Schenkungen von Friedrich Christian Flick an die
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Schenkungen von Friedrich Christian Flick an die
vorwort2 foreword5 absalon 9 david claerbout 13 stan douglas 15 urs fischer 17 katharina fritsch 21 rodney graham 25 candida hofer 29 richard jackson 31 gordon matta-clark 35 paul mccarthy 37 bruce nauman 45 manfred pernice 51 raymond pettibon 55 jason rhoades 61 und dieter bjorn roth 65 thomas schutte 71 cindy sherman 75 roman signer 79 wolfgang tillmans 83 haim steinbach franz westund heimo zobernig 87 verzeichnis der ausgestellten werke/ list of exhibited works 90 impressum/imprint96 Von Absalon bis Zobernig: Schenkungen von Friedrich Christian Flick an die Nationalgalerie Udo Kittelmann Gabriele Knapstein ie historische Chance, die Nationalgalerie nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung wieder zusammenzuführen und neu gliedern zu können, hat durch die Zusammenarbeit mit herausragenden Privatsammlungen moderner und zeitgenössischer Kunst immer wieder zusätzlich an Dynamik gewonnen. Vor allem in einer Stadt wie Berlin, geprägt durch ihr historisches Inseldasein zwischen zwei Staaten, war die enge Zusammenarbeit mit Privatsammlungen von maßgeblicher Bedeutung, um sich — auch im Vergleich mit anderen deutschen Museumssammlungen — weiter entwickeln und profilieren zu können. Allein aus öffentlichen Mitteln wäre dieser Weg nicht gangbar gewesen. Durch diese Allianzen konnten sowohl neue Räumlichkeiten und Standorte für die Nationalgalerie erschlossen wie auch bedeutende Bestände in die Sammlung aufgenommen werden. Ob es die Eröffnung des Museum Berggruen in Charlottenburg und die Erwerbung der umfangreichen Sammlung von Heinz Berggruen waren oder der Umbau des Hamburger Bahnhofs zu einem »Museum für Gegenwart«, in dem die Bestände zeitgenössischer Kunst der Nationalgalerie und die Sammlung von Erich Marx zusammengeführt wurden — die Nationalgalerie hat in den vergangenen Jahrzehnten vor allem durch die Einbeziehung privater Sammlungen bedeutende Ergänzungen hinzugewinnen und größere Lücken in ihrer Sammlung schließen können. Diese waren vor allem durch die umfangreichen Beschlagnahmungen im Bereich der Klassischen Moderne von Seiten der Nationalsozialisten wie auch durch die eingeschränkte Sammeltätigkeit während der Zweiteilung der Sammlungen der Berliner Museen in den Zeiten des Kalten Kriegs entstanden. 2003 haben sich die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Staatlichen Museen zu Berlin entschieden, die umfangreiche Sammlung zeitgenössischer Kunst von Friedrich Christian Flick ab 2004 in wechselnden Ausstellungen der Öffentlichkeit vorzustellen. Diese Kooperation war für zunächst sieben Jahre verabredet worden und hatte zu einer öffentlichen Debatte über den Einfluss und die Moral der Sammler und die Verantwortung der Museen geführt. Es war vor allem die Verstrickung des Großvaters Friedrich Flick in die Verbrechen des NS-Regimes, die die Kritik auslöste. Die Publikation einer von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz beim Institut für Zeitgeschichte in München in Auftrag gegebenen, umfangreichen Studie zur Geschichte des Flick-Konzerns im Dritten Reich im Jahr 2008 sowie das erhebliche finanzielle Engagement für den Zwangsarbeiterfonds durch Friedrich Christian Flick im Jahr 2005 waren dann entscheidende Schritte auf dem Weg einer Auseinandersetzung mit der NS-Wirtschaftsgeschichte. 2011 wurde der Leihvertrag mit der Friedrich Christian Flick Collection um weitere zehn Jahre verlängert und damit ein maßgeblicher Beitrag für die Zukunft der Sammlung und des Hamburger Bahnhofs geleistet. Der 2003 abgeschlossene Leihvertrag sah vor, dass Friedrich Christian Flick den Umbau der neben dem Hamburger Bahnhof gelegenen Speditionshallen, der sogenannten Rieckhallen, finanziert und seine Sammlung dem Museum zur Verfügung stellt. Im Gegenzug kommen die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Staatli- vorwort chen Museen zu Berlin für den Unterhalt der Ausstellungs- und Depotflächen, die konservatorische Betreuung und Pflege der Werke sowie die kuratorische Arbeit mit der Sammlung auf. Im September 2004 konnte die erste Ausstellung mit Werken aus der Friedrich Christian Flick Collection im gesamten Hamburger Bahnhof, einschließlich der neu eröffneten Rieckhallen, präsentiert werden. In den folgenden Jahren stellte das Museum die Sammlung dann in wechselnden thematischen wie monografischen Ausstellungen der Öffentlichkeit vor. Die herausragende Qualität dieser Privatsammlung konnte in den neu geschaffenen Räumlichkeiten besonders herausgearbeitet werden und brachte dem Hamburger Bahnhof und seinem Ausstellungsprogramm eine zunehmende internationale Beachtung ein. Der später gesetzte Fokus, die Friedrich Christian Flick Collection im Dialog mit Werken aus der Sammlung der Nationalgalerie zu präsentieren, zeigte deutlich das Potential auf, mit beiden Sammlungen symbiotisch zu arbeiten. Für das Ausstellungsprogramm des Hamburger Bahnhofs kann das Museum allein aus der Sammlung von Friedrich Christian Flick heute auf ein Konvolut von mehr als 1.500 Werken zurückgreifen. Mit thematischen Präsentationen wie Fast nichts. Minimalistische Werke aus der Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof (2005) Jenseits des Kinos. Die Kunst der Projektion. Werke aus der Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof, der Kramlich Collection und anderen Sammlungen (2006), »Ich kann mir nicht jeden Tag ein Ohr abschneiden.« Dekonstruktionen des Künstlermythos (2008) oder Architektonika. Werke aus der Sammlung der Nationalgalerie — Staatliche Museen zu Berlin, der Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof und Leihgaben (2011) sowie monografischen Ausstellungen zum Werk von Urs Fischer (2005), Richard Jackson (2006), Roman Signer (2007), Wolfgang Tillmans (2008), Bruce Nauman (2010) oder Martin Kippenberger (2013) konnten wichtige Entwicklungen in der Kunst seit den 1960er Jahren vorgestellt und einem breiten Publikum vermittelt werden. 2008 hat sich Friedrich Christian Flick dazu entschlossen, der Nationalgalerie 166 Werke aus seiner Sammlung zu schenken, weil er für sie eine dauerhafte Einbindung in den Kontext der Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin gewährleisten wollte. Dieser ersten Schenkung ließ er anlässlich seines 70. Geburtstags im Herbst 2014 eine zweite Schenkung von 102 Werken folgen, so dass mittlerweile insgesamt 268 Werke und Werkgruppen aus der Friedrich Christian Flick Collection zum festen Bestand der Nationalgalerie gehören. Für die Staatlichen Museen zu Berlin und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz stellen diese Schenkungen eine wichtige und exemplarische Unterstützung nachhaltiger Museumsarbeit dar. Friedrich Christian Flick schließt durch sein Engagement für die Nationalgalerie an eine Reihe großer Sammlerpersönlichkeiten an, indem er großes Bewusstsein für den öffentlichen Auftrag, die Aufgaben und Pflichten eines Museums zeigt. Mit den überwiegend seit den 1960er Jahren in Nordamerika und Europa entstandenen Arbeiten wird die Sammlung der Nationalgalerie um raumgreifende Installationen, Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Fotografien, Filme und Videos von mehr 3 A FEW FREE D YEARS In der Historischen Halle sowie in den Rieckhallen des Hamburger Bahnhofs wird nun eine Auswahl aus den beiden Schenkungen von Friedrich Christian Flick gezeigt. Werke von Paul McCarthy, Cindy Sherman oder Bruce Nauman thematisieren die Einschreibung von medialen und sozialen Strukturen in die Wahrnehmung des Körpers; mit malerischen und skulpturalen Mitteln erobern Arbeiten von Richard Jackson oder Dieter Roth den Raum; Katharina Fritsch und Thomas Schütte richten als Bildhauer in ihren Werken einen analytischen Blick auf die Welt der Objekte; Arbeiten von Marcel Broodthaers, David Claerbout oder Wolfgang Tillmans befragen die Rolle fotografischer und filmischer Bilder. Der Titel der Präsentation A Few Free Years ist einem Werk von Jason Rhoades entlehnt, in dem das Aufeinanderstoßen von Hochkultur und Unterhaltungsindustrie in Gestalt eines Korridors von lärmenden Computerspielautomaten und einer Reproduktion von Gustav Klimts berühmten Beethovenfries, einem Hauptwerk des Wiener Jugendstils, inszeniert wird. Mit diesem Titel klingt an, dass der Sammler Friedrich Christian Flick mit seinen Schenkungen nicht nur die Sammlung der Nationalgalerie dauerhaft gestärkt hat, sondern dass er dem Museum in der Arbeit mit seiner Sammlung und mit den darin vertretenen Künstlerinnen und Künstlern alle Freiheiten gelassen hat, die ein Museum für die Autonomie seiner Arbeit benötigt. Dafür sind wir ihm außerordentlich dankbar und können uns keine vorzüglichere Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit wünschen. from Absalon to Zobernig: Donations by Friedrich Christian Flick to the Nationalgalerie Udo Kittelmann Gabriele Knapstein foreword A FEW FREE t YEARS he historic opportunity to reunite and restructure the Nationalgalerie after the fall of the Berlin Wall and German Reunification has repeatedly gained additional momentum through the cooperation with outstanding private collections of modern and contemporary art. In Berlin, hallmarked by its historical island status between two states, close collaboration with private collections has been crucial to enabling the Nationalgalerie to evolve as a museum and to raise its profile at home as well as abroad — a challenge it could not have met with public means alone. Through these alliances, it has been possible both to create new spaces and locations for the Nationalgalerie and to incorporate important bodies of works into the collection. Whether it was the opening of the Museum Berggruen in Charlottenburg and the acquisition of the collection of Heinz Berggruen, or the renovation and inauguration of the Hamburger Bahnhof as a »Museum für Gegenwart« in which the Nationalgalerie’s holdings of contemporary art and the collection of Erich Marx were brought together — over the past decades the Nationalgalerie has benefited from significant additions through the integration of private collections and has been able to close certain gaps in its collection. These gaps were created primarily by the large-scale confiscation, by the National Socialists, of works of Classic Modernism and by the diminished volume of acquisitions made during the Cold War era, when the collections of the Berlin museums were divided. In 2003 the Stiftung Preußischer Kulturbesitz and the Staatliche Museen zu Berlin took the decision to present the collection of Friedrich Christian Flick in a series of exhibitions starting in 2004. This co-operation, which was initially agreed for a period of seven years, sparked a public debate over the influence and moral principles of collectors and over the responsibility of museums. It drew criticism in particular due to the involvement of the collector’s grandfather, Friedrich Flick, in the crimes perpetrated by the Nazi regime. A comprehensive study of the history of the Flick group of companies under the Third Reich, conducted by the Institut für Zeitgeschichte in Munich on behalf of the Stiftung Preußischer Kulturbesitz and published in 2008, and the substantial contribution made by Friedrich Christian Flick, in 2005, to a reparation fund for the survivors of forced labour, were decisive steps subsequently taken towards addressing this Nazi economic past. In 2011 the loan agreement with the Friedrich Christian Flick Collection was extended for a further ten years, in what represents a major contribution to the future of the collection and the Hamburger Bahnhof. Under the terms of the 2003 agreement, Friedrich Christian Flick pledged to finance the conversion of the former logistics warehouses — the Rieckhallen — beside the Hamburger Bahnhof and place his collection at the disposal of the museum. For their part, the Stiftung Preußischer Kulturbesitz and the Staatliche Museen zu Berlin assumed responsibility for the maintenance of the exhibition and storage areas and the curating of the collection. In September 2004 the first exhibition of works from the Friedrich Christian Flick Collection was held across the whole of the Hamburger Bahnhof, including the newly opened Rieckhallen. Over the following years, 5 als 60 renommierten Künstlerinnen und Künstlern in idealer Weise ergänzt. Die bereits vorhandenen Bestände im Bereich der Conceptual Art, die sich insbesondere den Schenkungen von Egidio Marzona verdanken, werden zusätzlich gestärkt, und dem bedeutenden Werkkomplex von Joseph Beuys treten im Hamburger Bahnhof nun Hauptwerke von Dieter Roth und Bruce Nauman an die Seite. Die US-amerikanische Kunst, die mit Werken von Robert Rauschenberg, Andy Warhol oder Roy Lichtenstein in der Sammlung Marx eindrucksvoll vertreten ist, wird nun um Positionen wie die von Richard Artschwager, Rachel Khedoori, Gordon Matta-Clark, Paul McCarthy, Raymond Pettibon, Jason Rhoades, Diana Thater oder Cindy Sherman