Leseprobe - Zukunftsinstitut

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Leseprobe - Zukunftsinstitut
SalesTrends
Strategien für den erfolgreichen Handel von morgen
Inhalt
INHALT
04 Vorwort
Neue, bunte Handelswelt
06 Retail Rebooted Andreas Haderlein
60 Nischen-Kommerz Janine Seitz
Neue Tools, Ideen und Geschäftsfelder verwandeln
den stationären Einzelhandel
Der Online-Handel wird zur Spielwiese
von Ideen abseits des Mainstreams
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New Retaility
Omni-Channeling
Smarte Verkaufshilfen
Curated Shopping 3.0
16 Neo-Schnäppchenjäger:
Jung, vernetzt, mobil Janine Seitz
Steigende Qualitätsansprüche und der Preis-Thrill
verlangen nach smarten Einkaufserlebnissen bei der
Suche nach dem besten Deal
Neue Adresse ab 17.06.2013:
Zukunftsinstitut GmbH
Kaiserstraße 53
60329 Frankfurt
Telefon +49 69 2648489-0, Fax: -20
[email protected]
Zukunftsinstitut GmbH
Robert-Koch-Straße 116 E
65779 Kelkheim
Telefon +49 6174 96 13-0, Fax: -20
[email protected]
Chefredaktion
Thomas Huber
Autoren
Andreas Haderlein, Adeline Seidel, Janine Seitz
Herkunft, Regionalität und Verantwortung
werden zu Kaufargumenten
Lektorat
Franz Mayer
Druck
Henrich Druck + Medien GmbH, Frankfurt
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Made in Germany with Love
Tante Emma Reloaded
Retail Charity
Hyperlocal Markets
Green & Social Franchising
40 Augmented Shopping Andreas Haderlein
Die Erweiterung des realen Verkaufsraums
in die Weiten des Netzes
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Responsive Verkaufsregale
Interaktives Window-Shopping
iLoyalty
Indoor Mapping
50 Second-Sale-Kultur Janine Seitz
Redaktionelle Mitarbeit
Jana Ehret, Christian Rauch
E-Gigantomania
Highway-Shopping
Die jungen Wilden
Branded Shops
Secondary Markets
28 Transparenz-märkte
schaffen vertrauen Janine Seitz
Impressum
Herausgeber
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Der Wiederverkauf von Produkten
als Chance für den Handel
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Re-Commerce
Swapping
Retail Mining
Upcycling
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Serendipity Shopping
Fabbing
Selling Uniqueness
Blog-Seller
70 Vom Point of Sale
zum Point of View Adeline Seidel
Verkaufsflächen wandeln sich zur Bühne
der perfekten Produktinszenierung
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Showrooming
Nostalgie-Shopping
Die Kunst des Nichts
Zoning
80 Community Retail Janine Seitz
Der Handel der Zukunft ist kollaborativ
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Social Selling
Cross-Over-Shops
Co-Prosuming
Fluid Spaces
Haul-Shopping
92 Love your City Andreas Haderlein
Kreativer Aufstand gegen
die Verödung der Innenstädte
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High Street Fight
Händler-Communitys
Globe-Shopper-Marketing
Urban Manufacturing
102 Smart Convenience Janine Seitz
Multimodale Lieferketten verwandeln die Logistik
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Abo-Shopping
Pick-up-Store
Auto-Efficient Selling
Nachbarschaftslieferung
112 Literaturempfehlungen
114 Bildnachweis
Grafik-Design
Katja Söngen
ISBN: 978-3-938284-74-2
© Zukunftsinstitut GmbH, Mai 2013
Alle Rechte vorbehalten.
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Vorwort
Zukunftsinstitut :: Sales Trends
Neue, bunte Handelswelt
Die Handelswelt steht Kopf, alles scheint
im Umbruch. Meinungsmacher wie die
Samwer-Brüder beschwören das baldige
Ende des Offline-Handels – natürlich zu
eigenen Gunsten, schließlich gehören die
Internetpioniere zur Investorengruppe von
Zalando und anderen E-Commerce-Angeboten. „Das ist kein Online-Boom, das ist ein
Tsunami, der derzeit über die Handelswelt
hinwegfegt“, tönt Alexander Margaritoff,
Geschäftsführer vom Weinhändler Hawesko
Holding, der sich zu einem der größten
E-Commerce-Wein-Versender weltweit
gemausert hat. Der Handel im Netz boomt,
keine Frage: 2012 lag der Online- und Versandhandel in Deutschland bei 9,2 Prozent
des gesamten Umsatzes im Einzelhandel, ein
Anstieg um ein Prozent zum Vorjahr. Damit
verbuchte der interaktive Handel 2012 einen
Rekordumsatz von 39,3 Milliarden Euro – ein
Zuwachs von 15,6 Prozent. E-Commerce ist
für Konsumenten längst zur selbstverständlichen Einkaufsstätte geworden – wer kennt
noch jemanden, der noch nicht bei Amazon
eingekauft hat? Selbst meine Großmutter
erzählte mir beeindruckt, sie verstehe
zwar nicht ganz, was das Internet sei, aber
dort gäbe es die TV-Hörhilfe für meinen
Großvater um mehr als 100 Euro günstiger!
