imaps - Helmut-Schmidt

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imaps - Helmut-Schmidt
Ulrike Currle, HSU Hamburg, IMAPS-Konferenz 9.-10. Oktober 2006 in München
Der Inkjet-Druck – ein neues Verfahren zum Aufbringen elektrisch
leitender Strukturen in der Mikroelektronik
Ulrike Currlea, Dominik Cibisa, Gabriele Steinbornb, Klaus Krügera
Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, Institut für Automatisierungstechnik, Professur für Prozessdatenverarbeitung, Holstenhofweg 85, 22043 Hamburg
b
Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung, Unter den Eichen 87, 12205 Berlin
a
KURZFASSUNG
Elektrische Leiterbahnen werden heute auf vielfältige Weise realisiert. Der Tintenstrahldruck auf Basis des Drop-onDemand-Prinzips stellt eine potenzielle Alternative in vielen Anwendungen dar. Um einen reibungslosen Druck mit
leitfähiger Tinte zu gewährleisten, müssen die Primärpartikel über längere Zeit in einer stabilen homogenen Suspension
vorliegen. Dies wird mit zunehmender Partikelkonzentration und -größe immer schwieriger. Tritt Sedimentation und die
damit verbundene Agglomeratbildung ein, führt dies zu einer deutlichen Verschlechterung des Druckbildes und
gegebenenfalls auch zu verstopften Düsen. Neben der Stabilität und Partikelgröße spielen auch die rheologischen
Eigenschaften eine wichtige Rolle. Verdruckt werden die Tinten mit piezobasierten DoD-Druckköpfen. Druckparameter
wie beispielsweise Piezospannung und Pulsprofil müssen optimal auf die Tinte eingestellt sein. Dies gelingt mit einem
optischen System, mit dem einzelne Tropfen in ihrer Entstehung beobachtet, sowie Tropfengeschwindigkeit und –volumen vermessen werden können. Gleichzeitig ermöglicht das Kamerasystem die Detektion von Düsenverstopfungen,
die durch eine Reinigungseinheit behoben werden. Weiterhin stellt die Trocknung der gedruckten Strukturen eine
besondere Herausforderung dar, die durch Temperatur und Umgebungsdruck beeinflusst werden kann. Es wird eine
lösungsmittelbasierte stabilisierte Silbertinte vorgestellt und bezüglich ihrer Eigenschaften charakterisiert. Abschließend
werden aktuelle Anwendungen des Drop-On-Demand-Druckes mit einem kommerziellen „Materials Printer“ vorgestellt.
Stichwörter: Silbertinte, Drop-on-Demand, Ink-jet Druck, Tintenstrahldruck, Leiterbahn, Piezopuls, Druckkopf
1. EINLEITUNG
Der Digitaldruck gewinnt in der Mikroelektronik immer mehr an Bedeutung. Durch die prinzipiell einfache
Handhabung, Flexibilität und Dosiergenauigkeit ist er nicht nur in der Polymerelektronik sondern auch in vielen
anderen Bereichen von Interesse. Eine besondere Herausforderung stellt das Aufbringen metallischer partikelhaltiger
Materialien mit der Inkjet-Druck Methode dar. Drop-on-Demand (DoD) wurde bereits in den frühen 1970er Jahren
entwickelt um die Continuous-Ink-Technik (CIJ) abzulösen. Ursprünglich diente sie nur als berührungsfreie
Druckmethode im grafischen Bereich, wurde aber mit dem Aufstieg des Computermassenmarktes schnell
weiterentwickelt. Heute kommt sie in verschiedenen Formen in allen kommerziellen Tintenstrahldruckern zur
Anwendung. Mit zunehmender Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Technik konzentriert sich ein weiterer Zweig
auf die spezielle Anwendung der DoD-Technik auf Gebieten der industriellen Fertigung. Dabei beweist sie bereits ihre
Tauglichkeit zum Rapid-Prototyping, in der Medizintechnik, Optik und Verbindungstechnik und vor allem in der
Mikrosystem- und Elektrotechnik. Das Hauptaugenmerk bei der Anwendung der DoD-Technik besteht darin, ein stabil
funktionierendes System aus Druckkopf und kolloidaler Tinte zu finden, um das schnelle und kostengünstigere
Auftragen von elektrisch leitenden Strukturen auf ein Substrat zu ermöglichen.
