Wie LEBEN wir morgen? - IKEA Unternehmensblog

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Wie LEBEN wir morgen? - IKEA Unternehmensblog
Wie LEBEN
wir morgen?
IKEA Trendbook 2054
Grußwort 06 Wie LEBEN wir morgen? 08
Intelligent
10
Gemeinsam
12
Effizient 14
Natürlich
16
Bewusst 18
Flexibel 20 Agil 22 Überall 24
Gelassen 26
Selbstbewusst
28
Wegweisend 30
Gerecht
04
Staffan Carlsson
Anke Bernotat und
Jan Jacob Borstlap
Tanja Scherm
Olaf Tschimpke
Dr. Pero Mićić
Neubauer
Sinja Schütte
Couchtisch LÖVET
Hadi Teherani
Michael Haas
Bewusst
Michael Haas,
Leader
Interior Design
IKEA Deutschland
Mathias Haas
Theresa und Antonia
Mathias Hahn
Van Bo Le-Mentzel
40 Jahre,
40 IKEA Katalogtitel.
Schau mal!
Grußwort des
schwedischen Botschafters
Staffan Carlsson
Ich sage oft, dass es leicht ist, schwedischer Bot-
bieten. Im Zusammenhang mit der Präsentation der
schafter in Deutschland zu sein. Leicht wegen des
„Vision Schweden 2025‟ stellte jagvillhabostad.nu
Interesses und der Wertschätzung, die meinem
(deutsch: ichwilljetzteinewohnunghaben), eine
Land überall in Deutschland entgegengebracht
Organisation für diejenigen, die sich für ihre eigene
werden. Viele kennen Schweden durch Urlaubsauf-
Wohnsituation und die anderer engagieren, dem
enthalte, durch die schwedische Literatur – und
schwedischen Forscher Joakim Palme die Frage,
durch IKEA. Wenn man über Schweden in Deutsch-
welche Gefahr die Wohnungsnot, ein wachsendes
land spricht, ist IKEA nicht wegzudenken. Deutsche
Problem in den Großstädten, darstellt. Er ant-
Gesprächspartner reden oft über IKEA, das blau-
wortete, dass umfangreiche Investitionen in den
gelbe Logo, das Bücherregal Billy, das Sofa Klippan
Wohnungsbau in den Regionen nötig seien, die für
oder die Kinderbücher und Fleischbällchen in den
junge Menschen attraktiv sind, besonders, weil es
IKEA Einrichtungshäusern.
die jungen Menschen sind, die durch ihre Steu-
Wie sieht die Vision vom Wohnen in 40 Jahren
aus? Wir Schweden sind ein vorsichtiges Volk.
Wir wollen eigentlich nicht weiter als zehn Jahre
vorausdenken. Das schwedische Zentralamt für
Wohnungswesen hat im Auftrag der Regierung
eine Vision erarbeitet, wie die Gesellschaft
ern für eine immer älter werdende Bevölkerung
aufkommen. Diese demografische Herausforderung
gilt sowohl für Schweden als auch für Deutschland. Ohne Wohnraum für junge Menschen werden
die Großstadtregionen immer größere Probleme
bekommen.
im Jahr 2025, also in elf Jahren, aussehen soll.
Hiermit gratuliere ich IKEA zu 40 erfolgreichen Jah-
Die Vision basiert auf den vier Megatrends Klima-
ren in Deutschland! Ich bin überzeugt, dass IKEA
wandel, wachsende Bedeutung der Großstädte,
unabhängig davon, wie die Zukunft aussehen wird,
Globalisierung und Digitalisierung. Diese vier Me-
bereit ist uns zu helfen, diese Zukunft zu meistern
gatrends stellen gemeinsame Herausforderungen
und die Wohnungen, von denen Joakim Palme ge-
für uns alle dar, auch für Schweden und Deutsch-
sprochen hat, einzurichten.
land. Die Herausforderungen treiben uns an und
zwingen uns alle, klimafreundlich und rücksichtsvoll
zu denken, zu planen und zu produzieren, dazu
platzsparend und unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die uns die neuen Informationstechnologien
IKEA Trendbook 2054
1974, als die deutschen Kicker nach 1954 zum zweiten Mal Fußballweltmeister wurden, öffnete in München-Eching das
erste IKEA Einrichtungshaus in Deutschland seine Türen. Seitdem sind 40 Jahre ins Land gezogen – eine ziemlich lange
Zeit – und es sind zwei weitere Sterne auf dem Nationaltrikot der deutschen Fußballer und 47 IKEA Einrichtungshäuser in
der Bundesrepublik hinzugekommen! Anlässlich dieses Jubiläums gäbe es viele Gründe für einen Blick zurück. Man könnte die Wohnkultur und gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten vier Jahrzehnte unter die Lupe nehmen, den Einfluss
des schwedischen Designprinzips darstellen oder veranschaulichen, welche Einrichtungstrends und Möbelstücke von IKEA
bei den Deutschen seit 1974 besonders beliebt sind.
Wir aber haben uns dazu entschlossen, den Blick nach vorn zu richten und über den Tellerrand zu schauen. Deshalb
haben wir namhafte Experten aus vielen unterschiedlichen Bereichen nach ihren Visionen für das Wohnen und Leben
in 40 Jahren befragt. Herausgekommen sind viele spannende Ideen, Denkanstöße und Thesen. Der Architekt Van Bo
Le-Mentzel beispielsweise prognostiziert, dass viele Menschen zukünftig auf Bäumen oder auf dem Wasser wohnen.
Der Trendbeobachter Mathias Haas wiederum glaubt, dass Computerspiele zunehmend dazu genutzt werden, globale
Probleme zu lösen. Olaf Tschimpke vom NABU geht davon aus, dass Plastik 2054 ein seltenes Produkt sein wird und
dass Wegwerfprodukte bis dahin völlig aus der Mode gekommen sind. Und die Bloggerin Tanja Scherm alias „Frau Hölle“
erwartet, dass wir in 40 Jahren mit den eigenen vier Wänden durch das Weltall reisen können. Doch lesen Sie selbst!
Wir danken allen Akteuren, die mit uns auf diese Zeitreise in die Zukunft gegangen sind, und wünschen Ihnen viel
Spaß und jede Menge Inspiration mit unserem IKEA Trendbook 2054!
Wie LEBEN
wir morgen?