Und beauftragte einen ihrer Enkel mit
der Bestellung.
Bereits 2009 zeigte das Zukunftsinstitut in
der Studie „Sales Design – Vom Point-of-Sale
zum Point-of-Interest“ Chancen und Möglichkeiten auf, die die Vernetzung dem stationären Einzelhandel bietet. Doch bis heute
ist die Retailbranche vom unaufhaltsamen
E-Commerce-Wachstum weiter stark beeindruckt und verharrt in einer Hab-Acht-Stellung, um nicht zu sagen in einer Angststarre.
Jetzt nur nichts falsch machen! Resignation
macht sich breit: Kunden kommen nur noch
zum Schauen, kaufen aber dann online, weil
es dort billiger ist, ist die gängige Meinung
der Einzelhändler. Diese Vorannahme treibt
schon die wildesten Blüten: Marketing-Gag
oder bitterer Ernst, in jedem Fall sorgt ein
australischer Retailer für Aufsehen, der
allein fürs „Gucken“ im Store bereits fünf
Dollar verlangt.
Dabei tun sich zwischen dem Schreckgespenst Showrooming und der Handelsrealität neue Chancen auf. Denn nicht nur
die Läden verwandeln sich ein Stück weit
zu Showrooms, auch Online-Shops werden
4
Fotograf: Oliver Fluck, courtesy: Nizza des Nordens
häufig ausschließlich zur Information, aber
nicht zum Kauf genutzt. Gut ein Drittel
aller Käufe in Deutschland wird durch eine
Recherche im Internet vorbereitet, belegt
aktuell eine Untersuchung des E-CommerceCenters Köln (ECC). In Österreich informieren sich 29 Prozent der Konsumenten,
in der Schweiz jeder Fünfte vorab im Netz.
Der Online-Handel steht vor nicht minder
großen Umbrüchen wie der stationäre POS:
Der Markt steuert in vielen Segmenten
der Sättigung entgegen. Es gilt, sich gegen
Internetgiganten wie eBay oder Amazon zu
behaupten oder abzugrenzen. Der steigende
Logistikaufwand sowie das Retourenmanagement der schnell wachsenden VielleichtBestellungen werden den Versandhandel
noch vor große Herausforderungen stellen
– vor allem auch in Sachen Nachhaltigkeit.
Ganzheitliches Handelsverständnis prägt
die Zukunft
Schlachtrufe wie „Auf allen Kanälen zum
Kunden“ klingen zwar fein, zaubern aber den
meisten Einzelhändlern ein Stirnrunzeln
des Unverständnisses ins Gesicht und lassen
sie erbleichen in Anbetracht der Kosten.
Letztlich sind es die Konsumenten, die der
Handelsbranche zeigen, wie sie sich eine
optimale Einkaufserfahrung wünschen:
durchgängig, naht-, um nicht zu sagen
grenzenlos. Jenseits der Kategorien online,
offline, mobile. In einer perfekten Verschmelzung, ohne den Wechsel der Kanäle zu
spüren. Für die Kunden von morgen gibt es
keine Trennung mehr zwischen „realer“ und
„digitaler“ Welt.
Zeiten der Verunsicherung und des Umbruchs bergen vor allem neue Chancen
für die Mutigen. Chaos bietet Raum für
Experimente. Nur ein ganzheitliches
Handelsverständnis ebnet den Weg in eine
erfolgreiche Zukunft. Doch momentan
wird die Retailbranche noch zu sehr von
verunsicherten Fragen aus der Einzelperspektive geprägt. Fragen wie: Brauche ich
einen Online-Shop? Sollten wir nicht auch
eine Facebook-Präsenz anlegen, oder sie
wieder abschalten? Oder vielleicht besser
eine Location-Based-App? Wie lässt sich der
mobile Umsatz im Online-Shop ankurbeln?
An der digitalen Welt führt kein Weg mehr
vorbei, denn sie ist längst ein selbstverständlicher Teil der realen Welt.
