Certamen Carolinum 2014 - Vortrag "Antikes Umweltbewusstsein?"
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Certamen Carolinum 2014 - Vortrag "Antikes Umweltbewusstsein?"
Antikes Umweltbewusstsein? Senecas Eintreten für die Umwelt in seinem 89. Brief an Lucilius Kurzvortrag von Clemens Ullrich Certamen Carolinum 2014 - Endrunde 7. November 2014 Inhalt Antikes Umweltbewusstsein? .................................................................................................... 1 Senecas Eintreten für die Umwelt in seinem 89. Brief an Lucilius ........................................... 1 1. Begründung des Themas: Der Umgang mit der Umwelt als nicht nur moderne Herausforderung ..................................................................................................................... 3 2. Analyse von Senecas ep. mor. 89, 18-23: Verurteilung der Umweltsünden...................... 3 3. Umweltproblematik zur römischen Zeit und heute ............................................................ 7 4. Senecas Antwort im Vergleich zu heutigem Eintreten für die Umwelt ............................. 7 5. Schlussbetrachtung: Senecas Ansatz vor dem Hintergrund der heutigen Umweltproblematik ................................................................................................................ 8 6. Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 9 Textausgabe und Kommentar............................................................................................. 9 Weitere Übersetzungshilfen und Arbeitskommentar ......................................................... 9 Sekundärliteratur ................................................................................................................ 9 Zeitung ............................................................................................................................. 10 7. Textgrundlage................................................................................................................... 11 8. Eigene Übersetzung.......................................................................................................... 12 1. Begründung des Themas: Der Umgang mit der Umwelt als nicht nur moderne Herausforderung Ein Thema, welches auf die Untersuchung von Umweltfragen in der Antike abzielt, erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich. Schließlich sah man im Altertum noch keine Umweltprobleme mit ähnlicher Tragweite wie heute, die durch menschliches Handeln entstanden wären (vgl. Winfried Schindler1), wobei an den Treibhauseffekt, das Ozonloch, das Artensterben und andere zu denken wäre. Die Frage nach dem Umgang mit der Umwelt, die sich selbstverständlich auch damals stellte, erschien daher weniger dringlich und wurde auch – laut Gudrun Vögler – selten als eigentliches Thema in Schriften behandelt2. Die Schlusskapitel von Lucius Annaeus Senecas 89. Brief an Lucilius, mit denen ich mich in der nächsten Viertelstunde auseinandersetzen möchte, stellen hier einen besonderen Fall dar. Gudrun Vögler geht so weit, zu behaupten, sie seien „einer der wenigen Texte, deren Hauptthema die Umwelt zu sein scheint. Eine regelrechte Kapuzinerpredigt gegen Umweltsünder“ 3. Mir erscheint die Frage, ob und in welcher Form ein „antikes Umweltbewusstsein“ bei Seneca festzustellen ist, vor dem Hintergrund der heutigen Umweltproblematik interessant und wichtig. Schließlich muss heutzutage die Frage nach dem Umgang mit der Natur dringend beantwortet werden; ein ausgeprägtes und entschiedenes Umweltbewusstsein ist existenziell. Es dürfte dabei sinnvoll sein, auch eine antike Perspektive zu betrachten, um die Bedeutung und Entwicklung von Umweltbewusstsein und auch Umweltproblemen besser verstehen und beurteilen zu können. Einen kleinen Teil davon kann dieser Vortrag beleuchten. 