„Gutartige“ Knochentumoren – nicht immer

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„Gutartige“ Knochentumoren – nicht immer
Fortbildung
Osteom, Chondrom, Exostosen und Co.
„Gutartige“ Knochentumoren –
nicht immer ungefährlich
H. R. Dürr
Viele benigne Knochentumoren bedürfen keiner weiteren
Therapie oder Kontrolle. Andererseits können aggressive
gutartige Läsionen zu erheblichen Destruktionen, Lokalrezidiven und Metastasierung führen. Bei den therapeutischen Optionen haben sich in den letzten Jahren
einige technische Verbesserungen ergeben.
a
© Prof. Dr. H. R. Dürr, München (1– 11)
a
b
b
Abbildungen 1a–b: Typischer Befund
eines Osteoms bei einer 47-jährigen
Patientin (im Rahmen der Diagnose
eines Uteruskarzinoms aufgefallen),
konstante Größe über vier Jahre
46
Abbildungen 2a – b: Osteoidosteom
nahe des Trochanter minor bei
einem 16-jährigen Patienten:
Nidusbildung mit ausgedehnter
Umgebungssklerose
E
twa 40 –50% aller primären Knochentumoren sind als benigne zu
klassifizieren. Die Einteilung benigner Knochentumoren wiederum erfolgt letztlich anhand der historisch gewachsenen und fortlaufend ergänzten
Klassifikation der WHO, die als wesentliches Kriterium Vorhandensein und Art
der Tumormatrix berücksichtigt (Tab. S.
49). In histologisch nicht eindeutig klassifizierbaren Entitäten kommt der Bildgebung sowie der klinischen Symptomatik
eine erhöhte Bedeutung zu. Umgekehrt
kann die Diagnose in weitaus den meisten Fällen bereits aus Bildgebung und
Klinik gestellt werden.
Zu erwähnen sind eine Reihe von
Läsionen, die gesicherten nicht neoplastischen Ursprungs sind. Aufgrund ihres
Wachstumsverhaltens und ihrer Morphologie werden diese traditionell als „tumorähnliche Läsionen“, wie Knochenzysten,
fibröse Dysplasie, fibröser Kortikalisdefekt, Ganglion etc. bezeichnet.
Insgesamt ist die Klassifikation jedoch nicht stringent. So gibt es benigne
Knochentumoren, wie zum Beispiel den
Riesenzelltumor, die eine Fernmetastasierung aufweisen können, oder tumorähnliche Läsionen, wie die aneurysmale
Knochenzyste, mit zum Teil ausgedehnten Destruktionen bis hin zum Gelenkverlust.
Eine Stadieneinteilung der benignen
Tumoren beispielsweise nach Enneking
ist möglich, wird in der Klinik jedoch
aufgrund des teilweise völlig unvorhersehbaren Wachstumsverhaltens nur sehr
eingeschränkt angewandt.
Diagnostik
Diagnostisch ist nach wie vor das Röntgen unverzichtbar und wesentlicher Baustein im diagnostischen Konzept. Insbesondere zur Bestimmung der TumorausORTHOPÄDIE & RHEUMA
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a
Abbildung 3: Radiofrequenzablation eines
Osteoidosteoms der Tibia eines 13-jährigen Patienten: Stichinzision, CT-gesteuertes Einbringen der RFA-Sonde
dehnung und zur Klassifikation nichtossifizierender Tumormatrix ist die MRT
sinnvoll. Das CT hat im Extremitätenbereich im Nachweis von Vorhandensein
und Morphologie ossärer Matrixanteile,
Randsklerosen oder Periostreaktionen
hohe Bedeutung. Die Skelettszintigrafie
oder zum Teil auch die Positronenemissionstomografie (PET) wird in Fragen
kritischer Abgrenzung zu malignen Läsionen oder zum Nachweis/Ausschluss
weiterer Herde eingesetzt.
b
Abbildungen 4a – b: Osteoblastom des
LWK 5 bei einer 12-jährigen Patientin.