Low-Tech-Architektur mit neuer Intelligenz
Die Architektur bietet einen großen Teil der Lösungen: Gebäude mit einem minimalen Bedarf an Energie werden
gebaut. In vielfältiger Form zugelassen und weithin akzeptiert sind in Zukunft auch „Earthships“, also nachhaltige,
wenig Energie verbrauchende Wohngebäude mit großen
Glasfassaden auf der Sonnenseite. Der Rest der Gebäude
ist extrem isoliert, teilweise sogar in der Erde eingegraben.
Das Haus denkt, der Mensch tut – der Mensch denkt, das Haus tut
Selber machen wird die neue Fitness. Intelligente Systeme
Intelligent
sowie Computer und ihre Sensoren denken mit: Für eine
optimale Ventilation und Wärmezirkulation wird der Bewohner beispielsweise benachrichtigt, wenn er die Fenster öffnen oder schließen sollte. Außerdem sieht man einen Nutzen darin, einfache Tätigkeiten wieder selbst zu verrichten:
Anke Bernotat und Jan Jacob Borstlap
Sei es das Mahlen von Kaffee oder die Bodenreinigung mit
Bernotat&Co Design Studio, Amsterdam/Essen
Besen, zukünftig wird dieser dann vielleicht elektrostatisch
sein. Wenn es sinnvoll ist, sind Mechaniken und Steue-
Das Leben wird Low-Tech
In 40 Jahren werden fossile Energiequellen so gut wie
erschöpft sein. Dann ist es vorbei mit dem Luxus des
rungen in den Geräten und Systemen hybrid, also für händische und automatische Bedienung ausgelegt. Da Energie
kostbar ist, hat man die Wahl.
extensiven Verbrauchs von Energie, ob in Form von
Eine neue Ethik sorgt für eine neue Ästhetik
Steinkohle, Öl oder Gas. Die Energie, die uns zukünftig
Mode verändert: Nach Suffizienz und damit dem richtigen
zur Verfügung steht, wird knapp sein. Wir müssen mit
Maß zu streben ist die neue Lebenseinstellung. Das Be-
der Sonnenenergie und Energiequellen wie Wind, Wasser,
wahren bekommt wieder Wert. Langlebigkeit und Qualität
Gezeiten und Erdwärme auskommen. Und wir werden
stehen im Vordergrund. Gegenstände des täglichen Lebens
auf Low-Tech-Lösungen zurückgreifen. Dazu gehören z. B.
werden geachtet, repariert, weitergegeben oder vererbt.
vergessene Lösungen aus vergangenen Zeiten oder an-
Die Menschen werden in 40 Jahren verwundert auf die Zei-
deren Kulturen, die simpel und effizient sind – alles wird
ten kurzlebiger Moden zurückblicken. Auch das Echte wird
„lean & mean“. Low-Tech bedeutet aber auch, dass die
wieder geschätzt: Wo man früher Tapeten mit Pflanzen-
Technologie in 40 Jahren einfach und verständlich ist und
muster hatte, nutzen wir in 40 Jahren echte Pflanzen. Das
die Menschen wieder Kontrolle über sie haben. Glücklicher-
bringt zusätzliche Wohnqualität mit sich: Man denke nur
weise gibt es seit dem 20. Jahrhundert viele Entwicklungen
an die Verbesserung des Raumklimas, an den gespendeten
rund um intelligente Systeme bzw. Computer, sodass diese
Schatten oder die Ernte eigener Früchte.
immer kleiner werden und weniger Energie verbrauchen.
Das damit verbundene High-Tech wird zukünftig vor allem
genutzt werden, um den Energieverbrauch zu reduzieren.
Das Leben wird Low-Tech, es wird nicht weniger, sondern eine ganze
Menge neuer Lebensqualität haben.
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Wer gute Architektur und gutes Produktdesign machen wolle, müsse in
der Lage sein, die Wünsche und Sehnsüchte der Menschen zu erforschen
und zukunftssicher umzusetzen, sagt Hadi Teherani. Seine Entwürfe
stehen nicht nur für eine elegante Formensprache, die den Elementen
Leichtigkeit und optische Stabilität verleiht, sondern bieten auch ein
angenehmes Umfeld für das gemeinsame Arbeiten und Leben.
Gemeinsam
Hadi Teherani, Architekt und Produktdesigner, Hamburg
Wir werden uns in den nächsten Jahren zunehmend und immer früher damit beschäftigen, wie wir im Alter leben
möchten. Das bedingt unter anderem auch die Entstehung neuer Wohnformen. Denn die meisten Menschen wollen im
Alter ihre Unabhängigkeit bewahren, am gesellschaftlichen Leben partizipieren und bestehende Angebote – ob in
kultureller oder sportlicher Hinsicht – nutzen.
Ich befasse mich derzeit mit der Planung für ein exklusives „House for friends“, das als Beispiel für das gemeinschaftliche
Wohnen der Zukunft steht. Darin soll es etwa zehn Wohneinheiten von je etwa 60 Quadratmetern Größe geben. Dazu
kommt ein großer Gemeinschaftsbereich, in dem die Bewohner des Hauses sich treffen und austauschen können, in dem
sie gemeinsam kochen und essen oder Filme schauen. Und schließlich beherbergt das Haus auch eine Einliegerwohnung
für das Servicepersonal, das allen Mitbewohnern jederzeit mit seinen verschiedenen Diensten zur Verfügung steht.
Das Konzept bietet den Vorteil, dass die Bewohner sich ins Private zurückziehen können, gleichzeitig aber auch in einer
von Spaß und Lebensfreude geprägten Gemeinschaft unter Freunden leben.
Weiterhin gehe ich davon aus, dass Nachhaltigkeit auch in 40 Jahren eine enorm große Rolle spielt und wir immer mehr
gefordert sein werden, in diesem Bereich neue Wege zu beschreiten. Zudem tritt das Miteinander-Arbeiten in einem
gemeinsamen kommunikativen Umfeld wieder stärker in den Fokus. Denn Menschen brauchen den direkten Kontakt, um
gute Ideen entwickeln zu können.
Was mich weiterhin begleitet: Manschettenknöpfe und Kiton-Anzüge.
sind wieder miteinander vernetzt und
der dramatische Verlust an Tier- und
Pflanzenarten ist gestoppt. Bei Spaziergängen hört man wieder allerorts
die Feldlerche und findet Wolfsspuren,
die niemandem mehr Angst einjagen.