ergänzt. Dank der beiden Schenkungen von Friedrich Christian Flick wird der Bestand an Werken von Künstlerinnen und Künstlern, die ihre Laufbahn in Deutschland vorangetrieben haben wie Georg Baselitz, Isa Genzken, Candida Höfer, Axel Hütte, Martin Kippenberger, Thomas Schütte, Wolfgang Tillmans oder Thomas Struth, weiter ausgebaut. Außerdem wird die Sammlung der Nationalgalerie um Werke von Künstlerinnen und Künstlern bereichert, denen das »Museum für Gegenwart« im Hamburger Bahnhof bereits in den ersten Jahren seines Bestehens eine Einzelausstellung gewidmet hatte wie etwa Marcel Broodthaers, Stan Douglas, Peter Fischli & David Weiss, Rodney Graham, Manfred Pernice, Pipilotti Rist oder Luc Tuymans. Zu einer jüngeren Generation von Künstlern, die in Deutschland leben und arbeiten und die mit Werken in den Schenkungen vertreten sind, gehören Nathalie Djurberg, Andreas Hofer, Christian Jankowski und Anri Sala. foreword In 2008 Friedrich Christian Flick decided to donate 166 works from his collection to the Nationalgalerie, out of the desire to guarantee a permanent integration of these works into the context of the collections of the Staatliche Museen zu Berlin. In autumn 2014, on the occasion of his 70th birthday, he followed his first donation with a second gift of 102 works, so that today a total of 268 works and work groups from the Friedrich Christian Flick Collection have entered the permanent holdings of the Nationalgalerie. For the Staatliche Museen zu Berlin and the Stiftung Preußischer Kulturbesitz, these donations represent an important and exemplary demonstration of support for the work of their museums now and in the future. Through his commitment to the Nationalgalerie, Friedrich Christian Flick joins a series of distinguished private collectors who have likewise demonstrated their profound awareness of the public role, tasks and duties of a museum. With these new works, the majority of which were produced in North America and Europe from the 1960s onwards, the Nationalgalerie’s existing holdings have been complemented in an ideal manner by large-scale installations, paintings, sculptures, drawings, photographs, films and videos by over 60 renowned male and female artists. Existing holdings in the area of Conceptual Art — indebted in particular to the donations of Egidio Marzona — are reinforced, and the important complex of works by Joseph Beuys in the collection of the Nationalgalerie and the collection of Erich Marx is now joined at the Hamburger Bahnhof by major pieces by Dieter Roth and Bruce Nauman. US artists Richard Artschwager, Rachel Khedoori, Gordon Matta-Clark, Paul McCarthy, Raymond Pettibon, Jason Rhoades, Diana Thater and Cindy Sherman further extend the spectrum of American art, already impressively represented in the Sammlung Marx by Robert Rauschenberg, Andy Warhol and Roy Lichtenstein. The two donations also strengthen holdings of works by artists who have pursued their artistic career in Germany, including Georg Baselitz, Isa Genzken, Candida Höfer, Axel Hütte, Martin Kippenberger, Thomas Schütte, Wolfgang Tillmans and Thomas Struth. They likewise include works by artists to whom the Hamburger Bahnhof devoted solo shows in the earliest years of its existence, such as Marcel Broodthaers, Stan Douglas, Peter Fischli & David Weiss, Rodney Graham, Manfred Pernice, Pipilotti Rist and Luc Tuymans. Among a younger generation of artists who live and work in Germany, and who are represented in the donations, are Nathalie Djurberg, Andreas Hofer, Christian Jankowski and Anri Sala. A selection from the two donations by Friedrich Christian Flick is currently on show in the Historische Halle and the Rieckhallen at the Hamburger Bahnhof. It includes works by Paul McCarthy, Cindy Sherman and Bruce Nauman, which take as their theme the inscribing of media and social structures into our perception of the human body; works by Richard Jackson and Dieter Roth that conquer space with painterly and sculptural means; works by Katharina Fritsch and Thomas Schütte, who as sculptors direct an analytical gaze upon the world of objects; and works by Marcel Broodthaers, David Claerbout and Wolfgang Tillmans that interrogate photographic and cinematic images. The title of the presentation, A Few Free Years, is borrowed from an installation by Jason Rhoades, in which the clash of highbrow culture and the entertainment industry is staged in the shape of a corridor of noisy arcade games and a reproduction of Gustav Klimt’s Beethoven Frieze, a masterpiece of Viennese Art Nouveau. The title is also a reminder that the collector Friedrich Christian Flick has not only enduringly strengthened the collection of the Nationalgalerie with his donations, but has also allowed the Hamburger Bahnhof complete freedom in its deployment of his collection and the artists represented within it — a freedom that every museum needs if it is to maintain its curatorial autonomy. For this we are extremely grateful to the collector and can wish no better foundation for our continuing collaboration. 7 the museum presented the collection to the public in thematic and monographic exhibitions. The outstanding quality of this private collection could be shown to particular advantage in the new gallery spaces and propelled the Hamburger Bahnhof and its exhibition programme to increasing international attention. The later curatorial focus upon presenting the Friedrich Christian Flick Collection in dialogue with works from the Nationalgalerie’s own holdings has clearly demonstrated the potential inherent in working symbiotically with both collections. For its programme of exhibitions at the Hamburger Bahnhof, the museum can today draw upon a body of more than 1500 works simply from the Friedrich Christian Flick Collection alone. With overview presentations such as Fast nichts. Minimal Artworks from the Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof (2005), Beyond Cinema. The Art of Projection. Works from the Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof, from the Kramlich Collection and others (2006), »I can’t just slice off an ear every day.« Deconstructing the Myth of the Artist (2008) and Architektonika (2011), as well as monographic shows devoted to the work of Urs Fischer (2005), Richard Jackson (2006), Roman Signer (2007), Wolfgang Tillmans (2008), Bruce Nauman (2010) and Martin Kippenberger (2013), it was possible to showcase important developments in art since the 1960s and communicate these to a broad public. 9 cellule no 2 1992 absalon solutions 1992 »[T]he Zurich house is the one where there are the most physical constraints. I imagine it as very different from the kind of life Zurich offers me, and as this is the least sentimental, I would say the coldest house, it embodies my own feelings about that city.«1 Thus Absalon, speaking about his work Cellule No. 2 (1992). The Israeli artist, who was born as Meir Eshel in 1964 in Ashdod and who died in 1993 in Paris at the age of 28, designed and built prototypes of altogether six such cells in the year before his death. In the video Solutions (1992), he demonstrates them in use. One cell was to stand in each of the six cities of Zurich, Frankfurt, Paris, New York, Tel Aviv and Tokyo, where they would be occupied by the artist on a rotational basis and would be his only residences. These minimal habitational units with a maximum surface area of eight square metres contain a table, kitchenette, wet cell and sleeping area. Through this extreme compression, Absalon creates an architectural straightjacket that restricts and at the same time dictates the performance of everyday tasks. »All the houses are made with this desire to impose physical constraints which will mean that this house will be very real to me, and at the same time my presence within it grows in strength.«2 The modernistic white structures, which fluctuate between cabin, box and space capsule, are not minimalist sculptures, in other words, but moulds that physically shape the performance of daily activities. They serve to condense life and render it more abstract, and are in essence »mental rather than physical spaces«.3 They also have an underlying social objective. According to Absalon, his cells — which were to stand in the city centre — do not serve as a means of isolation, but are a necessary »solution to living in society«4 and to rendering it tangible. For in a similar fashion to the Cellules, society is itself a mould according to which we shape our behaviour, accustom ourselves to behaving in certain ways and define ›correct‹ behaviour. [db ] 1 Absalon, Vortrag an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts, Paris, gehalten am 4. Mai 1993. Transkript abgedruckt in: Susanne Pfeffer (Hg.), Absalon, KW Institute for Contemporary Art Berlin, Köln 2010, S. 256 –291, hier S. 260. 2 Ebd., S. 259. 3 Absalon, zit. n. Volker Adolphs (Hg.), Gehen bleiben: Bewegung, Körper, Ort in der Kunst der Gegenwart, Kunstmuseum Bonn, Ostfildern 2007, S. 82. 4 Pfeffer 2010, S. 261. 1 Absalon, lecture delivered on 4 May 1993 at the École Nationale Supérieure des Beaux-Arts, Paris. Transcript reproduced in: Susanne Pfeffer (ed.), Absalon, KW Institute for Contemporary Art Berlin, Cologne 2010, pp. 256–291, here p. 259. 2 Ibid. p. 258. 3 Absalon, cited from Volker Adolphs (ed.), Gehen bleiben: Bewegung, Körper, Ort in der Kunst der Gegenwart, Kunstmuseum Bonn, Ostfildern 2007, p. 82. 4Pfeffer 2010, p. 260. 11 »[D]as Haus für Zürich ist das Haus, in dem es die meisten physischen Zwänge gibt. Ich stelle es mir sehr konträr zu dem Leben vor, das Zürich zu bieten hat, es ist das am wenigsten gefühlsbetonte Haus, das kälteste in meinen Augen, und das entspricht ganz genau meiner Empfindung gegenüber diesem Ort.«1 So äußerte sich Absalon über sein Werk Cellule No.2 (1992). Insgesamt sechs solcher Zellen hat der israelische Künstler, der 1964 als Meir Eshel in Ashdod geboren wurde und 1993 als 28-Jähriger in Paris starb, im Jahr vor seinem Tod konzipiert und als Prototypen gebaut. In dem Video Solutions (1992) praktiziert er ihre Nutzung. Die Zellen sollten in Zürich, Frankfurt, Paris, New York, Tel Aviv und Tokio stehen, reihum vom Künstler bewohnt werden und seine einzigen Wohnstätten sein. Auf maximal acht Quadratmetern enthalten diese Minimalbehausungen Ess- und Arbeitstisch, Kochnische, Nasszelle und Schlafstätte. Durch die enorme Komprimierung schafft Absalon ein architektonisches Korsett, das die Ausübung der alltäglichen Verrichtungen einschränkt und sie zugleich präzisiert. »Alle Häuser sind in diesem Verlangen nach physischen Zwängen gebaut, durch die dieses Haus für mich äußerst existent wird, und gleichzeitig wird meine Präsenz im Inneren verstärkt.«2 Die modernistischen, weißen Gebilde, die zwischen Hütte, Schatulle und Raumkapsel changieren, sind also keine minimalistischen Skulpturen, sondern Gussformen für die Ausführung des Alltäglichen. Sie dienen dazu, das Leben zu verdichten und zu abstrahieren und sind im Kern »eher mentale als physische Räume.«3 Dahinter steht auch ein soziales Anliegen. Denn die mitten in den Städten zu platzierenden Zellen dienen gerade nicht der Isolation, so Absalon. Vielmehr sind sie eine notwendige »Lösung, um die Gesellschaft zu erleben«,4 also spürbar zu machen. Denn ähnlich den Zellen ist auch sie eine Gussform, nach der wir unser Verhalten ausrichten, uns an ein bestimmtes Verhalten gewöhnen und ›richtiges‹ Verhalten definieren. [db ] 13 shadow piece 2005 david 15 Set for Win, Place or Show: east view 1998 stan 17 zustand / zustand / baked master‘s basket condition 1999 condition 2011 urs 19 glaskatzen — mulleimer der hoffnung 1999 urs fischer 21 Messekoje mit vier Figuren 1985 KATHARINA 1 »Thinking in Pictures. Katharina Fritsch im Gespräch 1 »Thinking in Pictures. Katharina Fritsch in conmit Susanne Bieber,« in: Katharina Fritsch, Tate Modern, versation with Susanne Bieber,« in: Katharina London 2001, Stiftung Kunstsammlung Nordrhein-WestFritsch, Tate Modern, London 2001, Kunstsammfalen K21, Düsseldorf 2002, Ostfildern 2002, S. 92–112, lung Nordrhein-Westfalen K21, Düsseldorf 2002, hier S. 104. Ostfildern 2002, pp. 92–112, here p. 104. katharina fritsch Messekoje mit vier Figuren (detail) 1985 Katharina Fritsch is an exceptional artist. Within just a few years of completing her studies at the Düsseldorf Kunstakademie in 1984, she achieved notable successes on the national and international art scene. In 1993 she had a solo show at the Dia Center for the Arts in New York; in 1995 she represented Germany at the Venice Biennale; in 1996 she was the focus of a comprehensive exhibition at the San Francisco Museum of Modern Art, and in 2001 was presented again in Chicago and London. Fritsch consistently develops quasi-photorealist sculptures, which she then alienates from their surroundings through manipulations of scale, serial arrangements and a monochrome, often luminous colouring. In her works she processes motifs taken from daily life and from fairy tale and creates scenes with psychoanalytical readings that cannot be clearly resolved. She has regularly situated religious motifs in trivial contexts, perhaps most impressively with the yellow Madonna that she placed in Münster’s pedestrian precinct as part of the 1987 Skulptur Projekte exhibition. In Messekoje (1985) Fritsch cites a commercial exhibition booth which at the same time she hermetically seals. The strict geometry of this white rectangular block is pierced by niches in which the statuette of a saint appears four times. From whichever direction we approach, St Nicholas of Myra — patron saint of seafarers and merchants — bestows his blessing on all sides. Katharina Fritsch here opens up ambiguous associations between a liturgical space, a sales booth at an art fair and the sacred overtones of the ›White Cube‹. She simultaneously alludes to the sculptural topos of the figure concealed in the stone who must be freed from the block. But her oeuvre negates the search — prevailing in traditional sculpture — for the unique, original piece. For the figures that Fritsch casts in plaster are clones, the ambiguity of whose impact is already inherent in their production process: »I find it exciting, making moulds. It’s a great form to be working with, because you can see the positive form in the negative. This negative-positive relationship has something mysterious about it which fascinates me.