Um die Verschmelzung der Vertriebs- und
Marketing-Kanäle im Handel zu verdeutlichen, haben wir bewusst auf eine Aufspaltung der Kapitel in Stationärer Einzelhandel,
E-Commerce und Mobile Commerce
verzichtet. Stattdessen liefern Ihnen die
Autoren dieser Studie die zehn wichtigsten
Driving Forces, die den Handel in Zukunft
prägen werden. Diese tiefgreifenden soziokulturellen, ökonomischen und soziotechnologischen Treiber bilden die Grundlage, um
die unzähligen Trends zu identifizieren, sie
auf diejenigen zu reduzieren, deren Auswirkungen sich in der Zukunft verstärken, und
ihre Relevanz in die komplexen Zusammenhänge einzuordnen. Die kleinteiligen Veränderungen mit Zukunftspotenzial haben
wir herausgearbeitet und ganz konkret in
den praxisnahen „Sales Trends“ beschrieben.
Dabei richtet sich diese Studie nicht alleine
an Vertreter und Berater aus dem Einzelhandel, sondern auch an Gastronomie- und
Dienstleistungsunternehmen, die Immobilienbranche, Gewerbevereine, Stadt-Marketing und City-Management sowie an IT-,
Telekommunikations- und Logistikanbieter.
Denn nur gemeinsam kann die Zukunft des
Handels erfolgreich gestaltet werden.
Wie sieht die Zukunft
des Shoppings aus?
Kunstprojekt „Empty
Rooms“ zum Thema
Ladenleerstand
Eine inspirierende Lektüre!
Janine Seitz
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Zukunftsinstitut :: Sales Trends
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Retail Rebooted
Neue Tools, Ideen und Geschäftsfelder
verwandeln den stationären Einzelhandel
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1 © Modomoto; 2 © LightSpeed; 3 © Zalando; 4 © tiramizoo / Ian Hylands
New Retaility
Omni-Channeling
Smarte Verkaufshilfen
Curated Shopping 3.0
Retail Rebooted
E
in bekanntes Bonmot lautet „Handel ist Wandel“. – Nun, da das
Flächenwachstum im stationären Einzelhandel an seine Grenzen
stößt und im Internet die Handelswelt neu vermessen wird,
wird es zur Überlebensformel. Nicht weniger als das tradierte
Geschäftsmodell des stationären Handels steht in den kommenden zehn
Jahren zur Disposition. Retail Rebooted ist der innovative Blick über den
Tellerrand des eigenen Sortiments und angestammten Betätigungsfeldes.
Den Neustart wagen, ohne die DNA des Verkaufens aus dem Code zu
streichen, wird zum Credo des Handels.
Handel im Wandel
In den letzten gut 180 Jahren haben einschneidende Entwicklungsschübe
den Einzelhandel ca. alle 25 Jahre zur Veränderung und Justierung der
Geschäftsmodelle gezwungen – seien es der Fall der Zollschranken, der
Distanzhandel, das SB-Warenhaus oder die Vertikalisierung im Modehandel. Aktuell ringen vor allem die Protagonisten des E-Commerce dem
stationären Einzelhandel Veränderungsbereitschaft ab.
Handelsmarken, aber auch Hersteller werden in den nächsten Jahren
immense Summen für eine technologisch-infrastrukturelle Aufrüstung
aufwenden, um den jederzeit absprungbereiten Kunden zu binden oder
für sich zu gewinnen. Über welchen Kanal auch immer.
Kunde als Treiber für Veränderungen
Der unerlässliche Schritt zum Multi-Channeling – oder besser: OmniChanneling – erfordert tiefgehende betriebswirtschaftliche Veränderungen. Den durchlässiger werdenden Grenzen zwischen stationärem
und Online-Verkauf, zwischen Kommunikation im Web und am Point
of Sale muss mit der Zusammenführung einst strikt getrennter Warenwirtschaftssysteme begegnet werden. „Investitionen sollten besser in
entsprechende neue Technologien gemacht werden als in zusätzliche
Flächen“, rät Prof. Dr. Gerrit Heinemann, Experte für Handelsmarketing
und E-Commerce, im Rahmen einer Diskussionsrunde anlässlich der
Präsentation der Ebay-Studie „Die Zukunft des Handels“ (Dezember 2012).