2. Analyse von Senecas ep. mor. 89, 18-23: Verurteilung der Umweltsünden Der Text, den ich ausgewählt habe (Epistulae Morales 89, §§ 18-23) beinhaltet eine von Seneca als Beispiel formulierte Rede gegen das Umweltverhalten der vornehmen Römer, die die Leser an andere richten sollen, und in den umrahmenden Paragraphen 18 und 23 auch deren Einbettung in den persönlichen Prozess der Charakterentwicklung des Sprechers. Moralische Einwände gegenüber diesen „Umweltsünden“ stehen im gesamten Text an erster Stelle. „Umweltsünden“ – wie Gudrun Vögler es bezeichnet – ist so wegen des Hauptaugenmerks auf der moralischen Verwerflichkeit ein im Sinne Senecas durchaus passender Begriff. In der Rede wendet Seneca sich an die auf Landbesitz, auf Bau und Besitz von Landhäusern sowie auf Schlemmerei fokussierten Römer. §18 stellt mit „[i]llos [sc. mores] conpesce“ (Z. 1) bereits die Zielsetzung dar, die Senecas Leser anstreben sollten. Zu der Beherrschung der „mores“ gehören für Seneca, in Z. 1ff parallelistisch gemeinsam mit dieser aufgezählt, auch insbesondere der Umgang mit „marcentia“ (dem Schlaffen), „soluta“ (dem Zügellosen), „contumacia“ (dem Trotzigen) und zuletzt – wobei Seneca die geforderten Bemühungen auf die Begierden anderer ausweitet – „cupiditates tua[e] publica[e]que“ („Deine[n] und d[en] allgemein weitverbreiteten Begierden“). Wer gemäß Senecas Aufforderung handelt, kontrolliert so nicht nur seinen 1 Vgl. Schindler, S. 46f Vgl. Vögler, S. 58 3 Vgl. Vögler, S. 65 2 3 eigenen Charakter, sondern nimmt auch Verantwortung für andere wahr und geht gegen ihre charakterlichen Fehler vor. In § 23 erklärt Seneca – der Gedanke wird durch die parallelen Antitheta „dicis“ – „audias“ und „scribis“ – „legas“ (Z. 33) zugespitzt –, dadurch werde auch der eigene Lernprozess wieder unterstützt: Indem man gegen die charakterlichen Übel spricht, kann man diese sich selbst wieder verstärkt bewusst machen. Auf den fiktiven Einwand in § 18 hin („quo usque eadem?“ – „Wie lange noch dieselbe Moralpredigt?“, Z. 2f) beginnt die eigentliche Rede. Diese „Moralpredigt“, die die Leser in ähnlicher Form anderen vortragen sollten, wird in § 19 eingeleitet, wobei Seneca sein Konzept, gegen die „cupiditates“ vorzugehen, darlegt. Von hier (vgl. Z. 4) an formuliert er immer wieder durch „Quo usque …“ eingeleitete rhetorische Fragen als Reaktion auf den fiktiven Einwand in §18: Ein Problem sei eher das Verhalten der Menschen, die sich ohne einzuhalten von ihren Begierden immer weiter treiben lassen, als Senecas Rede. In §19 steht die programmatische Metapher der Predigt als „medicina“ gegen die Fehlhaltungen der Menschen (vgl. Z. 5f), die wirke, „sobald bei dem kranken Körper die Berührung Schmerz hervorruft“. Sie muss somit zum Unmut der Adressaten über lange Zeit immer wieder vorgetragen werden, bis sie zuletzt, wenn der Zustand fortgeschritten ist, ihre Wirkung zeigt. Schließlich seien solche Reden auch für „Unwillige“ wirksam (vgl. Z. 6). Derart unpopuläre, harte Moralpredigten müssten, wie Seneca feststellt, öffentlich erfolgen, da sie so von den vorgesehenen Adressaten