2. EXPERIMENTELLE DETAILS DES DRUCKPROZESSES
2.1 Das Druckersystem
In diesem Teil des Artikels stehen die drucktechnischen Anforderungen bei der Verarbeitung von funktionellen Tinten
im Vordergrund. Partikelbeladene Tinten wie im ersten Abschnitt bereits vorgestellt werden mit einem DoD-Druckkopf
der Firma Microdrop Technologies GmbH (MD) dosiert [1]. Dabei handelt es sich um einen piezobasierten und beheizbaren Druckkopf mit einer Düse mit Innendurchmesser 100 µm. Die Entscheidung, einen Piezo-DoD-Druckkopf zu
wählen und nicht einen Themaldruckkopf, begründet sich in der weit größeren Kompatibilität des Piezokopfes für die
hier verwendeten Tinten [2]. Bild 1 zeigt schematisch den Aufbau des Dosierkopfes, Bild 2 die MD-Düse. Der MDDruckkopf ist ausgelegt für Tropfenfrequenzen bis maximal 5 kHz.
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Bild 1: Piezo-Dosierkopf, schematisch
Bild 2: MD-Düse, Durchmesser 100 µm
Der DoD-Druck setzt sich aus einer Reihe physikalischer Teilaspekte zusammen. Zur genauen Untersuchung der
Tropfenbildung eignet sich eine Einteilung des Prozesses in verschiedene Phasen. In jeder dieser Phasen können die
wirkenden Einflüsse auf die Tropfenbildung erklärt und ihre Auswirkungen dargestellt werden. Bild 3 zeigt ein Modell
mit verschiedenen Phasen (grün) und den darin wirkenden Einflüssen und Parametern (blau), die bei der Bildung von
Tröpfchen nach dem DoD-Prinzip eine Rolle spielen. Der Transport und der Verlauf der Energie in den einzelnen
Phasen ist ebenfalls dargestellt (rot).
Eine entscheidende Fluideigenschaft ist die
Viskosität. Sie soll beim Druckvorgang mit dem
MD-Dispenser nominal zwischen 18 und 22 mPas
liegen, eine erhöhte Oberflächenspannung ist
wünschenswert, um eine schnelle Ausbildung des
Tropfens zu ermöglichen. Erhöht bedeutet im
Bereich 40 - 50 mN/m. Durch die beheizbare
Düse und die starke Abhängigkeit der
dynamischen Viskosität der DoD-Tinten von der
Temperatur sind auch höherviskose Tinten mit
dem
MD-Druckkopf
dosierbar.
Werden
elektrische Strukturen gedruckt, dann ist der
Dosierer fest mit dem Stator eines Planarmotors
verbunden und bleibt unbewegt. Durch den
Planarmotor wird das Substrat mit einer
Genauigkeit von 15 µm positioniert. Die Wiederholgenauigkeit der Positionierung beträgt 1 µm,
ebenso die Schrittweite. Ferner ist die Substratauflage bis 150 °C beheizbar. Dadurch kann die
Tinte schneller trocknen und ein ungewünschtes
Verlaufen der Strukturen wird minimiert. Der
Dosierkopf ist mit dem Planarmotor gekoppelt
Bild 3: Einflüsse auf die Tropfenbildung
und wird über eine Steuersoftware mit Triggersignalen angesprochen. Je nach Druckmodus wird bei jedem Triggerpuls ein Tropfen generiert (in diesem Modus
beträgt die Druckfrequenz 25 Hz) oder eine festgelegte Anzahl von Tropfen mit einer Frequenz von 50 Hz bis zu 5 kHz
abgesetzt. Der Abstand der Düse vom Substrat kann kontinuierlich in einem Bereich von 1,5 cm bis unter 1 mm
verändert werden. Bild 4 zeigt das bestehende System aus Dosierkopf und Planarmotor im IfA-Labor.
Mit einem Düsendurchmesser von 100 µm werden Tropfen auf der Substratoberfläche von 110 - 250 µm Durchmesser
erzeugt, abhängig von der Auftreffgeschwindigkeit des Tropfens auf dem Substrat und der Grenzflächenspannung Tinte
– Substrat. Um eine vollständig abgedeckte Fläche zu erhalten und eine komplette Benetzung der zu bedruckenden
Fläche zu gewährleisten, wird mit einem Druckraster von jeweils 80, 70, 60 oder 50 µm in x- und y-Richtung gedruckt.
Dies ist abhängig von den Benetzungseigenschaften der Tinte und vom gewünschten Volumen, das pro Fläche
verdruckt werden soll.