«1 [mf ] 23 Katharina Fritsch ist eine Ausnahmekünstlerin. Bereits kurz nachdem sie 1984 ihr Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf beendet, erzielt sie im nationalen und rasch auch im internationalen Ausstellungsbetrieb bemerkenswerte Erfolge: 1993 hat sie eine Einzelausstellung am Dia Center for the Arts in New York, 1995 vertritt sie Deutschland bei der Biennale in Venedig, 1996 wird sie umfassend in San Francisco am Museum of Modern Art vorgestellt, 2001 in Chicago und London. Sehr konsequent entwickelt Fritsch quasi fotorealistische Skulpturen, die sie durch proportionale Veränderungen, durch serielle Arrangements und durch eine monochrome, oft leuchtende Farbigkeit ihrer Umgebung verfremdet. In ihren Werken verarbeitet sie Motive aus der Alltags- und der Märchenwelt, schafft psychoanalytisch lesbare Szenen, die nicht eindeutig aufzulösen sind. Wiederholt hat sie religiöse Motive in triviale Zusammenhänge gestellt, am eindrucksvollsten vielleicht mit einer gelben Madonna, die sie 1987 im Rahmen der Skulptur Projekte in die Münsteraner Fußgängerzone platzierte. Mit der Messekoje (1985) zitiert Fritsch einen kommerziellen Ausstellungsraum, den sie zugleich hermetisch verschließt. Die strenge Geometrie des weißen Quaders wird von Nischen durchbrochen, in denen eine kleine Heiligenfigur vierfach auftaucht. Egal von wo aus man sich der Skulptur nähert, in Bischofstracht spendet der Heilige Nikolaus von Myra — Schutzpatron der Seefahrer und Händler — nach allen Seiten hin seinen Segen. Katharina Fritsch eröffnet hier vieldeutige Bezüge zwischen einem liturgischen Raum, dem Verkaufstand einer Kunstmesse und dem sakral aufgeladenen ›White Cube‹. Sie spielt zugleich auf den bildhauerischen Topos von der im Stein verborgenen Figur an, die aus dem Block befreit werden muss. Aber ihr Werk negiert die in der traditionellen Bildhauerei vorherrschende Suche nach einem Unikat. Denn es sind geklonte Figuren, die Fritsch aus Gips gießt, und die im Entstehungsprozess die Ambiguität ihrer Wirkung bereits vorwegnehmen: »Ich finde es aufregend, Abgüsse zu machen. Das ist eine tolle Arbeitsweise, weil man in der negativen Form die positive sehen kann. Diese Negativ-Positiv-Beziehung hat etwas Geheimnisvolles an sich, das mich fasziniert.«1 [mf ] 25 school of velocity 1993 rodney rodney graham school of velocity (detail) 1993 zes vom freien Fall folgend — die Noten der Kompositionen verschiebt, die Czerny zur Steigerung der Fingerfertigkeit und Schnelligkeit des Pianisten geschrieben hatte. Graham arbeitet mit den ersten 1116 Noten aus Czernys Partitur, und mit den von ihm eingefügten, stets länger werdenden Pausen dauert die Aufführung der Partitur bei einem gegenüber Czernys Angabe leicht veränderten Tempo einen ganzen Tag bzw. 24 Stunden. Die gesamte Partitur besteht aus 1442 Blättern, wobei jedes Blatt etwa eine Minute Musik umfasst und diejenigen Takte rot markiert sind, auf die Czernys originale Noten fallen. In der Ausstellung ist ein Ausschnitt aus dieser Partitur zu sehen und zu hören. Indem sich der Künstler nicht nur die Noten, sondern auch den Titel von Czernys Klavierübungen aneignet, unterstreicht er die Paradoxie seines Verfahrens: eine auf die Steigerung der Schnelligkeit des Pianisten zielende Partitur zu einem Exerzitium der Verlangsamung zu machen. [gk ] The works by Canadian artist Rodney Graham are characterized by multiple references to the history of art, culture and science. In the installation School of Velocity (1993), Graham explores the relationship between the arts and the sciences through his intervention in the composition of a 19th-century musical score. He takes The School of Velocity, a book of piano exercises by Carl Czerny (1791– 1857), and inserts rests into the first four studies according to a specific mathematical principle. As a result, the notes — which in Graham’s installation are played on a Yamaha Diskklavier — are heard at ever greater intervals. Czerny was a pupil of Ludwig van Beethoven and the teacher of Franz Liszt. Graham’s interest in Czerny’s etudes was aroused by an article discussing the influence of Galileo Galilei’s knowledge of music on his discovery of the law of free fall. The artist reverses the direction of this presumed influence, insofar as he applies mathematics to music: taking the first 1116 notes from Czerny’s exer- cises, Graham invokes the geometric progression of squares (1, 4, 9, 16, 25 etc.) that corresponds, in Galileo’s law, to the acceleration of falling objects over time, and proceeds to space out Czerny’s notes on this basis. In Graham’s new version of the School of Velocity, in other words, Czerny’s second note appears on the fourth beat of Graham’s composition, the third note on the ninth beat, and so on, with ever longer rests in between. Through the introduction of these rests and by slightly modifying the tempo indicated by Czerny, what was originally a set of piano studies written to improve finger dexterity and playing speed now takes 24 hours to perform. The complete score runs to 1442 pages, with each page containing approximately one minute of music. The bars in which Czerny’s original notes fall are highlighted in red. A section of this score can be seen and heard in the exhibition. Insofar as the artist appropriates not only the notes but also the title of Czerny’s set of piano studies, he underlines the paradoxical nature of his process, namely to turn a score aiming at increasing the pianist’s speed into an exercise in deceleration. [gk ] 27 Die Werke des kanadischen Künstlers Rodney Graham zeichnen sich durch vielfältige Bezugnahmen auf die Kunst-, Kultur- und Wissenschaftsgeschichte aus. In der Installation School of Velocity (1993) setzt er sich mit dem Verhältnis von Kunst und Wissenschaft auseinander, indem er kompositorisch in eine historische Partitur eingreift. Nach einem bestimmten Prinzip verschiebt er die Noten der ersten vier Etüden aus der Klavier-Etüdensammlung Schule der Geläufigkeit des Komponisten Carl Czerny, was dazu führt, dass die von einem Diskklavier gespielten Noten in zunehmend größeren Abständen erklingen. Czerny (1791–1857) war ein Schüler Ludwig van Beethovens und der Lehrer von Franz Liszt. Grahams Interesse an Czernys Etüdensammlung war durch einen Artikel geweckt worden, der den Einfluss der musikalischen Kenntnisse Galileo Galileis auf dessen Entdeckung des Fallgesetzes untersuchte. Der Künstler kehrt diesen Weg einer angenommenen Einflussnahme um, indem er — dem Berechnungsschema des Geset- 29 kunsthistorisches museum wien IV (franz west) 1990 kunsthistorisches museum wien II (franz west) 1990 candida 31 5050 stacked paintings 1998/2015 richard Richard Jackson working on the installation 5050 stacked paintings 2015 richard jackson Seit den 1960er Jahren ist Richard Jackson weder damit beschäftigt die Malerei abzuschaffen, noch sie neu zu beleben. Er konzentriert sich vielmehr auf den Herstellungsprozess selbst. Inspiriert von Jackson Pollocks ›Action Painting‹ widmet sich Richard Jackson den performativen Aspekten der Malerei, die von ihm eher als Ausdruck einer Erfahrung und weniger als ein Objekt betrachtet wird: »Sie [die Malerei] ist performativ, oder sie ist Beweis einer Performance. Aber sie handelt auch von der Entscheidung darüber, wie man seine Zeit verbringt.«1 Bei den sogenannten Stacked Paintings steigert Richard Jackson den Zeitaufwand zur Realisierung: Wie am Fließband stellt er 800, 1000, 3000 oder auch 5050 Gemälde her, die als Baumaterial in unterschiedlichen Konstellationen, kreis- oder treppenförmig, angeordnet werden. Den Malprozess umschreibt er lapidar als ausführende Tätigkeit, bei der er das »Malen als Job« praktiziere.2 Ausgelöst wurde diese Werkgruppe durch eine Atelieraktion im Jahr 1970, als Richard Jackson eine bemalte Leinwand in noch feuchtem Zustand mit der Vorderseite nach unten auf den Boden legte. Das Gemälde wurde damit unsichtbar bzw. konnte nur anhand der seitlich herausquellenden Farbspuren erahnt werden. Indem Jackson die Leinwände stapelt, betont er den dreidimensionalen Charakter von Malerei und lenkt die Aufmerksamkeit zugleich auf den Arbeitsprozess und das Material selbst — die Leinwand, den Keilrahmen und die Farben. Für die Rauminstallation 5050 Stacked Paintings (1998/2015) arbeitete Richard Jackson mehrere Wochen im Hamburger Bahnhof, wo er nicht weniger als 400 Malereien am Tag herstellte. Die gestapelten Leinwände bilden eine annährend 80 Meter lange Linie, die sich sukzessive zur Mauer entwickelt und als Spirale begehbar ist. An einer Stelle bricht Jackson aus der Serialität der Stapelung und ihrer additiven Anordnung aus, indem er seinen Arbeitshandschuh zwischen zwei Leinwände einklemmt. Er betont damit einmal mehr seine individuelle Handarbeit und macht die Installation zu einer Verkörperung seiner investierten Lebenszeit. [ap ] Since the 1960s Richard Jackson has been busy neither abolishing painting nor reinventing it. He concentrates instead upon the process of its making. Inspired by the ›Action Painting‹ of Jackson Pollock, Richard Jackson devotes himself to the performative aspects of painting. He sees painting less as an object and more as the expression of an experience: »It’s performative or it’s evidence of a performance. But it’s also about how you choose to spend your time.«1 In his Stacked Paintings, the amount of time it takes him to make a single artwork is radically increased: as if on a production line, he turns out 800, 1000, 3000 and even 5050 paintings, which he then uses as building materials, stacking them in different constellations, circular or stepped. He describes the painting process succinctly as an executive activity, in which he is »doing painting as a job«.2 The idea for this group of works was born during a live studio event in 1970, when Richard Jackson laid a canvas — its paint still wet — face down on the floor. The painting thus became invisible, or more accurately could only be read in the drips of paint squeezed out around the sides. By stacking the canvases, Jackson underscores the three-dimensional character of painting and draws our attention simultaneously to the work process and to the material itself — the canvas, its stretcher and the paint. For the installation 5050 Stacked Paintings (1998/2015), Richard Jackson spent several weeks working at the Hamburger Bahnhof, where he produced no fewer than 400 paintings per day. The stacked canvases form a line roughly 80 metres long, which successively develops into a wall and is laid out as a walk-through spiral. At one point Jackson breaks out of the seriality of the stacking and its additive arrangement, by sandwiching one of his work gloves between two canvases. In so doing he emphasizes one more time his own manual labour and makes the installation an embodiment of his invested (life)time. [ap ] 33 1 Richard Jackson, zit. n. Dennis Szakacs, »The Circus is in Town«, in: Mousse Magazine, Nr. 25, September 2010, http://www.mousse magazine.it/articolo.mm?lang=en&id=589 (26.10.2015). 2 Richard Jackson, zit. n. Catherine Nichols, »Richard Jackson und die Domäne des Großen Bären«, in: Richard Jackson. Werke aus der Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof, Hamburger Bahnhof — Museum für Gegenwart, Berlin 2006, S. 24–29, hier S. 26. 1 Richard Jackson, cited from Dennis Szakacs, »The Circus is in Town«, in: Mousse Magazine, no. 25, September 2010, http://www. moussemagazine.it/articolo.mm?lang=en&id=589 (4.11.2015). 2 Richard Jackson, cited from Catherine Nichols, »Richard Jackson und die Domäne des Großen Bären«, in: Richard Jackson. Werke aus der Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof, Hamburger Bahnhof — Museum für Gegenwart, Berlin 2006, pp. 24–29, here p. 26. 