eher gehört würden (vgl. Z. 7f). Nun endlich spricht Senecas Rede in den Paragraphen 20-22 die drei Übel des übermäßigen Landbesitzes, Villenbaus und der widernatürlichen Schlemmerei direkt an. Diese drei Abschnitte, schon an sich ein umfassendes Trikolon, sind wiederum durch Trikola und Parallelismen geordnet. Am Ende jedes Abschnittes stellen Sentenzen die jeweilige charakterliche Fehlhaltung in vollem Ausmaß bloß. Im ersten Teil (§20) wird beschrieben, wie einige reiche Römer aus „avaritia“ (Habgier, Z. 17) ihren Landbesitz immer weiter ausdehnen würden. Besonders auch der Neid wirkt als Triebfeder; wie Seneca ironisch anmerkt, müsse man immer weiter seinen Besitz vergrößern, „dum plus sit alieni“ (sofern es nur mehr an fremdem Gut gibt“ (vgl. Z. 16), und somit einige Männer noch reicher sind). Dabei werden Maßstäbe für die Bedeutung des Landes gänzlich missachtet, so sei etwa all das in Privatbesitz, was „eigentlich“ mehr als das Siedlungsgebiet eines Volkes darstellt (vgl. Z. 9f, 11f). Und immer stelle man sich noch größere Besitzungen vor, während das bereits Vorhandene bedrückend gering erscheine (vgl. Z. 12ff). Die eigentliche Bedeutung der Landstriche geht bei dieser Umwandlung in „latifundia“ eines einzigen Herrn, der das Land auch noch aus der Ferne bewirtschaften lässt und es nicht selbst erlebt (vgl. Z. 13f), verloren. 4 Auch der Villenbau (§ 21) nehme in seinen Ausmaßen weiter und weiter zu; die „luxuria“ (Genusssucht, Z. 17) der Betroffenen sei ruhelos und treibe sie – so Seneca – zum Bau immer weiterer „villae“ an (vgl. Z. 18ff, besonders „deversoria luxuriae“, Z. 20). Wie an dem moralisierenden Ausdruck „fastigia immineant [laco]“ (die Giebel ragen über den See empor, Z. 18f) zu erkennen ist, wird die Natur durch diese Bauwerke dominiert, möglicherweise verschandelt, und verliert damit ihren eigentlichen Wert. Das kann in jeglicher landschaftlich irgendwie reizvollen Lage stattfinden, denn da die Natur um die Landhäuser herum ohnehin künstlich umgestaltet werde (vgl. Z. 22), sei die Umgebung recht beliebig (vgl. Z. 19ff, 22ff). Der Sinn für die natürliche Schönheit verkümmert dabei und der Wert der Natur wird verkannt. Dieses Streben sei jedoch völlig vergeblich; man könne so keine höhere persönliche Geltung erlangen, und auch ein angenehmeres Leben führe man nicht (vgl. Z. 24f). 5 Zuletzt stellt § 22 mit der Schlemmerei eine offen widernatürliche Begierde dar. Auch für die entstehenden Umweltschäden ist hier ein Höhepunkt erreicht: Die „profunda et insatiabilis gula“ (der „bodenlose und unersättliche Schlund“, Z. 26) führe dazu, dass in allen möglichen Lebensräumen Tiere aller Art nicht nur gejagt, sondern systematisch „verfolgt“ („persequitur“, Z. 27) würden, um als Speisen angerichtet zu werden. Obwohl manchmal der Überdruss („fastidium“, vgl. Z. 28) dieser Überjagung und auch der übersteigerten Nahrungsaufnahme Einhalt gebiete, würden viel mehr Speisen angerichtet als letztlich verzehrt, und auch das übersteige das natürliche und bekömmliche Maß (vgl. Z. 28f, besonders „libatis“, Z. 29). Somit hat das Bedürfnis zu essen ein widernatürliches Ausmaß angenommen; „der Hunger ist größer als der Bauch“ (vgl. Z. 31f). Seneca empfindet, wie an diesem Text klar wird, einen eigenständigen Wert der Natur, der durch menschliches Handeln verloren und auch immer weniger wahrgenommen werde. Die Natur wird dabei dominiert, entstellt oder – wie im letzten Abschnitt – ausgebeutet. Das 6 Hauptargument auch im vorliegenden Brief bleibt jedoch ein ethisches. Seine Position ist offenbar durch seine stoisch-kynische Prägung beeinflusst1. 