ansätze entwickelt worden. Die Hochdurchsatz-Klonierung von definierten offenen Leserahmen ist eine Möglichkeit[1–4]; aber ein solcher Ansatz hängt stark mit dem Fortschritt der Genom-Sequenzierungsprojekte und der Annotierung dieser Gensequenzen zusammen. Darüber hinaus ist die Bestimmung der exprimierten Sequenz aufgrund differenzieller Spleißvorgänge nicht immer eindeutig. Dieses Problem kann durch die Anwendung von cDNAExpressionsbibliotheken umgangen wer- BIOspektrum · 6/03 · 9. Jahrgang Marktübersicht 744 den[5–8]. Hierbei wird die cDNA eines bestimmten Gewebes in einen bakteriellen oder einen Hefe-Expressionsvektor einkloniert. Die für die Expression verwendeten Vektoren zeichnen sich im allgemeinen dadurch aus, dass sie induzierbare Promotoren tragen, mit denen sich der Zeitpunkt der Proteinexpression steuern lässt. Darüber hinaus weisen Expressionsvektoren Sequenzen für sogenannte Affinitätsepitope oder -proteine auf (z. B. His-tag, Strep-tag, GST-tag), die zum einen den spezifischen Nachweis der rekombinanten Fusions-Proteine mittels eines gegen das Affinitätsepitop gerichteten Antikörpers erlauben, zum anderen wird die spezifische Aufreinigung über Affinitätschromatographie (IMAC) ermöglicht. Beispielsweise wurden die Genprodukte einer cDNA-Expressionsbibliothek aus humanem fötalen Hirngewebe in dem bakteriellen Expressionssystem Escherichia coli im Hochdichte-Format auf Membran angeordnet und konnten erfolgreich mit unterschiedlichen Antikörpern gescreent werden[6]. Es zeigte sich, dass hier der Anteil an Volllänge-Proteinen bei 66% lag. Die rekombinanten Proteine dieser Bibliothek konnten darüber hinaus im Hochdurchsatz exprimiert und aufgereinigt werden. Die Entwicklung solcher Methoden zur Expression und Aufreinigung im Hochdurchsatzverfahren erlaubt die Generierung von Protein-Microarrays[5, 9, 10]. Protein Bio-Chip Manufaktur Für die Herstellung von Protein-Biochips ist die Verfügbarkeit geeigneter Oberflächen eine wichtige Voraussetzung. Daher wurden unterschiedliche Ansätze zur Bereitstellung solcher Oberflächen in der Vergangenheit entwickelt. Prinzipiell lassen sich dreidimensionale (3D) und planare Oberflächen unterscheiden. 3D-Oberflächen können beispielsweise aus dünnen Polyacrylamid-, Agarose- oder Nitrocellulose-Beschichtungen bestehen und weisen eine sehr hohe Bindungskapazität auf. Hierbei erfolgt die Immobilisierung aufgrund hydrophober Wechselwirkungen[11, 12]. Durch die wässrige Umgebung bei Gel-beschichteten Oberflächen wird die Denaturierung der immobilisierten Proteine oder Antikörper minimiert und bevorzugt der funktionale Status erhalten. Planare Glas-Chips tragen an der Oberfläche chemische Modifizierungen wie Poly-L-Lysin, Aldehyd- oder Epoxy-Gruppen, womit Proteine oder Antikörper über elektrostatische oder kovalente Wechselwirkungen gebunden werden. Hierbei liegen die Proteine in zufälliger Orientierung auf der Oberfläche, wodurch Konformationsänderungen hervorgerufen werden können. Dies übt auch einen Einfluss auf die Aktivität des Proteins/Antikörpers aus. Im Gegensatz dazu verhindern neu entwickelte Beschichtungen, wie beispielsweise Dendrimer- oder Polyethylen-Glycol (PEG)-Epoxy-Oberflächen den direkten Kontakt des Proteins mit der Oberflächen durch die Einführung sterisch großer Gruppen[11, 13, 14]. Eine gerichtete Immobilisierung ist möglich, wenn die zu immobilisierenden Proteine über einen Affinitäts-tag an ihrem Amino- oder Carboxy-terminalen Ende verfügen. 5800 His-tag Fusionsproteine wurden auf Nickel-beschichteten Glasträgern immobilisiert und erfolgreich zur Analyse von Protein-ProteinWechselwirkungen eingesetzt[15]. Die Detektion erfolgt beim Einsatz von Protein-Microarrays meist Fluoreszenz-basiert entweder unter Verwendung von direkt Fluoreszenz-markierten Liganden, oder auf Basis einer Reaktionskette mit Fluoreszenzmarkierten sekundären Antikörpern. Mit dem Einsatz von Radio-Isotopen sowie der Anwendung von “rolling circle amplification (RAC)” konnte die Sensitivität weiter erhöht werden[16, 17]. Auf Protein-Biochips mit geringer Dichte wird die “surface enhanced laser desorption/ionisation (SELDI)”-Massenspektroskopie