Lesen Sie selbst.

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Ein Beitrag aus der Immobilien Zeitung Nr. 34/2014 vom 28. August 2014
www.immobilien-zeitung.de
Ein neuer Immobilien-Riese
Der tschechische Immobilienmilliardär Radovan Vítek hat seine sämtlichen europäischen
Aktivitäten in die GSG Group – vormals: Orco Germany – eingebracht. Bis dahin bestand
die in Frankfurt börsennotierte GSG aus einem soliden, überschaubaren Bestandsportfolio
mit gut vermieteten Berliner Gewerbehöfen und einer 50%igen Beteiligung an einer
Hotelgesellschaft. Nun ist sie eine milliardenschwere international aktive Immobilien-AG.
Bald wird sie in CPI Property umbenannt.
aufgegangen sind: 183 Einkaufs- und Fachmarktzentren und
Wie versteckt man eine Milliarden-Kapitalerhöhung mög41 Büroobjekte in Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowalichst effektiv? Man setzt sie zum Beispiel ans Ende eines Quarkei, 16 Hotels, 12.600 Wohneinheiten in Tschechien, Logistik in
talsberichts und schreibt lakonisch „Transaktionsangebot“
Ungarn und der Slowakei, 18 Mio. m2 Grundstücksfläche in
drüber. So tat es der tschechische Immobilienmogul Radovan
Vítek im Mai dieses Jahres. Man werde aus dem genehmigten
Rumänien und anderswo sowie diverse Großprojekte, darunKapital der GSG Group an den GSG-Hauptaktionär Vítek 2,47
ter das Luxusresort Palais Maeterlinck bei Nizza.
Mrd. neue Aktien ausgeben, lautete die Ankündigung – das
Die wenigen offiziellen Aussagen, die es bislang zum
Kapital der kleinen GSG erhöht sich dadurch um satte 540%.
zukünftigen Expansionskurs der CPI-Gruppe gibt, lassen viele
Mit den neuen Aktien wurde Víteks eigener ImmobilienkonMöglichkeiten offen: Investiert werde sowohl in stabile, ertragzern Czech Property Investments (CPI) durch die GSG Group
bringende Objekte als auch in opportunistische Deals aus Noterworben.
verkäufen, geografisch diversifiziert von West- bis Osteuropa,
„Es war seit längerem mein Ziel, CPI an die Börse zu brinund in alle Assetklassen von Büro bis hin zu Ackerland, ist zu
gen“, erklärt Vítek. „Die GSG ist ein renommiertes, stabiles
lesen.
Unternehmen mit einem Qualitätsportfolio, außerdem ist sie
Fragt man die beiden künftigen Deutschlandchefs, wo ihre
bereits in Frankfurt börsennotiert. Dank der Verbindung beiReise hingehen soll, hört man hingegen nur äußerst Bodender Bestände wird ein neuer Champion
ständiges. „Ich halte es für sinnvoll, wenn
unter den europä-ischen Immobilienwir uns auf das konzentrieren, von dem
„I like to own“ heißt
AGs geschaffen.“ Der Deal wurde Mitte
wir etwas verstehen, und das ist die
Juni ohne viel Aufhebens vollzogen. EntBewirtschaftung und Entwicklung von
Radovan
Víteks
Devise
standen ist eine in sieben Ländern
Gewerbeflächen“, sagt Schlink. Berlin sei
investierte Immobiliengruppe mit einer
dafür der wohl interessanteste Markt. SollBilanzsumme von 4,2 Mrd. Euro und
te sich die Gelegenheit für einen günstigen
einem Jahresumsatz von ca. 250 Mio. Euro. Den NettoinvenPortfolioankauf außerhalb der Haupstadt bieten, sei auch
tarwert (nach Epra-Formel) setzt die künftige CPI mit knapp
dafür Gesellschafterkapital grundsätzlich vorhanden.
1,6 Mrd. Euro an.
Schlink will den Eindruck vermeiden, mit der CPI sei nun
Komplett ist der Börsengang der CPI aber noch nicht: Nur
ein überambitionierter, kaufwütiger Ausländer in Deutschland
ein Bruchteil der Anteile, nämlich die 230 Mio. „alten“ GSGunterwegs. „Wir sind keine Hasardeure, wir suchen ausInhaberaktien, sind derzeit in Frankfurt zum Handel zugelasschließlich Objekte mit Cashflow“, sagt er, wohl wissend, dass
sen. Der Rest wartet noch auf seine Zulassung durch die
in Berlin die Erinnerung an die Vorgängergesellschaft Orco
Luxemburger Wertpapieraufsicht. Sie ist zuständig, da die
Germany, die die Republik mit spekulativen ProjektentwickGSG-Holding dort ihren juristischen Sitz hat.
lungen aufrollen wollte und spektakulär scheiterte, noch recht
Die deutsche operative Tochtergesellschaft der GSG Group
lebendig ist. Schon damals bildete das GSG-Geschäft mit staführt die Berliner Gewerbesiedlungsgesellschaft (GSG GmbH).