3. Umweltproblematik zur römischen Zeit und heute Wie Sie sicherlich an den eingeblendeten Bildern gesehen haben, bestehen zwischen den Unsitten, die Seneca beschreibt, und den „Umweltsünden“ der heutigen Zeit offensichtliche Parallelen. Wenn vor fast 2000 Jahren reiche Römer riesige Landstücke teilweise weit entfernt von Rom als Latifundien bewirtschaften ließen, werden heute im Auftrag internationaler Konzerne beispielsweise in den Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Südostasiens großflächige Plantagen angelegt. Der zu Senecas Zeit unter den Senatoren allgemein übliche Villenbau, der die Naturlandschaft entschieden umgestaltete2, scheint in den heutigen Villen und Zweitwohnsitzen, die etwa auf den Mittelmeerinseln angelegt werden, fortzuleben. Und dass für die menschliche Ernährung die Umwelt ausgebeutet wird, dabei aber (zumindest in Bezug auf die Industrieländer) deutlich mehr produziert als benötigt wird, ist ohne Zweifel ein modernes Problem. Doch während in römischer Zeit nur eine kleine Oberschicht an der intensiven Umweltnutzung beteiligt war, in der – wie Maurach angibt – Senecas Adressaten zu vermuten sind3, betrifft dies heute in den Industrieländern fast jeden Einzelnen. Verheerende Schäden galten damals zwar möglicherweise bereits als global, wurden aber sicherlich nicht als existenziell betrachtet.4 So sind die Umweltprobleme der modernen Zeit trotz der dargelegten Parallelen doch deutlich gravierender. Gudrun Vögler stellt das Umweltverhalten und die zeittypischen Umweltbilder in einen engen Zusammenhang; damals habe der Mensch als hierarchisch über der Natur stehend gegolten. Basierend darauf sei es insbesondere zu der Umgestaltung der Natur nach menschlichen Vorstellungen gekommen5. Ein Umweltbewusstsein scheinen die meisten Zeitgenossen Senecas kaum besessen zu haben. Mit der ökologischen Krise der modernen Zeit hat sich jedoch, so Winiwarter und Knoll, eine „Problem- und Risikowahrnehmung“ „menschlicher Umweltwirksamkeit“6 entwickelt, ein kritischer Blick auf menschliches Handeln in der Natur und somit eine Voraussetzung für umweltbewusstes Handeln. 4. Senecas Antwort im Vergleich zu heutigem Eintreten für die Umwelt In seinem 89. Brief stellt Seneca eine nicht unähnliche Auffassung dar: Wegen der charakterlichen Übel und auch des zu erhaltenden Wertes der Natur an sich, die nicht durch den Menschen „veredelt“ ist, sieht er Eingriffe in die Natur kritisch. Auch ist das ständige Vorhalten der Fehler und Fehlhaltungen heute noch ein gebräuchliches Mittel, um das Umweltbewusstsein der Menschen zu sensibilisieren. Aus diesen Gründen werden Demonstrationen veranstaltet, wissenschaftliche Erkenntnisse in eindrücklichen Statistiken dargestellt und auch in den Medien über Konferenzen wie den Klimagipfel 1 Vgl. Vögler, S. 68; Mayer-Tasch, S. 93ff Vgl. Vögler, S. 114ff 3 Vgl. Maurach, S. 173f 4 Vgl. Mayer-Tasch, S. 17ff; Schindler, S. 46f 5 Vgl. Vögler, S. 120ff 6 Vgl. Winiwarter, Knoll, S. 271ff 2 7 berichtet1. Dabei wirkt es tatsächlich so, als führe erst der „Schmerz“ zu Fortschritten im Bewusstsein und in den konkreten Entscheidungen, worunter ich alle Arten von schockierenden Beobachtungen und Ergebnissen zählen möchte. Bereits deutlich wird: Es reicht nicht aus, die Umweltschäden auf ein moralisches Problem zurückzuführen. Vielmehr