Die Rufe der Uferschnepfe prägen das
Feuchtgrünland Norddeutschlands
und farbenfrohe Blumen bereichern
die Wiesen im Süden.
Es ist uns wichtig, dass Dinge wieder
lange halten und umweltfreundlich
hergestellt werden. Produktionskreisläufe werden geschlossen, sodass
neue Produkte – vom T-Shirt bis zur
Fassadendämmung – aus recycelten
Materialien hergestellt werden. Plastik
ist ein seltenes Produkt geworden und
Wegwerfprodukte sind aus der Mode
gekommen. Wir haben uns unabhängig von fossilen Energieträgern gemacht und unseren Energieverbrauch
drastisch gesenkt. Die erneuerbaren
Energien haben wir naturverträglich
ausgebaut. So haben wir es im Jahr
2054 endlich geschafft, den Verbrauch
an natürlichen Ressourcen wie Wasser,
Boden und Luft sowie an Rohstoffen
zu senken. Wir haben nicht nur in der
Theorie verstanden, dass die Natur
Grundlage allen Wirtschaftens und
Konsumierens ist!
Olaf Tschimpke
Präsident N A B U – Naturschutzbund Deutschland e. V.
zerstören wir in Deutschland jeden Tag eine Fläche in der Größe von 104 Fußballfeldern. Dies ist im Jahr 2054
umgedreht: Die Natur bekommt zurück, was ihr in den letzten Jahrzehnten stetig genommen wurde.
Zurzeit
Natürlich
Ehemals zerschnittene Lebensräume
Heute leben wir teilweise immer
Ich gehe davon aus, dass bewusst und
noch mit den Visionen, die nach dem
nachhaltig zu kaufen für die Menschen
Zweiten Weltkrieg entstanden sind,
noch wichtiger wird, weil Ressour-
und das urbane Ich kann sich manch-
cen nicht bis zum Ende ausgeschöpft
mal nur schwer entscheiden, ob es
werden dürfen. Wir müssen uns also
vehementer Verfechter von Flügeltüren
unserer Umwelt noch mehr bewusst
und Fischgrätparkett ist oder aber
werden – und dazu gehört eben auch,
Designer wie Alvar Aalto, Oscar Nie-
bewusst zu wohnen und sich bewusst
meyer und Hans Scharoun auf Podeste
einzurichten. In 40 Jahren wird sich
hebt. Ein bisschen Eiermann-Design
dieses Verständnis hoffentlich verfes-
passt auch in den Altbau, genauso
tigt haben und nicht nur Theorie blei-
wie sich der geerbte Perserteppich
ben. Ich wünsche mir, dann in einer
in bauhäusliche Schlichtheit einfügen
Welt zu leben, in der der Natur – be-
lässt. Was wir unserer Großeltern-
dingt durch ein erstarkendes Bewusst-
generation voraushaben, ist die
sein – die Chance gegeben wird, sich
Überwindung wohnlicher Bravheit. Wir
zu regenerieren. Bedachter Konsum
mischen zusammen und wollen etwas
kann dazu führen, dass wir mit den
Einzigartiges im Wohnen, so wie in
Dingen, die wir heute besitzen, auch
unserem Leben. Selbst wenn wir alle
in 40 Jahren noch unser Leben teilen –
auf ähnliche Codes zurückgreifen –
und eben nicht dem Drang unter-
Sessel von Eames, Teekannen von
liegen, permanent konsumieren zu
Wagenfeld, Lampen von Panton oder
müssen.
natürlich IKEA, entstehen durch
Bewusst
Michael Haas,
Leader
Interior Design
IKEA Deutschland
Kombinationen Räume, die so viel-
Was mich auch in 40 Jahren noch be-
schichtig wie die Charaktere der darin
gleitet: eine Graphik von Uwe Kowski.
lebenden Menschen sind. Natürlich
kommt der Mensch auch in Zukunft
nicht davon ab, seine Wohnung als
Statussymbol einzusetzen. Doch vor
allem wird die Wohnung Eigenheiten
widerspiegeln und immer mehr ökologisches Bewusstsein reflektieren.
„Fast Furnishing“ hat glücklicherweise
nicht ganz so fatale Züge angenommen wie „Fast Fashion“.
Dr. Pero Mićić
Autor, Referent, Managementberater und
Vorstand der FutureManagementGroup AG
Flexibel
Wie das Wohnen zukünftig aussieht, wird in 40 Jahren noch
Sie werden uns erinnern, schubsen, belohnen und bestra-
mehr als heute davon abhängen, wo man wohnt und wie
fen. Wenn wir zum Beispiel zu viel Strom verbrauchen,
viel man verdient. Es gibt unzählige Zukunftsentwürfe und
zeigen uns virtuelle Pflanzen an, dass ihnen die Energie
kreative Ideen von Architekten und Designern zur Zukunft
zum Leben fehlt. Werden die Energieverbraucher abge-
des Wohnens. Aber von flexiblen Grundrissen und Wänden,
schaltet, erblühen sie wieder. Derart visualisiert, bekom-
die man je nach Lebenssituation verändern kann, sind
men wir ein besseres Gefühl für Kosten, Energie und
wir noch weit entfernt. Das zeigt, wie sehr Gewohnheiten
Umwelt. Die heute noch komplizierte und stellenweise
und wirtschaftliche Notwendigkeiten bestimmen, was
überfordernde Komplexität wird durch „conversational
schlussendlich realisiert wird. Viele der jetzigen Wohnungen
user interfaces“ menschenverträglicher sein. Wir werden
werden auch in 40 Jahren noch bewohnt sein – und ein
über Gestik, Mimik, Sprache mit unserem Heim inter-
nennenswerter Teil davon ist dann im Kern noch auf dem
agieren, es sogar ganz unbewusst mit unseren Vitaldaten
heutigen Stand, vor allem in ländlichen Regionen. Aber die
steuern, sodass es „weiß“, was wir gerade benötigen
beweglichen Teile, die Einrichtung und technischen Fea-
oder wollen. Das eigene Domizil wird an Bedeutung
tures werden uns kaum vorstellbare Funktionen und Kom-
verlieren, weil die private und berufliche Mobilität weiter
fort ermöglichen. So wird etwa das Putzen viel einfacher,
zunimmt. Dennoch bleibt der Mensch in seiner Psyche
weil Oberflächen selbstreinigend, schmutzabweisend oder
so wie heute: Heimat und vertraute Umgebung sind auch
antibakteriell sind. Außerdem unterstützen die Wohnungen
in 40 Jahren noch wichtig. Ich glaube auch, dass die ört-
im Jahr 2054 ihre Bewohner auch in ihrer Lebensführung,
liche Trennung von Arbeit, Wohnen und Freizeit vor allem
indem sie unsere Willenskraft stärken und erweitern, damit
in neueren Wohnumfeldern stark zurückgeht. Und alles,
wir im Heute das Richtige für morgen tun.