35 graffiti photoglyph 1973 gordon 37 saloon theater 1995–1999 c paul 39 saloon theater 1995–1999 paul mccarthy paul mccarthy 41 The art of Paul McCarthy is an art of disillusionment. In videos, performances and installations, the American artist has worked since the 1960s on shattering the images, myths and clichés firmly anchored in society, on tearing off the mask of illusions and exposing the abysses slumbering behind the sham façades. His Saloon Theater installation is an impressive example of this. Created between 1995 and 1999, the work is based on the concept of a clever montage of Wild West romanticism and peep show. Inside the ›theatre‹, whose layout deliberately evokes a stage set, we are confronted with video narratives comprising a mixture of bar talk and implied sex scenes. A cowboy — symbol of the free, conquest-hungry male — meets the girlish sisters Marianne and Ginger, who submit to his authority and at the same time show themselves to be victims abused by their own family. The body language and the monotone film sequences are borrowed from the imagery of porn movies, but lead nowhere. Inside the artificial theatre, sloping floors, skewed projections, narrow, almost slit-like corridors and a dead-end alley create a permanent sense of insecurity. In this sense, Saloon Theater is a paraphrase of a society that has gone completely off the rails. Something similar can be said of Basement Bunker, the series of photographs also on show here and created in 2003 for a McCarthy exhibition in London. Puppetlike figures, designed for the series by the artist, represent politicians and other prominent figures, who have been reduced to ridiculous clowns by their meaningless actions. [jj ] saloon theater 1995–1999 paul Die Kunst von Paul McCarthy ist eine Kunst der Desillusionierung. Seit den 1960er Jahren arbeitet der amerikanische Künstler mit seinen Videos, Performances und Installationen daran, in der Gesellschaft tief verankerte Bilder, Mythen und Klischees aufzubrechen, die Maske der Illusionen herunterzureißen und die hinter den Trugbildern schlummernden Abgründe freizulegen. Die Installation Saloon Theater ist hierfür ein eindrückliches Beispiel. Die Grundidee der zwischen 1995 und 1999 entstandenen Arbeit basiert auf einer raffinierten Montage von Wildwest-Romantik und Peepshow. Im Inneren des betont kulissenhaft angelegten ›Theaters‹ wird der Besucher mit gefilmten Handlungen konfrontiert, einer Mischung aus Bargespräch und angedeuteten Sexszenen. Ein Cowboy — Sinnbild des freien, eroberungswütigen Mannes — trifft auf die mädchenhaften Schwestern Marianne und Ginger, die sich dem Cowboy unterwerfen und sich zugleich als von der eigenen Familie missbrauchte Opfer zu erkennen geben. Die Körpersprache und die monotonen Filmszenen sind an Bilder der Pornoindustrie angelehnt, laufen jedoch ins Leere. Schräge Böden, schief gesetzte Projektionen, enge, fast schlundartige Gänge, bis hin zu einer Sackgasse, sorgen im Inneren des Kunstbaus für permanente Verunsicherung. Saloon Theater ist in diesem Sinne eine Paraphrase auf eine komplett entgleiste, gescheiterte Gesellschaft. Ähnliches gilt für die hier ebenfalls gezeigte Foto-Serie zu Basement Bunker, die anlässlich einer McCarthy-Ausstellung in London 2003 entstanden ist. Puppenfiguren, die der Künstler hierfür entworfen hatte, verkörpern Politiker und andere Persönlichkeiten, die durch sinnentleerte Handlungen zu lächerlichen Clowns verkommen sind. [jj ] 43 basement bunker 2003 paul mccarthy 45 room with my soul left out, room that does not care (detail) 1984/2010 bruce 1 Samuel Beckett, Der Verwaiser, Frankfurt a.M. 1989, S. 7–15, hier S. 7. 1 Samuel Beckett, The Lost Ones, New York 1972, p. 7. bruce nauman room with my soul left out, room that does not care 1984/2010 Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care has been installed at the Hamburger Bahnhof since 2010. The work can be assigned to two complexes in American artist Bruce Nauman’s oeuvre: firstly, the Corridors that he has created as performative, experiential architectures since 1969, and secondly the Dream Passage work series, comprising five monumental pieces from the 1980s. The highpoint of the Dream Passage series, which was inspired by one of the artist’s dreams, is the work Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care. Three corridors intersect horizontally and vertically, creating a special force field in the centre that raises the question of the desolation and isolation of the soulless human being. Nauman has created an existential space that seems to have been inspired by the setting of Samuel Beckett’s 1970 short story The Lost Ones: »Abode where lost bodies roam each searching for its lost one. Vast enough for search to be in vain. Narrow enough for flight to be in vain. Inside a flattened cylinder fifty meters round and sixteen high for the sake of harmony. The light. Its dimness. Its yellowness.«1 Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care was first exhibited in 1984 in the Leo Castelli Gallery in New York in a variant adapted to fit the gallery space. In 1988 a concrete-built open-air version was installed on the square in front of the University of New Mexico in Albuquerque under the title The Centre of the Universe. The work on show here was created for the Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof in close co-operation with the artist, and is the valid and permanent version of Bruce Nauman’s complex architectural sculpture. [eb ] 47 »Raum ohne meine Seele, ein Raum, dem das gleichgültig ist«, so lautet die deutsche Übersetzung des Werktitels der seit 2010 im Hamburger Bahnhof installierten Arbeit Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care. Das Werk lässt sich zwei Komplexen im Œuvre des amerikanischen Künstlers Bruce Nauman zuordnen: Zum einen den seit 1969 entstandenen Korridoren bzw. performativen Erfahrungsarchitekturen, und zum anderen einer aus insgesamt fünf monumentalen Arbeiten bestehenden Werkserie mit dem Titel Dream Passage aus den 1980er Jahren. Den Höhepunkt innerhalb dieser durch einen Traum des Künstlers angeregten Werkserie bildet die Arbeit Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care: Drei Korridore durchschneiden sich horizontal und vertikal und bilden im Zentrum ein besonderes Kraftfeld, in dem die Frage nach der Verlassenheit und Einsamkeit des seelenlosen Menschen aufgeworfen wird. Nauman schuf einen existentiellen Raum, der von Samuel Becketts Schilderungen in dem Prosatext Der Verwaiser von 1970 angeregt scheint: »Eine Bleibe, wo Körper immerzu suchen, jeder seinen Verwaiser. Groß genug für vergebliche Suche. Eng genug, damit jegliche Flucht vergeblich. Es ist das Innere eines niedrigen Zylinders mit einem Umfang von fünfzig Metern und einer Höhe von sechzehn Metern wegen der Harmonie. Licht. Seine Schwäche. Sein Gelb.«1 Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care wurde erstmals 1984 in der Leo Castelli Gallery in New York in einer auf den Galerieraum zugeschnittenen Variante gebaut. 1988 entstand eine in Beton errichtete Außenraumversion auf dem Vorplatz der Universität von New Mexico in Albuquerque unter dem Titel The Centre of the Universe. Die in Zusammenarbeit mit Bruce Nauman entstandene Fassung für die Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof ist die gültige und dauerhaft installierte Fassung dieser komplexen Arbeit. [eb ] 49 double cage piece 1974 bruce nauman 51 wall, wohn- und wachanlage 1997–1998 manfred manfred pernice wall, wohn- und wachanlage (details) 1997–1998 Wall, Wohn- und Wachanlage (1997–98) was first shown at the Nuremberg Kunsthalle, a building that was constructed in 1912–13 in the immediate vicinity of the medieval city wall and which in the 1930s was used as a »Franconian Gallery«. Nine sections of particleboard, standing vertically and arranged in a slight curve, develop the spatial dynamics of a medieval vaulted passage and establish associations with a rampart or bulwark (Ger. Wall), a housing complex (Ger. Wohnanlage) or even a U-boat. Glued photocopies show pictures of a street café, details of two house façades, and a wood with the barely visible remains of the Limes, a border wall built by the Romans in the 2nd century AD, and prompt additional speculation. German artist Manfred Pernice reacts in his sculptures and installations to the omnipresent standard formatting of a society in which everything is structured by rules, patterns of behaviour and agreements. He understands his works as agents that reflect ordering systems, extend them ad absurdum or propose reclassifications. They are made of ordinary — and in some cases already used — materials such as particleboard, wooden laths, concrete and metal, and are complemented by photographs and texts. These sculptural ›objects‹ suggest a functional character and in some cases can indeed be used, but always remain ambiguous and without concrete instructions for use. They thereby position themselves in relation to the viewer and generate different spatial effects. Wall, Wohn- und Wachanlage disposes of an internal volume that is screened from the outside world but open to our gaze. Depending on where we are standing, its curvature communicates the qualities of an excluding barricade or an including protective architecture, and through this ambivalence encourages further-reaching questions about the architectural organisation of our social present day. [mf ] 53 Zum ersten Mal gezeigt wurde die Arbeit Wall, Wohn- und Wachanlage (1997– 98) in der Nürnberger Kunsthalle — einem Gebäude, das 1912–13 in unmittelbarer Nähe zur mittelalterlichen Stadtumwallung errichtet und in den 1930er Jahren als »Fränkische Galerie« genutzt wurde. Neun senkrecht stehende und leicht bogenförmig angeordnete Spanplatten entwickeln die räumliche Dynamik eines mittelalterlichen Gewölbegangs und befördern Assoziationen zu einem Wall, einer Wohnanlage oder auch zu einem U-Boot. Aufgeklebte Fotokopien mit Bildern eines Straßencafés, Details zweier Häuserfassaden und eines Waldes, in dem sich kaum sichtbar Reste des Limes befinden, einem von den Römern im 2. Jahrhundert erbauten Grenzwall, regen zusätzliche Spekulationen an. Der Künstler Manfred Pernice reagiert in seinen Skulpturen und Installationen auf das allgegenwärtig Formatierte einer Gesellschaft, in der alles durch Regeln, Verhaltensmuster und Vereinbarungen strukturiert ist. Seine Werke versteht er als Agenten, die Ordnungssysteme reflektieren, ad absurdum führen oder Neuzuordnungen vornehmen. Sie sind aus alltäglichen — zum Teil bereits genutzten — Materialien wie Spanplatten, Holzlatten, Beton und Metall gearbeitet und durch Fotografien und Texte ergänzt. Diese skulpturalen ›Gebilde‹ suggerieren einen funktionalen Charakter, sind mitunter auch benutzbar, bleiben aber stets vieldeutig und ohne konkrete Handlungsanweisung. Dabei positionieren sie sich im Verhältnis zum Betrachter und entwickeln verschiedene Raumwirkungen. Die Wall, Wohn- und Wachanlage verfügt über ein inneres Volumen, das von der Außenwelt abgeschirmt, aber für den Blick geöffnet ist. Ihre Wölbung kommuniziert — je nach Standort — die Qualitäten einer ausgrenzenden Barrikade oder einer einschließenden Schutzarchitektur und befördert durch diese Ambivalenz übergeordnete Fragen nach der architektonischen Organisation unserer sozialen Gegenwart. [mf ] 55 untitled (frank! you communist...) 1993 untitled (watch me!) 1987 untitled (bob bauman’s) 1987 untitled (it got so cold...) 1986 raymond 57 untitled (you know the germans...) 1990 untitled (coin. how all one’s...) 1990 raymond pettibon 59 untitled (Dad? Will they...) 2000 untitled (Without more discretion...) 1998 raymond pettibon 61 a few free years 1998 jason jason rhoades 1 Jerry Saltz, »Jason Rhoades«, obituary in: The Guardian, 12 August 2006, http://www.theguardian.com/news/2006/ aug/12/guardianobituaries.artsobituaries (4.11.2015). 2 Jason Rhoades cited from »Interview: Jason Rhoades & Michele Robecchi«, in: Contemporary Magazine, no. 81, 2006, http://www.contemporary-magazines.com/interview81.htm (4.11.2015). a few free years 1998 1 Vgl. Jerry Saltz, »Jason Rhoades«, in: The Guardian, 12. August 2006, http:// www.theguardian.com/news/2006/aug/12/guardianobituaries.artsobituaries (26.10.2015). 2 »They’re not for everybody, for sure. I think people should be overwhelmed. I think it should shut you down; it should make you give up something. I think you should come to a work of art and be able to offer it something and be able to stand there with it and just say ›yeah, I’m prostrating myself, I’m giving in to you.