Carnap Tagebuch RC 025-82-01

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Carnap Tagebuch RC 025-82-01
Carnap Tagebuch RC 025-82-01
Dec. 1935-Jan. 1944
(15.)
1. Klasse, in der Mitte des Schiffes, C-Deck.
-----------------------------------------------------------------Mo 16 Vormittags Southampton; Wodanger [?] kommt nicht später kommt Telegr.
von ihm. In der 1. Klasse treffen wir plötzlich Dr. Martin. Er fährt zu Patienten und
Vorträgen herüber; wenn er Geld verdient, will er nach Mexiko reisen, wohin [part of
page missing] die englische [unleserlich] für 6 Wochen eingeladen ist; er macht einen
sehr [part of page missing] Eindruck. Dann abends Cherbourg, wir schicken die letzten
Weihnachtsbriefe ab. Nach Cherbourg lasse ich mir andere Nachbar-Kabine geben
(Zahlung nur Aufschlag für Aussenkabine: 2,50 $); jetzt haben wir 2 Zimmer, können
getrennt schlafen.
------------------------------------------------------------------------Di 17. Es wird schöneres Wetter. Darum nehmen wir Deckstühle, liegen darin und
lesen (englische Dramatik, Hitlers ―Mein Kampf").
-------------------------------------------------------------------------Mi 18
Do 19
Besichtigung des Schiffes; und der Brücke. Dort treffen wir wieder Dr. Martin.
Er war 3 Tage lang seekrank in der Kabine gelegen.
-----------------------------------------------------------------------------Fr 20
Abends Abschieds- und Weihnachtsessen, mit Smoking. Ina packt freudig
Koffer. Ich mache die letzte Arbeit an der englischen Syntax, werd aber nicht ganz
fertig.
--------------------------------------------------------------------------------Sa 21
Koffer gepackt. Wir liegen lange still in der Bucht vor New York, während die
Post abgeholt wird. [Trinkgelder (reichlicher als Feigl angegeben hat): 2 Essstewards
zusammen 15 M, Kabine kostet 15, mein Bad kostet 3, Stewardess (nur für Inas Bad) 5,
Deck kostet (ausser 10 M für 2 Stühle mit Auflage) 5, Schuhputzer 2, zusammen 45 M].
Kontrolle der Visa ist schnell und einfach, aber der Arzt notiert genau "defective
vision". Endlich ½ 4 von Bord.
1
New York. Auf dem Pier in der Gepäckhalle stehen Brodwin, Feilson [?] (die mich
gleich mit Kuss empfangen, zu meiner grossen Überraschung), Nagel und Frau.
-----------------------------------------------------------------------------XII/ 1935
(21) 1½ Stunden Zoll Revision. Im Auto nach New Rochelle, über den River Side
Drive, schöner Blick auf die Lichter am Hudson. Brodwins haben ein nettes Haus. 3
Kinder. Die schwarze Negerin. Gemütlicher Abend, aber schliesslich schrecklich
müde. Erst gegen Mitternacht ins Bett.
---------------------------------------------------------------------So 22
Vormittags mit Brodwin zu Wertheims, wohnt mit Frau und 3 Kindern in
New Rochelle; hat Professur an dem neuen Institut für soziologische Forschung; diese
ist aber nicht für die Dauer gesichert. Er sagt, dass nur ganz wenige Immigranten eine
Dauer Stellung gefunden haben. Er fragt, ob ich Fragen ablehne wie: Welche
Bedingungen müssen erfüllt sein in der Welt, damit überhaupt Induktion und
logische Operation möglich wird; es stellt sich heraus, dass es rein mathematische
Fragen sind, aber er nimmt sie halb psychologisch, ohne es zu merken. Dann zum
Lunch kommen Nagel und Frau, sie intelligent, ein wenig frech wie Kasperle. Es
kommen andere Leute, und ich ziehe mich mit Nagel zurück. Er schenkt mir Buch
über gegenwärtige Philosophie in Amerika. Dann Feilson [?] übersetzt ein Stück von
Bert Brecht; wie mir scheint, gut.
------------------------------------------------------Mo 23
Ich fahre mit Ina mit der Bahn zur Grand Zentral [sic] Station. Dort Nagel.
Wir gehen zum Institute of International Education, Miss White [?]. Ich erkläre, daß
die Frage nach Daten ganz dem Institut überlassen bleibt; auch über die Honorare will
sie korrespondieren. Sie meint, so spät wie Mai wird keine Einladung von Berkeley
mehr möglich sein. Ich sage ihr, dass ich in Cambridge, New York, Princeton einige
Tage bleiben möchte, aber sie notiert nichts. Sie fragt ausführlich nach der
politischen Lage in Europa. – Wir mit Nagel und Rosiger [?] zum Bahnhof. Er hat die
Logistik schon für eine private Gruppe in Cambridge übersetzt (Sohn von Whitehead,
Soziologe) (Quine sagt später, daß er Hilfshonorare bekommen hat); ich sage, daß ich
2
manches ganz anders machen will. Er meint, es ist noch viel Zeit dazu. – Sie bringen
mich zum Bahnhof. Ina bleibt in New York, um bei Lilian zu sein, und weil Kal[?]
kommt. Ab 12,00 (Day coach). Boston an 5,05 p.m. Quine im Bahnhof. Mit
Untergrund und Elektrischen nach Cambridge. Kein Taxi zu finden. Zu Fuss mit den
Koffern zu seinem Haus. Naomi, und das Kind, ½ Jahre alt. Beide sind enttäuscht,
daß Ina nicht mitkommt und wollen telegraphieren, aber ich sage, es geht nicht gut. - 6½ Dinner in der Society of Fellows. Whitehead, mit dem ich meist spreche, am
Kopf als Ältester, spricht sehr undeutlich. Scheint nicht gut auf Russell zu sprechen.
Man fragt mich, was ich zu Heidegger denke. Vater und Sohn Birkhoff, beide
Mathematiker. Der Sohn arbeitet über abstrakte logische Schemata für
mathematische Diziplinen; Sprachformen [?] der Quantenmechanik, mit Neumann
zusammen, usw; fährt im Sommer nach Oslo. Dann um 11 gehen wir nachhause. Um
½ 1 endlich ins Bett.
------------------------------------------------------------------------------------Di 24
Mit Quine Besorgungen, Universität besehen, [unleserlich]. Wir treffen den
Psychologen Pratt, und Schäfer. -- Ich diskutiere mit Quine eine Menge logischer
Fragen. Er hat mein MS für Dartmore erst gestern bekommen und in der Nacht (bis
½ 3 !) korrigiert. Sein Freund McKinsey (Berkeley) hat Korr[ekturen] zur Syntax
gemacht. -- 9 h abends gehen wir zum Beacon Hill Square. Grosse Volksmenge. Es
werden Weihnachtschöre (mit schönen Melodien) gesungen. Die Häuser haben ihre
Vorhänge offen, sodass man in alle Weihnachtszimmer sieht, mit Bäumen, und
Kerzen im Fenster. Dann noch zu Quines Freund Faset (vom Technischen Institut),
Weihnachtsbesuch. Um 12 zuhause. Sie schenken mir ein altes Buch von Tocke, und
Päckchen für Ina; ich ihr ein Buch über moderne Architektur und ihm Russells Lob
des Müsigganges. Wieder ½ 1 ins Bett! (Unruhig geschlafen).
---------------------------------------------------------------------Mi 25 Weihnachten
Ich lese Quine meinen Vortrag vor. -- Besuch kommt. Mit
dem Baby werden unter dem Baum seine Geschenke ausgepackt. -- Mit Quine
spazieren. Über eine widerspruchsfreie Möglichkeit der […] Zeitbeschau [?]. Über
den Unterschied zwischen P- und L-Bestimmungen. -- Er sagt, dass die Mehrzahl der
3
Logiker hier durch Modalitätslogik verseucht ist, unzählige Aufsätze über Implikation
und neue Versuche einer verbesserten strikten (nicht immer autonymen) Implikation
[unleserlich]; dabei immer Verwechslung zwischen Symbol und Bezeichnetem ('the
symbolized'). Zu den wenigen guten Logikern rechnet er Church und seine Schüler
Kleene und Rosser. -- 11 Uhr zu Bett.
---------------------------------------------------------------------Do 26
Vormittags Vorlesung für Kidmans [unleserlich]. Kidman mit Quine in
eine Universitäts-Speisehalle zum Lunch. Dort treffen wir zufällig Prof. Prall und
Skinner. Der letztere ist P[…] und Psychologe, arbeitet über Sprachreaktionen. Er
nimmt uns nach dem Essen mit auf sein Zimmer; hat als Fellow 2 Zimmer und Bad.
Spielt auf einem Harpsichord ein Präludium von Bach. -- 4-6 Tee bei Quines. Prof.
Hocking, jetzt Head of Dept., [unleserlich]; seine Frau verwickelt mich in ein endloses
Gespräch: Die Massnahmen des Präsidenten Roosevelt machen die Menschen weich
und zerstören die alte Tugend; die Araber werden in Palästina ungerecht behandelt.
Susanne Langer, fragt nach Frege; sie spricht gut Deutsch mit sächsischem Akzent
(von ihrer Mutter). Die Mathematiker Birkhoff und Sohn. Huntington; ich erzähle
von unserem Treffen New York 1923. Er weiss es nicht mehr. Er erzählt, um die
Wichtigkeit von Esperanto zu zeigen: Whitehead kam zu Cot[…], aber sie konnten
nichts sagen als guten Tag; er kam als ganz junger Mann zu Cot[…] und sprach einen
ganzen Tag mit ihm in Esperanto. Hocking. Skinner. Prall. Prof. Demos
(griechischer Abstammung). -- Abends mit Quine zu Whitehead. Dort noch Pric [?]
(Journalist?). Quine kennt ihn nicht. Beide sind sehr freundlich. Viel über Politik.
Ich: Warum haben England und Frankreich Hitlers Aufrüstung erlaubt? Wh: Man
kann nicht eine ganze Nation unterdrücken. Ich: Ja, man hätte den Friedensvertrag
revidieren müssen, als Deutschland noch eine Demokratie war; vielleicht wäre dann
Hitler gar nicht zur Macht gekommen. Er stimmt zu. Nach dem Essen sind wir
Männer unter uns. Whitehead bittet mich, die Grundgedanken des Positivismus
darzulegen. Ich: Erst negative Aufgabe, gegen Metaphysik; dann positiv, logische
Analyse der Wissenschaft; Sinn eines Satzes = Methode der […]; Physikalismus,
Einheit der Wissenschaft, Enzyklopädie; Empirismus, Mathematik ist analytisch, nur
4
Hilfsmittel. Er: Mit fast allem einverstanden; nur Erfahrung umfasst mehr als
logischer Positivismus. Er scheint sehr befriedigt von meiner Darstellung. Wir gehen
alle ins Wohnzimmer, offenes Feuer. Noch über Politik; ob man eine Tochter einen
Mann andersfarbiger Rasse heiraten lassen soll. Beim Abschied sagt Frau Wh, ich soll
unbedingt anrufen, sobald wir nach Cambridge kommen; beide scheinen wirklich
sich zu freuen, mich dann wiederzusehen.
---------------------------------------------------------------------------Fr 27
Huntington holt uns im Auto zum Lunch in die Universität ab. Über
Steuer-Gesetze; er ist gegen Schenkungs- und Erbes-Steuern; es sei eine Geldstrafe für
erfolgreiche Arbeit. Über Korzybski; er rät mir, mit ihm mal zu diskutieren (er wohnt
in Brooklyn), er sei sehr anregend und sicherlich sehr interessiert an meiner
Sprachanalyse. Über korrekte und pädogisch gute Darstelllung der
Differentialrechnung; Quine sagt: man muss gesamte Satz[punkte] für die gebundenen
Variablen verwenden, um zu zeigen, dass die Operationen sich nicht auf Zahlen
ausdrücken, sondern auf Variablen beziehen. --- Zu Henderson, mit Quine. Er liegt
im Bett mit Magen-Geschwüren. Über die Soziologie in Deutschland. Er sagt, die
hiesigen Soziologen seien zwar nicht so metaphysisch wie die Deutschen, aber andere
Gefahr: Sie sammeln ungeheueres Material, ohne leitenden Gesichtspunkte. Über
Pratts; seine Verbundenheit mit Freud [?]. Das ganze Gespräch geht nicht sehr tief.
Er macht den Eindruck eines braven, die richtige Richtung sehenden Mannes, der
aber nicht sehr exakt ist. --- Wir kommen um 4 Uhr nachhause. Da kommen auch
schon die jungen Logiker. Dabei auch Skinner, Prof. Langer, Stevens, Prall und
mehrere andere. Ich erkläre Unterscheidung zwischen logischen und deskriptiven
Zeichen; dann zwischen L- und P-Bestimmungen. Auch etwas über a- und f-Begriffe.
Tarskis Wahrheitsdefinition. Beziehung zwischen einer reinen Wissenschaft, die
einfach ein Teil der Arithmetik ist, und der entsprechenden [unleserlich]
Wissenschaft. Quine meint nachher, dass Langer Metaphysiker zu sein scheint; aber
sie möchten in seiner Gruppe teilnnehmen. Bis 7h. — Frau Whitehead hat Naomi
angerufen und ihr gesagt, wie sehr sie von mir angetan sei, und dass sie sie
benachrichtigen soll, wenn ich wiederkomme. — Endlich mal wieder um 10 zu Bett.
5
Sa 28
7h Abfahrt. Wir frühstücken bei Goodman. In dessen Auto zusammen mit
ihm, Quine, Prof. Prall, Leonard fahren wir los. Schöner sonniger Tag. In New
Rochelle kommen Brodwins und Ina uns im Auto entgegen. Wir sind einige Minuten
in ihrem Haus. Dann begleiten sie uns noch etwas im Auto. Ina will heute abend
nach London, Kanada, fahren. — Wir fahren von New York (Riverside Drive) durch
den Holland Tunnel unter dem Hudson, bis abends beinahe 10h, noch im Dunkeln.
Goodman schreibt eine Dr. Thesis im Zusammenhang mit meinem Aufbau. Er
berichtet darüber. Ansonsten wenig wissenschaftlichers Gespräch; leichte,
[unleserlich] Unterhaltung, und die [unleserlich] Betrachtungen. Wir übernachten in
West Chester (Pa.), West Chester Mansion House.
So 29
2 Stunden Fahrt nach Baltimore. Wir wohnen im Southern Hotel; da sind
auch alle Kongress-Veranstaltungen (Meeting der Eastern Division der Philosophical
Association). — Nachmittags 3 nicht wichtige Vorträge: Hillman (―Was ist eine
Klasse‖, lauter Scheinprobleme, in Anlehnung an die von Russell und anderen), Baylis
(Über Satz vom […] Dritter), Ushenko (―Sätze über Raum und Zeit‖; gegen meine
Theorie der Pseudo-Objektsätze.) Ich ergreife das Wort, um mein Verständniss
richtig zu stellen. Nachher noch privat mit ihm. Er will seine Veröffentlichung
verschieben, bis er die Syntax in Englisch gelesen hat. Dann privat Diskussion mit
Paul Weiss über Metaphysik; dabei Quine und andere. — Abends geselliges
Beisammensein.
Mo 30
Symposium über Wahrscheinlichkeit: Morris Cohen, Northrop, Savery.
Northrop über Heisenberg Unbeständigkeitsrelationen; er sagt, die Quantenmechanik
behält die Kausalität bei, da ja die Wellenfunktion determiniert ist. Ich diskutiere zu
Savery: Wir sind nicht solipistisch. — Mittags mit Ernst Joos. Er war sehr erstaunt,
als ich gestern plötzlich anrief. Er ist Associate [?] Professor der Geologie [?] an der
Universität, 3000 $ Gehalt, 2 Kinder, Haus gemietet ausserhalb der Stadt. Seit 5
Jahren hier, fühlt sich wohl. — ½ 5 Tee. Dann Interview in meinem Zimmer,
6
ausführlich unsere Grundgedanken erklärt, für ―Morning Sun‖. Dazu kommt Irving
(Princeton), der mir hilft, die Beziehungen zur amerikanischen Philosophie
anzugeben. Dann mit diesem Gespräch. Er interessiert sich sehr für logischen
Positivismus, möchte mich zu Vorträgen nach Princeton haben, aber
Geldschwierigkeiten. Ich sage, dass ich von New York leicht kommen kann. Er soll
100 $ für 2 Vorträge vorschlagen; falls das nicht geht, halte ich 1 umsonst, und für den
anderen 50 $. Falls sie aber die Reise bezahlen, komme ich doch für den SeminarVortrag; ob ich [?] dann den anderen halte, lasse ich offen. Er kann mich in der
Universität unterbringen. Er sagt, daß Cohen, Lewis, Northrop usw. den Hegelismus
bekämpfen, und daher Verbündete von uns sind, auch wenn sie noch etwas
Metaphysik haben. — (Er sagt, daß Gödel kürzlich nach Wien zurück ist, nervöser
Zusammenbruch; Veban [?] habe gesagt: zu viel Introspektion.) — Zum offiziellen
Bankett (im Smoking; 2 $). Ich neben Kroner, mit dem ich aber nur sehr kurz spreche,
und Murphy. Er fragt [genau?] über unseren neuen Metaphysikalismus. Er will
darüber schreiben. Dann die Rede des Präsidenten Pratt über das KörperGeist-Problem. Er bespricht die verschiedenen Lösungen, darunter auch unsere, aber
wieder die alten Mißverständnisse.
Di 31
Zuerst unwichtiger Vortrag Burnham, Ursache in der Geschichte. Dann
mein Vortrag ―Testability and Meaning‖ (einige Gedanken aus dem großen MS).
Dann spricht Lovejoy (Programmänderung) ausführlich über mein gr. MS Testablity.
Er meint, nun ist alles konventionell, und die Metaphysik können wir nicht mehr als
sinnlos hinstellen. Ich antworte dann ausführlich auf ihn, sowie auf Bemerkungen
von Demos, Weiss, Savery, und anderen. Bis ½ 1. Dann mit Quine, Coley u. a. zum
Bahnhof. 1,19-1,57 nach Washington. Lunch im Bahnhof. Auto zum Flugplatz.
Direktes Flugzeug (36$) nach Chicago, (American Airlines), 3,15-7,22 (C.T., also 5
Stunden). Sehr angenehme, ruhige Fahrt. Großes Flugzeug mit 14 Sitzen; Stewardess
(nimmt kein Trinkgeld an); Halt in Cincinnati und Indianapolis. Zuletzt gibt es
Abendessen, unberechnet. Am Flugplatz Chicago Ina und Morris. Ina war kurz in
London (Kanada), auch [unleserlich] heute Wohnungen angesehen. Wir zu
7
Morrisens. Seine Schwester ist auch da; der Physiker Eckert und Frau kommen.
Abends gehen wir ins Hotel Harvard, 2 dürftige Zimmer.
Mi 1 Neujahr
Wir mit Frau Morris Wohnungen besehen: Wipples [?] Privat-
Wohnung; Appartments in Ap. Hotels: Midway, [unleserlich], Windermere.
Nachmittags mit Ina und Morris die Universitätsgebäude besehen, und in die
philosophischen Gebäude und mein Office. Wir entscheiden uns für Midway,
obwohl nicht vornehm; es ist ruhiger als [unleserlich] und nicht so übermäßig elegant
wie Windermere; Wipples ist ruhig, wird aber erst Di. frei. Wir kommen nun endlich
in die eigene Wohnung, Midway Apt. Hotel, 1535 E 60th, Apt. 601, ganz oben, helle
Räume mit großen Fenstern, Blick auf den Park. Ein großes Zimmer mit
Küchennische und großes Klappbett. Dahinter Badezimmer. Beim Eingang kleines
Zimmer (jetzt 2 Betten; wir ändern: Schreibtisch und Tagesbett) und closet für Kleider.
Leider in der Nacht Lärm der nahen Eisenbahn.
Do 2
10 h zur ersten Vorlesung. Auf Morris Rat nur 10 Minuten Lage-
Vorbemerkungen; etwa 12-15 Hörer. — Nachmittags 2 ½ erstes Seminar, etwa 8-10
Teilnehmer; nur ¼ Stunde Vorbemerkungen und Literatur.
Fr 3
10-10,50 erste richtige Vorlesung. Dann zu Morris Office; Vorträge für April
besprochen. ½ 1 Dept. Lunch. Der taube Prof. Svensson (Schwede), der in Baltimore
war, spricht mit mir. Er ist sehr für [unleserlich], nennt ihn im Scherz den künftigen
Präsidenten. Morris sagt mir nachher, dasß Svensson 2 Professoren für Minnesota
braucht; er selbst war dort beabsichtigt. Svensson sagt, ich soll dort einen Vortrag
halten. — (Ina mit Frau Morris im Konzert).