wovon wir in Sachen Energieeffizienz, „Energy Harvesting“ und Recycling heute noch träumen, wird in 40 Jahren
„Der Mensch ist ein Kurzfrist-Tier,
das sich täglich die Zukunft versaut,
weil es sich lieber im Hier und Jetzt wohlfühlt,
als dass es für die Zukunft Sinnvolles tut.“
Dr. Pero Mićić
selbstverständlich sein, für die meisten Menschen jedenfalls. Daher werden die meisten Gebäude mindestens
Null-Energie-Häuser sein. Auch das eigenständige Leben
im Alter in der eigenen Wohnung wird selbstverständlich.
Allgegenwärtige Hilfen gleichen selbst starke körperliche
Behinderungen aus. Auch der Schutz vor Kriminalität ist
2054 ein zentrales Bedürfnis, das vor allem technisch
befriedigt wird. Technik macht es auch möglich, dass wir
unsere Wände mit Gedanken, auf jeden Fall aber mit
Worten, von einer Sekunde auf die andere neu gestalten.
Und wir können uns An- und Aufbauten per „Contour
Crafting“ selbst ausdrucken – Bauämter bekommen dann
massive Probleme, mit entsprechenden Regelungen nachzukommen.
Aber trotz allem: Auch 2054 werden viele Deutsche noch
fast genau so leben, wie sie es im Jahr 2014 getan haben.
Und: Immer noch wird ein guter Teil der Menschheit froh
sein, eine menschenwürdige Wohnung zu haben.
ität.
Spätestens in 40 Jahren wird unser Land gezeigt haben müssen, wie agil es vor dem Hintergrund des zunehmenden globalen Wettbewerbs in den Bereichen Wohnen, Arbeiten und
Leben ist. Meine Vision – und zugleich mein
Wunsch – ist es, dass die Deutschen wieder
rebellischer und hungriger auf Erfolg werden,
dass sie spielerisch an neue Themen herangehen und dass sie erkennen, wie genial es ist,
Regeln zu brechen, Dinge in Frage zu stellen
�
Mathias Haas, DER TRENDBEOBACHTER. Stuttgart
Langfristige Prognosen finde
ich bedenklich. Um gesellschaftliche
Veränderungen
Neue Statussymbole
und neue
bahnbrechende
Technologien
(
(
und sich über alle Maßen anzustrengen.
aufzuzeigen, widme ich mich
Die Technik wird unser Leben massiv verän-
bei meiner Arbeit daher vor-
dern: durch enorm erhöhte Rechenleistung
rangig dem Hier und Jetzt.
und unfassbar komplexe Datensysteme. Ge-
Doch weil man im Leben
räte werden über Gestik und Mimik gesteuert,
auch
riskieren
Suchvorgänge überwiegend mit Bilderken-
muss und weil man stets den
nung ablaufen. Wir werden neue Technologien
Mut haben sollte, sich später
als Schnittstelle zum menschlichen Körper –
zu korrigieren, schaue ich
so genannte Wearable Technologies – einfach
heute mal weiter nach vorn.
am und im Körper tragen. In 40 Jahren wer-
Megatrends
Megaüber-
den miteinander vernetzte Maschinen Stan-
schriften für meganormales,
dard sein – und soziale sowie hybride Roboter
neues
die neuen Statussymbole. Sie machen vor al-
mal
etwas
als
Verhalten
grundsätzlich
kommen
nicht
über
lem jenen Menschen Konkurrenz, die schlecht
Nacht. Vielmehr kann man
ausgebildet sind. Außerdem werden „Serious
viele Dinge lange vorab kom-
Games“, also ernsthafte digitale Lernspiele,
men sehen – vorausgesetzt,
zunehmend dazu genutzt, Probleme zu lö-
man schaut genau hin. Das
sen. Des Weiteren gehe ich davon aus, dass
macht die Zukunft gar nicht
wir
so kompliziert.
tionstunnelblick haben werden. Dank dieser
einen
hochindividualisierten
➔
Vernetzung wird so etwas wie „gemütlich
schlendern“ aussterben oder aber als Seminar
gebucht. Dasselbe gilt für den „Zufall“, wie wir
(
ihn heute kennen.
Ungleiche
Einkommensverhältnisse
nehmen weiter zu
Schlussendlich werden wir zukünftig vor der
Aufgabe stehen, unsere Emotionalität und
unsere Intuition weiterzuentwickeln und den
Kontrollwahn in den Griff zu bekommen. Die
Kehrseite der Medaille, auch wenn es mir sehr
wichtig ist, den Menschen die Angst vor der Zukunft zu nehmen: Sozialer Status wird vererbt
werden. Soziale Herkunft wird immer mehr das
ganze Leben prägen und ungleiche Einkommensverhältnisse werden weiter zunehmen.
In den nächsten Jahren möchte ich weitere Megacitys in verschiedenen Kontinenten bereisen
und dort herausfinden, wie die Menschen mit
dem Wandel umgehen. In 40 Jahren lebe ich
ganz bestimmt in einer Stadt. Als fast 80-Jähriger werde ich dann wie viele Gleichaltrige
wahrscheinlich so tun, als ob ich nicht alt wäre.
Matthias Haas beschäftigt sich als Trend-
Und ich möchte auch im hohen Alter die Welt
beobachter mit Megatrends. Bei seiner
bereisen, vor allem aber strebe ich an, „hung-
Arbeit geht es ihm vor allem um den Trans-
rig“ zu bleiben.
fer von der Zukunft ins Heute. Wichtigstes
Hilfsmittel: die Megatrend-Maschine. Sie
hilft ihm, Strömungen zu erfassen, zu hin-
Wie entsteht ein Megatrend?
Mathias Haas liefert Antworten.
terfragen, zu betrachten und daraus Megatrends zu erkennen bzw. abzuleiten.
InformaWas mich auch in 40 Jahren noch begleitet: meine Angel. Sie ist für mich ein Symbol dafür, „hungrig“ zu bleiben
und die Balance nicht zu verlieren.
