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Bodenreaktionskraft: “Die Handschrift des Golfers” Amatulli F., Herwegen H., Korn S., Liesen H. Sportmedizinisches Institut und Golfakademie, Universität Paderborn [email protected] Einleitung Ständig steigende Mitgliederzahlen im Golfsport und die Entwicklung hochsensibler Messverfahren aktualisieren das Thema “Verteilung der Bodenreaktionskräfte (BRK) beim Golfschwung” immer wieder. Neben herkömmlicher Bildbetrachtung gewinnt die Analyse der vertikalen BRK zur Optimierung des Schwungablaufs immer mehr an Bedeutung. Die zwingende Integration gesundheitlicher Aspekte zur Verletzungsprophylaxe verlangt neue Parameter zur Charakterisierung dieser komplexen Bewegungsabläufe. Ausgehend von einer leicht linkslastigen Verteilung beim Start (Abdrücken Die Kraft-Zeit-Kurven einzelner Spieler zeigen im Vergleich zu Abbildung vom linken Fuß) zeigt der Rückschwung mit ca. eine Sekunde Dauer einen 2 unregelmäßigere und zudem verschiedene Verläufe. Im Vergleich synchronen seitengetrennten Kraftverlauf bis kurz vor dem vollen zweier Spieler mit unterschiedlichem Leistungskönnen zeigt sich darüber Rückschwung. Das Kraftmaximum auf rechts wird bereits vor dem vollen hinaus die geringere Standardabweichung und intraindividuell hohe Rückschwung Konstanz beim “guten” Spieler. erreicht. Der Ab- und Durchschwung ist durch seitenungleiche Kraftverteilung gekennzeichnet, wobei zum Impact das Verhältnis 54% (rechts) : 37% (links) erreicht wird. Das Kraftmaximum des linken Beines bei einer Summe über dem Körpergewicht (MW 116%) “guter” Golfer erfolgte bei den Probanden erst kurz nach dem Impact. Im weiteren Verlauf bis zum Finish (Schaft im Durchschwung hinter dem Golfer und parallel zum Boden) nehmen die auftretenden Kräfte auf beiden Seiten ab. Die Forderung nach stabilen Merkmalen des Golfschwungs im Sinne einer Insgesamt zeigt sich ein typisches Rechts-Links-Shifting. "Handschrift" des Golfers hat das Sportmedizinische Institut der Universität Die BRK-Messung nach Gruppen aufgeteilt ergab leistungsspezifisch Paderborn in Kooperation mit der Golfakademie veranlasst, vertikale BRK beim vollen Golfschwung in unterschiedlichen Leistungsklassen unter standardisierten Bedingungen zu untersuchen. signifikante Unterschiede, insbesondere in Bezug auf die verschiedenen [ ] Schwungpositionen zwischen den Gruppen A und C (Abb. 4, Tab. 1 und 2). Die BRK aller Spieler überschreitet 100% erst nach dem Impact. Dabei “schwacher” Golfer beträgt die Gesamtbelastung auf die Messplatte bei den “guten” Golfern im Methoden Impact ca. 87% des Körpergewichts, bei den “mittelguten” Golfern ca. 94%. In die Studie wurden 33 Probanden aufgenommen. Hierunter befanden sich zwölf “gute” Golfer (HCP-Gruppe A, MW: 1.8), zehn “mittelgute” 130 Golfer (HCP-Gruppe B, MW: 18.4) und elf “schwache” Golfer ohne HCP 110 (HCP-Gruppe C). Der Test bestand aus einer Serie von Golfabschlägen HCP A links HCP A rechts HCP B links HCP B rechts 90 Vertikalkraft [%] auf ein definiertes Ziel in 135m Entfernung bei freier Schlägerwahl (E4E7). Es wurden Daten zur vertikalen BRK mit Bewegungssynchronisation durch simultane Videoanalyse erfaßt. Die Bodenreaktionskraft beim 100% HCP C links HCP C rechts 70 50 vollen Schwung wurde bei jeweils zehn aufeinanderfolgenden Schlägen 30 (insgesamt 321 Messreihen) aufgenommen und zu fünf markanten 10 Abb. 3: Mittelwertskurven mit Standardabweichungen der BRK im Vergleich zweier Spieler 0 Schwungpositionen ausgewertet: 1 = Start, 2 = Voller Rückschwung 3 = Impact, 4 = Maximale Vertikalkraft links, 5 = Endposition. 