Reicher Hafen von Paul Klee
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Reicher Hafen von Paul Klee
KULTUR 41 BASEL | BASELLANDSCHAFTLICHE SAMSTAG, 4. JULI 2015 Die lautesten Stimmen hatten die Bläser Auftakt Der brasilianische Komponist und Sänger Ivan Lins eröffnet mit der SWR-Bigband das «Stimmen»-Festival licherweise, dass vor dem Konzert nur wenige Proben stattfinden konnten. Das schmälert aber nicht die Leistungen der Band, der Solisten oder Lins’, und schon gar nicht die des Arrangeurs Ralf Schmid. Ein grosser Luxus übrigens: Es war das einzige Livekonzert. Das 2013/14 erschienene Album «Cornucopia» (Füllhorn) enthält die meisten der am Donnerstag gespielten Stücke. Ein weiterer Höhepunkt war der «Xote» (Aussprache «Schotschi»), was nichts anderes ist als ein Schottisch aus Nordostbrasilien. Im «Xote» wird oft eine Ziehharmonika eingesetzt, die rhythmisch gespielt wird. Manchmal klingt da ein wenig Reggae an. Rudi Reindl setzte mit der schränzenden Trompete einen humoristischen Akzent. VON STEFAN SCHUPPLI Man spürte vom ersten Takt an: Dieser Mann liebt Big Bands. Er liebt sie so sehr, dass Ivan Lins (70), Altstar der Musica Popolar Brasileira, die Big Band des Südwestdeutschen Rundfunks (SWR) immer wieder lobt. Wir können da nur in das Lob einstimmen. Was da geboten wurde, war brillante Technik, spannende Arrangements und präzises Zusammenspiel, grosse Musik für eine grosse Band. Ivan Lins hatte schon immer eine Schwäche für Grossformationen und hatte auch schon mit Sinfonieorchestern musiziert. «Orchester-Texturen sind tief in meinem Geist drin, Henry Mancini ist einer meiner Helden. Die SWR Big Band arbeitet mit ganz ähnlichen Textur wie Mancini, gerade im Arrangement der Balladen. Ich bin ein ‹ballad guy›, kein Typ für schnelle Stücke, auch wenn ich sehr gerne die Welt der brasilianischen Rhythmen in meiner Musik erkunde», sagte er kürzlich im Interview mit der bz. Ein Konzert, zwei Gesichter Die am Donnerstag gebotene Zusammenarbeit auf der Bühne zwischen Lins und den SWR-Profis hatte jedoch zwei Gesichter. Musikalisch und technisch hat das meist sehr gut geklappt und harmoniert: Deutsche Präzision, brasilianischer Groo- WOCHENENDE BEI «STIMMEN» ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Irisches Programm Dieses Wochenende steht unter dem Motto «Irish Vibes & Waves». Die Konzerte finden jeweils um 20 Uhr im Theater Augusta Raurica statt. Am Samstag sind The Henry Girls, Cara Dillon und We Banjo 3 dran (49 Franken/ 33 Euro). Am Sonntag treten Mick Flannery und Sinead O’Connor auf (57 Franken/ 39 Euro). Kombi-Ticket 88 Fr./60 Euro Politische Statements Lins’ Lieder sind verschiedentlich politische Statements. Er kritisiert die ungehemmte Abholzung des Regenwalds im Amazonas und den respektlosen Umgang mit den Indios. In den Texten liess er fröhlich verschiedenste Sprachen durcheinander wirbeln: Portugiesisch, Französisch, Indio-Sprachen und afrikanische. Diversität kann recht lustig sein. Neben Nascimento gilt Lins’ Verehrung der Sängerin Elis Regina. Da durfte als Dreingabe das Lied «Madalena» nicht fehlen. Ivan Lins (l.), die Horn Section der SWR Big Band, und der musikalische Leiter und Arrangeur Ralf Schmid. JURI JUNKOV ve. Balladen wie «Oi Lua» (Hallo Mond), «Estrela Guia» (Leitstern – eine Hommage an den Komponisten Milton Nascimento), der Schmachtfetzen «Atlântida» oder das berührende «Començar de novo» waren verhalten und gingen ans Herz. Auch Lins ist ein Könner. Und ein Schmeichler. Doch immer wieder entstand zwischen den beiden Stars, Lins und der Bigband, eine