Verlauf: Resektion, Knochenspaninterposition; rezidivfrei über 13 Jahre.
und lokalen Schmerzen möglich. Nicht
wenige Fälle einer Monarthritis im jugendlichen Alter werden sekundär als
Osteoidosteom diagnostiziert, da sich die
kleine Läsion an ungünstiger Lokalisation sowohl dem Nativröntgenbild wie
auch der MRT entziehen kann, beziehungsweise nicht als solche erkannt wird.
Das CT ist hier sowohl in der Diagnostik
a
wie auch der minimal-invasiven Therapie,
zum Beispiel durch Radiofrequenzablation (Abb. 3), dem MRT überlegen. Ätiologisch ist die Zuordnung zu den Tumoren umstritten, da im Spontanverlauf
nach einigen Jahren eine Ausheilung
eintritt. Da eine Therapie zumeist minimal-invasiv und ambulant erfolgen kann
und die Patienten im Regelfall sofort
b
Knochenbildende Tumoren
Osteom: Sehr seltene Läsion des Stamm-
und Extremitätenskeletts, häufiger im
Schädelbereich; meist asymptomatische
Zufallsbefunde ohne jegliche Therapieoder Kontrollkonsequenz, beim Erwachsenen ist jedoch die Abgrenzung zu osteoblastischen Metastasen notwendig
(Abb. 1a und b). Bei multiplem Vorkommen sollte nach Darmpolypen im Sinne
einer familiären Polyposis (Gardener-Syndrom) gesucht werden.
Osteoidosteom: Mit 10 % aller benignen Knochentumoren vergleichsweise
häufiger Befund. Die zumeist jungen
Patienten geben vor allem nächtliche
Knochen- oder Gelenkschmerzen an, im
typischen Fall ist eine bis zu 1 cm große
Läsion mit Nidus-artigem, nicht ossifizierten inneren Kern und ausgedehnter
osteoblastischer Randreaktion erkennbar
(Abb. 2a und b). Die kortikale Reaktion
kann dabei beträchtliche Ausmaße erreichen. Liegt die Läsion gelenknah, so sind
die klassischen Symptome einer Arthritis
mit Gelenkerguss, Gelenkschwellung
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Abbildungen 5a – b: 11-jähriger Patient mit multiplen kartilaginären Exostosen;
Fehlstellung im Unterarmbereich und beginnende Genu-varus-Fehlstellung durch
Beeinträchtigung des epiphysären Wachstums
47
Fortbildung
a
Gutar tige Knochentumoren
b
Abbildungen 6a–b: Patientin mit multiplen kartilaginären Exostosen. a: Im Alter von
19 Jahren großer Befund an der rechten Skapula, Progredienz. b: Im Alter von 33 Jahren
Resektion des Chondrosarkoms G 1
beschwerdefrei werden, empfiehlt sich
jedoch dieses Vorgehen. Der oft propagierte „Aspirin-Test“ zeigt lediglich das
typische Ansprechen des Prostaglandininduzierten Schmerzes auf NSAR und
ist aufgrund seiner mangelnden Spezifität obsolet.
Osteoblastom: Histologisch nicht vom
Osteoidosteom zu differenzieren, zeigt
diese Läsion ein vollständig anderes Erscheinungsbild. Meist vergleichsweise
a
symptomarm, finden sich osteoblastische,
zum Teil sehr destruktive Tumoren (Abb.
4a und b, S. 47), größer als 1 cm, die
eine bioptische Klärung erfordern. Wann
immer möglich, sollte dieser Tumor marginal aber im Gesunden reseziert werden,
eine ausgedehnte intraläsionale Kürettage ist jedoch oft der einzig funktionserhaltende Weg. Rezidive finden sich je
nach Radikalität der Resektion im zweistelligen Prozentbereich.
b
Abbildungen 7a –b: a: Klassisches Enchondrom als Zufallsbefund (bei degenerativen
Gelenkschmerzen) bei einer 42-jährigen Patientin am proximalen Humerus: Maschendrahtförmige Kalzifikationen der intraossären Knorpelmatrix, diskrete endostale
Kortikalisarrosion. b: Multiple Enchondrome im Handskelett eines 25-jährigen Patienten
48
Knorpelbildende Tumoren
Kartilaginäre Exostosen: Mit mehr als
40 % aller benignen Knochentumoren
sind die Exostosen die häufigsten Knochentumoren überhaupt. In 90 % der
Fälle findet sich ein isolierter Tumor teils
sessil, teils gestielt, von nahe der Epiphysenfuge aus nach peripher wachsend. In
10% der Fälle liegt ein hereditäres Leiden
in Form von multiplen Exostosen vor
(1– 2 Fälle/100.000 Einwohner) (Abb.
