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GPK-HANDEL | 30.04.2011
Haushaltswaren-Händler erobern die Städte zurück
In vielen deutschen Städten hat die Ausdünnung des Fachhandels mit
Tisch- und Haushaltswaren eine kritische Grenze erreicht. Die Aussichten
für neue Ladenkonzepte sind deshalb gut.
Die Aussichten des Fachhandels für den gedeckten Tisch, Hausrat und
Wohnkultur, so die etwas sperrige Branchenbezeichnung, sind so gut wie lange
nicht mehr. Der Bereinigungsprozess, der in den neunziger Jahren einsetzte,
hat inzwischen eine kritische Grenze erreicht.
Auf die Insolvenz folgt immer häufiger
ein Neubeginn, wie bei Hottenrott in
Hildesheim.
+
So war die Zahl der Glas-Porzellan-Keramik- (GPK) sowie Hausrat-EisenwarenGeschäfte, die in der Marktforschung seit einigen Jahren zusammengefasst
werden, zuletzt nur noch leicht rückläufig. Von 2009 bis 2010 sank sie laut GfK
von 5.250 auf 5.130. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 gab es noch 7.710
Fachgeschäfte.
Lücken im Angebot
"Die Ausdünnung der Versorgung hat ein solches Ausmaß erreicht, dass mancherorts eine Angebotslücke
klafft", sagt Christoph Buluschek von der BBE Handelsberatung in München. Er glaubt deshalb: "Die
Vorzeichen für eine Renaissance des GPK-Fachhandels in den Innenstädten standen nie so gut - nicht
zuletzt wegen der abnehmenden Konkurrenz durch die Kaufhäuser."
Auch Gerald Funk, Präsident des Bundesverbandes für den gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur in
Köln, beobachtet einen "Trend zurück in die Städte".
Fest steht: Die mittelständischen Fachhändler wollen - und können - die Stadtzentren nicht den Vertikalen
wie Butlers, Depot oder neuerdings H&M und Zara Home überlassen. Alternativen gibt es für den
Fachhandel schlichtweg nicht. "Unsere Branche tut sich schwer außerhalb der Innenstädte", sagt GPKVerbandsgeschäftsführer Thomas Grothkopp. Um Teller und Tassen zu kaufen, fährt man eben nicht extra
auf die Grüne Wiese.
Schnelldreher sind unverzichtbar geworden
Außerdem leben die Sortimente vom Impulskauf und dem Vorbeischlendern am Schaufenster. Und nicht
zuletzt: Die Mieten in den Einkaufszentren sind für die meisten inhabergeführten Fachgeschäfte schlicht nicht
finanzierbar.
Dennoch ist der Fachhandel mit einem Marktanteil von 26 Prozent weiter wichtigster Vertriebsweg für GPK
und Haushaltswaren. Allerdings: Den klassischen Fachhändler gibt es schon lange nicht mehr. Der
Sortimentschwerpunkt hat sich längst in Richtung Hausrat verschoben, auf Schnelldreher wie Kochbücher
und Kochutensilien kann heute kein Händler mehr verzichten.
Porzellan und Glas werden vielerorts zu Randsortimenten
"Die klassischen Sortimente wie Porzellan und Glas geraten immer mehr an den Rand und beschränken sich
auf einige wenige Protagonisten der Anbieterseite", sagt Hans-Jürgen Dammann. Der 63-Jährige ist mit
seiner Beratungsfirma Plan B auf Räumungsverkäufe spezialisiert - und hat vor gut einem Jahr das
Hildesheimer Fachgeschäft Hottenrott übernommen.
Ein Widerspruch? "Nein", betont Dammann. Als Räumungsverkäufer hat er
etliche Insolvenzen unmittelbar miterlebt und die Erfahrung gemacht, "dass das
sogenannte Fachhandelssterben selten von externen Markt- und
Standortfaktoren beeinflusst wird". Meist hätten individuelle Gründe die
Fachhändler zur Aufgabe gezwungen, allen voran eine mangelnde
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Nachfolgeregelung.
Auch in Hildesheim lag der Grund für die Hottenrott-Schließung nicht in Umsatzproblemen vor Ort, sondern in der Insolvenz des Goslarer Haupthauses.
Dammann, mit dem Räumungsverkauf bei Hottenrott betraut, griff beim Angebot
des Insolvenzverwalters zu und kehrte so zu seinen kaufmännischen Wurzeln
zurück. Bis 1995 hat er schon einmal ein GPK-Fachgeschäft in Itzehoe geführt.
Von der Krise profitiert
Leben im Laden: Der Ulmer GPKHändler Carl Abt (2. v. l.) setzt auf den
Erlebniseinkauf.
+
Minden und Hildesheim sind keine Einzelfälle. Die Beispiele für die Besetzung neuer oder die
Wiederbesetzung alter GPK-Standorte in deutschen Städten mehren sich. In Esslingen übernahm im April
2010 das Stuttgarter Traditionsunternehmen Tritschler eine Teilfläche des Händlers Eberspaecher, und im
oberschwäbischen Ravensburg eröffnete im Oktober die Ulmer Firma Abt ihre dritte Filiale.
Der Zeitpunkt ist auch deshalb günstig, weil die Tisch- und Haushaltswarenbranche vergleichsweise gut
dasteht und von der Wirtschaftskrise durch den Rückzug aufs Heimische und den Kochtrend sogar profitiert
hat.
Zuwächse bei hochwertigen Kochutensilien machen die seit Jahren rückläufigen Ausgaben für Geschirr,
Gläser und Porzellan mehr als wett. Zwischen 2006 und 2010 wuchs der Gesamtmarkt für GPK- und
Haushaltswaren laut marketmedia 24 um 3,7 Prozent auf rund 8,6 Milliarden Euro. "Die GPK-Händler, die
jetzt noch da sind, haben gute Karten, wenn sie ihre Sortimente entsprechend ausrichten", sagt
Marktforscherin Marion Weikert von der GfK.
Verkaufsraum als Bühne
"Lebens- und Themenwelten statt starrem Abteilungs- und Produktdenken" so lautet das Motto, das sich
GPK-Händler der neuen Generation wie Abt-Geschäftsführer Hermann Hutter von Marktprotagonisten wie
Tchibo abgeschaut haben.
Hutter betreibt die Themeninszenierung in den Filialen Ulm, Günzburg und Ravensburg quer über alle
Warengruppen mit absoluter Konsequenz. Steht gerade kein Saisonhöhepunkt an, gibt es auch einmal einen
Schwerpunkt "Design in Nordeuropa".
"Der Erfolg unserer Branche hängt von der Erlebnisorientierung ab", sagt Hutter, der auch bei der Planung
von Kundenaktionen erfinderisch ist. Der Erfolg gibt dem Konzept recht: Im Dezember konnte die neue AbtFiliale in Ravensburg eine Verdoppelung der Umsätze im Vergleich zum Vorgängergeschäft verbuchen.
Hottenrott-Inhaber Dammann stößt ins gleiche Horn: "Der Verkaufsraum muss zur Bühne werden, auf der
immer wieder ein neues Stück aufgeführt wird." Darin ist er sich mit Bernd Horenkamp einig. "Teller, Tassen
und Gläser bekommt man überall", lautet das Credo des Vorstands der Verbundgruppe EK/servicegroup.
Aber: "Ein neues Geschirr kauft man eben nicht nur aus Mangel an Tellern."
Ulrike Sanz Grossón
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