Der Druckkopf arbeitet nach dem Piezoprinzip, ähnlich wie ein Officedrucker. Durch einen Spannungsimpuls
kontraktiert und expandiert das Piezokristall und erzeugt im Tintenröhrchen Schallwellen, die nach Überlagerung einen
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Tropfen aus der Düse pressen. Das System arbeitet wie ein λ/4-Oszillator, ist somit schwingungsfähig und reagiert auf
die steigende Flanke des Spannungsimpulses mit der in Bild 5 gezeigten Stromantwort.
180
1,2
160
1
140
0,8
0,6
Spannungsverlauf
100
0,4
Stromverlauf
80
0,2
60
0
40
-0,2
20
-0,4
0
0
500
1000
1500
Strom in A
Spannung in V
120
-0,6
2500
2000
Zeit in ns
Bild 4: IfA-Drucksystem
Bild 5: Steigende Flanke des Spannungspulses und Stromantwort
Wie in Bild 5 zu sehen ist, liegt das ursprünglich gewünschte Rechtecksignal (hier an der steigenden Flanke, genauso
aber auch an der fallenden Flanke) nicht ganz vor, sondern die Flanken des Spannungspulses sind leicht zu einem
Trapez geschrägt. Sowohl die ansteigende, als auch die fallende Flanke weisen eine Anstiegs- bzw. Abfalldauer von ca.
420 ns auf. Bei der Betrachtung des Spannungsverlaufs ist ein deutliches RC-Verhalten zu erkennen. Dies hat seine
Ursachen in der Kapazität des Piezoelements. Dabei steigt oder fällt die Spannung exponentiell mit der RCZeitkonstante, wobei R hier den Ausgangswiderstand der Spannungsquelle (Steuergerät) bezeichnet. Zusätzlich ist zu
beobachten, dass die Anregungsspannung von einer harmonischen Schwingung überlagert wird. Diese Erscheinung
wird hervorgerufen, weil bei jeder Auslenkungsänderung dynamische Kräfte auf das Piezomaterial wirken, und diese
Kräfte eine Spannung im Piezoelement erzeugen, die sich mit der Steuerspannung überlagert.
Die am Piezo auftretenden Pulsenergien sind in Bild 6 dargestellt. Sie liegen im Bereich zwischen 0,71 µJ und 52,61 µJ
bei den aufgenommenen Energien (steigende Flanke der Piezospannung) und zwischen -0,54 µJ und -31,19 µJ bei den
abgegebenen Energien (fallende Flanke). Die zwischen den beiden Energiebeträgen existierende positive Differenz
stellt die im Piezoelement, vor allem in Wärme, umgesetzte Energie dar.
60
50
3,5
aufgenommene Energie
3
abgegebene Energie
Energie in µJ
30
umgesetzte Energie
20
10
0
10
60
110
160
210
-10
-20
260
Tropfengeschwindigkeit in m/s
40
2,5
2
1,5
1
0,5
-30
0
135
-40
Spannung in V
140
145
150
155
Spannung in V
Bild 6: Elektrischer Energiefluss am Piezoelement
Bild 7: Tropfengeschwindigkeit bei Spannungsvariation
Da die Kapazität des Piezoelementes einen Energiespeicher darstellt, steigt die aufgenommene und damit gespeicherte
Energie mit der Ansteuerspannung an. Der immer größere Betrag gespeicherter Energie wird beim Entladen, analog zur
Entlastung einer mechanischen Feder, wieder in Form von elektrischer Energie freigegeben. Je höher die Spannung des
Steuersignals, desto mehr Strom fließt durch das Piezoelement. Da dieses aber auch einen elektrischen Widerstand
besitzt steigt demnach auch die im Aktor erzeugte Wärme an. Auch die Auslenkung des Piezoelementes, und damit die
Reibung, steigen mit der Spannung an. Somit wird ebenfalls auf mechanischem Wege mehr Energie in Wärme umgewandelt. Dies erklärt die steigende im Druckkopf umgesetzte Energie bei Vergrößerung der Piezospannung. Die
Energie wird hauptsächlich in Wärme umgewandelt, nur etwa 1/20000 der Energie findet sich in der Oberflächen- und
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kinetischen Energie des Tropfens wieder. Diese reicht jedoch aus, um über die Piezospannung die kinetische Energie
und damit Tropfengeschwindigkeit zu steuern (siehe Bild 7).
