Klappe auf am Frauen-Poetry-Slam

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Klappe auf am Frauen-Poetry-Slam
Klappe auf am Frauen-Poetry-Slam
Sie freuen sich über den gewonnenen Preis: Michèle Friedli und Fatima Moumouni, die eigentlich keinen
Whisky trinkt. (Bild: Evi Biedermann)
Provozierend, ausdrucksstark und politisch engagiert: Vier Poetry-Slammerinnen liefern sich am
Internationalen Frauentag im Dreiegg eine spitzzüngige Dichterschlacht.
EVI BIEDERMANN
FRAUENFELD. Eingeladen hatte die Frauenzentrale Thurgau, auf der Bühne standen vier scharfzüngige
Frauen, und es war der Internationale Frauentag: Wer nun glaubt, es hätten sich am Samstagabend nur
Frauen im Dreiegg eingefunden, irrt. Der Anlass lockte mindestens so viele Männer wie Frauen an. Gut
möglich, dass auch ein paar männliche Mitglieder der Frauenzentrale darunter waren, denn wie deren
Präsidentin Christine Steiger im vollbesetzten Lokal erklärte, nimmt die Thurgauer Filiale auch Männer
auf.
Fehl am Platz war niemand an diesem Abend, denn das Programm der vier Slammerinnen Martina Hügi,
Winterthur, Olga Lakritz, Zürich, Michèle Friedli, Bern, und Fatima Moumouni, München/Zürich, war ein
Mix von frechen, humorvollen, tiefgründigen und schrägen Texten. Nicht über die Frau, nein, über den
ganz normalen Wahnsinn des Alltags.
«I Bächer seiche»
Einzig Michèle Friedli, deren schnelle, laute und nicht immer stubenreinen Klappe so gar nicht zum
Klischee ihrer Herkunft passt, widmet sich einer reinen Frauensache: dem Besuch beim Frauenarzt. «Säg
doch eifach i Bächer seiche, wie ne normale Bärner», brüllt sie ins Publikum, genervt über die gesäuselten
Anweisungen der Praxisassistentin zum Wasserlösen. Auf dem Behandlungsstuhl fühlt sich die 32-Jährige
wie ein schleimiger Infektionsherd, und den Besuch beim Frauenarzt empfindet sie wie Herpes: «Er chunt
immer wieder.» Die Bernerin setzt sich nach der zweiten Vorrunde an die Spitze, vor den punktgleichen
Fatima Moumouni und Olga Lakritz. In der Finalrunde dann werden die drei nicht mehr mit Punkten,
sondern mit dem Applaus des Publikums bewertet.
Die Welt verbessern
Zur eindeutigen Siegerin wird Fatima Moumouni gekürt. In ihrem Weltverbesserungsprogramm fährt die
Münchnerin, die in Zürich Ethnologie und Volkswirtschaftslehre studiert, den Veganern an den Karren, die
mit ihrer radikalen Haltung glauben, auf dem allein richtigen Weg zu sein. Zweifellos eine hervorragende
Performance der bayerischen U20-Meisterin 2012 und U20-Vizemeisterin der deutschsprachigen
Meisterschaften, pfeilschnell und frei gesprochen, Wortakrobatik pur. Aber mit so vielen Seitenhieben
gegen das Weltgeschehen, dass man die Ohren am besten auf Durchzug stellt und sich an dem ergötzt, was
man aufschnappen kann.
Hochprozentiges als Preis
Den Preis, eine Flasche Hochprozentiges, teilen sich alle vier Slammerinnen. Der Siegerin dürfte das nicht
schwer fallen, denn sie trinkt, wie sie erklärte, keinen Whisky. Die anderen gönnen sich den ersten Schluck
gleich auf der Bühne. Olga Lakritz für ihre berührende Selbstreflexion über ihre Körpergrösse. Die 145
Zentimeter grosse, 18jährige Zürcherin legte einen ausgereiften Text vor. Martina Hügi, eine dem Thurgau
abhanden gekommene Lehrerin, prostet auf ihre Seniorenabschaffungs-Initiative im 22. Jahrhundert.
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