5a und b, S. 47), zwei Drittel davon bereits mit Familienanamnese. Ursächlich
ist vermutlich weniger eine tatsächliche
Neoplasie als vielmehr ein versprengtes
Wachstum von Teilen der Epiphysenfuge.
Die weitaus meisten Exostosen dürften
asymptomatisch sein und werden deshalb
nicht entdeckt. In vielen Fällen kommt
es jedoch neben einer sicht- und tastbaren Tumorbildung zur Entwicklung
schmerzhafter Bursen über den Befunden, in Extremfällen auch zu Läsionen
benachbarter Nerven (zum Beispiel des
N. peroneus) oder vaskulären Kompressionen. Im typischen Fall eines Zufallsbefunds einer solitären Exostose, meist
während des pubertären Wachstumsschubs, ist ein abwartendes Verhalten
gerechtfertigt. Die Indikation zur Resektion sollte nur bei rechtfertigenden Beschwerden gestellt werden. Eine maligne
Entartung ist zwar im Einzelfall beschrieben und sollte bei nach Wachstumsabschluss weiter- oder wieder wachsenden
Exostosen vor allem stammnaher Lokalisation in Erwägung gezogen werden, ist
jedoch eher eine Rarität.
Multiple kartilaginäre Exostosen
sind weitaus komplexer zu beurteilen: Es
kommt durch die epiphysennahe Lokalisation oft zu Achs- und Längenabweichungen der Extremitäten und es besteht
ein zweistelliges Prozentrisiko einer malignen Entartung im Lebensverlauf. Die
Diagnose der Erkrankung wird hier in
der Regel sehr früh gestellt, eine kontinuierliche Verlaufsbeobachtung, intensiviert in den Zeiten des größeren Längenwachstums, ist sicher notwendig.
Tumorresektionen und Umstellungsosteotomien müssen, wenn notwendig,
mit dem Augenmaß des erfahrenen Kinderorthopäden erfolgen, im Erwachsenenalter sind die oft großen Tumoren bei
jeglicher Wachstumsneigung sofort zu
resezieren (Abb. 6a und b).
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WHO-Klassifikation benigner Knochentumoren (WHO 2002)
Gruppe
Entität
% aller benignen Tumoren
Knochenbildende Tumoren
Osteom
Osteoidosteom
Osteoblastom
10
3
Knorpelbildende Tumoren
Osteochondrom (Exostose)
Chondrom (Enchondrom)
Chondroblastom
Chondromyxoidfibrom
48
23
5
2
Riesenzelltumor
Osteoklastom
8 – 10 % aller
Knochentumoren
Vaskuläre Tumoren
Hämangiom
Glomustumor
4
<1
Intraossäre Weichgewebstumoren Desmoidtumor (Fibromatose) < 1
Lipom
<1
Benignes fibröses Histiozytom 2
Abbildung 8: 32-jähriger Patient mit nicht
erkanntem Morbus Ollier (Enchondrome im
Humerus, Radius und Metakarpale): pathologische Fraktur durch entstandenes Chondrosarkom
Chondrome treten sowohl als periostale
Formen, insbesondere jedoch als typische
intraossäre Enchondrome auf. Ihre Inzidenz wird vermutlich unterschätzt, da
sich die in der Regel völlig asymptomatischen Läsionen häufig nur als Zufallsbefunde im meist mittleren Lebensalter
bei degenerativen Gelenkbeschwerden
finden (Abb. 7a und b). Lediglich im
Bereich des Handskeletts sind symptomatische Formen mit Auftreibung der
Phalangen mit und ohne Schmerz vergleichsweise häufig. Ätiologisch ist auch
hier ein versprengtes Wachstum von Anteilen der Epiphysenfugen zu vermuten,