➝
Agil
(
➳
Mein Stichwort lautet
Überall
Jahre, die Roaring Twenties genießen
bestimmtes Buch oder Heft habe, kann
Toni: Musst du auch nicht, weil auch das
und obendrein Walter Rathenau ken-
ich es, egal wo ich bin, sofort kaufen
Arbeiten 100 % von zu Hause aus funk-
nenlernen. Die Zukunft gewisserma-
und loslegen mit dem Lesen!
tioniert.
sisterMAG
nicht mehr auf Rädern über die Stra-
Thea:
Hoffentlich gibt es dann virtuelle
ponente eines Büros nicht zu unter-
ßen fahren und durch die Reibung viel
Modelle der eigenen Wohnung, in die
schätzen ist. Wir sind doch auch sehr
man „reinspazieren“ kann. Die virtuel-
gerne zusammen im Büro und lachen
len Möbel sollten auch direkt aus den
im selben Raum über Witze und nicht
Online-Shops in das Wohnungsholo-
über Skype.
ßen als Zugang zur Geschichte, das
Toni: Dann fallen ja in Zukunft auch die
wäre toll!
Magazinstapel und die Bücherrega-
nicht mehr in Büros gearbeitet werden
le komplett weg! Die ganze Wohnung
wird?
Thea:
Theresa und Antonia Neubauer
Apropos Reisen, wäre es nicht
klasse, wenn die Autos der Zukunft
muss neu gedacht werden.
gramm gezogen werden können.
Früher saßen wir häufig mit unseren Eltern bei einem Glas Wein (und noch früher bei einer Apfelschorle) zusammen und sprachen über die Zukunft.
Toni:
Und kaufen kann man dann durch
Thea:
Toni:
Thea:
Du denkst also, dass später gar
Doch schon, weil die soziale Kom-
Dich durchkitzeln ist so auch ein-
facher!
Es ging um unsere Pläne, die noch in weiter Ferne lagen – und um die eine oder andere „Vision“, die unsere progressive Mama aus einer Star-Trek-Folge
Anklicken des virtuellen Möbelstücks,
Toni:
abgeleitet hatte. Eine ihrer Lieblingsideen war damals der Tricorder. Rund zehn Jahre später sprachen wir dann schon in Nokia- oder Motorola-Aufklapp-
wenn man sich dann entschieden hat.
Thea:
größeren Teil unserer Arbeitszeit au-
Oder es gibt gar kein Anklicken
handys hinein, die dem Tricorder optisch ziemlich nahekamen – und nochmal zwei Jahre später erschien das iPhone mit mancher – bisher utopischen –
mehr, sondern man entscheidet allein
Tricorder-Funktionalität. Tatsächlich hat sich die Welt, insbesondere was Technologien angeht, im Laufe unseres Erwachsenwerdens immer rasanter
Toni:
durch die eigenen Gedanken.
Und die Möbel werden per Drohne
Haha, ja. Wir werden aber einen
ßerhalb der Büroräume verbringen.
Das Büro ist dann überall.
Thea:
Aber das kann man doch jetzt
schon ...
verändert. Heute wird sichtbar, wie die neu verfügbaren Technologien unseren Alltag und unser ganzes Leben verändern. Angesichts der Vielfalt und
gleich an die richtige Stelle in der Woh-
Toni:
der Geschwindigkeit des Wandels fallen Zukunftsprognosen auch bei einem zweiten Glas Wein immer schwerer. Trotzdem haben wir es (ganz nüchtern)
nung geliefert.
Thea:
gehen. Für viele ist das noch nicht
wirklich einen Knall! ;-)
für das IKEA Trendbook mal versucht, in die Zukunft zu schauen, und uns ausgemalt, was sich so alles (positiv) entwickeln könnte im Verlauf der nächsten
Toni:
40 Jahre in den Bereichen Mobilität, Infrastruktur, Wohnen und Arbeiten.
Thea:
Fliegende Möbel … Toni, du hast
So abwegig ist das gar nicht. Die
Post zum Beispiel denkt heute schon
Lärm machen, sondern stattdessen wie
über Drohnen für die Zustellung nach.
sich zu überlegen, welche Unannehm-
Zum Beispiel muss in 40 Jahren das
auf einem Luftkissen schweben wür-
Thea:
nachzudenken, weil ich immer ein biss-
lichkeiten
Innovationen
Internet überall zur Verfügung ste-
den? Dann müsste ich auch nicht mehr
beim Aufräumen und Putzen freuen.
chen Angst habe vor dem, was kommt.
leichter handhaben lassen werden und
hen – ohne umständliches Verbinden
zweimal pro Jahr zum Räderwechsel
was später mal leichter, schneller, bun-
oder Einloggen. Sonst machen Innova-
fahren ...
ter und günstiger wird.
tionen wie die Google Glasses gar kei-
Toni: Ja, das wäre toll und die Autos wür-
nen Sinn.
Ich hasse es, über die Zukunft
Thea:
durch
Ja, aber ich finde, es baut total
Toni: Das kann ich mir bei dir vorstellen!
Thea: Aber vielleicht wird das Putzen ins-
Thea: Wenn man mal genug voneinander
hat, wird man sich in 40 Jahren vielleicht einfach in den Urlaub direkt ans
Meer beamen können ...
Toni:
Auf jeden Fall werden durchs Ar-
unternehmen entstehen, so wie unser
che ausgesprochen praktisch.
sisterMAG hier!
und alles zu verändern.
Zukunft „in das Internet hineingehen“
heißt) und über Sharing verfügbar sein.
Aber es geht doch meistens vor-
kann. Praktisch eine Reise auf den
Thea:
Sharing ist sowieso ein guter
gelt ganz nach den gelernten Bedürf-
wärts! Denk doch nur mal, wie sehr du
virtuellen statt den realen Autobah-
Punkt. Für mich wäre wichtig, dass
nissen der Bewohner die Zimmer-
dein Smartphone liebst. Hier würdest
nen. Das sollte nicht nur geografisch
alles Wissen digital verfügbar ist. Da-
temperatur, die Beleuchtung zu einer
du die Zeit doch auch nicht zurückdre-
gehen, sondern auch zeitlich, sodass
durch verliert es seine Orts- und Zeit-
bestimmten Tageszeit oder die Wasser-
hen wollen.
ich vergangene Zeiten in einer Art
gebundenheit. Das finde ich jetzt schon
temperatur.
