Hauptfiguren Janik und Samuel
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Hauptfiguren Janik und Samuel
Charakterisierung der Hauptfiguren 1) Charakterisierungen von Janik und Samuel 2) Bild der Jugend 3) Rezension des Romans 1) Zunächst die Charakterisierung von Janik. Soziales Umfeld und Familie: Obwohl eigentlich Samuel die Hauptfigur des Romans darstellt (Titelfigur), wird die Geschichte aus Janiks Sicht erzählt. Erst einmal betrachte ich Janiks soziales Umfeld. Seine Eltern sind beide Lehrer und besitzen ein Haus. Janik macht Abitur, er ist also gebildet und wuchs in einem sehr stabilen Umfeld auf. Auch die Freundschaften zu Samuel und Lina zeigen, dass sich Janik sozial recht altersgemäß verhält. Einzig die Freundschaft zu Bubu, einem arbeitslosen Flaschensammler, scheint ungewöhnlich. Janiks Charakter durchläuft während des Romans eine Art Wandlung. Zu Beginn scheint er eifersüchtig auf Samuel zu sein. Samuel hat etwas Wildes und Freies an sich. Obwohl Janik ihn manchmal wegen seiner Suche nach Identität belächelt (S.7), gefällt ihm doch die Ungebundenheit Samuels: „Manchmal habe ich Samuel um seinen Vater, den keiner kennt, beneidet. (…) er kann alles werden, weil sein Vater alles sein kann.“ (S.20) Auch scheint die „sichere“ soziale Umgebung ihn zu langweilen; die Unerschütterlichkeit und die Perfektion seiner Eltern erträgt er nur schwer. Tatsächlich stört er sich an der ständigen Harmonie (S.105), sein Wunsch nach Entfaltung und Chaos wird ständig größer. In Gedanken fragt er sich oft, wie seine Eltern auf Unfälle, Einbrüche und den Tod reagieren würden und wünscht sich eigentlich Probleme herbei (S.19-20; S.48-49; S.103). Tatsächlich fordert er seine Eltern auch öfter dazu auf, die Fassung zu verlieren, er zündet sich beispielsweise nach dem Abendessen vor seinen Eltern eine Zigarette an, die beiden reagieren jedoch kaum (S.72). Ein weiteres Beispiel für Janiks Abneigung von Perfektion ist die Beschreibung von Lina: „Aber hinter ihren Lippen ist es vorbei mit der Perfektion. (…) Das ist etwas, wofür man sie lieben muss, ganz sicher, ganz fest.“ Dennoch hat Lina „etwas unangenehm Steifes an sich“(S.11), etwas das Janik nicht an ihr mag. Und eigentlich liebt er auch seine Eltern, aber ihre Makellosigkeit geben ihm ein Gefühl von Nutzlosigkeit: „Ich würde alles genauso machen. Aber sie machen es ja schon.“ (S.98) Im krassen Gegensatz zu seinen Eltern steht Irene, Samuels Mutter. Obwohl sie es nicht schafft, ihr Leben zu ordnen, ist sie für Janik doch eine keine schlechte Mutter (S.22). Sie kämpft für ihren Sohn und auch Janik fühlt sich durch ihre Kraft beschützt: „Obwohl es ja überhaupt nicht um mich ging, fühlte ich mich beschützt und behütet, auf so einfache und direkte Weise, wie ich mich an kein zweites Mal erinnere.“ (S.24) Es ist Irenes Gelassenheit und ihre Einstellung zum Leben, die Janik gefallen und anziehen: „Sie war mir so fremd in ihrer Einstellung zum Leben und gleichzeitig so seltsam nah für einen Erwachsenen. Irene hatte nicht vor, irgendwem die Welt zu erklären. (…) An Irene habe ich immer gemocht, dass sie keine Predigten hielt.“ (S.32) An Samuels Geburtstag betrachtet er den Kontrast zwischen seinen Eltern und Irene: „Ich weiß noch, dass ich es zum Kotzen fand, mit welcher Selbstverständlichkeit sie mit ihrem Riesengeschenk Irene übertrumpften (…).