Sa 4
So 5
Ruhiger Tag zuhause. Englische Syntax fertig durchgesehen. Sachen gekramt.
Mittags laden wir Morrisens ins International groß ein. Dann mit diesen
hierher zum Tee. Dann Wohnungen gesucht (weil hier so viel Lärm von der
Eisenbahn). Abends zu Morrisens. Er erklärt mir Einiges aus seiner Semiotik; frage,
ob ein Zeichen sich selbst bezeichnen kann; ich sage: ja. Dort gegessen.
8
Mo 6
Di 7
Vorlesung vorbereitet.
10 Vorlesung. 11 mit Ina und Morris ruhige Wohnung in Kimbark Ave.
besichtigt. Sie ist aber weniger nett als unsere jetzige. Mittag, ½ 1-½ 3 Lunch mit
Garrison und McKeon, dem Dean der Division. Dieser ist noch ein junger Mann. Wir
sprechen über Wittgenstein, meinen Aufbau und Garrisons Buch (er gibt zu, daß es
Mischung von Psychologie und Philosophie ist, er werde künftig nur Philosophisches
schreiben). Über Logik des 14. Jahrhunderts. — Flamingo Hotel besehen; schöne Lage
und Einrichtung, aber teuer (3. Stock 115; 15. Stock 125) und weit von der Universität.
— Wir bleiben zunächst doch in unserer Wohnung, weil hell und geräumig.
10 Vorlesung.
Mi
Do 89
10 Vorlesung. 2½ - 4½ erstes richtiges Seminar. Satz-Kalküle. Es geht ganz
gut mit der Sprache. Morris ist sehr zufrieden. Etwas Diskussion. — 6½ - 11 großes
Dinner der Trustees für die ganze Faculty. Smith stellt mich den Trustees vor. Mit
Morris am Tisch. Allerhand Ansprachen, auch vom Präsidenten Hutchins über
akademische Freiheit.
Fr 10
10 Vorlesung (Ina dabei). — ½1 Lunch. Danach mit Morris über seine
Vorträge in der Di-Gruppe.
Sa 11
So 12
Vormittags mit Morris im Park spazieren. Die Chancen meiner Berufung
hierher. Es kann auch sein, daß es nur für 3 Jahre anstatt dauernd gemacht wird. — 5
- 6 haben wir unseren ersten Besuch: der junge Professor Charles Perry und Frau. Er
sehr schweigsam und [unleserlich]; erinnert an Otto Schöndube, wahrscheinlich
mexikanisches Blut, stammt aus Texas. Etwas über soziologische Wissenschaften;
Paretos.
Mo 13
Mittags werden wir Professoren Lanz mit Prof. Ralph Barton Perry aus
Harvard, der für 2 Wochen hier ist [sic, verb missing]. Über Sprache; Notwendigkeit
der ―Ilax- […] ―[…]‖ usw.
9
Di 14
4-6 Morris’ Gruppe für wissenschaftliche Logik, mein Vortrag ―America and
Empirical Sequence‖; lebhafte Diskussion, besonders der Amerikaner Bliss (er sagt,
trotz vieler Diskussionen habe ihn niemand überzeugen können, daß die
gewöhnlichen Zahlen die Axiome von Peano befriedigen).
Mi 15
3 h ein Student hier, Schüler von Eck[...]; will Master-Arbeit machen,
Anwendung der logischen Syntax auf Physik.
Do 16
2-4 Seminar. Diesmal auch Hartshorne und Link—4½ zur Komitee-Sitzung
des Universitäts-Verlages. Ich soll über Enzyklopädie Auskunft geben. Ich schildere
den allg. Plan. Man nimmt es anscheinend günstig auf, und meint, daß ein solcher
Plan gerade in der Richtung der University Press läge.
Fr 17
Sa 18
Universitäts-Bank. — Mittags Lunch mit Prof. Schultz, internationaler
Ökonom. Er erzählt von einer Anwendung der Mathematik auf Ökonomie,
Beziehungen zwischen Preis, Angebot und Nachfrage. Nachher zeigt er mir sein
Institut mit feinen Rechenmaschinen und viele ausgerechnete Tabellen, um seine
mathematisch formulierte Hypothese nachzuprüfen. Bis 4h. — Abends Dinner des
Dept. für uns, Prof. Perry (Harvard) und McKeon kommen. Ich zwischen Frau
Morris und McKeon. Nachher mit Ina und Prof. Ames, über seine Kirche. Bis 11h.
So 19
½6 Morris hier. ½7 wir und Morrisens bei Prof. Link und Frau. Er ist
Pflanzen-Patologe, interessiert an Klärung biologischer Begriffe, sie Chemikerin
(Prof.). Beide nett und nicht konventionell. Er zeigt Bilder aus den Bergen Kanadas,
wo er immer den Sommer zubringt und klettert.
Mo 20
Nagels Freund Schapiro von Columbia hier. Kunsttheoretiker, aber an Logik
und Wiener Kreis sehr interessiert; Kommunist. Interessanter Mann. [Prof. Kroner
aus Kiel hält Vortrag; und ein Tee wird für ihn gemacht; ich nicht hin. [?]]
Di 21
Abends Vortrag von Perry-Harvard ―The First Person Plural, or the Noun of
Reflective Argument‖; über das ―wir‖. Einiges ist interessant, aber zu wenig
10
Mi 22
Unterschiede zwischen der logischen Analyse der theoretischen Bedeutung von ―wir‖
und der psychologischen Analyse der Begriffsvorstellung.
Do 23
Grausige Kälte: -20˚F = -29˚C! Ina bleibt zuhause. Ich gehe mit
Ohrschützer-Band und Inas Skimütze (Mephisto Mütze) zur Vorlesung und zum
Seminar. Abends mit Bloomfield, seiner Frau und Bruder essen im Sch[er?]land Hotel,
dann zu ihm in die Wohnung; sie haben eigenes Haus, weiter nördlich. Er ist Linguist,
auf behavioristischer Grundlage, Freund von Paul Weiss gewesen, schreibt klar,
interessiert sich für unseren Physikalismus. Sie sammelt ―alte‖ Sachen, Möbel, usw.
(40 Jahre alt). Bis 11h. Sehr wenig wissenschaftliches Gespräch. Der Bruder ist
Chemiker, war längere Zeit in Wien.
Fr 24 Ina
Nachmittags Frau Hartshorne hier; ich noch kurz dabei.
Sa 25
Briefe geschrieben.
So 26
Briefe geschrieben.—Nachmittags wir zu Morrisens. Ich mit Morris zum
Konzert in die Universitätskirche, nur ½ Stunde dort geblieben: Chöre von Palestrina
und Reger, Prälidium von Bach. Wieder zu Morrisens. Über seinen Brief an Neurath.
Ich muss Trude erklären, warum ich sie ―irrational‖ genannt habe.
Mo 27 Briefe geschrieben.
Di 28
Mi 29
Mit Ina zum ersten Mal in die Stadt Chicago (―Loop‖). Mit Trude Morris
Inas Kleid. Dann mit Ina auf den Wrigley Tower; leider dunstig. Zum PostversandHaus Montgomery; gr. Enttäuschung: nur Büros. Einiges noch eingekauft.
Do 30
Nachmittags Seminar.
Fr 31
Nachmittags ½ 3-½ 6 Klinik. Ich lasse ganze Untersuchung machen, ohne
besonderen Anlass. Dr. Jados findet alles in Ordnung, will aber Brust und Zähne
röntgen lassen.
11
Sa 1. II
Abends Morrisens zum Essen hier. Dann zusammen ins International
House zum Kino ―Der letzte Mau[…] von Dreier [?]; sehr lustig. Und eine Menge
Trickfilme
So 2
Nachmittags Seniors hier. Er Prof. der Chemie; sie ist Russin aus Wilma,
macht Psychotherapie. Er will uns die Stadt zeigen, vielleicht nach Urbana fahren,
usw. Sie lehnt auch die sinnlose Damen-Besucherei ab. Er erzählt von Afrika, wo er
1 Jahr als Militär-Chemiker war; die Langsamkeit und Unzuverlässigkeit der
Franzosen; analog zu den Wienern.
Mo 3
10-11 Klinik. Röntgenaufnahme der Zähne. Untersuchung des Rachens.
Der Arzt rät Mandel-Operation! Die Mandeln infizieren den Körper; vielleicht sind
sie Ursache des Rheumatismus und der Grippe.—Ina lässt einen Zahn ziehen, hat
dann eine Woche lang Schmerzen.
Di 4
11 zu Senior; über Finitismus; Relationstheorie. – Abends ½ 7-10 Dinner bei
Seniors. Ina geht nicht mit wegen Zahnschmerzen. Kurz noch Eckart und Frau; und
Hamilton und Frau. Sie ist Tillys Schwester, das vermutete, als ich seinen Namen las.
Sie war mit Tilly in Jena auf der [Laufen?]höhe. Letzen Sommer war sie 6 Wochen in
Europa, davon 2 in Schweden, ―das ist ganz genug.‖ Hamilton scheint demokratisch
und liberal. Wir sprechen über […] Englisch und künstliche Sprachen. Über
Unterschied zwischen Harvard und hier. Hamilton war an beiden Plätzen, sagt: hier
typischer Amerikanismus, Neutralitätspolitik, wenig Interesse an Europa, in NeuEngland Blick nach Europa gerichtet.
Mi 5
11 zur Klinik; auf Grund des Röntgenbildes rät er, 4 Zähne ziehen zu
lassen(!).—Lunch mit Hartshorne und Frank Knight. Dieser ist ein mürrischer,
skeptischer internationaler Ökonom. Er macht Einwände gegen Physikalismus. Man
könne Sozialwissenschaft nicht behavioristisch beschränken. Hartshorne hilft mir (!)
auf Grund des Peirce’schen Nachprüfbarkeitsprinzip.
Do 6
Robbins,
4½-6 bei Hartshornes zum Tee, mit Ina. Es kommen auch: Wick,
. [sic] Ich über Möglichkeit, [….] in basic [?] oder in künstlicher
Sprache zu machen. Die anderen bezweifeln, ob der richtige ―Einklang‖ nicht fehlt. –
12
Nachher wir beide zu Morrisens, bleiben zum Essen. Ina ist übermütig, schüttelt und
küsst Morris, weil er zu würdig aussieht. (Morris hat seiner Frau gesagt, daß er
Inferioritätskomplexe bekomme und mich beneidet, wegen Seminar und TestabilityAufsatz (!).
Mittags Professoren-Lunch. – 4h zum Präsidenten Hutchins, Hartshorne
führt mich ein und geht dann. Er spricht sehr freundlich mit mir über Organisation
der Universität, Freiheit der Lehre, gesichert durch die Trustees gegen den Staat. Er
weiss, daß Professoren in meinem Seminar sind. – Mit Morris über meine Chancen
hier; und über Vortragstitel für Urbana und Columbia.
Sa 8
Nachmittags allein in die Stadt. Schneegestöber. Roebuck und allerhand
Läden, aber kein Seckles [?] Laden. Im 10¢-Store lustiges Deutsch-Buch.
Ina bleibt zu Bett wegen Zahn. – Di-Vortrag und Vorlesung vorbereitet.
So 9
Mo 10
Di 11
4-6: Morris Gruppe für Wissenschaftslogik, mein Vortrag ―Verification a.
the Unity of Science‖. In der Diskussion macht McKeon falsch e Behauptungen über
Umformung der Reduktionsformeln oder Definitionsformeln, und ich zeige, daß das
nicht geht; er blamiert sich ziemlich; ob er das übel nimmt?
Mi 12 Feiertag
Do 13 2-4 Seminar. 4 zu Dr. Jacobs. Er rät auch, wie die Spezialisten: ―Zähne ziehen,
Mandeln herausschneiden! Und in der linken Lunge oben seien immer noch Tub [?]Prozesse; Sanatorium nicht nötig, aber vielleicht Ruhe, immer Liegen, gar keinen
Sport treiben. Ina erfährt von Trude, daß Senior bei Morris war und sich ungünstig
über mich geäussert hat!
Fr 14
Morris meint, die Äusserungen von Senior seien nur Stimmungssache,
wechselnd und nicht ernst zu nehmen; aber mir scheint, er sagt mir nicht alles.
Sa 15
Vortrag MS Unity gearbeitet.
So 16
Nachmittags bei Morrisens. Ina macht Morris Vorwürfe, daß er nicht offen
uns die Schwierigkeiten sagt, und daß er auf Trude böse ist, weil sie es uns gesagt hat.
Abends geht er zu Senior (und mich hat Senior unter einem Vorwand wieder
ausgeladen; er liest seine Übersetzung von Mengers Vortrag über moderne Logik vor).
Wir mit Trude zum Abendessen.
Mo 17 Ina
13
Di 18
Nach der Vorlesung mit Senior. Über räumliche Deutung der Atomstruktur
molekularer Strukturen. – Briefe.
Mi 19
Nachmittags 3-4 Trude uns bei [sic].
Do 20
4-5 mit Schultz Tee in Harpers. Über Wittgenstein. Trennung von
theoretischer und wertender internationaler Ökonomie wünschenswert. Er gibt das
zu, und hier in Chicago bemüht sie sich darum. Aber es sei prinzipiell immer noch
kombiniert. Über Wahrscheinlichkeitsbegriffe.
Fr 21
½ 12-½ 1 mit Morris und Frank Bruner über dessen MS zu ein [sic]
verbessertes System der PM. Es scheint gut. Ich erkläre: die neuen Typen sind von
transfiniter Stufe [?]. Ich erkläre die Unklarheiten seines Textes, wie bei Russell,
durch Material der Beweise. – Professoren-Lunch. – 2-4 mit Morris und Eckart.
Dieser hat Brief von Paul: Anwendung der symbolischen Logik auf Physik ist
zwecklos; die Unbestimmtheitsrelation beruht auf der Beziehung zwischen Subjekt
und Objekt; er philosophiert arg herum. Eckart ist klar in seinen Anschauungen, und
will symbolische Logik anwenden. – 6h mit Ina zu Morrisens. Morris sagt, daß Ames
Lewis nochmal gefragt hat wegen Berufung hierher, obwohl das Dept. dachte, die
Sache sei schon erledigt. Lewis hat eine Woche Bedenkzeit erbeten. – 8-10 mit
Morrisens und Eckarts ins Kino International House. Interessanter abstrakter Film.
Dann Don Quichotte, französischer Film, gut gespielt, aber keine Worte verstanden. –
Nachher wir und Eckarts noch mit zu Morrisens für 1 Stunde. Über die Insel der
Kinder [?] ohne Metaphysik. Ina untersucht. Findet bei allen Anwesenden innerlich
beide eine ―Seele‖.
Sa 22
Briefe.
So 23ο
Nachmittags 4-7 Weinberg hier mit dem 18jährigen Thompson und dessen
Freund, ein Rechtsanwalt. Weinberg kommt aus Zainesville, für mehrere Tage, um
mit mir zu sprechen. Hat Logik nur durch Lesen gelernt, auch Syntax studiert. Ich
erkläre ihm Gödels Satz. Er hat eine Doktorsthese über den logischen Positivismus
geschrieben; ich schlage ihm vor, sie auf einen aktuellen Stand zu bringen, durch
Berücksichtigung der neueren Veröffentlichungen, und dann erst zu veröffentlichen.
14
Mo 24
Di 25
Mit Weinberg 11-12½, dann mit ihm und Morris Lunch.
Mi 26
Do 27
Weinberg im Seminar (ich erkläre Gödel, dann 4h mit zu uns. Er möchte
Poppers Buch übersetzen. -- ½7.
Fr 28
Senior in meinem Office; mein Vorschlag zur Charakteristik der Gruppen
durch Matrix mit Minimalzahlen. – Professoren-Lunch. – Nachher mit Tillich (und
dem Freund Pick [?], deutscher Kirchengeschichtler, der hier unterrichtet). Tillich ist
in New York an einem unionistischen Institut. Er hat Vortrag von Schlick gehört und
2 von Dubislav, aber kaum etwas gelesen. Er meint, wir vernachlässigen den größten
Teil der Wirklichkeit, nämlich die Sinnerfüllung in Geschichte und Menschenleben.
Phänomenologie; er meint, das sei nicht metaphysisch, sondern empirisch; es ist aber
arge Metaphysik. Es sei ein Fehler, daß wir die Begriffe eindeutig machen wollten;
das dürfe man nicht in der Geschichte z.B., weil die Wirklichkeit ansonsten nicht
erfasst werden könne. – Abends 6-10 (oder 11?) Dinner bei Morrisens mit Eckart.
Nette Unterhaltung. Inas Theorie von den Seelen.
Vortrags-MS ―Unity‖ gearbeitet.
Sa 29
So 1. III.
Nachmittags Hamiltons hier. Er hat Interesse für Mathematik und Logik.
Sie haben 2 gr. Töchter und 1 Sohn. Er ist nach Amerika gegangen, um mehr Zeit für
Laborationsarbeit zu haben, und dabei doch gutes Einkommen. Über Inas
Menschenscheu. – Nachher Hartshorne, Kurzbesuch. Er meint, Tillich sei der beste
deutsche Theologe, beobachtet gut, mache gute Voraussagen über die Entwicklung in
[?] z.B.
Mo 2
Vortrag-MS gearbeitet. – Anfrage von Princeton!
Di 3
Mi 4
11-1 mit Senior und dem Mathematiker Lunt über meinen Vortrag zur
Kennzeichnung endlicher Gruppen durch minimale Modalitätstafel. Es stellt sich
heraus, daß es geht, und Senior ist sehr entzückt davon. (Er telefoniert das später an
Morris und sagt, daß er es dem Präsidenten mitgeteilt habe (!)).
15
Do 5
Letzte Vorlesung. Jetzt beginnt der Leseperiode; ich täglich in meinem
Office für die Studenten. -- ½ 5-7 mit Ina bei Perrys. Vorher fährt er uns im Auto
zum Seeufer und Jackson Park. Gespräch mit ihm über seine Bedenken gegen
Behaviorismus in der Sozialwissenschaft. Ich versuche klar zu machen, daß die
―Interpretation‖ und das ―Verstehen‖ der Situation wovon er spricht, eine Funktion
der physikalischen Beschaffenheit der Situation ist. – 7-9 zu Morrisens. Über
Princeton; und McKeon. Dieser scheint nicht gewillt, dauernde Ernennung
zuzugestehen, aber vielleicht zeitweise.
Fr 6
10-12 erste Sprechstunde, kein Student kommt.
Sa 7
Mit Ina Chic.-Englewood ab 11,41 (E.T.), Iowa City an 5,40 nachmittags,
anstatt 4,02 (C.T.). Feigl holt uns ab. Wir wohnen in ihrem Bungalow, geräumig,
nett eingerichtet. Wir kriegen sogar getrennte Zimmer, die von ihnen beiden. Der
Sohn Eric, ―Hansi‖, liegt mit den Beinen im Gipsverband, ist aber meist vergnügt.
So 8
Vormittags mit Feigl in sein Office; 2 Professoren besucht über
philosophische Fragen, und Ansichten in Amerika. Nachmittags im Radio Beethovens
9. Symphonie. Der junge Psychoanalytiker Bill Woods, mit Kasperle befreundet, und
ein junger Techniker aus Wien. Später Lewin und Frau. Mit ihm über seinen Aufsatz
über den hodologischen Raum. Ich gebe einige Anregungen zu korrigierenden
Definitionen; Unterschied zwischen Funktor und Prädikat.
Mo 9 Mit Kasperle. Sie klagt, daß es mit Feigl jetzt unerträglich sei. Sie selbst sei
zum größten Teil Schuld. Aber nun müsse sie mal weg. Sie möchte nach Chicago,
psychiatrische Fürsorge studieren. Feigl sei abgeneigt nicht für diesen Plan. Er wolle
sich mit ihr ruhig sprechen; sehe sie nicht mehr als Frau an, usw. Zu Feigl ins Office;
mit ihm 2 Professoren besucht. Dann zu Fuss zurück, und Ehe-Schwierigkeiten
besprochen. Er meint, der Plan von Kasperle sei eine unbewußte Demonstration
gegen ihn. Wenn sie sich freundlicher zu ihm einstellen und alles leichter nehmen,
und nicht mehr so streng und vorwurfsvoll sein wollte, würde es schon gehen. –
Nachmittags kleiner Spaziergang mit Feigl. Über die unterschiedlichen Leute, die für
Prag in Betracht kommen. – 6-8 großes Dinner, von Feigls eingeladen, in der Union,
16
mit 20 Personen. Mir gegenüber der Dean Seashore, alter Mann, der mich sehr nach
Prag und Europa ausfragt. 8h mein Vortrag ―Unity of Science‖, über 100 Leute. Ich
lese ab; dann etwas Diskussion.