Das vergangene Jahrzehnt hat deutlich gezeigt, dass die graue Maus
Einzelhandel mit bündigen Marketing-Konzepten punkten kann. REWE
beispielsweise investierte massiv ins Employer Branding und darf sich
„Top Arbeitgeber 2011“ nennen. Und dm drogerie markt heimste 2012 gar
einen Best Brands Award als „Unternehmensmarke des Jahres“ ein. „Der
Handel beschäftigt sich heute viel intensiver mit der Frage, wie er sich im
Sinne des Kunden verändern muss“, betont dm-Gründer Götz W. Werner
(Interview in „Horizont“ 9/2013, S. 14).
Der Blick über den Tellerrand
Wirkliche Innovationen im stationären Handel werden dennoch vor
allem von Branchenfremden angestoßen werden. Drive-in-Supermärkte
sind einem Verkaufskonzept der Systemgastronomie entlehnt. Dem
Convenience Store hat ein Unternehmensberater neues Leben eingehaucht, indem er die althergebrachte Store-Ordnung nach Warengruppen
zugunsten von Themenkörben bzw. Rezepten auflöste (siehe „Zoning“:
Kochhaus, S. 78). Der QR-Code, ursprünglich eine Erfindung der Produktionslogistik in der Automobilindustrie, fehlt heute auf kaum einer
Umverpackung und ist ein zentrales Element im Mobile Payment.
Und ausgerechnet ein Online-Pure-Player wie der Herrenausstatter
Bonobos zeigt mit seinen stationären Guide Shops den Brick-andMortar-Händlern, mit welchem neuen Service-Ansatz man auf (kleinen)
Flächen reüssieren kann.
7
Zukunftsinstitut :: Sales Trends
New Retaility
Handelsmarken ziehen in komplementäre Geschäftsfelder
Um auch in Zukunft tragfähige Geschäftsmodelle vorzuweisen, strecken Retailer ebenso wie Online-Händler die Fühler
nach neuen Betätigungsfeldern aus und finden eine neue Welt
voller Möglichkeiten.
Schon immer hat sich der Handel seinen
Weg zum Kunden bahnen müssen. Um neue
Mehrwerte zu liefern, ist beispielsweise
die britische Supermarktkette Sainsbury’s
bereits seit 1997 mit Finanzdienstleistungen
zur Stelle.
Nun aber sprengt der Retail gänzlich
seine Grenzen. Er tut dies gewiss nicht
aus purer Lust an der Veränderung. Eine
der wichtigsten Branchen der Welt – 2011
erwirtschafteten die zehn größten Konzerne
einen globalen Einzelhandelsumsatz von 1,2
Billionen Dollar (Deloitte: Global Powers of
Retailing 2013) – kann sich nicht mehr mit
dem An- und Verkauf von Waren begnügen,
sondern braucht Stützen für eine rentable
Zukunft im digitalen Zeitalter.
»» Vom Kolonialwarenladen zur Beteiligungsgesellschaft: Kein anderes Unternehmen verkörpert hierzulande den
Image- und Kulturwandel besser als die
Unternehmensgruppe Tengelmann. Heute
kann der Firmenchef Karl-Erivan Haub rund
35 Beteiligungen an Technologie-Start-ups,
Online-Händlern und -Dienstleistern unter
dem Dach der Tochtergesellschaft Tengelmann-Ventures vorweisen. Dazu zählen der
Lieferservice für Restaurant-Bestellungen
Lieferheld, der Kaffeeversender Coffee
Circle, der Square-Clon SumUp und der
mächtige Schuh- und Textilhändler Zalando.
www.tengelmann.de
»» Kundenbindung entlang der Medienkonvergenz: Tesco hat sich unlängst einen
Videostreaming-Dienst gekauft, um mit
Bewegtbildinhalten (Filme, Serien, Shows)
den Kunden direkt in den eigenen vier
Wänden zu erreichen. Der drittgrößte
Handelskonzern der Welt betrachtet das
kostenfreie Clubcard TV als Teil seines Kundenbindungssystems. Tesco schielt gewiss
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auch auf die Potenziale, die sich mit den
über diesen Medienkanal angereicherten
Kundendaten im Bereich Tele-Shopping
oder im Second Screen Commerce ergeben.
www.clubcardtv.com
»» Service-Offensiven: Auf Plusanschluss.de
können Kunden direkt mit weit über 1.000
Fachhändlern der Verbundgruppe ElectronicPartner Kontakt aufnehmen, die die
Installation von Haushaltsgeräten, DSLAnschlüssen oder Software gleich mitliefern
– und das bei klarer Kostenstruktur. Die
erst Ende 2012 gestartete Vermarktungsplattform für Serviceleistungen wurde im
Frühjahr 2013 auch für Händler geöffnet,
die nicht der Einkaufsgemeinschaft angehören. Außerdem will man nicht nur die
Kundschaft des Fachhandels ansprechen,
sondern auch Gebrauchtgerätekäufer.