bilen Einnahmen und hohen Vermietungsquoten den soliden
Deren Geschäftsführer Oliver Schlink und Sebastian Blecke
Anker der deutschen Orco. Dieses Jahr werden die Manager
werden künftig auch für das Deutschlandgeschäft der CPI vermit ihren zum Teil hundert Jahre alten, gemischt genutzten
antwortlich sein; Schlink ist bereits seit Juni Mitglied des
Gewerbelofts auf vergleichbarer Fläche 5% mehr Miete einGroup-Direktoriums. „Durch die GSG hat die CPI-Gruppe
nehmen als 2013. Leergezogene Lagerflächen in begehrten
einen westeuropäischen Einschlag bekommen.“ So kommenInnenstadtlagen wie Kreuzberg wandelt GSG zu Büro- und
tiert Schlink die Tatsache, dass seine rund 40 Berliner GewerProduktionsräumen für Unternehmen um und steigert so die
behöfe nun in einem europäischen Immobilienkonglomerat
Quadratmetermiete von zuvor 3,50 Euro auf 11,50 Euro.
Auf Eigentümerseite ist der Milliardenriese CPI/GSG eine
schen GSG-Aktivitäten (also de facto die Berliner GewerbehöEin-Mann-Veranstaltung. Der schwerreiche Unternehmer
fe) verwaltete, übernahm für 24 Mio. Euro Forderungen für
Vítek startete den Übernahmepoker im Herbst 2012. An der
Orco-Hotelprojekte auf der kroatischen Insel Hvar. Hinzu kam
hochverschuldeten Orco-Gruppe, zu der auch die GSG gehörein 50%-Anteil an einem osteuropäischen Boutique-Hotelportte, erwarb er 30,7% der Anteile. Die Übernahme der GSG folgfolio, dessen restliche 50% Orco hält.
te Ende 2013. Damals hielt die GSG-Mutter Orco 88% der
Was der reinen Compliance-Lehre des Kapitalmarkts wohl
Aktien, nachdem sie via Kapitalerhöhung der ebenfalls hochkaum entspricht, erleichtert den Berliner Managern Schlink
verschuldeten GSG bei der Refinanzieund Blecke das Tagesgeschäft durch klare
rung geholfen hatte. Ende November
Beschlusslagen. „Unser Großaktionär ist
Sechs
Assetklassen
in
beschloss die GSG eine weitere Kapitalbereit, uns weiteres Kapital für Ankäufe
erhöhung, bei der ausschließlich Víteks
zur Verfügung zu stellen. Er prüft unsere
sieben Ländern
Beteiligungsgesellschaft Tandis zum
Vorschläge und entscheidet dann. Herr
Zuge kam, sehr zum Ärger einiger angelVítek glaubt an Berlin – das bietet uns
sächsischer Hedge-Fonds (siehe „Unruhe um Kapitalerhöhung
natürlich Vorteile in der Konkurrenz mit anderen Regionen,
von Orco Germany“ auf iz.de). So sicherte sich Vítek 33,3% an
die auch Kapital für weitere Zukäufe nachfragen“, beschreibt
der GSG Group. Bis Mitte 2014 erreichte er durch weitere
Schlink die Lage.
Aktienkäufe die Mehrheit, indem er der Muttergesellschaft
Bleibt nur die Frage, warum ein privates Imperium wie die
Orco GSG-Aktien abkaufte. Denn nun brauchte Orco Geld, um
CPI überhaupt an der Börse präsent sein will. „Der Konzern
akute finanzielle Löcher beim Bau eines Luxuswohnturms in
möchte sich für ein weiteres Wachstum am Kapitalmarkt alle
Warschau zu stopfen.
Perspektiven offen halten“, erklärt Schlink. Dass Vítek plant,
Heute hält Vítek 94% der GSG, auch bei Orco hat er das
sich auf dem Umweg über den Kapitalmarkt demnächst von
Sagen. Im Management der Luxemburger GSG-Steuerungsholseinen CPI-Aktien wieder zu trennen, gilt in Unternehmensding sitzen fünf CPI-Chefs; der GSG-Finanzchef Yves Désiront
kreisen als unwahrscheinlich. Vítek agiere als Unternehmer
und der oberste Asset-Manager Tomás Salajka bilden zusamunter der Devise „I like to own“, ist zu hören. Ein schnelles
men mit einem weiteren CPI-Mann den Orco-Vorstand. Schon
Durchhandeln von Immobilienbeteiligungen passe dazu
im Frühjahr machten sich die veränderten Kräfteverhältnisse
nicht. mol
bei GSG bemerkbar. Deren Holding, die bisher nur die deut-
Die Deutschlandchefs der GSG Group Oliver Schlink (links) und Sebastian Blecke. Bild: IZ