(Ina sagt: Wenn schon so ein ruhiges Kind so viel Störung in der Nacht
macht, dann vielleicht doch lieber kinderlos!). Ich telegraphiere an Morris:
Sprechstunde verlegt; Kasperle möchte, daß ich noch bleibe, um noch zu besprechen.
10-12 Konferenz; dabei mein Vortrag ―Log. Math. a. Emp. Sc.‖, frei gehalten. Geht
gut. 1 Stunde Diskussion. – Frau Dr. Kosteletz, Bekannte von Lewins, berichtet mir
über die Dubislav-Sache, wobei sie Zeugin war. Er ist mehrere Monate frei gewesen,
bevor er verhaftet wurde; trotz allem Drängen wollte er nicht weg. Er könnte nach
Russland, wurde als Dozent genommen. Hat sicher unter der ganzen Sache gelitten.
– Nachmittags mit Kasperle spazieren. Nachher sage ich Feigl, daß sie mit ihm und
mir alles besprechen möchte. Er will es aber lieber mit ihr alleine, und nötigenfalls
Bill hinzuziehen, als Analytiker. Darauf wird sie sehr heftig und böse, weil sie glaubt,
er will der Aussprache wieder ausweichen. Abends weint sie viel; schwierig, sie zu
beruhigen.
Mi 11
9 (C.T.) Iowa C. ab, 3,15 (E.T.) in Chic. 4-5 Sprechstunde, kein Student
kommt. Morris berichtet von heftigen Auseinandersetzungen des Departments mit
McKeon. Vielleicht wird es Kampf geben, obwohl die Gegenseite die besseren
Chancen hat. Auf 1-Jahr-Einladung wollen sie nicht eingehen, weil das als
Zustimmung gedeutet werden würde, daß eine weitere Probezeit nötig wäre. – Mit
Ina kurz zu Schultz. –
Do 12
Sprechstunde, zum ersten Mal 1 Student. – Letztes Seminar. Der Pfarrer
Kurins macht zum Schluß eine Dankansprache. – Zu Dr. Wells. 2 Zähne gezogen, 1
mit drei Vorzähl[…?] geht schwierig.
Vormittags Sprechstunde. Die Studenten liefern term papers ab.—
Fr 13
Nachmittags in die Stadt, zu Dr. West, Freund von Morris, alter Zahnarzt; auch er rät,
obwohl konservativ, die 4 Zähne auszuziehen, die auf dem Röntgenbild markiert sind!
Fordwagen besichtigt. – Abends 7-10 mit Ina zu Morrisens. Morris will mit seinen 20
17
Sa 14
―Nachtreitern‖ den Kampf mit dem Präsidenten aufnehmen; zunächst um den Einfluß
im College.
Zu Dr. Kelly. Er rät, nach der Rückkehr von Urbana 2 Goldkronen
herauszunehmen. — ½ 3-5 mit Perry und Ina gebrauchte Autos besichtigt. Wir
werden ganz verwirrt durch die Fülle der Auswahl. -- 6½-11½ Dinner bei McKeon.
Nur Männer: Hartshorne, Perry, Thurstone, Barnary [?], Schultz. Barnary ist
Professor der Mathematik, war in meinem Seminar, ist an Logik interessiert, hat
Sachen von von Moore [?] herausgegeben. Thurstone fragt nach der Definition der
Messung; ich erkläre die 5 Regeln. Perry über ―analytisch‖; man diskutiert darüber
sehr unklar. Schultz fragt, wo die Fakten ihren Platz in unserer Philosophie haben; er
meint die Verifikation.
So 15ο
Mo 16
Vortrag für morgen vorbereitet. – Briefe.
Angebot von Princeton! – Chicago ab 2,11 (E.T.), Champaign-Urbana an
3,30 (C.T.). Prof. Morrow holt mich im Auto ab. Rundfahrt durch den Campus,
riesiger Komplex von Gebäuden. Die Bibliothek, schön und bequem eingerichtet. In
eine […] Stube. Dann zum University Club, dort bekomme ich ein Zimmer mit Bad.
6h einfaches Dinner mit dem Dean McLeone (?) und 2 anderen Professoren, einer von
Princeton (Emeritus). 7:30 mein Vortrag ―Scient. Philos. in Contemp. Europe‖,
großer Saal, viele Zuhörer. Stellenweise vielleicht zu schwierig; besonders das über
Lewis (was Feigl suggeriert hatte). Keine Diskussion. Bis 10h im Hause des Deans mit
vielen Leuten. Ein wenig unterhalten.
Di 17
Vormittags Hempels MSe und Chicago term papers gelesen. – Mittags
Lunch mit allerhand Leuten. Nachher Diskussion mit Morrow über Auffassung der
Werte. – Etwas geschrieben. Spaziergang. Morris ist hier, 6h Dinner mit den
Professoren. Morris erzählt über Kongress und Enzyklopädie. 7:30 mein 2. Vortrag
―Logic, Mathematics and Empirical Science‖. Nur 50 Minuten, weil ich schnell und
lebhaft spreche; es geht gut.
Mi 18 Ina
Vormittags mit Morris spazieren. Über mein Princeton Offer. Mittags mit
Morris, McLeons, Morrow und Frau. Über analytische Sätze. McLeons fragt, wieso
ich, von deutscher Herkunft, die deutsche traditionelle Philosophy ablehne. 4h
18
3.Vortrag ―Unity of Science‖, abgelesen. Morrow sagt, das sei der beste gewesen. Er
bringt mich an die Bahn. Dort Morris. Mit ihm zurückgefahren. Champaign ab 6,05
Chic. And (9,10 C.T.), 10,10 E.T.
Do 19
Fr 20
10½-12 Office. Studenten bekommen term papers zurück.
10-12
―
―
―
―
―
―
Damit ist das Winter Quarter fertig. Mittags letztes Professoren-Lunch. Dabei Prof.
Götz (Ästhetik), früher Berlin, seit 2 Jahren Amerika. 4-6¼ in Morris Gruppe mein
Vortrag ―Die neue Logik‖ mit netter, lebhafter Diskussion, auch über
Wahrscheinlichkeit und Sicherheitsgrad.
Sa 21
10-1 mit dem jungen Bray Auto gefahren, weit hinaus nach Süden. Es geht
ganz gut, aber noch unsicher. – Nachmittags 4-10 Ursula Kaufmann hier. Sie wohnt
bei ihrem Großonkel; ein junger Verwandter, Medizinstudent, kommt für kurze Zeit
mit, spricht etwas Deutsch. Sie erzählt sehr lebhaft. Findet alles ―fabelhaft‖. Sie
möchte noch ein Jahr bleiben, in einem College in Florida, wo sie teilweise eingeladen
ist (Rollins College).
So 22
10½-12½ Auto gefahren, mit Bray. Im Stadtverkehr, auch den Southern
Drive herunter. – Nachmittags zu Hamiltons. Wir beschließen, selbst zu fahren.
Zum ersten Mal ohne Lehrer! Schwieriger Start, schwierige Umwege. Dort
Thurstone und Frau. Mit ihm und Hamilton über psychologische Tests usw. Ina
langweilt sich mit den Frauen. Die Tochter erinnert mich an Tillys kleine Schwester.
Die Wohnung ist mit Schwedenmöbel sehr konservativ und familienhaft eingerichtet.
– Bei der Rückfahrt stosse ich rechts an einen anderen Wagen an und zerstosse
meinen hinteren rechten Flügel! Thurstone kommt und fährt uns bis Morris. Morris
fährt mit mir etwas herum. Dort zu Abend. Morris meint, McKeon scheint einlenken
zu wollen. Aber sie möchten nicht auf einen Kuhhandel (gegen Buchanan [?])
eingehen. Abends kommt Morris mit, ich fahre in die Garage, 59th St.
MS für Vortrag ―Philosophie und logische Analyse‖ gearbeitet. (Ina fährt
Mo 23mit Bray.)
Auto
19
Di 24
MS gearbeitet. – 6½ Dinner mit Morrisens, Eckart, und Pauli und Frau. Im
Club; dann zu Eckarts. Paulis waren ½ Jahr in Princeton am Institut, kehren im April
nach Zürich zurück; nehmen ihr Auto mit. Er spricht ziemlich schlecht Englisch.
Nachher lebhafte Diskussion.1) Es muß sinnvoll sein, zu sagen, daß die Seele eines
Verstorbenen noch lebt; ich stimme zu. 2) Zweifel am Satz der Anwendung der Logik
auf Physik. Ich erkläre: Sprachanalyse, exakt machen der Wörter in den Gesetzen;
Übersetzungsregeln zwischen physikalischen und Dingsprachen; dem stimmt Pauli
dann zu. 3) Seine ―Anti[onie?]‖ oder ―fundamentale Schwierigkeit‖: Gegensatz
Subjekt-Objekt stecke in jedem Satz und könne doch nicht scharf gemacht werden.
Wir erklären (Morris behavioristisch), daß hier keine fundamentale Schwierigkeit
vorliegt.
III 1936
Mi 25
Vormittags MS. – Nachmittags 5-6 mit Morris Auto gefahren (Ina 4-5). 6½-
10½ Ursula Kaufmann hier. Sie erzählt lebhaft von ihren Eindrücken. Wir zeigen
Photos. Sie bittet sehr, sie im College zu besuchen.
Do 26
MS fertig gemacht. – Nachmittags 2 Stunden mit Morris Auto gefahren.
Fr 27
Vormittags 2 Stunden mit dem Lehrer Auto gefahren, im Stadtverkehr.
Michigan Ave., hinunter, am Wrigley Tower vorbei, nach Norden in den Park, und
ebenso zurück. Allmählich fühle ich mich schon ziemlich sicher. – Mittags Lunch,
letztes, mit den Professoren. Benjamin [?] ist dabei, von der Weltreise zurück.
Diskussion mit Hartshorne über ―Zukunft‖, ―Zeit‖, ―Kausalität‖, auch Morris. –
Nachmittags Briefe.
Sa 28
Abschiedslunch bei Hartshornes. – Nachmittags geschrieben und gekramt.
– 7-11¾ ! Dinner bei Schultz. Dabei noch Prof. Arstade [?] und Frau. Er ist von
spanischer Herkunft; studiert Indianersprachen in Guatemala und Mexico. Berichtet
interessante [Züge?]; will alles empirisch fundieren; grammatische Kategorien ―Verb‖
usw. allegemein definieren. Schultz sagt mir, daß er mein dauerndes Herkommen
unterstützen möchte; ich soll bei McKeon am Montag möglichst viel verlangen.
20
So 29
Nachmittags 3-4 Vince hier, Ernis Freund, [Engländer?], Sozialist. –
Abschiedsbesuch bei Perrys und Seniors (sie laden uns ein, wenn wir durchreisen, bei
ihnen zu wohnen!). Abends bei Morris.
11-11½ bei McKeon; er macht Offer: permanent (!), 5500, nur 6 Stunden.
Mo 30
Und wenn ich mit spezieller Arbeit beschäftigt, soll ich mich an ihn wenden, um
Dimens [?] von 1 oder mehr 2 Kursen [sic], oder 1 Quarter frei für Europareise und
dergleichen. Wenn günstigere ökonomische Verhältnisse, Gehaltserhöhung. – Zu
Morris; über künftige Kurse. Mit ihm und Schultz Lunch. Nachmittags gepackt. Ina
tut fast alles. Trude kommt und hilft ihr etwas. – Abends kommen Morris, Perry und
Smith zu einem Glückwunschtrunk.
Di 31
Wir werden mit Packen erst mittags fertig. Abfahrt im Auto 1h. Es macht
viel Spaß. Ich fahre meist, Ina beobachtet die Karten und die Routenbeschreibung.
Zuletzt fährt Ina. Es wird dunkel. In den Pokagon State Park, Ind. Beim Einfahren
in die Garage verkratze ich einen Fender.
Mi 1. IV
Wir besehen im Park die Büffel und Rentiere. Dann im Auto weiter. 2h
Ann Arbor, Hotel Allenell [unleserlich] dürftig. Wir sind sehr müde, schlafen etwas.
Dann etwas geschrieben. Abends Kino, Film ―Modern Times‖, Chaplin, gefällt uns
gut.
Do 2
Prof. Wibbert kommt ins Hotel, wir machen Verabredungen. Etwas
geschrieben. – 4 mein Vortrag ―Philosophy and Logical Analysis‖ (aber auf Morris Rat
mit dem Unity-Vortrag als Haupteil). Wibbert zeigt uns nette ruhige Zimmer im
Club ―Michigan Union‖; es ist zu spät zum Umziehen; hätte er das doch morgens
gesagt! 6:30 Dinner mit den Professoren. Sellars sagt (auf meine Frage!) ich möchte
abends nochmal sprechen, vielleicht über Mathematik. Ich setzte mich 10 Min. allein.
Überlege. 7:30 mein Vortrag ―Mathematische und empirische Wissenschaft‖, mit
Diskussion. Sie haben Schwierigkeiten mit einigen Punkten im Satzkalkül, und mit
der leeren Satzklasse. – 9h. Dann zu Sellars, dort viele Leute. Mit Wibbert über
politische Lage in Europa. Dann mit Frau Wibbert. Ich bin sehr müde. 10½ nach
Hause.
21
Fr 3
12½ Lunch mit Professoren. Über Gestaltpsychologie und Psycho-
physikalische Probleme. Über europäische Politik. Brief von Chicago: permanente
Professur! – 4h Professor Wibbert fährt uns im Auto durch den Campus und zeigt uns
einige Gebäude. Dann Tee bei Wibberts mit allerhand Professoren, NichtPhilosophen. – Ina müde, geht nach Hause. Ich 7-11½ (!) zu Höxter; Miss Ambrose
und 2 Studenten. Sie erzählt viel von Wittgenstein, auch Kritik an ihm, ist aber doch
sehr beeindruckt von seiner Persönlichkeit. Nach dem Dinner über Logik: was ist
eine Sprache; was ist ein Word [sic]; wodurch ist es bestimmt, daß ein Wort die
Bedeutung eines Prädikates hat (nämlich in den Fakten); usw. Sie wissen anscheinend
noch fast nichts von der Syntax, obwohl Ambrose sie zum Teil gelesen hat; wollen
aber die englische Übersetzung eifrig studieren.
Sa 4
Abfahrt kurz vor 11. Wir passieren Detroit, dichter Straßenverkehr.
Durch den Tunnel nach Kanada. In Chatham besucht Ina eine Klosterfrau. 6h in
London, Brescia Hall. Wir besuchen Mutter Felicita. Es ist ein Kloster der
Ursulinerinnen, mit einem College für Studentinnen. – Hotel London, fein.
So 5
Nach Niagara Falls. Im Air-Car über den Whirl-Pool. Die Fälle besehen.
Leider zu spät für den Tunnel, der unter die Fälle führt. Im Regen und später im
Dunkeln nach Buffalo. Hotel Lenox, North Str., feine 2 Zimmer mit Bad.
Mo 6
Briefe. – 4h kommt Fritz Machlup aus Wien. Jetzt Professor of Economy
hier, holt uns im Auto ab; zu sich. Seine Frau ist einfach, lieb, nicht intelektuell, fühlt
sich nicht wohl in Amerika; 2 Kinder. Sie haben ein Häusschen, nett eingerichtet. Er
scheint sehr zu sparen, will erst in 2 Monaten neue Schreibmaschine kaufen (für $50).
6:30 mit Machlup zu Prof. Farber zum Dinner. Er hat bei Husserl in Freiburg
gearbeitet, ist aber jetzt nicht ganz mit ihm einverstanden, auch verschiedenes von
mir gelesen. Dabei Prof. Boynton (?). 8 mein Vortrag ―Unity‖. Nicht viele Leute.
Ein wenig Diskussion.
Di 7
Wir fahren hinaus, frühstücken bei Machlups. Heute und morgen große
Strecke zu fahren. Nachmittags schneit es, der Wischer klebt immer, schlecht und
langsam zu fahren. Daher kommen wir nur bis Bridgewater New Hibbard’s Hotel.
Billige Zimmer, teueres Essen.
Mi 8
22
Alles verschneit. Wir müssen langsam fahren. Im nassen Schnee kommt der
Wagen mal ins Querrutschen. Wir kommen nicht bis Cambridge. Nach einiger Zeit
dunkel fahren bin ich müde. Wir stoppen in Waltham. Einfache Puristenzimmer.
Do 9 Ina
Nach Cambridge, ½Stunde, zu Quines. Zu Brattle Inn. 2 Zimmer mit Bad,
im Nebenhaus, für $3. Mit Quine zum Mittagessen. – 4h mein Vortrag ―Unity‖;
Huntington, Bridgeman, Hocking sind da. Ein wenig Diskussion. 6h Dinner mit den
Professoren, auch Quine dabei. Dann Diskussion am Tisch, mit Lewis, Hocking, Prall,
über Positivismus und Metaphysik, Sprache über Eigenpsychisches usw. Die
Diskussion ist ganz gut; ich glaube, sie verstehen mich jetzt besser. – Quine sagt mir,
daß Prall dem Dept. vorgeschlagen hat, mich zu berufen. Er hat ihm jetzt vom
Chicagoer Offer gesagt, und Prall hat es Hocking gesagt. Für dieses Jahr kommt aber
wohl kaum mehr in Betracht; überhaupt scheinen nicht alle sehr dafür zu sein. Die
Möglichkeit einer [floating?] Professorship, die vielleicht im Herbst eingerichtet,
bleibt offen; das wäre dann für 1937.
Fr 10
Lunch bei Quines. Nachmittags mit ihm über sein neues MS: Eine
Klassentheorie ohne Typenregel. Meine Bedenken: 1) Ob vielleicht semantische
Antinomien konstruierbar, weil ―wahr‖ ausdrückbar; 2) Ob die Allsätze über
Realitätszahlen sich nur auf die definierbaren beziehen. Die Form- und
Umformungsbestimmungen sind noch nicht formuliert. Wir essen noch bei ihnen zu
Abend.
Sa 11
Briefe. 1-3 Lunch bei Hockings. Sie ist rührend, hat uns schon zweimal
Blumen gebracht, geht einem aber auf die Nerven. Huntington und Bridgeman sind
da (Lewis war verhindert). Bei Tisch setzt Hocking seine Auffassung auseinander:
über Robot, Leben, Bewußtsein usw. Ich sage wenig dazu. Bridgeman stellt
vernünftige Fragen: ob der Robot mit gleicher Atomkonstellation sich gleich
verhalten würde wie ein Mensch, usw. – 4h mit Quine in unserem Auto nach Marble
Head. Schon am Meer, auf einer felsigen Halbinsel. Quine möchte vom Juni ab hier
eine Cottage mieten, rät uns, im Sommer hierher zu ziehen. Es wäre aber 50 Min.
Autofahrt! Wir schlagen vor, etwas näheres zu suchen. – Zurück nach Boston. Zu
Pironi; wir essen Muscheln, Hummer, usw.
23
So 12
Gepackt. ½12 ab zu Quines. Dann durch Boston (zum ersten Mal verfahren:
Route 1 nicht gefunden). 2h in Norton, Wheaton College. Ursula Kaufmann, sie hat
ein nettes Zimmer; große Gebäude, [unleserlich]. In der Inn [sic] gegessen. Im Wald
spazieren. Ursula möchte auf jeden Fall in Amerika bleiben, studieren, Beruf ausüben,
lieber als nach Deutschland. Ina schlägt ihr vor, bei uns in Chicago zu wohnen (!).
Nach dem Jahr in Rollins, das aber noch nicht ganz gesichert ist, wird sie den B.A.
machen. 5h weiter gefahren. Etwas im Dunkeln gefahren. 7h in Narraganset Pier.
Die Hotels sind zu, nur im Sommer auf; Seebadeort. 2 einfache Zimmer in einer [sic]
Inn. Ein alter Mann macht uns Abendessen.
Mo 13
Zuweilen durch Städte (Providence, New Haven), zuweilen mit Regen. Zwischen
4 und 5 in New Rochelle. Zu Brodwein. Er kommt später aus dem Geschäft. Lilian
ist in California, mit Bräder [?], Geld für Anti-Faschisten sammeln. Sie wollen dann
zusammen nach Mexico.