www.plusanschluss.de
»» Concept Store war gestern: Zalando
inszeniert seine Marke mit einem „Fashion
Concept Car“. Dieses ist ganz auf die
Bedürfnisse mobile-shopping-affiner Damen
ausgerichtet. Mit einer On-Board-Kamera
und Augmented-Reality-Technologie
erkennt das System Kleidung von Passanten
und lotst den Fahrer direkt in den markeneigenen Online-Shop. Eine Hilfskonstruktion
am Kofferraum für den spontanen, aber
diskreten Kleiderwechsel fehlt ebenso wenig
wie eine integrierte Paketstation. Das auf
dem Genfer Autosalon präsentierte FashionVehikel ist mehr als ein Marketing-Gag,
stärkt es doch die Attraktivität der jungen
Handelsmarke weit über den Endkunden hinaus. Investoren sehen, dass Zalando mehr
als nur der „letzte Schrei“ ist. Das Unternehmen positioniert sich zukunftsträchtig,
noch dazu als potenzieller Partner von
Fahrzeugherstellern. youtu.be/tEoGBo-OyG8
Retail Rebooted
Das Zalando Fashion Concept Car zeigt neue Wege für den Retail von morgen auf
© Zalando
Trendprognose
Künftig werden sich die Branchengrößen auch in vermeintlich
fremden Gefilden inszenieren und
an möglichst vielen Touchpoints
Präsenz zeigen. Die Erschließung
neuer Märkte, die kanalübergreifende Ansprache des Kunden
und eine umfassende Versorgung
mit Produkten und Dienstleistungen unter dem Dach einer
starken (Handels-)Marke sind
die Erfolgsgaranten.
Das Zalando Concept Car integriert sogar eine Paketstation
© Zalando
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Zukunftsinstitut :: Sales Trends
Omni-Channeling
Channel-Hopping macht den Händler zum Spurenleser
Multi-Channeling ist in aller Munde, doch es greift zu kurz. Wer
künftig nah am Kunden sein will, muss sich auf mehr Vertriebsund Kommunikationswege einlassen – und diese auch adäquat
orchestrieren. Omni-Channeling ist die erfolgreiche Integration von
Prozessen und Entscheidungen zugunsten eines bündigen Handels­
auftritts in allen erdenklichen Schritten der Kundeninteraktion.
Mehr denn je ist die Handelswelt von heute
daten- und technologiegetrieben. Sowohl
Backend-Prozesse wie die Personalorganisation oder die Logistik (siehe auch „Smart
Convenience“, S. 102) als auch die kundenseitigen Schnittstellen – vom Social-Media-Monitoring über Mobile Payment bis hin zum
Geotargeting – fließen in einem riesigen Datenpool zusammen. Das Ziel: den vernetzten
und jederzeit absprungbereiten Kunden zu
binden und neue zu gewinnen. „Synchronised Selling“ nennt die britische RetailBeraterin Mary Portas die Anforderung, die
an Händler gestellt wird. Denn der Shopper
ist längst auf allen Kanälen zum Kauf unterwegs – vor Ort, social, mobile, 24 Stunden am
Tag, in Echtzeit. „In Zukunft wird zwischen
Offline- und Online-Handel kein Unterschied mehr gemacht“, bringt Ebay-Chef
John Donahoe die Entwicklung auf den
Punkt (Wirtschaftswoche 05.06.2012).
»» Store-to-Web: Mit Online-Bestellterminals
wird das limitierte stationäre Sortiment
um das des E-Shops erweitert. Die USKaufhauskette Macy’s hat mittlerweile 292
ihrer 844 Stores mit derartigen E-Shop-inShops ausgerüstet. 500 Stores sollen künftig
diesen Service anbieten. Hierzulande hat
sich ebenfalls eine Reihe von Händlern auf
den stationären Online-Kauf eingestellt.
www.macys.com
»» Web-to-Store: Das Pendant zum OnlineKauf im stationären Shop heißt im Fachjargon „Click & Collect“: Online bestellte
Waren werden im Geschäft der Wahl
abgeholt. C&A und Karstadt betrachten
diesen Service für Online-Kunden auch als
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Frequenzbringer fürs stationäre Geschäft.
Daneben hilft Click & Collect die Kosten
für Retouren zu senken, weil Kunden Ware
sofort bei Abholung anprobieren oder testen
und – ohne Beschädigung oder Wartezeiten
am Paketschalter – zurückgeben können.
Eine Pick-up-Rate von bis zu 45 Prozent
vermeldete der Elektronikhändler Saturn
bereits in der Frühphase des Angebots.