eigenartige Konkurrenz, welches die Aufmerksamkeit etwas ablenkte. Die souveränen Soli der Bandmitglieder unterstrichen das. Oder anders gesagt: Zwischendurch fehlte die Kohärenz. Hier zeigte sich mög- «Bei langer Betrachtung entstehen neue Objekte» Mein Lieblingswerk aus dem Kunstmuseum (22) Der Designer und Fotograf Jean Jacques Schaffner entscheidet sich für «Reicher Hafen» von Paul Klee « MARTIN P. BÜHLER / KUNSTMUSEUM BASEL «Reicher Hafen (ein Reisebild)» von Paul Klee, 75,4 x 165 cm, Öl und Kleisterfarbe auf Zeitungspapier auf Jute, 1938. Ich gebe es gerne zu: Als Grafiker und Fotograf habe ich ein gespaltenes Verhältnis zur Malerei, vor allem der nichtfigurativen Malerei. Als Kind der Pop-Art-Generation und als Sammler moderner Kunst und von Schweizer Plakaten hänge ich an allem, was im weitesten Sinne mit handwerklichem Können zu tun hat. Das Bild «Reicher Hafen» von Paul Klee nimmt für mich vieles, was erst Jahrzehnte später aktuell wurde, voraus. Die an typografische Zeichen oder Runen erinnernden schwarzen, das Bild dominierenden, Formen überlagern einzelne farbige Flächen, die so einen räumlichen Effekt entstehen lassen. Bereits 1938, zwei Jahre vor seinem Tod, entwickelte Klee eine Art der Malerei, die einerseits an das spätere Werk von Mirò erinnert oder an das noch viel spätere Werk von A.R. Penck oder gar Jean Jacques Schaffner. ZVG an Keith Haring. Mich fasziniert zudem die Idee, die Formen an den Bildrändern auf allen Seiten angeschnitten zu lassen. Es entsteht so der Eindruck, das Werk sei nur ein Ausschnitt einer viel grösseren Szenerie. Bei längerer Betrachtung, nicht nur der schwarzen Hieroglyphen, sondern auch der weissen Räume zwischen den Formen, entstehen immer neue Objekte, die durchaus erkennbar an reale Gegenstände erinnern können. Ob sich der dargestellte Hafen in Südfrankreich oder Marokko befindet, ist für mich sekundär. Die inszenierte Reduktion auf das Wesentliche ist Zeugnis einer vertieften Arbeit im Atelier und nicht einer vor Ort erstellten Malerei. Diese Art zu arbeiten gleicht meiner eigenen Art, Dinge umzusetzen und ich bewundere den Mut, bereits in den 30er-Jahren Malerei so radikal zu hinter- SERIE ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Mein Lieblingswerk Mit der bz-Serie «Mein Lieblingswerk aus dem Kunstmuseum» wollen wir während der Zeit der Schliessung des Basler Kunstmuseums dessen Schätze in unser Bewusstsein rufen. Dies, obwohl einige Meisterwerke im Museum der Gegenwartskunst (Moderne) und im Museum der Kulturen (Alte Meister) zugänglich sind. Jede Woche stellt eine bekannte Persönlichkeit aus der Region ihr Lieblingswerk aus der Sammlung vor. Am 13. Juni wählte Antonio Loprieno, der scheidende Rektor der Universität Basel, Arnold Böcklins Bild «Odysseus und Kalypso» (1882). Am 20. Juni zeigte Désirée Meiser, künstlerische Leiterin des Gare Du Nord, Hans Holbeins «Bildnis des schreibenden Erasmus». Und am 27. Juni erklärte Basels Ballettdirektor Richard Wherlock, weshalb Auguste Rodins «Gebückter weiblicher Akt mit aufgestützten Händen, vornübergebeugt, auf dem rechten Beine kniend» von 1897 ihm besonders gefällt. (FLU) fragen. Der Streit darüber, ob Malerei und angewandte Grafik gleichzusetzen sind, erübrigt sich für mich durch dieses Bild. Gewiss, Paul Klee arbeitete frei, visionär und unabhängig von einem konkreten Auftrag. Und trotzdem, die Um- setzung eines konkreten Gedankens mit visuellen Mitteln ist auch im heutigen Design eine der Hauptaufgaben. Dieses Bild ist für mich deshalb mein Lieblingswerk aus der Sammlung des Basler Kunstmuseums.»