Wir fahren mit dem Auto über den Riverside Drive, 1 Stunde zu Nagels. Mit ihm
Di 14
zu Prof. Coss; gemütlicher Herr, redet nichts Philosophisches. Er zeigt mir alle
Gebäude. 4½ mein 1. Vortrag ―Philosophy and Logical Analysis‖. Nachher der alte
Prof. Keyser, mit junger Frau; er erinnert sich noch an meinen Besuch 1923; sehr
freundlich. Malisoff. Brodwein kommt und fährt uns hinaus.
Mi 15
Mittags zu Nagels. 4:30 mein Vortrag ―Mathematics and Empirical Science‖, frei
gesprochen. Mit Brodwein und Nagel im japanischen Restaurant.
Do 16
Wir fahren ins Hotel King’s Crown, 420 W116th Str., New York, 2 nette
Einzelzimmer, mit Bad, inkl. Frühstück $5. Ruhig. Sehr preiswert (aber Mahlzeiten
ziemlich teuer). – 4:30 mein 3. Vortrag ―Unity of Science‖. Nachher Diskussion,
geleitet von Nagel. – Nagels mit uns zu Abend.
Fr 17
Lunch mit Malisoff. Er will mein MS ―Testability‖ ganz in Juli-Nummer bringen;
die ist für Harvard Tercentary. Ich soll die meisten Formeln in Fußnoten oder
Kleindruck bringen. Er muß das MS bis 1. Juni haben. – Nachmittags Philosophy
Club, in Faculty Men’s Club. 5h Tee, 6h mein Vortrag ―Mathematik und empirische
Wissenschaft‖ (sie stimmen beim Tee ab, und ziehen dies der ―Unity‖ vor, weil einige
das letztere gehört haben, und andere es in Yale hören werden). 7h Diskussion, sehr
24
schlecht organisiert. Gewöhnlich spricht jeder der Mitglieder kurz, und erst zuletzt
wieder der Vortragende. Auf meine Bitte erlaubt man mir, auf jede Bemerkung gleich
zu antworten. Jedes Mitglied darf 4 Min. sprechen (!), dann ich kurz erwidern. Eine
Diskussion gibt es überhaupt nicht. Nur einige Mitglieder erlauben sich, dann
nochmal was zu sagen. Dewey, Montague, Morris Cohen, Schneider, von Yale:
Northrop, Urban, im ganzen 10 oder 12 Leute. Cohen wird sehr aufgeregt, seine
Hände zittern; meine Ausführungen seien nicht nur falsch, sondern widersprechen
sich, usw. Ich erwidere sachlich; werde nur schärfer, als er auf seinem Irrtum besteht,
daß die Anzahl endlicher Kombinationen von endlich vielen Symbolen endlich ist. 8 h
Zimmer. Ich erzähle von der Autoreise. Montague erzählt die Geschichte von der
spiritistischen Studentin, und das Rätsel von den 3 Männern. Im Ganzen ist der Club
eine große Enttäuschung für mich. Ich habe nicht Zustimmung erwartet, aber
wenigstens einiges Verständinis. Die Leute sind anscheinend zu alt dazu.
Lunch mit Nagels, Hook, Schapiro. – 4-7 Diskussion in Nagels Gruppe, dabei
Hook, sonst meist Studenten. Ich erkläre, was bei der Aufstellung einer
Sprachwissenschaft konventionell ist, und was empirisch abhängig; Beispiel der
Struktur des Reimes. Lebhafte, verständnissvolle Diskussion. Dann über Ethik; die
verschiedenen empiristischen ge[sehenen?] Interpretationen, und andererseits die
absoluten Normen, ohne Erkenntnisgehalt. – Diese Diskussion ist sehr erfreulich,
besonders im Gegensatz zur gestrigen. Nagel sagt, daß diese jungen Leute sehr wenig
Ermutigung im Studium dieser Probleme von den Professoren bekommen.
So 19
Mittags mit Nagels bei Prof. Keyser. Sehr freundlicher alter Herr. Er schlägt
vor, daß ich meinen Vortrag dem ―S[…] Matematica‖ gebe; nachher könnte sie dann,
wie sein Büchlein, [unleserlich] erscheinen. Er hat schon mit dem Herausgeber der
Zeitschrift darüber gesprochen. Ich soll ihm jedenfalls darüber schreiben. Die
Zeitschrift bemühe sich, die Isolation der Mathematik zu überwinden, sie enthält
immer auch Aufsätze für interessierte Laien. – 4h Mia Sasse kommt ins Hotel. Wir
machen Spaziergang am Hudson entlang, dann zusammen Dinner im Hotel. Sie
arbeitet im Lloyd, hat $160 monatlich. Kann davon nichts sparen, hat mit 3
Freundinnen zusammen eine Wohnung. Ihre Schwester Hanna unterrichtet in
25
Vassar Pok[…?]. Sie hat auch da studiert und fährt oft hin, kennt Geiser gut. Hanna
ist für 2 Jahre in Deutschland. Sie spricht wenig von sich persönlich. Sie ist gegen
Hitler, beklagt sich aber doch, daß die Juden in New York so viel Propaganda gegen
Hitler ―und gegen Deutschland überhaupt‖ machen, und ihnen mehrmals die Fenster
eingeworfen hätten. – Mit Mia Dinner im Hotel. Dann kommt Ina; zusammen auf
unserem Zimmer bis ½10. Dann beschließen wir Mia im Auto nach Hause zu
bringen. Ich fahre zum ersten Mal in die Unterstadt, und dazu im Dunkeln! Es geht
gut, und sogar ohne besondere Aufregung. Bis 11h.
Mo 20
Vormittags im Auto nach New Rochelle. Zu Wertheimers. Seine nette
lebhafte Frau, in Hose. 3 Kinder kommen aus der Schule. Wir lunchen ein wenig mit.
– Dann in Brodweins Haus. Abends mit ihm.
Di 21
Ich wollte eine Bahn nehmen, weil weniger anstrengend. Da schlägt
Brodwein vor, mit mir zu kommen und nachts Auto [sic] zurückzufahren. Ich hole
ihn um 2h bei Larchmont Station ab; zusammen in unserem Auto nach New Haven-
Yale, an 5h. Zu Northrops Office, dann zusammen zu seinem Haus. Er wollte mich
für die Nacht da behalten, sogar mit Ina. 6:30 in der Universität zu Dinner mit
Professoren: Physiker Mardani [?], Psychologe Hull, Philosoph Urban und andere.
Hull sagt, ich solle gelegentlich wieder kommen, er möchte gerne mit mir sprechen
über empiristische Methoden der Psychologie. 8h mein Vortrag ―Unity of Sc.‖ im
Philosophie Club, Vorsitzender Champion Ward, ein Graduate Student. 9-11 lebhafte
Diskussion; aber zu lang. Ich bin sehr müde. Brodwein fährt den ganzen Weg zurück,
in zunehmenden Tempo. 1h in N. Rochelle.
Mi 22
Gepackt. Im Auto ab 12h. Lunch mit Edith Nagel; bei ihr ausgeruht. Dann
weiter, durch Holland Tunnel, schöne Straße nach Princeton, 5h. Zu Irving in den
Turm. Mit ihm zum Hotel Nassau Inn (1 Vorderzimmer mit Balkon $2; die
Hinterzimmer mit Bad $2.50). – Irving und Spaulding holen uns ab; 8h mein Vortrag
―Philosophy and Logical Analysis‖ (in der geänderten Fassung, mit ―Unity‖, gekürzt,
als Haupteil). Ich sitze am Tisch und lese ab; dazu (sehr wenig) an die Wandtafel
geschrieben. Dann lebhafte Diskussion. Dabei Weyl (ich spreche ihn zum ersten
Mal!). Scoon, freundlicher weißhaariger Mann (seine Frau ist plötzlich operiert
26
worden). Bernays, spricht schreckliches Englisch, und nicht sehr klar; die Studenten
applaudieren ihm, weil es ihnen Spass macht. Bähr und Frau.
Do 23
Wir etwas spazieren. Mittags wir zusammen Lunch mit Scoon in der [sic]
Peacock Inn. Dann in seinen Office Besprechung mit ihm, Spaulding und Stace über
das Offer. Ich gebe die Bedingungen von Chic. an. Er will den Präsidenten fragen
wegen permanent, Gehalt, Stunden; meint, es wird nicht unter 8 Stunden gehen. Er
erklärt meinen Lehrplan. Ich äußere Bedenken wegen der 5 Stunden Diskussion über
Plato. – Im Hotel etwas ausgeruht. – ½ 5 mit Ina und Scoon in die Fine Hall. Tee.
Frau Weyl, Ladenburg, Neumann. 5-6 mein Vortrag ―Mathematics and Empirical Sc.‖,
veranstaltet vom philosophischen und mathematischen Department, geleitet von
Dean Eisenhart. Anwesend noch: Bernays, Neumann; Weyl kommt erst ganz spät. –
6h Dinner in der Graduate School; ich trage schwarzen Gown; feierlicher Kirchensaal,
aber zum Glück hell erleuchtet. Prof. Green, der Freund von McKeon (er wollte
früher diesen nach Princeton bringen), diskutiert mit mir über Wert der Geschichte
der Philosophie für die Ausbildung der Studenten. Ich sage: wichtiger das
Systematische zuerst; und zur Charakterisierung der Denkweise besser Geschichte der
Wissenschaft. – Im Gastzimmer des Turms eine ½ Stunde geruht. Dann in der
Graduate School Diskussion 8-10. Einstein (ich spreche ihn zum erstenmal) diskutiert
eifrig mit, aber in sehr schlechtem Englisch. Über Mach und die Unterschiede
unserer Auffassung von ihm. Ich erkläre meine Auffassung über Hypothesen, gegen
Induktionsprinzip (erwähne frühere Diskussion mit Bernays in Paris); hier stimmen
wir ganz überein. Auch, daß es für die Nachprüfung der Physik genügt, auf
Denksprache zurückzugehen anstatt auf Phänomene oder Sinnesdaten. Er vertritt
energisch die Auffassung, daß zwischen Dingen und Sinnesdaten eine Kluft ist, die
logisch nicht vollständig überbrückt werden kann (es ist nicht ganz klar). Auch
Studenten diskutieren heute eifrig mit. Scoon fragt, ob wir nicht Ontologie machen.
Fr 24
Wir gehen zum Lunch zu Bährs. Sie wohnen in einer netten, hellen Wohnung.
6-jähriger Sohn Klaus. Er ist für 2 Jahre im Institut, möchte dann in Amerika bleiben,
war 2 Jahre in Manchester, hat Dauervisum. Er sagt, für einen Mathematiker ist
Princeton jetzt der ideale Platz in der Welt. Ich bezweifle, ob auch für einen Logiker.
27
Er gibt zu, das bei den Mathematikern jetzt eine gewisse ―Grundlagenmüdigkeit‖
herrscht, wie in Griechenland nach der Zeit von Zeno. Dabei ist der Mathematiker
Kuratowski aus Warschau, der für einige Zeit im Institut war und Tarski kennt. Bähr
sagt, dass im Institut keine Lehrverpflichtung besteht, aber die meisten einen Kurs
oder Seminar abhalten. Guter Kontakt gegenseitig: Sie besuchen gegenseitig die Kurse,
treffen sich jeden Tag nachmittags beim Instituts-Tee kurz, suchen sich auf, wenn sie
eine Frage haben, weil für jede Frage ein kompetenter Mann da ist. Die offizielle Zeit
ist nur Okt-April! Weyl usw. bekommen sehr hohe Gehälter (15 T.$); er selbst nur
1500 $ für das Jahr. – Im Hotel Brief von Scoon: Die Bedingungen können nicht
verbessert werden; er gratuliert zu Chic. 4h kommt Irving; er sagt, daß Scoon trotz
der Meinungsverschiedenheiten, es für richtig hält, dem Positivismus einen Platz hier
zu geben, und sich ernstlich bemühmt habe, mich herzubringen. Spaulding habe
auch Kritik und Einwände gegen den vielen Plato-Unterricht; er werde meine
Einwände künftig zitieren, man habe schon oft überlegt, den Plan zu ändern, aber
sich nicht einigen können. Mit Ina und ihm spazieren, zum See. Er unterstützt die
sozialistische Partei; die Kommunisten haben keineAussicht hier; er bedauert deshalb,
daß Bromberg ihr seine ganze Zeit widmet. Wir sprachen über andere Kanditaten für
die Professur. Nagel, Feigl, (und Tarski) kommen nicht in Betracht, weil Scoon (nicht
von sich aus, sondern wegen der Fakultät) keine Juden herberufen würde; daher auch
Bedenken gegen Reichenbach. Quine hat früher abgelehnt. Ich rühme Hempel sehr.
Er lädt uns zum Dinner in die [sic] Princeton Orange Inn ein. Wir fahren alle im
Auto zur Graduate School; ich nehme das schöne Gästezimmer dort, weil es im Hotel
so laut war. Ina bleibt im Hotel, geht zu Fuß dorthin zurück. Geräumiges schönes
Zimmer oben im Turm, mit Bad. – Endlich ein ruhiger alleiniger Abend. Die Tage in
Yale und Princeton haben mich sehr angestrengt.
Sa 25
Vormittags wir mit Irving auf den Turm, und in den Dix [?] Garten. Dann mit
Irving ans Institut, zu Church. Er war in meinem Vortrag, hat auch mal eine Frage
gestellt, ist aber sehr zurückhaltend und hat sich nur vorgestellt. Ich frage, ob seine
Methode nicht ähnlich der von Chawilek[?] und Levi ist. Er meint: Nein; aber sein
System erlaubt, die Nummerierung der Ausdrücke auszudrücken (?). Mit Irving zu
28
Neumann. Über unentscheidbare Sätze; und daß jeder Satz entweder analytisch oder
konstru[… ?] ist; er bezweifle, dass man noch eine Zweiteilung machen kann. Mit
ihm und Ina zu seinem Haus; Landhaus im Englischen Sil, weite Räume. Kleines Kind
(1 Jahr), alte Nurse, Negerdiener. Lunch. Dann im Garten spazieren. Über Frank: Er
sei als solider Mathematiker bekannt, aber nicht erstklassig, habe früher Gutes
geleistet, in den letzten Jahren keine originalle Arbeiten; aber bekannt durch
Handbuch. Schwierig, ihn nach Amerika zu bringen. Über Tarski: Rockefeller gibt
jetzt kaum mehr was für die Mathematik, vielleicht könnte er als Logiker kommen.
Er will sehen, vielleicht mal ans Institut (das sagt er so nebenbei, wohl kaum ernst
gemeint). Er hat mit dem jungen Birkhoff ein Sprachsystem für Quantentheorie
ausgearbeitet, wird bald veröffentlicht: der Satzkalkül ist geändert [?], das
Distributivgesetz wird aufgegeben; auf meine Frage: die Satzverknüpfung wird keine
Wahrheitsfunktion; aber er meint, dies sei die Sprache mit der geringsten möglichen
Änderung. Die Folgebestimmungen sind definitiv; die Hauptänderungen sind in den
Umformungesbestimmungen. Der neue Satzkalkül entspricht der projektiven
Geometrie. – Seine Frau ist sehr verwöhnt und anspruchsvoll; auch er persönlich
nicht sehr sympathisch. 5h ins Institut; Einstein hat die Verabredung vergessen, er
glaubte, es sei heute erst Freitag. Ich rufe die Wohnung an, Frau Einstein sagt, wir
sollen zum Tee kommen. Dort auch Professer Lipschitz aus Berlin, jetzt New York, er
Arzt, nicht sympathisch, geht nach dem Tee weg. Mit Einstein im Garten spazieren,
dann oben in seinem Zimmer. Über Mach, seine Bedeutung und Fehler. Einstein sagt,
daß er, in der Relativitätstheorie sehr von Mach beeinflußt war, und auch Hume
daher gelesen hatte. Ich frage nach seinen Einwänden gegen Wiener Kreis, er lehnt
ab, es seien eigentlich keine Einwände da, er habe nur den Eindruck gehabt, wir
wollten die Gesetze aus den Beobachtungssätzen ableiten. Das war richtiger Eindruck
für die erste Zeit in Wien, von Mach beeinflußt, aber jetzt nicht mehr. Ich frage ihn,
ob er nicht zu tolerant gegenüber Metaphysik ist, wenn er nur sagt, er versteht sie
nicht, und nur gradueller Unterschied zu physikalischen Theorien. Er sagt: das
Letztere ist nicht ganz ernst gemeint; es ist nur, um den nicht-induktiven Charakter
der physikalischen Theorien zu betonen. – Auch über Realitätssystem. – Über
29
metaphysische Bedürfnisse; Ehrfurcht und religiöse Gefühle. Ich sage, daß dies alles
berechtigt, und in Kunst ausdrückbar, aber schlecht in Pseudotheorien. – Ina spricht
mit Frau Einstein. Sie sagt, er habe sich auf meinen Besuch gefreut, weil menschlich
guter Eindruck (nur von der Diskussion vorgestern!): bescheiden und so. Er habe
kaum persönlichen Kontakt mit den Leuten im Institut, habe keine Assistenten mehr,
man schätze ihn hier nicht hoch, auch weil Snob[?] (!). Er unterstützt allerhand arme
Verwandte, die er hat nach New York kommen lassen. Er überlegt, ob er nicht
wieder in die Technik zurückgehen solle (!). Sie sagt zu Ina, ob wir nicht doch
Princeton annehmen wollten, er würde sich freuen, persönlich erfreulichen Kontakt
zu haben! ½ 6 - ½ 8 (!) – Wieder in das Gastzimmer im Turm der Graduate School.
So 26
1 Stunde mit Irving über einen MS Entwurf, Erwiderung auf Northrop; es ist
im Ganzen vernünftig aber nicht sehr klar und exakt. Mit ihm im Hotel Frühstück.
Abfahrt. 1h New York, Lunch mit Nagels; ausgeruht. Nachmittags bei ihm. Mit
Nagel über logische Fragen: Toleranzprinzip; Typentheorie;
Widerspruchsfreiheitsbeweise nach Matrixmethode usw. Mit ihm zum Dinner. ½ 8
Abfahrt, ½ 9 New Rochelle, zuletzt im Dunkeln. Bei Brodwein. Er fährt Ende der
Woche nach Mexico.
Mo 27
Ab 11h; ½ 7 in Providence, Hotel New Crown, teuer.
Di 28
Ab 11h. 11¾ Norton. Mit Ursula Lunch. Dann in den Wald gefahren und auf
einer Decke gelegen. Wir erzählen von Einstein. Rätsel und sowas. Über Alberfelder
[?] Konto. Sie reist mit Europa 21. Juni ab. Kommt Ende Sept. wieder. 5h ab, ½ 7
Cambridge, Bratl […?] Inn; eine Wohnung Parterre im 3. Haus. Nach dem Essen
fahren wir zu Quines. Später kommen Goodman und Leonard. Rätsel und
dergleichen. Im Dunkeln zurückgefahren. – (Nachts stören wir schnarchenden
Nachbarn).
Mi 29
Geschrieben. – Nachmittags mit Quine zu Dr. Yeats, Zahnarzt vom Hygiene
Institut. Er sagt, daß das Röntgenbild meiner Zähne keinen schlechten Zustand
aufzeigt; er selbst hält das Nervtöten nicht für schlecht und tut es selbst; ich soll von
Zeit zu Zeit wieder Röntgenaufnahmen machen lassen; wichtig ist, ob die Symptome
fortschreiten oder nicht. – Mit Quines (und dem Baby) im Auto nach Arlington, auf
30
den höchsten Hügel der Umgebung von Cambridge. Schöne Lage, aber keine
geeignete Wohnung für den Sommer zu finden.
Do 30
Geschrieben. Mittags mit Quine. – Nachmittags mit Quine nach Boston, zu Dr.
Cahill, der beste Mann für Kehle, Ohren, usw. Er untersucht die Mandeln; sie sind
bedeckt mit etwas (?); er meint, augenblicklich nicht rausnehmen, sondern nur, wenn
Rheumatismus oder Halsschmerzen kommen; dann neue Untersuchung nötig; die
augenblicklichen Kreuzschmerzen vielleicht nur vorrübergehende Erkältung; erst 1
oder 2 Wochen abwarten; wenn die Schmerzen nicht verschwinden,
Rheumatismusverdacht; dann Mandeln operieren. Wegen der früheren
Lungengeschichte solle man jetzt vorsichtig sein mit Operationen, wegen Äther; ich
frage: lokale Anästhesie; er: ja, geht aber schwerer.
Fr 1 V
Korrektur Syntax. Korrektur Pariser Vorträge gelesen. – Wir ziehen in die
obere Wohnung; kleiner, aber ruhiger.