‹« Jason Rhoades zit. n. »Interview: Jason Rhoades & Michele Robecchi«, in: Contemporary Magazine, Nr. 81, 2006, http://www.contemporary-ma gazines.com/interview81.htm (26.10.2015). In his short career Jason Rhoades, who died in 2006 at the age of 44, created monstrously proliferating environments. The Californian artist took his material from consumer society: he overfilled rooms with its excesses and ambitions, its addictions and vulgarities, its madness and terror. Art critic Jerry Saltz described Rhoades’s overflowing sculptural installations as »walk-in versions of the Marquis de Sade’s 120 Days of Sodom.«1 The artist himself said of his works: »I think people should be overwhelmed. I think it should shut you down; it should make you give up something. I think you should come to a work of art and be able to offer it something and be able to stand there with it and just say ›yeah, I’m prostrating myself, I’m giving in to you.‹«2 Contrary to the overwhelming scenario sketched here, Rhoades’s A Few Free Years (1998) seems almost clear and distinct — at least in visual terms. The dissonance arises here out of the blare and noise of a row of video machines. The games — Asteroids, Galaga, Defender and Terminator 2: Judgment Day, for example — date from the 1970s, 1980s and early 1990s, when slot machines in arcades of colourful, flashing lights enjoyed their golden age. Jason Rhoades first installed his corridor of video machines in 1998 in the Vienna Secession, in the room in which Gustav Klimt’s Beethoven Frieze is permanently on display. Klimt’s 34-metre long pictorial sequence is based on Richard Wagner’s interpretation of the Ninth Symphony by Ludwig van Beethoven and treats themes such as the yearning for happiness and the struggle against the forces of disease, madness and lasciviousness, culminating in redemption through the arts. Rhoades later integrated the Beethoven Frieze in the form of digital reproductions into his work. Within the gleaming scaffolding construction, Klimt’s Art Nouveau masterpiece thus now meets a corridor of noisy arcade machines, where visitors are invited to revisit the entertainments of their youth and indulge their love of games. [ap ] 63 Jason Rhoades, der 2006 im Alter von 44 Jahren verstorben ist, hat in seiner kurzen Künstlerkarriere monströs wuchernde Environments geschaffen. Das Material des kalifornischen Künstlers entstammt der Konsumgesellschaft. Er füllte Räume mit deren Exzessen und Ambitionen, mit ihrer Sucht und Vulgarität, ihrem Wahn und Terror. Der Kunstkritiker Jerry Saltz beschrieb Rhoades’ ausufernde skulpturale Installationen als begehbare Versionen von Marquis de Sades Episodenroman Die 120 Tage von Sodom.1 Der Künstler selbst äußerte über seine Arbeiten: »Ich glaube, dass die Menschen überwältigt sein sollten. Es sollte dich bestürzen; es sollte dich etwas aufgeben lassen. Ich glaube, du solltest dich einem Kunstwerk nähern und bereit sein, diesem etwas zu geben, man muss vor dem Kunstwerk stehen und einfach sagen: Ja, ich werfe mich nieder vor dir, ich gebe Dir nach.«2 Entgegen dem hier entworfenen Überwältigungsszenario wirkt Rhoades’ Werk A Few Free Years (1998) — zumindest in visueller Hinsicht — nahezu übersichtlich. Die Dissonanz ergibt sich hier aus dem Dudeln und Lärmen einer Reihe von Spielautomaten. Die Videospiele — etwa Asteroids, Galaga, Defender oder Terminator 2: Judgment Day — stammen aus den 1970er, 1980er und frühen 1990er Jahren, einer Phase, in der die Arcade-Automaten in leuchtenden und blinkenden Hallen ihre goldene Zeit erlebten. Der Korridor aus Spielautomaten wurde von Jason Rhoades erstmals 1998 in der Wiener Sezession installiert, in einem Raum, in dem permanent Gustav Klimts Beethovenfries zu sehen ist. Klimts 34-Meter lange Bilderfolge bezieht sich auf Richard Wagners Interpretation der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven, die von der Sehnsucht nach Glück, dem Kampf gegen Krankheit, Wahnsinn und Zügellosigkeit handelt und in der Erlösung durch die Künste gipfelt. Rhoades hat den Beethovenfries später in Form von digitalen Reproduktionen in sein Werk integriert. Und so trifft Klimts Hauptwerk des Wiener Jugendstils nun innerhalb der glänzenden Stangenkonstruktion auf einen Korridor von lärmenden Spielautomaten. Hier sind die Besucher dazu eingeladen, sich ihrer jugendlichen Freiräume zu erinnern und ihrem Spieltrieb zu folgen. [ap ] 65 gartenskulptur seit/since 1968 dieter bjorn und 67 Dieter Roth worked in such wide-ranging media as drawing, painting, assemblage, installation, printmaking, artist’s books, language and film. Complementary to his work as an artist and writer, music also played an important role for Roth as a means of expression. As the proponent of a perishable visual art deploying, in virtuoso fashion, constellations of organic materials such as chocolate, cheese, slices of sausage and plants, he loved the immaterial, temporal art of sound. Dieter Roth’s oeuvre includes a number of large-scale pieces on which the artist worked over a period of years or decades. One such is his Gartenskulptur (Garden Sculpture), which he commenced in 1968 and pursued until his death. The work initially consisted of a self-portrait bust made out of chocolate and birdseed, which was placed outside and was thus exposed to gradual decay. By adding different materials, some organic, Roth continuously expanded and altered the work, which as from the early 1990s was no longer exhibited in the open air. With the collaboration of his son, Björn Roth, the installation now grew to a sculpture around 40 meters long, which incorporates, among other things, a library, rabbit hutches, plants, pictures of hares, collages and TV monitors, as well as a workshop and workbench, which are used to install and dismantle the sculpture. The monitors show films of the genesis of Gartenskuptur, along with photographs of Iceland, where the artist lived and worked for long periods of time. The statics of the object, with its masts, superstructure and steps, means that the components have to be balanced very carefully during construction. Rainwater continues even today to be collected outdoors, transferred into labelled jars and integrated into the sculpture in this form. Like nature itself, Gartenskulptur is marked by permanent change, by growth and decay. [gk ] gartenskulptur seit/since 1968 dieter und bjorn roth Dieter Roth arbeitete mit so unterschiedlichen Medien wie Zeichnung, Malerei, Assemblage, Installation, Druckgrafik, Buchkunst, Sprache und Film. Ergänzend zu seiner bildnerischen und sprachlichen Arbeit spielte außerdem die Musik als Ausdrucksmittel für ihn eine große Rolle. Als Verfechter einer vergänglichen Bildkunst, in der organische Materialien wie Schokolade, Käse, Wurstscheiben oder Pflanzen virtuos inszeniert wurden, liebte er die immateriell-zeitliche Tonkunst. Im Œuvre von Roth gibt es einige raumgreifende Werke, an denen der Künstler über mehrere Jahre bzw. Jahrzehnte gearbeitet hat, darunter auch die Gartenskulptur, ein Werk, das er 1968 begonnen und bis zu seinem Tod fortgeführt hat. Die Arbeit bestand zunächst aus einer Selbstportraitbüste aus Schokolade und Vogelfutter, die im Freien platziert und damit dem allmählichen Verfall ausgesetzt war. Durch das Hinzufügen verschiedenster, teils organischer Materialien erweiterte und veränderte sich dieses Werk kontinuierlich, wobei es seit den frühen 1990er Jahren nicht mehr im Außenraum gezeigt wurde. Unter der Mitarbeit des Sohnes Björn Roth wuchs die Installation nun zu einer rund 40 Meter langen Skulptur an, die u.a. eine Bibliothek, Kaninchenställe, Pflanzen, Hasendarstellungen, Collagen und Fernsehmonitore sowie eine Werkstatt und einen Arbeitstisch umfasst, die beim Auf- und Abbau der Skulptur genutzt werden. Auf den Monitoren sind Filme von der Entstehung der Gartenskulptur zu sehen sowie Landschaftsaufnahmen aus Island, wo der Künstler über lange Zeiträume lebte und arbeitete. Die Statik des Objekts mit seinen Masten, Aufbauten und Trittstufen macht es erforderlich, dass die Teile beim Aufbau sorgfältig ausbalanciert werden. Bis heute wird im Freien Regenwasser gesammelt, das in etikettierten Gläsern konserviert und in dieser Form in die Skulptur integriert wird. Wie die Natur selbst, so ist auch die Gartenskulptur von permanenter Veränderung, von Wachstum und Verfall geprägt. [gk ] 69 gartenskulptur seit/since 1968 Kase Multiple 1970 dieter roth 71 the laundry 1988 thomas the laundry 1988 thomas schutte 1 Walter Grasskamp, »Laudation/Eulogy«, in: Thomas Schütte, hg. v. Kunsthalle Vogelmann / Städtische Museen Heilbronn, München 2014, S. 132–147, hier S. 135. 2 Thomas Schütte, in: »Man kann auch schattenboxen oder weiter stochern im Nebel.« Ein Gespräch mit Thomas Schütte von Heinz-Norbert Jocks, in: Artforum, Bd. 128, 1994, S. 244. 3 Thomas Schütte, in: Ulrich Look, Thomas Schütte, hg.v. Friedrich Christian Flick Collection, Köln 2004, S. 99. 4 Thomas Schütte, in: ebd. Thomas Schütte is known for his »compelling incoherence«.1 In contrast to the famous stylistic pluralism of Gerhard Richter, one of his professors at the Düsseldorf Kunstakademie, the multi-faceted nature of Schütte’s oeuvre cannot be explained in terms of the wide-ranging exploration of a single medium. Schütte’s diversity namely extends not only to the styles in which he works but also to his choice of media. His medium is art — thus the artist — and therefore »always the same, even when I change disciplines.«2 In his installation The Laundry (1988), this proximity to other disciplines — we might think of Schütte’s architectural models, or his prints with writing — become clear. Ten replica washing machines, a clothes rail and washing lines hung with lengths of fabric, together with an oil painting with the words of the title, form a space of an unmistakably emblematic nature. It is a model, although less for a laundry than for processes of representation. Wooden blocks with a white lid are reduced to signs, in the same way as the words fluttering on the washing lines behind them. These words keep changing as we read: MACHT (power) become SCHMACHT (crave), KING becomes SINKING, SICK becomes CLASSICK and ENDE (end) becomes SENDE ENDE (send end). This last is programmatic: the end of clear communication is being rehearsed. Schütte’s »sound bites, pronunciation mistakes, typing errors«3 evoke variable associations and thereby illustrate the flexibility of language; they demonstrate the manoeuvrability between words and the meaning we ascribe to them. This deployment of — but also attack on — language has its origin in the artist’s frustration at what he perceives as an art increasingly encumbered by language: »People wanted to say things, not to paint or to make things.« 4 In Schütte’s hands, by contrast, language becomes a sculptural material and is cleansed of its functionality. [db ] 1 Walter Grasskamp, »Eulogy«, in: Thomas Schütte, ed. by Kunsthalle Vogelmann / Städtische Museen Heilbronn, Munich 2014, pp. 132–147, here p. 136. 2 Thomas Schütte, in: »Man kann auch schattenboxen oder weiter stochern im Nebel.« Thomas Schütte in conversation with Heinz-Norbert Jocks, in: Artforum, vol. 128, 1994, p. 244. 3 Thomas Schütte, in: Ulrich Look, Thomas Schütte, ed. by Friedrich Christian Flick Collection, Cologne 2004, p. 99. 4 Thomas Schütte, in: ibid. 73 Thomas Schütte ist für seine »stringente Inkohärenz«1 bekannt. Im Unterschied zu dem berühmten Stilpluralismus Gerhard Richters, einer seiner Professoren an der Düsseldorfer Kunstakademie, lässt sich die Diversität von Schüttes Œuvre nicht als die breit angelegte Erforschung eines bestimmten Mediums erklären. Denn in seinem Fall ist die Vielseitigkeit nicht nur eine stilistische, sondern umfasst auch alle Medien. Sein Medium sei die Kunst — so der Künstler — und also »immer dasselbe, auch wenn ich die Sparten wechsle.«2 In seiner Installation The Laundry (1988) wird diese Nähe zu anderen Sparten deutlich, so etwa zu Schüttes Architekturmodellen oder den Grafiken mit Schrift. Zehn nachgebaute Waschmaschinen, eine Kleiderstange und Wäscheleinen mit hängenden Stoffbahnen, sowie ein Ölgemälde mit den titelgebenden Worten bilden einen Raum von unübersehbar zeichenhaftem Charakter. Er ist ein Modell, doch weniger für eine Wäscherei, als vielmehr für Prozesse der Repräsentation. Holzquader mit weißem Deckel werden zu ähnlich reduzierten Zeichen, wie die Worte, die auf den Tüchern an den Wäscheleinen flattern und sich als variabel erweisen. Durch die Lektüre der rückwärtigen Stoffbahnen wandelt sich hier MACHT zu SCHMACHT, KING zu SINKING, SICK zu CLASSICK und ENDE zu SENDE ENDE . Letzteres ist Programm: Es wird das Ende eindeutiger Kommunikation geprobt. Schüttes »Sprüche, Sprachfehler, Tippfehler«,3 die variable Assoziationen hervorrufen, stellen Sprache in ihrer Flexibilität vor und demonstrieren die Beweglichkeit zwischen Worten und der Bedeutung, die wir ihnen zuschreiben. Dieser Einsatz von — aber auch Angriff auf — Sprache hat seinen Ursprung, so der Künstler, in dem Frust angesichts einer immer sprachlastigeren Kunst. »Da wurde nur noch gemeint, gar nicht mehr gemalt und gemacht.