dementsprechend sind nach Wachstumsabschluss progrediente Läsionen stets
sarkomverdächtig. Die Entartungswahrscheinlichkeit ist wegen der hohen Dunkelziffer asymptomatischer Chondrome
nicht eindeutig bestimmbar, dürfte jedoch deutlich im unteren einstelligen
Prozentbereich liegen. Bei den in weniger
als 10% multiplen Chondromen (Morbus Ollier oder Maffuci-Syndrom in
Zusammenhang mit Hämangiomen) ist
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Intraossäre neurale Tumoren
Neurinom
Neurilemmom
Tumorähnliche Läsionen
Juvenile Knochenzyste
Aneurysmale Knochenzyste
Fibröse Dysplasie
Osteofibröse Dysplasie
Langerhans-Zell-Histiozytose
Fibröser metaphysärer Defekt
Pigmentierte villonoduläre Synovitis
Intraossäres Ganglion
dies jedoch anders. Das Risiko einer malignen Entartung vor allem der stammnahen Läsionen liegt beim Morbus Ollier
etwa bei 20 % bis zum 40. Lebensjahr
(Abb. 8). Entsprechend kommt dem
Nachweis/Ausschluss multipler Herde
a
<1
<1
zum Beispiel durch ein Skelettszintigramm Bedeutung zu. Typische Malignitätszeichen sind hier Schmerzen, die
Progredienz der Läsion, die kortikale
Destruktion, ein inhomogenes Erscheinungsbild oder das Verschwinden eheb
Abbildungen 9a – b: 14-jähriger Junge mit
Schmerzen im Kniegelenk über einige
Wochen. Es findet sich eine rein epiphysäre und osteolytische Läsion, typisch
für das Chondroblastom. Therapie durch
Kürettage und Spongiosaauffüllung
49
Kurz gemeldet
Fortbildung
Klettersport
a
Gutartige
Knochentumoren
b
Ringband-Rupturen ein häufiges Problem
Die Diagnose anhand des Bogensehnen-Phänomens
fällt relativ leicht. Schwieriger ist, Kletterern eine
Sportkarenz einzubläuen.
© Mauritius, Mittenwald
In der Statistik der Handverletzungen bei der BoomSportart Klettern rangieren mit Abstand ganz oben
Verletzungen des Ringbandapparates, seien es Zerrungen oder Rupturen. Bei deren Diagnose „kommt es ganz
entscheidend darauf an, das Bogensehnen-Phänomen
zu kennen“, erläuterte Dr. François Moutet vom Hôpital
A. Michallon in Grenoble auf einem sportmedizinischen
Symposium der Polytechnischen Universität Valencia.
Bei dem „Bowstring“ genannten Phänomen tritt die
Beugesehne am Finger deutlich hervor, wenn sie gegen
Widerstand angespannt wird.
Am häufigsten kommt es laut Moutet zur Ruptur des
A2-Ringbandes, vornehmlich am Mittel- oder Ringfinger.
Gerade bei letzterem sind die
Hebelverhältnisse am ungünstigsten, wenn beim dynamischen „Durchziehen“ an einem
Griff oder beim Abrutschen
der Füße plötzlich maximale
Belastungen an nur zwei oder
drei Fingern auftreten. Das
laute Schnalzen bei einem
Sehnenriss können oft sogar
noch weiter entfernt Stehende
wahrnehmen. Die Folgen sind
in jedem Fall lokaler Druckschmerz und Schwellung des
Grundgliedes; bisweilen tritt
auch ein Hämatom auf. Ist das
„Bowstring“-Phänomen ganz
eindeutig, empfiehlt sich laut
Moutet der operative Eingriff.
Bestehen diagnostische Zweifel, sollte sonografisch oder
Häufige Verletzung beim
aber mittels CT beziehungsKlettern: Ringband-Rupturen
weise MRT näher abgeklärt
werden.