Sa 2
Korrektur Syntax. – Nachmittags zu Quine; da Goodman und Leonard über
deren System; ―realistisch‖ im Gegensatz zum ―nominalistischen‖ Aufbau, [unleserlich]
eine Qualität eines Dinges ist ein Teil von ihm. – Abends wir bei Quines.
So 3
Quines ―Vortrag über Carnap‖ gelesen. – Mittags mit Quine im ―Adams House‖
gegessen, wo er seine Mahlzeiten hat. Zu Quine. Ausgeruht. Mit ihm über
Listverzeichnis zur Syntax. Und über seine Vorträge und seinen Aufsatz
―Konventionelle Charakter der Mathematik‖. Unterschied zwischen Logik und
deskriptiven Zeichen.
Mo 4
Mittags Dental Klinik, Dr. Yeats. Er hat mit den Kollegen über das Röntgenbild
meiner Zähne gesprochen. Sie meinen auch, daß gegenwärtig nichts notwendig ist.
Nur 1 ist besonders verdächtig (er markiert ihn); wenn ich wieder Rheumatismus
kriege und sonst keine Ursache zu finden, solle dieser gezogen werden. Ferner soll
ich im August oder Sept. wieder zu ihm kommen, und nochmal Röntgenaufnahmen
machen; es ist wichtig, die zeitliche Änderung zu beobachten. Er meint, daß die
Leute in Chic. ―hasty‖ [?] gearbeitet haben; Mandeln könne man noch eher entbehren;
aber nicht Zähne, man werde ein ―Zahnkrüppel‖; man solle die Zähne so lange as
möglich erhalten. Auch jetzt keine Krone unternehmen, solange keine besonderen
31
Schmerzen oder Rheumatismus oder sonstige Symptome auftreten. – 6:30 Dinner in
der Society of Fellows. Ich sitze bei Henderson und Birkhoff. Birkhoff bezweifelt den
Wert der Logik für die Mathematiker, aber Henderson hilft mir und Quine, ihn zu
verteidigen. Lange mit Birkhoff und seinem Sohn und Quine über die Art logischer
Probleme; er meint, sie seien subjektiv oder willkürlich. Mit Henderson und Skinner
über Behaviorism. Skinner will die alten Theoreme ―Denken‖ usw. ausschalten,
Henderson möchte sie behalten; ich versuche, die Vorteile und Nachteil zu klären.
Di 5
Nachmittags Quine und Mac Lane hier. Junger, begabter Mann, diskutiert klar.
Über Verhältnis von Objektsprache und Syntaxsprache; ob nicht immer die letzte
Sprache verstanden und daher nicht-formalisiert sein müsste; ich versuche, das zu
unterscheiden. Er war einige Jahre in Göttingen, ist daher etwas von Bernays
beeinflußt, kritisiert aber auch die Unbeständigkeit im Begriff ―Fi..[?]‖. Er fordert
mich im Auftrage von Prof. Curry auf, am 1. Sept. hier einen allgemeinen Vortrag (40
Min.) zu halten, für die Versammlung der neuen Association for Symbolic Logic. Ich
sage zu. Es soll kein neuer Beitrag sein, sondern Übersicht; kann technisch sein;
Quine meint: Vielleicht über Unterscheidung zwischen ―analytisch‖ und ―beweisbar‖
usw. – 8h wir mit Quine zu Whiteheads. Frau Birkhoff, später auch Birkhoff.
Diesmal ziemlich langweilig. Ina ist entsetzt über die alten, leblosen Leute. Frau
Birkhoff ist zwar lebhaft, aber konventionell und markiert heiteres Interesse an allem.
Birkhoff selbst ist konventionell und eng. Whitehead alt und weise, den anderen sehr
überlegen; schwer zu verstehen. Man macht allerhand Vorschläge für unsere
Wohnung im Sommer.
Mi 6
Frau Quine fährt mit dem Auto gegen Baum (mit Ina). Sie ist sehr bestürzt
und will sogar bezahlen. Wir versuchen, sie zu trösten. – Lit. Verzeichnis für Syntax
fertig gemacht. Vorwort für englische Ausgabe geschrieben. – Abends vergeblich zu
Quines, sie sind nicht zu Hause.
Do 7
Briefe. – 5 Quine hier. 6h – 8½ mit ihm zu einem Dinner für Kuratowski, der
hier Vortrag über Sch…[?] mengen gehalten hat; Einladung von Birkhoff jr.
Mathematiker und Logiker: Mac Lane, Rosser, Ulam (Pole). Birkhoff behauptet, er
habe früher schon das Problem der Anzahl der Realstrukturen, und der Anzahl der
32
Transitive [?] usw. Für n-Elemente ausführlich untersucht, aber keine allg. Lösung
gefunden, höchstens Regeln für n+1. Kuratowski erzählt von Bernays Vorlesung,
über AS der Mengenlehre ohne Typen.
Fr 8
Sa 9 Ina
Syntax II, Korrekturen fertig gemacht; Bibliographie.
Mittags kommt Quine in Eile auf dem Rad, um mir bei der Bank zu helfen.
Wir mit ihm im Adams House gegessen. – Nachmittags kommt Ursula, sie hat in
einem Frauenclub einen Vortrag über Frauenarbeit in Deutschland gehalten. Mit ihr
das Haus von Hendersons in Francis Ave. (von Machlup empfohlen) besichtigt. Aber
es ist nicht so schön wie das von Smith. Daher beschließen wir, das letztere zu
nehmen. Mit Ursula zu Quines. Ein letztes kurzes wissenschaftliches Gespräch mit
Quine; während dieser ganzen Tage sind wir nicht viel zu Gesprächen gekommen.
Letzter [?] Abend mit Ursula; sie bleibt in [Brattley ?] Inn. Sie will im Sept. zu den
Ceremonies kommen und bei uns wohnen.
So 10
11 Uhr im Auto von Cambridge, mit Ursula. Wir bringen sie nach Norton; sie
hat für das Exam viel Arbeit. Lunch mit ihr dort, wir fahren weiter, über Providence
nach Winsted, 6h. Mürrischer Hotelwirt. Nach 7 kein Essen mehr! Schnelle
Sandwiches und ins Kino; ―Desire‖ mit Marlene Dietrich; und ein wilder Wild West
Film.
Mo 11
Ab 10h. Bei Kingston über den Hudson, auf Fähre. Nach Woodstock, zu
Byrdcliffe Estate; Brodwein hat einen Sommer dort in einem Cottage gewohnt.
Schöne Stelle hoch im Wald gelegen. Heiß, viele Moskitos. Wir besehen 2 Cottages;
1 sehr primitiv, 1 größer und nett, elektrisches Licht, Kochherd mit
Warmwasserversorgung. Die kleine $125, das große 250 für die ganze Saison. Wir
sprechen den Eigentümer [?] Whitery [?] und den Verwalter Edwards. Sie wollen
aber nichts für 1 Woche vermieten. Weiter in die Catskills. – Big Indian von der
Hauptstraße ab nach Oliverea, im Mountain Club nehmen sie nur Mitglieder (Arier!),
weiter zum Norweger Haaland. Wir sind die einzigen Gäste im großen Haus.
Zimmer mit fließendem Wasser auf der Rückseite des Hauses. Das Auto direkt vor
dem Zimmer. Das Wasser wird für uns angestellt, der Alte bemüht sich sehr, uns
dazubehalten.
33
Di 12 Vormittags in den Wald hinauf spazieren. Sehr warm, wir sind froh, aus der
Stadt heraus zu sein. – Nachmittags am Bach. – Abends das Tal hinab, zum Haus von
Andrews, auch nur für Arier; feiner als Holland, $20 für die Woche.
Mi 13 Regen. Englische Syntax. Nachmittags Hagelgewitter, es wird sehr kalt.
Do 14 Mit Holland zum neugeborenen Kalb; es ist in der Nacht ohne Hilfe draußen
im Kalten geboren, und kann jetzt schon munter laufen! – Englische Syntax. –
Nachmittags in das Seitental, immer über den Bach geturnt. – Holland macht den
ganzen Tag Feuer im Kamin im Wohnzimmer oben.
Fr 15 Den ganzen Tag Ausflug: im Auto 4 m zum Winnisook Lake, dann zu Fuß 1½
oder 2 Stunden hinauf zum Gipfel des Slide Mt. (4200 ft.), Aussichtsturm. Aussicht
über die ganzen Catskills, lauter bewaldete Berge. Im Wald gelesen, Sonnenbad,
gelesen. Steil hinunter. 2 Stachelschweine (Porkupine) gesehen.
Sa 16 Auf den Hügel. – Viele Wissenschaftler [?] gekommen: 2 Forscherleute,
Hollands Tochter und Schwiegersohn (Dean) und 3 Freunde, Deutsche, die zusammen
in NY arbeiten. Die 3 sind Kommunisten, arbeiten als Techniker, einer hat ein Auto,
singen viel und machen Spaß. Der Dunkle (Jude?) ist 1933 aus Deutschland weg,
möchte wieder dorthin, tätig sein. Er spielt in NY in einer deutschen Spielgruppe,
Stücke von Brecht usw. – Wir fahren zur Post hinunter. – Einer der 3 probiert unser
Auto, weil das Gas Geräusch macht; er meint, es ist nichts. – Abends kalt. Oben Feuer
im Kamin. Alle beisammen, singen usw. Wir ½ 11 zu Bett. Die anderen noch bis ½
2.
So 17 Mit den 5 jungen Leuten zum Wasserfall, und am Bach entlang hinunter. ½ 3
ab. Sehr warm. 7h (Ortszeit 6h) in Binghampton, NY. Hotel Carlton ([unleserlich]
Hotel, wie King’s [?] Club in NY); jeder ein Zimmer mit Toilette und schöner Shower,
$2; Garage $0.50.
34
Mo 18 Einkäufe (Schuhe usw.). 12-2 nach Ithaca NY, Cornell University. Wir
wohnen in Willard Straight Hall, 2 nette kleine Zimmer mit Bad dazu. Nachmittags
kommt Prof. Sabine und Frau, Prof. Cunningham und Frau, Prof. Birk und Frau, und
andere. Birk war Lehrer von Morris, und von Weinberg; er schwatzt Ina allerhand
vor über meine Berühmtheit usw., macht aber sonst einen intelligenten und netten
Eindruck. Nachher Besichtigung einer Ausstellung von Bildern von Künstlern aus
Ithaca. 8 ½ mein Vortrag ―Unity‖. Nachher Diskussion; man weiß anscheinend meist
nicht viel von diesen Dingen [?]; aber einige Studenten scheinen sehr interessiert,
diskutieren nachher noch privat.
Di 19 In Ithaca zur Bank, und zum Autoclub. 12h ab. 7h abends Mountain Spring
Hotel, schön gelegen am Susquahanna; wir fahren lange Zeit am Ufer dieses schönen
Stromes entlang nach Süden zu. Erst im letzten Moment in Ithaca haben wir uns
entschlossen, nach Süden zu fahren und nicht in die Adirondacks; weil Regen und
kalt. – Einfaches Hotel, pro Person $1.50.
Mi 20 Über Harrisburg nach Front Royal, Va. Jetzt sind wir in den Südstaaten, im
historischen Virginia! Hotel Afton [?], einfach.
Do 21 10h ab auf die Shenandoah Berge, der erste Teil. Neue Bergstrecke ist noch
nicht fertig, mit lockerem Schotter, 31 m., 2½ Stunden! Lunch im Panorama Hotel,
klein [?], am Eingang der Hauptstrecke; sie haben nette Zimmer, aber zu nah vom
Restaurantraum. Dann schöne Hauptstrecke des Skyline Drive; Blick ins Shenadoah
Tal, und zuweilen auf die andere Seite hinunter. Waldige Berge, nur zuweilen
kucken Felsen heraus. Rote Azaleen blühen. 1½ Skyland, etwas abseits der
Hauptstraße. Viele Cottages; Essen im Hauptgebäude. Wir wählen eine Hütte mit
Wohnzimmer und 2 Schlafzimmern und Bad; elektrisches Licht, fließendes kaltes und
warmes Wasser. Das Heißwasser ist vom Kaminfeuer im Wohnzimmer geheizt.
Hinter dem Haus eine porch, schöne Sonnenveranda. – Nachmittags über Felsen
hinauf zum Gipfel. Stony Man Cliffs. – Der jüngere Bruder des Managers hat uns die
35
Hütte gezeigt: Simonpietri [?], hat in Rom in Psychologie einen Dr. gemacht, dann in
Paris internationales Recht studiert, und einige Zeit in Wien, stammt von Korsika. –
Bei Tag strahlende Sonne, warm; abends kalt; lustiges Kaminfeuer. Schöner Blick
hinaus, die Lichter im Tal, klarer Sternenhimmel.
Fr 22 Spazieren. – Korrektur englische Syntax. – Sonnenbad.
Sa 23 Mittags kommen Sterner und Frau in unser Cottage. Wir flüchten den ganzen
Nachmittag in den Wald. Abends mit ihnen am Kamin. Er war Borsch…[?], kam
zufällig nach Amerika, ist internationaler Ökonom, arbeitete als Statistiker in einer
Kinder-Hilfsorganisation, jetzt in der Regierung in Washington, für statistische
Erhebungen über wirtschaftliche Lage, Lebenskünstler usw. Die Frau ist sehr still; sie
schreibt Gedichte; hat früher Bücher in ―In….[?]‖ rezensiert. Sie kampieren oft im
Zelt.
So 24 Mit Sterners im Auto über den Skyline Drive und hinunter nach Luray, und
zurück. Nachmittags arbeite ich MS ―Testability‖ im Schatten neben dem Haus.
Sterners bitten uns sehr, sie in Washington aufzusuchen. – Abends im Mondschein
spazieren; unten die Lichter von Luray im Tal.
Mo 25 MS Testability – nachmittags plötzlich starker Wind, Regen und Hagel. Es
tropft durch die Dachlöcher, Ina stellt Vase unter.
Di 26 Kühl, regnerisch. – MS und Briefe.
Mi 27 Urlaubsgesuch nach Prag geschrieben; noch nicht Entlassung, um noch
Neurath als Supplement (?) vorschlagen zu können. Dazu Dubislav. Brief von Morris:
McKeon behauptet, sein Offer wäre nicht permanent gewesen!
Do 28 MS und Briefe. Wir müssen morgen uas der Hütte ―Applecore‖ [?].
Außderdem sehr kalt. Wir überlegen, ob wir weiter fahren wollen, in die Smokey
Mountains.
Fr 29 Wir ziehen um in die Hütte ―Gray Cone‖, netter, hellere Räume, aber Porch
nach Norden hat nur Sonne am späten Nachmittag. Wir wollen nun bleiben,
mindestens bis MS fertig ist. Die Hütte liegt am Fahrweg; Blick vom der Porch auf
den Stony Man und auf andere Berge. Ich schreibe an einem Tisch, den wir draußen
zwischen den Büschen aufstellen. Ina richtet die Hütte nett her.
36
Sa 30 Im Freien gesonnen, am MS gearbeitet. – Dekorations-Tag; viele Gäste hier,
großer Trubel.
So 31o MS gearbeitet.
Mo I. VI An Malsoff geschrieben: kann MS jetzt in Physik machen.
Dio 2 Korrektur Syntax. – MS Frank gelesen.
Mi 3
″
.
Do 4 Korrektur Buchanan [?]. – Nachmittags im Auto zum White Oak Canyon. Da 4
Kinder unterwegs mitgenommen; sie wohnen irgendwo im Wald, der Vater macht
Körbe, zuletzt betteln sie um Geld. Schöner Wasserfall, Felswände. Da der steile
Weg schlüpfrig ist, gelingt es trotz aller Versuche nicht, wieder hinaufzukommen. Es
wird uns ungemütlich. Wir fahren über die kleine Holzbrücke und den Weg auf der
anderen Seite, und kommen zum Drive hinauf.
Fr 5 Ina Briefe.
Sa 6
″ .
So 7 Fauler Tag. Zeitschrift gelesen.
Mo 8 Brief an McKeon.
Di 9 Briefe.
Mi 10 Arbeit am MS Testability wieder aufgenommen. – Morris schickt die
Korrekturen zu Präsident und Smith. – Aus Prag kommt Ernennung [?].
Do 11 Fleißig am MS Testability, meist auf unserer Porch.
Fr 12
Sa 13 Wir lernen Leute kennen: Mr. Oldenburg aus Danzig, 10 Jahre in NY, aber mit
So 14
Mo 15
Di 16
Mi 17
Do 18
Fr 19
Sa 20
schrecklicher Aussprache, will gerne mit uns allen Deutsch sprechen; schizo [?]
und eigensinning; seine Frau, katholisch, sehr zornig auf die Neger, die alle
Verbrecher seien, zyklo [?]; deren Schwester, mit schweigsamen Mann.
Oldenburg hat Installationsgeschäft in NY. Wir geben den Plan der Smoky
Mountains auf, weil die Zeit zu kurz geworden ist, und Erholung wichtiger als
viel sehen.
So 21 Das neue MS Testability ist fertig. Viel länger geworden, aber auch besser.
37
Mo 22 Endlich mal richtiger Ferientag. Vormittags spazieren, Passamaquoddy.
Nachmittags im Auto den Drive südwärts (weil wir später nach Norden abreisen
werden).
Di 23 An McKeon geschrieben: Annahme des 3 Jahr-Angebotes.
Mi 24 Einleitung zu MS Testability neu geschrieben.
Do 25 Vormittags auf Hawksbill (4049 ft.) höchster Berg in Kette.
Fr 26 MS Testability durchgesehen.
Sa 27 Vortragsabstrakt für 1. Sektion geschrieben. – Auf den Stony Man.
So 28 11h Abfahrt von Skyland. Sehr heiß. Über Panorama, Sperryville, Washington.
Vor dem Kapitol auf dem Rasen gelegen und ausgeruht. Weiter nach Baltimore.
Zuerst Cloos; bei ihm Rosental, ein deutscher Student, Physiker, will später
wiederkommen un in [unleserlich] Expert-Arbeit machen; Miss Pabst, Bibliothekarin,
schweigsam, um ihretwillen sprechen wir Englisch. Das Haus ist weit draußen, aber
dicht an der Elektrischen. Ernst Frau und Kinder sind in Deutschland. Er lädt uns
ein, bei ihm zu übernachten. Leider zu sehr Lärm von der Straße. Ernst ist sehr
kritisch gegen die Nazi. Gibt dem Studenten das braune [?] Buch usw.; will aber doch
einige Sachen, die sie gut gemacht hätten, anerkennen.
Mo 29 10h Abfahrt. Über Camden (bei Philadelphia) – Holland Tunnel nach New
York; wieder ins Kings Club Hotel, 116 Stock. Abends zu Nagels. Er hat den
Zeitungsausschnitt von Schlicks Ermordung (wir hatten nur die unklare Andeutung
in dem Brief von Frau Hertz). Ich erzähle von der McKeon Geschichte. Er sagt, daß
McKeon hier im März einem Freund gesagt hat, er möchte mich nicht nach Ch
bekommen, ich würde das Department beherrschen.
38
Di 30 Frau Hertz kommt ins Hotel. Sie hat Kindertransport aus Deutschland
gebracht, muß bald wieder zurück, möchte aber im Herbst herkommen, für soziale
Arbeit; ihr jüngster Sohn kommt hier zu einem Onkel in die Bank. – Mit Nagels in die
Radio City; Studiotour: interessant, die Überwachungsschalttische. – 6h zu Nagels. Ich
rede ihm zu, systematische Arbeiten zu machen anstatt der geplanten [Rastur?]; Ina
lädt ihn ein, in Cambridge bei uns zu wohnen.
Mi I. VII Ina Mit dem Auto in die Stadt. 12-2½ mit Brodwins Lunch; in Lilians Office
(Anti-Nazi Komitee). – Nachmittags 1 Stunde zu Nagels; er will nach Cambridge
kommen. – Nach New Rochelle. Brodwins kommen erst nach 8h. Brodwins Vater.
Gegen 10h kommt noch Besuch: ein Publicity-Man, der uns vieles erklärt über Politik,
und seine Frau (war mit Brodwins in Mexiko). Es wird wieder sehr spät.
Do 2 Lilian bleibt vom Office weg; Ina besucht sie am Bett. Der Aufbruch wird spät,
11:30. Über Providence (diesmal über die bessere Straße IA). Cabins besichtigt an
einem See. Schließlich um 8¾ beschließen wir, doch noch nach Cambridge zu
fahren. Auf der glänzenden Straße I fahre ich lange (vielleicht eine ¼ Stunde) mit ca.