Holodeck erleben kann. Meine erste
an E-Books und natürlich digitalen
Thea:
Reise ginge dann ins Berlin der 1920er
Magazinen toll. Wenn ich Lust auf ein
nicht mehr verlassen!
le Wünsche, dass es noch besser wird.
einfach.
Oberflächen gibt. Das wäre in der Kü-
ben (was auch immer das in Zukunft
was zu sagen! Es ist total spannend,
beiten ist bestimmt auch nicht immer
den natürlich umweltfreundlich betrie-
Ich wünsche mir, dass man in
Thea: Stimmt ... Da hätte ich sogar vie-
Zusammen leben und zusammen ar-
beiten zu Hause sicher mehr Familien-
Toni:
Resi, das ist doch Quatsch, so et-
gelebter Alltag, zu Hause zu arbeiten.
gesamt weniger, da es selbstreinigende
Druck auf, ständig innovativ zu sein
Toni:
Toni:
sich
Ich würde mich über Roboterhilfe
Da dürfen wir nicht von uns aus-
Toni:
Und das intelligente Zuhause re-
Dann will ich mein Zuhause gar
nehmen – zum Lesen, zum Anfassen, zum Gestalten. Diese
Entwicklung greifen wir zum Beispiel in unserem neuesten
Magazin „flow“ bereits auf. Das Unique, das Individuelle,
Sinja Schütte,
Chefredakteurin flow
und LIVING AT HOME
Wie ist Ihre Vision für das Wohnen und Leben in 40 Jahren?
liebevoll Selbstgemachte und damit Einzigartige wird
wieder mehr im Fokus stehen. Denn das größte Geschenk,
das wir bekommen oder machen können, ist Zeit – gerade
auch die Zeit, die wir benötigen, um wieder Dinge selbst zu
tun. Das gilt auch für das Wohnen. Welche Wohnform oder
Wohnart entspricht mir als Mensch, als Persönlichkeit? Wie
verleihe ich meiner Wohnung meine eigene Handschrift?
Eine sehr spannende Frage. Ich glaube, dass die technolo-
Wohnen nicht als Trend, sondern als Ausdruck von Indivi-
gische Entwicklung auch in den nächsten 40 Jahren die
dualität. Möbel werden zunehmend „on demand“ nach
treibende Kraft bleibt. Alleine wenn man sieht, wie rasant
Vorstellung der Käufer hergestellt. Meiner Meinung nach
die Entwicklung in den zurückliegenden Jahren war – das
werden in 40 Jahren daher viele Menschen ihre Wohnung
ist schon sehr beeindruckend. Ein Beispiel: 2005, als Papst
sehr persönlich gestalten. Zuhause und Mensch passen
Benedikt XVI. inthronisiert wurde, hielten auf dem Peters-
so besser zusammen, nach dem Motto: „Ich verstehe die
platz einige wenige ihr Handy in die Höhe, um ein Foto zu
Person anhand ihrer Wohnung.“
machen. Bei der Vorstellung von Papst Franziskus als sei-
Wie sehen Sie Ihr eigenes Leben in der Zukunft?
nem Nachfolger im vergangenen Jahr zeigten die Fernsehbilder ein Meer von Displays. Ich bin daher der Meinung,
dass die Art, wie wir künftig leben und erleben, durch die
Technik stark beeinflusst wird. Vieles von dem, was heute
noch ungewöhnlich ist, wie ein sprechender Kühlschrank,
wird dann Standard sein. Führende Internetfirmen wie
Google und Facebook beschäftigen sich aktuell mit genau
diesen Themen und kaufen sich die Technik und die Unternehmen hinzu, die ihnen künftig einen Vorsprung versprechen. Wir werden in Zukunft das meiste mit dem Handy
steuern und unser Leben dadurch in vielen Bereichen einfacher gestalten. Wobei „einfacher“ relativ ist, denn Technik
hat ja auch Nachteile wie Suchtgefahr, Vereinsamung etc.
Es wird meiner Meinung nach daher eine Wellenbewegung
geben: Erst hin zu noch mehr Technik und dann wieder
zu weniger Technik, zu gezieltem Technikeinsatz in unserem Leben. Also auf der einen Seite Technik, die uns immer
mehr Arbeiten abnehmen wird. Auf der anderen Seite
Ich will eine glückliche, gesunde und fitte Oma mit ganz
vielen Enkeln und einer zu mir passenden Wohnung sein.
Ich liebe die Themen Wohnen und Leben. Vielleicht kann
ich ja in 40 Jahren mein Wissen bei einer Zeitschrift einbringen, die sich mit Mehrgenerationen-Wohnformen befasst …? Ich möchte noch viel reisen. Sehr gerne hätte ich
eine Stadtwohnung und die Möglichkeit, mich immer
wieder aufs Land zurückzuziehen. Einen Ort, wo ich sehr
auf das Wesentliche reduziert leben und einfach mit
meinen Lieblingsmenschen zusammen sein kann. Ich mag
die Weite – egal ob am Meer oder in den Bergen. Hier
gewinne ich viele Eindrücke, denen ich gerne einen Platz
in meinem Zuhause gebe. Ich brauche die Kontraste,
daher auch die Stadtwohnung mit all ihren Impulsen und
kulturellen Möglichkeiten und den Ruhepol auf dem
Land. Und eines will ich unbedingt in 40 Jahren erreicht
haben: Ganz viel Gelassenheit.
werden wir uns bewusst von ihr lösen. An den Punkten,
Welcher Gegenstand wird Sie wohl in 40 Jahren noch begleiten?
an denen mich der Fortschritt als Mensch, als Individuum
Eigentlich möchte ich mein Herz nicht an Gegenstände
unglücklich macht, ziehe ich mich wieder aus dieser Um-
hängen, sondern vielmehr an Menschen und Erlebnisse.
klammerung heraus. Als Kontrapunkt zur Technologie wird
Was mir aber sehr wichtig ist, sind Bücher. Sie werden
es einen Trend zum echten Erleben, zu echten Kontakten
mich auch die nächsten 40 Jahre begleiten. Ich liebe gute
geben. Wir werden z. B. wieder mehr Bücher in die Hand
Geschichten – gerne gedruckt auf tollem Papier.