«4 Bei Schütte wird Sprache dagegen zum plastischen Material und von ihrer Funktionalität gereinigt. [db ] 75 untitled #262 1992 untitled #252 1992 cindy cindy sherman 77 1 Matthew Weinstein, »Interview with Cindy Sherman«, in: Jürgen Klauke — Cindy Sherman, ed. by Ingvild Goetz, Sammlung Goetz, Ostfildern, 1994, p. 69. untitled #314F 1994 untitled #263 1992 Cindy Sherman wurde Ende der 1970er Jahre mit inszenierten Fotografien bekannt, auf denen sie selbst klischeehafte Frauenrollen verkörperte. Seitdem befragt sie in immer neuen Maskeraden und Posen gesellschaftliche Muster, Körperbilder und Geschlechterrollen. Ihre Werke entstehen dabei häufig im Rückgriff auf vorhandene Bilder aus der Film- und Kunstgeschichte sowie den Massenmedien. Sie werden in Shermans durchkomponierten Fotografien verändert, pointiert und übersteigert. Cindy Sherman became known at the end of the 1970s with staged photographic In den 1990er Jahren ersetzen verstärkt medizinische Puppen und Prothesen Sher- portraits in which she casts herself in clichéd female roles. Since then she has continmans eigenen Körper. Untitled #252, Untitled #262 und Untitled #263 (1992) stam- ued to interrogate social patterns, body images and gender roles in ever new cosmen aus der Serie der Sex Pictures, in der sie ausschließlich Puppenteile vor der Ka- tumes and poses. Her works frequently arise out of existing images taken from the mera inszeniert. history of cinema and art, as well as from the mass media. These are altered, accenÜberdimensionierte Geschlechtsteile, Körperfragmente und ihr fratzenhaftes Ar- tuated and exaggerated in Sherman’s carefully composed photographs. In the 1990s, rangement: Die Fotografien von Penis und Vagina zwingen den Betrachter durch medical mannequins and prostheses increasingly take the place of Sherman’s own ihre schiere Größe zum Hinsehen. Die blutrote, gespreizte Vagina öffnet sich der Pe- body. Untitled #252, Untitled #262 and Untitled #263 (1992) belong to the artist’s netration durch den Blick. Der hell ausgeleuchtete, schlaffe Penis verlangt nach Auf- Sex Pictures series, in which she photographs scenes that she has staged exclusively merksamkeit. Trotz ihrer offensichtlichen Künstlichkeit verstören die Körperteile with mannequin parts. durch ihre schonungslose Unmittelbarkeit. Auch dort, wo die nackten Puppenkör- Overly large genitalia, body fragments and their grotesque arrangement: the photoper sorgfältig auf Stoffbahnen drapiert und warm ausgeleuchtet der Schaulust des graphs of penis and vagina force the viewer to look at them through their sheer size. Betrachters angeboten werden, stößt ihn deren obszöne Direktheit zurück. The blood red, spread vagina opens itself to penetration by our gaze. The brightly lit, Shermans Sex Pictures zeigen ein absurdes Körperbild. Es schwankt zwischen Natür- limp penis demands attention. Despite their obvious artificiality, the unsparing imlichkeit und Künstlichkeit, zwischen Lebendigkeit und Tod. Es konfrontiert den Be- mediacy of these body parts unsettles us. Even where the naked mannequin pieces trachter mit seinen (normativen) Vorstellungen von Körper und Geschlecht und are offered to our voyeuristic eyes on carefully draped lengths of fabric and in a bricht mit einer erotisch-pornografischen Betrachtungshaltung von Nacktbildern. warm lighting, their obscene directness repels us. »Nacktheit kann ein fauler Trick sein. Deshalb benutze ich künstliche Brüste und Sherman’s Sex Pictures portray an absurd image of the body, one that fluctuates beHintern, zur Vermeidung der Sensationsgier, die ich unterlaufen wollte.«1 [kb ] tween nature and artifice, between life and death. It confronts us as viewers with our (normative) ideas of body and gender and breaks with an erotic, pornographic way 1 Matthew Weinstein, »Interview mit Cindy Sherman«, in: Jürgen Klauke — Cindy Sherman, hg. von Ingvild of looking at nude photos. »Nudity can be a cop out. That is why I use fake tits and Goetz, Sammlung Goetz, Ostfildern, 1994, S. 60. asses, to avoid sensationalisms which I wanted to subvert.«1 [kb ] 79 zwei ventilatoren 1998 arbeitsplatz 1999 roman 81 blauer rauch 1984/2001 leiter mit ballonen 1994 roman signer 83 truth study centre 2007/08 2005—2008 wolfgang 1 Wolfgang Tillmans, zit. n. Dirk Peitz, »Man fotografiert, was man liebt«, in: Süddeutsche Zeitung, 20. Februar 2007, S. 13. 1 Wolfgang Tillmans interviewed by Lorena Muñoz-Alonso in #6 The Last Observer, 10 November 2010, a free weekly newspaper edited by Latitudes in conjunction with the exhibition The Last Newspaper, New Museum, New York, 6.10.2010–9.1.2011. 85 What is right? Is that true? How trustworthy is our world? In today’s flood of global images and media, these questions can no longer be clearly answered. In the case of Wolfgang Tillmans and his extensive research project, truth study centre 2007/08, the search for ›truths‹ carried him into a wide range of subject areas. On specially designed tables, Tillmans presents documents, his own works and found items relating to politics and current affairs, and makes reference to topics such as nature, religion, AIDS, astronomy and homosexuality. Hard-hitting contrasts mirror the imagery confronting us in everyday life and draw our attention to the messages thereby conveyed. Thus the photo of an airplane crash is paired with a bag of sunflower seeds labelled »sunshine«, while a pizza advert appears next to a newspaper clip about an execution. At the heart of Tillmans’ ›truth research‹ lie alarming examples of society’s increasing radicalisation and dogmatisation, developments that became palpable in politics and the media as from the end of the 1990s. With truth study centre 2007/08, created between 2005 and 2008 and the largest installation of the artist to date, Wolfgang Tillmans consciously reacts to the events of 11 September 2001 and to the political and social clashes that followed in its wake. The artist experienced the subsequent unfolding of America’s harsh »War on Terrorismm« campaign, for example, in England and during a stay in New York, and observed a hardening of ideological attitudes that he found increasingly intolerable. For Wolfgang Tillmans, the tables of the truth study centre became a way of thinking about perception and truth: »I realised that all the problems that the world faces right now arise from men claiming to possess absolute truths.«1 Ten years after the period during which it was compiled, this installation has lost none of its topicality. [jj ] truth study centre 2007/08 wolfgang tillmans 2005—2008 Was ist richtig? Ist das wahr? Wie glaubwürdig ist unsere Welt? In der heutigen Flut an globalen Bildern und Medien lassen sich diese Fragen nicht mehr eindeutig beantworten. Bei Wolfgang Tillmans und seinem großen Recherche-Projekt truth study centre 2007/08 führte die Suche nach ›Wahrheiten‹ zunächst in ein weites Spektrum an Themen. Auf eigens entworfenen Tischen präsentiert er Dokumente, eigene Arbeiten und Fundstücke aus Politik und Zeitgeschehen und verweist auf Themenfelder wie Natur, Religion, Aids, Astronomie und Homosexualität. Harte Kontraste spiegeln die ästhetischen Zumutungen des Alltags wider und lenken den Blick auf die dabei vermittelten Botschaften. Das Bild eines Flugzeugabsturzes trifft auf eine Tüte Sonnenblumensamen mit der Aufschrift »sunshine«, eine Pizzawerbung erscheint neben einem Zeitungsausschnitt über eine Hinrichtung. Im Zentrum von Tillmans’ ›Wahrheitsforschung‹ stehen erschreckende Beispiele für eine fortschreitende Radikalisierung und Dogmatisierung der Gesellschaft, wie sie in Politik und Medien ab dem Ende der 1990er Jahre fassbar geworden waren. Mit seiner bisher größten Installation, dem truth study centre 2007/08, geschaffen in den Jahren 2005 bis 2008, reagiert Wolfgang Tillmans bewusst auf die Ereignisse des 11. September 2001 und den danach entstandenen politischen und gesellschaftlichen Konfrontationen. So hatte der Künstler selbst beispielsweise die damalige harsche US-Kampagne »War on Terrorism« in England und während eines Aufenthalts in New York erlebt und eine für ihn immer unerträglicher werdende Ideologisierung festgestellt. »Die Tische des truth study centre«, erklärt Wolfgang Tillmans, »sind ein Weg geworden, weiter über Wahrnehmung und Wahrheit nachzudenken. Ich glaube, dass das größte Problem unserer Zeit Menschen sind, die absolute Wahrheiten für sich beanspruchen.«1 Diese Installation hat auch zehn Jahre nach ihrem Entstehungszeitraum nichts an Aktualität verloren. [jj ] 87 heim 1997 franz haim heimo ohne titel 1985 franz west 1 Franz West, in: Veit Loers, Franz West, ed. by Friedrich Christian Flick Collection, Cologne 2006, p. 133. 2 Franz West, cited from Franz West. Autotheater Köln — Neapel — Graz, ed. by Kunsthaus Graz, exhibition booklet, Graz 2010. 3 Franz West, cited from Veit Loers, »Die Hebammenkunst des Franz West«, in: Veit Loers, Franz West, ed. by Friedrich Christian Flick Collection, Cologne 2006, pp. 9 –73, here p. 11. passstuck o.j./undated 1 Franz West, in: Veit Loers, Franz West, hg. v. Friedrich Christian Flick Collection, Köln 2006, S. 133. 2 Franz West, zit. n. Franz West. Autotheater Köln — Neapel — Graz, hg. v. Kunsthaus Graz, Ausstellungsbooklet, Graz 2010. 3 Franz West, zit. n. Veit Loers, »Die Hebammenkunst des Franz West«, in: Veit Loers, Franz West, hg. v. Friedrich Christian Flick Collection, Köln 2006, S. 9 –73, hier S. 11. 1997 was one of those years in which the Biennale in Venice, documenta in Kassel and Skulptur Projekte in Münster all appeared on the international art calendar. Franz West was represented at all three exhibitions. In Kassel the events hall was equipped with his Doku-chairs (1997), upholstered in vibrant textiles. In Münster his brightly coloured outdoor sculpture Étude de couleur (1991) served as a men’s urinal in the municipal park. In both cities, in other words, the emphasis fell upon the practical use of his works, not their contemplation. This is also true of his Biennale contribution, albeit in a somewhat more complex fashion. The multi-part installation Heim (Home, 1997) was produced in collaboration with Heimo Zobernig and Haim Steinbach. The homophony — Heim, Heimo and Haim all sound more or less identical — was not a coincidence but a source of inspiration. But the title is not only an allusion to the schematic bedroom to which Heimo Zobernig contributed the cupboard with the broken mirror and Haim Steinbach the slippers and gloves; it also announces one of the work’s possible display sites. »Here Heim is shown in public, but it can also be utilized at home, from the wardrobe to the gloves and slippers, or relativized in its materiality by using the Adaptives«1, i.e. the two dumbbell-shaped objects. The boundary between thing and artwork, art space and everyday space, contemplation and utilization is casually and constantly blurred in West’s practice, but is thereby also complicated. »To think of it as furniture is a misunderstanding; they are representations of furniture that can be used like furniture.«2 His works imitate not only the appearance but also the usage of everyday objects. Art as something functionless is circumvented, without letting it become identical with life. West even recruits the viewer into the service of this artistic goal: his amorphous, often comically shaped Adaptives are not just for looking at but also for putting on and moving about. The sculptures are used and the users become a visual and conceptual component of the sculpture. »I call the Adaptives with human bodies art.«3 [db ] 89 1997 war eines jener Jahre, in denen die Biennale in Venedig, die documenta in Kassel und die Skulptur Projekte in Münster zusammenfielen. An allen drei Orten war Franz West vertreten. In Kassel bestückten seine mit bunten Stoffen bespannten Dokustühle (1997) den Veranstaltungssaal. In Münster diente die farbenfrohe Außenskulptur Étude de couleur (1991) als Pissoir in der städtischen Parkanlage. Hier wie dort stand also die Nutzung, nicht die Betrachtung seiner Werke im Vordergrund. Auf etwas kompliziertere Weise gilt das auch für seinen Biennale-Beitrag. Die mehrteilige Installation Heim (1997) entstand unter Mitarbeit von Heimo Zobernig und Haim Steinbach. Die Homofonie war dabei kein Zufall, sondern Stichwortgeber. Doch verweist der Titel nicht nur auf das schematisierte Schlafzimmer, zu dem Heimo Zobernig den Wandschrank mit zerbrochenem Spiegel und Haim Steinbach die Pantoffeln und Handschuhe beisteuerten. Es klingt auch einer der möglichen Ausstellungsorte dieser Arbeit an: »Hier ist Heim öffentlich gezeigt, es kann aber auch daheim vom Kleiderschrank über den Hand- zum Hausschuh angewandt oder eben durch Verwendung der ›Passstücke‹«, also der beiden hantelartigen Objekte, »in seiner Materialität relativiert werden.«1 Die Grenzziehung zwischen Ding und Kunstwerk, Kunst- und Alltagsraum, Betrachtung und Benutzung wird in Wests Werk so salopp wie unentwegt verwischt, dabei aber auch verkompliziert. »Dass es Möbel wären, ist ein Missverständnis, es sind Darstellungen von Möbeln, die wie Möbel verwendet werden können.