müssen auch wissenschaftliche Untersuchungen und Fakten hinzugezogen werden, um andere Problemursachen wie Gewohnheiten, Bequemlichkeit, strukturelle Probleme und Unwissenheit zu überwinden2. So beschreibt etwa Peter-Cornelius Mayer-Tasch die aktuelle Krise als eine „Wahrnehmungs- und Erkenntniskrise“3; die menschliche Umweltwirksamkeit muss dabei der breiten Masse wie dem Einzelnen vermittelt und bewusst gemacht werden. Auch aus der Konzeption der Epistulae Morales heraus ist es verständlich, dass Seneca darauf nicht eingeht; doch nur eine Kombination auch mit Ergebnissen der Wissenschaften kann das allgemeine Umweltverhalten tatsächlich verändern. 5. Schlussbetrachtung: Senecas Ansatz vor dem Hintergrund der heutigen Umweltproblematik Wenn Lucius Annaeus Seneca aus moralischen Gründen und auch aus Wertschätzung der Natur an sich menschliche Eingriffe in die Natur skeptisch betrachtet und einen Umgang mit der Umwelt fordert, den wir heute als „schonend“ bezeichnen würden4, dann stellt er einen für seine Zeit fortschrittlichen Gedanken auf. Man möchte Seneca daher ein gewisses Umweltbewusstsein zusprechen, auch wenn er immer eher um den Menschen als um die Umwelt als Ganzes besorgt ist. Schon erstaunlich früh setzte er sich auch für ein verändertes (moralisches) Umweltbewusstsein bei den Menschen ein. Dass der Gesellschaft dabei ständig ihre Fehlhaltung vorgehalten wird, wie Seneca es versucht, ist ein immer noch geeignetes Konzept. An aktuellen Fällen ist zu erkennen, dass tatsächlich „das Heilmittel […] dann zu helfen [beginnt], sobald […] die Berührung Schmerz hervorruft“. Dabei reicht jedoch eine rein moralische Betrachtung nicht aus, um bei einer Masse ein verändertes Bewusstsein zu erwirken; es werden vor allem die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die ökologischen Zusammenhänge viel Raum einnehmen müssen. Festzustellen ist aber auf jeden Fall: Als Ansatz für einen bewussteren Umgang mit der Umwelt sind „Predigten“ wie die Senecas zeitlos! 1 Vgl. Bauchmüller (22. und 24. September 2014) Vgl. Vögler, S. 77f 3 Vgl. Mayer-Tasch, S. 17 4 Vgl. Vögler, S. 70f 2 8 6. Literaturverzeichnis Textausgabe und Kommentar Bradtke, Michael (Hrsg.). SELECTA LATINA. Kommentierte Lektüretexte. Ausgewählt nach den Vorgaben für das Abitur in Nordrhein-Westfalen 2014. Münster : Aschendorff Verlag, 2012. 978-3402-13440-5. Weitere Übersetzungshilfen und Arbeitskommentar Apelt, Otto. Lucius Annaeus Seneca: Philosophische Schriften. Viertes Bändchen: Briefe an Lucilius, zweiter Teil: Brief 82-124. Hamburg : Felix Meiner Verlag, 1993. 978-3-7873-1129-7. Glaser-Gerhard, Ernst. L. Annaeus Seneca: Briefe an Lucilius. Gesamtausgabe II (Briefe 81-124). s.l. : Rowohlt Verlag. Kirfel, Ernst-Alfred. Seneca: Ad Lucilium Epistulae morales. Kommentar. Münster : Aschendorff Verlag, 2008. 978-3-402-02085-2. Krichbaumer, Maria. Kompakt-Wissen Latein Kurzgrammatik. s.l. : Stark Verlagsgesellschaft, 2012. 978-3-89449-684-5. Langenscheidt-Redaktion (Hrsg.). Langenscheidt Premium Schulwörterbuch Latein. Lateinisch Deutsch/Deutsch - Lateinisch. Berlin und München : Langenscheidt Verlag, 2009. 978-3-468-114915. Rohrmann, Lothar und Widdra, Klaus. Altsprachliche Texte. L. Annaeus Seneca: Epistulae morales ad Lucilium. Teil 1: Text mit Wort- und Sacherläuterungen. Leipzig : Ernst Klett Schulbuchverlag, 1979. 