Gelassen
Der Tisch für die PS 2014 Kollektion von IKEA. Als
Inspiration diente mir der nunmehr etwa 40 Jahre alte
IKEA Küchentisch, mit dem ich aufgewachsen bin. Es
ist ein runder Massivholztisch, der mit all seinen Gebrauchsspuren auf seine Funktion als Schauplatz für das
alltägliche Zusammenleben verweist und noch immer in
Gebrauch ist. Mit diesem Anspruch habe ich auch den
Tisch für die PS Kollektion entworfen. Auch er ist ein Essoder Küchentisch als Ort zum Arbeiten, für Gespräche,
zum Essen oder Beisammensein – ein Tisch zum Leben!
Selbstbewusst
Mathias Hahn, Produktdesigner, London
Zukunftsprognosen sind für gewöhn-
Anerkennung wird sich auch in Zu-
Wandel begriffenen Alltag anpassen
lich ein Vabanquespiel: Man weiß
kunft nicht viel ändern. Auch unser
kann, wird er zu „unserem“ Gegen-
letztendlich doch nie so genau, wie
ganz menschlicher Drang zur Aus-
stand – einem Objekt, das Geschich-
es kommen wird. Glücklicherweise
einandersetzung mit immer neuen
ten zu erzählen vermag. Dieses ist
sprengt die allzu präzise Frage, wie
Inhalten, zur Veränderung als Trieb-
gleichwohl Dokumentation unseres
genau die Welt in 40 Jahren sein
feder von Kultur, scheint konstant
individuell gelebten Lebens, ein
wird, doch mehr oder weniger unsere
zu bleiben. Eine mögliche Antwort
Statement der Privatkultur: der Ge-
Vorstellungskraft. Und wie langweilig
auf die Fragestellung „Wie kann man
genstand als analoge Hardware,
wäre es uns, wenn wir alle Aufgaben
Nachhaltigkeit begreifen?“ ist sicher-
die Dokumentation von gelebter Zeit
und Antworten schon jetzt benennen
lich, dem ungehemmten Güterkonsum
als Zeitgeist.
könnten. In diesem Sinne sind wir
von kurzlebigen Gebrauchsgütern
unserem Wesen nach, wenn wir es
mit Langlebigkeit und Qualität zu
Was ich auch in 40 Jahren noch
zulassen, im Hier und Heute verhaftet.
begegnen. Weniger ist mehr im Sinne
benutzen möchte: meine Ledertasche.
Auch Wandel entsteht immer im
von Besitzreduktion auf das Wesent-
Ein Modell der Schweizer Armee von
gelebten Moment. Das Spannungsfeld
liche. Doch erscheint nicht gerade
1956. In vierzig Jahren also fast 100
von Vergangenheit, Gegenwart und
dieser Ansatz paradox, wenn man
Jahre alt.
Zukunft wird doch immer aus der
anerkennt, dass Menschen neue Ge-
gleichen Perspektive definiert – dem
schichten hören wollen, neue Bücher
Jetzt. Auf unser Wohnumfeld und
lesen werden, sich verändern wollen?
das alltägliche Leben bezogen gibt es
Ich glaube nicht – wenn wir es schaf-
natürlich Realitäten, die schon jetzt
fen, einen Wertewandel zu vollziehen,
Veränderungen absehbar machen.
der unsere kulturellen Bedürfnisse
Einige der wichtigsten sind die End-
mit einbezieht. Meine Vision für unser
lichkeit unserer natürlichen Ressour-
Wohnen und Leben in der Zukunft
cen und die Verknappung von urba-
bezieht sich auf einen selbstbewuss-
nem Lebensraum. Ein großes Thema
teren Umgang mit den Dingen, die
ist in diesem Zusammenhang der
uns umgeben. Wir werden mehr Mut
Begriff der Nachhaltigkeit. Die Nach-
zu bewussten Entscheidungen brau-
haltigkeit wird vordergründig oft
chen, quasi als Antipode zum Diktat
ausschließlich mit technischer Weiter-
des Trends. Wenn wir wegen steigen-
entwicklung von Materialien sowie
der Produktions- und Materialpreise
Herstellungs- und Recyclingverfahren
seltener und weniger konsumieren,
verbunden. Diese stellen ohne Zweifel
werden wir genauer und bewusster
eine Grundlage dar, doch wie sieht
entscheiden, welches Objekt in unser
es mit der kulturellen Seite unseres
alltägliches Leben treten darf – und
Alltagslebens aus? Wie werden
welches nicht. Neben funktionalen As-
wir mit den Dingen, die uns umgeben,
pekten wird es eine Rolle spielen, wie
umgehen? Fest steht: An den Grund-
viel Projektionsfläche für persönliche
bedürfnissen wie dem Streben nach
Geschichten ein Objekt bietet. Denn
freier Entfaltung, individueller Selbst-
wenn wir einen Gegenstand gern be-
verwirklichung und gesellschaftlicher
nutzen, er sich an unseren stetig im
Wegweisend
Couchtisch LÖVET, IKEA Trendsetter, Schweden
einer Ausnahme: Die Tischplatte von
Jahren den Menschen zu Hause ein
LÖVBACKEN ist nicht mehr aus Pali-
besseres Leben ermöglicht und
sanderholz, weil diese Holzart als ge-
weiter Trends setzt – ob in puncto
fährdet gilt und deshalb nicht in IKEA
Design, Beschaffung, Verpackung
Möbelstücken verarbeitet wird. Dafür
oder Vertrieb. Dabei wird das große
wird jetzt technisches Furnier genutzt,
Thema Nachhaltigkeit immer mehr
das so gebeizt ist, dass es wie Pali-
in den Vordergrund rücken. Zunächst
sander wirkt. Wer mich kennenlernen
aber bin ich sehr stolz darauf, dass
möchte, kann mich übrigens im
es seit Oktober 2013 einen geeigneten
IKEA Museum in Älmhult besuchen.
Ich bin ein kleiner Couch- und Bei-
Transport wenig Platz brauchen und
Nachfolger im IKEA Sortiment für
Dort werde ich mich bestimmt auch
stelltisch und trotz meines Alters
die Kunden sie zu Hause leicht selbst
mich gibt. Es ist LÖVBACKEN, der
noch in 40 Jahren von all meinen
ultramodern. Ich habe drei schwarze
zusammenbauen können. Dank Gillis
in seiner zeitlosen Version Sinnbild
schönen Seiten präsentieren, eben
gedrechselte Beine mit verkupferten
kann IKEA somit seit fast 60 Jahren
für klassisches IKEA Design ist.
so, wie es sich für einen Trendsetter
Fußaufsätzen und eine feine ge-
die Preise für qualitativ hochwertige
Wir haben fast alles gemeinsam, mit
gehört!
schwungene Palisanderplatte, die alle-
Möbel niedrig halten – zur Freude der
samt für den Wohnstil der 1950er
Kunden!