«2 Die Werke ahmen also nicht nur das Aussehen, sondern auch die Nutzung von Alltagsdingen nach. So wird die Kunst als das Funktionslose ausgehebelt, ohne sie mit dem Leben identisch werden zu lassen. Mit diesem Anliegen macht West auch nicht vor dem Betrachter halt. Denn seine amorphen, oft skurril geformten Passstücke sind nicht nur anzusehen, sondern auch anzuziehen und zu bewegen. Die Skulpturen werden genutzt und die Nutzer zum visuellen, wie konzeptuellen Bestandteil der Skulptur. »Ich nenne die Passstücke mit menschlichen Körpern Kunst.«3 [db ] Georg Baselitz Nathalie Djurberg geb. / born 1938 in Deutschbaselitz, GER lebt / lives in Salzburg, AT geb. / born 1978 in Lysekil, SE lebt / lives in Berlin, GER Proposition d’habitation (1991)* Depafitplatten, Leim, Dispersion / Depafit boards, glue, emulsion 29 × 74 × 54 cm Der Hirte (1966)* Öl auf Leinwand / oil on canvas 162.5 × 131 cm Vargen (2003)** Video, s/w, ohne Ton, 4:02 Min./ video, b/w, without sound, 4:02 min., Edition 1/4 Solutions (1992)** Video, s/w, Ton, 7:50 Min. / video, b/w, sound, 7:50 min. Cellule No. 2 (1992)** Holz, Stoff, Karton, Dispersion / wood, fabric, cardboard, emulsion 220 × 430 × 10 cm Bataille (1993)** Video, Farbe, Ton, 62:24 Min. / video, colour, sound, 62:24 min. Hans Bellmer geb. / born 1902 in Kattowitz, PL gest. / died 1975 in Paris, FR Die Puppe (La poupée dans l’escalier) (1935)** Vintage Gelatinesilber-Abzug / vintage gelatin silver print 23.9 × 18.1 cm Eija-Liisa Ahtila geb. / born 1959 in Hämeenlinna, FI lebt / lives in Helsinki, FI Casting Portraits I (1995–1997)** Schwarz-Weiß-Fotografien / b/w photographs, Edition 2/10 2 Teile, je / 2 parts, each 26 × 20 cm Casting Portraits II (1995–1997)* Schwarz-Weiß-Fotografien / b/w photographs, Edition 2/10 2 Teile, je / 2 parts, each 27 × 21 cm Casting Portraits III (1995–1997)** Schwarz-Weiß-Fotografien / b/w photographs, Edition 2/10 3 Teile, je / 3 parts, each 26 × 21 cm Marcel Broodthaers geb. / born 1924 in Brüssel / Brussels, BE gest. / died 1976 in Köln / Cologne, GER Pipe alphabet (1968–1972)* Geprägte Kunststofftafeln, 4-teilig / 4 gravure-printed sheets of plastic 4 Teile, je / 4 parts, each 83 × 120 cm A Voyage on the North Sea (1973)* 16mm-Film, Farbe, ohne Ton, 4:15 Min., Buch mit 38 ungeschnittenen Seiten im Offsetdruck/ 16mm film, colour, no sound, 4:15 min., book with 38 uncut pages, offset Casting Portraits IV (1995–1997)** Schwarz-Weiß-Fotografien / b/w photographs, Edition 2 /10 3 Teile, je / 3 parts, each 27 × 21 cm Casting Portraits V (1995–1997)* Schwarz-Weiß-Fotografien / b/w photographs, Edition 2 /10 3 Teile, Foto 1 und 3: je 26 × 21 cm, Foto 2: 24 × 22 cm / 3 parts, photo 1 and 3: each 26 × 21 cm, photo 2: 24 × 22 cm Casting Portraits VI (1995–1997)** Schwarz-Weiß-Fotografien / b/w photographs, Edition 2 /10 4 Teile, je / 4 parts, each 27 × 20 cm Nathalie Djurberg Hans Berg geb. born 1978 in Rättvik, SE / lebt / lives in Berlin, GER Condemnation (2004)** Video, Farbe, Ton, 3:11 Min./ video, colour, sound, 3:11 min., Edition 4 /4 People tend to laugh when you fall on your butt (2006)** Video, Farbe, Ton, 4:26 Min./ video, colour, sound, 4:26 min., Edition 4 /4 David Claerbout Shadow Piece (2005)** Video, s/w, Ton, 30:19 Min./ video, b/w, sound, 30:19 min., Edition 2 /5 Shadow Piece Study 1 (2005)** Tinte und wasserfester Marker auf Papier/ ink and waterproof marker on paper 32 × 24 cm Sketch Shadow Piece (2005)** Tusche auf Papier/ ink on paper 40 × 30 cm lives in Zürich, CH born 1946 in Zürich, CH died 2012 in Zürich, CH »F« Projektion Blumen (1998)** 162 Kleinbild-Dias, 2 Dia-Projektoren, Überblendungsgerät / 162 slides, 2 slide projectors, cross-fade device, Edition 1/4 Katharina Fritsch geb. / born 1956 in Essen, GER lebt / lives in Düsseldorf, GER Messekoje mit vier Figuren (1985)** Holz, Gips, Dispersion, 4 Alabastergipsfiguren / wood, plaster, emulsion, 4 alabaster plaster figural sculptures, Edition 1/2 280 × 200 × 200 cm Lexikonzeichnung Schlaraffenland (1996)** Siebdruck, Papier, Holz, Folie / screen print, paper, wood, foil, Edition 27/40 54 × 54 cm Stan Douglas geb. / born 1960 in Vancouver, CA lebt / lives in Vancouver, CA Set for Win, Place or Show: East View, West View, Overview (1998)** Farbfotografien / colour photographs, Edition 1/7 3 Teile, je / 3 parts, each 76.2 × 101.6 cm Urs Fischer geb. / born 1969 in Kortrijk, BE lebt / lives in Berlin, GER Peter Fischli / David Weiss born 1952 in Zürich, CH geb. / lebt / geb. / gest. / geb. / born 1973 in Zürich, CH lebt / lives in New York, US Glaskatzen — Mülleimer der Hoffnung (1999)* Teppich, Holz, Glas, Silikon, Acryl / carpet, wood, glass, silicone, acrylic 102 × 270 × 386 cm Baked Master’s Basket (1999 /2005)* Beton, Eisen, Backsteine / concrete, steel, bricks 250 × 1750 × 1360 cm Dan Graham geb. / born 1942 in Urbana, US lebt / lives in New York, US Housing Project, Jersey City, NJ Housing Project, Bayonne, NJ (1966)** Schwarz-Weiß- und Farbfotografie auf Karton / b/w and colour photograph on cardboard 24.8 × 32.4 cm, 26.7 × 31.8 cm Trucks, New York City Two Family Groups Near New Houses, Staten Island, NY (1966/67)** Farbfotografien auf Karton / colour photographs on cardboard 26.7 × 34.3 cm, 27.9 × 35.5 cm Courtyard of Housing Development, Jersey City, NJ Dining Room, Model House, Staten Island, NY (1966/67)** Farbfotografien auf Karton / colour photographs on cardboard 26.9 × 35.6 cm, 25.4 × 35.6 cm Living Room Interior of Model Home, Staten Island, NY Facade of House, Westfield, NJ (1966/67)** Farbfotografien auf Karton / colour photographs on cardboard 26.5 × 34.5 cm, 24.2 × 33.5 cm Two Joined Cubes (Dedicated to Roy Lichtenstein) (1997)** Studienmodell, Silberfolie, Plexiglas, Aluminium, Klebeband / study model, silver foil, Plexiglas, aluminium, adhesive tape 7.3 × 26.6 × 17.9 cm Portal (Gateway to a Small City or Airport Hotel) (1997)** Studienmodell, Silberfolie, Plexiglas, Klebeband / study model, silver foil, Plexiglas, adhesive tape 11.4 × 23 × 13 cm 91 Werke works Verzeichnis list o der ausgestellten exhibited Alle Werke / all works: Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie * 2008 Schenkung der Friedrich Christian Flick Collection / 2008 donation from the Friedrich Christian Flick Collection ** 2014 Schenkung der Friedrich Christian Flick Collection / 2014 donation from the Friedrich Christian Flick Collection Absalon geb. / born 1964 in Aschdod, ISR gest. / died 1993 in Paris, FRA Richard Jackson geb. born 1939 in Sacramento, CA Gordon Matta-Clark geb. born 1943 in New York, US gest./ died 1978 in New York, US School of Velocity (1993)* Musikinstallation, Yamaha DisklavierTM mit Software, Klavierstuhl, 1.442 gerahmte Partiturblätter / Music installation, Yamaha DisklavierTM and software, piano stool, 1442 framed pages of score Raumgröße / Room size Untitled (Model I for 5050 Stacked Paintings) (1998)** Holz, Sperrholz, Wellpappe, Bleistift / wood, plywood, corrugated cardboard, pencil 49 × 106 × 106 cm Graffiti Photoglyph (1973)* Sprayfarbe auf Schwarz-Weiß-Fotografie / spray paint on b/w photographs 42 × 945 cm / lebt / lives in Vancouver, CA Candida Hofer geb. born 1944 in Eberswalde, GER / lebt / lives in Köln / Cologne, GER Kunsthistorisches Museum Wien II (Franz West) (1990)** Farbfotografie / colour photograph, Edition 5 /6 50 × 50 cm Kunsthistorisches Museum Wien IV (Franz West) (1990)* Farbfotografie / colour photograph, Edition 3 /6 50 × 60 cm Kunsthistorisches Museum Wien VII (Franz West) (1990)* Farbfotografie / colour photograph, Edition 5 /6 50 × 50 cm Axel Hutte geb. born 1951 in Essen, GER / lebt / 5050 Stacked Paintings (1998/2015)* Acryl auf Leinwand / acrylic on canvas 2.84 × 13.65 × 12.75 m Hans Josephsohn geb. born 1920 in Königsberg, Ostpreußen / Parnell Road (1990)** Farbfotografie / colour photograph, Edition 1/4 166 × 110 cm / East Prussia (heute / today Kaliningrad, RUS) gest. / died 2012 in Zürich, CH Ohne Titel (2002)** Messingguss / brass cast, Edition 2 /6 165 × 86 × 58 cm Martin Kippenberger geb. / born 1953 in Dortmund, GER gest./ died 1997 in Wien / Vienna, AT Put Your Freedom in the Corner, Save it For a Rainy Day (1990)* Holz, Robert Gober-Tapete, Keramik, Klebstoff / wood, Robert Gober wallpaper, ceramic, glue Sockel mit Vase / plinth with vase: 160 × 32 × 34 cm, Mauerelement / wall element: 183 × 156 × 45 cm Joseph Kosuth lebt / lives in New York, US Untitled (Frank! You communist...) (1993)* Tusche auf Papier / ink on paper 35.6 × 26 cm Light Bikini for Opera Sextronique (1966/1975)* Plastiknetz mit Glühbirnen auf Plexiglas, Kabel, Steuerungskasten mit Kippschaltern / plastic net with incandescent light bulbs on Plexiglas, control box with rocker switches 3 Dreiecke: je / 3 triangles: each ca. 14.5 × 19 × 3 cm, Kasten / box: 11 × 16 × 13 cm Untitled (Not a hippie...) (1972)* Farbstift und Tusche auf Papier / coloured pencil and ink on paper 24.8 × 35.6 cm Untitled (The idea of...) (1998)* Tusche auf Papier / ink on paper 63.5 × 48.4 cm Untitled (It got so cold...) (1986)* Tusche auf bedrucktem Papier / ink on printed paper 27.9 × 21.6 cm Untitled (Without more discretion...) (1998)* Tusche auf Papier / ink on paper 42.9 × 29.6 cm Untitled (My alibi) (1986)* Tusche auf Papier / ink on paper 40.5 × 29.7 cm Untitled (A still more) (1999)* Tusche auf Papier / ink on paper 40.5 × 56 cm Untitled (Another impression had...) (1987)* Farbstift und Tusche auf Papier / coloured pencil and ink on paper 32 × 37 cm Untitled (Dad? Will they...) (2000)* Tusche auf Papier / ink on paper 63.2 × 48 cm Untitled (Bob Bauman’s) (1987)* Tusche auf Papier / ink on paper 35.6 × 27.9 cm Untitled (Heads-up play) (2000)* Tusche auf Papier / ink on paper 75.5 × 56.5 cm Untitled (Death of a hot...) (1987)* Tusche auf Papier / ink on paper 35.5 × 27.8 cm Untitled (2001– 02) * Tusche auf Papier / ink on paper 9 Teile, Installationsmaß variabel / 9 parts, installation dimension variable / Paul McCarthy geb. born 1945 in Salt Lake City, US lebt / lives in Los Angeles, US Saloon Theater (1995–1999)* Videoinstallation mit Sperrholzbauten, 6 Videoprojektoren, 5 Abspielgeräte, 5 Videos / video installation with built plywood structures, 6 video projectors, 5 video players, 5 videos 5.90 × 18.00 × 20.30 m I am Fluxus (1975)* Kalenderblatt und Plakat gerahmt und collagiert, Rollbild / calendar sheet and poster framed and collaged, scroll painting ca. 191 × 210 × 3.5 cm Basement Bunker (2006)** 45 Farbabzüge in Box / 45 colour prints in a box, Edition 3 /10 je / each 40.5 × 28.6 cm MS Fluxussus. Symphonie Nr. 7 — Hommage an Joe Jones (1980)* Ferngesteuerte, schwimmtüchtige Geige, Fernsteuerung / remote-controlled violin capable of »swimming«, remote control, Edition 2 /10 Geige / violin: 61 × 21 × 14 cm, Fernsteuerung / remote control: 102 × 15 × 9 cm Bruce Nauman geb. / born 1941 in Fort Wayne, US lebt / lives in Galisteon, US Double Cage Piece (1974)* Stahl, Beton / steel, concrete 3.60 × 1.13 × 18.53 m Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care (1984 /2010)* Celotex, Stahlrost, gelbes Licht / Celotex, steel frame, yellow light 9.54 × 12.16 × 14.52 m geb. / born 1945 in Toledo, US, lebt / lives in New York und Rom / and Rome, IT Nothing (1968)* Collage, Bleistift auf Leinwand und Karton / collage, pencil on canvas and cardboard 13.7 × 11.7 cm gest./ died 2006 in Miami, US Raymond Pettibon geb. born 1957 in Tucson, US I am Fluxus (1975)* Kugelschreiber und Collage auf Zeitungsdoppelseite / ballpoint pen and collage on double-page newspaper spread 35.7 × 53 cm / lives in Düsseldorf, GER Balford Tower (1990)* Farbfotografie / colour photograph, Edition 1/4 166 × 110 cm / / lebt / lives in Sierra Madre, CA Nam June Paik geb. born 1932 in Seoul, KR Brian O’Doherty geb. / born 1928 in Ballaghaderrenn, IE lebt / lives in New York, US Portrait of Marcel Duchamp: Lead 1 (1966)** Holz, Glas, Motor / wood, glass, motor 45 × 45 × 20.5 cm 1 × Print: Portrait of Marcel Duchamp: Mounted Cardiogram, 4 / 4 / 1966 (2015)** Tusche auf Papier / ink on paper, Edition 24 /25 44 × 35.5 cm Manfred Pernice geb. / born 1963 in Hildesheim, GER lebt / lives in Berlin, GER Wall, Wohn- und Wachanlage (1997/98)** Spanplatte, Papier / particleboard, paper 205 × 150 × 700 cm / Untitled (Watch me!) (1987)* Tusche auf Papier / ink on paper 27.9 × 35.5 cm Untitled (It was just as...) (1987)* Tusche auf Papier / ink on paper 40.6 × 29.5 cm Untitled (I remained faithful...) (1989)* Tusche auf Papier / ink on paper 35.2 × 27.8 cm Untitled (Coin. How all one’s...) (1990)* Tusche auf Papier / ink on paper 62.2 × 45.7 cm Untitled (Let me drink...) (1990)* Tusche auf Papier / ink on paper 35.5 × 28 cm Untitled (You know the Germans...) (1990)* Tusche auf Papier / ink on paper 61 × 45.7 cm Untitled (Guard the word) (1990)* Tusche auf Papier / ink on paper 43.4 × 56 cm Albert Renger-Patzsch geb. / born 1887 in Würzburg, GER gest./ died 1966 in Soest, GER Maisstiel mit Blüte (ca. 1925)* Vintage Gelatinesilber-Abzug / vintage gelatin silver print 23.1 × 17 cm Sonnenblume von hinten (ca. 1925)* Vintage Gelatinesilber-Abzug / vintage