3-12-644310-9. Rohrmann, Lothar und Widdra, Klaus. Altsprachliche Texte. L. Annaeus Seneca: Epistulae morales ad Lucilium. Teil 2: Arbeitskommentar und Zweittexte. Leipzig : Ernst Klett Schulbuchverlag, 1979. 3-12-644320-6. Rosenbach, Manfred. L. Annaeus Seneca: Philosophische Schriften. Lateinisch und Deutsch. Vierter Band: An Lucilius Briefe 70-124, [125]. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1984. Stowasser, J. M., Petschenig, M. und Skutsch, F. STOWASSER. München, Düsseldorf, Stuttgart : Oldenbourg Schulbuchverlag, 2006. 978-3-637-13405-8. Sekundärliteratur Apelt, O. (1993). Lucius Annaeus Seneca: Philosophische Schriften. 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Ego vero eo magis dicam, et quia recusatis, perseverabo; tunc incipit medicina proficere, ubi in corpore alienato dolorem tactus expressit. Dicam etiam invitis profutura. Aliquando aliqua ad vos non blanda vox veniat, et quia verum singuli audire non vultis, publice audite. §20 “Quo usque fines possessionum propagabitis? Ager uni domino, qui populum cepit, angustus est? Quo usque arationes vestras porrigetis, ne provinciarum quidem spatio contenti circumscribere praediorum modum? Inlustrium fluminum per privatum decursus est et amnes magni magnarumque gentium termini usque ad ostium a fonte vestri sunt. Hoc quoque parum est, nisi latifundiis vestris maria cinxistis, nisi trans Hadriam et Ionium Aegaeumque vester vilicus regnat, nisi insulae, ducum domicilia magnorum, inter vilissima rerum numerantur. Quam vultis, late possidete, sit fundus, quod aliquando imperium vocabatur, facite vestrum, quidquid potestis, dum plus sit alieni.“ §21 Nunc vobiscum loquor, quorum aeque spatiose luxuria quam illorum avaritia diffunditur. Vobis dico: “Quo usque nullus erit lacus, cui non villarum vestrarum fastigia immineant? nullum flumen, cuius non ripas aedificia vestra praetexant? Ubicumque scatebunt aquarum calentium venae, ibi nova deversoria luxuriae excitabuntur. Ubicumque in aliquem sinum litus curvabitur, vos protinus fundamenta iacietis, nec contenti solo nisi quod manu feceritis, mare agetis introrsus. Omnibus licet locis tecta vestra resplendeant, aliubi inposita montibus in vastum terrarum marisque prospectum, aliubi ex plano in altitudinem montium educta, cum multa aedificaveritis, cum ingentia, tamen et singula corpora estis et parvola. Quid prosunt multa cubicula? In uno iacetis. Non est vestrum ubicumque non estis.“ §22 Ad vos deinde transeo, quorum profunda et insatiabilis gula hinc maria scrutatur, hinc terras, alia hamis, alia laqueis, alia retium variis generibus cum magno labore persequitur: “nullis animalibus nisi ex fastidio pax est. Quantulum [est] ex istis epulis, quae per tot comparatis manus, fesso voluptatibus ore libatis? quantulum ex ista fera periculose capta dominus crudus ac nauseans gustat? quantulum ex tot conchyliis tam longe advectis per istum stomachum inexplebilem labitur? Infelices, ecquid intellegitis maiorem vos famem habere quam ventrem?“ §23 Haec aliis dic, ut, dum dicis, audias ipse, scribe, ut, dum scribis, legas omnia ad mores et ad sedandam rabiem adfectuum referens. […] 11 8. Eigene Übersetzung §18 Halte jenen Charakter im Zaum, belebe das Schlaffe in Dir, zügle das Zügellose, bändige das Trotzige, verurteile Deine und die allgemein weitverbreiteten Begierden, so sehr Du kannst; und diesen da, die sagen: „Wie lange noch dieselbe Moralpredigt?“, antworte: §19 „Ich hätte sagen müssen: ‚Wie lange noch werdet Ihr dieselben Fehler machen?