»» Check & Reserve: Die storegenaue
Verfügbarkeitsabfrage des stationären Warenbestandes ist ein Schlüsselelement im
Omni-Channeling. Media Markt etwa liefert
hierzulande die entsprechende Information
bei allen im Online-Shop gelisteten Produkten, vom Staubsauger bis zur Audio-CD.
Der britische Vollsortimenter Argos, der
als Vorreiter in Sachen MultichannelMarketing gilt, positioniert seine über 700
Geschäfte heute schon mehr als Abhol­
zentren denn als Produkterfahrungsräume.
www.argos.co.uk
»» Same-Day Delivery: Shutl bringt freie Kapazitäten von Kurierdiensten mit den Bestellungen bei Online-Händlern zusammen. Das
britische Start-up ist der Bringdienst der
Omni-Channeling-Ära und vermittelt auf
der Insel mittlerweile 30.000 Bestellungen
pro Tag. Binnen 90 Minuten oder gar zum
Wunschtermin liefert Shutl online bestellte
Ware an Kunden in Ballungsräumen. Unternehmen im Premium-Fashion-Segment wie
etwa Luxudo.com oder Lodenfrey.com sind
in Deutschland Vorreiter bei der Sofortlieferung und setzen dabei auf den logistischen Partner Tiramizoo. www.shutl.com,
www.tiramizoo.com
Retail Rebooted
Fahrradkuriere von Tiramizoo
© tiramizoo / Ian Hylands
Trendprognose
Während 1A-Lagen tendenziell für Flagship-Stores
reserviert bleiben, werden
verkehrsgünstig gelegene
Filialen in Stadtteil- und
1B-Lagen in Zukunft
stärker als FulfillmentCenter für Cross-ChannelAktivitäten aufgestellt.
Argos-Store in Barnstaple, Großbritannien
© 2012 Home Retail Group
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Zukunftsinstitut :: Sales Trends
Fluid Spaces
Der Point of Sale der Zukunft ist wandelbar
Der fluide Point of Sale ist im permanenten Wandel begriffen. Morgens fungiert das Geschäft als Café, mittags als Modeboutique und
abends glänzt es im Licht der Discokugeln. Mobile Einrichtungsmodule und versenkbare Möbel machen diese schnelle Verwandlung
möglich. Ein fluides Ladenlokal bietet perfekte Möglichkeiten zum
Room Sharing – zur gemeinsamen Anmietung und Nutzung durch
kreative Gewerbetreibende.
„Es geht nicht darum, einen noblen Laden
zu bauen, sondern einen Laden, der nicht
aussieht wie einer“, erklärt Retail-Experte
Howard Saunders vom Beratungsunternehmen Echochamber. Die Luxusmarke
Prada machte schon vor einigen Jahren
mit dem visionären Projekt „Transformer“,
einem dreh- und wandelbaren Objekt, auf
beeindruckende Weise vor, wie der wandelbare Point of Sale der Zukunft aussehen
könnte. Kippbar wie ein Würfel, war der
Transformer jeweils für eine begrenzte
Zeit mal ein Laufsteg, mal ein Kino, mal
eine Boutique und mal eine Kunstgalerie.
Ganz nach dem Pop-up-Prinzip verschwand
das Gebäude nach sechs Monaten wieder.
www.prada-transformer.com
»» Vom Shop zur Bühne: In eine Baulücke
zwischen mehrstöckigen Häusern wurde
ein multifunktionaler Pavillon in Baucontainer-Ästhetik und mit einem fröhlichen
Zebrastreifen-Anstrich eingepasst. Inspiriert
von einer Schmuckschatulle, nennt sich der
Berliner Fashion-Concept-Store Happy Shop
und erinnert im Inneren an ein Theater. Der
holzvertäfelte Shop wurde vom Architekturbüro Fingerle & Woeste mit einem mobilen
Kleiderstangensystem ausgestattet. Klar
abgegrenzt von der „Verkaufsbühne“ sind
der Backstage-Bereich mit Sanitäranlagen
und Küche sowie das Atelier, das in sanften
Fliedertönen gestaltet wurde. Für eine
Modenschau werden die Kleiderstangen
samt Kleidungsstücken einfach bis unter die
Decke gefahren. www.happyshop-berlin.com,
www.fingerle-woeste.de
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»» Die Geschichte des Handels: Das Unternehmen „Story“ im Herzen Manhattans
beschreibt sich selbst als Retail Space, der
wie ein Lagerhaus aussieht, sich verändert
wie eine Galerie und in dem Dinge wie in
einem Ladengeschäft verkauft werden. Alle
vier bis acht Wochen blättert die Besitzerin
Rachel Shechtman – langjährige RetailBeraterin bei Cube Ventures – im Story
die Seiten um und präsentiert ein neues
Kapitel in Sachen Handelserlebnis von der
„Love Story“ bis zur „Art Story“. „Es gibt im
Internet so viele neue Businessmodelle,
aber im stationären Handel geht es immer
noch nur um Verkauf pro Quadratmeter.