0,5 1 1,5 Zeit [sek] Diskussion Abb. 3: BRK nach HCP (n = 321 Messreihen). Alle Untersuchungen wurden auf derselben BRK-Messplatte der Fa. Mechatronic1 unter standardisierten Bedingungen durchgeführt (Abb. 1). HCP Signifikanz Pearsons CC *** r = 0.290 Die seitengetrennte Bodenreaktionskraft wurde in Kraft-Zeit-Kurven links erfaßt. Bei Auslösung der Messung wurde ein Triggersignal erzeugt und Voller Rückschwung zur Synchronisation mittels LED (light-emitting-diode) visualisiert. rechts ** r = -0.188 total *** r = 0.445 Schwung und LED-Signal wurden durch eine frontal positionierte Digitalkamera (Sony, DCR-VX 1000E) aufgezeichnet. links Die Treffmoment Softwareprogramme DigiMax 100Hz-Netz-Version 7.81 für die BRKAnalyse und SIMI-Motion Version 5.2, build 195 für die Videoanalyse max. links ermöglichten die Auswertung. und deren empirisch-statistisch leistungsrelevantem Bezug. Die beim Putten und teils beim Chippen aufgrund absoluter Präzision nicht wünschenswerte bzw. generell unbedeutende Gewichtsverlagerung zeigt sich beim vollen Schwung in Form eines typischen Rechts-Links3, 4, 5, 9 rechts ** r= 0.145 Shiftings total ** r = 0.173 der Ab- und Durchschwung durch seitenungleiche Kraftverteilung links *** r = 0.312 gekennzeichnet. Im Gegensatz zu BARRENTINE, KEITH, WILLIAMS rechts Endposition Video r = 0.045 Das Ziel dieser Arbeit lag in der Beschreibung von Kraft-Zeit-Diagrammen r = -0.72 . In dieser Studie war der Rückschwung durch seitengleiche, zeigte sich im Impact das Gewichtsverhältnis rechts 55% zu links 40% total *** r = 0.231 links *** r = -0.525 rechts *** r = 0.304 Interindividuell fanden sich teils deutliche Unterschiede bei jedoch total *** r = -0.392 intraindividuell hoher Konstanz. Die leistungsbezogene BRK-Analyse [***] höchst signifikant (p <= 0.001), sowie das Kraftmaximum des linken Beines erst kurz nach dem Impact. ergab Unterschiede zu einzelnen Schwungzeitpunkten [**] hoch signifikant (0.01 >= p > 0.001), [*] signifikant (0.05 >= p > 0.01). 1,6-11 , insbesondere fielen die “besseren” Golfer durch ein ausgeprägteres Rechts-Links- Tab. 1: Seitengetrennte BRK und HCP (Bivariate Korrelationen, n = 321 Messreihen). Shifting auf. Darüber hinaus zeigten “gute” Golfer im vollen Rückschwung und zum Zeitpunkt des maximalen Kraftimpulses links geringere Signifika nz Sta rt Volle r Rückschw ung Bodenreaktionskräfte Tre ffm om e nt m a x . links Abb. 1: Versuchsaufbau zur BRK-Messung. Endposition links rechts links rechts links rechts links rechts links rechts HCP A ~ B *** *** * HCP B ~ C *** *** *** *** *** *** * * *** HCP A ~ C Abweichungen. Ungeklärt bleibt, ob die untersuchten “guten” Spieler mehr oder weniger sinnvolle Kraft-Zeit-Diagramme produzieren. Sie sind jedenfalls in der Lage, diese mit leichten Nuancen (vergleichbar einer *** *** *** ** Handschrift) zu reproduzieren. Ausblick für weitere Analysen der BRK im * *** insbesondere Schmerzbildern darstellen. Sinne präventiver Diagnostik sollte der Zusammenhang mit Symptomen, *** *** Zusammenfassung Tab. 2: BRK und HCP-Gruppenvergleich (T-Test, n = 321 Messreihen) Ergebnisse