2.2 Das Tropfenbeobachtungssystem
Der Spannungswert des Piezopulses liegt bei maximal 255 V. Die Spannung ist tintenabhängig einzustellen, liegt bei
den hier vorgestellten Tinten in einem optimalen Bereich von etwa 170 bis 220 V. Durch höhere Spannung erhält der
Tropfen mehr kinetische Energie und lässt sich stabiler drucken, Abweichungen in x- und y-Richtung beim Fallen des
Tropfens auf die etwa 1 mm entfernte Substratoberfläche werden nahezu eliminiert. Ist die Spannung zu gering gewählt,
so können nachfolgende Tropfen von der unter Umständen benetzten Düsenplatte angezogen werden und so einen
Druckausfall verursachen bzw. in x- und y-Richtung eine Ablenkung erfahren und auf ungewollter Position am Substrat
auftreffen. Ist die kinetische Energie und damit die Geschwindigkeit der Tropfen groß genug, dann wird die Gefahr
eines Fehldrucks minimiert. Zur Kontrolle der Tropfenbildung und zur genauen Einstellung der Druckparameter wird
der Druckkopf in eine Beobachtungsstation eingespannt (siehe Bild 8).
Bild 9 zeigt die Entstehung eines Tropfen beim Austritt aus
der Düse. Dabei sind mehrere Beobachtungszeitpunkte
angegeben. Nach der Zeit τ nach Beginn des Piezopulses
wird der Tropfen von einer Stroboskopdiode beleuchtet, und
zwar immer genau zum gleichen Zeitpunkt τ. Dadurch wird
der Eindruck eines stehenden Bildes erzeugt. Mit fortschreitender Dauer τ kann so die Tropfenbildung genau
beobachtet werden. Das Bild jedes Zeitpunktes ist eine
Überlagerung aus jeweils 30 Einzelbildern, wodurch bei
höheren Zeitpunkten leichte Unschärfen im Bild aufgrund
nicht exakt gleicher Tropfenposition zu beobachten sind. Das
Drucken einer Tinte gilt als stabil, wenn zu jedem möglichen
einstellbaren Zeitpunkt ein stehendes Tropfenbild optisch
realisiert werden kann. Ist dies nicht der Fall, wie in Bild 10
zu sehen, dann wird durch die Überlagerung der 30 Bilder und
die nicht bei jedem Tropfen gleiche Position ein „Sprasseln“
Bild 8: Tropfenbeobachtungssystem
optisch dargestellt.
Hauptgründe für „Sprasseln“ sind eine mit Tinte und Partikeln benetzte Düsenplatte oder eine zu gering eingestellte
Piezospannung. Durch Verschmutzung der Düse ist der Druck stark eingeschränkt. Das Tropfenbeobachtungssystem
ermöglicht das Detektieren derartiger Verschmutzungen oder von Verschmutzungen durch Fussel beim Abwischen der
Düsenplatte mit einem Tuch.
Bild 9: Entstehung eines DoD-Tropfens
Bild 10: Sprasseln an der Düse
Mit der Piezospannung kann nicht nur die Tropfengeschwindigkeit beeinflusst werden, sondern auch die Entstehung des
Tropfens. Je höher die Piezospannung ist, desto länger ist der Faden am Tropfen, bevor er an der Düse abreißt und sich
in den Haupttropfen zieht. Vergrößert man die Spannung noch weiter, reißt der Faden vom Haupttropfen ab und es löst
sich ein kleiner Satellitentropfen, der den Haupttropfen später wieder einholt und sich mit ihm in einem großen Tropfen
vereint. Mit erhöhter Spannung dauert dieser Vorgang länger. Bei niedriger Oberflächenspannung des Druckmediums
findet der Abriss des Satellitentropfens bereits früher statt und eine Vereinigung zum Haupttropfen ist unter Umständen
nicht mehr vor dem Auftreffen auf dem Substrat möglich.
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2.3 Das Reinigungssytem
Das Tintenröhrchen verläuft zur Düse hin konisch und verengt sich bis auf den Düsendurchmesser am Tropfenaustritt.
Um partikelbehaftete DoD-Tinten reibungslos verarbeiten zu können, muss die Tinte sowohl homogen durchmischt als
auch deagglomeriert sein. Je nach Qualität der Tinte ist dieser Zustand über die Dauer des Druckprozesses nicht immer
gewährleistet, Verstopfungen der Düse können auftreten und den Druckvorgang stoppen. In Bild 11 ist die selbst entwickelte Reinigungsstation abgebildet. Der Druckkopf wird in einer Vorrichtung fest eingespannt und an der
Düsenplatte mit einem Schlauch versehen. Durch das konisch zulaufende Tintenröhrchen können Verstopfungen
aufgrund von agglomerierten Partikeln nur entgegen der eigentlichen Flussrichtung gelöst werden. Eine Pumpe drückt
in einem rückwärts laufenden Kreislauf Lösungsmittel durch das Tintenröhrchen, um verstopfende Teilchen aus der
Düse zu spülen. Dabei ist bei der Wahl des Lösungsmittels zu beachten, dass es die Partikel dispergiert und eine
reinigende Wirkung erzielt. Da der Reinigungsschlauch die komplette Düsenplatte umschließt wird sie ebenfalls von
Partikeln befreit und gesäubert.