eingesetzt, um Bindungsereignisse zu detektieren und gebundene Liganden zu analysieren[18]. Anwendungen Die Visionen für die Anwendung von Protein-Biochips sind breit gesteckt. Der wesentliche Unterschied zur Analyse mit DNABiochips ist, dass nicht eine Hybridisierung von DNA an DNA als die Kraft der Interaktion auf dem Biochips untersucht wird, sondern die biologisch wesentlich relevantere Bindung von Proteinen, Peptiden, chemischen Leitstrukuren oder Antikörpern an Proteine untersucht wird. Die Spezifität und Kreuzreaktivität von Antikörpern (Abb. 1) mittels Protein-Biochips hat sich in der jüngeren Vergangenheit sehr erfolgreich bestimmen lassen. Beispielsweise konnte die Bindungs-Spezifität verschiedener monoklonaler Antikörper wie anti-HSP90β, antiGAPDH oder anti-α-Tubulin auf einem Protein-Microarray, bestehend aus 96 humanen rekombinant exprimierten Proteinen analysiert werden[9]. Solche charakterisierten, spezifischen Antikörper können auch für die Herstellung von Antikörper-Microarrys sehr interessant sein, die anstelle der Antigene immobilisierte Antikörper tragen. Im allgemeinen werden Antikörper-Microarrays eingesetzt, um die Proteine einer bestimmten Probe qualitativ oder quantitativ zu bestimmen[16, 19–21]. Dabei kann es sich um Proteine aus Gewebeextrakten[19], Serum[22, 23] oder auch um Oberflächenproteine intakter Zellen[20] handeln. Unter Verwendung von Antikörper-Microarrays konnte die unterschiedliche Expression bestimmter Proteine in verschiedenenen Krebs-Zelllinien oder -Geweben nachgewiesen werden[24, 25]. Für eine Hochdurchsatz-Proteom-Analyse ist die schnelle Herstellung von hochspezifischen Antikörpern gegen eine Vielzahl von Proteinen essentiell. Die Untersuchung von Antigen-Antikörper-Bindung kann hierbei auch für den Bereich der Autoimmunerkrankungen relevant sein. Der klassische Hep-2 Test wurde auf das Microarray-Format übertragen, wobei mit minimalen Probenvolumen (1 µl Patientenserum) die Diagnose von 35 klinisch charakterisierten Patienten mittels dieses Micrarrays bestätigt wurde[26]. ROBINSON et al. generierten einen Protein-Microarray mit ausgewählten Antigenen, welche spezifisch für Autoimmunerkrankungen wie Sjögrens Syndrom, “systemic lupus erythrematosus” (SLE) und Rheumatoide Arthritis sind, und konnten hierbei die korrespondierenden krankheitspezifischen Auto-Antikörper in humanem Serum von Autoimmunpatienten nachweisen[27]. Dabei konnte der im Serum enthaltenen Auto-Antikörper in einem linearen Bereich von 1–900 ng/ml nachgewiesen werden. Ein Vergleich eines Antigen-Arrays mit der klassischen ELISA-Technik zeigte eine 4–8 mal höhere Sensitivität des ProteinArrays. Unter Verwendung eines Maus-Modells (EAE, experimental autoimmune encephalomyelitis) für die humane Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose wurde ein Protein-Microarray bestehend aus verschiedenen EAE-spezifischen Antigenen eingesetzt, um die Immunantwort auf bestimmte DNA-Impfstoffe zu verfolgen[28]. Die Kombination von Expressionsbibliotheken, die eine Vielzahl von Proteinen bereitstellen, mit der Analyse von Autoantikörper-Profilen könnte einen erheblichen Einfluss auf die Diagnostik von Autoimmunkrankheiten haben[29–31]. Eine weitere Anwendung von Protein-Microarrays liegt in der Identifizierung von Protein-ProteinInteraktionen. Die Aktivität verschiedener Kinasen wurden auf Microarrays untersucht[32, 33]. Weitere Beispiele für enzymatische Reaktionen konnten gezeigt werden[34, 35]. Es ist absehbar, dass der Identifizierung neuer wechselwirkender Proteine oder chemischer Verbindungen z. B. mit therapeutisch interessanten Antigenen oder Enzymen eine große wissenschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung zukommen wird. BIOspektrum · 6/03 · 9. Jahrgang Marktübersicht Literatur [1] Heyman, J. A., et al. (1999): Genome Res 9: 383–92. [2] Walhout, A. J., et al. (2000): Methods Enzymol 328: 575–92. [3] Kersten, B., et al. (2003): Plant Molecular Biology 52: 999–1010. 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Korrespondenzadresse: Angelika Lueking Ruhr-Universität Bochum Medizinisches Proteom-Center Universitätsstraße 150 D-44780 Bochum