Arbeitsrecht und Sozialversicherung in Frankreich

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Arbeitsrecht und Sozialversicherung in Frankreich
Ihr Ansprechpartner
bei der AHK Frankreich :
Elisabeth Galland
E-mail : [email protected]
Emmanuelle Defiez
E-mail : [email protected]
Abteilung Recht und Steuern
Service juridique et fiscal
Arbeitsrecht und Sozialversicherung
in Frankreich
Deutsche Unternehmen, die erwägen, in Frankreich einen Angestellten
einzustellen, müssen bei ihren Entscheidungen zahlreiche Besonderheiten im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Bereich beachten.
Um das Geschäft mit Frankreich zu erleichtern und Schwierigkeiten
vorzubeugen, unterstützt die Deutsch-Französische Industrie- und Handelskammer Unternehmen mit einer Vielzahl von Dienstleistungen. Für
eine persönliche Beratung stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Rechtsanwendung, Rechtsgrundlagen und Tarifverträge
In einem Arbeitsvertrag kann unter anderem das auf ihn anzuwendende
Recht bestimmt werden Deutsche Unternehmen stehen regelmäßig vor der
Frage, ob das französische oder das deutsche Recht angewendet werden soll.
In diesem Zusammenhang sollte darauf hingewiesen werden, dass - selbst
bei Vereinbarung des deutschen Rechts - häufig darüber hinaus die zwingenden Vorschriften des französischen Rechts zur Anwendung kommen (etwa,
wenn der Arbeitnehmer gewöhnlich in Frankreich tätig ist). Daher empfiehlt sich häufig von vornherein die Vereinbarung französischen Rechts.
Das französische Arbeitsrecht kennt neben Gesetzen, Verordnungen und
Rechtsprechung eine Vielzahl von Tarifverträgen und Betriebsordnungen
und Verwaltungsanweisungen als Rechtsquellen. Insbesondere aufgrund
der verhältnismäßig großen Anzahl von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen sind deren Besonderheiten meistens zu beachten und stets zu überprüfen, da diese oftmals „Arbeitnehmergünstig“ ausgestaltet sind.
Aus diesem Grund wird dringend empfohlen, vor Verhandlungen und der
Erstellung von Arbeitsverträgen zu prüfen, ob und gegebenenfalls welcher
Tarifvertrag Anwendung findet und welche sonstigen rechtlichen Rahmenbedingungen Einfluss auf das Arbeitsverhältnis haben können.
Arbeitszeiten
Im Grundsatz sieht das französische Arbeitsrecht eine 35-StundenArbeitswoche vor. Natürlich lässt das französische Arbeitsrecht auch über
die 35-Stunden-Woche hinausgehende Arbeitszeiten zu. Unternehmen sollten bei ihren Überlegungen bedenken, dass Überstunden mit gesetzlich
festgeschriebenen Aufschlägen zu vergüten sind und ein staatlich festgelegter Mindestlohn besteht. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber
verschiedene Möglichkeiten geschaffen hat, von der 35 Stunden Arbeitswoche
abzuweichen. Insbesondere können unter verschiedenen Voraussetzungen
Vereinbarungen getroffen werden, durch welche „jährliche Pauschalen“ (eine
gewisse Anzahl von gearbeiteten Tagen pro Jahr) für die Arbeitszeit im Voraus
festgelegt werden, wodurch die Arbeitszeit erheblich flexibilisiert wird.
Arbeitnehmern steht in Frankreich grundsätzlich ein gesetzlicher Urlaubsanspruch von jährlich 30 Tagen zu. In der Praxis stellt sich die Situation
häufig so dar, dass französische Arbeitnehmer regelmäßig drei bis vier
Wochen Urlaub in den Monaten Juli oder August oder eine Woche am
Jahresende bzw. zu Ostern nehmen.
Dauer der Arbeitsverträge und Probezeit
Arbeitsverträge werden in Frankreich grundsätzlich unbefristet abgeschlossen. Befristete Arbeitsverträge sind nur bei Vorliegen gesetzlich festgeschriebener Gründe zulässig, welche im Vergleich zum deutschen Recht
restriktiver sind. Im Einzelfall empfiehlt sich eine sorgfältige Überprüfung,
um das Prozessrisiko mindern zu können. Das Gesetz sieht in Frankreich
verschiedene Regelungen hinsichtlich der Probezeit vor, die sich je nach
Funktion des Arbeitnehmers unterscheiden. Für einfache Angestellte
beträgt die Probezeit einen Monat. Bei leitenden Angestellten beträgt sie vier
Monate.
Kündigung von Arbeitnehmern
Das französische Arbeitsrecht weicht hinsichtlich der Kündigung von
Arbeitnehmern teilweise in erheblichem Maße vom deutschen Recht ab.
Ein häufiger vorkommender und folgenreicher Fehler ist es, wenn Unternehmen ihrem Arbeitnehmer ein einfaches Kündigungsschreiben zusenden,
wie es in Deutschland praktiziert wird. Ebenfalls ist in Frankreich stets zu
beachten, dass vor dem Ausspruch der Kündigung ein Vorgespräch stattfinden muss, in welchem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die Absicht
zur Kündigung unterrichten muss. Erst nach dem Ablauf einer gesetzlichen
Frist nach diesem Vorgespräch kann dem Arbeitnehmer unter Beachtung
von Formvorschriften gekündigt werden. Für einen vertieften Überblick verweisen wir auf unser Informationsblatt zur Kündigung von Arbeitnehmern.
Sozialversicherung
Frankreich verfügt über ein nationales Sozialversicherungssystem für
Arbeitnehmer, welches fünf Bereiche umfasst. Dies sind die Krankenversicherung (einschließlich Mutterschutz, Tod und Invalidität), die Altersversorgung, die Familienversorgung, Arbeitslosigkeit sowie die Unfallversicherung.
Dieses System wird durch Beiträge der Arbeitnehmer (ca. 20 % der Bruttovergütung) und der Arbeitgeber (ca. 42 % der Bruttovergütung) finanziert.
Erwähnung verdient, dass die Lohnabrechnungen der Angestellten in
französischer Sprache zu erstellen sind und im Vergleich zu deutschen
Lohnabrechnungen in der Regel deutlich umfangreicher ausfallen. Die
Deutsch-Französische Industrie- und Handelskammer bietet sowohl für
in Frankreich eingesetzte Arbeitskräfte, als auch für in Deutschland eingesetzte Arbeitskräfte einen Lohnbuchhaltungsservice an.
Die drei Sozialkassen im Überblick
1. Die URSSAF
Die an die URSSAF (Union de recouvrement des cotisations de sécurité
sociale et d’allocations familiales = Allgemeine Sozialkasse) zu entrichtenden Beiträge dienen der Finanzierung folgender Systeme:
• Krankenversicherung (Krankheit, Mutterschaft, Invalidität, Tod)
• Witwenversicherung
• Kindergeld
• Wohnungsbeihilfe
• Altersversicherung
• Arbeitsunfall
• CSG und CRDS.
2.Der Pôle Emploi
Mit den von dem Pôle Emploi eingezogenen Abgaben wird die Arbeitslosenversicherung in Frankreich finanziert.
3.Die Zusatzrentenversicherung
Über die Sozialabgaben wird ebenso die Zusatzrentenversicherungen
getragen, welche aus den beiden Systemen für leitende und für nicht
leitende Angestellte besteht. In Frankreich existiert keine betriebliche
Zusatzaltersversorgung. Allerdings haben Arbeitgeber die Möglichkeit,
einem Fürsorgesystem beizutreten, welches von Versicherungsgesellschaften verwaltet wird.