53 m/h. Es wird dunkel. Cambridge 9:30. Goheens sind nicht zuhause! Wir müssen
in die Br[?] Inn. (Ich habe in Brodwins Garten Inas Handtasche stehen lassen; und da
sind alle unsere Kofferschlüssel drin; wir rufen Carry an).
Fr 3 In Smith Haus, 7 Francis Ave. Goheens helfen uns mit den Koffern. Gekramt.
Sa 4 Unabhängigkeitstag Gekramt. – Korrektur Syntax.
So 5 Sonderdrucke geordnet. – Vorlesungen vorbereitet.
Mo 6 1. Vorlesung, nur Vorbemerkungen.
1h Lunch aller Lehrer. Mit Prall; er sagt, er ist meinetwegen hiergeblieben, und hat
Kurse übernommen. – 7-8 Kino im geographischen Institut: ―Walzerkrieg‖ (LauerStrauß).
Di 7 Erste reguläre Vorlesungen. Gut besucht. – Nachmittags und Abends Quine hier.
Mi 8 Abends Konzert der Sommerschule: Klavier Trio und Klavier Quartett von
Brahms. Seit vielen Jahren zum ersten Mal ein Konzert!
Schrecklich heiß.
Do 9
39
Fr 10
Sa 11 MS Testability durchgearbeitet.
So 12
″
; Ina fängt an, die neue, längere Fassung ganz neu zu tippen.
Mo 13 Korrektur Syntax. – Abends wir mit Quine zu Lowe; er ist ―Philosoph‖, in
einem fortgeschrittenen Kurs; sie ist Romanschriftstellerin (…Lincoln), von Quines
sehr geschätzt. Ziemlich langweilig. Zum Glück kommt spät noch Prof. Perry. Er
hat in Princeton den Ehren-Doktor bekommen. Er sagt, man bedauere sehr, daß ich
abgelehnt habe. Er sagt, daß die Psychologen hier gesagt haben, daß sie auf meiner
Basis sich jetzt besser einigen, weil das eine Art Behaviorismus ist, der die
Introspektion auch anerkennt, aber die Begriffe behavioristisch definiert; ich soll mal
mit Prof. Pratt sprechen. Ich sage ihm, das Chic. nicht, wie ich anfangs geglaubt hätte,
permanent ist, sondern 3 Jahres-Kontrakt, und die anderen nur 1 Jahr. Er stimmt mir
zu, daß das keine gute Methode ist, und die Professoren abhält, Opposition gegen den
Präsidenten zu machen. Aber er meint, Hutchins schätzt offene Gegnerschaft; wenn
er, Perry, etwas gegen Hutchins Maßnahmen habe, würde er immer zu ihm gehen
und das ganz offen sagen.
Di 14 Wieder sehr heiß. Korrektur Syntax.
Mi 15
″
Do 16
(Er wohnt bei Laundeison [?])
Fr 17 Feigl erscheint im 2. Kurs. Mittags mit ihm und seinen 2 Studenten Lunch.
Nachmittags kommt Nagel, wohnt bei uns. Feigl auch hier. Feigl fährt in unserem
Auto mit seinen Studenten zum Konzert.
Sa 18 Mit Nagel ―Testability‖ verglichen. (Feigl war Weekend weg)
So 19
″
Mo 20
″
Di 21
Mi 22 Nachmittags 4-6 Diskussion in privatem Zirkel, Quine, Prall und seine Freunde,
etwa 15. McLane spricht einleitend über empirischen Gehalt der Mathematik. Da er
aber zugibt, daß Mathematik analytisch ist, wird nicht recht klar, was er unter
empirischen Gehalt versteht.
40
Do 23 ½6 Quine hier. Dann mit ihm zum Pasteur-Film; zu viel Dialog; und Film
eines französischen Benediktiner-Klosters, malerisch.
Fr 24
Sa 25 Wir beide mit Nagel im Auto an die See, nordwärts. Über Marblehead hinüber
nach Magnolia. Zu kühl zum Baden. An verschiedenen Stellen auf Klippen gesessen;
auch etwas Sonne. Sehr wohltuend nach den 3 Wochen Sommerschule. 8¾ wieder
zuhause.
So 26o Feinkorrektur der englischen Syntax fertig (außer Register).
Mo 27 (Nachts Moskitos. Sehr wenig geschlafen)
Di 28 Mit Feigl zu den Psychologen: Prof. Pratt. Dann Prof. Boring; dieser ist ein
lustiger Zykliker [?], hat Feigl begeistert über seinen psychologischen Aufsatz
geschrieben, stellt allerhand Fragen in sehr unexakter Formulierung; will mit uns und
Brunswik Diskussion machen. Er vertritt einen Operationism, will den gegen
William Sterns ―verstehende Psychologie‖ verteidigen.
Mi 29 Ina
Do 30
Fr 31 Im elementaren Kurs unoffizielles Examen: 5 Fragen, davon 3 schriftlich zu
beantworten. (Goheen hält das Examen ab, für mich, um 9h). – Abends 6½ Edith
Nagel kommt an. Ich hole sie mit Nagel im Auto ab. (Im Gedränge mache ich Beule
in den Vorderfender, zum Glück der schon beschädigte linke). Sie ist sehr angetan
vom Ferienkurs von Fermi über Quantenphysik.
Sa 1. VIII Ich schreibe ersten Entwurf für ―Logik‖, den Harvard-Vortrag, unter
Verwendung von Feigls Notizen. – Abends kommen Brodwins, sind in 6 Stunden
hergefahren.
So 2 Wir mit Brodwins und Nagels in Braudwins [sic] Auto hinausgefahren, ans Meer,
Nordseite [?]. Lynn zur Insel Nahant hinüber. Dort am Strand gebadet. Sand sehr
heiß, Wasser sehr kalt. Nach dem Essen finden wir keinen schattigen Platz; ein
Polizist scheucht uns von einem ―private ground‖. Wir fahren in den Lynn-Park und
ruhen uns im Wald aus. Dann nachhause. (Wieder wenig geschlafen, und nachts
Kopfschmerzen).
41
Mo 3 4-6 Diskussion mit ca 18 Leuten über MS Testability; dabei auch Misses Langer.
Leonard berichtet über Versuch, Reduktion durch Definition zu ersetzen, mit
semantischen Begriffen, die sämtliche diskrete Grundbegriffe der Physik voraussetzen.
Di 4 Nachmittags 6½ Sommerschulfilm ―Gulliver‖, russischer Film; sehr nett.
Mi 5 11-12 Rosser, erklärt mir seinen Beweis über Ergänzung einer Sprache (nach Art
der Regel UF2 für I.). – Angefangen, M5 für Vortrag ―Logik‖ auszuarbeiten, in
Deutsch.
Do 6 Abends mit Ina ins Kino ―Fury‖, über Lynchen, gut und [aufregend?], aber mit
sentimentalem Happy End.
Fr 7 Dental Klinik, X-ray Aufnahme, auch für Ina. 4-½9 mit Feigl zu den
Psychologen: Schenk, der uns eingeladen hat, Brunswik, Pratt, Stevens. Schenk und
besonders Stevens Vertreter des Operationalismus, gegen Brunswik, der aber auch
versucht, mit uns einig zu gehen, und die anderen, die teilweise arge Philosophie
hineinbringen. Im Ganzen sehr gute, fruchtbare Unterhaltung. Wird beim
Abendessen (im Club) fortgesetzt.
Sa 8
So 9 Wir mit Nagel und Goheens vormittags mit unserem Auto hinausgefahren in
den Wald am See, Middlesex Fells Reservation. Kurz, aber gute Entspannung.
Mo 10 Dental Klinik, Dr. Yeats. Auf Grund der neuen Aufnahme rät er mir, doch
den einen Zahn, den er schon damals angemerkt hat, ziehen zu lassen (der jetzt letzte
rechts unten); im übrigen jedes Jahr Aufnahme machen zu lassen. –
4-6 Diskussion in unserer Gruppe über MS ―Testability‖. Ich zeige, daß Leonards
Definition doch nicht funktioniert. Mc Gill verteidigt Realismus. Goodman
verteidigt die Psychologie-Begriffe als Basis, da subjektive Sprache, wie im ―Aufbau‖,
dann später zum Intersubjektiven übergehend. (Feigl leider nicht da, noch an der See;
die Diskussion ist nicht sehr lebhaft; anscheinend zu viele Leute, da sind sie scheu).
Di 11 Vormittags Zahnarzt.
Mi 12 4-½7 Tee hier, mit Goheens und Nagel. Es kommen: Quines, Lewis,
Gerschnawitz [?] (Nagels Freunde), Feigl mit 2 Kindern (Schmidt und Miss
Rosenbaum), Machlup. – Abends zum letzten Mal mit Nagel spazieren. Sein
42
Hauptergebnis hier: Er hat gesehen, daß seine Logikkenntnisse, aus Selbstunterricht
gewonnen, sehr gut sind, und daß er die Dinge besser versteht als die meisten hier in
der angesehenen Hochburg der Logik. Ich ermutige ihn, doch über die Dinge zu
schreiben, die ihm so klar sind. Er meint, daß sei dann nicht original genug. Ich:
Wenn man Bericht geben will, merkt man, daß von selbst Eigenes hinzukommt. – Ina
versucht vergeblich, ihm für die englische Übersetzung meines Vortrages (für die
Konferenz) $10 zu geben; er will durchaus nicht. (Auch für die Syntax-Revision hat
er nichts angenommen). Es wird vereinbart, daß er bei solchen Arbeiten künftig $3
für die Stunde nehmen will.
Do 13 9-11 letzte Vorlesungen. Nagel reist ab (die Frauen fahren ihn zum Bahnhof).
– In Bibliothek. – Gespräch mit Brunswik. Er will den intentionalen Gegenstand
physikalisch definieren: Als Koppelung von bestimmter Struktur zu physikalischem
Gegenstand und den Reaktionen der Personen. – Mittags mit Machlupp, im Club. (Er
hat in Buffalo nominell 6500 Gehalt! Wegen Kr[...] reduziert auf 5400. Die
Sommerschule hier gibt den amerikanischen Professoren einen bestimmten Bruchteil
ihres Jahresgehalts (vielleicht 2/11 oder 2/13), bei ihm etwas mehr als 900).
Fr 14 2h Examen des 1. Kurses. Ich bringe die gedruckten Fragen hin (10, davon 6 zur
Auswahl). – Zahnarzt. – Bibliothek. – Diskussion mit Wohlstätter. Er interessiert sich
sehr für Syntax, Semantik; möchte Analyse der Ethik versuchen. Und darüber
schreiben. – Dann mit Waters. Er doziert in Ohio-State University, Columbus. Fragt,
wie man den Lehrplan verbessern sollte. Er ist sehr an Testability interessiert. Er hat
mit Weinberg und anderen einen „Carnap-Zirkel― gehalten.
Sa 15 9:15 Exam des 2. Kurses, nur 2 Teilnehmer. 12h die Papers abgeholt. – 3h wir
mit Feigl in unserem Auto abgefahren. Straße Nr 1, 16 über Portsmouth nach
Conway. Übernachtet in Bigelow Lodge.
So 16 In die White Mountains weiter gefahren. Über Glen, Jackson, Glen House
(hier geht die Autostraße auf den Mt. Washington ab), Gorham-Randolph. Wir sehen
das Haus von Smith, und seine 5 Kinder vorbeifahren. Wir lesen zufällig [?] den
Namen Bridgemans. Wir fragen ihn um Auskunft. Seine Frau kommt mit und zeigt
uns einige Cottages, es ist aber nichts Geeignetes dabei. Prof. Mayer aus Princeton ist
43
auch in der Nähe. Wir fahren weiter, schmale Waldstraße, zur Base Station der Mt.
Washington Bahn. Wir nehmen eine kleine 2 Zimmer-Cottage ($4).
Mo 17 Es regnet. Darum lassen wir den Plan fallen, auf den Berg zu gehen (Feigl zu
Fuß, wir mit der Bahn). Wir fahren über Bretton Woods und Fabian [sic] (hier sind
alle Hotels zu vornehm), vorbei an Echo-Lake und Profile Lake zur Franconia Notch.
Wir steigen durch die felsige Schlucht „The Flume―. Dann fahren wir zurück
nordwärts, am Echo-Lake vorbei nach Franconia bei Sugar Hill. Schöne Lage, aber
Hotels zu vornehm. Zurück nach Franconia, und die kleine Straße hinaus zum BergPlateau, in Richtung Bethlehem. Bei W.S. Phillips’ Store, oberhalb von Bethlehem,
nehmen wir ein nettes einfaches Cottage „Stone Camp―. Der Wohnraum, darin
schläft Feigl; darin erhöht Küche mit Eßtisch, dahinter Bad; und 2 Schlafzimmer.
Elektrisches Licht. Pro Tag $3. Höhe 1760 ft.; nur wenige Hotels in diesem Gebirge.
Liegen so hoch. – Abends in Bethlehem gegessen und Voräte eingekauft.
Di 18 Vormittags zu Fuß auf den Mt. Agassiz; die Zollstraße beginnt gerade hier.
Oben Aussichtsturm, sehr schöner Rundblick auf die ganzen White Mountains; der
Mann bläst Trompete für das Echo. Im Wald Sonnenbad. – Nachmittags über
Maplewood zum Burns Lake; geschwommen; und zum Forest Lake. Zurück über
Littleton.
Mi 19 Autofahrt, zur Erkundung anderer Unterkunftsplätze. Über Bretton Cottage,
zur Crawford Notch. Das Crawford-House scheint uns zu elegant. Hinunter nach
Notchland, dort Inn Unique. Sie scheint nett; aber für uns viel zu niedrig gewesen.
Von Bartlett die Waldstraße (Bear Mt. Road) nach Passaconaway. Das liegt sehr
schön auf einer Hochfläche und baut gerade die Straße, die später nach Waterville
Valley durchgehen soll. Die Inn hat leider kein elektrisches Licht, und der Bagger in
der Nähe macht Lärm. Darum wollen wir nicht hin. Gravelstraße hinunter nach
Conway; über Glen nach Jackson. Wir erkunden einige höher gelegene Plätze. Dabei
Nordic Farm, von Machlup empfohlen. Da sind uns zu viele Leute, und doch nicht
hoch genug. Ebenso Fernald Cottage, liegt noch tiefer. Wir fahren deshalb zurück:
Über Glen, Bartlett, Crawford Notch, Fabian [sic], nach Bethlehem zurück.
44
Do 20. Zu Fuß spazieren nach Süden und Westen. – Nachmittags fährt Feigl zum
Schwimmen. Wir beide hier (o).
Fr 21 Etwas geschrieben, gepackt. Nachmittags Abfahrt. Bei Bridgemans in
Randolph 2 Stunden geblieben. Er arbeitet in einer kleinen Hütte im Wald. Das
Haus hat er selbst aus einem alten Stall gemacht; verschiebbare Wände. Mit Frau und
Töchter. Ich sage, daß ich glaube, man könne die ganze Cantorsche Mengenlehre
rigoros darstellen; auf Grund der Verbesserungen von Russell und Fränkel. Dann
fuhren wir weiter. Wir verlassen die weißen Berge; es ist zu trübe, sonst wären wir
gerne noch auf den Mt. Washington gefahren. Wir übernachten in Rumford; Hotel
Rumford.
Sa 22 Nach Rangeley am Rangeley Lake. Wir fahren herum, um Cottage zu suchen.
Zuerst zu den höher gelegenen Seen; aber da ist alles besetzt. Endlich finden wir eins:
Rangeley Manor Camp (anscheinend war früher auch ein Hotel dabei). Sehr nettes
Haus aus ungestrichenem Holz; eisener Feuerplatz; 3 getrennte Zimmer; Bad.
So 23o Vormittags Examens-Papers korrigiert. – Nachmittags mit Ina allein spazieren.
Sie ist schon etwas nervös auf Feigl geworden, weil wir nie für uns allein sind; und
durch die schlechten Nächte, besonders durch sein Schnarchen. Wir quartieren Feigl
in der Nachbar-Hütte ein.
Mo 24 Vormittags an den Mooselookmeguntic See. Schöner Klippen-Vorsprung,
nordischer Charakter. Nachmittags mit Feigl spazieren. Über seine Ehe; und
allgemein Menschliches.
Di 25 Wir gehen immer mittags zum Essen aus, sorgen morgens und abends für uns
selbst. – Wir fahren auf die Südseite des Sees und gehen weiter bis zum Nibogan
Camp; nett und einsam gelegen, aber kein elektrisches Licht. – Abends ins Kino Viel
Post; nachmittags Briefe. – Abends Kino.
Mioi 26 Wir fahren von Rangeley die Straße nach Norden, über Stratton nach dem
Bigelow Brook Pond am Bigelow Mountain. Wir bleiben dort in der Einsamkeit,
essen Obst, machen Sonnenbad. Ina und ich liegen im Wald. Wir rudern in einem
Kanu, der dort liegt, etwas den Fluß hinauf. Am See sind alte verfallene Jagdhütten.
Nicht mehr in Benutzung, da jetzt Wildreservat. Abends zurück.
45
Do 27 Ina Geschrieben.
Fr 28 Mit Feigl kurz Rundflug im offenen Wasserflugzeug (8 Minuten für je $1.50)
über den See. Sehr schön. – Vormittags Vortrag „Wahrheit in Logik und
Mathematik― vorbereitet. – Nachmittags englische Syntax. – Mit Ina spazieren.
Sa 29 Regen. – Geschrieben. – Nachmittags MS „Testability― für Druck bearbeitet
(Nagels Korrekturen).
So 30 Abfahrt im Auto, 11½. In Portland, an der Küste, beschließen wir, doch bis
Cambridge durchzufahren. Cambridge 9½.
Mo 31 Besorgungen. – MS „Testability― bearbeitet. – Vortrag vorbereitet. – Interview
über morgigen Vortrag.
Di I. XI 10:45 mein Vortrag „Truth in Math. and Logic―, in der gemeinsamen Tagung
der Mathematiker und Logiker. In der „New Lecture Hall―, sehr großer Saal. 350
Zuhörer! 3 Mikrofone; der Vortrag wird durch Rundfunk verbreitet, und sogar auf
Kurzwelle nach Europa geschickt. Ich spreche frei, 40 (ansonsten 30) Minuten; es
gelingt gut, obwohl in der letzten Zeit nur Deutsch gesprochen. – Dann 4 kleine
Referate, je 10 Minuten. – Copeland getroffen; geraten, MS in Journal Symbolic Logic
zu veröffentlichen. – Logiker Lunch. Ich sitze neben Langford, sehe ihn zum ersten
Mal. Er war 1 Jahr in Europa, meist in England; hat 6 Wochen bei Wittgenstein
Vorlesungen gehört. Ich frage ihn, welchen Vorteil er glaubt, daß Lewis Methode der
strikten em[?] vor der syntaktischen hat; er: der Vorteil ist auf der anderen Seite (!),
aber Lewis will ein Kriterium für Inconsistenz aufstellen, das in der empirischen
Wissenschaft angewendet werden kann. – Ferner Ducasse, der Vorsitzende und
Begründer der logischen Wissenschaft. – Nach dem Lunch redet Whitehead etwa 1
Stunde über die Entstehung und die Entwicklung der symbolischen Logik, sehr
persönlich und eindrucksvoll. Die orginellste Idee sei: Freges Definition für „etc―. –
Nachmittags MS „Testability― für Druck fertig gemacht. – Abends 8:30 (!) – 11:30 bei
Struik, Holländer, am MIT, kennt Frank gut. Die Frau ist Pragerin, nach fragt nach
allen Leuten dort, hat bei Frank studiert. Sie wollten Ina auch kennen lernen, haben
vergessen, sie einzuladen. Dort ist Cartau aus Paris, spricht sehr wenig Englisch.
Courant, ist an der N.Y.U., Head of Department, sehr eifrig im Neuaufbau und
46
Erweiterung tätig. Wohnt in New Rochelle, mit 4 Kindern; schon 3 Jahre hier, gerne
hier; will für den Liberalismus eintreten. Ich äußere Skepsis, kulturelle Freiheit
retten zu können, solange die jetztige wirtschaftliche Ordnung besteht, die so etwas
wie Hearst Press zulässt usw. Er sagt, daß doch manche Geldleute und Industrielle
Verantwortungsbewußtsein haben. Und schließlich stimmt er zu, daß später doch
eine Umstellung der Wirtschaftsordnung kommen muß. Er meint: hier ohne
Faschismus und Erschütterungen. Auch das Nazi-Regime bereitete die Mentalität für
zentralistische Eingriffe in die Wirtschaft, also den Kommunismus, indirekt vor.