2.4 Tropfenenergien
Großen Einfluss auf den Durchmesser eines Tropfens
auf der Substratoberfläche haben die Geschwindigkeit und der Durchmesser des Tropfens in der Luft.
Zur exakten Vermessung des Tropfens in der Luft ist
eine auf Matlab basierende Software entwickelt
worden. Das Programm wandelt aus zwei
verschiedenen selbst wählbaren Beobachtungszeitpunkten die entsprechenden CCD-Bilder in SchwarzWeiß-Bitmaps um und berechnet aus diesen
binarisierten Daten den Tropfenradius, das Tropfenvolumen, seine Geschwindigkeit, seine Oberflächenenergie und die kinetische Energie des Tropfens. Mit
diesen Daten kann sowohl die energetische Stabilität
Bild 11: Selbst entwickelte Reinigungsstation
der Tropfenbildung als auch das verdruckte Tintenvolumen, beispielsweise für eine Silberleiterbahn, bestimmt werden. Des Weiteren ist der Einfluss von Veränderungen
der Piezospannung, Pulsdauer oder Druckfrequenz auf den mit DoD erzeugten Tropfen messbar. Bild 12 zeigt ein
CCD-Kamerabild und das entsprechende binarisierte Bitmap, das als Grundlage für die Anwendung des MatlabProgramms dient. Die Ausgabe der Daten ist ebenfalls dargestellt. Die Betrachtung von Oberflächen- und kinetischer
Energie ist bei der Untersuchung von Bedeutung, ob ein auf ein Substrat auftreffender Tropfen zerplatzen kann oder
nicht. Näheres ist in [4] beschrieben.
2.5 Trocknung der DoD-Tinten
Ein entscheidender Aspekt beim Drucken von
elektrischen Strukturen nach dem DoD-Prinzip
ist die Trocknung der Leiterbahn, der besonders
beim Mehrlagendruck entscheidende Bedeutung
zukommt. Die erste Schicht sollte nahezu
trocken sein, bevor eine zweite Schicht
dispensed wird. Eine Möglichkeit der
schnelleren Trocknung ist die Heizung des Subr in µm
V in pL
v in m/s
E sur in pJ E kin in pJ
strates während des Druckens. Mögliche auft38,6
240
1,97
292
467
retende Probleme bei unangemessener Trocknungstemperatur, welche an das DispersionsBild 12: CCD-Bild, binarisiertes Bild und ausgewertete Tropfendaten
mittel gekoppelt ist, sind Rissbildung in der
Struktur auf dem Substrat. Nähere Aspekte zur Trocknung durch Substratheizung finden sich in [3].
Eine weitere Möglichkeit der schnelleren Trocknung von beispielsweise Silbertinte ist das Drucken unter Niederdruckbedingungen. Experimente unter Niederdruck haben eine deutliche Beschleunigung des Trocknungsvorgangs bestätigt.
2.6 Charakterisierung partikelbeladener Silbertinten
Zur Herstellung elektrisch leitfähiger Tinten werden die Ladungsträger, metallische Partikel, in ein Dispersionsmittel
eingebracht. Durch mechanische oder akustische Energie werden die Agglomerate aufgebrochen und die Primärpartikel
in der Flüssigkeit homogen verteilt. Allerdings sind die fein verteilten Partikel bestrebt, ihre Oberfläche zu verringern,
und lagern sich nach dem Dispergieren wieder mit anderen Partikeln zusammen. Es entsteht ein lockerer Verbund
benetzter Partikel, sogenannte Flokkulate.