Jahre stehen. Besonders aber zeichnet
mich aus, dass ich das erste Möbelstück zum Selbstmontieren von IKEA
bin – sozusagen der Prototyp der IKEA
Idee! Ins Sortiment kam ich bereits
1955, produziert hat man mich in der
Möbelfabrik Big in Rörvik bei Älmhult.
Die Idee, mich zum Selbstmontieren
anzubieten, hatte Gillis Lundgren, damals Werbeleiter von IKEA und später
dann Designer vieler IKEA Klassiker
wie dem BILLY Bücherregal, dem
ÖGLA Stuhl und dem TORE Schubladenelement. Als Gillis versuchte, mich
in seinem Auto zu verstauen, erwies
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Ich bin sicher, dass IKEA auch in 40
ich mich als zu sperrig. Also montierte
er kurzerhand meine Beine ab, um
den Transport zu erleichtern. Das war
quasi die Geburtsstunde des in aller
Welt wegweisenden und oft kopierten
IKEA Konzepts: Möbel zu zerlegen und
sie so zu verpacken, dass sie beim
IKEA Chefdesigner
Marcus Engman erklärt
das Selbstverständnis
von Democratic Design
Gerecht
Simple, clever, nachhaltig – das 1-Quadratmeter-Haus.
Van Bo Le-Mentzel, Architekt, Karma-Ökonom & Initiator von Community-Projekten, Berlin
Viele Dinge auf dieser Welt sind nicht gerecht, das gilt es zu hinterfragen. Die Wirtschaft beispielsweise gibt
uns vor, was wir wollen und was wir kaufen sollen. Ich will den Menschen die Möglichkeit geben, selbst zu
entscheiden und selbst zu produzieren, ohne dass es dabei zu Ausbeutung kommt. Das nenne ich Karma-Ökonomie. Ich habe daher Hartz-IV-Möbel entworfen. Das sind Möbelstücke, die jeder mit wenig handwerklichem
Bilderbuch
Kinder zeigen uns ihre Visionen
vom Leben in 40 Jahren.
Ein geniales Bauwerk zum Selbermachen hat
Van Bo mit dem „1-Quadratmeter-Haus“
entworfen. Mit einer Wohnfläche von einem
Quadratmeter ist es das kleinste Haus der
Welt. Es kann sogar in einem PKW oder in der
Bahn transportiert werden.
Know-how und geringem finanziellem
werde in 40 Jahren wahrscheinlich mit
Aufwand selbst nachbauen kann.
vielen Menschen in einem Umfeld leben,
Die Konstruktionspläne dafür gibt es
in dem Geld keine Rolle spielt und in dem
gratis im Netz. Außerdem habe ich
jeder dazu beiträgt, dass das Leben und
einen biologisch abbaubaren Fairtra-
die Gemeinschaft funktionieren. Und ich
de-Schuh im legendären Converse-
werde weiter Fragen stellen und hoffent-
Stil, den „Karma Chakh“, und ein
lich den Mut haben, auch noch als knapp
4-Quadratmeter-Haus entwickelt. Das
80-Jähriger neue Ufer zu entdecken.
„Unreal Estate House“ passt auf einen
Was mich auch in 40 Jahren noch beglei-
Autoanhänger. Wer darin lebt, muss
tet: Ein fünf Meter langes, türkisfarbenes
keine Miete zahlen. Ich gehe davon
Babytragetuch, das sich vielfach ver-
aus, dass die Menschen in 40 Jahren
wenden lässt. Es ist eine Erfindung aus
mehr Fragen stellen, zum Beispiel in
Afrika.
Bezug auf geltende Besitzverhältnisse.
Und sie werden möglicherweise auf
Impressum
Bäumen oder auf dem Wasser wohnen oder sogar in der Luft schweben.
Die neuen Wohnformen sind auf alle
Herausgeber
IKEA Deutschland
Am Wandersmann 2–4
65719 Hofheim-Wallau
Fälle eher temporär ausgerichtet und
nicht in Stein gemeißelt. Auch das
Konsumverhalten wird sich ändern,
sodass möglichst wenig Menschen und
auch die Umwelt nicht darunter leiden
müssen. Außerdem wird es mehr
Vegetarier geben und es wird kein
kostbares Wasser mehr verschwendet.
Und schließlich gehe ich davon aus,
dass neue Konzepte am Start sind. Sie
zielen darauf ab, unsere Arbeitszeit
besser zu nutzen, damit die Menschen
glücklicher sind und mehr Zeit für
sinnvolle Dinge im Leben haben. Die
Freiräume, die dadurch entstehen,
lassen neue Ideen wachsen. Ich selbst
Eine Vision vom mietfreien Wohnen
ist das Stackhouse (Stapelhaus)
von Van Bo Le-Mentzel. Es vereint
den Querschnitt einer Stadt in einem
Gebäude. Im obersten Geschoss
gibt es Platz für Gotteshäuser
spiritueller Gemeinden, unten Cafés
und Werkstätten. Die Bewohner
werden über eine Crowd demokratisch
ausgewählt.
Fotos
S. 3–4 IKEA PR; privat
S. 8–9 Marleen Sleeuwits;
Bernotat&Co Design Studio
S. 10–11 privat (2);
Redaktion und Gestaltung
Roger Mandt, Hamburg
ELBFISCHE
S. 12–13 privat
Klopstockstraße 27
S. 14–15 privat
22765 Hamburg
S. 16–17 privat;
Material
Uwe Kowski/Angst, 2012/
Umschlag: 300 g/m2
Pitt artist pen auf Papier
Atlantic Feinpost, weiß
21 x 30 cm/courtesy Galerie
Inhalt: 150 g/m2
EIGEN + ART Leipzig/Berlin/ Atlantic Feinpost, weiß
VG Bild-Kunst, Bonn 2014
S. 18–19 IKEA PR; privat
S. 20–21 privat (2) S. 22–23 privat (4)
S. 24–25 privat; Jen Bliss
S. 26–27 IKEA PR; privat (2)
S. 28–29 IKEA PR (3)
S. 30–31 Daniela Gellner
S. 32 Daniela Gellner;
privat (2)
Oktober 2014
© Inter IKEA Systems B.V. 2014