‘ Wollt Ihr die Gegenmittel eher als die Fehler aufgeben? Umso mehr werde ich aber sprechen und fortfahren, weil Ihr Euch dagegen sperrt; das Heilmittel beginnt dann zu helfen, sobald bei dem kranken Körper die Berührung Schmerz hervorruft. Auch gegen Euren Willen werde ich das sagen, was Euch nützen wird. Irgendwann einmal soll irgendeine nicht schmeichelnde Stimme an Euch kommen, und weil Ihr das Vernünftige einzeln nicht hören wollt, hört es öffentlich. §20 ‚Wie weit werdet Ihr die Grenzen Eurer Besitzungen noch ausdehnen? Ein Gebiet, das ein Volk aufgenommen hat, ist für einen einzigen Herren eng? Wie weit werdet Ihr noch Eure Pachtgüter ausdehnen, da Ihr nicht einmal damit zufrieden seid, die Größe Eurer Güter auf das Ausmaß von Provinzen zu begrenzen? Der Lauf berühmter Flüsse führt durch Privateigentum und Ströme, groß und Grenzen zwischen großen Volksstämmen, sind von der Quelle bis zur Mündung Eure. Auch dies ist zu wenig, wenn Ihr nicht mit Euren Latifundien die Meere eingeschlossen habt, wenn nicht jenseits des Adriatischen und des Ionischen und des Ägäischen Meeres Euer Verwalter herrscht, wenn nicht Inseln, Residenzen der großen Herrscher, unter die unbedeutendsten der Dinge gerechnet werden. Habt so weit Eure Besitzungen, wie Ihr wollt; es mag ein Grundstück sein, was einst ein Herrschaftsgebiet hieß; macht alles, was Ihr könnt, zu Eurem, sofern es nur mehr an fremdem Gut gibt.‘ §21 Nun spreche ich mit Euch, deren Genusssucht sich ebenso weit ausbreitet wie die Habgier von jenen. Euch sage ich: ‚Wie lange noch, und es wird keinen See geben, über den nicht die Giebel Eurer Landhäuser emporragen? Keinen Fluss, dessen Ufer nicht Eure Gebäude säumen? Wo auch immer Adern warmer Quellen hervorsprudeln werden, dort werden neue Gasthäuser Eurer Genusssucht entstehen. Wo auch immer die Küste sich zu irgendeiner Bucht krümmen wird, werdet Ihr sofort für Bauwerke den Grund legen, und nur mit dem Grund und Boden zufrieden, den Ihr künstlich bearbeitet habt, werdet Ihr das Meer hineinleiten. Mögen auch an allen Orten Eure Dächer widerstrahlen, hier zur weiten Aussicht über die Länder und das Meer den Bergen aufgebürdet, dort aus der Ebene zur Höhe von Bergen aufgerichtet, Ihr seid, obschon Ihr vieles, Gewaltiges erbaut habt, doch einzelne und auch winzige Körper. Was nützen viele Schlafzimmer? Ihr liegt in einem einzigen. Wo auch immer Ihr nicht seid, das ist nicht Eures.‘ §22 Dann gehe ich zu Euch über, deren bodenloser und unersättlicher Schlund hier die Meere durchsucht, dort die Landstriche, die einen Tiere mit Angelhaken, die anderen mit Schlingen, wieder andere mit verschiedenen Arten von Netzen unter großer Anstrengung verfolgt: ‚Nur durch Euren Überdruss haben einige Tiere Frieden. Wie wenig von diesen Festmählern, die Ihr über so viele Hände beschafft, kostet Ihr mit Eurem vor Sinnesgenüssen erschöpften Mund? Wie wenig von diesem unter Gefahren gefangenen Wild kostet der Herr 12 mit verdorbenem Magen und voller Ekel? Wie wenig von diesen vielen Austern, die doch von so weit herangeschafft worden sind, gleitet durch diesen unersättlichen Magen? Unglückliche, seht Ihr wohl ein, dass Ihr einen größeren Hunger als Bauch habt?‘“ §23 Sag dies anderen, um es, während Du es sagst, selbst zu hören; schreib, um, während Du schreibst, zu lesen, wobei Du alles zu Deinem Charakter und zur Beruhigung der Raserei der Leidenschaften zurückträgst. Anmerkung: Veränderungen in der Interpunktion wurden durch den Schüler selbstständig vorgenommen. 13