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Unter dem Einfluss der Schwerkraft neigen die Teilchen zur Sedimentation, begünstigt durch ein Medium mit deutlich
geringerer Dichte. Zu Beginn der Absetzbewegung beeinflussen sich die Teilchen gegenseitig noch nicht und die
Sedimentationsgeschwindigkeit kann durch das Stoke’sche Gesetz beschrieben werden. Demzufolge hängt die
Geschwindigkeit des Sedimentationsvorgangs vom Durchmesser der Teilchen, von der Viskosität des flüssigen
Mediums sowie der Dichtedifferenz zwischen Teilchen und Flüssigkeit ab. Im weiteren Verlauf des Absetzvorgangs
treten durch zunehmende Teilchenkonzentration verstärkt Wechselwirkungen zwischen den Partikeln auf. In der
Kompressionsphase bilden die Feststoffteilchen zusammenhängende Schichten, den Bodensatz oder das Sediment. Der
Flokkulations- und Sedimentationsvorgang ist in Bild 13 schematisch dargestellt. Da kleine Partikel langsamer
sedimentieren, befinden sie sich im Sediment über den größeren Partikeln bzw. Flokkulaten. Für eine zuverlässige
Tropfenbildung beim Tintenstrahldruck ist eine homogene, stabile Primärpartikeltinte unumgänglich.
Durch Zusatz von geeigneten Substanzen kann die
Flokkulation und damit auch die Sedimentation
verlangsamt bzw. im Idealfall sogar verhindert werden. Die
elektrostatische Stabilisierung verhindert durch elektrostatische Abstoßung ein Zusammenkommen der
Primärpartikel. Bei der sterischen Stabilisierung soll ein
organischer Mantel die Flokkulation verhindern. Die
Stabilisierung von Metallpartikeln gestaltet sich aufgrund
ihrer hohen Dichte und der relativ großen Partikel schwieriger als bei herkömmlicher Farbpigmenttinten und so
kommt es vor, dass ein Additiv anstatt zu stabilisieren die
Flokkulation beschleunigt. Die lichtmikroskopischen Aufnahmen in Bild 14 veranschaulichen die Flokkulation einer
Bild 13: Disperse Systeme
instabilen Suspension.
Flokkulation und Sedimentation gehören zusammen. Die Sedimentation begünstigt durch die Bewegung der Partikel die
Fokkulation, während die Flokkulation selbst die Sedimentation beschleunigt. Besonders schnell vollzieht sich dieser
Prozess der Sedimentation bei der in Bild 14 dargestellten Suspension. Bereits nach zwei Minuten ist der Bodensatz
offensichtlich (Bild 15).
Bild 14: Lichtmikroskopische Aufnahme einer instabilen Tinte
Bild 15: Sedimentationsverhalten der instabilen Silbertinte
Mit Hilfe photometrischer Messmethoden kann die Sedimentation und damit die Stabilität einer Suspension messbar
gemacht werden. Dabei wird die Intensitätsänderung von Weißlicht, das auf die Probe trifft, ausgewertet. Die
Auswertung erfolgt in Abhängigkeit von der Höhe der Probe. Das Messprinzip ist in Bild 16 dargestellt.
Bild 16: Photometrische Bestimmung der Sedimentation
Bild 17: MikroskopischeAufnahme einer stabilisierten Tinte
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Durch die Messung der Transmission bzw. der Durchlässigkeit des Lichts lassen sich Aufhellungen im Überstand sehr
schnell erkennen. Verdichtungen, wie sie bei der Bildung von Bodensatz auftreten, werden durch eine Änderung in der
Rückstreuung detektiert. Eine stabilisierte Silbersuspension sollte über einen längeren Zeitraum keine Veränderung der
Rückstreuung und der Transmission aufweisen. Wichtige Vorrausetzung für die Stabilität ist, dass keine sichtbare
Flokkulation unter dem Mikroskop auftritt. Bei der in Bild 17 dargestellten Silbertinte treten nach 10 Tagen erste
messbare Sedimentationserscheinungen auf.
Neben der Stabilität ist die Viskosität ein wichtiger Parameter für die Druckbarkeit der Tinte. Der Parameter Viskosität
wird durch den Druckkopf vorgegeben. Beim Ausstoß der Tinte am Druckkopf werden sehr hohe Scherraten erreicht,
die 1000 1/s deutlich überschreiten. Dennoch dient dieser Wert als Referenz, da sich bei den betrachteten Tinten bei
hohen Scherraten keine Änderung der Viskosität ergibt und Messungen bei höherer Scherrate sehr aufwändig sind
(Bild 18). Da die Viskosität in der Regel temperaturabhängig ist, kann durch Anpassen der Düsentemperatur die
Viskosität der Tinte beeinflusst werden. In Bild 19 ist der anzustrebende Viskositätsbereich des Druckkopfes grau
unterlegt. Daraus resultiert für die dargestellte Tinte eine Düsentemperatur von 32 °C, was sich auch bei praktischen
Druckversuchen (Bild 20) bewährt.