gelatin silver print 22.9 × 17.1 cm Detail einer Strickmaschine (ca. 1930)* Gelatinesilber-Abzug / gelatin silver print 23.3 × 17.2 cm Röhrenfertigungsanlage (ca. 1930)* Gelatinesilber-Abzug / gelatin silver print 22.8 × 16.5 cm Untitled (A wilderness of tiles...) (1991)* Tusche auf Papier / ink on paper 35.5 × 28 cm Untitled (We can well...) (1991)* Tusche auf Büttenpapier / ink on laid paper 30.5 × 38.4 cm 93 Rodneygeb.Graham born 1949 in Vancouver, CA / gest./ died 2006 in Los Angeles, US A Few Free Years (1998)* 18 Spielautomaten, 18 Transformatoren, 18 Minidiscplayer und Minidiscs, 36 Lautsprecher, 18 Bewegungsmelder, 6 Monitore, 6 Videoplayer und VHS-Kassetten, Aluminiumrohre, Holz, Stromkabel, Putzlappen, Digitaldrucke, Stuhl / 18 video machines, 18 transformers, 18 minidisc players and minidiscs, 36 loudspeakers, 18 motion sensors, 6 monitors, 6 video players and VHS cassettes, aluminium tubing, wood, power cable, cleaning cloths, digital prints, chair ca. 6 × 9.75 × 7 m Dietergeb. Rothborn 1930 in Hannover, GER / gest./ died 1998 in Basel, CH Bjorn Roth geb. / born 1961 in Reykjavik, IS lebt / lives in Reykjavik, IS Gartenskulptur (seit / since 1968)* Holz, Draht, Seil, Metall, Baumaterialien und Werkzeug, Einrichtungsgegenstände, Pflanzen, Videorecorder, Videobänder, Monitore, Malutensilien, Flüssigkeiten in Gläsern, Lebensmittel, Spielzeug, Kleidungsstücke, Farben, Fotos, Zeichnungen, Multiples und Objektcollagen / wood, wire, rope, metal, building materials and tools, items of furniture, plants, video recorders, videotapes, monitors, painting utensils, liquids in preserving jars, foodstuffs, toys, clothing, paints, photos, drawings, multiples and object collages ca. 40 m Länge / length Dieter Roth Käse Multiple (1970)* Käse, Plexiglas / cheese, Plexiglas 33 Teile, je / 33 parts, each 17 × 16 × 16 cm Thomas Ruff geb. born 1958 in Zell / am Harmersbach, GER lebt / lives in Düsseldorf, GER Interieur 1A (1979)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 19 /20 27.5 × 20.5 cm Interieur 1B (1980)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 13/20 27.5 × 20.5 cm Interieur 1C (1981)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 9 /20 27.5 × 20.5 cm Interieur 1D (1982)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 19 /220 20.5 × 21.5 cm Interieur 1E (1983)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 12 /20 20.5 × 27.5 cm Interieur 2A (1979)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 9 /20 27.5 × 20.5 cm Interieur 2B (1980)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 6/20 27.5 × 20.5 cm Interieur 2C (1981)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 7/20 27.5 × 20.5 cm Roman Signer Luc Tuymans Interieur 4A (1979)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 15 /20 27.5 × 20.5 cm geb. / born 1938 in Appenzell, CH lebt / lives in St. Gallen, CH geb. / born 1958 in Mortsel, BE lebt / lives in Antwerpen/ Antwerp, BE Interieur 4B (1980)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 14 /20 20.5 × 27.5 cm Brücke (mit Feuer) (1981/1999)* Farbfotografie / colour photograph, Edition 3 /10 4 Teile, je / 4 parts, each 49 × 64 cm Interieur 4C (1981)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 2 /20 27.5 × 20.5 cm Blauer Rauch (1984 /2001)* Farbfotografie / colour photograph, Edition 4 /10 35.2 × 23.2 cm Untitled (1979)** Collage, Gouache über Offset und Haare auf Halbkarton / collage, gouache over offset and hair on card 55 × 36.6 cm Interieur 4D (1982)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 13 /20 27.5 × 20.5 cm Leiter mit Ballonen (1994)* Farbfotografie / colour photograph, Edition 8/10 54 × 34 cm Interieur 4E (1983)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 6/20 20.5 × 27.5 cm Aquarium (1998)* Plexiglas, Wasser, Rakete, Sauerstoffpumpe, 5 rote Schwertträger-Fische, 4 Amazonas-Schwertpflanzen, Sockel / Plexiglas, water, rocket, oxygen pump, 5 red swordtail fish, 4 Amazon sword plants, plinth, Edition 2 /3 150 × 55 × 44 cm Thomas Schutte geb. born 1954 in Oldenburg, GER Zwei Ventilatoren (1998)* Ventilatoren / ventilators 193 × 180 × 70 cm The Laundry (1988)** Holz, Ölfarbe, Acrylfarbe, Metall, Textil / wood, oil paint, acrylic paint, metal, textile Maße variable/ dimensions variable Arbeitsplatz (1999)* Farbspraydose, Holzplatte, 2 Metallböcke, Eisensäge, Schraubstock / spraypaint can, wooden board, 2 metal blocks, hacksaw, vice 95 × 100 × 90 cm / lebt / lives in Düsseldorf, GER Graue Mauer (1990)* Lack auf PVC, 1201 Teile / enamel paint on PVC, 1201 parts 1049 Teile je / parts, each 10 × 20 × 0.2 cm, 152 Teile je / parts, each 10 × 10 × 0.2 cm, Maße variabel / dimensions variable Thomas Struth Interieur 2D (1982)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 12/20 27.5 × 20.5 cm geb. / born 1954 in Geldern, GER lebt / lives in Berlin, GER Interieur 2E (1983)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 14 /20 20.5 × 27.5 cm Cindy Sherman geb. born 1954 in Glen Ridge, US Interieur 3A (1979)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 5 /20 27.5 × 20.5 cm Untitled #252 (1992)** Farbfotografie / colour photograph, Edition 3 /6 190.5 × 127 cm Interieur 3B (1980)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 4 /20 27.5 × 20.5 cm Untitled #262 (1992)** Farbfotografie / colour photograph, Edition 3 /6 190.5 × 128.4 cm geb. / born 1968 in Remscheid, GER lebt / lives in Berlin, GER Interieur 3C (1980)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 7/20 27.5 × 20.5 cm Untitled #263 (1992)** Farbfotografie / colour photograph, Edition 5/6 102 × 152.4 cm truth study centre 2007/08 (2005–2008)* 37 Tischobjekte, Holz, Glas, Papier, Fotografien / 37 table objects, wood, glass, paper, photographs Raumgröße / room size Interieur 3D (1982)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 19 /20 27.5 × 20.5 cm Untitled #314F (1992)** Farbfotografie / colour photograph, Edition 4 /6 74.6 × 110 cm / lebt / lives in New York, US Louvre 1 (1989 /1990)** Farbfotografie / colour photograph, Edition 2 /10 183 × 234 cm Wolfgang Tillmans The Temple (1996)** Radierung und Aquatinta auf Rivespapier / etching and aquatint on Rives paper, Edition 24 /35 8 Teile, je / 8 parts, each 80 × 60.5 cm Franz West geb. / born 1947 in Wien / Vienna, AT gest./ died 2 2012 in Wien / Vienna, AT Ohne Titel (1985)** Papiermaché, Metall, Polyester, Acryl / papier mâché, metal, polyester, acrylic 27 × 69 × 15 cm PA 1 (1990)* Fernsehgerät mit Fernbedienung, Kopfhörer, Stahl, Holz, Dispersion / TV with remote control, headphones, steel, wood, emulsion Maße variabel / dimensions variable Heim (mit Heimo Zobernig und Haim Steinbach) (1997)* Holz, Stahl, Gaze, Modellgips, Farbe, Spiegelglas, Zeitungspapier, ein Paar Frottéefinken und Lederhandschuhe / wood, steel, gauze, modelling plaster, paint, mirror, newspaper, a pair of Frottée slippers and leather gloves Raumgröße / room size Passstück (o. J. / undated)** Kunststoff, Metall, Gips, Gaze, Dispersion / plastic, metal, plaster, gauze, emulsion 34 × 139 × 39 cm Passstück (o. J. / undated)** Bambus, Gaze, Gips, Farbe / bamboo, gauze, plaster, paint 28 × 101 × 7.5 cm Heimo Zobernig geb. / born 1958 in Mauthen, AT lebt / lives in Wien / Vienna, AT Ohne Titel (Paravent) (1991)** Kunstharz auf Masonitplatte, Metallscharniere / Synthetic resin on masonite board, metal hinges 4 Teile je / 4 parts, each 221 × 100 cm Interieur 3E (1983)* Farbfotografie, gerahmt / framed colour photograph, Edition 9 /20 27.5 × 20.5 cm 95 Jasongeb.Rhoades born 1965 in Newcastle, US Impressum / Colophon Diese Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung A Few Free Years. Von Absalon bis Zobernig: Schenkungen von Friedrich Christian Flick an die Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof — Museum für Gegenwart — Berlin, 28. November 2015 bis 13. März 2016. / / / This book was published on the occasion of the exhibition A Few Free Years. From Absalon to Zobernig: Donations by Friedrich Christian Flick to the Nationalgalerie at Hamburger Bahnhof — Museum für Gegenwart — Berlin, November 28, 2015 until March 13, 2016. Direktor der Nationalgalerie / Director of the Nationalgalerie: Udo Kittelmann Au s s t e l l u n g / Exhibition Kuratoren / Curators: Udo Kittelmann, Gabriele Knapstein Wissenschaftliche Mitarbeit / Curatorial assistance: Matilda Felix Kommunikation / Public Relation: Mechtild Kronenberg, Sarah Kaes Kunstvermittlung / Education: Daniela Bystron, Anne Fäser Konservatorische Betreuung / Conservator: Carolin Bohlmann Registrarin / Registrar: Ulrike Gast, Johanna Lemke Sekretariat / Office: Katherine Israel-Koedel, Konstanze Hausstätter Praktikantin / Intern: Marie Rasper Ausstellungseinrichtung / Art Handling: Lutz Bertram, Abrell van den Berg Medientechnik / Media Technology: Eidotech GmbH Technik / Technician: Wolfgang Focke Licht / Lighting: Victor Kégli Ausstellungsgraphik / Graphic Design: cyan [Berlin] www.cyan.de Publikation / Publication Herausgegeben von der / Edited by Nationalgalerie — Staatliche Museen zu Berlin Texte / Texts: Eugen Blume.............. [ e b ] Dorothée Brill............. [db ] Katharina Bühler......... [kb ] Matilda Felix.............. [mf] Joachim Jäger............. [ jj ] Gabriele Knapstein....... [gb ] An Paenhuysen........... [ ap ] Redaktion / Managing Editor: Matilda Felix Lektorat / Copyediting: Heide Barrenechea, Matilda Felix Übersetzungen / Translations: Karen Williams Praktikantinnen / Interns: Christine Puffer, Anna Simon-Stickley Gestaltung / Design: cyan [Berlin] www.cyan.de Lithografie / Lithography: hausstaetter Herstellung [Berlin] Siebdruck (Umschlag) / Silksreen (Cover): Novak Siedruck [Berlin] Druck+Bindung / Printing+binding: DZA Druckerei zu Altenburg GmbH © 2015 Staatliche Museen zu Berlin — Preußischer Kulturbesitz, Künstler, Autoren, Übersetzer, Gestalter und Fotografen / artists, authors, translators, graphic designers and photographers / / / © 2015 für die abgebildeten Werke: siehe Bildnachweis / for the reproduced artworks: see Photo Credits Für den Fall, dass einzelne namentlich nicht aufgeführte Inhaber/innen von Urheberrechten Rechtsansprüche haben, bitten wir um Korrespondenz mit dem Herausgeber. / Copyright holders who have not been mistakenly overlooked are requested to contact the editor. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:// dnb.dnb.de abrufbar. / The German National Library lists this publication in the German National Bibliography. Detailed bibliographic data are available at http:// dnb.dnb.de. Erste Auflage / First Edition: Berlin 2015 Alle Rechte, insbesondere das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Herausgebers reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. / All rights reserved, in particular the rights of reproduction, transmission and translation. No part of this publication may be reproduced, translated, stored in a retrieval system or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording or otherwise, without obtaining prior written permission from the publisher. P r i n t e d i n G e r m a ny ISBN: 978–3–88609–771–5 www.smb.museum Bildnachweis / Photo Credits © Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof, SMB, Schenkung der Friedrich Christian Flick Collection / Nationalgalerie in Hamburger Bahnhof, SMB, Donation from the Friedrich Christian Flick Collection Fotografien / photographs: Thomas Bruns (Rodney Graham, Richard Jackson, Gordon Matta-Clark, Manfred Pernice, Dieter Roth, Roman Signer); Roman März (Absalon, Urs Fischer, Paul McCarthy: Saloon Theater, Bruce Nauman); Jens Ziehe (Katharina Fritsch) © Sarah Bohn und Samuel Jeffery (Wolfgang Tillmans); A. Burger (Franz West); Philip Nelson (Thomas Schütte); Photography Juergen Nogai (Jason Rhoades); Ann-Marie Rounkle (Paul McCarthy: Basement Bunker); Ch. Schwager, Winterthur (Raymond Pettibon) Copyright: © für die abgebildeten Werke von / for the reproduced works by David Clearbout, Katharina Fritsch, Candida Höfer, Gordon Matta-Clark, Bruce Nauman, Thomas Schütte:© VG Bild-Kunst, Bonn 2015 Absalon: © Elie and Adele Eshel © Stan Douglas, Courtesy David Zwirner, New York © Urs Fischer © Dan Graham, Courtesy Johnen Galerie, Berlin © Rodney Graham © Richard Jackson, Courtesy Richard Jackson and Hauser & Wirth © Paul McCarthy, Courtesy Paul McCarthy and Hauser & Wirth © Manfred Pernice, Courtesy of the artist and Galerie Neu, Berlin © Raymond Pettibon, Courtesy David Zwirner, New York © Jason Rhoades, The Estate of Jason Rhoades, Courtesy Hauser & Wirth, Davis Zwirner, New York, London © Dieter Roth Estate, Courtesy Hauser & Wirth © Cindy Sherman, Courtesy Sprüth Magers and Metro Pictures © Roman Signer, Courtesy Roman Signer and Hauser & Wirth Wolfgang Tillmans: Courtesy Galerie Buchholz, Berlin / Cologne Umschlaggestaltung / Cover illustration: cyan [Berlin] www.cyan.de Für die Ermöglichung der Publikation danken wir sehr herzlich dem Verein der Freunde der Nationalgalerie. / We cordially thank the Verein der Freunde der Nationalgalerie for making this publication possible.