Mi 2 Mittags Behr und Frau zum Lunch hier. Er trägt an der NYU vor, aber ohne
Bezahlung, von Princeton aus. – Abends 7-9 ich zum Dinner bei Präs. Conant. Ein
junger Mann empfängt mich und stellt mich den anderen vor. Nachher erfahre ich
erst, daß das Präs. C. selbst ist. Expert, reper[...] Physiker Lyman; er will mir später
mit Bridgeman das Labor zeigen. Mathematischer Physiker Wilson, hat 1900
symbolische Logik doziert, mit Peanos Buch.
Do 3 Abends 7-11 Mathematiker Dinner; Ina und ich eingeladen als Gäste, am
Vorstandstisch. Ich spreche mit Frau Cairns und Prof. Richardson, Sekretär der
Mathematiker; er wird 1940 den Internationalen Mathematiker Congress organisieren.
Er möchte, daß ich mal nach Brown University zum Vortrag komme. Hardy,
Lefschatz und andere machen Toast. Dann bis über eine Stunde! Ina spricht mit dem
Londoner Statistiker Fischer, der sehr naiv seine Nazi-Sympathien äußert.
Fr 4 Nachmittags Vortrag Eddington, Diskussionsvortrag Ahi [?]. Über Beziehung
zwischen kosmischer und atomarer Konstante. Nachher mit Mather [?] Gespräch, er
will Radio-Gespräch mit mir arrangieren. 6:30-9 Prof. Perry bei uns zum Essen. Ich
frage ihn, wie McKeons Entschlußänderung zu erklären ist. Er hat über mich mit
Präs. Hutchinsons gesprochen, und dieser sei gar nicht gegen meine Ernennung
gewesen. Dieser habe wahrscheinlich McK. umgestimmt. – 9h Vortrag Dewey über
„Autorität und soziale Änderung―. Ziemlich langweilig.
Sa 5 11h zu Dr. Mather, mit ihm die Radio-Konversation besprochen. Er hat sie
aufgesetzt, seine Fragen so formuliert, daß er meine Antworten aus meinem MS
nehmen könnte; besonders die Geschichte von den Hottentotten. In höchster Eile
47
nach Boston, zur Rundfunk-Station. 12h-12,15 unser Gespräch; internationaler
Broadcast, sog. blaues Netz [?], über 40 Stationen im ganzen Land. – 3½-6 Curry hier.
Er stellt allerhand Fragen zur Syntax und über sein System mit lauter Konstanten,
durch die Variablen entbehrlich werden. Für das Aussagenkalkül hat er ein System,
das syntaktische Begriffe mit hinein nimmt. Er meint, der Unterschied zwischen
Objektsprache und syntaktischer Sprache wäre doch nicht ganz scharf. Er scheint
ganz scharfsinning[es?] System aufzustellen; aber seine Fragen sind nicht ganz klar,
d.h. ich weiß nur wo[?] er im Ganzen hinaus will. – 6½ wir zu Quines zum Essen.
Dann wir mit Quines und Gohens nach Boston zum Kino. „Meine amerikanische
Frau―, nur halb gesehen. „Girls dormitory―, eine rührende Geschichte aus einer
Salzburger Schule. Nachher noch wieder mit zu Quines, bis ½1!
Mo 7 Harvard Konferenz, Symposium ―Factors determining human behavior‖,
vormittags 4 Vorträge: 1) Adrian-Cambridge, Physiologe, über Nervensystem; 2)
Collip, über Hormone, spricht zu schnell und undeutlich; 3) Piaget, Kinderpsychologe,
Genf; über Entwicklung des Kindes, unter dem Gesichtspunkt der Konservation,
psychologische Konstantentheorie, einiges interessant; 4) Jung, Zürich, über
psychologische Faktoren, etwas zu metaphysisch. Wir Harvard-Gäste sitzen auf dem
Podium, hinter dem Redner; ist dadurch schlecht verstanden. Spemann ist da; er sagt,
daß Merten [?] jetzt Studienrat in Lad-Teiningen [?] ist, betrübt, weil keine
Verbindung mit der Universität mehr möglich; anfangs war seine Stellung gefährdet,
Speemann habe für ihn gesprochen. Pannekoek kennengelernt; er hat mal für
Erkenntnis geschrieben. – Nachmittags Fortsetzung: 1) Janet, über psychologische
Kräfte und Schwächen, einige Punkte klingen ganz behavioristisch, spricht sehr
lebhaft, 2) mein Vortrag „Logik― (als Faktor det. human behavior), ich lese ihn ab.
Darin die Hottentotten-Geschichte, alle lachen und verstehen es., 3) Lowell, der
frühere Harvard-Präsident, über Geschichte, englische Par[?], liberalistisch (gegen
wirtschaftliche Planung). Nachher Kelsen getroffen, und Haas. Dann mit Feigl und
Psychologen im Fogg Museum beim Tee diskutiert: Brunswik, Tolman, Boring,
Wertheimer. Dieser noch mit zu uns. Im Garten mit Feigl und ihm gesprochen. Er
sagt, daß jetzt moralische Werte und Wahrheit oft relativiert werden; das sei große
48
Gefahr. Wir geben es für Wahrheit zu. – Abends gehen die anderen zum Vortrag
Malinowski, ich bleibe zuhause, um auszuruhen.
Di 8 Mittags wir drei Lunch im Georgian mit Senior. Er sagt, mein Kontrakt mit
Chicago sei sehr zufriedenstellend; die damalige Schwierigkeit sei nicht aus
Böswilligkeit, sondern Unfähigkeit (McKeons) zurückzuführen, das habe er auch dem
Präsidenten gesagt. – 4-7 Strunk und Frau hier. Feigl und ich mit ihm über
dialektischen Materialismus. Er schreibt Buch über Dialektik der Mathematik;
gemeint ist aber: der Geschichte der Mathematik. Er hat jetzt Hegel gründlich
studiert, weil Lenin dazu auffordert. Wir sagen ihm, daß die dialektischen
Formulierungen, z.B. Umformen der Quantität in Qualität, sehr schlecht sind,
Schlagworte, keine Gesetze; daß heute Lektüre Hegels nutzlos ist und besser moderne
Logik studiert wird. – Abends ich (Ina fühlt sich nicht wohl) mit Quines und Gohens
zu Whiteheads. Frau Wh. leidet sehr unter den Vorgängen in Europa und der
Kriegsgefahr. Ich spreche mit ihm über seine Rede beim Logiker-Lunch, über Frege
usw. Ich berühre auch die Frage der Klasse und das „together―, komme aber nicht
dazu, ihm unsere Auffassung der Überflüssigkeit der Klassenzeichen darzulegen, weil
er selbst allerhand erzählt. Miss Amet, aus New Castle [?], hat Buch über Whitehead
geschrieben, war beim Prager Kongress.
Mi 9 – Nachmittags hier Diskussion mit Quine, Leonard, Mudman [?] und Feigl. Erst
über deren Definition, die die Reduktion ersetzt, mit „P-ableitbar―. Dann über deren
Konstitutionssystem; Feigl und sie möchten Eigenpsyche[?]basis, ich Dingsprache als
Basis.
Do 10 Mittags zum Lunch im Commander-Hotel mit dem Direktor Weaver der
Rockefeller foundation. Er war in Kopenhagen, etwas enttäuscht, weil die Diskussion
über die Unbestimmtheitsrelation mit zu vielen Begriffen der traditionellen
Philosophie arbeitete. Er ist Mathematiker-Physiker. Er sagt, er sympathisiert mit
unserer Bewegung, hat verschiedenes von mir gelesen, kann sie aber im Allgemeinen
nicht von der Stiftung aus unterstützen. Sie beschränken sich ganz auf Biologie, und
Physik, Mathematik, Logik, soweit sie der Biologie dienen. Besonders Woodger,
Wrinch, Rashevsky. Ich spreche über Hempel und Popper; rühme Hempel sehr; er
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könnte Biologie-Physik lernen und dabei schon Logik helfen, z.B. in Philosophie. Mit
Rashevsky und mir zusammen. Popper müsste eine Stelle für sich bekommen, ist
individualistisch. – Nachmittags zum Tee. Astronom Pannekoek. Watson, der junge
Mann aus NY, schreibt Buch über Methode der Literaturwissenschaft, will es nicht
auf Sätze und Rationales beschränken. – Abends wir mit Quines im Auto nach Boston,
zu Curtis und Frau. Zuerst 7¾ Dinner im Summerset Club, dann in ihre Wohnung
auf Beacon Hill. Er hat etwas Syntax gelesen, ist begeistert davon, ohne viel zu
verstehen, symphatisiert mit der Anti-Metaphysik, hat viel erwirkt für meine
Einladung hierher. Er spricht über die Einheit zwischen scholastischem Denken und
dem üblichen Denken der Rechtsanwälte und Richter. Wir vergessen die Zeit,
plötzlich ist es fast 1h!
Fr 11 Vormittags mit Feigl über meine Logik-Vorlesung, die er endlich so machen
will; und über Erkenntnisproblem.—Nachmittags 4-6 Quine hier. Über Chwisteks
Brief, über seine Misverständnisse, sein Nicht-Erkennen-Können der Notwendigkeit
der Anführungszeichen.
Über Quines neues System (in Journ., Heft 2), aus Zermelos entwickelt; ähnlich dem
jetzigen Tarski-System. Es will nicht eine geläufige Sprache geben, sondern wie das
von Tarski, ein möglichst einfaches System für formale Untersuchungen über
Widerspruchsfreiheit und Entscheidungsverfahren usw. Es ist vielleicht tatsächlich
das einfachste bisherige System! – Abends alle 70 Gäste zum Dinner des Präsidenten
im Lowell-Haus. Ich sitze mit Kelsen am Tisch, setze mich später auch zu ihm.
Geheimrat Wenger, römisches Recht, aus Wien. Kelsen wird im Oktober in Prag
anfangen, aber vielleicht Genfer Stellung halbjährig beibehalten. Er erklärt mir die
Entstehung des Kausalgedankens aus dem Widervergeltungsprinzip; er hat das in
vielem etnologischen Material bestätigt gefunden; will das für Erkenntnis schreiben,
interessante Idee. Aber er lehnt ab, daß die Gesetze für Voraussagen da seien; das sei
ein Rest der Auffassung der Natur für den Nutzen des Menschen. Speeches von Präs.
Conant, Ho[...], Rappard (sehr fein über geistige Freiheit, nötiges Ventil, um soziale
Erschütterung zu vermeiden), Svedberg+. Nachher mit Rappard Gespräch, spricht
fließend Englisch und Deutsch, ist Kelsens Chef in Genf, lebhaft und anziehend. – Ina
50
ist gleichzeitig beim Dinner von Frau Conant. Dort singen die dann zusammen
Volkslieder (!). —
Sa 12 Zahnarzt. – Mit Feigl über Physikalismus. Er unterscheidet 2 Themen: 1)
Einheit der Sprache, 2) „Identität― als Forschungsprinzip, d.h. Erklärung der
Gehirnvorgänge durch Physiologie und schließlich Physik. – Briefe.
So 13o Nachmittags mit Ina in die Middlesex Fells Reservation. Dort
Vormittags: Feigl reist ab; Kasperle wünscht baldige Rückkehr,
um Chic. zu beschließen [?].
um See spazierengegangen, und auf einen Aussichtsturm. – (Nancy Gohen ist sehr
verliebt in Ina.
Mo 14 Nachmittags Zahnarzt: Zahn gezogen (unten rechts der letzte).
Di 15 Nachmittags 5h Ursula Kaufmann am Südbahnhof abgeholt, sie wohnt bei uns.
Mi 16 3h Empfang der 500 Delegierten in Sanders Theatre. Fast alle haben
akademische Talare, auch Prof. Tomičak von der tschechischen Universität Prag, und
Prof. Hüttig von der deutschen Technischen Hochschule Prag (er hat Prorektors Robe
genommen); ich schwarzen Anzug. Wir marschieren auf die Bühne, geordnet nach
dem Alter der Institution, Prag. Nr. 8 und 9. Dann Ansprache von Präsident Conant,
und Antwort von Cartan. Danach Tee im Memorial Delta [?]. Dazu kommt Ursula
und später Ina. Prall bringt mich zu Prof.
, Head der University of Liverpool
(England), der den starken Einfluß des Positivismus auf die jungen Leute in England
und Amerika bedauert. Ich erkläre ihm die unhistorische, systematische Einstellung.
Prall macht mich mit Hu Shih bekannt, Universität Peking, sehr einflußreich in
China. Zuletzt treffen wir Hockings. Frau Hockings findet es unfair von mir, daß ich
Tales’ [?] Beispiel im Vortrag (Liebe und Haß der [unleserlich]) genommen habe, was
keiner sehr glaubt, anstatt modernes. Ich sage, das ist doch einfacher, und kränkt
niemanden. Hocking sagt, er bedauert, daß ich so weit weg sein werde in Chic (!).
Do 17 1:30 Lunch für die Delegierten in Memorial Hall. Ich neben einem Mexikaner,
Delegierter eines College von Guadalajara. Neben dem sitzt Lewis. Nachher lädt er
und seine Frau uns für Sa ein. 4 Nachmittags Konzert: Bach, Haydn, Mozart, sehr
schön; Boston Symphonieorchester. Ich habe auch Karten beschafft für: Quine
Gohens, Ursula, Naomi Quine. – Ursula bringt einen Austausch-Studenten John; er
51
wohnt eine Nacht bei uns; Jurist, sehr junger, naiver Jüngling [?]. – Abends zum
Feuerwerk am Fluß. Ich mit Ina; Ursula mit John, sie kommen erst ½1 heim und
können die Tür nicht öffnen.
Fr 18 Haupttag der Celebration. Wir versammeln uns in Widener Library. Ich habe
gown und cap geliehen, die schützen mich gegen den Regen. Im Harvard Yard ist
großes Theater aufgebaut. Wir marschieren hindurch und sitzen auf der Tribüne.
Zuerst regnete es immerzu, nachher hört es auf. Allerhand Reden und Chorgesänge.
Präsident Conant spricht eindrucksvoll über akademische Freiheit. Dann Verleihung
der Ehren-Doktorate an uns 62. Der Präs. Conant liest jeden Namen und dazu einen
Spruch. Dabei steht der Betreffende auf. Dann bringt ein Helfter ihm das Diplom.
Ina sitzt unten im Regen und friert, nachher ganz erkältet. Auch Gohen. Ich erst
einige Tage später. Nachher Lunch mit Selbstbedienung in Memorial Hall. Ich mit
Prof. Perry. Er erzählt, daß die deutschen Professoren ursprünglich Delegierte sein
sollten. Dann aber haben sie eine Weisung aus Berlin erhalten, nur privatim
aufzutreten. Nur Finger-München (Chemie) hat sie nicht bekommen; so war er der
einzige Delegierte Deutschlands.— Anschließend 2:30 nachmittags Versammlung,
hauptsächlich für die Alumni. Wegen Regen im Sanders Theater, so daß die meisten
nicht zuhören können. Sehr entschiedene und offene Rede für Lehrfreiheit von
Präsident Angell von der Yale University. Auch Präs. Rosevelt, der auch vormittags
schon beiwohnte, hält eine Rede; für Freiheit. – 6h mit Ina zu Quines. Morgen ist ihr
6-jähriger Hochzeitstag. Ich frage Quine, ob die Candidaten für die UniversityProfessorship (Conant hat nachmittags mitgeteilt, daß 500000 $ dafür gestiftet worden
sind) schon früher bestimmt sind oder ob ich vielleicht noch Chancen habe. Er weiß
es nicht, meint, Henderson sei wohl in Aussicht genommen; vielleicht sei noch
Chance da.
Sa 19 Geschrieben. Ina packt. Wir fahren nachmittags 4-6 zu Lewis nach Lexington
hinaus. Er ist sehr zurückgezogen, konservativ. Über Philosophie nur wenig, er
möchte erst englische Syntax lesen. Aber etwas über Atomsätze. Ich erkläre, daß wir
absolute Atomfakten ablehnen, und wir kommen hier zu Einigung im grössen[?]. Er
hat in Colorado unterrichtet, sagt daß ihn der alte Pioniergeist sehr anzieht, und in
52
den Westen getrieben hat. – Abends, schon im Bett (im Arbeitszimmer unten), bitte
ich Nancy für einen Augenblick zu kommen. Ich sage ihr, sie soll nicht so traurig sein;
sie war den ganzen Tag dem Weinen nahe und wünschte sehr, wir führen erst
Montag ab, was aber Ursulas wegen nicht möglich war. Ich sage, sie würde Ina nicht
verlieren, und wir sehen uns mal wieder. Sie hatte gefürchtet, ich wolle keine
Treffen mehr, aus Eifersucht. Ich tröste sie, und küsse sie. Sie ist so rührend kindlich,
besonders jetzt in ihren starken Gefühlen für Ina.
So 20 Gepackt, Ursula hilft Bücher packen.—Mittags wir mit Ursula und Gohens
Abschiedsessen im St. Engler [?]. Ausgeruht. 3h Abfahrt aus Cambridge, mit Ursula,
die wir nach Kingston in ihr neues College bringen wollen.—Charlemont (N.Y.?)
Mass., „The Inn.―
Mo 21 Durch die Adirondacks, über Tupper Lake. Sehr schöne Landschaft mit
großen Seen.—Potsdam N.Y., Hotel...
Di 22 Fähre über den St. Laurenz-Strom: Ogdensburg-Prescott. Bei der Weiterfahrt
durch Canada sprechen wir auch über [unleserlich] und Politik. Ursula sehr naiv.
Irgendetwas müssten wir doch glauben. Wir fragen, was sie glaubt. Sie sagt, nicht
wie die Kirche, aber: an ein Schicksal oder Vor[...?] (z.B.: sie hat beim Skilaufen ein
Bein gebrochen; und vorher hatte sie geahnt, daß sie schlecht fahren würde), und an
die Natur (!); alles sehr unklar, sie kann es auch nicht erklären, es sind mehr bloße
Gefühle. Im Politischen [?] glaubt sie nicht, daß die Zeitungen in Deutschland lügen;
die Kriegsgefahr käme nicht durch Hitler. Der habe in Deutschland doch endlich
wieder Ordnung und Einigkeit geschaffen, dagegen die schrecklichen Streiks in
Frankreich; das seien keine fairen politische Mittel (!die Fabrikantentochter!). –
Mittags in Kingston. Zuerst in die ... Hall, zur Dean of Women. Sie ist noch sehr jung,
freundlich, ich erkläre Ursulas Wünsche: sie möchte B.A. machen (das hängt von
ihren Vorkenntnissen ab und kann heute nicht entschieden werden) und als Graduate
Student behandelt werden (das geht vielleicht). Sie bekommt ein kleines
Mansardenzimmer, ist nicht sehr entzückt davon. Nach dem Lunch ich mit Ursula
zum Deutsch-Professor Hähnel aus Frankfurt; er und seine Frau haben meinen
Vortrag in Cambridge gehört; er war enttäuscht, daß nicht mehr Gelegenheit zur
53
Diskusssion da war, hat aber Goseben [?] besichtigt usw. Sie sind vor 4 Jahren
hergekommen; seine Frau hat bei Tillich studiert, kennt auch Wertheimer ein wenig.
Ich überlasse die weiteren Beratungen Ursula; sie weiß genau was sie will. – Wir
alleine weitergefahren, sind sehr froh, endlich wieder ganz unter uns zu sein. – Port
Hope am Ontario-See. Beide sehr müde.
Mi 23oIna Weiter gefahren. Gestern und heute legen wir uns draußen nach Lunch
zum Ausruhen ins Grass; sonnige Tage des „Indian Summer―. 5½h London. Zuerst
Brescia Hall. Ina bleibt dort bei Mutter Felicita; sie hat sonst nicht Besuch und freut
sich sehr. 8h hole ich sie wieder ab. – Auto in Ford-Garage; das Klapper-Geräusch
bleibt weg, als ich mit dem Mann probefahre.
Do 24 Ich bringe Ina 10½ ins Kloster und hole sie 1h wieder ab. Sitz im Hotel;
geschrieben. – 3h Abfahrt nach Chatham. In die Klosterschule „The Pines―, Mutter
Ursula. Sie zeigt uns den Klostergarten, und lädt Ina, die Nacht dort zu bleiben. Ich
nehme Zimmer im feinen Hotel William Patt (2,50 mit Shower).
Fr 25 Wir fahren über Detroit (Ambassador Bridge) nach Pokagon State Park, Ind.
wo wir Anfang April waren.
Sa 26 Regnerisch. Einige Spaziergänge. (Abends viel Krach, weil Mädchengruppe,
die eine Tagung da haben).