Bei einem Eingriff wendet der Franzose häufig die Methoden nach Lister, Karev, Weilby/Kleinert und Doyle
an. Danach muss der Patient für 45 Tage zum Schutz
einen thermoplastischen Kunststoffring tragen, darf
aber längst noch nicht zurück an die Kletterwand. Denn
selbst wenn nach den etwa sieben Wochen, während
derer unter Frühmobilisierung nur ein ganz eingeschränktes Rehabilitationsprogramm gefahren werden
darf, die Fingergymnastik verstärkt wird, sind noch weitere 45 Tage äußerste Zurückhaltung mit Trainingsversuchen angesagt. Erst nach 90 Tagen also darf wieder mit
Sport begonnen werden. Doch bis der Kletterer wieder
in der Wand hängt, ist sicher die doppelte Zeitspanne
abzuwarten.
Bei konservativ versorgten Sehnenverletzungen wird in
der Regel nach etwa 90 Tagen die Belastbarkeit wieder
erreicht. Ob chirurgischer Eingriff oder nicht, so Moutet,
sollte präventiv künftig kreuzweise über dem Band getaped werden.
rom
50
Abbildungen 10a und b: 10-jähriger Patient mit Chondromyxoidfibrom der proximalen lateralen Tibia: Klassischer metaphysärer
exzentrischer Befund mit periostaler Reaktion. Resektion knapp
im Gesunden ohne Funktionseinschränkung
mals vorhandener Kalzifikationen. Ausnahme sind die Enchondrome des Handskeletts. Sie sind teilweise osteolytisch und
zeigen eine ausgeprägtere endostale Kortikalisdestruktion, ohne
dass sich eine Malignität nachweisen ließe.
Therapeutisch wird man beim klassischen Enchondrom
ein zuwartendes Verhalten mit im Verlauf jährlichen oder zweijährlichen Röntgenkontrollen empfehlen, im Zweifelsfall gegebenenfalls die Kürettage und Auffüllung des Befundes. Aufgrund der histologisch ausgesprochen problematischen Differenzierung zwischen benignem Enchondrom und Chondrosarkom Grad I ist eine Biopsie in den wenigsten Fällen sinnvoll.
Chondroblastom: Weltweit ist dieser Tumor bisher in nur wenigen hundert Fällen beschrieben worden. Die epiphysäre Läsion ist typischerweise bei 10 – 15-jährigen Kindern zu sehen
und kann zur Gelenkdestruktion, in seltenen Einzelfällen auch
zur pulmonalen Metastasierung führen (Abb. 9a und b, S. 49).
Therapeutisch wird regulär die Kürettage, eventuell mit adjuvanten Maßnahmen wie Phenol, Ethanol oder Knochenzement,
durchgeführt. Aufgrund der Lokalisation ist eine Resektion der
aggressiven Läsion problematisch. Rezidive finden sich in zirka
10–15% der Fälle.
Chondromyxoidfibrom: Noch seltener als das Chondroblastom
ist der epiphysennahe aber metaphysäre, meist exzentrisch gelegene Tumor typischerweise bei Kindern zwischen 5 und 15
Jahren anzutreffen (Abb. 10a und b). Die Therapie besteht,
wann immer möglich, in einer Resektion knapp im Gesunden
oder in einer ausgedehnten intraläsionalen Kürettage. Auch
hier beträgt die Rezidivquote 10–15%.
Riesenzelltumor
Der Riesenzelltumor (Osteoklastom) ist eine häufig lange
asymptomatische, rein osteolytische, zumeist exzentrisch gelegene Läsion der epimetaphysären Knochenabschnitte
(Abb. 11a – c, S. 52). Das typische Erkrankungsalter liegt bei
10 – 30 Jahren, er findet sich jedoch prinzipiell in jedem
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Fortbildung
a
c
Lebensalter. Histologisch sind die namensgebenden Osteoklasten lediglich
Begleitphänomen, die eigentliche Tumorkomponente ist die fibrozytäre Gerüststruktur. In bis zu 10% der Fälle werden
pulmonale Metastasen beschrieben, eine
diesbezügliche präoperative Abklärung
und spätere Nachsorge ist Pflicht. Der
Spontanverlauf ist nicht absehbar, auch
histologische Prognoseparameter existieren nicht. Ausgedehnte Läsionen bis hin
zur Amputationsnotwendigkeit können
vorkommen. Da der Riesenzelltumor
histologisch vom so genannten „braunen
Tumor“ bei Hyperparathyreoidismus
nicht differenziert werden kann, sollte
zusätzlich stets, aber vor allem bei multiplen Läsionen, das Parathormon bestimmt werden.