Meiner Meinung nach ist das mehr als nur
archaisch“, begründet sie ihre Entscheidung,
selbst einen zukunftsweisenden Laden zu
eröffnen. www.thisisstory.com
»» Space Sharing: Das gemeinschaftliche
Anmieten einer Verkaufsfläche bietet Designern und Start-up-Retailern die Möglichkeit,
ihre Produkte zu präsentieren bzw. einen
Standort temporär zu testen. Insbesondere
in den Großstädten Asiens ist das Konzept
voll ausgestatteter Retail-Boxen bei jungen
Entrepreneuren sehr beliebt. „Cactus“ ist ein
Anbieter solcher Mini-Shops in Singapurs
hoch frequentierten Vorzeige-ShoppingMalls Marina Square und Orchard Central.
Die quadratischen „Cubics“ mit den Maßen
von 50 mal 50 mal 50 Zentimeter können für
drei Monate bis zu einem Jahr angemietet
werden. www.cactusfarm.sg
Community Retail
Trendprognose
Fluid Spaces sind ganz vieles
zugleich und innerhalb kürzester
Zeit wandelbar. Der Handel in
Deutschland tut sich mit diesen
fluiden Shop-Konzepten noch sehr
schwer, hier mietet man eine RetailFläche in der Regel über mehrere
Jahre oder gar Jahrzehnte an. In
Zukunft wird der Point of Sale mit
Gastronomieansätzen und Freizeitangeboten angereichert. Einfallsreiche Kooperationen zwischen
Einzelhändlern und Serviceanbietern
schaffen enorme Potenziale auf
beiden Seiten.
Aktuelles Story-Thema: Kunst
© Story
Story in New York verwandelt sich in regelmäßigen Abständen komplett, um Geschichten zu erzählen
© Story
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Zukunftsinstitut :: Sales Trends
Nachbarschaftslieferung
In der Mobilitätsgesellschaft wird jeder zum Kurier
Einzelhändler, on- wie offline, setzen verstärkt auf alternative Lieferservices jenseits traditioneller Logistikunternehmen. Sind die
meisten innovativen Bringdienste momentan noch in der Pilotphase,
zeigt sich darin doch ein Umdenken hin zur Nutzung lokaler Ressourcen und nachhaltiger Mobilität.
Same Day Delivery gilt als großes Versprechen der heutigen Zeit. Doch die Auslieferung
noch am Tag der Bestellung wird in Zukunft
nur durch den Ausbau eines lokalen Logistiknetzes ermöglicht werden. Großes Potenzial
liegt in der rein softwarebasierten Tourenplanung: Wenn der Kunde etwas bestellt, wird
automatisch eine Meldung an den Lieferanten
in der Nähe gesendet. Aufgabe des LogistikDienstleisters ist es dabei nur noch, die
technische Infrastruktur zur Verfügung zu
stellen und vertrauenswürdige Kurierfahrer
zu gewinnen. „Wenn jeder ein Kurier werden
und sich ohne Zwischenhändler und Disponenten via Smartphone seine Aufträge selbst
beschaffen kann, dann wird das das Nahverkehrstransportgewerbe weiter verändern“,
schreibt Karsten Werner, Logistiker, Projektmanager und Dozent für berufliche Weiterbildung, in seinem Artikel „Lieferung am selben
Tag als Brücke zur mobilen Web-Ökonomie“
auf dem Newsblog netzwertig.com.
»» On-Demand-Delivery: Das Start-up
Postmates aus San Francisco verspricht eine
Point-to-Point-Lieferung. Das gewünschte
Produkt wird von einem lokalen Händler um
die Ecke bereitgestellt und kann somit noch
am selben Tag innerhalb weniger Stunden
zugestellt werden. Über die App bzw. die
Website von Postmates kann der Kunde Produkte von lokalen Einzelhändlern auswählen,
die er geliefert bekommen möchte. Geht die
Bestellung ein, bekommt der Fahrradkurier
die Lieferung zugeteilt, der dem Einzelhandelsgeschäft gerade am nächsten ist. Postmates ist bisher in San Francisco und Seattle
verfügbar. www.postmates.com
110
»» Urbane Lieferung: Tiramizoo ist das
deutsche Postmates-Pendant, das sich selbst
als „Taxizentrale, nur eben für Kurierdienste“
bezeichnet. Kunden können im Webshop der
kooperierenden stationären Einzelhändler
bestellen und – gegen Aufpreis – die Lieferoption Same Day Delivery auswählen.