“ (S.174) Auch die Freundschaft zu Bubu erklärt sich nun; Janik kommt mit den „einfachen“ Erwachsenen besser klar (S.197; S.104). Ein großer Teil von Janiks Verhalten und Charakter wird von Schuldgefühlen bestimmt. Er leidet unter der Distanz zu Samuel und genießt die gelegentlichen „nahen“ Momente. Auch während Samuels Krankheit möchte Janik eigentlich „Buße“ tun. (S.141) Reise nach Istanbul: Tatsächlich begrüßt Janik anfänglich die Reise nach Istanbul. Er braucht einen Neustart für sich und auch für die Freundschaft mit Samuel. Während dieser sich jedoch mit der neuen Stadt, der neuen Kultur und den neuen Menschen identifiziert, fällt es Janik mit der Zeit immer schwerer Fuß zu fassen: „Er (Samuel)ist so unbedingt dabei, so unbedingt Teil, so mit aller Kraft in dieser Welt, obwohl er auch keinen Hauch mehr Ahnung hat als ich. Ich bin nicht wirklich dabei (…).“ (S.45) Mit der Zeit wird Janik klar, dass er sich mehr und mehr nach dem geordneten und sicherem Leben sehnt, welches er in Deutschland so verachtete: „ (…) vielleicht muss man sich irgendwann entscheiden für das, was das Leben realistischerweise zu bieten hat. Die Kraft haben, sich auf das zu konzentrieren, was machbar ist. Haus, Frau, Kind, Arbeit.“ (S.202) „Ich möchte zu Hause in meinem Bett liegen. Ich möchte, dass das alles nicht wahr ist, dass wir nicht in Istanbul sind und niemals waren. Ich möchte bei Lina sein, der zarten Frau mit den grünen Augen und ein Kind mit ihr haben oder zwei und schon fertig studiert haben, ganz egal was. (…)“ (S.194) (vergleiche auch Seite 182). Es zeigt sich also, dass Janik eigentlich seine identität in Istanbul fand. Ihm wurde klar, dass das Leben, das er Zuhause führte, dass Leben ist, welches er führen möchte. Auch wenn es „einfach“ erscheint. Nun zu Samuel. Zunächst einmal zu seinem sozialem Umfeld. Samuels Umfeld ist sozial nicht so abgesichert, wie das von Janik. Seine Mutter ist alleinerziehend, sie ist arbeitslos und Alkoholikerin. Die Wohnung in der früher lebte ist eher verdreckt und schmutzig. Samuel musste also schon im frühen Kinderalter lernen Verantwortung zu übernehmen, eine Eigenschaft, welche er auch noch als junger Erwachsener besitzt (vgl. S. 177 ff.), regelmäßig versorgt er seine Mutter mit Essen (S.10). Anders als Janik ödet ihn die Harmonie von Janiks Eltern auch nicht an, tatsächlich sehnt er sich eigentlich nach einer funktionierenden Familie und einem stabilen Umfeld (S. 99). Er erzählt außerdem mit Stolz von dem Familienurlaub und der Normalität der Vergangenheit (S.36). Hinzu kommt, dass sich Samuel auch versucht von der „Unordnung“ seiner Mutter abzugrenzen, stets räumt er sein Zimmer auf (Janik vermutet zudem, dass Samuel die Wohnung seiner Mutter regelmäßig aufräumt). „Samuel ist überhaupt nicht eklig oder runtergekommen (…) Er ist mir eigentlich zu ordentlich.“ (S.6) Samuel geht regelmäßig zur Schule (S. 174), anders als Janik (S.104-105). Entsprechend ablehnend reagiert er, wenn die Menschen ihn nach Irenes Krankheit beurteilen oder ihn mitleidig behandeln (vgl. S.67-68; S.186 ff.) Emotionalität und Identität: Samuel verbirgt oft seine Gefühle, er redet eher wenig (S.14; S.152) und ist sich oft unsicher, welchen Eindruck er auf die Menschen macht: „Und er guckt mich an, forschend, mit seinem kichrigen Lächeln, will wissen, wie das auf mich wirkt, wartet ein bisschen ab.