So 27 Spazieren; teilweise wieder im Regen.
Mo 28 10h ab. 3h nachmittags Chicago. Zu Morris, Ich hole ihn im Auto vom Office.
Wir rufen verschiedene Apartmenthotels an, meist nichts frei. Wir gehen auf die
Suche in einem nördlichen, meist jüdischem Viertel. Um 8h Abends finden wir The
Standish Apartmenthotel, 5110 Kenwood, nahe Hyde Park Boulevard. Apartment im
10. Stock, keine Wohnung mehr darüber, nach Süden, schöne helle Zimmer. Das
Schlafzimmer hat 2 große Fenster, soll als Study hergerichtet werden. Wir sind froh,
eine Wohnung gefunden zu haben. Obwohl 25 Min. von der Universität, hell und
ruhig. Wir müssen sie für 2 Monate fest nehmen; monatliche Kündigung.
Di 29 Mit Housekeeper [?] später Möbel-Änderung besprochen. Mittags zu
Morrisens. Inas Studienpläne besprochen, Social Sciences. Nachher mit Morris über
classes für 1939 und über Neuraths Kommen im Oktober. 5-9 mit Ina zu Kasperle ins
54
International House. Wir helfen im Auto umziehen aus dem Mayflower Hotel (dort
einfaches Zimmer mit Badezimmer $1.50!). Sie will doch nicht im Social Service
studieren, sondern Psychologie! in Verbindung mit dem Institut für Juvenile Research.
Es fällt ihr schwer, alleine zu arbeiten, das Kind zu verlassen, ganz auf sich gestellt zu
sein. Sie bezahlt die teueren Universitätskosten von ihrem Geld, aus Stunden geben
($1 für 1 Stunde); im übrigen gibt Feigl ihr Geld dazu (anscheinend 3 oder 400$).
Mi 30 Mit Ina Studienpläne besprochen. Nachmittags Vorlesung vorbereitet.
Do 1. X. 10h erste Vorlesung ―Einführung in symbolische Logik‖, etwa 10 Hörer, nur
ganz wenige von den alten.
Fr 2 10 Vorlesung. McKeon. Er apologized, daß er sich damals nicht klar
ausgedrückt habe. Ich sage, daß wir die alte Sache als erledigt betrachten wollen. Er
sagt, daß er als sicher annimmt, daß [unleserlich] ich in Wirklichkeit [?] dauerhaft da
bin; und er hoffe, noch vor Ablauf der 3 Jahre den Vertrag ändern zu können
(anscheinend meint er: permanent Sache), und auch höherem Gehalt. Wenn die
ökonomische Lage sich bessere, werde der Präsident individuelle Anträge für
Permanenz an die Trustees stellen! Er wisse nur einen Fall, wo eine Anstellung nicht
verlängert worden sei, das war nur wegen immoralischen Verhaltens. Politische
Ansichten kämen nicht in Betracht. Die Trustees hätten mal Schwierigkeiten
gemacht wegen 2 Professoren hier wegen kommunistischen Ansichten; aber der
Präsident habe sie gegen die Trustees geschützt. Auch wenn er und der Präsident
jemanden für inkompetent halten würden, würden sie keinen Weg sehen, etwas
gegen ihn zu unternehmen. Wenn eine sehr schwere ökonomische Krise einträte,
würde man nicht Professoren abbauen, sondern lieber gleichmäßig die Gehälter
kürzen. – Mittags Lunch im Club mit dem Dept. Über die Vorlesung für nächstes
Quarter. – Abends ½7-9 zu Morris. Auch Kasperle.
Sa 3
So 4O Nachmittags Besuche: (Perrys nicht zu Hause); zu Eckarts. Über
erkenntnistheoretische Fragen der Physik.
Mo 5 Mittags werden wir neuen Professoren (Jäger usw.) fotographiert. Jäger fährt
für 2 Monate nach Schottland zu Vorlesungen; Frau und Kinder sind hier. – 6-9
55
Faculty Dinner; die Neuernannten werden vorgestellt; sehr viele (über 30). (Kasperle
bei Ina)
Di 6 Vorlesung. Mit Morris meinen Plan für weitere Vorlesungen, auch für nächstes
Jahr, besprochen. Er sagt, daß ich im allg. nicht 200-Kurse lesen bräuchte. Zwar ist
gewöhnlich Mangel an solchen; aber von mir hatten sie von vorneherein 300 erwartet.
Mi 7 11h zum Präsident Hutchins. Er ist sehr freundlich; wir berühren die früheren
Schwierigkeiten und den 3-Jahres-Vertrag nicht. Zum Schluß fragt er, ob er noch
irgend etwas helfen kann; da frage ich ihn wegen Zuschuß zur Übersiedlung der
[unleserlich] und wegen freier Tuition für Ina. Ich soll melden, was die Übersiedlung
kosten würde. Er will sehen, was er tun kann, obwohl es nicht üblich sei. – 3½ erstes
Seminar. Aarons aus Berkeley ist für kurze hier, berichtet, daß der Einfluß von
Schlick noch sehr lebending ist, und daß meine Veröffentlichungen ausführlich
diskutiert werden. Besonders Dennes pflege diese Probleme.
Do 8 Korrektur Testability.
Fr 9 Beim Lunch schlage ich dem Department vor, das Lunch anderswo zu machen,
damit nicht alle, besonders die jüngeren, gezwungen sind, Mitglieder zu sein. Aber
außer Osborne wollen alle doch auf jeden Fall Mitglied bleiben. Ich beschließe
deshalb, auch einzutreten.
Sa 10 Nachmittags Trude Morris hier. Abends mit Ina Kino „Mary of Scotland‖,
packend.
So 11 Mittags Kasperle hier. Sie will wahrscheinlich nach einem Quarter wieder
nach Iowa, weil dort der Dr. in Psychologie viel leichter als hier (!). – Nachmittags
Besuch bei Perry, Senior, Frau Smith.
Mo 12O Ina geht vom Dept. Soc. Sc. zum Social Service über.
Di 13
Mi 14 3½ Seminar; 17 Teilnehmer. Nach kurzem Referat sehr lange und teilweise
heftige Diskussion (über Geom).
Do 15
Fr 16 Mittags Dept. Lunch; Besprechung über die Papers für Vorexamen; Zulassung
von Harzel zweifelhaft.
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Sa 17 11h Sitzung der Humanities Division. Morris wird in das Komitee für Policy
gewählt. – Lunch mit Morris und Thurstone. Wir berichten ihm von Hempels Buch.
So 18 Wir fahren zum Indiana State Dune Park, 1 Stunde, 20 Min. Sonnig und schön,
aber Wind. Mittags zum Picknick-Platz; dabei auch gelegen, aber Mücken.
Nachmittags Hartshornes besucht, in ihrem Cottage; klein und dürftig. Er hat nur 1
Seminar; die College-Vorlesung ist wegen Mangel an Registranten (nur 4 Leute)
abgesagt worden. Er beobachtet die Vögel durch sein Fenster. – Heimfahrt zuletzt im
Dunkeln.
Mo 19O
Di 20
Mi 21 Ina Nachmittags Seminar. Lebhafte Diskussion über Charakter der Sätze der
Ethik; über Semantik und Syntax. Mit ziemlich gutem Verständnis. 11 Teilnehmer;
ich sage, daß ich über die Anwesenden berichten muß, und jetzt aber noch nicht tue.
Do 22
Fr 23 Mittags Department Lunch. Über Harzel; Smith und ich dagegen, Morris dafür,
aber mit Warnung; Hartshorne kann es nicht entscheiden.
Sa 24 Autofahrt zur Nordseite von Chic., NW University, Evanston, Kenilworth; sehr
schöne Gegend, viele Gärten, Badestrand. Wie schade, daß unsere Universität nicht
dort in der Nähe ist!
So 25 Gearbeitet (Umarbeitung des Abriß der Logistik, für die englische Ausgabe).
Mo 26
Di 27 Neurath kommt an. Wir bekommen Telegram zu spät, holen ihn spät am
Englewood ab; wegen Privatbad will er nicht ins International House; Hotel
Mayflower. Er berichtet von großen Erfolgen. Hat gleich in der ersten Zeit in NY
Aufträge für über 1000$ bekommen; ist für 1 Monat, vielleicht auch länger, Berater
für die Worldsfeier 1939; hat verschiedene Möglichkeiten, hier im Lande zu bleiben;
sagt aber, er möchte das nicht (!!), weil es hier bald schlimm werden würde, weil
immer gleich geschossen wird. Ich sage, daß Prag sicher schlimmer ist; schon jetzt:
Studentenunruhen in Kelsens Vorlesung. Wir fahren ihn und Morris in die Stadt, wo
er bei einem Lunch der Social Workers Lichtbilder vorführt.—Wir sofort nach
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Hause.—4-6 N in der Gruppe für wissenschaftliche Logik vor etwa 15 Professoren
über Kopenhagener Kongress und Enzyklopädie.—Mit N und Morris im Club; dann
bei Morris.
Mi 28 11h mit N und Morris zur Univ. Press. Wir schlagen vor: Zunächst nur 20
Broschüren in 2 Bänden, in 2 Jahren; fertig [?] vor dem Kongress 1939 in Harvard.
Die Press steht diesem Projekt sehr günstig gegenüber. – Lunch im Club mit 10
Professoren. – 3:30-5:30 N Vortrag und Diskussion bei Social Scientists; Vorsitz Wirth.
Dieser sagt zum Schluß, ob ich nicht mit ihnen arbeiten will, um sie in logischer
Analyse zu trainieren. – 6:30 wir mit N zum Essen bei Morris. Auch Kasperle.
Nachher kommen Eckart, Senior und die [unleserlich] [unleserlich] und Bloomfield.
Wir sprechen über die Enzyklopädie. Diese wollen umarbeiten. (N hat 10h noch
Besprechung!).
Do 29 (N ist in der Stadt bei [unleserlich] Organisation). N kommt 4h. Heftige
Diskussion über Tarskis Wahrheitsbegriff, den ich verteidige. N liest mir eine Menge
Stellen aus Tarskis Buch vor, die höchst bedenklich sein sollen, aber fast alle harmlos
sind. Ich gebe aber zu, daß es sein kann, daß dahinter eine nicht ausgesprochene
Metaphysik steckt; N behauptet, die werde später deutlich herauskommen, wie bei
Weil [?]. Über Anteil der Warschauer und Wiener an der Gedankenentwicklung. N
liest mir aus einem MS von Arne Naess vor, gegen Physikalismus. Die Einwände sind
richtig, aber nur gegen die alten Formulierungen. Abends kommt Ina aus der
Vorlesung. Ich gebe N $10 für Hotel und sonstiges. Wir besuchen um 10h noch
Morris für ½ Stunde. Dann bringen wir N zur Bahn (Woodlawn, 63rd Street).
Fr 30 Mittags Department Lunch. – Nachmittags Seminar (anstatt Mi, wegen
Neurath).
Sa 31
So 1.XI O Vormittags fahren wir zum South Shore Drive und sehen Häuser dort und
beim Country Club an; es ist aber ziemlich weit, und wir finden nichts besonders
Verlockendes.
Mo 2 Entwurf für Neurath: ―Vorschlag einer normierten logistischen Symbolik‖.
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Di 3 Mit Leng (University Press) über Übersetzung des Abriß, er will das MS von
Rosinger kommen lassen. – Abends 7:30 – nach 10: Morris im Thurstone Seminar, in
dessen Wohnung, über logische Analyse, und Hempels Buch. Mit Diskussion.
Mi 4 Gestrige Wahl: Roosevelt mit überwältigender Mehrheit gewählt.
Mi 5 11 in Eckarts Office mit ihm über sein MS: Messung der Quantenmechanik,
ohne logistische Symbolik.
Fr 6
(Auto zur Winter-Umstellung.)
Sa 7
So 8O Mittags Morrisens hier zum Lunch. Über Bruner. – Nachmittags Eckarts hier.
Mo 9 Nachmittags große [?] Lebensversicherung abgeschlossen ($12000).
Di 10 Arzt kommt hierher, für Versicherung. – 4h unsere Professorengruppe. Bliss
über reine und angewandte Mathematik. Wenn auch Verschiedenes nicht ganz klar,
so werden wir doch in den Hauptpunkten einig. Er betont: Theorie exakt,
Anwendung unexakt und auf Endliches beschränkt.
Mi 11
Do 12 Briefe (endlich mal) an Eli [?] und Neurath.
Fr 13
Sa 14 Nachmittags mit Ina ins Federal Theatre: Lewis, It can’t happen here. Sehr
packend; für uns mehr als für die Amerikaner, denen es wahrscheinlich zu seltsam
und unglaubwürdig erscheint. Es fehlt in dem Stück: 1) die große Wirkung der
Vogelscheuche Kommunismus, wodurch viele gewonnen werden; 2) die positive
Wirkung auf die Gebildeten (es werden nämlich nur die Gewalttaten betont); 3) die
Rolle des Proletariats als Hauptgegner (hier hat ein liberaler bürgerlicher Herausgeber
eine geheime Druckerei in seinem Keller). –
So 15O Mittags Kasperle hier; macht Intelligenztests mit Ina. – Abriß gearbeitet. –
Briefe.
Mo 16 Ina Abriß. Briefe.
Di 17 Abends Ernis Vetter Löwenberg aus Memphis (Tenn.) hier, es scheint, daß sie
Ernis Kommen sehr wohlwollend unterstützen wollen. Wir betonen aber, daß sie
kein Geld braucht, sondern eine Stelle.
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Mi 18 Im Seminar ist Parschell [?] böse über Apustes [?] vorlautes Wesen. Er und
andere beklagen sich bei Morris.
Do 19 University Press: Besprechung wegen Abriß der Logistik. Ich sage, daß
Rosingers Übersetzung gut ist. Noch keine Entscheidung.
Fr 20
Sa 21 11 Senatssitzung, nur 10 Minuten. – Mit Hartshorne über sein MS, das Kapitel
über Positivismus. Er ist sehr unklar. – Lunch mit Morris. Er erzählt über die Klage
der Studenten gegen die Adler-Leute (Aristoteles- und Toman-Anhänger), die ―Juden‖;
die Studenten scheinen sehr übertrieben zu haben.
So 22 Feigl ist fürs Weekend hier, mit Lewin gekommen. Gestern hatten sie
Diskussion mit den Psychoanalytikern. Ich hole ihn um 10 am Hotel ab, zuerst zu
Morris. Über Enzyklopädie. Über Tarskis Semantik. Morris scheint von Neuraths
Bedenken angesteckt, hält die Begriffe, auch meine Erklärung, für Metaphysik, er
möchte andere ―Semantik‖(?). Mittags beide Feigls bei uns. Nachmittags mit Feigl
etwas diskutiert über Physikalismus und anderes. Um 6 bringen Ina und ich ihn in
die Stadt; dort noch die Stunde zusammen; dann fährt er mit anderen im Auto ab.
Mo 23O Neuen Abriß.
Di 24 11 Senior, über Schema in Enzyklopädie. Er macht Vorschläge für
methodologische Fragen; vielleicht will er doch selbst schreiben. Oder vorher Lewis
fragen, sobald wir weiteres Program für die ersten 2 Bände haben.
Mi 25 Nachmittags Seminar. Parschell berichtet weiter; die anderen sind einmal
zurückhaltender.
Do 26 Feiertag: Thanksgiving Abriß: MS.
Fr 27 Beim Department-Lunch: Vorlesungsplan für sechstes akademisches Jahr.
Sa 28 Abriß-MS.
So 29 Nachmittags wir im Auto zum Palos Park, SW von Chicago, an 7.
Skisprunghügel. Bei gutem Schnee kann man vielleicht etwas auf dem dortigen
Hügeln laufen.
Mo 30 Vorlesung vorbereitet.
Di 1. XII o Abriß
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Mi 2
Do 3 5 Schilpp holt mich ab zur North-Western University, dort Dinner mit dem
Department: Morris, Schaupp, Howard (Head of Department). Dann mein Vortrag
―Verification and the Unity of Science‖. Nachher Diskussion in Howards Zimmer.
Alle sind sehr interessiert. Schilpp bringt mich wieder zurück; mit seiner Frau.
Fr 4
Sa 5 Abriß
So 6 Mittags Kasperle hier. – Autotürschloß eingefroren! Wir stehen bei arger Kälte
lange auf der Straße, bis ein Mann kommt. Er kann es nicht öffnen. Weiter
vergeblich auf anderen gewartet. Dann zu Fuß zu Benjamins, Supper. Dort auch
Osborne.
Mo 7 Auto wird geöffnet. In Garage neues Schloß eingesetzt.
Di 8O 4-6 unsere Gruppe, Vortrag Raschefsky ―Biologie und Physik‖. Sehr
interessante mathematische Analyse. Vortrag zu lang und zu technisch.
Mi 9
Do 10
Fr 11 Ina Beim Lunch Department gefragt wegen früherem Schluß im Januar, um
Dampfer ―Bremen‖ zu kriegen. Smith sagt ― sind doch freie Leute, machen es nach
unserem Gewissen‖. Perry sagt, daß das jeder selbst entscheiden muß; alle sagen,
wegen solchen Fragen geht man nicht zum Dean. Da Perry Sekretär sein wird, ist
damit die Frage gelöst. – Ich erzähle aus Franks Brief: Dubislav als Vertreter abgelehnt,
wachsende Gleichschaltung. Über faschistische Gefahr in Amerika; ich sage, daß sie
größer ist, als die meisten hier glauben.
Sa 12 Abriß.
So 13 Nachmittags: Ina bleibt zu Hause, ich 3½ zu Morris. 5 mit Morrisens zu
Benjamins, Abschiedstee für Hartshornes; er geht für 2 Quarter an die Stanford
University. Frau Hartshornes Vater, ihr ähnlich, mit weissen Haaren, [unleserlich]
Mann, früherer Englisch-Professor, sagt, ich soll Gödels[?] Meaning[?]-Frage in
Ordnung bringen und Analyse der Sprache. Er schätzt Richards sehr. – Mit
Hartshorne etwas [unleserlich].
61
Mo 14 Abriß. – Nachmittags wir mit Morrisens ins Kino International House: Skifilm
―Der weiße Rausch‖, verlockend und lustig. Ich kannte ihn schon.
Di 15 (Vorlesung lasse ich ausfallen). Abriß. [unleserlich]
Mi 16 (Nachmittags zum Seminar kommt nur Schmaude; fällt daher aus.)
Do 17
Fr 18 1 Stunde Examen (schriftlich) in symbolischer Logik. – Mittags letztes Dept.
Lunch. Hartshorne geht für 2 Quarter nach Standford.
Sa 19O Abriß.
So 20 1-4 bei Morrisens.
Mo 21 Briefe. – Wir sind schon entschlossen, neue Skier und Skisachen zu kaufen, da
kommt Brief aus NY: die Sachen aus Prag sind da!
Di 22 Mit Ina in die Stadt, Weihnachtstrubel in den Läden. Skijacke für mich gekauft.
– AE wegen der Prager Sendung.
Mi 23 Briefe.
Do 24 (Ina) Mit Ina in die Stadt. AE: die Skier und Sachen sind da, aber das Zollamt
schliesst bis So! So können wir nicht zum Skilaufen fahren. – Abends 7-10 bei
Morrisens. Über Kommunismus, Strucheds[?] Aufsatz. – Zuhause Tannenzweige auf
den Tisch, mit Kerzen.
Fr 25 Keine Weihnachtspost, weil alle Schiffe durch Sturm verspätet. – Zeitschriften
gelesen.
Sa 26 MS Abriß. – Wir haben keinen Baum, aber Tannenzweige mit Kerzen auf dem
Eßtisch.
So 27 Briefe.
Mo 28 Nachmittags zum AE und Zollamt. Nach vieler Mühe bekommen wir
Handkoffer mit Skianzügen und Skier heraus. Abends bei der Heimkehr heftige
Rückenschmerzen im Kreuz; ins Bett gelegt. Morris und Neurath kommen, bis ½11.
Über Enzyklopädie.
Di 29 Nun müssen wir die endlich er[…] Skifahrt aufgeben! Dr. Hatcher, von
[unleserlich], Instruktor für orthopädische Chirugie, kommt. Sagt: Nichts Ernstes,
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aber im Bett bleiben, später X-Aufnahmen machen. Hart liegen. Im Wohnzimmer
Matratze auf Fußboden.
Mi 30 Immer noch sehr schmerzhaft. Ina wälzt mich immer von der einen auf die
andere Seite.
Do 31 Noch keine Besserung. – Neurath und Morris nochmal hier. N muß schon
abreisen.
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