028_037 Karibik

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028_037 Karibik
Unendliches
Blau
Hunderte einsamer Inseln – und dazwischen ein leuchtendes Meer:
Die Bahamas sind ein Traumziel für viele. Doch nur ein kleiner Teil des Gebiets
ist überhaupt für den Tourismus erschlossen. Entlegene Stellen erreicht man
nur per Boot – oder mit dem Privatflugzeug. Von Marion Frahm
Wer in geringer Höhe über die Bahamas fliegt, hat einen atemberaubenden Blick –
wie hier auf Long Island und den Cape Santa Maria Beach mit einzelnen Booten.
Fotos: Michael Lindner
Eine Hängematte am Strand von Hawk’s Nest wartet darauf, in Besitz genommen zu
werden (ganz links). Junkanoo-Tänzer beim Karneval in Nassau (links). Die Bäckerin
von Cape Santa Maria auf Long Island trägt ihren Sonntagsstaat (oben).
BAHAMAS & KARIBIK
ine betagte Dame im feinen
Ausgehkostüm und mit breitkrempigem Hut unterhält
sich angeregt mit ihrem Sitznachbarn. Ein junger Mann hält gegenüber von den beiden ein Mittagsschläfchen. Während es sich einige auf den
Stühlen unter dem Holzdach bequem
machen, sitzen andere auf den Bänken
vor dem Flughafengebäude im Schatten. Die Sonne steht hoch am Himmel.
Die Passagiere warten geduldig auf
ihre Charter-Maschine.
Auf dem Stella Maris International
Airport auf Long Island, einer der südlichen „Out Islands“ der Bahamas, ist
an diesem Tag ungewöhnlich viel
Betrieb. Die „West Indies Flyers“
starten zur nächsten Etappe. Long
Island ist seit 30 Jahren Stützpunkt für
den Flieger-Club aus den Staaten. An
jedem zweiten Samstag im Januar
treffen sie sich hier für ihren dreiwöchigen Ausflug in die Karibik.
Doch auch „einfache“ Reisende kommen auf den Bahamas oft am besten
und praktischsten mit dem Flugzeug
von Insel zu Insel.
Die Bahamas sind ein Paradies für
Strand- und Badehungrige – und für
Privatpiloten. 700 Inseln und fast
2.500 Inselchen – Cays genannt –
umfasst das Inselreich. Lediglich 30
davon sind bewohnt und nur 15 vollständig für den Tourismus erschlossen.
Die größeren Inseln verbinden Linienflüge mit der Hauptstadt Nassau. Zu
den kleineren fliegen Privatmaschinen.
63 Landebahnen und Pisten überziehen die Inseln, meist bestehen sie aus
zermahlenen Korallen und Schotter,
nur wenige der Inseln verfügen über
eine asphaltierte Landebahn. Sofern
sie nicht in Privatbesitz sind, können
die Pisten angeflogen werden.
Geheimtipp unter Fliegern sind die
Out Islands, wie die Inseln außerhalb
der Hauptinseln New Providence und
Grand Bahamas genannt werden. Viele
kleinere Inseln bestehen überwiegend
aus Strand mit Sand so fein wie Pulver,
kleinen Fischerorten und nur wenigen
Marinas oder Yacht Clubs. Kreuzfahrtschiffe landen hier nicht an.
Für ausgiebiges Schnorcheln bietet
sich ein Island Hopping nach Pittstown
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Der Exil-Deutsche Wilhelm Dietz verchartert seine PA 28 an Privatpiloten (oben). Im Staniel
Cay Yacht Club auf den Exumas kann man Ferienhäuser direkt am Hafen mieten (unten).
Point südöstlich von Long Island an
und von dort Richtung Norden über
San Salvador nach North Eleuthera.