Die vertikale Bodenreaktionskraft ist ein zuverlässiger Parameter zur Charakterisierung des vollen Golfschwungs. Sie ist vergleichbar mit der "Handschrift" des Golfers. Eine harmonische Gewichtsverlagerung ist nicht nur für den Golfanfänger, sondern auch für den Leistungssportler von großer Bedeutung. Die Analyse der Standard-Abweichungen der BRK zu einzelnen Schwungpositionen geben die Tabellen 3-4 wieder. Es fanden sich auch Die 33 Probanden waren zum Untersuchungszeitpunkt zwischen 14 und hier Abnahmen der Abweichungen vom Mittelwert mit besserem 58 Jahren alt, das Durchschnittsalter lag bei 25.7 Jahren. Darunter waren Leistungsniveau (Tab. 3). 22 Männer und 11 Frauen. Das Kraft-Zeit-Diagramm in Abbildung 2 zeigt Die eine Zusammenfassung der Mittelwerte und Standardabweichungen aller 321 Messreihen zu den 5 Schlagpositionen. Korrelationsanalyse ergab einen schwach signifikanten Zusammenhang für den Start, jedoch statistisch besonders enge Zusammenhänge für die Schwungposition des vollen Rückschwungs und Literatur des Maximums links (Tab. 4). 1 2 3 4 Vertikalkräfte: links Vertikalkräfte: rechts 130 Vertikalkraft [%] 110 90 5 Mittelwert Stardabweichung (N) Start HCP B HCP C 1.61 2.32 2.28 2 CARLSOO S. A kinetic analysis of the golf swing. J Sports Med Phys Fitness 1967; 7: 76-82 Voller Rückschwung 1.7 3.03 3.51 Treffmoment 9.71 10.85 10.75 3 COOPER JM, BATES BT, BEDI J (et al). Kinematic and kinetic analysis of the golf swing. In: NELSON und MOREHOUSE, CA (eds). Biomechanics IV. Baltimore: Uni-versity Park Press, 1974: 298-305 max. links 4.7 7.55 8.35 4 JOERGENSEN TJ. On the dynamics of the golf swing. Am J Phys 1970; 38 (5): 644-651 Endposition 9.79 12.04 12.3 5 KEITH R, CAVANAGH P. The mechanics of foot action during the golf swing and implications for shoe design. Medicine and science in Sports and Exercise 1983; 15: 247-255 6 KOENIG GC, TAMRES M, MANN RW. The biomechanics of the shoe-ground inter-action in golf. In: COCHRAN AJ, FARALLY MR (eds). Science and Golf II. London: E & FN Spon, 1994: 40-45 7 LETZELTER H & MJ. Leistungsdiagnostik im Golf. Czwalina, 1992 8 RICHARDS J, FARRELL J, KENT J (et al). Weight transfer patterns during the golf swing velocity. Res Quart 1985; 56: 361-365 9 ROBINSON RL. A study of the correlation between swing characteristics and club head velocity, In: COCHRAN AJ, FARALLY MR (eds). Science and Golf II. London: E & FN Spon, 1994: 84-90 70 50 10 0 0,5 1 Zeit [sek] 1,5 Abb. 2: BRK-Zeit-Diagramm aller Probanden (n = 321 Messreihen). BARRENTINE SW, FLEISIG GS, JOHNSON H. Ground reaction forces and torques of professional and amateur golfers. In: COCHRAN AJ, FARALLY MR (eds). Science and Golf II. London: E & FN Spon, 1994: 33-39 HCP A Tab. 3: Standardabweichungen der BRK (n = 321 Messreihen) 30 1 Standardabweichung Signifikanz Pearsons CC Voller Rückschwung *** ** 0.599 max. Links 0.47 Tab: 4: Standardabweichungen der BRK und Schwungpositionen 10 WALLACE ES, GRAHAM D, BLEAKLEY EW. Foot-to-ground pressure patterns during the golf drive: a case study involving a low handicap player and a high handicap player, In: COCHRAN AJ, FARALLY MR (eds). Science and Golf I. London: E & FN Spon, 1990: 25-29 11 WILLIAMS KR, CAVANNAGH PR. The mechanics of foot action during the golf swing and implications for shoe design. Med Science Sports Exercise 1983; 15 (3): 247-255