Bild 18: Viskosität der Silbertinte
Bild 19: Temperaturabhänigkeit der Viskosität der Silbertinte
Die Anpassung der Druckparameter für die betrachtete Silbertinte erfolgt iterativ. Da die ideale Pulsbreite t durch die
Geometrie des Druckkopfes und die Schallgeschwindigkeit des Mediums bestimmt wird, bleibt zur Einstellung eines
optimalen Tropfenbildes die Piezospannung. Die Tropfenbildung in Bild 20 zeigt, dass eine Amplitude von 200 V nicht
ausreicht, um dem Tropfen genügend Energie mit auf den Weg zu geben. Die Tropfen sind zu langsam. Sie ändern im
Laufe der Zeit ihre Position, was eine instabile Tropfenbildung nach sich zieht. Dies lässt sich durch eine Zugabe an
Energie beheben. Bei 220 V sind die Tropfen deutlich schneller, der Faden ist länger, ihre Ausbildung erfolgt später, ist
aber dauerhaft stabil.
200 V
t = 28 µs
τ = 80 µs
τ = 120 µs
τ = 200 µs
τ = 240 µs
τ = 280 µs
τ = 270 µs
τ = 440 µs
Dauer der Messung ca. 5 Minuten
220 V
t = 28 µs
τ = 80 µs
τ = 120 µs
τ = 200 µs
Bild 20: Parametereinstellung der Silbertinte bei 32 °C Düsentemperatur
Bild 21: Tropfen auf beheizter Aluminiumoxidkeramik
Die Tropfen erreichen eine Geschwindigkeit von 2 m/s und
haben einen Durchmesser von 80 µm. Nach Auftreffen auf
dem mit 80 °C beheizten Aluminumoxidsubstrat bildet sich
ein Durchmesser von 110 µm aus (Bild 21). Beim
Vergleich des Tropfenbildes auf dem Substrat wird
deutlich, dass die Substrattemperatur einen entscheidenden
Einfluss auf die Ausbildung der Leiterbahn hat.
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Die Leiterbahnen in Bild 22 wurden bei einem Düsenabstand von ca. 1 mm vom Substrat gedruckt, wobei im Abstand
von 50 µm ein Tropfen abgesetzt wurde. Die Anzahl der Schichten ist bei allen Versuchen gleich. Während sich bei
Raumtemperatur und bei 40 °C infolge des Verlaufens sehr breite Bahnen mit niedriger Schichtdicke und einer
Vertiefung in der Mitte ausbilden, erreicht man bei einer Substrattemperatur von 80 °C unter den selben
Druckbedingungen eine sehr schöne Leiterbahn. Diese ist der stabilisierten Tinte zu verdanken. Dabei ist zu beachten,
dass die Substrattemperatur nicht zu hoch gewählt werden darf, da dies Rissbildung nach dem Sintern begünstigen
würde [3].
40 °C
80 °C
RT
40 °C
80 °C
Bild 22: Einfluss der Substrattemperatur auf die Topografie
Betrachtet man nicht stabilisierte Silbertinten, so sieht das Druckergebnis deutlich anders aus. Bei geeigneter Wahl des
Lösungsmittels sind die Suspensionen zwar für kurze Zeit stabil und damit druckbar, allerdings führt die instabile
Tropfenbildung infolge von Inhomogenitäten in der Tinte häufig zu ungewollten Tropfen neben der Bahn (Bild 23, [3])
und praktisch nicht vorhandener Kantenschärfe. Dies ist bei der vorgestellten stabilisierten Silbertinte nicht der Fall
(Bild 24).