Die Strecke ist ein „must see“ für alle
Piloten, die die Out Islands befliegen,
und für Urlauber, die auch die abgelegeneren Inseln der Bahamas kennen
lernen wollen. Die Unterwasserformationen und kleinen Cays westlich von
Rock Sound und North Eleuthera sind
unbeschreiblich schön, die Sichtweiten
schier unendlich. Rechtzeitig am Abend
startet ein Boot von North Eleuthera
zur vorgelagerten Insel Harbour Island,
um zum Sonnenuntergang am rosafarbenen Strand Pink Sands zu sein.
In der Gruppe der West-IndiesFlieger gibt einer nach dem anderen
seinen Flugplan über das „Blue Phone“
an die Flugsicherung in Nassau weiter
und fragt den neuesten Wetterbericht
ab. Dann machen sich die Maschinen
zu ihren Zielen auf. Ohne sie setzt auf
dem Stella Maris International Airport
wieder Ruhe ein. Kolibris saugen Nektar aus den leuchtend roten Blüten von
Hibiskussträuchern.
Flugziel der King-Air-Maschine ist
Cat Island, nördlich von Long Island
und rund 130 Meilen östlich von Nassau gelegen. Rund 45 Minuten Flugzeit liegen zwischen Stella Maris und
Hawk’s Nest im Süden. Tintenblau
liegt der Atlantik zwischen den Inseln.
Für einige Flieger sei das offene Wasser
gewöhnungsbedürftig, sagt Wilhelm
Fischerdörfern und viel unerschlossenem Land. Einen berühmten Sohn hat
die Insel auch: In Arthur’s Town im
äußersten Norden der Insel wurde der
Schauspieler Sidney Poitier geboren.
Typisch für die Bahamas liegt Cat
Island wie ein schmaler Streifen im
Ozean. Selbst die meisten größeren
Inseln sind lang und schmal.
Nur wenige Schritte sind es von
der Landepiste Hawk’s Nest bis zum
Resort. Auch zum Strand ist der Weg
nicht weit, zum Tauchen oder Hochseeangeln. Selbst in der Hochsaison
wird hier nie Trubel sein.
Unter den Out Islands sind neben
Eleuthera auch besonders Bimini,
Abaco und die Exumas bekannt. Wie
Perlen auf einer Kette reihen sich die
kleinen Eilande der Exumas von
Norden nach Süden auf. Wer Glück
hat, kann im flachen Wasser zwischen
Farmer’s Cay und Staniel Cay vom
Flugzeug aus einzelne große Haie
dicht am Strand elegant ihre Bahnen
ziehen sehen. Staniel Cay, auf der
Mitte der Exumas, ist bei Kapitänen
genauso wie bei Piloten und eingefleischten James-Bond-Fans bekannt.
Denn in seinen Buchten ankern selbst
große Schiffe ruhig und in den 60er
Jahren wurde nicht weit vom Yacht
Club entfernt ein Bond mit Sean Connery gedreht.
Der Insel Norman’s Cay eilt ein
weniger beschaulicher Ruf voraus. In
Wer Glück hat, kann vom Flugzeug aus im flachen Wasser
einzelne Haie elegant ihre Bahnen ziehen sehen.
Dietz. Der Deutsche lebt seit vielen
Jahren die Wintermonate über auf
Long Island. Vor mehr als 20 Jahren
erflog er die Bahamas als Tourist das
erste Mal. Inzwischen verchartert er
seine Piper PA 28 an Privatpiloten. Er
kennt die Inselwelt und ihre Besonderheiten wie seine Westentasche.
Auf Cat Island befindet sich die
höchste Erhebung der Bahamas, der
64 Meter hohe Mount Alvernia, dessen
Gipfel man erwandern kann. Beim
Rundflug über die Insel nach Hawk’s
Nest im Süden ist er weithin sichtbar.