Der Tumor hat wie alle aggressiven
benignen Läsionen ein signifikantes Rezidivriskio nach intraläsionaler Resektion,
weniger häufig nach marginaler und so
gut wie nie nach weiter Resektion. Intraläsionale Eingriffe, wie sie standardmäßig in dieser Tumorgruppe durchge52
Gutar tige Knochentumoren
b
Abbildungen 11a – c: Riesenzelltumor der distalen Tibia bei
einem 19-jährigen Patienten.
Typische ausschließlich osteolytische Läsion, epimetaphysär
exzentrisch gelegen. Therapie:
Kürettage, Turbofräsung, Phenolisation und Spongiosaplastik
mit Rekonstruktion der Gelenkfläche
führt werden, setzen eine ausgedehnte
Freilegung voraus. Die „einfache“ Kürettage ist beim Osteoklastom als inadäquat zu betrachten, die Rezidivquote liegt
hier bei 50% und mehr. Kürettagen sollten stets durch lokal mechanisch aggressive Verfahren, wie die Turbofräsung und
Lavage, ergänzt werden. Da extraläsionale Resektionen insbesondere bei den
häufig gelenknahen Befunden zu inadäquaten Funktionsverlusten führen können, muss zusätzlich eine lokal adjuvante Therapie zur Ausdehnung des Sicherheitsabstandes erfolgen:
— Phenolisation, Ethanol
— Methylmethacrylat (Knochenzement),
— kryochirurgische Verfahren,
— Kauterisierung.
Diese gängigen chemischen und physikalischen Methoden der adjuvanten Lokaltherapie ersetzen nicht die subtile
Präparation, finden in der Literatur jedoch eine weite Verbreitung und werden
individuell unterschiedlich beurteilt. Mit
den genannten Substanzen kann bei sorgfältiger operativer Technik eine Reduk-
tion der Lokalrezidivrate auf zirka 10%
erzielt werden.
Ein besonderes Augenmerk sollte bei
den scheinbar „harmlosen“ Läsionen,
auch der Weichteile, der differenzierten
Diagnostik gelten. Die Biopsie und eine
umfangreiche Bildgebung sind auch hier
obligat. Die Unterschätzung der Aggressivität der Läsionen kann zum Lokalrezidiv mit erheblicher Beeinträchtigung
des benachbarten Gelenks bis hin zum
Gelenkverlust führen.
Riesenzelltumoren zeigen auch noch
nach mehr als fünf Jahren klinisch oft
lange inapparente Lokalrezidive oder
pulmonale Metastasen. Eine entsprechende Anpassung der Kontrollzeiträume
(mindestens zehn Jahre) ist zwingend
notwendig.
Sonstige Läsionen
Häufiger werden, meist als Zufallsbefunde, ein oder mehrere ossäre Hämangiome, zum Beispiel in den Wirbelkörpern,
beschrieben. Es ist nicht ganz klar, ob
diese Läsionen nicht vielmehr vaskulären
Malformationen entsprechen und nicht
neoplastischen Ursprungs sind. Eine
Therapienotwendigkeit ergibt sich in der
Regel nicht. Alle anderen benignen Tumoren stellen seltene Befunde dar.
Fazit
Benigne Knochentumoren erfordern
in vielen Fällen keine Therapie. Bei den
häufigen Exostosen sollte eine mögliche Wachstumsdeviation beachtet
werden. Insbesondere bei den chondroiden Läsionen kann die Abgrenzung zum malignen Befund schwierig
sein. Aggressive gutartige Läsionen,
wie Riesenzelltumoren, Chondroblastome oder Osteoblastome, können zu
erheblichen Destruktionen, schwierig
zu therapierenden Lokalrezidiven und
zur Metastasierung führen und sollten deshalb bevorzugt in spezialisierten Tumorzentren versorgt werden.
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. med. Hans Roland Dürr
Leiter Schwerpunkt Tumororthopädie,
Orthopädische Klinik der LMU München
Universitätsklinikum Großhadern,
Marchioninistr. 15, 81377 München
ORTHOPÄDIE & RHEUMA
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