R = 6,9 mΩ/
R = 3,5 mΩ/
Bild 23: Druckergebnis nicht stabilisierte Tinte
Bild 24: Druckergebnis stabilisierte Tinte
2.7 Silberleiterbahnen mit dem Dimatix Materials Printer DMP 2800
Mit dem bisher beschriebenen institutseigenen Druckersystem können erfolgreich Silberleiterbahnen nach dem PiezoDoD-Prinzip hergestellt werden. Getrocknete Schichtdicken im Bereich 10 – 20 µm werden schon bei zwei bis drei
Druckdurchgängen realisiert. Die Schichtdicken sind für gute Stromtragfähigkeit ausreichend. Elektrische und
geometrische Eigenschaften der Bahnen sind in [4] nachzulesen. Ein weiteres Druckersystem, das am Institut verfügbar
ist, ist der kommerzielle Dimatix Materials Printer DMP 2800 (siehe Bild 25). Er unterscheidet sich im Wesentlichen
vom MD-Drucker durch die kleinere Düsengröße und das damit verbundene kleinere Tropfenvolumen. Der Druckkopf
besteht nicht aus nur einer Düse, sondern aus aus 16 Düsen in Reihe mit einer quadratischen Düsenöffnung von 21 µm
Kantenlänge. Das Volumen eines Tröpfchen beträgt nominal 10 pL, ist somit rund 30 Mal geringer als das Volumen
eines Tropfens, der mit der MD-Düse erzeugt wird. Die Auflösung der Silberbahnen ist feiner und Leiterbahnbreiten
von 50 µm sind realisierbar. Bild 26 zeigt mit dem DMP 2800 gedruckte Leiterbahnen auf Aluminiumoxid-Keramik im
getrockneten Zustand vor dem Sinterprozess. Die Leiterbahnbreite beträgt 80 µm. Durch das gering aufgetragene
Tintenvolumen liegen die Schichtdicken der Bahnen im getrockneten Zustand bei unter 1 µm bei einer gedruckten
Schicht.
Der kleine Düsendurchmesser wirkt sich auch nachteilig auf die Druckstabilität aus. Während mit der 100 µm-Düse des
MD-Druckkopfes die im ersten Teil des Artikels beschriebenen Silbertinten problemlos über mehrere Stunden gedruckt
werden können, verstopfen die Düsen des DMP bereits nach wenigen Minuten. Stabiler Druck kann auch mit kommerziell erhältlicher Silbertinte, die noch geringere Teilchengröße aufweist, nicht erzielt werden.
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Des Weiteren können die
Düsen der DMP-Düsenplatte nicht wie im unter
2.3 beschriebenen Verfahren wieder von der
Verschmutzung
befreit
werden, sondern müssen
ausgewechselt
werden.
Eine im DMP integrierte
Reinigungseinheit arbeitet
wie bei herkömmlichen
Office TintenstrahldrucBild 25: Dimatix Materials Printer DMP 2800
Bild 26: Getrocknete Leiterbahnen, erzeugt mit kern und presst mit
Überdruck Tinte aus den
dem DMP 2800
Düsen in Tintenflussrichtung. Bereits vorhandene Verstopfungen werden so noch verstärkt und nicht gelöst. Der DMP 2800 empfiehlt sich
daher nur eingeschränkt für die Verarbeitung partikelbehafteter DoD-Tinten.
3. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Mit Hilfe der Piezotechnik können feine Strukturen berührungslos und computergesteuert auf unterschiedliche
Substrate aufgebracht werden. Um die Technik optimal nutzen zu können, ist das Verständnis der zugrundeliegenden
Prinzipien unerlässlich. Mit dem Verdrucken von partikelhaltigen metallischen Tinten werden neue Wege beschritten,
die eine besonders robuste Druckumgebung erfordern. Ein großer Vorteil der Piezotechnik besteht darin, dass die
Druckparameter an die zu verdruckende Tinte angepasst werden können, gleichzeitig werden aber auch hohe
Anforderungen an die Tinte selbst gestellt. Die Stabilisierung der Tinte bei niedriger Viskosität ist eine große
Herausforderung, allerdings mit überzeugender Wirkung wie die Druckergebnisse zeigen. Das Interesse am Inkjet
Druck von unterschiedlichen Materialien ist groß und hat bereits Druckerhersteller veranlasst, spezielle Materialdrucker
zu entwickeln.
LITERATUR
[1] Microdrop Technologies GmbH, „Mikrodosiersysteme für Flüssigkeiten im Nano- und Pikoliterbereich“, Norderstedt, Deutschland, http://www.microdrop.de/index.shtml
[2] Fuller, S. B.; Wilhelm, E. J.; Jacobson, J. M. „Ink-jet printed nanoparticle microelectromechanical systems”,
Journal of Microelectromechanical Systems, Band 11, Bericht 1, S. 54-60, 2002
[3] Currle, U.; Krüger, K. „Factors Influencing the Conductivity of Inkjet Printed Silver Lines”, 2. Internationale
Konferenz „Ceramic Interconnect and Ceramic Microsystems Technologies”, Denver, 25.-27.April, 2006
[4] Cibis, D.; Krüger, K. „DoD Printing of Conductive Silver Tracks”, 1. Internationale Konferenz „Ceramic
Interconnect and Ceramic Microsystems Technologies”, Baltimore, 10.-13.April, 2005
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