Ansonsten besteht die rund 50 Meilen
lange Insel aus kleinen Farmen,
den 80er Jahren waren die Bahamas
Hotspot für den Drogenhandel aus
Südamerika in die USA. Legendär ist
das Treffen der Drogenbosse auf
Norman’s Cay, einige Meilen nördlich
auf den Exumas, als dort mehr als 20
Privatmaschinen auf dem kleinen Platz
landeten. Noch heute liegen nicht
wenige Flugzeugwracks von Drogenkurieren zwischen den Cays auf dem
Meeresgrund. Inzwischen arbeiten die
Bahamas in der Drogenbekämpfung
eng mit den USA zusammen. Eine
ihrer Maßnahmen betrifft auch die
Privatfliegerei: Starts und Landungen
sind nur noch bei Tageslicht erlaubt. ★
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Rush Hour
ins Paradies
Wer im Kreuzfahrthafen der Bahamas-Hauptstadt
Nassau ankommt, hat kaum genug Zeit, um
dem Touristenrummel zu entgehen. Dabei gibt es
hier viel zu entdecken.
Bis zu zehn Kreuzfahrtschiffe liegen in Stoßzeiten gleichzeitig im Hafen von Nassau (oben). Conch-Muschel-Verkäufer (unten).
sing you a nice song for one dollar.“
Der geschäftstüchtige Sechsjährige
braucht nicht lange zu singen und
die blondierte Kreuzfahrttouristin
drückt ihm einen Schein in die Hand.
Einmal darf sie ihm über das Haupt
streichen, es folgt ein schnelles
Gruppenfoto. Der Refrain ist kaum
wiederholt, da wandert auch schon der
nächste Dollar in die Tasche seiner
frisch gebügelten Designerhose.
An Nassaus Kreuzfahrthafen
herrscht Hochkonjunktur: Straßensänger und -verkäufer, Haarflechter-
I
Ihre wenigen Stunden an Land verbringen die Touristen dann in und um
das Zentrum der kleinen Stadt. Die
Goombay Band begrüßt sie gleich im
Anlegergebäude, dort fangen auch
gleich die Stadtführer die Gäste für
eine Walking- oder Kutschen-Tour ab.
Im Schnelldurchgang geht es dann zur
Queen-Victoria-Statue, zum hübsch
gelegenen Regierungsgebäude, zur Bay
Street und zum Shoppen in Designerläden, die nicht wirklich billiger als
anderswo sind. Und schon geht es
wieder zurück zum Hafen.
Kaum verlassen die Reisenden das Schiff, fangen sie auch
schon Stadtführer für Walking- oder Kutschen-Touren ab.
innen und Kutscher haben alle Hände
voll zu tun. Die meisten BahamasTouristen erreichen die Hauptstadt mit
dem Schiff. Nassau ist der größte
Kreuzfahrthafen der Karibik, allein
samstags legen hier sieben Schiffe mit
je bis zu 3.000 Passagieren an.
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Manch einer fährt auch geradewegs
zum Atlantis-Hotel, in dem schon
Michael Jackson residierte, oder in
andere Hotels mit Spielhallen. Wer
etwas länger verweilt, gönnt sich den
leckeren, landestypischen Conch-Salat
auf Arawak Cay, der kleinen Halbinsel
mit Restaurants und Souvenirläden, geht ins Piratenmuseum oder erforscht die karibisch blaue See mit dem Glasbodenboot.
Über den Berg, wie die kleine Anhöhe in Nassau heißt,
geht kaum jemand. Over the Hill wohnten einst die Sklaven. Heute leben hier die Ärmeren der Stadt und bewahren
die Traditionen der Vorfahren. Ab Oktober werden in Werkstätten, Garagen und Hütten die bunten Kostüme für den
Junkanoo, den Karneval der Bahamas, entworfen, gesägt,
geschnitten, geklebt und verziert. Rund 10.000 Menschen
marschieren am 26. Dezember und an Neujahr durch die
Straßen – im „Rush“, im rhythmischen Vorwärts- und
Rückwärtsgehen, begleitet von den aufputschenden Klängen der Goombay-Musik. Die meisten Touristen allerdings
kommen nur bis zur Junkanoo-Expo im Prince George
Wharf, wo ihr Kreuzfahrtschiff an- und dann auch bald
wieder ablegt. Wer die Bahamas kennen lernen will, sollte
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sich mehr als nur einen kurzen Landgang gönnen.
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