HO 06-08 Stafette Bettex:Layout 1

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HO 06-08 Stafette Bettex:Layout 1
STAFETTE Jacques Bettex, General Manager vom Best Western Eurotel Riviera, Montreux
+ Der «Wolkenkratzer» von
Montreux ist zu einem Wahrzeichen
geworden. Jacques Bettex führt das
Hotel mit väterlichem Engagement.
Wie auf den Leib geschnitten
Der Direktionsposten des Best Western Eurotel Riviera ist Jacques Bettex
wie auf den Leib geschnitten. Modern und doch herzlich präsentiert sich
Text: Marianne Kürsteiner
Bilder: zvg
nicht nur der Direktor. Auch das Hotel wirkt modern mit einem Hauch von
Nostalgie. «Ich bin stolz, dieses Haus an einem so privilegierten Ort zu führen», strahlt Bettex.
Mit flinken Bewegungen steuert Jacques
Bettex durch das Hotel Best Western
Eurotel Riviera, immer darauf bedacht,
hier und da die Leute zu begrüssen und
zu schauen, dass alles rund läuft. Wer
den unternehmenslustigen Hotelier
erlebt, würde kaum glauben, dass er
schon 62 Lenze und einen Herzinfarkt
überstanden hat.
Seit dem Tag, als für ihn der Entschluss
reifte, Hotelier zu werden – er war
damals gerade 15 Jahre alt – hat er
schon vieles erlebt. Zuerst absolvierte er
einige Praktika in verschiedenen guten
Hotels, bevor seine Laufbahn 1969 im
Lausanne Palace begann.
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ZUVERLÄSSIG UND TÜCHTIG
«Ich habe keine klassische Hotelier-Ausbildung mit Hotelfachschule genossen,
sondern mich hochgearbeitet. Dabei hat
mir meine grosse Zuverlässigkeit geholfen», blickt Bettex heute auf seine
Anfangszeit zurück. Im Lausanne Palace, wo er vom Direktionsassistenten
über den F&B-Manager bis zum Vizedirektor avancierte, wurde er von seinem
Chef, dem ehemaligen Hotelier Milo Niederhauser gecoacht, der in ihm einen
tüchtigen Macher erkannte und ihn
dazu motivierte, an der Hotelfachschule in Lausanne ein Seminar für Führungskräfte zu absolvieren. Bettex erin-
nert sich: «Am Tag der Diplomübergabe
war ich überglücklich. Nicht nur wegen
dem Diplom, sondern auch, weil zur
gleichen Zeit mein erster Sohn Frédéric
auf die Welt kam. Ich raste nach der
Übergabe des Diploms ins Krankenhaus
und konnte mich gleich auf den nächsten Höhepunkt im Leben freuen.»
Hôtel de la Paix in Lausanne, CentralRésidence in Leysin, Hotel La Perla in
Agno, Hotel Olivella au Lac in Morcote
und Relais & Châteaux Gallia Palace Hotel
in der Toskana sowie das Hotel St. Gotthard in Zürich waren weitere Stationen
seiner Karriere als Direktor bis zum Jahre 1994. Während dieser Zeit lernte er
+ Vom Restaurant aus geniesst
man eine herrliche Aussicht.
Der neu renovierte Konferenz-Saal
trägt den Namen der berühmten
Familie Piccard.
Die Lobby wurde komplett
renoviert und präsentiert sich frisch
und modern.
Links ein Eckzimmer mit
Blick auf den Genfersee.
Rechts das berühmte Zimmer
118, das genau so belassen
wurde wie anno dazumal.
viele Persönlichkeiten und Berühmtheiten kennen. Sein Livre d’or ist voll von
Lob, sei es von Charlie Chaplin oder dem
Schauspieler Belmondo, sowie Persönlichkeiten aus Politik und Adel. Die liebevollen Widmungen bezeugen, wie
sehr die Gastfreundschaft von Jaques
Bettex geschätzt wurde.
UPS AND DOWNS
Die Geburt des zweiten Sohnes Xavier,
16 Jahre nach Frédéric, fiel mit einem
weniger glücklichen Ereignis zusammen.
«Ich muss mich wohl arbeitsmässig
übernommen haben, jedenfalls fand ich
mich am gleichen Tag, wie Xavier auf die
Welt kam, im Triemlispital – mit der Diagnose Angina pectoris.» Zu dieser Zeit war
Bettex in zweiter Ehe mit seiner heutigen Frau Irène zusammen. Es folgten ein
Kuraufenthalt in Gais und der Entschluss,
etwas kürzer zu treten, vor allem, was
die sportlichen Ambitionen anbelangt.
War Bettex früher oft auf Bergklettertouren anzutreffen, übt er heute weniger gefährliche Sportarten aus.
Nach einem weiteren Jahr als Direktor
im Hotel Euler in Basel, folgte eine
schwierige Zeit der Arbeitssuche. Bald
schon nahm er für die Gruppe MOB
Direktorenstellen in zwei kleineren
Hotels an: «Dies war zwar ein Rückschritt, doch was sollte ich machen?» Ein
glücklicher Zufall – der frühere Direktor
des Eurotel Riviera ging in Pension –
brachte ihn 2004 dann aber wieder in
die erste Liga zurück.