Das Angebot ist bereits in 15 deutschen
Großstädten verfügbar. www.tiramizoo.com
»» Privater Bringdienst: PolyPort, ein kollaborativer Marktplatz für die Schweiz, bringt
Personen mit Liefer- und Transportbedarf
mit potenziellen Transporteuren in ihrer
Nähe zusammen. Das Pilotprojekt im Jahr
2011 war das Kartoffeltaxi, das Bio-Bergkartoffeln durch private Pendler nach Zürich zu
ihren Käufern transportieren ließ. Das Folgeprojekt BringBee, gestartet Anfang 2013, hat
das Ziel, den Einkaufsverkehr zum Möbelgiganten IKEA besser auszunutzen. Über
BringBee können Kunden ihre Einkaufsliste
online zusammenstellen und jemanden in
ihrer Nähe finden, der den Einkauf für sie
mitbringt. www.polyport.ch
»» Crowdsourced Delivery: Doch nicht nur
Start-ups experimentieren mit alternativen
Lieferservices. Der Einzelhandelsgigant
Walmart möchte in Zukunft Kunden dafür
bezahlen, wenn sie anderen Menschen
Produkte aus dem Store mitbringen. „Das ist
alles noch im Stadium des Brainstormings.
Aber in ein oder zwei Jahren könnte es Realität sein“, sagte Jeff McAllister, Senior Vice
President von Walmart U.S. Innovations, der
Nachrichtenagentur Reuters.
Smart Convenience
Mit der Postmates-App werden lokale Einzelhändler und Kunden verbunden
© Postmates
Trendprognose
Fraglich ist, ob Kunden wirklich
unbedingt eine Zustellung von Produkten innerhalb weniger Stunden
wünschen. Fraglich ist auch, wie
Same Day Delivery in ländlichen
Regionen möglich sein kann. Viel
wichtiger jedoch wird in Zukunft
sein, flächendeckende Lieferungen
zu Wunschterminen zu ermöglichen.
Zudem gilt es Lösungen zu finden,
um den enormen Logistikaufwand,
der durch den wachsenden ECommerce entsteht, ökologisch und
sozialverträglich zu gestalten.
BringBee-Projekt ist ein Mitbringservice für Ikea-Einkäufe
© BringBee
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bis 1. Juni 30,– sparen
SALESTRENDS
180,–
Euro
Subkriptionspreis
Strategien für den erfolgreichen Handel von morgen
Die Handelswelt steht Kopf, alles scheint im Umbruch. Online, offline, mobile – wie erreicht man die
Kunden am besten? Verunsicherung macht sich breit.
Doch Zeiten des Umbruchs bergen vor allem auch
neue Chancen für die Mutigen. Die Verschmelzung
der Vertriebs- und Marketingkanäle im Handel ist
längst in vollem Gange. Doch eine reine Fokussierung
auf Multi- oder Omni-Channeling-Strategien greift
zu kurz. Der Wandel im Handel wird von weiteren
tiefgreifenden Veränderungen und Trendentwicklungen angetrieben, die nicht außer Acht gelassen
werden dürfen.
Die zehn wichtigsten Treiber
im Retail:
01 Retail Rebooted
02 Neo-Schnäppchenjäger:
Jung, vernetzt, mobil
03 Transparenzmärkte
schaffen vertrauen
04 Augmented Shopping
05 Second-Sale-Kultur
Die Studie richtet sich nicht alleine an Vertreter
und Berater aus dem Einzelhandel, sondern auch
an Gastronomie- und Dienstleistungsunternehmen,
die Immobilienbranche, Gewerbevereine, StadtMarketing und City-Management sowie an IT-,
Telekommunikations- und Logistikanbieter. Denn nur
gemeinsam kann die Zukunft des Handels erfolgreich
gestaltet werden.
06 Nischen-Kommerz
07 Vom Point of Sale
zum Point of View
08 Community Retail
09 Love your City
10 Smart Convenience
43 praxisnahe Sales Trends
bieten Umsetzungsstrategien
für Ihr Business
Sales Trends – Strategien für den erfolg­
reichen Handel von morgen
Andreas Haderlein, Adeline Seidel, Janine Seitz
ISBN: 978-3-938284-74-2
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