“ (S.64) „Ich habe es kapiert, weil Samuel mich so gierig angeguckt hat. Gierig und mit offenem Mund und als es ihm auffiel, dass ihm die Züge entglitten waren, genauso wie mir, nahm er wieder Haltung an (…).“ (S.75) „Er hat es erzählt und die ganze Zeit gegrinst. Immer lachen, immer Schulter zucken. (…) Er will wissen, wie man reagiert. Er weiß es nämlich nicht, glaube ich.“ (S.74) Andererseits kann Samuel durchaus leidenschaftlich sein. Anders als beispielsweise Janik träumt Samuel von „einer großen Liebe“ (S.34). Auch auf den Tod seiner Mutter reagiert er eher zurückhaltend und mit kaum emotionaler Regung (S.202). Zu vielen Menschen scheint Samuel eher distanziert zu stehen, Janik dachte einmal: „Der mit den Räuberhänden ließ eigentlich niemanden in sein Leben.“ (S.205) Schließlich verliert aber auch Samuel die Beherrschung, die Wut über Janiks Verrat hat sich in ihn hineingefressen. Offenbar kann auch nicht Samuel alles totschweigen. (S.154) Die Verschwiegenheit und das Fehlen der Kommunikation belastet die Freundschaft von Janik und Samuel sehr stark. Ein großer Teil von Samuel verändert sich, als seine Mutter ihm sagt, sein Vater sei ein Türke. Samuel hat nun einen Teil (eine Kultur) mit der er sich identifizieren kann, er findet nun eine „Heimat und eine Identität“ (S.6-7). Samuel lernt türkisch und blüht in Istanbul auf (S.21). Anders als Janik kann sich Samuel auch nicht damit begnügen wenige Wochen in Istanbul zu verbringen, er möchte keinen Urlaub machen, sondern tatsächlich seinen Vater finden, Samuel zeigt sich als zielorientierter und ehrgeiziger Mensch. „Mir fehlen die zwei Wochen, mir fehlt alles, ich hab hier noch was vor. So kann ich hier nicht weg.“ (S.190) Ein anderes Beispiel für Samuels Ehrgeiz ist der Kauf der Gartenlaube, welchen er sorgfältig ausarbeitete (S.142). Samuel durchläuft im Laufe des Romans eigentlich keine Wandlung, er ist sich über seine Identität noch nicht wirklich im Klaren und bleibt schließlich in Istanbul, während Janik zurück nach Deutschland fliegt. 2) Das Bild der Jugend Heinrich zeichnet eigentlich ein recht authentisches und nachvollziehbares Jugendbild. Die beiden Jungen aus der Vorstadt werden erwachsen und sind auf der Suche nach Identität und Heimat. Während beide durch Liebe, Gefühle und Eltern beeinflusst werden, erleben sie Probleme und Hürden für ihre Freundschaft. Tatsächlich spielt im gesamten Roman die Freundschaft der beiden Jungen eine große Rolle; obwohl die Jungen recht verschieden erscheinen sind sie letzten Endes sehr verbunden und sich emotional sehr nahe. 3) Ende März begannen wir den Jugendroman „Räuberhände“ von Finn-Ole Heinrich zu lesen. Der Roman erschien 2007 als Heinrichs fünftes Werk und ist mittlerweile in Hamburg Schullektüre. Besonders durch die stilistische Gestaltung und die authentische Sprache fällt es dem Leser leicht, sich in die Charaktere der Hauptfiguren hinein zu versetzten. Auch die Suche nach der Identität ist für die Leser (besonders für die jungen Leser) ist von hoher Bedeutung und prägt die Geschichte sehr stark. Dennoch viel besonders mir die Identifikation mit den beiden Jungen eher schwer, weil ich teilweise die Handlungen zu unüberlegt und impulsiv. Als Schullektüre jedoch halte ich das Buch für ideal, die Spannung des Romans weckt sicherlich die Lesebegeisterung bei vielen Jugendlichen. Leonie Wagner