«In diesem Vierstern-Hotel muss ich
mich auch nicht immer in Kravatte zeigen, und dennoch verkehren bei uns
Leute von Rang und Namen wie etwa
der berühmte Tiefseetaucher Jacques
Piccard, der fast täglich im Hotel ein- und
ausgeht und ein Freund der Familie
geworden ist.» Nach ihm, seinem Astronauten-Vater Auguste Piccard und seinem Sohn Bertrand Piccard, dem Luftfahrt-Pionier, soll auch der neue Konferenz-Saal benannt werden, der zurzeit
in den Räumlichkeiten des früheren
Schwimmbads entsteht. Mit viel Holz,
Farben und dem neusten Stand der
Technik ausgestattet, wird dieser Saal ein
Plus in der Seminarlandschaft von Montreux sein, mit einer Rundumsicht auf
den Garten und die Seeseite des Hotels.
ANTIZYKLISCHES DENKEN
Dass gerade zur heutigen Zeit, wo alles
auf Spa setzt, aus einem Schwimmbad
ein Konferenzraum entsteht, ist bezeichnend für den erfahrenen Hotelier, der
hier ganz antizyklisch agiert. «Unser
Hotel ist nicht nur auf Ferientourismus
ausgerichtet, sondern wir haben viele
Businessgäste (54 %) und individuelle
Gäste (46 %), die zum Beispiel wegen
des Jazzfestivals zu uns kommen. Unsere Gäste können allerdings im gegenüberliegenden Hotel Palace die Spa-Einrichtungen benützen», so Bettex.
Auch das Eurotel hat eine interessante
Geschichte. Private Investoren finanzierten den Bau des Gebäudes, indem sie
eine oder mehrere Einheiten kauften
und sich dadurch als Miteigentümer ins
Grundbuch eintragen lassen konnten.
Ähnlich wie im Time-Share-System dürfen sie auch in den anderen Hotels der
Kette wohnen.
Gebaut wurde das Hotel Eurotel Riviera
ab 1965 vom Architekten Roland Gonin
aus Renens: Noch als Produkt der Bauformen der 50er-Jahre. Montreux war
damals eine ausgesprochene Belle6/2008
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+ Irène und Jacques Bettex in Spanien,
anlässlich der Generalversammlung Best
Western.
Unten ist Jacques Bettex Familie zusammen
mit Jacques Piccard abgebildet.
Jacques Bettex mit seinen drei Kindern
Frédéric, Xavier und Alexia.
Epoque-Stadt, und so war das Erbauen
des ersten Wolkenkratzers in Montreux
einzigartig. Die beiden Frontseiten widmen sich dem See, die Betriebsabläufe
befinden sich hingegen im Schatten der
Nordseite. Ein Blick hinter die Kulissen
zeigt raffinierte Einrichtungen und Baumaterialen, so zum Beispiel unterbrochene Stockwerke, die den Bau stützen.
Im Mai 1967 öffnete das Eurotel seine
Türen. Mit 320 Betten und seinen 19
Etagen war es das grösste Hotel in der
Schweiz, das nach 1920 gebaut wurde.
Es war auch das erste in Montreux, das
über ein Hallenbad verfügte. Von
Anfang an liefen die Geschäfte gut, und
schon 20 Jahre nach der Eröffnung war
das Hotel komplett amortisiert. Im Jahre 1979 wurde das Hotel aus dem System Eurotel herausgelöst. Eine neue AG
wurde gegründet, und die Miteigentümer wurden Aktionäre, prorata ihres
Eigentums.
Heute verbucht das Hotel einen Umsatz
von 9,5 bis 9,7 Millionen, wovon 44 Prozent auf die Gastronomie und 54 Prozent auf die Unterkunft entfallen. Es verzeichnet etwa 40 000 Übernachtungen
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pro Jahr, bei einer durchschnittlichen
Aufenthaltsdauer von eineinhalb Tagen.
Bald nach der Direktionsübernahme
durch Jacques Bettex folgten Verhandlungen mit Best Western, da ein Hotel
dieser Grösse von Vorteil an eine Organisation angeschlossen sein sollte, wie
Bettex überzeugt ist: «Die nach Accor
grösste Hotelgruppe weltweit bringt uns
Buchungen von jährlich ca. 700 000 CHF
ein. Im Gegenzug müssen wir strenge
Qualitätsstandards einhalten, um zu Best
Western dazuzugehören.»
ZIMMER 118
Nach und nach werden im Eurotel Renovationen durchgeführt; so wurden die
Lobby und die Terrasse 2006 vollständig erneuert und modern interpretiert.
«In dieser Grössenordnung, nämlich mit
dem jeweiligen Gewinn des Hotels,
investieren wir weiter auch in die Seminarräume und Zimmer», erklärt Bettex.
Ein Zimmer jedoch wird genau so belassen wie anno dazumal. Es ist das Zimmer 118, das vor 40 Jahren von einer
französischen Autorin im Eigentum
gekauft wurde und seitdem immer
geschlossen blieb. Nach ihrem Tod kaufte das Eurotel das Zimmer zurück und
fand zu seiner Überraschung ein Zimmer
vor, das genau so aussah, wie es vor 40
Jahren eingerichtet wurde. Wer das Zimmer betritt, hat das Gefühl, eine Zeitreise zu machen. Da steht ein Fernseher
wie damals, zu Beginn der Fernsehgeschichte. Und sogar Illustrierte aus dem
Jahr 1967 liegen noch auf dem Tisch.
DIE STAFETTE
Im Stafettenporträt stellen wir eine Persönlichkeit der Schweizer Hotellerie vor. Welche
Person porträtiert wird, bestimmen die Vorgänger. Jacques Bettex überreicht den Stafettenstab an Urs Bührer vom Bellevue Palace in Bern, mit dem er seinerzeit im Hotel
Gotthard zusammengearbeitet hatte, als der
vife junge Hotelier noch Empfangschef war.